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Aufsätze - PRuF

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MIP 2011 17. Jhrg. Alexandra Bäcker – Das Problem der „Listenorientierung“ des Finanzierungsanspruchs politischer Parteien <strong>Aufsätze</strong><br />

der Zuteilung der Mittel gänzlich unberücksichtigt<br />

zu lassen.<br />

Selbst wenn der Gesetzgeber lediglich hinsichtlich<br />

der Gewichtung der Anteile Unterschiede<br />

machen wollte, bedürfte er für eine Differenzierung<br />

zwischen den grundsätzlich anspruchsberechtigten<br />

Parteien eines zwingenden, rechtfertigenden<br />

Grundes.<br />

Dabei werden die befürchteten Mitnahmeeffekte<br />

und nur auf staatliche Mittel zielende Parteigründungen<br />

bzw. Wahlteilnahmen bereits durch die<br />

als „Test“ der Ernsthaftigkeit von Wahlerfolgsbemühungen<br />

vorgesehenen Mindeststimmenanteile<br />

verhindert.<br />

Ein zwingender sachlicher Grund ergibt sich<br />

auch nicht unter Berücksichtigung der die Differenzierung<br />

bei den Mindeststimmenanteilen tragenden<br />

Erwägungen: Danach war das deutlich<br />

höhere Quorum von 10% der Wählerstimmen<br />

deshalb gerechtfertigt, weil die enge räumliche<br />

Begrenzung eines einzelnen Wahlkreises lokalen<br />

Splittergruppen größere Missbrauchschancen eröffnet<br />

als das Wahlgebiet im Ganzen.<br />

Bezogen auf die Teilhabe am Zuwendungsanteil<br />

könnten größere Missbrauchsgefahren im Vergleich<br />

zu den Parteien, die sich mit Listen an<br />

Wahlen beteiligen, allenfalls in zwei Punkten<br />

auszumachen sein: Zum einen könnten die Parteien<br />

versucht sein, auf eine Spendenkonzentration<br />

in dem betreffenden Wahlkreis hinzuwirken,<br />

um so letztlich den auf sie entfallenden Zuwendungsanteil<br />

zu erhöhen. Für den Fall, dass dies<br />

im Wege einer Falschdeklaration eingenommener<br />

Spenden oder Beiträge erfolgen sollte, wirken<br />

dem jedoch bereits die sanktionsbewehrten<br />

Rechenschaftspflichten entgegen. Im Übrigen<br />

steht zu vermuten, dass in dem Wahlkreis des<br />

außergewöhnlich erfolgreichen Direktkandidaten<br />

die politische Partei – im Vergleich zu ihrem<br />

sonstigen Wirkungsbereich – ohnehin deutlich<br />

größere Unterstützung aus der Bevölkerung erfährt.<br />

Dies ist dann auch lediglich Ausdruck ihrer<br />

– erwünschten und gebotenen – Wahlerfolgsbemühungen<br />

und spiegelt zutreffend ihre gesellschaftliche<br />

Verwurzelung im jeweiligen Wahlkreis.<br />

Zwar besteht deshalb zum anderen generell<br />

die Gefahr einer überproportionalen Berück-<br />

sichtigung der ausschließlich in einem Wahlkreis<br />

eingeworbenen Zuwendungen im Verhältnis zu<br />

den Gesamteinnahmen der Partei. Dieses Problem<br />

entsteht allerdings erst dann, wenn für die<br />

Berechnung des Finanzierungsanspruchs – wie<br />

bislang auch für den Wählerstimmenanteil vorgesehen<br />

– ausschließlich der Rückhalt in den betreffenden<br />

Wahlkreisen maßgeblich ist. Auch<br />

diese Einschränkung ist jedoch – für den Wählerstimmenanteil<br />

ebenso wie für den Zuwendungsanteil<br />

– verfassungsrechtlich nicht unproblematisch.<br />

Sind die Mindeststimmenanteile als Test auf die<br />

Ernsthaftigkeit der Wahlerfolgsbemühungen einer<br />

politischen Partei zu verstehen, ist dieser<br />

Test mit Erreichen der 10% in einem Wahlkreis<br />

bestanden. Die politische Partei hat dann einen<br />

Rückhalt in der Bevölkerung belegt, der sie als<br />

ernstzunehmende politische Strömung ausweist,<br />

und zwar für den gesamten Wirkungsbereich,<br />

auf den die Wahlteilnahme zielt – nämlich die<br />

Vertretung in einem Landtag, im Bundestag oder<br />

im Europaparlament. Anderes hieße, nicht die<br />

Ernsthaftigkeit der Wahlerfolgsbemühungen der<br />

politischen Partei, sondern des jeweiligen Direktkandidaten<br />

zum Maßstab der Mittelverteilung<br />

zu machen. Hierfür sind jedoch sachliche<br />

Gründe nicht erkennbar.<br />

Letztlich würden dann politische Parteien mit erfolgreichen<br />

Wahlkreiskandidaten nicht nur<br />

schlechter gestellt als die politischen Parteien,<br />

die mit Listen zur Wahl antreten. Selbst gegenüber<br />

parteilosen Einzelbewerbern in Wahlkreisen<br />

wären diese politischen Parteien deutlich benachteiligt.<br />

Bezogen auf Bundestagswahlen erhalten parteilose<br />

Einzelbewerber nach § 49b BWahlG 2,80<br />

Euro je Stimme. Mit Blick auf entsprechende<br />

Regelungen für parteilose Einzelbewerber in den<br />

Landeswahlgesetzen verhält es sich mitunter genauso19<br />

, mitunter fällt der Erstattungsbetrag je<br />

Stimme aber auch niedriger aus20 . Demgegen-<br />

19 S. etwa § 42 LWahlG NW, der bei einer 5-jährigen Legislaturperiode<br />

einen Erstattungsbetrag in Höhe von<br />

3,50 € je Stimme vorsieht.<br />

20 S. etwa § 53 Abs. 1 LWahlG BaWü, der bei einer 5jährigen<br />

Legislaturperiode lediglich einen Erstattungsbetrag<br />

in Höhe von 2,05 € je Stimme vorsieht.<br />

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