Aufsätze - PRuF
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<strong>Aufsätze</strong> Heiko Biehl/Uwe Kranenpohl – Große Politik in einer kleinen Partei [...] MIP 2011 17. Jhrg.<br />
in Umweltgruppen befördert – im Unterschied<br />
zur Zugehörigkeit zu kirchlichen Gruppen und<br />
sozioökonomischen Zusammenschlüssen – die<br />
Teilnahme am Geschehen in der ödp. Dies erklärt<br />
zum Teil, weshalb die umweltpolitischen<br />
Anliegen in der Partei oftmals prägender sind als<br />
die religiös motivierten (Kranenpohl 2008). Eine<br />
ebenfalls partizipationsfördernde Wirkung geht<br />
von der örtlichen Präsenz der ödp aus. Dort wo<br />
sie in lokalen Parlamenten vertreten ist, fällt es<br />
ihr viel leichter, ihre Parteimitglieder zu aktivieren.<br />
Dies belegt den bekannten Selbstverstärkereffekt<br />
(partei-)politischer Partizipation, wonach<br />
eine ‚kritische Masse’ an Aktiven vorhanden<br />
sein muss, um Parteiaktivitäten vor Ort am Leben<br />
zu erhalten. Die Tatsache, dass die individuelle<br />
Ressourcenausstattung der Mitglieder so gut<br />
wie keinen Einfluss auf deren Beteiligung hat,<br />
verweist nochmals auf eine besondere Fähigkeit<br />
politischer Parteien: Sie können, wie keine andere<br />
Partizipationsform, ihre Mitgliedergruppen<br />
gleichmäßig einbinden und mittels Proporz und<br />
anderer Mechanismen sich der sozialen Repräsentation<br />
von aktiven und inaktiven Mitgliedern<br />
annähern.<br />
Die im Vergleich größte Erklärungskraft weist<br />
der sozialpsychologische Ansatz auf (Modell 2).<br />
Mit einer erklärten Varianz von .23 gelingt es<br />
mittels weniger Variablen recht gut, das individuelle<br />
Ausmaß parteipolitischer Teilhabe zu<br />
schätzen. Einen hohen Einfluss übt dabei das politische<br />
Selbstvertrauen aus. Aber auch wer sich<br />
mit seiner Partei stärker identifiziert und sich<br />
mehr für Politik interessiert, nimmt intensiver<br />
am Parteigeschehen teil. Daneben kommt der<br />
Distanz zwischen eigener und Parteiposition auf<br />
der Links-Rechts-Skala sowie der dem politischen<br />
System zugeschriebenen Reaktionsbereitschaft<br />
– wohl wegen des Status der ödp als im<br />
Vergleich zu den Bundestagsparteien wenig etablierter<br />
politischen Kraft – keine praktisch relevante<br />
Bedeutung zu.<br />
Daneben üben Kosten-Nutzen-Erwägungen<br />
einen gewissen Einfluss auf das individuelle<br />
Ausmaß politischer Aktivität aus (Modell 3).<br />
Wie erwartet dämpfen Kosten- und beflügeln<br />
Nutzenerwartungen das politische Engagement.<br />
106<br />
Im direkten Vergleich zeigt sich wiederum, dass<br />
den Kosten eine größere Bedeutung zukommt.<br />
Die Gesamtbetrachtung der Modelle bestätigt<br />
weitgehend die Eindrücke der getrennten Analysen<br />
(Modell 4). Von zentraler Bedeutung sind<br />
die sozialpsychologischen Aspekte: Politisches<br />
Interesse, Selbstvertrauen und Parteiidentifikation.<br />
Zusätzlich sind organisationsbasierte Ressourcen<br />
und das Kosten-Nutzen-Kalkül relevant.<br />
Mit einer erklärten Varianz von .34 ist die Erklärungskraft<br />
des integrierten Modells zufriedenstellend.<br />
Dies rechtfertigt nochmals den – vorwiegend<br />
konzeptionell begründeten – Verzicht<br />
auf Selbstauskünfte über die Motivation zur Parteizugehörigkeit.<br />
7<br />
Aufs Ganze betrachtet stehen hinter der innerparteilichen<br />
Beteiligung in der ödp weitgehend<br />
die gleichen Größen, die auch das Engagement<br />
in einer Bundestagspartei befördern. Spezifische<br />
Abweichungen, die sich aus der Größe bzw. dem<br />
niedrigen Etablierungsgrad der Partei ergeben,<br />
sind gering. Am ehesten noch scheinen die eindimensionale<br />
Ausrichtung des internen Engagements<br />
sowie die partizipationsfördernde Wirkung<br />
der lokalen Präsenz ödp-Spezifika zu sein,<br />
die bei den Bundestagsparteien allenfalls in<br />
‚Diaspora-Gebieten’ auftreten. Ansonsten bestätigen<br />
die vorstehenden Analysen weitgehend die<br />
Befunde, die aus der Analyse anderer Parteien<br />
bekannt sind. Das Engagement in der ödp folgt<br />
damit weitgehend den gleichen Mustern wie die<br />
Teilhabe in den etablierten und großen Parteien.<br />
5. Fazit und Ausblick<br />
Am Ausgang der vorliegenden Untersuchung<br />
stand die Verwunderung, weshalb sich Bürger<br />
innerhalb der ödp beteiligen, obwohl sie wissen,<br />
dass ihr Engagement einen allenfalls graduellen<br />
Einfluss auf politische Entscheidungen nimmt.<br />
7 Wie die vorstehenden Analyse (und insbesondere Modell<br />
4) illustriert, ist es möglich, mit Variablen, die alleine<br />
soziale Merkmale und politische Einstellungen<br />
abbilden, die innerparteilichen Aktivitäten von Parteimitgliedern<br />
überzeugend zu erklären. Ein Rückgriff auf<br />
Größen, die in unmittelbarer inhaltlicher Nähe zur Parteiaktivität<br />
stehen, und die in keine überzeugende RC-<br />
Lesart überführt werden können, erscheint damit überflüssig.