08.01.2013 Aufrufe

urier t iebel k - Tiebelkurier

urier t iebel k - Tiebelkurier

urier t iebel k - Tiebelkurier

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

����������������<br />

����������������������<br />

TIEBELKURIER<br />

„Unsere Bauern sind unsere Sicherheit“<br />

Gerade in Zeiten steigender Lebensmittelpreise und Unsicherheit auf den Weltmärkten kommt<br />

den Bauern wieder mehr Bedeutung zu. Wir sprachen darüber mit Walfried Wutscher.<br />

Landwirtschaftskammerpräsident Walfried Wutscher<br />

Welchen Stellenwert hat der<br />

Berufsstand des Bauern in<br />

der Gesellschaft?<br />

Ich denke, dass unsere Gesellschaft<br />

dem Bauernstand zu wenig<br />

Achtung schenkt. Lebensmittel<br />

sind für uns alle selbstverständlich.<br />

Vom 1. Jänner bis zum 31.<br />

Dezember kann man im Supermarkt<br />

alles kaufen. Dabei wird<br />

kaum darüber nachgedacht wo<br />

die einzelnen Produkte herkommen,<br />

welche Reisen quer über den<br />

Kontinent sie hinter sich haben.<br />

Früher wurde das gegessen was<br />

gerade reif war und direkt auf<br />

dem Feld vor dem Haus gewachsen<br />

ist. Heute wissen viele Menschen<br />

gar nicht mehr, wie der<br />

Jahreskreislauf überhaupt vor sich<br />

geht. Leider ist es auch so, dass<br />

Dinge erst dann wahr- oder ernst<br />

genommen werden, wenn sie mit<br />

einem negativen Erlebnis in Verbindung<br />

gebracht werden. Solange<br />

Nahrungsmittel im Überfluss vorhanden<br />

sind, werden sie nicht vermisst.<br />

Erst wenn sie knapp werden<br />

kommt der Aufschrei.<br />

Wie kann man die Wertigkeit<br />

des Bauernstandes steigern?<br />

Uns muss klar werden, dass unsere<br />

Bauern vor Ort unsere Sicherheit<br />

sind. Wenn Sie nicht mehr produzieren,<br />

die Felder brach liegen,<br />

dann bricht die Versorgung zusammen.<br />

Mit politischen Aktionen wie<br />

zum Beispiel „Genussregion Kärnten“<br />

wird ein Bildungsprozess in<br />

Gang gesetzt.<br />

Die Menschen realisieren, dass<br />

Lebensmittel von Bauern hergestellt<br />

werden. Unsere Seminarbäuerinnen<br />

betreiben ebenfalls viel<br />

Aufklärungsarbeit und sind permanent<br />

im Einsatz. Mit der Aktion<br />

„Schule am Bauernhof“ will man<br />

Kindern das bäuerliche Leben und<br />

die Arbeit der Bauern näher bringen.<br />

Wenn die jungen Menschen<br />

schon mit diesem Wissen aufwachsen,<br />

öffnet das ihren Horizont und<br />

erweitert das Bewusstsein.<br />

Wie können wir mit den Ressourcen<br />

sinnvoll umgehen?<br />

Leider ist es nicht so, dass alle<br />

Menschen dieser Erde jeden Tag<br />

satt werden. Viele Interessen stecken<br />

hier dahinter und so manche<br />

Transaktion wird nur aus<br />

Profitgier abgewickelt. Da aber<br />

die Weltbevölkerung weiter steigt<br />

(jährlich um 80 – 90 Millionen<br />

Menschen) ist die Frage wie man<br />

diese auch ernähren kann durchaus<br />

berechtigt. Durch die Bevölkerungszunahme<br />

werden die<br />

Produktionsstätten im gleichen<br />

Maße verringert. Jedem Erdenbürger<br />

steht 0,20 Hektar Fläche<br />

zur Verfügung, der ihn ernähren<br />

soll. Tendenz abnehmend. Dazu<br />

kommt, dass der ökologische Fußabdruck,<br />

den wir hinterlassen bereits<br />

bei rund 1,5 liegt. Das heißt<br />

wir verbrauchen um fast 50 %<br />

mehr an Ressourcen als die Erde<br />

bereitstellt.<br />

Die Menschen werden sich also<br />

wieder mehr auf das Notwendige<br />

besinnen müssen.<br />

Wie verhält es sich mit den<br />

Preissteigerungen bei Lebensmitteln?<br />

Wir geben heute rund 13 % unseres<br />

Einkommens für Lebensmittel aus.<br />

Das ist exakt der gleiche Betrag,<br />

der auch für Freizeitartikel aufwendet<br />

wird. Das stört scheinbar<br />

niemanden. Nur Lebensmittel dürfen<br />

nichts kosten.<br />

Vielleicht sollten wir uns vor Augen<br />

halten, dass man im Jahr 1950<br />

49 % des Einkommens für Lebensmittel<br />

ausgeben musste. Und der<br />

Überfluss war bei weitem nicht mit<br />

dem heutigen zu vergleichen.<br />

Was sagen Sie zum „Freien<br />

Markt“?<br />

Durch die Globalisierung und<br />

Liberalisierung ist die Marktordnung<br />

etwas aus den Fugen geraten.<br />

Staatlich organisierte Lagerhaltung<br />

gibt es nicht mehr.<br />

Meiner Meinung nach braucht die<br />

Landwirtschaft aber Regelungen.<br />

Nur so kann ein sinnvolles und<br />

effizientes Wirtschaften auch tatsächlich<br />

langfristig gesichert werden.<br />

Schließlich muss der Bauer<br />

vom Verkauf seiner Produkte leben<br />

und überleben können. Daher ist<br />

für mich auch das Eigentum unantastbar.<br />

Das ist die Grundlage auf<br />

die der Landwirt seine Existenz<br />

aufbauen kann.<br />

Sind Lebensmittel zur Energiegewinnung<br />

zulässig?<br />

1,2 % der Ackerflächen in Österreich<br />

dienen zur Energieerzeugung.<br />

Das ist im Verhältnis sehr<br />

wenig. Natürlich haben Landwirte<br />

klare Prioritäten – zuerst kommen<br />

die Lebensmittel für die Menschen,<br />

dann die Futtermittel für die Tiere<br />

und erst an letzter Stelle rangiert<br />

die Energie.<br />

Bleibt Kärnten wirklich Gentechnik<br />

frei?<br />

Wir haben ein klares Abkommen<br />

wonach gentechnisch verändertes<br />

Saatgut bei uns nicht zugelassen<br />

ist. Wir sprechen uns auch klar gegen<br />

diese Produkte aus, da unsere<br />

Bauern eine Herkunftsgarantie<br />

abgeben und stolz auf ihre Erzeugnisse<br />

aus eigener Landwirtschaft<br />

sind.<br />

Österreich hat die strengsten Hygienebestimmungen<br />

und ist auch<br />

in Punkto Tierschutzgesetz an der<br />

Spitze. Allerdings ist das auch eine<br />

Frage der Gesellschaft. Wenn der<br />

Welthunger zu groß wird, wird<br />

man sich angemessene Schritte<br />

überlegen müssen.<br />

Was können sie den Bauern<br />

mit auf den Weg geben?<br />

Die gegenwärtige Situation ist<br />

spannend und schwierig zugleich.<br />

Ich glaube aber, dass die Bauern<br />

vor einer Renaissance stehen.<br />

Durch die Bewusstseinsbildung<br />

gewinnt der Berufsstand an Bedeutung.<br />

Nur der Bauern kann<br />

uns ernähren, wenn Lebensmittel<br />

nicht mehr selbstverständlich<br />

sind. Durch ihr persönliches<br />

Engagement, ihre Verwurzelung<br />

mit ihrem Land und ihren Einsatz<br />

sind sie Garanten für ein<br />

Überleben.<br />

Unsere Aufgabe ist es sie zu begleiten<br />

und ihnen einen fairen Preis<br />

für ihre ehrlichen Produkte zu<br />

bezahlen, um ihnen ein Überleben<br />

zu sichern und zukunftsorientiert<br />

zu handeln.<br />

��

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!