Was gibt Ihnen Selbstvertrauen? - Weleda
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strukturierten Welt der Erwachsenen zurechtzukommen.<br />
Das führt zu Konfl ikten zwischen<br />
Erwachsenen und Kindern. Spätestens in der<br />
Schule erkennt man dann häufi g so genannte<br />
Aufmerksamkeitsstörungen. Wobei sich die<br />
Frage stellt, wessen Aufmerksamkeit eigentlich<br />
gestört ist.<br />
Ist Aufmerksamkeit also ein Schlüsselbegriff<br />
in der Erziehung?<br />
Es <strong>gibt</strong> ganz objektive Beobachtungen, die<br />
man in unserer Gesellschaft machen kann.<br />
Einerseits haben Eltern zunehmend weniger<br />
Zeit und Energie, sich mit ihrem Kind zu befassen.<br />
Kinder leben in einer Nützlichkeitsatmosphäre,<br />
denn die Welt der Erwachsenen<br />
wird durch Nützlichkeit bestimmt. Nützlichkeit<br />
ist aber etwas, was kleine Kinder nicht<br />
verstehen können. Nicht, solange sie kein Ich-<br />
Bewusstsein haben. Denn Eff ektivität bezieht<br />
Grenzen entdecken geht spielerisch mit einer Feder.<br />
sich letztendlich auf den Menschen selbst.<br />
Wir verlangen also Kindern Rationalität ab,<br />
die sie gar nicht leisten können, weil ihnen das<br />
Verständnis dafür fremd ist. Die Off enheit der<br />
Kinder passt immer weniger in die geschlossene<br />
Erwachsenenwelt. Daraus entstehen natürlich<br />
Konfl ikte und Unsicherheit.<br />
Wie können Eltern dann mit so genannten<br />
Problemkindern umgehen?<br />
Wenn ein Kind anders ist, als die Eltern es<br />
erwarten, ist das Kind deshalb nicht krank<br />
und muss nicht unbedingt geheilt werden.<br />
Eltern sollten zunächst versuchen, ihr Kind zu<br />
verstehen. Und um Kinder verstehen zu können,<br />
brauche ich ein aufmerksames Bewusstsein.<br />
Es <strong>gibt</strong> spezielle Übungen, die helfen,<br />
die eigene Wahrnehmung zu schulen. Sie<br />
können helfen, off ener zu werden, Dinge mehr<br />
in ihrem Wesen zu erfassen als über Begriff e.<br />
Wie kann man den Kindern selbst helfen?<br />
Ideal ist, wenn das Kind seine eigene Leiblichkeit<br />
besser empfi ndet, seine Off enheit<br />
aber darunter nicht leidet. Es <strong>gibt</strong> Spiele und<br />
Übungen, die hier gut helfen. Man sagt dem<br />
Kind: „Schließe deine Augen, ich werde deinen<br />
Rücken mit einer feinen Feder berühren.“<br />
Das Kind muss dann sagen, wann und wo es<br />
berührt wird. Dazu sind auch solche Kinder<br />
fähig, die sonst nicht einmal bemerken, wenn<br />
sie verwundet sind. Also autistische Kinder,<br />
die gewöhnlich keine Schmerzempfi ndung<br />
haben. Aber wenn sie wollen, wenn man sie<br />
dazu bringt, wirklich die Aufmerksamkeit<br />
dorthin zu lenken, wo etwas geschehen wird,<br />
dann können sie das. Dadurch werden sie in<br />
ihre Leibesentwicklung gelockt. Allein durch<br />
ihre eigene Aufmerksamkeit.<br />
Also geht es auch um die Beziehung<br />
von Eltern zu ihren Kindern?<br />
Eltern kennen ihr Kind am besten und wissen,<br />
was ihrem Kind gut tut und was nicht. Es<br />
ist wichtig, dass sie diese Sicherheit haben<br />
Zusammenhänge zu durchdringen ist ein wichtiger Entwicklungsschritt.<br />
und ihr vertrauen. Denn wenn ein Kind zum<br />
Beispiel in der Schule auff ällig wird, dann<br />
werden schnell Experten zu Rate gezogen.<br />
Und dann hängt das Schicksal des Kindes<br />
von der Fähigkeit des Experten ab. Von Tests,<br />
die mal mehr, mal weniger für ein Kind geeignet<br />
sind. Vertrauen in das eigene Gefühl<br />
hat natürlich auch etwas mit Verantwortung<br />
zu tun. Und natürlich ist es leichter, Verantwortung<br />
einem anderen zu übertragen als sie<br />
selbst zu übernehmen.<br />
Wie findet man diese Sicherheit?<br />
Wir sind es gewohnt, die Dinge begriffl ich zu<br />
erklären, rational zu beweisen. Aber eigentlich<br />
ist das Gegenteil die Regel. Denn am Anfang<br />
jeder neuen Idee steht zunächst einmal<br />
die Vorstellung selbst, und erst in einem<br />
zweiten Schritt folgt das Begriffl iche, die Erklärung,<br />
das Begreifen. Viele große Erfi ndungen<br />
sind so entstanden. Zunächst ist da eine<br />
bildhafte Idee, dann folgt das begriffl iche<br />
Denken, die Erklärung. Die Menschen hatten<br />
erst den Traum vom Fliegen, dann das Flugzeug.<br />
Auch in der Erziehung geht es gerade<br />
an den schwierigen Stellen darum, einem inneren<br />
Bild Raum zu geben und nicht vorge-<br />
fertigte Erklärungen für ein bestimmtes Verhalten<br />
auf ein sehr individuelles Schicksal<br />
aufzustülpen, nur um ihm einen Namen zu<br />
geben. Wie gesagt, es geht um die Wahrnehmung<br />
des Wesentlichen. cm<br />
Zur Person<br />
Georg Kühlewind arbeitete<br />
in Budapest als Professor<br />
für Physikalische Chemie<br />
und beschäftigte sich<br />
zuletzt mit dem Phänomen<br />
so genannter ADS-Kinder. Die als Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom<br />
diagnostizierte Auffälligkeit<br />
wurde seiner Ansicht nach oftmals zu<br />
schnell als Erkrankung abgetan und medikamentös<br />
behandelt. Georg Kühlewind bemühte<br />
sich um Verständnis und Anerkennung für<br />
diese besonderen Kinder. In vielen Büchern,<br />
Seminaren und Vorträgen setzte sich Kühlewind<br />
für die Vermittlung seiner eigens entwickelten<br />
Aufmerksamkeitsschulung ein. Georg Kühlewind<br />
verstarb im Januar dieses Jahres im Alter<br />
von 81 Jahren.<br />
Buchtipp:<br />
Wege zur fühlenden Wahrnehmung.<br />
Verlag Freies Geistesleben,<br />
ISBN 3-7725-1877X, 12 / 12,50 Euro<br />
14 WELEDA KINDERWELT Frühjahrsausgabe 2006<br />
Frühjahrsausgabe 2006<br />
WELEDA KINDERWELT 15