Glaube und Zweifel - Studi38
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Fotos: Maria Boger, Shirin Schönberg<br />
sind sie nicht nur für die eigene Dissertation<br />
angestellt. Um alles unter einen<br />
Hut zu bekommen muss man zu Mehrarbeit<br />
bereit sein. „Wenn eine Deadline<br />
näher rückt, ist man auch mal am Wochenende<br />
oder nachts am Arbeiten. Das<br />
ist okay, weil man ja in den meisten Fällen<br />
nicht nur für die Doktorarbeit angestellt<br />
ist“, sagt Martin Eisemann. Die<br />
Aufgaben der Mitarbeiter sind von Institut<br />
zu Institut unterschiedlich. Einige<br />
werden stark in die Lehre einbezogen,<br />
müssen Seminare <strong>und</strong> Vorlesungen<br />
halten. Andere<br />
betreuen Praktika<br />
oder arbeiten<br />
Projekten<br />
von Kollegen zu.<br />
Wenn die eigene<br />
Forschung<br />
an ein Industrieprojektgekoppelt<br />
ist, erhöht<br />
das oft zusätzlich<br />
den Druck<br />
gute Ergebnisse abzuliefern, um die Finanzierung<br />
nicht zu gefährden. Die Gefahr,<br />
sich bei diesen vielfältigen Aufgaben<br />
selbst zu überfordern ist groß. „Die<br />
Arbeitsbelastung hängt immer auch<br />
„Professoren werden in<br />
dem Sinne ja nicht kontrolliert,<br />
das heißt sie können<br />
diese Abhängigkeit<br />
nutzen, um Arbeitszeiten<br />
zu verlängern oder mehr<br />
Ergebnisse zu verlangen.“<br />
Lars, Doktorand Chemie<br />
Karriere<br />
davon ab, was man sich selbst abverlangt“,<br />
räumt Lars ein. „Man muss sich<br />
selbst die Frage stellen, wie viel man<br />
auch von seiner Freizeit opfern will, um<br />
noch besser zu sein. Viele können sich<br />
da keine Grenzen setzen.“<br />
Immer vorhanden ist die Angst zu<br />
scheitern. Doch in der Promotionszeit<br />
lernt man, dass es auch sinnvoll sein<br />
kann, keine Ergebnisse zu bekommen<br />
<strong>und</strong> dass auch schlechte Ergebnisse die<br />
Forschung voranbringen. „Irgendwann<br />
gewöhnt man sich daran, dass wissenschaftlichesArbei-<br />
ten nicht heißt:<br />
Ich mache etwas<br />
<strong>und</strong> es funktioniert“,<br />
meint Lars.<br />
„Es geht auch darumnachzuvollziehen,<br />
was nicht<br />
funktioniert hat<br />
<strong>und</strong> warum es<br />
nicht funktioniert<br />
hat.“ Als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter lernt man also<br />
nicht für den Doktor, sondern für das<br />
Leben. Sogar Tobi sieht seine Zeit an<br />
der Uni im Rückblick nicht nur negativ.<br />
„Ich habe auf jeden Fall viel gelernt,<br />
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was mir in meinem jetzigen Job hilft“,<br />
sagt er. Unternehmen schätzen die Qualifikationen,<br />
die man durch eine Promotion<br />
erwirbt, mindestens genauso hoch<br />
wie das Spezialwissen, das man sich auf<br />
seinem Fachgebiet aneignet. Und wer<br />
an der Uni bleiben möchte, bekommt<br />
in der Promotionszeit einen Vorgeschmack<br />
davon, wie das Berufsleben als<br />
Wissenschaftler aussieht.<br />
Eine Promotion kann viele Vorteile<br />
haben. Dennoch sollte jeder, der mit<br />
dem Gedanken spielt einen Doktor zu<br />
machen, vorher ein paar Fragen stellen,<br />
um böse Überraschungen zu vermeiden.<br />
Es kann bei der Entscheidung helfen,<br />
sich ein Bild von seinem zukünftigen<br />
Arbeitgeber zu machen <strong>und</strong> sich bei<br />
Mitarbeitern oder ehemaligen Doktoranden<br />
des Instituts umzuhören. Außerdem<br />
muss man sich selbst einschätzen<br />
können. Wer schon von der Masterarbeit<br />
genervt war, ungern selbständig arbeitet<br />
<strong>und</strong> bei Niederlagen sofort in Depressionen<br />
verfällt, ist in der Forschung<br />
vielleicht falsch.<br />
Und manchmal kommt man ja schon<br />
weiter, indem man eine Möglichkeit<br />
ausschließt. In der Forschung <strong>und</strong> im<br />
Leben. #