Glaube und Zweifel - Studi38

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08.01.2013 Aufrufe

venden schwierig machen Kritikpunkte anzusprechen. Schließlich bewertet der Professor am Ende ihre Leistung. „Man befindet sich natürlich in einem Abhän- gigkeitsverhältnis“, meint Lars. „Professoren werden in dem Sinne ja nicht kontrolliert, das heißt sie können diese Abhängigkeit nutzen, um Arbeitszeiten zu verlängern oder mehr Ergebnisse zu verlangen.“ Dieser Problematik sind sich auch die Promotionsberater bewusst, betonen aber, dass zwischen dem Professor und dem Mitarbeiter ein Promotionsvertrag abgeschlossen werden kann, in dem die beidseitigen Arbeitsbedingungen geklärt werden. Sollte tatsächlich ein Problem auftreten, muss es angesprochen werden, auch wenn es Überwindung kostet. „Die Klärung mit dem Chef und das Ansprechen von Problemen bringen wichtige Qualifikationen für das spätere Leben mit sich“, meint Claudia Banke. „Außerdem besteht immer die Möglichkeit, dass der Betreuer gar nicht mitbekommen hat, dass sein Mitarbeiter ein Problem hat“, fügt Dr. Ferdinand Esser hinzu. Was aber, wenn der Betreuer sich weigert, mit seinen Mitarbeitern zu sprechen? Seit er es per Mail abgelehnt hat, seine Arbeit zu bewerten, hat Tobis Professor alle Angebote zu einem persönlichen Gespräch ausgeschlagen. Bis heute weiß Tobi nicht, was er falsch gemacht hat. An der Qualität seiner Arbeit kann es seiner Meinung nach nicht liegen. „Ich arbeite jetzt in der Biotechnologie Branche und kenne Fachleute, die sagen, dass das, was ich geschrie- ben habe, gut ist.“ Trotzdem wird es für ihn schwer Jemanden zu finden, der seine Arbeit noch bewerten wird. „An der TU wird sich höchstwahrscheinlich niemand „Ich finde die wissenschaftliche Arbeit spannender und das Umfeld toll. Mir graut es vor Fabrikgeländen.“ Dr. Martin Eisemann 46 finden“, meint Tobi. „Schließlich wollen die Professoren der anderen Institute ihrem Kollegen nicht ans Bein pinkeln.“ Er muss sich wahrscheinlich damit abfinden, dass er den wirklichen Grund, warum es mit dem Dok- tor an der TU nicht geklappt hat, nicht erfahren wird. „Ich weiß nicht, ob es schon losging, als ich damals nicht vor Vertragsbeginn anfangen wollte zu arbeiten oder ob es daran liegt, dass ich zwischendurch immer wieder meine Meinung vertreten habe, was nicht gut angekommen ist“, sagt er. Allerdings war er nicht der Einzige, der in seiner Arbeitsgruppe Probleme hatte. Von vier Mitarbeitern hat nur einer promoviert. Zwei haben ihre Arbeit nicht abgegeben, Tobis wur- de abgelehnt. Dabei profitieren die Institute davon, dass ihre Mitarbeiterpromovieren. Schließlich erarbeiten sie Ergebnisse, die von zukünftigen Mitarbeitern für Projekte und Forschungsanträge weiter verwendet werden können. In Tobis Fall hinderte die Ablehnung seiner Doktorarbeit seinen Professor nicht daran, seine Ergebnisse zu nutzen. „Ich habe herausgefunden, dass mein ehemaliger Professor mit späteren Doktoranden eine Methode verwendet hat, die ich in meiner Arbeit entwickelt habe“, erzählt Tobi. „Er hat auch Publikationen geschrieben, in „Ich weiß nicht, ob es schon losging, als ich damals nicht vor Vertragsbeginn anfangen wollte zu arbeiten oder ob es daran liegt, dass ich zwischendurch immer wieder meine Meinung vertreten hab.“ Tobi, Arbeitet jetzt im Bereich Biotechnologie denen er die neue Methode beschreibt, allerdings ohne meinen Namen zu nennen.“ Ein Verhalten, dass man dem Professor durchgehen lässt, obwohl es gegen jeden Promotionsvertrag und Betreuungskodex verstößt. Tobi will sich nun an die Editoren der Zeitschriften wenden und die Sache klarstellen. Er hofft damit dann auch bessere Chancen zu haben, seine Arbeit noch an einer anderen Universität unterzubringen. Natürlich ist Tobis Geschichte ein sehr abschreckendes Beispiel. Dennoch sind die Fähigkeiten eigenverantwortlich zu denken und zu handeln und vor allem nicht aufzugeben, Kompetenzen, die jeder mitbringen sollte, der eine Promotion in Betracht zieht. Schließlich hält einem auch der mustergültigste Betreuer nicht die ganze Zeit die Hand. „Man braucht eine hohe Frustrationstoleranz und muss in der Lage sein, sich selbst einen positiven Ausgleich zu schaffen“, meint Promotionsberater Dr. Esser. Wer die Promotion als Verlängerung der Zeit an der Uni oder einfach nur als Alternative zur Arbeitslosigkeit sieht, wird über kurz oder lang Probleme bekommen. Denn ab einem gewissen Punkt ist man auf sich allein gestellt. Das musste auch Lars erfahren. Nach seiner gut betreutenDiplom- arbeit war die Arbeit als wissenschaftlicherMitarbeiter für ihn ein Sprung ins kalte Wasser. „Irgendwann muss man alles alleine machen. Man ist als Forscher dann selbst für ein Fachgebiet zuständig und muss das Interesse haben dieses Gebiet voranzubringen. Die Promotion zeigt einem, wie gut man im Studium gelernt hat, wissenschaftlich zu arbeiten. Ich hätte es mir nicht so schwer vorgestellt meinen Arbeitsalltag so effektiv durchzuplanen.“ Dies liegt auch an den vielfältigen Aufgaben, die wissenschaftliche Mitarbeiter an ihren Instituten übernehmen. Schließlich

Fotos: Maria Boger, Shirin Schönberg sind sie nicht nur für die eigene Dissertation angestellt. Um alles unter einen Hut zu bekommen muss man zu Mehrarbeit bereit sein. „Wenn eine Deadline näher rückt, ist man auch mal am Wochenende oder nachts am Arbeiten. Das ist okay, weil man ja in den meisten Fällen nicht nur für die Doktorarbeit angestellt ist“, sagt Martin Eisemann. Die Aufgaben der Mitarbeiter sind von Institut zu Institut unterschiedlich. Einige werden stark in die Lehre einbezogen, müssen Seminare und Vorlesungen halten. Andere betreuen Praktika oder arbeiten Projekten von Kollegen zu. Wenn die eigene Forschung an ein Industrieprojektgekoppelt ist, erhöht das oft zusätzlich den Druck gute Ergebnisse abzuliefern, um die Finanzierung nicht zu gefährden. Die Gefahr, sich bei diesen vielfältigen Aufgaben selbst zu überfordern ist groß. „Die Arbeitsbelastung hängt immer auch „Professoren werden in dem Sinne ja nicht kontrolliert, das heißt sie können diese Abhängigkeit nutzen, um Arbeitszeiten zu verlängern oder mehr Ergebnisse zu verlangen.“ Lars, Doktorand Chemie Karriere davon ab, was man sich selbst abverlangt“, räumt Lars ein. „Man muss sich selbst die Frage stellen, wie viel man auch von seiner Freizeit opfern will, um noch besser zu sein. Viele können sich da keine Grenzen setzen.“ Immer vorhanden ist die Angst zu scheitern. Doch in der Promotionszeit lernt man, dass es auch sinnvoll sein kann, keine Ergebnisse zu bekommen und dass auch schlechte Ergebnisse die Forschung voranbringen. „Irgendwann gewöhnt man sich daran, dass wissenschaftlichesArbei- ten nicht heißt: Ich mache etwas und es funktioniert“, meint Lars. „Es geht auch darumnachzuvollziehen, was nicht funktioniert hat und warum es nicht funktioniert hat.“ Als wissenschaftlicher Mitarbeiter lernt man also nicht für den Doktor, sondern für das Leben. Sogar Tobi sieht seine Zeit an der Uni im Rückblick nicht nur negativ. „Ich habe auf jeden Fall viel gelernt, 47 was mir in meinem jetzigen Job hilft“, sagt er. Unternehmen schätzen die Qualifikationen, die man durch eine Promotion erwirbt, mindestens genauso hoch wie das Spezialwissen, das man sich auf seinem Fachgebiet aneignet. Und wer an der Uni bleiben möchte, bekommt in der Promotionszeit einen Vorgeschmack davon, wie das Berufsleben als Wissenschaftler aussieht. Eine Promotion kann viele Vorteile haben. Dennoch sollte jeder, der mit dem Gedanken spielt einen Doktor zu machen, vorher ein paar Fragen stellen, um böse Überraschungen zu vermeiden. Es kann bei der Entscheidung helfen, sich ein Bild von seinem zukünftigen Arbeitgeber zu machen und sich bei Mitarbeitern oder ehemaligen Doktoranden des Instituts umzuhören. Außerdem muss man sich selbst einschätzen können. Wer schon von der Masterarbeit genervt war, ungern selbständig arbeitet und bei Niederlagen sofort in Depressionen verfällt, ist in der Forschung vielleicht falsch. Und manchmal kommt man ja schon weiter, indem man eine Möglichkeit ausschließt. In der Forschung und im Leben. #

venden schwierig machen Kritikpunkte<br />

anzusprechen. Schließlich bewertet der<br />

Professor am Ende ihre Leistung. „Man<br />

befindet sich natürlich in einem Abhän-<br />

gigkeitsverhältnis“, meint Lars. „Professoren<br />

werden in dem Sinne ja nicht<br />

kontrolliert, das heißt sie können diese<br />

Abhängigkeit nutzen, um Arbeitszeiten<br />

zu verlängern oder mehr Ergebnisse<br />

zu verlangen.“ Dieser Problematik sind<br />

sich auch die Promotionsberater bewusst,<br />

betonen aber, dass zwischen dem<br />

Professor <strong>und</strong> dem Mitarbeiter ein Promotionsvertrag<br />

abgeschlossen werden<br />

kann, in dem die beidseitigen Arbeitsbedingungen<br />

geklärt werden. Sollte tatsächlich<br />

ein Problem auftreten, muss<br />

es angesprochen werden, auch wenn<br />

es Überwindung kostet. „Die Klärung<br />

mit dem Chef <strong>und</strong> das Ansprechen von<br />

Problemen bringen wichtige Qualifikationen<br />

für das spätere Leben mit sich“,<br />

meint Claudia Banke. „Außerdem besteht<br />

immer die Möglichkeit, dass der<br />

Betreuer gar nicht mitbekommen hat,<br />

dass sein Mitarbeiter ein Problem hat“,<br />

fügt Dr. Ferdinand Esser hinzu.<br />

Was aber, wenn der Betreuer sich<br />

weigert, mit seinen Mitarbeitern zu<br />

sprechen? Seit er es per Mail abgelehnt<br />

hat, seine Arbeit zu bewerten, hat Tobis<br />

Professor alle Angebote zu einem persönlichen<br />

Gespräch ausgeschlagen. Bis<br />

heute weiß Tobi nicht, was er falsch gemacht<br />

hat. An der Qualität seiner Arbeit<br />

kann es seiner Meinung nach nicht<br />

liegen. „Ich arbeite jetzt in der Biotechnologie<br />

Branche <strong>und</strong> kenne Fachleute,<br />

die sagen, dass das, was ich geschrie-<br />

ben habe, gut ist.“ Trotzdem wird es<br />

für ihn schwer Jemanden zu finden, der<br />

seine Arbeit noch bewerten wird. „An<br />

der TU wird sich höchstwahrscheinlich<br />

niemand<br />

„Ich finde<br />

die wissenschaftliche<br />

Arbeit spannender<br />

<strong>und</strong><br />

das Umfeld<br />

toll. Mir<br />

graut es vor<br />

Fabrikgeländen.“<br />

Dr. Martin Eisemann<br />

46<br />

finden“, meint<br />

Tobi. „Schließlich<br />

wollen die<br />

Professoren der<br />

anderen Institute<br />

ihrem Kollegen<br />

nicht ans<br />

Bein pinkeln.“ Er<br />

muss sich wahrscheinlich<br />

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Gr<strong>und</strong>, warum<br />

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tor an der TU nicht geklappt hat, nicht<br />

erfahren wird. „Ich weiß nicht, ob es<br />

schon losging, als ich damals nicht vor<br />

Vertragsbeginn anfangen wollte zu arbeiten<br />

oder ob es daran liegt, dass ich<br />

zwischendurch immer wieder meine<br />

Meinung vertreten habe, was nicht gut<br />

angekommen ist“, sagt er. Allerdings<br />

war er nicht der Einzige, der in seiner<br />

Arbeitsgruppe Probleme hatte. Von vier<br />

Mitarbeitern hat nur einer promoviert.<br />

Zwei haben ihre Arbeit nicht abgegeben,<br />

Tobis wur-<br />

de abgelehnt.<br />

Dabei profitieren<br />

die Institute<br />

davon, dass<br />

ihre Mitarbeiterpromovieren.<br />

Schließlich<br />

erarbeiten sie<br />

Ergebnisse, die<br />

von zukünftigen<br />

Mitarbeitern für<br />

Projekte <strong>und</strong><br />

Forschungsanträge weiter verwendet<br />

werden können. In Tobis Fall hinderte<br />

die Ablehnung seiner Doktorarbeit seinen<br />

Professor nicht daran, seine Ergebnisse<br />

zu nutzen. „Ich habe herausgef<strong>und</strong>en,<br />

dass mein ehemaliger Professor<br />

mit späteren Doktoranden eine Methode<br />

verwendet hat, die ich in meiner Arbeit<br />

entwickelt habe“, erzählt Tobi. „Er<br />

hat auch Publikationen geschrieben, in<br />

„Ich weiß nicht, ob es<br />

schon losging, als ich<br />

damals nicht vor Vertragsbeginn<br />

anfangen wollte zu<br />

arbeiten oder ob es daran<br />

liegt, dass ich zwischendurch<br />

immer wieder meine<br />

Meinung vertreten hab.“<br />

Tobi, Arbeitet jetzt im Bereich Biotechnologie<br />

denen er die neue Methode beschreibt,<br />

allerdings ohne meinen Namen zu nennen.“<br />

Ein Verhalten, dass man dem<br />

Professor durchgehen lässt, obwohl es<br />

gegen jeden Promotionsvertrag <strong>und</strong> Betreuungskodex<br />

verstößt. Tobi will sich<br />

nun an die Editoren der Zeitschriften<br />

wenden <strong>und</strong> die Sache klarstellen. Er<br />

hofft damit dann auch bessere Chancen<br />

zu haben, seine Arbeit noch an einer anderen<br />

Universität unterzubringen.<br />

Natürlich ist Tobis Geschichte ein sehr<br />

abschreckendes Beispiel. Dennoch sind<br />

die Fähigkeiten eigenverantwortlich zu<br />

denken <strong>und</strong> zu handeln <strong>und</strong> vor allem<br />

nicht aufzugeben, Kompetenzen, die jeder<br />

mitbringen sollte, der eine Promotion<br />

in Betracht zieht. Schließlich hält<br />

einem auch der mustergültigste Betreuer<br />

nicht die ganze Zeit die Hand. „Man<br />

braucht eine hohe Frustrationstoleranz<br />

<strong>und</strong> muss in der Lage sein, sich selbst<br />

einen positiven Ausgleich zu schaffen“,<br />

meint Promotionsberater Dr. Esser. Wer<br />

die Promotion als Verlängerung der Zeit<br />

an der Uni oder einfach nur als Alternative<br />

zur Arbeitslosigkeit sieht, wird<br />

über kurz oder lang Probleme bekommen.<br />

Denn ab einem gewissen Punkt ist<br />

man auf sich allein gestellt. Das musste<br />

auch Lars erfahren. Nach seiner gut betreutenDiplom-<br />

arbeit war die<br />

Arbeit als wissenschaftlicherMitarbeiter<br />

für ihn<br />

ein Sprung ins<br />

kalte Wasser. „Irgendwann<br />

muss<br />

man alles alleine<br />

machen. Man<br />

ist als Forscher<br />

dann selbst für<br />

ein Fachgebiet<br />

zuständig <strong>und</strong> muss das Interesse haben<br />

dieses Gebiet voranzubringen. Die<br />

Promotion zeigt einem, wie gut man im<br />

Studium gelernt hat, wissenschaftlich<br />

zu arbeiten. Ich hätte es mir nicht so<br />

schwer vorgestellt meinen Arbeitsalltag<br />

so effektiv durchzuplanen.“ Dies liegt<br />

auch an den vielfältigen Aufgaben, die<br />

wissenschaftliche Mitarbeiter an ihren<br />

Instituten übernehmen. Schließlich

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