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Glaube und Zweifel - Studi38

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Campus<br />

Nicht clean, mit Herz<br />

VeRa Keidel <strong>und</strong> liSa gRolig haBen eine eigene KunStgalleRie auf 16 m 2<br />

Von Torben Schmacke<br />

Moderne Kunstgalerien,<br />

das sind sterile Orte<br />

mit weißen Wänden.<br />

Leute schleichen leise <strong>und</strong> bedächtig<br />

durch die Gänge <strong>und</strong> versuchen<br />

die Werke zu verstehen.<br />

Das Konzept eines weißen Raumes,<br />

der völlig hinter die Werke<br />

zurücktreten soll, nennt sich<br />

White Cube. Der White Cube<br />

entwickelte sich mit dem Aufkommen<br />

der Avantgarde-Bewegung<br />

im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert. Heute<br />

ist er das am weitesten verbreitete<br />

Konzept für Kunstaustellungen.<br />

Der Kunstkritiker Brian<br />

O'Doherty beschreibt den White<br />

Cube als schattenlos, weiß, clean<br />

<strong>und</strong> künstlich. Doch nicht alle<br />

Kunstgalerien folgen dieser umstrittenen<br />

Ausstellungspraxis.<br />

Die Kritik O'Dohertys haben<br />

die Studentinnen Vera Keidel<br />

<strong>und</strong> Lisa Grolig zu einem Teilf<strong>und</strong>ament<br />

ihrer Galerie gemacht:<br />

galerieherzblut. Wir sind<br />

nicht schattenlos, nicht weiß, nicht<br />

clean, nicht künstlich, sagt Vera Keidel<br />

mit einem gewissen Stolz in den Augen.<br />

galerieherzblut ist ein nichtkommerzielles,<br />

studentisches Projekt unterstützt<br />

von der HBK. Der Name ist Programm,<br />

denn für beide Jungkuratorinnen heißt<br />

es neben der Galerie alle Aufgaben zu<br />

Infos<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag, Donnerstag <strong>und</strong><br />

Sonntag 16-19 Uhr<br />

Adresse: Sophienstr. 15,<br />

38118 Braunschweig<br />

→www.galerieherzblut.de<br />

bewältigen, die ihr Studium für sie bereit<br />

hält. „Wir wollen uns aber nicht<br />

durchs Studium jagen lassen, sondern<br />

auch praktische Erfahrungen für unseren<br />

späteren Beruf sammeln“, sagen sie.<br />

Dafür nehmen sie ein verlängertes Studium<br />

in Kauf.<br />

Wie viel zu tun ist, verrät der Blick<br />

in den kleinen Galerieraum. Gerade ist<br />

die letzte Ausstellung gelaufen, schon<br />

wird wieder umgebaut für den neuen<br />

Künstler. Da hängen Tapetenfetzen von<br />

den Wänden, Farbeimer stehen in den<br />

Ecken, Kabelsalat schlängelt sich unter<br />

der Decke <strong>und</strong> allgemein wirkt der<br />

Raum mit seinen 16 Quadratmetern<br />

mehr wie ein Atelier als eine Kunstgalerie.<br />

„Wir erarbeiten uns ja auch<br />

mit jedem neuen Künstler zusammen<br />

ein passendes Raumkonzept der Gale-<br />

26<br />

rie“, erklärt Lisa das Durcheinander.<br />

Eine weiße Wand mit einem<br />

Gemälde an einem Nagel<br />

wird es hier nicht geben. Den<br />

Unterschied merken auch die<br />

Besucher.<br />

Wenn die Ausstellung beginnt<br />

ist das Chaos gewichen, Besucher<br />

aller Altersgruppen betreten<br />

dann den kleinen Raum mit<br />

großem Schaufenster zur Straße,<br />

das eine ganze Raumseite<br />

ausmacht. Transparent, einladend<br />

<strong>und</strong> weltoffen. Nur eine<br />

flache Stufe gilt es vom Bürgersteig<br />

kommend zu überwinden<br />

<strong>und</strong> schon steht man mitten im<br />

Kern der jeweiligen Ausstellung.<br />

Das ist es, was die Besucher so<br />

schätzen. Der Einstieg zur Kunst<br />

wird einem hier sehr leicht gemacht.<br />

Kein bedächtiges Schleichen<br />

oder Blättern in Katalogen,<br />

sondern der direkte Kontakt mit<br />

den Macherinnen. Neben den<br />

Ausstellungseröffnungen ist die<br />

Galerie an drei Tagen in der Woche geöffnet.<br />

„Wir sind mittlerweile ein Ort<br />

geworden, an dem man sich trifft“, freuen<br />

sich die beiden Studentinnen. Neben<br />

der Kunst organisiert galerieherzblut<br />

auch Konzerte <strong>und</strong> spezielle Events wie<br />

die Live-Vertonung eines Fußballspiels<br />

während der letzten WM.<br />

Ihr Resümee nach einem Jahr fällt<br />

entsprechend positiv aus. „Es ist geil<br />

eine Kunstgalerie zu haben“, betont-<br />

Vera Keidel. Das investierte Herzblut<br />

wiegt sich in wichtigen, praktischen Erfahrungen<br />

auf. Auf die Frage nach der<br />

Zukunft des Projektes huscht trotzdem<br />

oder gerade darum ein kurzer melancholischer<br />

Schatten über die Gesichter.<br />

„Das Studium ist bald geschafft <strong>und</strong> damit<br />

wird dann auch das Projekt enden.<br />

Oder vielleicht auch nicht.“ #<br />

Foto: Privat

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