Wege zur Kultur - Deutscher Museumsbund

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08.01.2013 Aufrufe

Rechtliche Voraussetzungen von Barnerifret"helt 69 Politik auf behinderte Menschen sind zu beachten. Das BVerfG weist mit seinen Ausführungen voraus auf das Konzept der angemessenen Vorkehrungen, die hier noch als »hin längliche Förderung" bezeichnet werden. Dem liegen letztlich ältere gleichheitsrechtliche Erkenntnisse zu Grunde: Eine nur formelle Gleichbehandlung kann eine verbotene Ungleichbehandlung sein, wenn sie auf ungleiche Vorbedingungen stößt. Dies spiegelt sich in der ständigen Formel des Bundesverfassungsgerichts, der Gleichheitssatz gebiete Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln.!4 Wie das BVerfG bereits im Kontext des Mietrechts festgestellt hat, kann eine barrierefreie Gestaltung auch im Rahmen eines privaten Rechtsverhältnisses geboten sein.!5 Der Staat wird insoweit durch das Benachteiligungsverbot gebunden, das Zivilrecht entsprechend zu gestalten, sei es durch Schaffung entsprechender Rechtsnormen, sei es durch die Auslegung geltenden Rechts durch Verwaltung und Gerichte. 1.2 Europäisches Recht Auch im Europäischen Recht ist die Gleichstellung behinderter Menschen verankert worden. Durch den Vertrag von Amsterdam wurde die Gemeinschaft 1997 ermächtigt, rechtliche Maßnahmen gegen die Diskriminierung wegen einer Behinderung zu unternehmen (Art. 13 EG-Vertrag, jetzt Art. 19 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU). Von dieser Ermächtigung machte sie durch die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie für Beschäftigung und Beruf (RL 2000/ 78/ EG) 16 Gebrauch, in der das Prinzip angemessener Vorkehrungen in Art. 5 als Verpflichtung der Arbeitgeber behinderter Beschäftigter positiviert wurde. In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union wurden Nichtdiskriminierungwegen einer Behinderung (Art. 21) sowie der Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft (Art. 26) verankert. In der Fassung der Europäischen Verträge durch den Vertrag von Lissabon ist die Charta als verbindlicher Teil des Primärrechts in Bezug genommen. Weiterhin ist die Bekämpfung von Diskriminierungen aus Gründen einer Behinderung als Querschnittsaufgabe der Union ausgewiesen und hervorgehoben worden (Art. 10 Vertrag über die Arbeitsweise der EU). Daher werden auch sektorale Regelungskompetenzen rur verschiedene Bereiche des Binnenmarktes, fur transeuropäische Verkehrswege!7 14 Zuletzt BVerfG v. 12.10.2010, ZFSH/SGB 2010, 727. 15 BVerfG v. 28.3.2000, NJW 2000, 2658. 16 Richtlinie 2000/78/ EG des Rates v. 27. November 2000 zur Verwirklichung eines allgemeinen Rahmens rur die Verwirklichung von Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (AbI. Nr. L 303 S.16). 17 VO (EG) Nr. 1107/ 2006 über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität.

70 Felix Welfi und Kommunikationsnetze, im Vergaberecht 18 sowie in der Färderpolitik 19 verstärkt genutzt, um dieses Ziel zu erreichen. Sie enthalten zum Teil klare Vorgaben im Hinblick auf Barrierefreiheit. 1.3 Behindertenrechtskonvention Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (BRK)20 konkretisiert die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 21 sowie die Pakte der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte sowie über wirtschafdiche, soziale und kulturelle Rechte von 1966. Diese sind seit 1973 in Deutschland geltendes Recht. 22 Damit wird deutlich, dass soziale Menschenrechte in der Bundesrepublik Deutschland kein politisches Desiderat, sondern Teil der Rechtsordnung sind, wenn sie auch bislang keinen erheblichen Niederschlag in der Rechtsprechung gefunden haben. Das Bundesverfassungsgericht hat fur die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) entschieden, dass die in Deutschland im Rang einfachen Bundesrechts geltenden Menschenrechtsübereinkommen auch bei der Auslegung und Anwendung des deutschen Rechts einschließlich des Verfassungsrechts zu beachten sind. 23 Die Behindertenrechtskonvention wurde aus der Erkenntnis heraus erarbeitet, dass die universellen Menschenrechte einer Bekräftigung und Konkretisierung für benachteiligte und verletzbare Gruppen bedürfen und steht damit in einer Linie mit der Frauenrechtskonvention 24 , der Kinderrechtskonvention 25 und der - fur Deutschland bislang nicht ratifizierten - Wanderarbeitnehmerkonvention. An der Erarbeitung der BRK waren die Organisationen behinderter Menschen auf globaler Ebene beteiligt. Nach Beschluss durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen wurde sie bereits von zahlreichen Staaten ratifiziert. Für die Bundesrepublik Deutschland haben Bundestag und Bundesrat zugestimmt, so dass die BRK am 26.3.2009 als einfaches Bundesgesetz in Kraft 18 Art. 23 Abs. 1 RL 2004/18 EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge. 19 Art. 16 VO (EG) Nr. 1083/2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds rur regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds. 20 Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD) v. 13.12.2006 (BGBI. II 2008, 1419). 21 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, verkündet von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948. 22 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) v. 19. Dezember 1966 (BGBI. II 1973, 1534); Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR) v. 19. Dezember 1966 (BGBI. II 1973, 1570). 23 BVertG v. 14. Oktober 2004, Az. 2 BvR 1481/04, BVerfGE 111,307; BVertG v. 5.4.2005, NJW 2005, 1765. 24 Übereinkommen zur Beseitigungjeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) v. 18. Dezember 1979 (BGBI. II 1985,647). 25 Übereinkommen über die Rechte des Kindes (CRC) v. 20. November 1989 (BGBI. II 1992, 121).

Rechtliche Voraussetzungen von Barnerifret"helt 69<br />

Politik auf behinderte Menschen sind zu beachten. Das BVerfG weist mit seinen Ausführungen<br />

voraus auf das Konzept der angemessenen Vorkehrungen, die hier noch als<br />

»hin längliche Förderung" bezeichnet werden. Dem liegen letztlich ältere gleichheitsrechtliche<br />

Erkenntnisse zu Grunde: Eine nur formelle Gleichbehandlung kann eine<br />

verbotene Ungleichbehandlung sein, wenn sie auf ungleiche Vorbedingungen stößt.<br />

Dies spiegelt sich in der ständigen Formel des Bundesverfassungsgerichts, der Gleichheitssatz<br />

gebiete Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln.!4<br />

Wie das BVerfG bereits im Kontext des Mietrechts festgestellt hat, kann eine barrierefreie<br />

Gestaltung auch im Rahmen eines privaten Rechtsverhältnisses geboten sein.!5<br />

Der Staat wird insoweit durch das Benachteiligungsverbot gebunden, das Zivilrecht<br />

entsprechend zu gestalten, sei es durch Schaffung entsprechender Rechtsnormen, sei<br />

es durch die Auslegung geltenden Rechts durch Verwaltung und Gerichte.<br />

1.2 Europäisches Recht<br />

Auch im Europäischen Recht ist die Gleichstellung behinderter Menschen verankert<br />

worden. Durch den Vertrag von Amsterdam wurde die Gemeinschaft 1997 ermächtigt,<br />

rechtliche Maßnahmen gegen die Diskriminierung wegen einer Behinderung zu unternehmen<br />

(Art. 13 EG-Vertrag, jetzt Art. 19 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU).<br />

Von dieser Ermächtigung machte sie durch die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie für<br />

Beschäftigung und Beruf (RL 2000/ 78/ EG) 16 Gebrauch, in der das Prinzip angemessener<br />

Vorkehrungen in Art. 5 als Verpflichtung der Arbeitgeber behinderter Beschäftigter<br />

positiviert wurde.<br />

In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union wurden Nichtdiskriminierungwegen<br />

einer Behinderung (Art. 21) sowie der Anspruch von Menschen mit Behinderung<br />

auf Maßnahmen <strong>zur</strong> Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und<br />

beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft (Art. 26)<br />

verankert. In der Fassung der Europäischen Verträge durch den Vertrag von Lissabon<br />

ist die Charta als verbindlicher Teil des Primärrechts in Bezug genommen. Weiterhin<br />

ist die Bekämpfung von Diskriminierungen aus Gründen einer Behinderung als Querschnittsaufgabe<br />

der Union ausgewiesen und hervorgehoben worden (Art. 10 Vertrag<br />

über die Arbeitsweise der EU). Daher werden auch sektorale Regelungskompetenzen<br />

rur verschiedene Bereiche des Binnenmarktes, fur transeuropäische Verkehrswege!7<br />

14 Zuletzt BVerfG v. 12.10.2010, ZFSH/SGB 2010, 727.<br />

15 BVerfG v. 28.3.2000, NJW 2000, 2658.<br />

16 Richtlinie 2000/78/ EG des Rates v. 27. November 2000 <strong>zur</strong> Verwirklichung eines allgemeinen Rahmens<br />

rur die Verwirklichung von Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (AbI. Nr. L 303<br />

S.16).<br />

17 VO (EG) Nr. 1107/ 2006 über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit<br />

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