Wege zur Kultur - Deutscher Museumsbund

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08.01.2013 Aufrufe

76 Felix Welti fertigen. Auch die Bereitstellung gesonderter Räume, die fur behinderte Menschen zugänglich sind, kann nach einem Urteil des Oberverwaltungsgericht Niedersachsen unzureichend sein. 38 Die Anforderungen an Barrierefreiheit werden durch die Behindertenrechtskonvention, insbesondere Art. 9 BRK, weiter konkretisiert. Art. 9 Behindertenrechtskonvention zeigt auf, dass Zugänglichkeit durch ein Bündel von Maßnahmen erreicht wird, das aus Barrierefreiheit und personenbezogenen angemessenen Vorkehrungen besteht. Personenbezogene angemessene Vorkehrungen sind insbesondere menschliche und tierische Hilfe sowie Mittelspersonen, unter anderem Personen zum Führen und Vorlesen sowie professionelle Gebärdensprachdolmetscher (Art. 9 Abs. 2 e BRK). Voraussetzungen der Zugänglichkeit werden geschaffen durch Schulungen zu Fragen der Zugänglichkeit (Art. 9 Abs. 2 c BRK) sowie die Gestaltung, die Entwicklung, die Herstellung und den Vertrieb zugänglicher Informations- und Kommunikationstechnologien (Art. 9 Abs. 2 h BRK). 2.4 Bindung im öffentlichen Recht Das Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes bindet die Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts daran, im Rahmen ihres Aufgabenbereichs die Benachteiligung von behinderten Menschen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft möglich zu machen und eine selbstbestimmte Lebensfuhrung zu ermöglichen sowie sie nicht zu benachteiligen (§ 7 Abs. 1 BGG) und zivile Neubauten sowie große zivile Um- oder Erweiterungsbauten entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei zu gestalten (§ 8 Abs. 1 BGG). Die Landesgesetze binden jeweils unmittelbar die Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes. Der Grad der Bindung ist jedoch unterschiedlich bei den Trägern der mittelbaren Staatsverwaltung. So sind in Bayern und Hessen die Gemeinden und Gemeindeverbände 39 , der Bayerische und der Hessische Rundfunk sowie in Niedersachsen die Sparkassen 40 ausgenommen. In Hessen trifft die Gemeinden und Gemeindeverbände stattdessen eine PrüfungspflichtY Während der Grad der Bindung an das Benachteiligungsverbot dadurch kaum verändert wird, da das Benachteiligungsverbot fur alle Träger der öffentlichen Gewalt ohnehin gilt, erscheint eine gelockerte Bindung der Gemeinden und Gemeindeverbände an die Barrierefreiheit bedenklich. Sie kann allenfalls in den Bereichen reiner Selbstverwaltungsaufgaben akzeptiert werden, während fur die Wahrnehmung von 38 OVG Niedersachsen, BauR 2006, 1285 zu einem Gebäude mit mehreren Arztpraxen. 39 Art. 9 Abs. 1 BayBGG; § 9 Abs. 1 HessBGG. 40 § 2 Abs. 1 Satz 2 NBGG. 41 § 9 Abs. 2 HessBGG.

Rechtliche Voraussetzungen von Bamerifreiheit 77 Staatsaufgaben die Barrierefreiheitsgebote umfassend gelten müssen. Da auch in Bayern und Hessen die Verwaltungen der Kreise, Städte und Gemeinden in erheblichem Maße Staatsaufgaben erfullen, sei es als Meldebehörden, Ordnungsbehörden, Schulämter und Schulträger, Träger der Sozialhilfe, Kinder- oder Jugendhilfe müssen fur alle kommunalen Gebäude, die diesen Aufgaben dienen, die landesgesetzlichen Standards der Barrierefreiheit uneingeschränkt gelten. Für Sozialleistungsträger ist die Barrierefreiheit der Dienstgebäude sowie der Räume, in denen Sozialleistungen erbracht werden, auch ein Gebot des allgemeinen Sozialrechts (§ 17 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch I). Damit sind die Träger der Sozialversicherung und die in den Ländern zu Trägern der Sozialhilfe, Kinder- und Jugendhilfe bestimmten Gemeindeverbände und Gemeinde gebunden. Somit sind die Sozialleistungsträger - anders als andere Träger der öffentlichen Verwaltung - auch zur Barrierefreiheit im Baubestand verpflichtet. Sie sind weiterhin verpflichtet, in ihrem Vertragsrecht mit Leistungserbringern wie Vertragsärzten, Krankenhäusern, Diensten und Einrichtungen der Rehabilitation, Pflegeeinrichtungen oder Kindertagesstätten Barrierefreiheit zu vereinbaren und durchzusetzen. Die Gebote der Barrierefreiheit fur die öffentliche Verwaltung im Behindertengleichstellungsrecht sind Regeln, die einzuhalten sind. Insbesondere im Planungsrecht sind sie Prinzipien, die mit anderen Prinzipien abzuwägen sind. Dabei haben sie wegen ihrer verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Fundierung erhebliches Gewicht. Regeln zur Barrierefreiheit können mit anderen Regeln kollidieren, etwa aus dem Denkmalschutz, Naturschutz oder Brandschutz oder mit der Kunstfreiheit. 42 In vielen Fällen wird aber vorschnell eine solche Kollision angenommen, während bei hinreichender Priifimg Lösungen zu finden wären. Liegt tatsächlich eine Kollision vor, ist diese nach dem Grundsatz des schonenden Ausgleichs aufzulösen. 2.5 Bindung im Zivilrecht Eine Verpflichtung zur Barrierefreiheit in zivilrechtlichen Rechtsverhältnissen ist nur in einigen Fällen gesetzlich angeordnet. Hier sind § 554a Bürgerliches Gesetzbuch fur das Wohnraummietrecht 43 und § 3 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsstättenverordnung zu nennen. In anderen zivilrechtlichen Rechtsverhältnissen kann sich Barrierefreiheit als Nebenpflicht ergeben, insbesondere wenn Waren und Dienste öffentlich angeboten werden oder Dauerschuldverhältnisse mit behinderten Menschen eingegangen werden. Dabei verbietet es das Allgemeine Gleichstellungsgesetz ein Dauerschuldverhältnis mit einem behinderten Menschen zu verweigern, nur weil dieser behindert ist. Im Einzelnen sind die Auswirkungen von Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz und 42 Dazu VG Berlin v. 30.4.2003, NJW 2003, S. 2927. 43 LG Hamburg v. 29.4.2004, ZMR 2004, S. 914.

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fertigen. Auch die Bereitstellung gesonderter Räume, die fur behinderte Menschen<br />

zugänglich sind, kann nach einem Urteil des Oberverwaltungsgericht Niedersachsen<br />

un<strong>zur</strong>eichend sein. 38<br />

Die Anforderungen an Barrierefreiheit werden durch die Behindertenrechtskonvention,<br />

insbesondere Art. 9 BRK, weiter konkretisiert. Art. 9 Behindertenrechtskonvention<br />

zeigt auf, dass Zugänglichkeit durch ein Bündel von Maßnahmen erreicht<br />

wird, das aus Barrierefreiheit und personenbezogenen angemessenen Vorkehrungen<br />

besteht. Personenbezogene angemessene Vorkehrungen sind insbesondere menschliche<br />

und tierische Hilfe sowie Mittelspersonen, unter anderem Personen zum Führen<br />

und Vorlesen sowie professionelle Gebärdensprachdolmetscher (Art. 9 Abs. 2 e BRK).<br />

Voraussetzungen der Zugänglichkeit werden geschaffen durch Schulungen zu Fragen<br />

der Zugänglichkeit (Art. 9 Abs. 2 c BRK) sowie die Gestaltung, die Entwicklung, die<br />

Herstellung und den Vertrieb zugänglicher Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

(Art. 9 Abs. 2 h BRK).<br />

2.4 Bindung im öffentlichen Recht<br />

Das Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes bindet die Dienststellen und sonstigen<br />

Einrichtungen des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften,<br />

Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts daran, im Rahmen ihres Aufgabenbereichs<br />

die Benachteiligung von behinderten Menschen zu beseitigen und zu verhindern<br />

sowie die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft möglich zu<br />

machen und eine selbstbestimmte Lebensfuhrung zu ermöglichen sowie sie nicht zu<br />

benachteiligen (§ 7 Abs. 1 BGG) und zivile Neubauten sowie große zivile Um- oder<br />

Erweiterungsbauten entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei<br />

zu gestalten (§ 8 Abs. 1 BGG).<br />

Die Landesgesetze binden jeweils unmittelbar die Dienststellen und sonstigen Einrichtungen<br />

des Landes. Der Grad der Bindung ist jedoch unterschiedlich bei den Trägern<br />

der mittelbaren Staatsverwaltung. So sind in Bayern und Hessen die Gemeinden<br />

und Gemeindeverbände 39 , der Bayerische und der Hessische Rundfunk sowie in<br />

Niedersachsen die Sparkassen 40 ausgenommen. In Hessen trifft die Gemeinden und<br />

Gemeindeverbände stattdessen eine PrüfungspflichtY<br />

Während der Grad der Bindung an das Benachteiligungsverbot dadurch kaum verändert<br />

wird, da das Benachteiligungsverbot fur alle Träger der öffentlichen Gewalt<br />

ohnehin gilt, erscheint eine gelockerte Bindung der Gemeinden und Gemeindeverbände<br />

an die Barrierefreiheit bedenklich. Sie kann allenfalls in den Bereichen reiner<br />

Selbstverwaltungsaufgaben akzeptiert werden, während fur die Wahrnehmung von<br />

38 OVG Niedersachsen, BauR 2006, 1285 zu einem Gebäude mit mehreren Arztpraxen.<br />

39 Art. 9 Abs. 1 BayBGG; § 9 Abs. 1 HessBGG.<br />

40 § 2 Abs. 1 Satz 2 NBGG.<br />

41 § 9 Abs. 2 HessBGG.

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