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Die Rede "Bedeutung der Pflege im

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Florian Bommas, Geschäftsführer Diak-Altenhilfe, 17.03.2011<br />

<strong>Bedeutung</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> <strong>im</strong> demografischen Wandel<br />

<strong>Rede</strong> zur Ausstellungseröffnung „Farbe <strong>im</strong> Alter“ <strong>im</strong> Landratsamt Schwäbisch Hall<br />

am 17.03.2011<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

liebe Bewohnerinnen und Bewohner,<br />

nun auch von <strong>der</strong> Diak-Altenhilfe herzlich Willkommen zur Eröffnung dieser Ausstellung.<br />

Wir freuen uns, dass Sie so zahlreich gekommen sind und wünschen Ihnen<br />

einen unterhaltsamen Abend.<br />

Das Diak ist <strong>im</strong> Februar 125 Jahr alt geworden – eigentlich ein Anlass, um zurück zu<br />

schauen. Stattdessen möchte ich die Gelegenheit nutzen, den Blick nach vorne zu<br />

richten und zwar auf die demografische Entwicklung in Deutschland. <strong>Die</strong> demografische<br />

Entwicklung ist eine <strong>der</strong> größten Herausfor<strong>der</strong>ungen für unsere Gesellschaft.<br />

Das möchte ich anhand weniger Zahlen verdeutlichen:<br />

� Heute gibt es rund 2,4 Mio. <strong>Pflege</strong>bedürftige in Deutschland<br />

2030 sind voraussichtlich 3,4 Mio. und 2050 noch mehr.<br />

� Heute gibt es gut 40 Mio. Erwerbstätige in Deutschland.<br />

2050 sind es voraussichtlich zwischen 29 Mio. und 32 Mio. Erwerbstätige<br />

� Heute sind ca. 11% <strong>der</strong> Erwerbstätigen <strong>im</strong> Gesundheitswesen beschäftigt.<br />

<strong>Die</strong> aktuelle Entwicklung fortgeschrieben, müssten <strong>im</strong> Jahr 2050 über 20% <strong>der</strong><br />

Erwerbstätigen <strong>im</strong> Gesundheitswesen beschäftigt sein.<br />

Wird das möglich sein?<br />

Sicher nicht!<br />

1. <strong>Die</strong> Erwerbstätigen, <strong>der</strong>en Zahl voraussichtlich auf 75% gegenüber heute zurückgehen<br />

wird, werden nicht in <strong>der</strong> Lage sein, die Renten <strong>der</strong> Ruheständler, <strong>der</strong>en<br />

Zahl auf 135% gegenüber heute ansteigen wird, aufzubringen und die kapitalbasierten<br />

Altersvorsorgen (z.B. Riesterrente) werden diese Versorgungslücke in den<br />

meisten Fällen nicht schließen können.<br />

2. <strong>Die</strong> deutsche Volkswirtschaft wird nicht in <strong>der</strong> Lage sein, den <strong>der</strong>zeitigen Lebensstandard<br />

aufrecht zu erhalten, wenn über 20% <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />

tätig sind.<br />

Was wird getan, um die Lage zu verbessern?<br />

Farbe-<strong>im</strong>-Alter_Eröffnungsrede_2011-03-17 Bommas.doc Seite 1 von 3


Vieles! Um nur einige Beispiele zu nennen:<br />

� Elterngeld, mehr Kita-Plätze um die Geburtenrate zu wie<strong>der</strong> zu steigern<br />

� Umstellung <strong>der</strong> Renten- und <strong>Pflege</strong>versicherung von Umlage- auf Kapitaldeckungsverfahren,<br />

um künftig die Erwerbstätigen zu entlasten.<br />

� -Erhöhung <strong>der</strong> Erwerbstätigkeit etwas durch Anhebung des Renteneintrittsalters<br />

auf 67 Jahre, Verkürzung <strong>der</strong> Schulzeit bis zum Abitur, För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>ung.<br />

� Mehr Einzahler in die Sozialsysteme durch die Bürgerversicherung<br />

<strong>Die</strong>se Maßnahmen allein werden jedoch nicht ausreichen und wir, die Anbieter von<br />

<strong>Pflege</strong>- und Betreuungsleistungen, müssen Wege finden, den Einsatz von Personal<br />

und die Höhe <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>kosten zu begrenzen. Dabei denken wir an Folgendes:<br />

1. Verstärkter Einsatz von Technik<br />

Im alltäglichen Leben wird menschliche Arbeitskraft <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> durch Technik<br />

ersetzt. Denken Sie dabei an die vielen Verkaufsautomaten (Fahrkarten etc.) aber<br />

auch an Selbstbedienung <strong>im</strong> Supermarkt o<strong>der</strong> an E-Mails statt dem guten alten<br />

Postboten.<br />

In <strong>der</strong> Betreuung älterer und pflegebedürftiger Menschen, gibt es viele Möglichkeiten,<br />

Technik zu nutzen. In <strong>der</strong> trägerinternen Organisation z.B. durch Planungs-<br />

und Dokumentationssysteme auf EDV-Basis. Aber auch direkt bei den<br />

Menschen selber. Hier denken wir an Assistenzsysteme zuhause, aber auch <strong>im</strong><br />

<strong>Pflege</strong>he<strong>im</strong>. Beispiele: Lifter, Notrufsysteme.<br />

2. <strong>Pflege</strong>beruf für gering Qualifizierte öffnen<br />

Systematisches Qualitätsmanagement bietet die Möglichkeit, den <strong>Pflege</strong>beruf<br />

stärker als bisher für Menschen mit geringer Formalqualifikation zu öffnen. <strong>Die</strong><br />

Fachkraftquote von 50% wird auf Dauer nicht zu halten sein.<br />

In diesem Zusammenhang werden wir <strong>Pflege</strong>unternehmen sehr viel mehr als<br />

heute in die internen Fortbildungen investieren müssen.<br />

3. Mehr Eigenleistung <strong>im</strong> <strong>Pflege</strong>he<strong>im</strong><br />

„<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit“ heißt, dass eine Person aufgrund einer Erkrankung auf Dauer<br />

und in erheblichem Umfang Hilfe bei den regelmäßigen Verrichtungen des Lebens<br />

braucht.<br />

„<strong>Pflege</strong>bedürftigkeit“ heißt nicht, dass man von den regelmäßigen Verrichtungen<br />

des Lebens grundsätzlich befreit ist.<br />

Zurzeit ist das <strong>Pflege</strong>he<strong>im</strong> eine „All-Inclusive-Leistung“. Man mietet sich ein und<br />

bekommen das „volle Programm“, ganz gleich ob man selbst o<strong>der</strong> Angehörige<br />

Teile <strong>der</strong> Versorgung übernehmen wollen und können. Das Abnehmen von Arbeiten<br />

führt zu Langeweile und för<strong>der</strong>t die Unselbständigkeit.<br />

Außerdem könnte <strong>der</strong> Aufenthalt <strong>im</strong> <strong>Pflege</strong>he<strong>im</strong> billiger werden, wenn Eigenleistungen<br />

vergütet werden könnten. Was in <strong>der</strong> Ambulanten <strong>Pflege</strong> normal ist, nämlich,<br />

dass <strong>Pflege</strong>- und Betreuungsleistungen vom Hilfebedürftigen selbst bzw. von<br />

Angehörigen o<strong>der</strong> Freunden erbracht wird und, dass professionelle Hilfe nur <strong>im</strong><br />

Farbe-<strong>im</strong>-Alter_Eröffnungsrede_2011-03-17 Bommas.doc Seite 2 von 3


enötigten Umfang in Anspruch genommen wird, muss auch <strong>im</strong> <strong>Pflege</strong>he<strong>im</strong> Usus<br />

werden.<br />

<strong>Die</strong>se Ausstellung ist ein gutes Beispiel für die Leistungsfähigkeit unserer Bewohner.<br />

Jahr für Jahr bin ich aufs Neue erstaunt, wie viele schöne Bil<strong>der</strong> innerhalb<br />

eines Jahres in unseren Häusern geschaffen werden. Und selbstverständlich<br />

verwenden wir diese Bil<strong>der</strong> auch zur Verschönerung unserer Häuser.<br />

4. Ehrenamtliche stärker einbeziehen<br />

<strong>Die</strong> vielen Ehrenamtlichen – sehr oft Ruheständler – sind uns, vor allem aber unseren<br />

Bewohnern, eine große Hilfe. Sie zeigen Tag für Tag, dass auch ältere und<br />

alte Menschen Leistungen zum Nutzen an<strong>der</strong>er erbringen.<br />

„Ruhestand“ bedeutet lediglich, dass man nicht mehr arbeiten muss, um seinen<br />

Lebensunterhalt zu verdienen.<br />

„Ruhestand“ bedeutet nicht, dass man nichts mehr für sich selbst o<strong>der</strong> für an<strong>der</strong>e<br />

leisten kann.<br />

Was heute noch Ausnahme ist, kann in <strong>der</strong> Zukunft zur Regel werden. Das bürgerschaftliche<br />

Engagement muss in unserer Gesellschaft noch viel tiefer verankert<br />

werden.<br />

5. Es gibt noch viele weitere Ideen, die hier zu nennen, den Rahmen sprengen würde.<br />

Wo stehen wir heute?<br />

Noch ganz am Anfang!<br />

Politik und Gesundheitsunternehmen aber auch die Menschen selbst haben sich nur<br />

halbherzig auf den Weg gemacht und es liegt noch eine weite Strecke vor uns.<br />

Fazit:<br />

� <strong>Die</strong> demografische Entwicklung stellt unsere Gesellschaft vor enorme Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

<strong>Die</strong> bisher getroffenen Maßnahmen reichen nicht aus, die anstehenden<br />

Probleme zu lösen.<br />

� Wir haben Zeit, uns <strong>der</strong> Entwicklung anzupassen, dürfen aber nicht zuwarten, bis<br />

es zu spät ist.<br />

� Ich bin überzeugt, dass wir die Herausfor<strong>der</strong>ungen bewältigen können, wenn wir<br />

sie mutig, vorbehaltlos und kreativ angehen.<br />

Vielen Dank.<br />

Farbe-<strong>im</strong>-Alter_Eröffnungsrede_2011-03-17 Bommas.doc Seite 3 von 3

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