Fokus - Haufe.de
Fokus - Haufe.de
Fokus - Haufe.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Foto: privat<br />
kauf <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rungen verkürzt sich die<br />
Bilanz, und das langfristige Fremdkapital<br />
kann zurückgefahren wer<strong>de</strong>n. Nach<br />
einer aktuellen Umfrage <strong>de</strong>s Deutschen<br />
Factoring-Verbands in Berlin ist dies für<br />
43,8 Prozent <strong>de</strong>r Unternehmen ein Motiv,<br />
sich für Factoring zu entschei<strong>de</strong>n.<br />
Noch mehr Firmen (92,7 Prozent) wollen<br />
sich allerdings in erster Linie eine<br />
stabilere Finanzierungsbasis und 57,5<br />
Prozent eine größere Unabhängigkeit<br />
von <strong>de</strong>n Banken verschaffen.<br />
Auf diesen Vorteil legt zum Beispiel Georg<br />
Blessing, Inhaber <strong>de</strong>r Georg Blessing<br />
Vertriebs GmH in München, beson<strong>de</strong>ren<br />
Wert. Der Firmenchef produziert<br />
und vertreibt Cashmere-Textilien. Seit<br />
16 Jahren verkauft Blessing seine For<strong>de</strong>rungen.<br />
„Factoring spült uns laufend<br />
und zeitnah frisches Geld in die Firma.<br />
Auf diese Weise konnten wir unsere<br />
Position gegenüber <strong>de</strong>n Banken verbessern“,<br />
betont <strong>de</strong>r Unternehmer.<br />
Auch <strong>de</strong>r Schutz vor Zahlungsausfällen<br />
(45,7 Prozent) spielt laut Umfrage<br />
<strong>de</strong>s Verbands für die Unternehmen eine<br />
große Rolle. Der Factor übernimmt das<br />
Delkre<strong>de</strong>rerisiko. Je<strong>de</strong> vierte kleinere<br />
Firma will zusätzlich ihre Buchhaltung<br />
entlasten. Diese Unternehmen übertragen<br />
dann ihr gesamtes Mahnwesen<br />
gleich mit auf die Gesellschaft. Diese<br />
Art <strong>de</strong>r Zusammenarbeit nennt man<br />
Full-Service-Factoring (siehe auch Kasten<br />
auf Seite 52).<br />
Inhouse-Lösung häufi g gewählt<br />
Wegener nutzt allerdings die Inhouse-<br />
Lösung. Die Debitorenbuchhaltung inklusive<br />
Mahnwesen bleibt bei ihm. Er<br />
überträgt das Inkasso erst nach <strong>de</strong>r dritten<br />
Mahnung. „Weil wir unsere guten<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehungen nicht stören wollen.<br />
Säumige Zahler wissen dann genau,<br />
wann es ernst wird “, sagt Wegener.<br />
Wie er wählen rund 60 Prozent <strong>de</strong>r Unternehmer<br />
die Inhouse-Variante. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
für kleinere Firmen ist das auch<br />
eine Kostenfrage. Denn <strong>de</strong>r Verkauf von<br />
For<strong>de</strong>rungen gilt als teuer. „Bei seriösen<br />
Anbietern kann <strong>de</strong>r Unternehmer beim<br />
Full-Service-Factoring etwa so viel veranschlagen<br />
wie für einen Betriebsmittelkredit“,<br />
erklärt Jörg Matzek, Leiter<br />
Vertriebssteuerung und Marketing <strong>de</strong>r<br />
ProFirma 04 2012<br />
Süd-Factoring GmbH in Stuttgart. Der<br />
Obolus setzt sich prinzipiell aus einem<br />
festen Zinssatz und einer individuellen<br />
Komponente zusammen. „Wie hoch<br />
die Komponente im Einzelfall ausfällt,<br />
hängt von verschie<strong>de</strong>nen Faktoren ab<br />
– unter an<strong>de</strong>rem von <strong>de</strong>r Bonität <strong>de</strong>r Beteiligten<br />
und von <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nstruktur“,<br />
so Matzek.<br />
Hintergrund: Die Factoring-Gesellschaften<br />
wollen ihr Zahlungsausfallrisiko<br />
minimieren. Firmen, die nur we-<br />
INTERVIEW<br />
„Factoring lohnt sich“<br />
nige Kun<strong>de</strong>n und damit eine geringere<br />
Risikostreuung haben, zahlen zumeist<br />
mehr. „Konzentrationen von bis zu 20<br />
Prozent <strong>de</strong>s Gesamtumsatzes auf einen<br />
Kun<strong>de</strong>n sind optimal“, erklärt Volker<br />
Ernst, Sprecher <strong>de</strong>s Verbands Factoring<br />
für <strong>de</strong>n Mittelstand (siehe Interview<br />
unten). Ab einer Quote von 50 Prozent<br />
wird es kritisch. „In Einzelfällen kann<br />
das zwar noch machbar sein, aber entschei<strong>de</strong>nd<br />
ist dann die Bonität <strong>de</strong>r Anschlusskun<strong>de</strong>n“,<br />
sagt Ernst.<br />
Volker Ernst ist Vorstand <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverbands Factoring<br />
für <strong>de</strong>n Mittelstand. DAS GESPRÄCH FÜHRTE EVA NEUTHINGER<br />
Herr Ernst, wann sollten Firmen ihre For<strong>de</strong>rungen<br />
verkaufen?<br />
Ernst: Dafür kann es verschie<strong>de</strong>ne Grün<strong>de</strong> geben.<br />
Prinzipiell bietet sich diese Finanzierungsform für<br />
Unternehmen an, die ihren Kun<strong>de</strong>n lange Zahlungsziele<br />
von mehr als 30 Tagen gewähren. Gleiches gilt<br />
für Firmen, die stark wachsen und <strong>de</strong>shalb regelmäßig<br />
mit neuen Kun<strong>de</strong>n zusammenarbeiten.<br />
Ab welchem Umsatzvolumen kommt Factoring infrage?<br />
Ernst: Eine festgeschriebene Umsatzgrenze gibt es nicht. In <strong>de</strong>r Regel können For<strong>de</strong>rungen<br />
ab einem Gesamtumsatz von rund 100.000 Euro im Jahr verkauft wer<strong>de</strong>n.<br />
Verschie<strong>de</strong>ne Anbieter interessieren sich allerdings erst ab einer Größenordnung von<br />
rund 500.000 Euro für Factoring.<br />
Factoring gilt aber als teuer.<br />
Ernst: Relativ gesehen ist es das aber nicht. Denn <strong>de</strong>r Firmenchef kann in <strong>de</strong>r Regel<br />
durch <strong>de</strong>n schnellen Zahlungseingang Skonti ziehen. Auch verbessert er sein Rating.<br />
Folgefi nanzierungen wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>shalb günstiger. Unterm Strich lohnt sich das vielfach.<br />
Bei welchen For<strong>de</strong>rungen gibt es Probleme beim Verkauf?<br />
Ernst: Die Gesellschaften sind in erster Linie daran interessiert, dass eine regelmäßige<br />
Geschäftsbeziehung zum Kun<strong>de</strong>n besteht. Private For<strong>de</strong>rungen sind ausgeschlossen,<br />
weil Konsumenten nicht kreditversicherbar sind. Falls <strong>de</strong>r normale gewerbliche Kun<strong>de</strong><br />
Mängel angezeigt hat o<strong>de</strong>r aus an<strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong>n nur mit Abschlag zahlen will,<br />
kann die Factoring-Gesellschaft das Risiko auch nicht übernehmen. Zu<strong>de</strong>m eignen<br />
sich For<strong>de</strong>rungen, die <strong>de</strong>r Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)<br />
unterliegen, in <strong>de</strong>r Regel nicht für <strong>de</strong>n Verkauf – aufgrund <strong>de</strong>r Abschlagszahlungen<br />
und aufgrund <strong>de</strong>r Tatsache, dass die Leistungen hier nicht vollständig erbracht sind.<br />
49