Fokus - Haufe.de

Wir Unternehmer – Mittelstand 2.0
MyTaxi
Konkurrenz für die Taxizentralen
Das Hamburger Unternehmen Intelligent Apps bietet Taxifahrern und Fahrgästen eine Lösung
fürs Smartphone, die das Gewerbe revolutioniert. VON JÜRGEN CHRIST
Unterwegs in einer fremden Stadt, ein
Taxi wird gebraucht. Aber wie lautet
die Telefonnummer der Taxizentrale?
Warum gibt es keine einheitliche bundesweite
Taxirufnummer? Diese Fragen
stellten sich die beiden Hamburger
Existenzgründer Sven Külper und Niclaus
Mewes auch und entwickelten die
Smartphone-Applikation „MyTaxi“, mit
der Fahrgäste ihr Taxi direkt bestellen
können – ohne den Umweg über eine
Zentrale. Mit nur einem Fingerdruck
wird die Bestellung an verfügbare Fah-
rer in der unmittelbaren Umgebung gesendet,
Sonderwünsche inklusive – ob
mit Kindersitz, EC-Kartenzahlung oder
als Großraumtaxi. Die App ermittelt bei
den Fahrgästen und bei den Fahrern den
Standort anhand des GPS-Signals. So
können beide auf einer Karte live verfolgen,
welche Wagen sich wo befi nden,
und sogar die Anfahrt mitverfolgen.
Zum Abschluss der Fahrt kann der Reisende
den Fahrer bewerten und ihn bei
Bedarf als Favoriten in sein Adressbuch
hinzufügen. Sowohl im Apple Store als
auch im Android Market ist die App verfügbar,
jeweils eine für den Fahrer und
eine zweite für den Fahrgast. Taxifahrer
erhalten so eine Alternative zu den
Taxizentralen, die an vielen Orten eine
Monopolstellung einnehmen und von
den angeschlossenen Taxiunternehmen
eine monatliche Pauschale, beispielsweise
200 Euro, verlangen. Die MyTaxi-
Fahrer zahlen einen fi xen Betrag von 79
Cent je vermittelter Fahrt. Im Juni 2009
gründeten die beiden cleveren Jungunternehmer
das Unternehmen Intelligent
Apps GmbH. Im März 2010 war die
App in den Online-Marktplätzen für
Niclaus Mewes und Sven Külper (v.l.) hatten im Jahr 2009 die Idee zu MyTaxi.
Deutschland erhältlich. Es folgten Taxifahrer
aus Wien, Barcelona und Zürich.
Inzwischen sind mehr als 8.000 Fahrer
in 30 Städten verfügbar, die Fahrgast-
App wurde mehr als eine Million Mal
heruntergeladen. In Deutschland verfügen
laut der Zeitschrift Internet World
inzwischen rund 25 Prozent aller Haushalte
über ein Smartphone – das eröffnet
Perspektiven für MyTaxi.
Das Unternehmen hat acht Niederlassungen
und beschäftigt 60 Mitarbeiter.
Die beiden Gründer sind gebürtige
Hamburger mit Gründererfahrung.
Der 33-jährige Mewes gründete sein er-
stes Start-up bereits mit 18 Jahren, der
32-jährige Külper studierte Marketing
und schloss sein Studium in Sydney mit
einem Bachelor ab. Ihre Idee hat sich offenbar
gelohnt. MyTaxi wurde zum Gewinner
des Vision Awards 2011 gekürt,
und ihr Produkt landete bei der Wahl
zur besten nationalen App auf Platz
zwei des „t3n Awards 2011“. Im deutschen
Apple Store rangiert MyTaxi bei
den Highlights auf Platz fünf und erhielt
eine hohe positive Nutzerwertung, derzeit
4,5 von insgesamt fünf Sternen. „In
Deutschland sind wir schon sehr erfolgreich,
und nun ist Europa an der Reihe“,
scherzt Niclaus Mewes.
Daran glauben offenbar auch fi nanzkräftige
Investoren wie das Venture-
Capital-Unternehmen der Deutschen
Telekom, T-Venture, die Beteiligungsfi rma
E-42 GmbH sowie die Kreditanstalt
für Wiederaufbau (KfW), die Daimler-
Tochter Car-2-Go sowie Xing-Gründer
Lars Hinrichs, die insgesamt zehn
Millio nen Euro in das Unternehmen
Intelligent Apps GmbH investiert haben.
Als Nächstes peilen die Hamburger
Amsterdam und London an – die europäische
Hauptstadt der Taxis.
Nicht nur Fahrgäste profi tieren von der
komfortablen Bestellung über MyTaxi.
Taxiunternehmer reduzieren ihre Kosten,
sorgen für eine bessere Auslastung
und eine enge Kundenbindung. Der
Stuttgarter Taxifahrer Michael Dworak
meint: „Das System ist für mich ideal,
weil ich mögliche Leerzeiten zwischen
meinen Stammkunden füllen kann.
Durch die Transparenz der App ist der
Kontakt zwischen Fahrgast und Fahrer
viel persönlicher als sonst.“
16 ProFirma 04 2012
Foto: MyTaxi