Fokus - Haufe.de
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Die Umstellung auf die<br />
E-Bilanz verschlingt Geld<br />
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und IT-Abteilung.<br />
Seite 42<br />
Das Magazin für <strong>de</strong>n innovativen Unternehmer<br />
Ohne Strategie<br />
hilft nur Glück<br />
WAS GÜTESIEGEL<br />
DER FIRMA BRINGEN<br />
In vielen Branchen sind<br />
Zertifi zierungen unverzichtbar.<br />
Aber nicht je<strong>de</strong>s<br />
Prüfzeichen ist sinnvoll.<br />
Seite 60<br />
DIE HERREN DES<br />
KRÄFTIGEN WINDES<br />
In Bran<strong>de</strong>nburg haben<br />
Joachim Uecker und Michael<br />
Raschemann ihre „Energiequelle“<br />
gegrün<strong>de</strong>t.<br />
Seite 12<br />
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**Octavia: Kompaktklasse (Import). In: FIRMENAUTO, Ausgabe 9, vom 12.08.2011.
Editorial<br />
Chefredakteur Dieter Römer<br />
Liebe Leserin, lieber Leser, wann hatten Sie zuletzt mit <strong>de</strong>n Führungskräften<br />
Ihr jährliches dreitägiges Strategie-Meeting im Wellness-Hotel<br />
auf <strong>de</strong>r Schwäbischen Alb? Wie, Sie hatten nicht? We<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Schwäbischen<br />
Alb noch sonst wo? Dann ist die gute Nachricht: Das müssen<br />
Sie auch gar nicht, <strong>de</strong>nn bei verordneten jährlichen Strategiemarathons<br />
kommt eher selten etwas Überragen<strong>de</strong>s heraus. Die Grün<strong>de</strong> dafür ähneln<br />
vermutlich jenen, aus <strong>de</strong>nen die Auffor<strong>de</strong>rung „Sei spontan!“ nicht<br />
funktioniert.<br />
Aber das heißt natürlich nicht, dass Sie als Chef eines kleinen o<strong>de</strong>r<br />
mittelständischen Unternehmens „einfach alles laufen lassen“ sollten.<br />
Gera<strong>de</strong> weil in KMU viele Abläufe freier gehandhabt wer<strong>de</strong>n als in<br />
Konzernen – man könnte auch sagen „weniger verkrustet“ –, besteht<br />
die Gefahr, dass sich <strong>de</strong>r Unternehmer häufi g lieber <strong>de</strong>m Tagesgeschäft<br />
widmet als <strong>de</strong>n strategischen Überlegungen. Ohne diese jedoch bewegt<br />
sich die Firma im luftleeren Raum, noch weniger als ohnehin schon<br />
wird Zukunft berechenbar, noch weniger Möglichkeiten bleiben, um<br />
auf Krisen adäquat zu reagieren.<br />
In unserer Titelgeschichte ab Seite 22 zeigen wir Ihnen anhand verschie<strong>de</strong>ner<br />
Beispiele, wie Chefs kleinerer Firmen eine Vision entwickeln und<br />
daraus Ziele formulieren. Für die Zielerreichung wie<strong>de</strong>rum braucht<br />
es geeignete Strategien; gute Instrumente <strong>de</strong>r Unternehmensführung<br />
helfen bei <strong>de</strong>r Umsetzung. Bun<strong>de</strong>skanzler Helmut Schmidt knurrte im<br />
Jahr 1980: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“ Aber fi n<strong>de</strong>n Sie<br />
nicht auch: Wer als Unternehmer eine Vision und eine gute Strategie<br />
ersonnen hat, fährt doch statt<strong>de</strong>ssen zur Belohnung lieber einmal im<br />
Jahr ins Wellness-Hotel.<br />
Eine anregen<strong>de</strong> Lektüre wünscht Ihnen<br />
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Inhalt 04.2012<br />
22<br />
Titelthema:<br />
Ohne Strategie<br />
hilft nur Glück<br />
Erfolgreiche Unternehmer planen langfristig:<br />
Sie sichern sich Wettbewerbsvorteile, erzielen<br />
höhere Gewinne und haben hoch motivierte<br />
Mitarbeiter.<br />
24 Checkliste So entwickeln Sie Ihre<br />
Unternehmensstrategie.<br />
Wir Unternehmer<br />
08 Innovator <strong>de</strong>s Monats Das Dresdner<br />
Solarunternehmen Heliatek erhielt<br />
für seine biegsamen Module <strong>de</strong>n<br />
Deutschen Zukunftspreis 2011.<br />
10 Re<strong>de</strong>zeit Die Kommunikation ist<br />
<strong>de</strong>r Schlüssel zum erfolgreichen<br />
Umbau eines Betriebs, meint <strong>de</strong>r<br />
Unternehmensberater Dr. Andreas<br />
Kabisch.<br />
12 Unternehmerporträt Michael<br />
Raschemann begeisterte sich schon<br />
immer für Windmühlen. Heute<br />
betreibt er mehr als 1.000 Windkraftanlagen.<br />
16 Mittelstand 2.0 MyTaxi: Virtuelle<br />
Konkurrenz für Taxizentralen.<br />
18 Auszeit Theiner‘s Garten Bio<br />
Vitalhotel in Südtirol.<br />
Unternehmensführung<br />
22 Titelthema Strategieentwicklung<br />
Viele Chefs kleiner Unternehmen<br />
haben erkannt, dass ein langfristiges<br />
Konzept dauerhaft Erfolge sichert.<br />
31 Quer<strong>de</strong>nker Unternehmer, die einen<br />
großen Wert auf ethische Prinzipien<br />
legen, müssen manchmal einen<br />
hohen Preis dafür zahlen, meint Prof.<br />
Martin Beck. Aber es lohne sich.<br />
34 Vertrieb Die Verkaufsorganisationen<br />
in Firmen müssen besser wer<strong>de</strong>n,<br />
war <strong>de</strong>r Tenor beim ProFirma-Roundtable<br />
mit Vertriebsexperten.<br />
36 Einkauf Bei <strong>de</strong>r Beschaffung geben<br />
immer häufi ger professionelle Einkäufer<br />
<strong>de</strong>n Ton an.<br />
38 Recht Leiten<strong>de</strong> Angestellte sind<br />
entgegen landläufi ger Meinung<br />
Kündigungen nicht schutzlos ausgeliefert.<br />
Finanzen & Steuern<br />
42 E-Bilanz Bilanzierungspfl ichtige<br />
Unternehmen befürchten hohe<br />
Kosten und einen enormen Zeitaufwand.<br />
47 Trends Die Nachfrage nach<br />
Bürgschaften blieb im Jahr 2011<br />
auf einem hohen Niveau.<br />
48 Finanzierung Gegenüber Factoring<br />
gibt es bei vielen Unternehmen<br />
zwar Vorbehalte. Wer es nutzt,<br />
möchte es aber nicht mehr missen.<br />
50 Versicherungen Selbstständige,<br />
die privat krankenversichert sind,<br />
kommen bei fi nanziellen Problemen<br />
nur schwer aus ihrer Versicherung<br />
heraus.<br />
52 Steuertipp Bei <strong>de</strong>r Installation von<br />
Photovoltaikanlagen locken auch<br />
steuerliche Vorteile – die Regeln<br />
müssen aber genau eingehalten<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
4 ProFirma 04 2012
42 E-Bilanz Bei <strong>de</strong>r Umstellung<br />
auf die elektronische Datenübertragung<br />
ans Finanzamt kommt auf die Unternehmen<br />
eine Menge Arbeit zu.<br />
IT & Investition<br />
54 Geschäftswagen Sparsam im<br />
Spritverbrauch sollen Autos sein.<br />
Eine Auswahl <strong>de</strong>r effi zientesten<br />
Diesel- und Benzinermo<strong>de</strong>lle.<br />
60 Qualitätsmanagement In vielen<br />
Branchen sind Zertifi zierungen ein<br />
Muss. Aber nicht alle Gütesiegel<br />
sind sinnvoll.<br />
63 Cole‘s Corner Die Sehnsucht nach<br />
<strong>de</strong>r Ehrenna<strong>de</strong>l.<br />
64 Offi ce-Lösungen Multifunktionsgeräte<br />
liegen im Trend und bieten<br />
raffi nierte Technik.<br />
66 Infos, Tipps & Tools Tablets erreichen<br />
rund 15 Prozent Marktanteil.<br />
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ProFirma 04 2012<br />
Das Portal für <strong>de</strong>n innovativen Unternehmer<br />
54 Spritsparer Kraftstoff<br />
wird immer teurer. Deswegen liegen<br />
Mo<strong>de</strong>lle mit einem sparsamen<br />
Verbrauch mehr <strong>de</strong>nn je im Trend.<br />
Rubriken<br />
03 Editorial<br />
06 Zahlenwerk<br />
68 Lösung konkret<br />
70 ProFirma Professional<br />
71 Termine<br />
72 Forum<br />
73 Themen, Impressum<br />
74 Business affairs (3)<br />
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Zahlenwerk EU-Finanzen Quellen:<br />
EU-Finanzplanung <strong>de</strong>r Jahre 2007 bis 2013<br />
Die Ausgaben <strong>de</strong>r EU wer<strong>de</strong>n immer für Siebenjahreszeiträume festgelegt.<br />
In <strong>de</strong>n Jahren von 2007 bis 2013 liegt das Volumen <strong>de</strong>r Ausgaben bei 975,7<br />
Milliar<strong>de</strong>n Euro. Davon fl ießen 437,7 Milliar<strong>de</strong>n für Wachstums- und Strukturför<strong>de</strong>rung<br />
in die 27 Mitgliedsstaaten. Schul<strong>de</strong>n nimmt die EU nicht auf.<br />
Ausgabenpositionen Gesamtsumme<br />
(in Mrd Euro)<br />
davon:<br />
2007 bis 2013 2011 2012 2013<br />
1. Strukturför<strong>de</strong>rung 437,7 64,0 67,0 69,9<br />
2. Bewahrung und Bewirtschaftung<br />
<strong>de</strong>r natürlichen Ressourcen<br />
3. Unionsbürgerschaft, Freiheit,<br />
Sicherheit und Recht<br />
413,1 60,4 60,8 61,3<br />
12,2 1,9 2,1 2,4<br />
4. Die EU als globaler Partner 55,9 8,4 9,0 9,6<br />
5. Verwaltung 55,9 8,3 8,7 9,1<br />
6. Ausgleichszahlungen 0,9 - - -<br />
Mittel insgesamt 975,7 143,0 147,6 152,3<br />
Vorurteile und Fakten<br />
„Der EU-Haushalt ist ein Mammut-Haushalt“<br />
Fakten: Der Haushalt 2012 beträgt 147,6 Milliar<strong>de</strong>n Euro.<br />
Alle 27 Mitglie<strong>de</strong>r geben zusammen 6.500 Milliar<strong>de</strong>n Euro<br />
und damit rund 45 Mal mehr aus.<br />
„EU-Haushalt wächst, die Mitglie<strong>de</strong>r drosseln die Ausgaben“<br />
Fakten: Zwischen <strong>de</strong>n Jahren 2000 und 2010 verzeichneten<br />
die Haushalte <strong>de</strong>r Mitgliedsstaaten einen Ausgabenzuwachs<br />
von 62 Prozent, die EU von 37 Prozent.<br />
„Die Ausgaben für die EU-Verwaltung sind zu hoch“<br />
Fakten: Die Verwaltungsausgaben machen sechs<br />
Prozent <strong>de</strong>s EU-Haushalts aus. Durch eine Reform<br />
<strong>de</strong>r Gehälter erwartet die Kommission bis zum Jahr<br />
2020 fünf Milliar<strong>de</strong>n Euro Einsparungen.<br />
„Es gibt zu viel Betrug bei <strong>de</strong>r<br />
Vergabe <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rmittel“<br />
Fakten: Man muss zwischen Fehlern und<br />
Betrug unterschei<strong>de</strong>n. Laut EU-Rechnungshof<br />
sind zwischen zwei und fünf Prozent <strong>de</strong>r<br />
Genehmigungen fehlerhaft, bei 0,2 Prozent<br />
<strong>de</strong>r Fälle gibt es einen Betrugsverdacht.<br />
„Von <strong>de</strong>r EU profi tieren vor<br />
allem die Landwirte“<br />
Fakten: Noch 1985 fl ossen 85 Prozent<br />
<strong>de</strong>r Ausgaben in die Landwirtschaft,<br />
aktuell sind es noch 30 Prozent.<br />
Portugal<br />
1,4<br />
21,5<br />
2,0<br />
Irland<br />
1,6<br />
1,3<br />
Spanien<br />
7,5<br />
35,2<br />
9,5<br />
Statista, Bun<strong>de</strong>sfi nanzministerium<br />
SO VIEL ÜBERWEIST DEUTSCHLAND<br />
Deutsche Beiträge zum Haushalt <strong>de</strong>r<br />
Europäischen Union von 2006 bis 2010 * in<br />
Milliar<strong>de</strong>n Euro.<br />
6 ProFirma 04 2012<br />
Großbritannien<br />
4,1<br />
Milliar<strong>de</strong>n Euro<br />
25<br />
24<br />
23<br />
22<br />
Agrarsubventionen<br />
in Europa im Jahr 2010<br />
22,81<br />
2006<br />
23,15<br />
2007<br />
24,72<br />
2008<br />
* Haushaltsentwurf. Die Werte sind gerun<strong>de</strong>t.<br />
Die 10 größten Profi teure<br />
<strong>de</strong>r EU-Strukturför<strong>de</strong>rung<br />
(insgesamt 437,7 Milliar<strong>de</strong>n Euro)<br />
von 2007 bis 2013<br />
Bareinzahlung <strong>de</strong>r Euro-Län<strong>de</strong>r<br />
beim Europäischen Stabilitätsmechanismus<br />
ESM<br />
Alle Angaben in Milliar<strong>de</strong>n Euro<br />
Frankreich<br />
10,0<br />
14,3<br />
16,3<br />
Belgien<br />
2,8<br />
Malta<br />
0,1<br />
Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong><br />
1,1<br />
4,6<br />
Luxemburg<br />
0,2<br />
Zypern<br />
0,2<br />
Deutschland<br />
7,1<br />
Dänemark<br />
1,1<br />
26,3<br />
21,7<br />
Tschechien<br />
1,0<br />
Österreich<br />
1,3<br />
2,2<br />
Italien<br />
6,2<br />
Schwe<strong>de</strong>n<br />
1,0<br />
26,9<br />
Slowenien<br />
0,3<br />
28,8<br />
14,3<br />
22,64<br />
2009<br />
Polen<br />
4,0<br />
67,9<br />
Slowakei<br />
0,7<br />
Ungarn<br />
1,5<br />
23,24<br />
2010<br />
Finnland<br />
1,4<br />
25,3<br />
Estland<br />
0,1<br />
Griechenland<br />
3,0<br />
20,4<br />
2,3<br />
Rumänien<br />
2,1<br />
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Wir Unternehmer – Innovator <strong>de</strong>s Monats<br />
Dr. Martin Pfeiffer, Mitgrün<strong>de</strong>r von Heliatek, sieht vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für<br />
die biegsamen Solarmodule seiner Firma, beispielsweise integriert in Hausfassa<strong>de</strong>n.<br />
Dr. Martin Pfeiffer<br />
Sonnenstrom aus biegsamen Modulen<br />
Die Technologie <strong>de</strong>s Dresdner Solarunternehmens Heliatek wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Deutschen<br />
Zukunftspreis als beste Innovation 2011 ausgezeichnet. VON JÜRGEN CHRIST<br />
Hauchdünn, umweltfreundlich und sehr effi zient: Einem<br />
Wissenschaftlerteam <strong>de</strong>r Technischen Universität Dres<strong>de</strong>n<br />
und <strong>de</strong>r Universität Ulm ist es gelungen, organische Halbleiter<br />
für <strong>de</strong>n kommerziellen Einsatz zu entwickeln. Der Vorteil:<br />
Sie lassen sich vergleichsweise einfach, kostengünstig und vor<br />
allem ressourcenschonend zu Elektronikprodukten mit ungewöhnlichen<br />
Eigenschaften verarbeiten: Als dünne, biegsame<br />
und transparente Folien in unterschiedlichen Größen.<br />
Im Jahr 2006 grün<strong>de</strong>ten die Forscher mit Heliatek ihr eigenes<br />
Unternehmen, um ihren Ansatz zur Marktreife zu bringen.<br />
Die organische Elektronik kann beispielsweise als „organische<br />
Photovoltaik“ (OPV) in Form fl exibler, leichter und<br />
transparenter Solarmodule eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Vorteil gegenüber<br />
konventioneller Solartechnologie: Sie lassen sich umweltschonend<br />
und frei von Giften fertigen, sind somit leicht<br />
recyclebar. „Unsere Produkte eignen sich hervorragend zur<br />
Integration in Fenster- o<strong>de</strong>r Autoscheiben. Ebenso können<br />
Dächer mit geringer Traglast zur Sonnenstromgewinnung<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n. Aufgrund <strong>de</strong>s geringen Gewichts und <strong>de</strong>r<br />
Verformbarkeit sind zusätzlich viele mobile Anwendungen<br />
<strong>de</strong>nkbar“, erklärt Dr. Martin Pfeiffer, technischer Geschäftsführer<br />
und Mitgrün<strong>de</strong>r von Heliatek.<br />
Inzwischen zählt das Unternehmen zu <strong>de</strong>n weltweit richtungsweisen<strong>de</strong>n<br />
Herstellern für Solartechnologie auf Basis<br />
<strong>de</strong>r organischen Photovoltaik. Erst im Februar schloss die<br />
Firma eine Entwicklungsvereinbarung mit <strong>de</strong>r Reckli GmbH,<br />
einem international führen<strong>de</strong>n Fabrikanten von elastischen<br />
Matrizen für Beton. Durch die direkte Integration fl exibler organischer<br />
Solarmodule in die Fassa<strong>de</strong> sollen Gebäu<strong>de</strong>hüllen<br />
aus Beton zur Gewinnung von Solarstrom genutzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Damit wür<strong>de</strong> die CO 2-Bilanz von Bauwerken <strong>de</strong>utlich verbessert,<br />
ohne dabei ästhetische Gesichtspunkte zu vernachlässigen.<br />
Heliatek hält mit 9,8 Prozent <strong>de</strong>n Weltrekord hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>r Leistungseffi zienz von organischen Solarmodulen.<br />
„Dieser Weltrekord zeigt eindrucksvoll, dass wir <strong>de</strong>n richtigen<br />
Weg eingeschlagen haben. Die organischen Solarzellen<br />
von Heliatek haben jetzt das Effi zienzniveau von traditionellen<br />
Solarzellen aus amorphem Silizium erreicht“, betont<br />
Martin Pfeiffer. Die organischen Solarmodule arbeiten unter<br />
unterschiedlichsten Bedingungen noch mit ihrem Spitzenwirkungsgrad,<br />
während traditionelle Solartechnologie mit<br />
steigen<strong>de</strong>r Temperatur an Leistungskraft einbüßt. Derzeit<br />
plant Heliatek die Inbetriebnahme einer Fertigungsstätte, in<br />
<strong>de</strong>r zweiten Jahreshälfte sollen erste Produkte auf <strong>de</strong>n Markt<br />
kommen. Heliatek beschäftigt <strong>de</strong>rzeit rund 75 Mitarbeiter, die<br />
meisten von ihnen Wissenschaftler, Ingenieure sowie weitere<br />
Fachleute aus <strong>de</strong>r Solarbranche. Zu <strong>de</strong>n Investoren zählen unter<br />
an<strong>de</strong>rem BASF, Bosch und RWE.<br />
8 ProFirma 04 2012<br />
Fotos: Heliatek
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Wir Unternehmer – Re<strong>de</strong>zeit<br />
Dr. Andreas Kabisch<br />
Alles an<strong>de</strong>rs – überall<br />
Wird das Arbeitsleben ein einziges Change-Management-Projekt? Wer sein Unternehmen sinnvoll<br />
umbauen will, kommt um einige Vorarbeiten und Hausaufgaben nicht herum.<br />
Schon beim bloßen Überfl iegen <strong>de</strong>r<br />
Wirtschaftspresse stößt man auf zwei<br />
Lieblingsthemen <strong>de</strong>r Autoren und Leser:<br />
Change Management und Rating. Zum<br />
einen wird alles geratet, also eingestuft.<br />
Ob in Politik o<strong>de</strong>r Wirtschaft, ob in <strong>de</strong>r<br />
Finanzkrise o<strong>de</strong>r in Personalfragen –<br />
ständig stolpert man über Ranglisten.<br />
Zum an<strong>de</strong>ren scheinen sich alle Unternehmen<br />
im Change-Management<br />
Wahn zu befi n<strong>de</strong>n. Change: Das be<strong>de</strong>utet<br />
Verän<strong>de</strong>rung, das steht für Zukunftsorientierung<br />
und Verbesserung.<br />
Und ist es nicht so, dass im westlichen<br />
Verständnis die Zukunft, <strong>de</strong>r Fortschritt<br />
und die Weiterentwicklung als erstrebenswert<br />
gelten? Vom iPhone zum<br />
iPad. Vom Campus-Netzwerk zum Börsengiganten.<br />
Vom Land <strong>de</strong>r Dichter und<br />
Denker zu Europas Rettungsschirmhalter.<br />
Ist es da nicht gera<strong>de</strong>zu paradiesisch,<br />
dass eine solche Verän<strong>de</strong>rung<br />
auch noch hieb- und stichfest gemanagt<br />
wer<strong>de</strong>n kann?<br />
Hatte das Konzept zunächst einen regelrechten<br />
Siegeszug angetreten, wird<br />
heute infl ationär mit <strong>de</strong>m Begriff umgegangen.<br />
Scheinbar je<strong>de</strong> Verän<strong>de</strong>rung<br />
ist in Unternehmen nur noch mit Change<br />
Management realisierbar: Eine neue<br />
Führungsstruktur, die Eroberung neuer<br />
Märkte, die Suche nach Fachkräften.<br />
„Über Erfolg und Misserfolg<br />
je<strong>de</strong>r Unternehmensstrategie<br />
entschei<strong>de</strong>t die Kommunikation<br />
– das gilt beson<strong>de</strong>rs<br />
beim Management größerer<br />
Verän<strong>de</strong>rungen.“<br />
Dr. Andreas Kabisch<br />
ist Senior Manager im Beratungshaus Detego in Wiesba<strong>de</strong>n.<br />
Dort setzt er sich mit <strong>de</strong>n Erfolgshebeln im Change<br />
Management auseinan<strong>de</strong>r. www.<strong>de</strong>tego.eu<br />
Gerne übersehen wird dabei: All das<br />
braucht soli<strong>de</strong> Grundlagenarbeit. Bevor<br />
ein Change-Management-Projekt<br />
beginnt, sind die Hausaufgaben zu erledigen:<br />
1. Voraussetzung für ein gelungenes<br />
Change Management ist ein stabiles<br />
Projektmanagement. Dazu gehören<br />
neben <strong>de</strong>r konkreten Zuordnung von<br />
Aufgaben und Verantwortlichkeiten<br />
auch ausreichen<strong>de</strong> Kapazitäten. Zusätzlich<br />
zu <strong>de</strong>n Linienaufgaben auch noch<br />
eine große Verän<strong>de</strong>rung zu stemmen<br />
– das ist ohnehin ein Kraftakt. Ohne<br />
funktionieren<strong>de</strong>s Projektmanagement,<br />
ohne entsprechen<strong>de</strong> Freiräume für<br />
die Projektverantwortlichen wird eine<br />
Verän<strong>de</strong>rung immer misslingen. Sie ist<br />
eben nichts „für nebenbei“.<br />
2. Wie sieht es mit <strong>de</strong>n Prozessen im<br />
Unternehmen aus? Theoretisch dienen<br />
sie als Arbeitsgrundlage und bestimmen<br />
so, wie effi zient die angestrebten Verän<strong>de</strong>rungsansätze<br />
sein können. Praktisch<br />
neigen sie jedoch oft dazu, als dicke<br />
Ordner im Schrank zu verstauben. Für<br />
die tägliche Umsetzung sind sie schon<br />
zu komplex, zu undurchsichtig und wenig<br />
attraktiv für Mitarbeiter.<br />
Eine Aufgabe <strong>de</strong>s Change Managements<br />
ist es dann, sich zunächst diesem Prozessaktendschungel<br />
zu widmen. Und<br />
fast nebenher können dabei neue Verän<strong>de</strong>rungsenergie<br />
und Motivation bei<br />
<strong>de</strong>n Mitarbeitern gewonnen wer<strong>de</strong>n.<br />
3. Über Erfolg und Misserfolg je<strong>de</strong>r<br />
Unternehmensstrategie entschei<strong>de</strong>t<br />
die Kommunikation – das gilt beson<strong>de</strong>rs<br />
beim Management von Verän<strong>de</strong>rungen.<br />
Alle wichtigen Führungspersonen<br />
müssen sich über das „Ob und<br />
Wie“ <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung einig sein. Alle<br />
Mitarbeiter, also letztlich die Umsetzer,<br />
müssen umfassend informiert sein. Und<br />
Ängsten, Sorgen und Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong>n muss<br />
immer wie<strong>de</strong>r aktiv begegnet wer<strong>de</strong>n.<br />
Auch wenn eigentlich keine Zeit dafür ist.<br />
Was bleibt: Es nützt nichts, über Change<br />
zu re<strong>de</strong>n, wenn die Hausaufgaben nicht<br />
gemacht sind. Erst die Pfl icht, dann<br />
die Kür. An<strong>de</strong>renfalls riskiert auch ein<br />
Change-Management-Projekt ein En<strong>de</strong><br />
als Aktenordner.<br />
10 ProFirma 04 2012<br />
Foto: privat
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Wir Unternehmer – Porträt<br />
Michael Raschemann<br />
Der Windmüller<br />
In <strong>de</strong>m märkischen Weiler Feldheim baute <strong>de</strong>r Ingenieur-Stu<strong>de</strong>nt Michael Raschemann<br />
im Jahr 1995 seine ersten vier Windrä<strong>de</strong>r. Bis heute hat seine Firma Energiequelle mehr<br />
als 1.000 Windkraftanlagen errichtet. VON ARIANE BEMMER<br />
Schon als kleiner Junge, <strong>de</strong>r da auf <strong>de</strong>r Rückbank im elterlichen<br />
Auto saß, geriet Michael Raschemann in Verzückung,<br />
wenn er am Wegesrand o<strong>de</strong>r am Horizont eine Windmühle<br />
ent<strong>de</strong>ckte. Windmühlen sollten auch später <strong>de</strong>n Verlauf seines<br />
Lebens bestimmen. Nahe Saarmund bei Potsdam stand so<br />
eine Windmühle, die ihn immer wie<strong>de</strong>r begeisterte. Die sah<br />
er, wenn die Familie jene Autobahn entlangfuhr, die schon<br />
zu DDR-Zeiten Berliner Ring hieß. Die Windmühle von Saarmund,<br />
die heute allerdings nicht mehr steht, weil sie im Jahr<br />
2002 in sich zusammenfi el, war eine Bockwindmühle, eine<br />
vom ältesten und häufi gsten Typ, <strong>de</strong>n Europa kennt. Bei <strong>de</strong>m<br />
ist das ganze Mühlenhaus auf einen Bock aufgesetzt, sodass<br />
sich die Flügel in <strong>de</strong>n Wind drehen<br />
können. Mühlen dieser Bauart waren<br />
transportierbar, weil man nur<br />
einen neuen Bock bauen musste,<br />
auf <strong>de</strong>n das Haus zu setzen war.<br />
Solche Umzüge wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r<br />
Regel nötig, wenn Ortschaften<br />
wuchsen – wenn die Windmühlen<br />
also <strong>de</strong>n Menschen weichen<br />
mussten.<br />
Das ist im Zusammenhang mit <strong>de</strong>m<br />
Jungen auf <strong>de</strong>r Rückbank vielleicht<br />
das Verdrehteste. Weil er damals<br />
vor allem Windmühlen bewun<strong>de</strong>rte,<br />
die sich freundlich<br />
beiseite schieben ließen,<br />
wenn <strong>de</strong>r Mensch ihren<br />
Joachim Uecker und Michael<br />
Raschemann (v.l.) haben die<br />
Energiequelle gegrün<strong>de</strong>t.<br />
Platz brauchte, und später aus dieser Bewun<strong>de</strong>rung ein Geschäftsmo<strong>de</strong>ll<br />
entstand, das dieses Verhältnis umkehrte. Der<br />
Junge von damals ist ein Win<strong>de</strong>nergieunternehmer gewor<strong>de</strong>n,<br />
einer von <strong>de</strong>nen, die heute Windparks bauen. Er hat es<br />
<strong>de</strong>shalb heute oft mit Menschen zu tun, die das Gefühl haben,<br />
von Windmühlen bedrängt zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Windrä<strong>de</strong>r sind kein Selbstzweck<br />
Michael Raschemann sitzt aufrecht in seinem Bürostuhl in<br />
einem verglasten Gebäu<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Hauptstraße von Kallinchen,<br />
einem Ortsteil von Zossen in Bran<strong>de</strong>nburg, südlich von Berlin,<br />
wo sonst nicht viel los ist. Raschemann ist ein großer Mann,<br />
an <strong>de</strong>m vor allem sein sympathisches<br />
Jungengesicht auffällt. Und jungenhaft<br />
unbeschwert erzählt er auch von seiner<br />
Firma, reagiert er auf Generalkritik an<br />
seinem Gewerbe. Er sagt: „Wir bauen<br />
die Windrä<strong>de</strong>r ja nicht zum Selbstzweck.“<br />
Energie verbrauchen wolle<br />
schließlich je<strong>de</strong>r. Und außer<strong>de</strong>m sei<br />
nicht zu än<strong>de</strong>rn, dass <strong>de</strong>ren Erzeugung<br />
künftig „etwas mit Sichtbarkeit zu tun<br />
haben“ wer<strong>de</strong>. Er sagt das aber so<br />
grundnett, dass alles doch nicht so<br />
schlimm wirkt.<br />
Seit gut einem Jahr ist die<br />
Energiewen<strong>de</strong> Deutschlands<br />
großes Thema.<br />
Fukushima, das Reaktorunglück<br />
in Japan<br />
im März 2011,<br />
hatte die Regierung<br />
veranlasst, in einer<br />
Blitzreaktion die<br />
12 ProFirma 04 2012<br />
Fotos: Energiequelle GmbH
Nach <strong>de</strong>r Reaktorkatastrophe von Fukushima interessieren sich verstärkt auch Japaner für die Nutzung <strong>de</strong>r Windkraft und besuchen das<br />
märkische Feldheim, Deutschlands erste energieautarke Gemein<strong>de</strong>, wo die Firma Energiequelle ihre ersten Windrä<strong>de</strong>r aufstellte.<br />
gera<strong>de</strong> erst beschlossene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke<br />
zu stoppen – und statt<strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>n kompletten<br />
Atomausstieg zum Ziel zu erklären. Seither geht es fast täglich<br />
irgendwo und irgendwie um erneuerbare Energien, die<br />
bis zum Jahr 2020 einen Anteil von 35 Prozent an <strong>de</strong>r Stromerzeugung<br />
haben sollen. Und die leistungsmäßig und optisch<br />
hervorragendste erneuerbare Energie ist die Windkraft.<br />
Im Vergleich zu diesem einen Jahr seit <strong>de</strong>r Energiewen<strong>de</strong> ist<br />
Raschemann, obschon gera<strong>de</strong> erst 41 Jahre alt, bereits ein Senior.<br />
Bereits seit 15 Jahren besteht seine Firma Energiequelle<br />
GmbH, mit <strong>de</strong>r er bisher mehr als 1.000 Windkraftanlagen errichtet<br />
hat. Von <strong>de</strong>nen betreibt er die eine Hälfte auch selbst,<br />
die an<strong>de</strong>re hat er schlüsselfertig an Investoren (Raschemann:<br />
„Das waren anfangs vor allem Bekannte.“) übergeben. Außer<strong>de</strong>m<br />
gibt es 50 Fotovoltaikkraftwerke, rund 20 Biogasanlagen<br />
und ebenso viele Umspannwerke. Und bevor er die Firma<br />
grün<strong>de</strong>te, war er ja auch schon jahrelang im Geschäft.<br />
Nach <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> steuerte er, inzwischen selbst hinter <strong>de</strong>m<br />
Lenkrad, seinen Wagen weiter dorthin, wo sich Rä<strong>de</strong>r im<br />
„Das Erzeugen von Win<strong>de</strong>nergie hat<br />
immer etwas mit Sichtbarkeit zu tun.“<br />
MICHAEL RASCHEMANN, ENERGIEQUELLE GMBH, ZOSSEN<br />
Wind drehten. Bei einer dieser Touren ent<strong>de</strong>ckte er eine Windmühle,<br />
die Strom erzeugen sollte, eine erste Windkraftanlage.<br />
Er war begeistert. Denn er war auch Stu<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Ingenieurswissenschaften<br />
an <strong>de</strong>r Universität von Potsdam. Und Wind-<br />
und Wasserkraft wur<strong>de</strong>n dort gera<strong>de</strong> behan<strong>de</strong>lt. Er fragte<br />
seinen Professor nach allem Wissenswerten, informierte sich<br />
ProFirma 04 2012<br />
darüber hinaus beim Potsdamer Umweltministerium über die<br />
neue Technologie und was man mit <strong>de</strong>r vorhabe. Viel Potenzial,<br />
war die Antwort. Und für Raschemann stand fest: Da will<br />
ich mitmachen.<br />
Immer auf <strong>de</strong>r Suche nach Standorten<br />
Das Umweltministerium wur<strong>de</strong> damals vom heutigen Ministerpräsi<strong>de</strong>nten<br />
Matthias Platzeck geführt, <strong>de</strong>r bereits im Jahr<br />
1996 ein Energiekonzept vorlegte, das die Windkraft einbezog.<br />
Auch an<strong>de</strong>re Umweltpolitiker sah er später häufi ger, bis<br />
hin zum Bun<strong>de</strong>sumweltminister Jürgen Trittin von <strong>de</strong>n Grünen,<br />
<strong>de</strong>r im Jahr 2000 mit <strong>de</strong>m Erneuerbare Energiengesetz<br />
(EEG) entschei<strong>de</strong>nd zum Ausbau <strong>de</strong>r alternativen Stromerzeugung<br />
beitrug.<br />
In <strong>de</strong>n Monaten nach seinem Beschluss, in dieser Branche<br />
mitzumischen, gab es kein Wochenen<strong>de</strong> mehr, an <strong>de</strong>m Raschemann<br />
und seine damalige Freundin und heutige Frau<br />
nicht durch die märkischen Landschaften gekurvt wären, um<br />
einen guten Standort zu fi n<strong>de</strong>n für die selbst zu errichten<strong>de</strong><br />
Windkraftanlage. Und eines Tages sahen sie dabei irgendwo<br />
im Landkreis Potsdam-Mittelmark eine Landschaft, die leicht<br />
anstieg – riesige Fel<strong>de</strong>r, ohne Baum, ohne Strauch, nur ein<br />
paar Häuser. Das Örtchen hieß Feldheim. Keine 150 Einwohner<br />
und nur eine erwähnenswerte Straße.<br />
Sie hielten an, klingelten an Türen, fragten nach Verantwortlichen,<br />
kamen ins Gespräch. Sie waren jung und nett, und sie<br />
waren aus <strong>de</strong>m Osten. Was von Vorteil war, <strong>de</strong>nn die Westunternehmer<br />
waren in ost<strong>de</strong>utschen Kommunen schnell zum<br />
Schreckgespenst gewor<strong>de</strong>n. „Man hat uns sehr fürsorglich<br />
aufgenommen“, erinnert sich Raschemann. Er sei ein sehr<br />
netter, junger Mann gewesen, erinnern sich die Feldheimer. Er<br />
hat ihnen von seinen Plänen erzählt, sie haben nachgefragt:<br />
„Wie sieht ein Windrad <strong>de</strong>nn überhaupt aus?“ So war das Anfang<br />
<strong>de</strong>r 90er-Jahre. Da wusste man das nicht unbedingt.<br />
13
Wir Unternehmer – Porträt<br />
Der Ortsrat wur<strong>de</strong> befragt, man diskutierte und kam überein:<br />
Ja, man wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Stu<strong>de</strong>nten eine Chance geben. Vier<br />
Windkraftanlagen sollten auf <strong>de</strong>n Äckern entstehen. Raschemann<br />
musste nun Geld besorgen. Das erwies sich als schwierig.<br />
Auch die Bauanträge waren ein Problem: Was sollte in<br />
<strong>de</strong>m Antrag stehen? Alles war ja neu. Banken und Sparkassen<br />
hatten schon abgewunken, da empfahl ihm <strong>de</strong>r Windanlagenbauer<br />
Enercon, von <strong>de</strong>m er die Windrä<strong>de</strong>r kaufen<br />
wollte, einen Finanzierungsexperten namens Joachim Uecker<br />
aus Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern. Raschemann<br />
machte sich auf <strong>de</strong>n Weg und erinnert sich, dort mit drei an<strong>de</strong>ren<br />
Möchtegernunternehmern im Wartezimmer gesessen<br />
zu haben – „wie beim Zahnarzt“. Später stieg Uecker, <strong>de</strong>s Finanzierungswesens<br />
überdrüssig, in Raschemanns Projekt mit<br />
ein. Aber erst mal machte er 5,4 Millionen D-Mark klar, ein<br />
Kredit, <strong>de</strong>r zu 100 Prozent aus För<strong>de</strong>rmitteln bestand.<br />
Zur Inbetriebnahme ein Fest auf <strong>de</strong>m Acker<br />
Raschemann war also über Nacht hoch verschul<strong>de</strong>t. Kein<br />
schönes Gefühl, doch was folgte, half ihm, nicht allzu oft daran<br />
zu <strong>de</strong>nken: Stress. Die Baufi rmen rückten an in Feldheim,<br />
und Raschemann legte oft selbst mit Hand an. Und nebenher<br />
studierte er auch noch. In <strong>de</strong>n Pausen zwischen Vorlesungen<br />
hing er am Telefon, am öffentlichen Fernsprecher auf <strong>de</strong>m<br />
Universitätsgelän<strong>de</strong>. Berge von Münzen hat er dort versenkt,<br />
um seinen Windpark zu koordinieren. So wur<strong>de</strong> sein Vorhaben<br />
auch bei <strong>de</strong>n Kommilitonen bald Gesprächsstoff.<br />
Am 22. März 1995 stan<strong>de</strong>n alle vier Windkrafträ<strong>de</strong>r und daneben<br />
ein kleines Trafohäuschen. Zur Inbetriebnahme gab<br />
es ein Fest auf <strong>de</strong>m Acker. Die Bewohner Feldheims waren<br />
dort, Studienkollegen und natürlich Joachim Uecker. Dass<br />
Raschemanns Mutter selbst gebackenen Kuchen verteilte, hat<br />
bis heute niemand vergessen. Am Trafohäuschen hängt ein<br />
Schild mit <strong>de</strong>n technischen Daten (Turmhöhe 63 Meter. Rotordurchmesser<br />
40 Meter. Generatorleistung 500 kW) und Erläuterungen<br />
zur jährlichen Energielieferung (3.600.000 kWh,<br />
<strong>de</strong>r Strombedarf von etwa 900 Haushalten wird abge<strong>de</strong>ckt).<br />
Und ganz unten steht: „In unseren Hän<strong>de</strong>n liegt die Zukunft<br />
unserer Kin<strong>de</strong>r!“ Für die Feldheimer Beleg eines Verantwortungsgefühls,<br />
das über Profi tinteresse hinausgeht.<br />
Weil es in Feldheim gut angelaufen war, ging es dort zunächst<br />
auch weiter, mit sechs weiteren Windrä<strong>de</strong>rn, die im Jahr 1999<br />
loskreiselten. In <strong>de</strong>r Zwischenzeit hatte Raschemann sein<br />
Dip lom gemacht. Thema: „Errichten einer Win<strong>de</strong>nergieanlage<br />
unter schwierigen Bedingungen“, allerdings rein fi ktiv. Er<br />
verteidigte die Arbeit in <strong>de</strong>r Universitätsaula, so groß war das<br />
Interesse, bestand mit Auszeichnung und stellte dabei fest,<br />
dass die Menschen ihm gerne zuhören. Im Jahr 1997 grün<strong>de</strong>te<br />
er zusammen mit Uecker die Energiequelle GmbH. Als Logo<br />
wählten sie das Unendlichkeitszeichen. Und in genau diese<br />
Richtung ging es ab – o<strong>de</strong>r wie Raschemann es formuliert: „Es<br />
gab da eine gewisse Dynamik.“<br />
Die Nachfrage nach Windparks wuchs rasant, entsprechend<br />
wuchs die Bürokratie, wuchsen <strong>de</strong>ren Kosten. Raschemann<br />
erzählt, dass sein erster Bauantrag ungefähr 6.000 D-Mark<br />
gekostet habe, inzwischen zahle er bis zu 20.000 Euro. Außer<strong>de</strong>m<br />
wuchsen: die Effi zienz <strong>de</strong>r Anlagen, die Konkurrenz im<br />
In- und Ausland, die Zahl <strong>de</strong>r Windkraftgegner, die Zahl <strong>de</strong>r<br />
Energiequelle-Mitarbeiter (inzwischen 150) und in Feldheim<br />
ein kleines Wun<strong>de</strong>r heran. Das Örtchen wur<strong>de</strong>, ohne es je darauf<br />
angelegt zu haben, zur Mo<strong>de</strong>llstadt für ökologische Wirtschaft.<br />
Es wur<strong>de</strong> energieautark: Unabhängig von Kohle- und<br />
Atomstrom und unabhängig von <strong>de</strong>n Energieriesen. Es hat<br />
sich mit <strong>de</strong>r Energiequelle GmbH als Projektentwickler ein eigenes<br />
Wärmeleitungs- und Nie<strong>de</strong>rspannungsnetz gebaut.<br />
Das alles entstand natürlich nicht so schnell, wie es sich erzählt.<br />
Wie überhaupt die ganze Energiequelle laut Raschemann nur<br />
„ganz langsam immer größer gewor<strong>de</strong>n“ ist. Die Feldheimer<br />
haben lange über diese Baumaßnahmen diskutiert, sie haben<br />
dafür eine Bürgergesellschaft gegrün<strong>de</strong>t, sie haben Verträge<br />
schreiben lassen. An <strong>de</strong>r Bürgergesellschaft ist auch Raschemann<br />
beteiligt. Er hat ein Haus in Feldheim gekauft und eine<br />
Tochterfi rma seiner Energiequelle dort angesie<strong>de</strong>lt, die sich<br />
auf Solartechnik spezialisiert hat. Diese Verbun<strong>de</strong>nheit mit<br />
ihrem Ort, die hat <strong>de</strong>n Feldheimern immer gefallen. Und in<br />
<strong>de</strong>r Tat schätzt Raschemann die räumliche Verbun<strong>de</strong>nheit<br />
sehr hoch. Er bleibt Feldheim nicht aus Berechnung treu. Er<br />
meint das ernst.<br />
Erste energieautarke Gemein<strong>de</strong> Deutschlands<br />
So ernst, wie er auch die lokale Verwurzelung seiner Firma in<br />
Kallinchen nimmt. Aus diesem Ort stammt er, stammt seine<br />
Frau, hier leben die Eltern, hier wachsen die bei<strong>de</strong>n Söhne<br />
auf. Wer bei <strong>de</strong>r Energiequelle GmbH arbeiten will, muss<br />
nach Kallinchen kommen. Die Heimat hat ihn groß gemacht,<br />
jetzt gibt er etwas zurück, so kann man es sehen. O<strong>de</strong>r man<br />
sagt: Wer so starke Wurzeln hat, <strong>de</strong>r kann sich in <strong>de</strong>n Himmel<br />
strecken, ohne ins Wanken zu geraten. Seit <strong>de</strong>r Ernennung<br />
von Feldheim zur ersten energieautarken Gemein<strong>de</strong> Deutschlands<br />
im Oktober 2010 guckt die halbe Welt auf das, was da<br />
in Bran<strong>de</strong>nburg entstan<strong>de</strong>n ist. Seit<strong>de</strong>m kommen Besuchergruppen<br />
von überall, um zu sehen, wie das Energiekonzept<br />
funktioniert, das – zumin<strong>de</strong>st für kleine Orte – die Zukunft<br />
sein könnte. Aus Afrika, Südamerika, aus Russland und sogar<br />
aus Nordkorea waren Besucher da. Und seit <strong>de</strong>r Reaktorkatastrophe<br />
von Fukushima immer wie<strong>de</strong>r auch aus Japan.<br />
DAS UNTERNEHMEN<br />
Energiequelle GmbH wur<strong>de</strong> im Jahr 1997 gegrün<strong>de</strong>t und begann mit vier Windrä<strong>de</strong>rn in Feldheim im Landkreis Potsdam-Mittelmark.<br />
Bis dato hat Energiequelle mehr als 1.000 Windkraftanlagen, 50 Fotovoltaikkraftwerke und 20 Biogasanlagen errichtet. Rund die<br />
Hälfte <strong>de</strong>r Anlagen betreibt das Unternehmen selbst. Die Firma beschäftigt rund 150 Mitarbeiter an zwei Standorten.<br />
14 ProFirma 04 2012
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MyTaxi<br />
Konkurrenz für die Taxizentralen<br />
Das Hamburger Unternehmen Intelligent Apps bietet Taxifahrern und Fahrgästen eine Lösung<br />
fürs Smartphone, die das Gewerbe revolutioniert. VON JÜRGEN CHRIST<br />
Unterwegs in einer frem<strong>de</strong>n Stadt, ein<br />
Taxi wird gebraucht. Aber wie lautet<br />
die Telefonnummer <strong>de</strong>r Taxizentrale?<br />
Warum gibt es keine einheitliche bun<strong>de</strong>sweite<br />
Taxirufnummer? Diese Fragen<br />
stellten sich die bei<strong>de</strong>n Hamburger<br />
Existenzgrün<strong>de</strong>r Sven Külper und Niclaus<br />
Mewes auch und entwickelten die<br />
Smartphone-Applikation „MyTaxi“, mit<br />
<strong>de</strong>r Fahrgäste ihr Taxi direkt bestellen<br />
können – ohne <strong>de</strong>n Umweg über eine<br />
Zentrale. Mit nur einem Fingerdruck<br />
wird die Bestellung an verfügbare Fah-<br />
rer in <strong>de</strong>r unmittelbaren Umgebung gesen<strong>de</strong>t,<br />
Son<strong>de</strong>rwünsche inklusive – ob<br />
mit Kin<strong>de</strong>rsitz, EC-Kartenzahlung o<strong>de</strong>r<br />
als Großraumtaxi. Die App ermittelt bei<br />
<strong>de</strong>n Fahrgästen und bei <strong>de</strong>n Fahrern <strong>de</strong>n<br />
Standort anhand <strong>de</strong>s GPS-Signals. So<br />
können bei<strong>de</strong> auf einer Karte live verfolgen,<br />
welche Wagen sich wo befi n<strong>de</strong>n,<br />
und sogar die Anfahrt mitverfolgen.<br />
Zum Abschluss <strong>de</strong>r Fahrt kann <strong>de</strong>r Reisen<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>n Fahrer bewerten und ihn bei<br />
Bedarf als Favoriten in sein Adressbuch<br />
hinzufügen. Sowohl im Apple Store als<br />
auch im Android Market ist die App verfügbar,<br />
jeweils eine für <strong>de</strong>n Fahrer und<br />
eine zweite für <strong>de</strong>n Fahrgast. Taxifahrer<br />
erhalten so eine Alternative zu <strong>de</strong>n<br />
Taxizentralen, die an vielen Orten eine<br />
Monopolstellung einnehmen und von<br />
<strong>de</strong>n angeschlossenen Taxiunternehmen<br />
eine monatliche Pauschale, beispielsweise<br />
200 Euro, verlangen. Die MyTaxi-<br />
Fahrer zahlen einen fi xen Betrag von 79<br />
Cent je vermittelter Fahrt. Im Juni 2009<br />
grün<strong>de</strong>ten die bei<strong>de</strong>n cleveren Jungunternehmer<br />
das Unternehmen Intelligent<br />
Apps GmbH. Im März 2010 war die<br />
App in <strong>de</strong>n Online-Marktplätzen für<br />
Niclaus Mewes und Sven Külper (v.l.) hatten im Jahr 2009 die I<strong>de</strong>e zu MyTaxi.<br />
Deutschland erhältlich. Es folgten Taxifahrer<br />
aus Wien, Barcelona und Zürich.<br />
Inzwischen sind mehr als 8.000 Fahrer<br />
in 30 Städten verfügbar, die Fahrgast-<br />
App wur<strong>de</strong> mehr als eine Million Mal<br />
heruntergela<strong>de</strong>n. In Deutschland verfügen<br />
laut <strong>de</strong>r Zeitschrift Internet World<br />
inzwischen rund 25 Prozent aller Haushalte<br />
über ein Smartphone – das eröffnet<br />
Perspektiven für MyTaxi.<br />
Das Unternehmen hat acht Nie<strong>de</strong>rlassungen<br />
und beschäftigt 60 Mitarbeiter.<br />
Die bei<strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>r sind gebürtige<br />
Hamburger mit Grün<strong>de</strong>rerfahrung.<br />
Der 33-jährige Mewes grün<strong>de</strong>te sein er-<br />
stes Start-up bereits mit 18 Jahren, <strong>de</strong>r<br />
32-jährige Külper studierte Marketing<br />
und schloss sein Studium in Sydney mit<br />
einem Bachelor ab. Ihre I<strong>de</strong>e hat sich offenbar<br />
gelohnt. MyTaxi wur<strong>de</strong> zum Gewinner<br />
<strong>de</strong>s Vision Awards 2011 gekürt,<br />
und ihr Produkt lan<strong>de</strong>te bei <strong>de</strong>r Wahl<br />
zur besten nationalen App auf Platz<br />
zwei <strong>de</strong>s „t3n Awards 2011“. Im <strong>de</strong>utschen<br />
Apple Store rangiert MyTaxi bei<br />
<strong>de</strong>n Highlights auf Platz fünf und erhielt<br />
eine hohe positive Nutzerwertung, <strong>de</strong>rzeit<br />
4,5 von insgesamt fünf Sternen. „In<br />
Deutschland sind wir schon sehr erfolgreich,<br />
und nun ist Europa an <strong>de</strong>r Reihe“,<br />
scherzt Niclaus Mewes.<br />
Daran glauben offenbar auch fi nanzkräftige<br />
Investoren wie das Venture-<br />
Capital-Unternehmen <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Telekom, T-Venture, die Beteiligungsfi rma<br />
E-42 GmbH sowie die Kreditanstalt<br />
für Wie<strong>de</strong>raufbau (KfW), die Daimler-<br />
Tochter Car-2-Go sowie Xing-Grün<strong>de</strong>r<br />
Lars Hinrichs, die insgesamt zehn<br />
Millio nen Euro in das Unternehmen<br />
Intelligent Apps GmbH investiert haben.<br />
Als Nächstes peilen die Hamburger<br />
Amsterdam und London an – die europäische<br />
Hauptstadt <strong>de</strong>r Taxis.<br />
Nicht nur Fahrgäste profi tieren von <strong>de</strong>r<br />
komfortablen Bestellung über MyTaxi.<br />
Taxiunternehmer reduzieren ihre Kosten,<br />
sorgen für eine bessere Auslastung<br />
und eine enge Kun<strong>de</strong>nbindung. Der<br />
Stuttgarter Taxifahrer Michael Dworak<br />
meint: „Das System ist für mich i<strong>de</strong>al,<br />
weil ich mögliche Leerzeiten zwischen<br />
meinen Stammkun<strong>de</strong>n füllen kann.<br />
Durch die Transparenz <strong>de</strong>r App ist <strong>de</strong>r<br />
Kontakt zwischen Fahrgast und Fahrer<br />
viel persönlicher als sonst.“<br />
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im Gegensatz zu <strong>de</strong>n 150.000<br />
Tonnen Schokola<strong>de</strong>, die jährlich in<br />
Helvetien produziert wer<strong>de</strong>n. Aber<br />
die acht Kugeln Truffes sind schokola<strong>de</strong>ntechnisch<br />
ein Highend-Produkt,<br />
etwas Wun<strong>de</strong>rbares o<strong>de</strong>r etwas Deka<strong>de</strong>ntes,<br />
je nach<strong>de</strong>m, was man von <strong>de</strong>r<br />
I<strong>de</strong>e hält, Schokola<strong>de</strong> mit E<strong>de</strong>lmetall<br />
zu überziehen. Die Firma Delafée aus<br />
Neuenburg in <strong>de</strong>r Westschweiz je<strong>de</strong>nfalls<br />
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versilbern. Das essbare Silber lässt<br />
die acht Kugeln Truffes funkeln wie<br />
blitzblank geschliffene E<strong>de</strong>lsteine. Ein<br />
bisschen Schweiz zum Essen. 65 Euro<br />
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Theiner‘s Garten Bio Vitalhotel<br />
Unbelastet in Südtirol<br />
Manchmal vergisst man als Bewohner<br />
<strong>de</strong>r Nordhälfte Europas, dass die Alpen<br />
auch eine Südseite haben, eine prachtvolle.<br />
Das Südtirol liegt da, das ist ein<br />
bisschen <strong>de</strong>utschsprachiger Alpenzauber<br />
mit Hochland-Palmen in Italien.<br />
Gargazon schmiegt sich dort in ein Tal<br />
zwischen Bozen und Meran, ein kleines<br />
Dorf, es lebt im Großen und Ganzen<br />
unauffällig von Obstplantagen, Wein<br />
und Wan<strong>de</strong>r- und Radtourismus.<br />
Es gibt zwei Kirchen und einen Wacht-<br />
und Signalturm. Und es gibt das<br />
„Theiner‘s Garten Bio Vitalhotel“, 57<br />
Zimmer samt Hallenbad und Freibecken<br />
und Kräutergarten, sehr chic, aber<br />
darum geht es nicht. Das „Theiner‘s“ ist<br />
ein „Klimahotel“, das erste in Italien,<br />
und so ist es ein bisschen Zukunft in <strong>de</strong>r<br />
Gegenwart.<br />
Es ist ganz aus Holz, erbaut nach <strong>de</strong>m<br />
Vorbild skandinavischer Kirchen, bei<br />
<strong>de</strong>nen die Elemente ineinan<strong>de</strong>r verzahnt<br />
sind. Ein Holzverbundsystem, das<br />
ohne Leim o<strong>de</strong>r Eisenteile auskommt,<br />
ohne Schrauben, ohne Nägel, erfun<strong>de</strong>n<br />
von <strong>de</strong>r Südtiroler Firma Rubner. Man<br />
nennt das biologisches Bauen, und es<br />
soll durch <strong>de</strong>n Verzicht auf potenziell<br />
gesundheitsschädliche Materialien<br />
<strong>de</strong>n Gästen die Gelegenheit eines Aufenthalts<br />
in einer unbelasteten Welt en<br />
miniature ermöglichen. Die Zimmer<br />
gehen alle nach Sü<strong>de</strong>n, sind mit Vollholzmöbeln<br />
ausgestattet. Die Räume<br />
sind vollständig antiallergen eingerichtet<br />
und, weil keine Elektrogeräte wie<br />
Minibar o<strong>de</strong>r Fernseher aufgestellt sind,<br />
weitgehend frei von elektromagnetischen<br />
Strahlungen. Die Architektur<br />
ist aus gesamtharmonischen Überlegungen<br />
heraus abgestimmt auf die Linien<br />
<strong>de</strong>r umgeben<strong>de</strong>n Weinberge.<br />
Es ist zweifellos ein kleines ökologisches<br />
Paradies für alle Menschen, die<br />
bereit sind, ohne Minibar durchs Leben<br />
zu gehen. O<strong>de</strong>r für solche, die all die<br />
Minibars dieser Welt schon hinter sich<br />
gelassen haben. Dass außerhalb dieser<br />
geschützten Zone Stromleitungen sind<br />
und Antennen, <strong>de</strong>ren Strahlungen keinen<br />
Bogen um ein Bio Vitalhotel einschlagen,<br />
ist eine Nachricht aus einer<br />
Welt, die nicht i<strong>de</strong>al ist. So ist es immer:<br />
Das I<strong>de</strong>ale hat nur einen Feind. Das<br />
Wirkliche. (mib) www.theinersgarten.it<br />
18 ProFirma 04 2012<br />
Fotos: Delafée, Theiner‘s Garten Bio Vitalhotel (2), Art Cologne
46. Art Cologne<br />
Kunst und Künstler in Köln<br />
Köln ist nicht nur immer mal einen Besuch wert,<br />
um einzutauchen in die ausgelassene rheinländische<br />
Fröhlichkeit. Jeweils im Frühling gibt es in<br />
<strong>de</strong>r Domstadt ein kleines Juwel zu bestaunen. Fünf<br />
Tage dauert es, draußen auf <strong>de</strong>m Messezentrum in<br />
Halle 11: die Art Cologne. Dieses Jahr wird es die 46.<br />
Ausgabe sein. Erwartet wer<strong>de</strong>n mehr als 200 Galerien<br />
und 60.000 Besucher, die Köln vom 18. bis 22.<br />
April das Flair <strong>de</strong>r temporären Kulturhauptstadt<br />
<strong>de</strong>r Welt verpassen. Umso mehr, als dass die Messe<br />
erstmals kooperiert mit <strong>de</strong>r NADA, <strong>de</strong>r „New Art<br />
Dealers Alliance“ aus New York. Die NADA för<strong>de</strong>rt<br />
zeitgenössische Kunst und Künstlernachwuchs,<br />
und sie ist das bestimmen<strong>de</strong> Schwergewicht in<br />
<strong>de</strong>r Kunstströmung, die man „cutting edge“ nennt.<br />
„Cutting edge“ mausert sich im Kunstsektor gera<strong>de</strong><br />
zu einem neuen Schwungrad, weil es für sich in<br />
Anspruch nimmt, fast zeitgenössischer zu sein als<br />
die zeitgenössische Kunst. Auf <strong>de</strong>m allerneuesten<br />
Stand eben. Man muss es nicht immer mögen, aber<br />
man sollte es gesehen haben. www.artcologne.<strong>de</strong><br />
ProFirma 04 2012<br />
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tark.
Unternehmensführung – Titelthema<br />
Unternehmensentwicklung<br />
Ohne Strategie hilft nur Glück<br />
Eine Strategie ist <strong>de</strong>r Weg zu <strong>de</strong>n Wettbewerbsvorteilen von morgen. Auch viele Chefs<br />
kleiner Unternehmen haben dies erkannt und planen inzwischen langfristiger. Sie<br />
wer<strong>de</strong>n belohnt durch höhere Gewinne und motiviertere Mitarbeiter. VON DR. ULRIKE FELGER<br />
DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE<br />
Strategie befasst sich mit <strong>de</strong>r systematischen<br />
Gestaltung von Unternehmenszukunft.<br />
Firmen, die kontinuierlich an ihrer<br />
Strategie arbeiten, sind erfolgreicher als<br />
jene, die es „laufen lassen“.<br />
In diesem Beitrag stellen wir Ihnen<br />
Instrumente vor, mit <strong>de</strong>nen Sie die<br />
strategische Entwicklung in Ihrer Firma<br />
vorantreiben können.<br />
„Schlappgelacht“ hat er sich angeblich. 500 Dollar für ein Telefon?<br />
Und dann noch ohne Tastatur? Nein, über eine solche<br />
Erfi ndung wollte sich Microsoft-Chef Steve Ballmer keine Sorgen<br />
machen. Diese Einschätzung äußerte Ballmer vor gera<strong>de</strong><br />
einmal fünf Jahren – in <strong>de</strong>nen das iPhone Geschichte machte<br />
und <strong>de</strong>n Markt mobiler Kommunikation komplett umkrempelte.<br />
Apple hat seinen Wettbewerber Microsoft als weltweit<br />
wertvollsten Technologiekonzern inzwischen abgelöst.<br />
„Seit <strong>de</strong>r industriellen Revolution sieht man Technologieunternehmen<br />
kommen und verschwin<strong>de</strong>n, das ist eine Frage<br />
<strong>de</strong>s richtigen o<strong>de</strong>r falschen Strategiemanagements – wer seine<br />
Zeit verschläft, verschwin<strong>de</strong>t vom Markt“, sagt Martin Langer,<br />
verantwortlich für Corporate Development bei <strong>de</strong>r Brain AG<br />
in Zwingenberg. Ohne Strategie helfe nur noch Glück, und<br />
darauf sollte man sich als Unternehmer besser nicht verlassen.<br />
Beim Biotechnologieunternehmen Brain wird daher ständig<br />
an <strong>de</strong>r eigenen Strategie gefeilt. Die gesamte Belegschaft ist<br />
kontinuierlich an <strong>de</strong>r strategischen Weiterentwicklung von<br />
Produkten und Dienstleistungen beteiligt.<br />
Hinter <strong>de</strong>m Begriff „Strategie“ verbirgt sich ein ganzes Sammelsurium<br />
von Maßnahmen, Aktivitäten und Projekten zur<br />
Gestaltung von Unternehmenszukunft – die in vielen KMU<br />
nach wie vor stiefmütterlich behan<strong>de</strong>lt wird. „Natürlich hat<br />
je<strong>de</strong>s mittelständische Unternehmen eine Strategie, doch<br />
häufi g ist diese nicht sichtbar – und damit nicht greifbar“,<br />
sagt Heiko Finn, Geschäftsführer <strong>de</strong>r Indigma Management<br />
Consulting GmbH in Stuttgart. Es sei eine große Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
für kleine Unternehmen, Zukunftsthemen so in<br />
Worte zu fassen, dass sie nach außen getragen wer<strong>de</strong>n können.<br />
„Die Leitgedanken einer Firma existieren oft nur im Kopf<br />
<strong>de</strong>s Chefs und wer<strong>de</strong>n nicht geteilt“, erklärt Finn. Wenn die<br />
Firma wachse, vergesse man leicht, die wesentlichen Punkte<br />
aufzuschreiben – o<strong>de</strong>r man unterschätze die Wichtigkeit dieser<br />
Aufgabe.<br />
Zukunftsthemen in Worte fassen<br />
Nach Erfahrung vieler Unternehmensberater liegt die Schwierigkeit<br />
ohnehin weniger darin, <strong>de</strong>n richtigen Weg zu fi n<strong>de</strong>n,<br />
son<strong>de</strong>rn das Ziel ausreichend zu beschreiben. Stichwort: Geplantes<br />
Han<strong>de</strong>ln. Berater Finn vergleicht das Wirtschaftsgeschehen<br />
gerne mit einer Nebelbank: „Wir sehen nur die nächsten<br />
Schritte, ein Jahr bis maximal drei – im Nebel braucht es<br />
an<strong>de</strong>re Navigationssysteme, die Vision ist unser Kompass“, so<br />
seine Überzeugung. Wie ein Magnet feine Eisenspäne ausrichtet,<br />
gibt die Vision eine Orientierung, bün<strong>de</strong>lt Kräfte und sorgt<br />
dafür, dass alle Beteiligten in die gleiche Richtung laufen.<br />
Bei „Strategie“ o<strong>de</strong>r „Vision“ <strong>de</strong>nkt man an etwas Großes,<br />
Weitreichen<strong>de</strong>s. Dabei bringen auch kleine Dinge <strong>de</strong>n Stein<br />
ins Rollen. „Wir fragen uns immer wie<strong>de</strong>r, wo die Kun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Schuh drückt – genau da bekommen wir wertvolle Impulse<br />
für die Weiterentwicklung unserer Strategie“, berichtet Anke<br />
Schmietainski, Geschäftsführerin <strong>de</strong>r Altamedinet GmbH in<br />
Hemmingen. Mithilfe einer konsequenten Engpassorientierung<br />
hat sich ihr Unternehmen als Deutschlands erste Fachagentur<br />
für Komplementärmedizin positioniert. Jährliche<br />
22 ProFirma 04 2012<br />
ProFirma<br />
Titelthema
Strategie-Meetings justieren das Wirtschaften in <strong>de</strong>r Nische<br />
stetig nach. Ein Erfolgs-Tracking für Marketingkanäle, Messekontakte<br />
o<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>numsatzbetrachtungen liefert neben betriebswirtschaftlichen<br />
Kennzahlen die Basis, um strategische<br />
Rückschlüsse ziehen zu können.<br />
Nachfolge und Strategieentwicklung<br />
In an<strong>de</strong>ren mittelständischen Betrieben läuft Führung eher<br />
intuitiv. Der große Bruch und die Ent<strong>de</strong>ckung strategischer<br />
Planung erfolgen häufi g beim Generationswechsel: „Strategieentwicklung<br />
ist ein Nachfolgethema: Die Strategie im Kopf<br />
<strong>de</strong>s Seniors ist <strong>de</strong>m Nachfolger verschlossen und muss von<br />
ihm neu erfun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n“, berichtet Klaus Zimmermann,<br />
Leiter <strong>de</strong>s Bereichs Training und Consulting bei Festo Didactic<br />
in Denkendorf. Er glaubt: „Die kulturelle Seite von Strategie<br />
wird häufi g unterschätzt – wer heute überlegt, wo er morgen<br />
stehen will, darf nicht nur an Umsatz und Kennzahlen <strong>de</strong>nken,<br />
son<strong>de</strong>rn auch daran, wie seine Mitarbeiter Kompetenzen entwickeln,<br />
damit die Strategie überhaupt Realität wer<strong>de</strong>n kann.“<br />
„Strategie muss schriftlich festgehalten wer<strong>de</strong>n“, ergänzt<br />
Werner Bayer, Vorstand <strong>de</strong>r Helfrecht AG in Bad Alexan-<br />
Welche Strategie<br />
wollen Sie verfolgen?<br />
Die Vorwärtsstrategie:<br />
Hier geht es um Wachstum, Entwicklung, Expansion.<br />
Die Defensivstrategie:<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich um die Verteidigung einer<br />
(führen<strong>de</strong>n) Marktposition.<br />
Die Rückwärts- o<strong>de</strong>r Rückzugsstrategie:<br />
Vielleicht auch nur vorübergehend <strong>de</strong>r richtige Weg,<br />
wenn Ihre Kernkompetenz nicht mehr ausreichend<br />
für die Steigerung <strong>de</strong>r Werthaltigkeit <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
genutzt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Achtung, wenn Sie diese Strategie wählen, sollten<br />
Sie dringend die Frage beantworten, wie Sie die<br />
Stärken Ihres Unternehmens rasch in an<strong>de</strong>re wertsteigern<strong>de</strong><br />
Fel<strong>de</strong>r einbringen können.<br />
Strategie –<br />
warum eigentlich?<br />
Wer <strong>de</strong>n Überraschungen <strong>de</strong>r Zukunft erfolgreich<br />
begegnen möchte, braucht eine individuelle Strategie,<br />
um<br />
> seine Zukunft zu <strong>de</strong>fi nieren und seinen eigenen<br />
Weg zu fi n<strong>de</strong>n,<br />
> sich langfristig ausrichten und dauerhaft orientieren<br />
zu können,<br />
> Risiken kalkulieren, Entscheidungen stets auf einer<br />
verlässlichen Grundlage sicher treffen und Ressourcen<br />
richtig einsetzen zu können,<br />
> alle Kräfte im Betrieb zielorientiert bün<strong>de</strong>ln und für<br />
<strong>de</strong>n gemeinsamen Erfolg fokussieren zu können,<br />
> im Bedarfsfall bei Kapitalgebern und an<strong>de</strong>ren<br />
Partnern Unterstützung zu bekommen,<br />
> bei unerwarteten Entwicklungen o<strong>de</strong>r plötzlichen<br />
Störungen rasch und fl exibel reagieren zu können,<br />
> sich nicht durch einzelne Misserfolge verunsichern<br />
o<strong>de</strong>r gar aus <strong>de</strong>r Bahn werfen zu lassen,<br />
> auch über lange Distanzen und Zeiträume hinweg<br />
erfolgreich bestehen zu können.<br />
Quelle: nach Helfrecht.<br />
Wie das einfache Beispiel zeigt:<br />
Mit <strong>de</strong>r richtigen Strategie kommt man zum<br />
Erfolg! Nach <strong>de</strong>m Titelbild war je<strong>de</strong>r Spieler<br />
einmal am Zug. Egal, wo das nächste Kreuz<br />
gesetzt wird – <strong>de</strong>r Kreis gewinnt!<br />
23
Unternehmensführung – Titelthema<br />
So entwickeln Sie<br />
Ihre Unternehmensstrategie<br />
Schritt 1 – Skizzieren Sie Ihre Kernkompetenzen:<br />
a) Was schätzen Ihre Kun<strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rs an Ihrem Unternehmen?<br />
Welche Rückmeldungen kommen dazu bei Ihren<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und bei Ihnen selbst<br />
immer wie<strong>de</strong>r an? Fragen Sie doch Ihre Kun<strong>de</strong>n auch<br />
danach, was sie an <strong>de</strong>r Zusammenarbeit mit Ihrem Haus<br />
beson<strong>de</strong>rs schätzen.<br />
b) Womit heben Sie sich mit Ihrem Unternehmen von Ihren<br />
Hauptkonkurrenten ab? Welchen (Haupt-)Nutzen bieten<br />
Sie welchen Kun<strong>de</strong>n? Wo liegen Ihre speziellen Stärken im<br />
Kerngeschäft? Woher kommt Ihr Unternehmen in seiner<br />
Historie?<br />
Aufgepasst: Berücksichtigen Sie unbedingt auch weiche<br />
Faktoren wie Zuverlässigkeit, Service, guter Kontakt, Kontinuität,<br />
sympathischer Marktauftritt etc.<br />
Schritt 2 – Überprüfen Sie die Erfolgsfaktoren<br />
Ihres Unternehmens:<br />
Machen Sie eine einfache Stärken-Schwächen-Analyse.<br />
Wie steht es um<br />
> <strong>de</strong>n Unternehmer und sein Team<br />
> exzellente, am Kun<strong>de</strong>nnutzen orientierte Produkte<br />
> permanente, systematisch betriebene Innovationen<br />
> eine leistungsfähige Organisation, die sich permanent<br />
verbessert<br />
> eine Kun<strong>de</strong>norientierung, die sich am Kun<strong>de</strong>nnutzen<br />
aufl ädt<br />
> soli<strong>de</strong> Finanzen und angemessene Gewinne<br />
> einen guten Ruf<br />
> eine starke Marke<br />
> konkrete Unternehmensziele?<br />
Schritt 3 – Vorwärts, rückwärts o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>fensiv?<br />
Defi nieren Sie Ihre einzuschlagen<strong>de</strong> Strategie (siehe dazu<br />
<strong>de</strong>n Kasten „Welche Strategie wollen Sie verfolgen?“).<br />
Schritt 4 – Legen Sie <strong>de</strong>n zukünftigen Kurs fest:<br />
a) Welche Marktposition streben Sie in <strong>de</strong>r nächsten<br />
Perio<strong>de</strong> (i<strong>de</strong>alerweise sieben Jahre) an?<br />
b) Auf welche Ressourcen können Sie dabei zurückgreifen,<br />
welche müssen Sie neu schaffen?<br />
c) Welche Jahresziele ergeben sich daraus in dieser<br />
Perio<strong>de</strong>?<br />
Schritt 5 – Leiten Sie Schwerpunkte für die kurz-<br />
und mittelfristige Planung ab.<br />
Ergänzen Sie Ihre Zielpläne um Aspekte, die aus Ihrer Sicht<br />
für die strategische Zielerreichung notwendig sind.<br />
Quelle: nach Helfrecht<br />
<strong>de</strong>rsbad. Denn das Dokumentieren helfe, <strong>de</strong>n eigenen Weg<br />
kontrolliert zu verfolgen und Risiken frühzeitig zu erkennen.<br />
Dabei dürfe es im Strategieprozess keine Denkverbote geben:<br />
„Wenn eine Firma <strong>de</strong>n Weg einer Branche nicht mitgehen<br />
kann, muss sie dies in ihrer Strategie berücksichtigen, sei es<br />
durch Kooperationen, in bestimmten Detailbereichen o<strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>ren Allianzen.“ Bayer empfi ehlt, immer Plan B parat zu<br />
haben, um <strong>de</strong>r Dynamik <strong>de</strong>r Wirtschaft je<strong>de</strong>rzeit begegnen<br />
zu können. Wo es an betriebswirtschaftlicher Kompetenz<br />
mangelt, muss dabei auch <strong>de</strong>r Steuerberater in die Bresche<br />
springen. „Dann sollen wir plötzlich mehr Verantwortung<br />
tragen, als manchem Kollegen lieb ist“, berichtet Kathrin Deuble-Dietl,<br />
Steuerberaterin und Diplom-Finanzwirtin aus <strong>de</strong>m<br />
schwäbischen Winnen<strong>de</strong>n. Doch nur bei <strong>de</strong>r richtigen Chemie<br />
und soli<strong>de</strong>m betriebswirtschaftlichen Hintergrund kann<br />
<strong>de</strong>r Steuerberater einen sinnvollen Beitrag leisten.<br />
„Manche Dinge sieht man nicht auf <strong>de</strong>n ersten Blick, und<br />
Kennzahlen sagen etwas über Strukturen und <strong>de</strong>ren Verän<strong>de</strong>rung<br />
aus“, erklärt Tobias Augsten, Geschäftsführer von<br />
Weissman & Cie. in Nürnberg: „Wer sein Geschäft strategisch<br />
entwickeln will, braucht für die Umsetzungsplanung<br />
eine Cockpit-Logik.“ Er empfi ehlt, sich lieber früher als später<br />
<strong>de</strong>m Thema zu stellen. Eine Strategie zu entwickeln dürfe<br />
nie dringend sein. Trotz<strong>de</strong>m fän<strong>de</strong>n Strategieprozesse zu oft<br />
nur fallbezogen und mit geringer Strukturierung statt. Dabei<br />
lauern eine Menge Fallstricke: „Die Sitzungsqualität von Strategie-Meetings<br />
ist oft schlecht – viele Unternehmen sind nicht<br />
in <strong>de</strong>r Lage, in angemessener Zeit und in guter Qualität eine<br />
Strategie zu formulieren“, reklamiert <strong>de</strong>r Berater. Er bemängelt<br />
zu<strong>de</strong>m fehlen<strong>de</strong> Disziplin bei <strong>de</strong>r Vorbereitung solcher<br />
Treffen: Ohne Marktrecherchen o<strong>de</strong>r die vorherige Auswertung<br />
eigener Kennzahlen sei es Energieverschwendung, einen<br />
Strategieprozess zu starten.<br />
ZUKUNFTSKONZEPT<br />
Planungs-Hierarchie<br />
1. Vision<br />
Visionen beschreiben die Zukunft,<br />
wie sie wer<strong>de</strong>n soll<br />
2. Ziele<br />
Ziele sind Teile daraus,<br />
Etappen <strong>de</strong>s Weges (Meilensteine)<br />
3. Strategien<br />
Strategien beschreiben verschie<strong>de</strong>ne Wege<br />
zu <strong>de</strong>m jeweiligen Ziel<br />
4. Planung<br />
Planung ist die Konkretisierung <strong>de</strong>r Handlungen<br />
für die nächste Zeitperio<strong>de</strong><br />
Maßnahmen, Maßnahmen, Maßnahmen …<br />
24 ProFirma 04 2012<br />
Quelle Grafi k: Cramer, Müller & Partner
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Unternehmensführung – Titelthema<br />
26<br />
Praxisbeispiele<br />
Sechs Unternehmerstrategien<br />
Wolfgang Renz<br />
Unternehmerstrategie I:<br />
<strong>Fokus</strong> „Wachstum“<br />
Wolfgang Renz, Renz Elektro-Service, Stuttgart,<br />
zehn Mitarbeiter<br />
„Wenn es um Zukunftsplanung geht, muss ich taktische und<br />
strategische Fragen beantworten: Tue ich die Dinge richtig?<br />
und: Tue ich die richtigen Dinge? Bei uns geht es nicht darum,<br />
nur um <strong>de</strong>s Verän<strong>de</strong>rns willen Dinge zu verän<strong>de</strong>rn, damit sich<br />
etwas tut – das überlasse ich Großunternehmen und Konzernen.<br />
In unsere Strategie fl ießen wirtschaftliche Parameter und die<br />
Sorge um Arbeitsplätze ein. Mich selbst als Unternehmer<br />
stelle ich hinten an. Oft leiten sich Strategien von externen<br />
Prozessen ab, von Marktverän<strong>de</strong>rungen o<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbedürfnissen.<br />
In diesem Moment ist immer das Risiko von Abhängigkeiten<br />
gegeben, damit müssen wir leben. Mit unserem Mix<br />
aus Servicedienstleistungen, Einzelhan<strong>de</strong>l und Han<strong>de</strong>l beziehungsweise<br />
Vertrieb wollen wir dieser Gefahr begegnen.<br />
Wir haben uns entschlossen zu wachsen und so die Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
unserer Kun<strong>de</strong>n noch besser zu bedienen – da liegt<br />
unser künftiger Erfolg. Der Blick auf <strong>de</strong>n Markt, auf unsere<br />
Kun<strong>de</strong>n war ein<strong>de</strong>utig. Wenn ich so etwas vorhabe, spreche<br />
ich mit meinem Team darüber, mit <strong>de</strong>m extrem erfahrenen<br />
Werkstattleiter, meiner Finanzchefi n, aber auch mit Partnern<br />
aus <strong>de</strong>r Industrie in Service und Vertrieb. Wertvoll ist für<br />
mich auch mein persönliches Netzwerk, Freun<strong>de</strong>, die einen<br />
ganz an<strong>de</strong>ren Blick auf meine Situation und meine Branche<br />
mitbringen.<br />
Seien wir ehrlich: Die Welt länger als ein Jahr vorauszuplanen,<br />
ist bei <strong>de</strong>r Schnelllebigkeit unserer Wirtschaft wenig sinnvoll.<br />
Deshalb fi n<strong>de</strong>t Strategieentwicklung bei mir ständig statt,<br />
vor allem in Leerzeiten: Im Auto, im Flieger, nachts, auf <strong>de</strong>m<br />
Heimweg – und wenn das Handy einmal nicht klingelt.“<br />
Unternehmerstrategie II:<br />
<strong>Fokus</strong> „Qualität“<br />
Dietmar Natter, Hotel Erlebnisreich<br />
Natter, Schoppernau, acht Mitarbeiter<br />
„Wir konzentrieren unsere Kräfte auf das Wesentliche. Speziell<br />
im Tourismus än<strong>de</strong>rn sich die Wünsche <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n sehr<br />
schnell, und wir müssen uns ständig anpassen, um auf die<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Markts zu reagieren. Unser unternehmerischer<br />
Erfolg hängt zu einem großen Teil von unserer Strategie<br />
ab: Wir wollen unsere Möglichkeiten optimal nutzen,<br />
persönlichen Kontakt mit <strong>de</strong>n Gästen pfl egen, hochwertige<br />
regionale Küche bieten und unsere zusätzlichen Dienstleistungen<br />
noch ausweiten.<br />
Dietmar Natter<br />
Fotos: privat
INTERVIEW<br />
„Strategie ist Aufgabe<br />
<strong>de</strong>r Offi ziere“<br />
An <strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>r Überlegungen zur Entwicklung <strong>de</strong>r<br />
Firma gehört die Ziel<strong>de</strong>fi nition, meint Unternehmensberater<br />
Edmund Cramer von Cramer, Müller & Partner in Frankfurt.<br />
DAS GESPRÄCH FÜHRTE DR. ULRIKE FELGER<br />
Herr Cramer, wer etwas auf sich hält, re<strong>de</strong>t<br />
über Strategie. Warum eigentlich?<br />
Cramer: In manchen Unternehmen fällt vor<br />
vielen Tätigkeiten das Wort „strategisch“:<br />
„Das müssen wir strategisch diskutieren“,<br />
„das ist eine strategische Entscheidung“. Das<br />
soll zeigen, dass sie auf <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r Zeit<br />
sind. Tatsächlich ist Strategie aber „nur“ ein<br />
Teil ganzheitlicher Unternehmensführung.<br />
Vor die Strategiearbeit hat <strong>de</strong>r liebe Gott die<br />
viel schwierigere Frage gesetzt: Welches Ziel verfolge ich und warum? Erst<br />
wenn es hier Antworten gibt, hat es Sinn, sich mit Strategie zu beschäftigen.<br />
Wie stehen mittelständische Unternehmer zum Thema Vision und Strategie?<br />
Cramer: Helmut Schmidt hat gesagt „Wenn ich Visionen habe, bringt mich<br />
ins Krankenhaus“. In <strong>de</strong>r Tat ist das Wort sehr schwer und viele Mittelständler<br />
zucken dabei. Bei Selbstständigen lässt sich „Vision“ schön durch „Mission“<br />
ersetzen, da wird es klarer. Ich benutze das Wort „Leiti<strong>de</strong>e“. Das klingt pragmatischer<br />
und beantwortet ganz banal die tägliche Frage <strong>de</strong>s Unternehmers<br />
„Warum stehe ich eigentlich morgens auf und tue mir das an?“ – und zwar auf<br />
einer unternehmerischen, nicht auf persönlicher Ebene.<br />
Wie beschäftigen sich KMU in <strong>de</strong>r Regel mit Strategie?<br />
Cramer: KMU setzen Strategie eher reaktiv ein. Wenn es schlecht läuft, wenn<br />
<strong>de</strong>r Druck zu groß wird, wenn er dazu etwas auf einem Seminar gehört hat<br />
etc.. Strategiearbeit ist noch viel zu selten normaler Bestandteil mittelständischer<br />
Unternehmensführung. Es gibt Firmen, die es intuitiv tun – sie wür<strong>de</strong>n<br />
das Wort Strategie nie in <strong>de</strong>n Mund nehmen. Für sie ist das einfach „Unternehmensentwicklung“.<br />
Wie för<strong>de</strong>rt ein mittelständischer Unternehmer das strategische Denken in<br />
seinem Unternehmen?<br />
Cramer: Strategie ist Aufgabe <strong>de</strong>r Offi ziere, nicht <strong>de</strong>r Soldaten. Man stelle<br />
sich vor, <strong>de</strong>r General bläst zum Angriff, und dann fangen die Soldaten an,<br />
strategisch zu <strong>de</strong>nken – oh je. Strategie ist Chefsache (Offi zier) und die seiner<br />
Führungskräfte (Unteroffi ziere). Die Mitarbeiter (Soldaten) führen Befehle<br />
aus. Sie müssen fi t sein im Gebrauch ihrer Werkzeuge (Waffen), um im Tagesgeschäft<br />
(Schlachtfeld) dispositiv han<strong>de</strong>ln zu können. Strategisches Denken<br />
im (Gesamt-)Unternehmen ist nicht erfor<strong>de</strong>rlich. Wenn <strong>de</strong>r Chef strategisch<br />
<strong>de</strong>nkt und seine Führungskräfte entsprechend einbin<strong>de</strong>t, reicht das. Für die<br />
Mitarbeiter genügt es zu wissen, welche Schlacht geschlagen wird und warum<br />
es sich lohnt zu kämpfen.<br />
ProFirma 04 2012<br />
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Unternehmensführung – Titelthema<br />
Strategische Fehler muss man in <strong>de</strong>r Hotellerie oft teuer bezahlen<br />
– wer verkehrt in Infrastruktur investiert, hat ein<br />
echtes Problem. Hier gibt uns unsere Strategie Orientierung.<br />
Die Grundausrichtung unseres Hotels wird im Kreis <strong>de</strong>r Familie<br />
besprochen und festgelegt. Zu<strong>de</strong>m treffen wir uns halbjährlich<br />
im erweiterten Kreis und diskutieren die Ausrichtung<br />
unseres Betriebs. Am Tisch sitzen dann ein erfahrener Banker,<br />
eine Marketing- und Kommunikationsprofi , ein Steuer- und<br />
Wirtschaftsberater – Experten in ihrem Fach und sehr gute<br />
persönliche Freun<strong>de</strong>, die aus unserer Gemein<strong>de</strong> kommen und<br />
die Rahmenbedingungen bestens kennen. Auch das ist Teil<br />
unserer Strategie: Wir versuchen immer, mit <strong>de</strong>n für uns Besten<br />
zusammenzuarbeiten.<br />
Die Frage: ‚Welche Wünsche haben unsere Gäste – und wie<br />
können wir diese erfüllen?’ ist ein Orientierungspunkt für uns.<br />
In Anlehnung an die EKS-Metho<strong>de</strong> (Engpasskonzentrierte<br />
Strategie), haben wir unsere Eckpunkte festgelegt. Den Input<br />
bekommen wir täglich – im Kontakt mit unseren Gästen. Monatliche<br />
Auswertungen und Planwertvergleiche zeigen uns<br />
ebenso wie die Gespräche mit <strong>de</strong>n Gästen, wo wir stehen und<br />
was wir noch tun können.“<br />
Unternehmerstrategie III:<br />
<strong>Fokus</strong> „Klarheit“<br />
Jasmin Taylor, JT Touristik, Berlin, 35 Mitarbeiter<br />
„Ein klares Konzept für die strategische Ausrichtung ist für<br />
uns ebenso wichtig wie für einen Konzern – ohne Ziel kann<br />
man sich leicht verzetteln, dann geht es nirgendwo hin. Zu<br />
Beginn haben wir uns viele Gedanken über Chancen und<br />
Risiken, Tools und Maßnahmen gemacht. Diese müssen<br />
wir nun Jahr für Jahr aktualisieren und weiterentwickeln.<br />
Wenn Entscheidungen eine Zeit dauern dürfen, mache ich<br />
Jasmin Taylor<br />
grundsätzlich einen Abgleich mit meiner Strategie – schließlich<br />
sind das die Leitplanken <strong>de</strong>s Unternehmens. Wir haben<br />
Kerninhalte, die wir täglich neu umsetzen: Wir sind Reiseveranstalter<br />
mit Vollsortiment, spezialisiert auf die Vereinigten<br />
Arabischen Emirate. Wir konzentrieren uns auf <strong>de</strong>n B2B-Vertrieb,<br />
folgen konsequent unserer CI und treiben unsere Markenbildung<br />
voran. Unsere technischen Prozesse automatisieren<br />
und optimieren wir kontinuierlich.<br />
Die Entwicklung von Strategien, zum Beispiel im Vertrieb,<br />
erfolgt bei uns immer im Kontakt mit an<strong>de</strong>ren. Dabei versuchen<br />
wir, klar und transparent zu han<strong>de</strong>ln – nicht je<strong>de</strong> gute,<br />
kurzfristige Verkaufsmöglichkeit ist langfristig strategisch<br />
sinnvoll. Bei JT Touristik sind alle wichtigen Unternehmensbereiche<br />
an <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>r Strategie beteiligt: Fulfi llment,<br />
Produktentwicklung, Vertrieb, Marketing, PR, Qualitätsmanagement<br />
und die IT. Einmal jährlich sitzen wir zu<strong>de</strong>m<br />
ein Wochenen<strong>de</strong> lang zusammen und überlegen, wo wir stehen<br />
und wie es weitergeht. Ein externer Unternehmensberater<br />
wirkt als Mentor und mo<strong>de</strong>riert die Sitzungen.“<br />
Unternehmerstrategie IV:<br />
<strong>Fokus</strong> „Balance“<br />
Reinhold Beck, Beck Dach<strong>de</strong>cker- und Flaschner-<br />
Meisterbetrieb, Weilimdorf, sieben Mitarbeiter<br />
„Strategieentwicklung be<strong>de</strong>utet für uns, sich auf die gegebene<br />
Situation am Markt einzustellen, um entsprechend han<strong>de</strong>ln<br />
zu können. Wir sind zwar ein relativ kleiner Handwerksbetrieb,<br />
aber die Denk- und Vorgehensweise ist prinzipiell in<br />
allen Wirtschaftsunternehmen die gleiche.<br />
Wir entwickeln unsere Strategie im Kreis <strong>de</strong>r Geschäftsführung,<br />
das sind mein Bru<strong>de</strong>r als Geschäftsführer und ich als sein<br />
Stellvertreter. Dabei fl ießt unsere Beobachtung <strong>de</strong>r Entwicklungen<br />
in <strong>de</strong>r Wirtschaft allgemein ein. Und: Was sind unsere<br />
Zielgruppen? Wen wollen wir mit unserer Arbeit ansprechen,<br />
wen wollen wir erreichen? Wir betrachten diverse Bereiche im<br />
Unternehmen, vor allem die Personalbedarfsplanung – das ist<br />
für uns ein dominieren<strong>de</strong>s Thema: Wie war die Auslastung?<br />
Wie viel Personal wur<strong>de</strong> dafür benötigt? Waren die Mitarbeiter<br />
voll beschäftigt? Wir analysieren auch Umsatzdaten und<br />
entschei<strong>de</strong>n, was in welchem Bereich für eine Optimierung<br />
getan wer<strong>de</strong>n muss. Zu<strong>de</strong>m berücksichtigen wir neue Techniken:<br />
Was wird in Zukunft nachgefragt? Was könnte künftig<br />
ein attraktiver Markt für uns sein? Orientierung fi n<strong>de</strong>n wir bei<br />
unseren Kun<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>ren Bedürfnissen.<br />
Für uns ist es beson<strong>de</strong>rs schwierig, die Balance zu fi n<strong>de</strong>n, in<br />
welche Richtung man geht: Mehr Umsatz zu wollen, be<strong>de</strong>utet<br />
mehr Personal und damit mehr Kosten. Lei<strong>de</strong>r heißt eine Umsatzsteigerung<br />
nicht auch mehr Gewinn. Im Gegenteil: Aus<br />
unserer Erfahrung braucht weniger Umsatz weniger Personal<br />
– und weniger Kosten. O<strong>de</strong>r als persönliches Druckszenario:<br />
Weniger Auftragsbedarf und mehr Flexibilität bei <strong>de</strong>r Preisge-<br />
privat<br />
staltung.“ Fotos:<br />
28 ProFirma 04 2012
Reinhold Beck (rechts im Bild, mit einem Mitarbeiter) sorgt sich<br />
in seinem Handwerksbetrieb um die Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Markts.<br />
Unternehmerstrategie V:<br />
<strong>Fokus</strong> „Fortschritt“<br />
Martin Langer, Brain AG, Zwingenberg,<br />
100 Mitarbeiter<br />
„Wir versuchen, als Hightech-Unternehmen ständig am Puls<br />
<strong>de</strong>r Zeit zu sein – das ist unsere einzige Chance, um zu überleben.<br />
Wir müssen kontinuierlich neue Technologien i<strong>de</strong>ntifi -<br />
zieren und ins Unternehmen holen. Gera<strong>de</strong> als Mittelständler<br />
müssen wir dauernd am Ball bleiben. Bei uns heißt das, nicht<br />
nur mit <strong>de</strong>m Technologie- und Innovationszug mitzufahren,<br />
son<strong>de</strong>rn seine Richtung aktiv mitzusteuern.<br />
Neben Forschungs- und Entwicklungskooperationen treiben<br />
wir eigene Entwicklungen zu Produkten voran. Unser Anspruch<br />
dabei: Den iPhone-Effekt in unsere Märkte zu übertragen<br />
– wir wollen Dinge ganz neu <strong>de</strong>nken. Wir wer<strong>de</strong>n von vielen<br />
unserer Kun<strong>de</strong>n als Think tank für die chemische Industrie<br />
wahrgenommen. Aus diesem Grund atmet das ganze Unternehmen<br />
‚Strategie‘. Je<strong>de</strong>r darf mit<strong>de</strong>nken, je<strong>de</strong> I<strong>de</strong>e wird ernst<br />
genommen. Unsere Mitarbeiter sind zu zwei Dritteln Aka<strong>de</strong>miker,<br />
<strong>de</strong>r Rest erfahrene, hochqualifi zierte Laboranten.<br />
I<strong>de</strong>en können bei Brain an vielen Stellen geäußert wer<strong>de</strong>n und<br />
wer<strong>de</strong>n belohnt.<br />
ProFirma 04 2012<br />
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Unternehmensführung – Titelthema<br />
Alle Mitarbeiter treffen sich wöchentlich, um Know-how aus-<br />
Anke<br />
zutauschen. Das Leitungsteam aus Vorstand und zweiter Füh-<br />
Schmietainski<br />
rungsebene, also Unit-Leiter und wir vom Corporate Development,<br />
diskutiert alle zwei Wochen Innovationen, betrachtet<br />
Entwicklungen, macht Science-Controlling. Regelmäßig re<strong>de</strong>n<br />
wir dabei auch über unsere Strategie, über I<strong>de</strong>en und Produkte,<br />
Kooperationsgeschäfte, Vertragsverhandlungen und<br />
Organisationsentwicklung. Diese Gespräche sind expliziter<br />
Teil unserer Wertschöpfung. Ein Mal pro Jahr fi n<strong>de</strong>t in einem<br />
Kamingespräch die Ausrichtung <strong>de</strong>s großen Ganzen statt.<br />
Dort haben wir beispielsweise vor fünf Jahren entschie<strong>de</strong>n, in<br />
<strong>de</strong>n Aufbau eigener Entwicklungsarbeiten zu investieren. Aus<br />
heutiger Sicht ist das eine sehr erfolgreiche Strategie.“ Unternehmerstrategie VI:<br />
<strong>Fokus</strong> „Nische“<br />
Anke Schmietainski, Altamedinet GmbH,<br />
Hemmingen, acht Mitarbeiter<br />
Martin Langer<br />
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„Wir erwägen unterschiedliche Optionen für die Zukunft,<br />
aber auch wir haben keine Glaskugel. Lei<strong>de</strong>r ist bei Altamedinet<br />
wie bei allen kleinen Unternehmen das Zeitbudget für<br />
diese Aufgabe äußerst begrenzt. Ihre Wichtigkeit wird zwar<br />
erkannt, die Zwänge im Tagesgeschäft lassen aber oft nicht<br />
zu, dass die strategischen Themen <strong>de</strong>n Raum bekommen, <strong>de</strong>n<br />
sie benötigen.<br />
Strategieentwicklung heißt Positionsbestimmung: Wo ist<br />
unser Platz mit unseren individuellen Unternehmensstärken,<br />
an <strong>de</strong>m wir als Firma wachsen können? Ausgangspunkt<br />
sind unsere Stärken und die Bedürfnisse unserer Kun<strong>de</strong>n. Die<br />
Kombination aus bei<strong>de</strong>m liefert Leitlinien für die Strategieentwicklung.<br />
Das Wettbewerbsumfeld ist nur ein leicht orientieren<strong>de</strong>r<br />
Faktor am Ran<strong>de</strong>.<br />
Aus <strong>de</strong>r Engpasskonzentrierten Strategie (EKS) haben wir <strong>de</strong>n<br />
Mut zur Spezialisierung gezogen und uns zur Werbeagentur<br />
für Komplementärmedizin entwickelt. Natürlich hatten wir<br />
am Anfang Angst vor einer Einschränkung <strong>de</strong>s Zielmarktes.<br />
Doch immer wenn wir ein breiteres Feld ausprobiert haben,<br />
sind wir auf die Nische zurückgekommen. Man kann seine<br />
Strategie erkennen, und dann muss man ihr mutig und konsequent<br />
treu bleiben. Heute wissen wir: Je mehr wir unserer<br />
eigenen Strategie vertrauen, <strong>de</strong>sto eher entgehen wir einer<br />
Preisdiskussion. Wir brennen, um zu leuchten – und um unser<br />
Licht zu zeigen!<br />
Unsere Strategie entsteht im Gesellschafterkreis. Wo ich selbst<br />
Schwächen habe, haben die an<strong>de</strong>ren Stärken – das führt zu<br />
kontroversen und konfrontativen Diskussionen, die letztlich<br />
durch unterschiedliche Interpretationen zu unterschiedlichen<br />
strategischen Optionen führen. So ergänzen und optimieren<br />
wir uns – und fi n<strong>de</strong>n dann einen gemeinsamen Weg.“<br />
Weiterführen<strong>de</strong> Links: www.helfrecht.<strong>de</strong> unter: „Wertvolles für <strong>de</strong>n berufl ichen und unternehmerischen Erfolg“, Checklisten und Wissenswertes zu Ziel-<br />
und Strategieplanung; www.managerseminare.<strong>de</strong> Artikel „Das Geheimnis Ihres Erfolgs“, Studie: Inwieweit sind Haltung und Verhalten <strong>de</strong>r Manager für die<br />
vergleichsweise guten Zahlen <strong>de</strong>s Mittelstands in schlechten Zeiten verantwortlich?; www.wolfgangmewes.<strong>de</strong> <strong>de</strong>r „Vater“ <strong>de</strong>r engpasskonzentrierten Strategie,<br />
Informationen rund um das Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r engpasskonzentrierten Startegie; www.perspektive-mittelstand.<strong>de</strong> Artikel „Sich als KMU im Markt erfolgreich positionieren“,<br />
Sieben Schritt zur erfolgreichen Entwicklung einer Strategie, Werner Bayer, Christoph Beck: Strategie und Planung, mi-Verlag, 2007, 28 Erfolgsbausteine<br />
aus <strong>de</strong>m Hause Helfrecht für eine zukunftsorientierte Unternehmensführung.<br />
30 ProFirma 04 2012<br />
Fotos: privat
Vom ethischen Han<strong>de</strong>ln im Geschäftsleben war in dieser Kolumne<br />
schon öfters die Re<strong>de</strong>. Heute soll es um die Frage gehen,<br />
ob ethisches Han<strong>de</strong>ln eigentlich ein heimliches Erfolgsrezept<br />
ist o<strong>de</strong>r ob die ethisch fundierte Geschäftsführung, die<br />
sich nach eigenen o<strong>de</strong>r übernommenen Prinzipien ausrichtet,<br />
auch mit Kosten und mit Schmerzen verbun<strong>de</strong>n sein kann.<br />
Das Magazin Harvard Business Manager widmete im vorigen<br />
Jahr zehn Seiten <strong>de</strong>m Thema Ethik im Business. Es ging dabei<br />
um die Frage, ob es wohl möglich sei, im Geschäftsleben immer<br />
(o<strong>de</strong>r je<strong>de</strong>nfalls fast immer) ethisch zu han<strong>de</strong>ln und trotz<strong>de</strong>m<br />
erfolgreich zu sein o<strong>de</strong>r zu bleiben. Hochinteressant. Es<br />
gab kluge Gedanken, aber keine einfachen Antworten.<br />
Seit <strong>de</strong>n Veröffentlichungen <strong>de</strong>s Soziologen Max Weber zu<br />
Beginn <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts wissen wir, dass Wertesysteme<br />
und ethische Normen auch etwas mit wirtschaftlichem Han<strong>de</strong>ln<br />
und mit Erfolg zu tun haben. Religiöse und kulturelle<br />
Traditionen sind eben nicht nur Schall und Rauch, son<strong>de</strong>rn<br />
sie prägen – bewusst o<strong>de</strong>r unbewusst – das Denken und Han<strong>de</strong>ln<br />
<strong>de</strong>r Akteure. Das gilt sogar dann, wenn die han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />
Personen diese geistesgeschichtlichen Wurzeln nicht mehr<br />
bewusst kennen o<strong>de</strong>r benennen können. Die wirtschaftliche<br />
Entwicklung ganzer Staaten und Erdteile wird davon beeinfl<br />
usst. Die Erfolgreichen haben diese Position nicht nur, weil<br />
sie wertvolle Bo<strong>de</strong>nschätze o<strong>de</strong>r eine i<strong>de</strong>ale Infrastruktur aufweisen<br />
– manchmal ist das Gegenteil <strong>de</strong>r Fall. Sie sind erfolgreich,<br />
weil ihre Kultur Leistung för<strong>de</strong>rt und belohnt.<br />
Was verstehen wir eigentlich heute unter ethischem Han<strong>de</strong>ln<br />
im Geschäftsleben? In erster Linie sind es Tugen<strong>de</strong>n, die etwas<br />
altmodisch anmuten. Begegnet man ihnen aber in <strong>de</strong>r Praxis,<br />
ist man in <strong>de</strong>r Regel sehr froh über ihre Existenz und genießt<br />
sie. Wo sie nicht anzutreffen sind, wird das Geschäftsleben<br />
erschwert. Einige Beispiele: Verlässlichkeit, Respekt vor an<strong>de</strong>ren<br />
Menschen und ihrer Leistung, Klarheit und Wahrheit im<br />
ProFirma 04 2011<br />
Quer<strong>de</strong>nker<br />
Martin Beck Der Unternehmensberater<br />
ist Großhan<strong>de</strong>lskaufmann, Diplom-<br />
Betriebswirt (FH) und Honorarprofessor<br />
an <strong>de</strong>r Hochschule Nürtingen.<br />
www.prof-beck.net<br />
Tut ethisches Han<strong>de</strong>ln weh?<br />
Von Professor Martin Beck<br />
Re<strong>de</strong>n und Tun, Transparenz von Entscheidungsprozessen<br />
und Interessen, also eigentlich traditionelle Kaufmannstugen<strong>de</strong>n,<br />
wie wir sie bei Thomas Mann in <strong>de</strong>n „Bud<strong>de</strong>nbrooks“<br />
in vielen Facetten nachlesen können. Große Firmen, die ihre<br />
weltweiten Aktivitäten auch wegen <strong>de</strong>r kulturellen Unterschie<strong>de</strong><br />
nur mühsam und mit mancherlei Kompromissen zusammenhalten<br />
können, setzen heute auch auf „Compliance“.<br />
Das ist zwar noch nicht direkt Ethik, aber die freiwillige und<br />
aktive Beachtung von Gesetzen und Regelwerken, wie man<br />
Compliance vereinfacht beschreiben könnte, hat eine ganz<br />
ähnliche Wirkung: Sie schafft Vertrauen, sie stiftet Verlässlichkeit<br />
und damit die Basis für eine ge<strong>de</strong>ihliche geschäftliche<br />
Zusammenarbeit.<br />
Die jeweilige Geschäftsethik kann religiös o<strong>de</strong>r philosophisch<br />
o<strong>de</strong>r politisch begrün<strong>de</strong>t sein. Für diejenigen, die von einer soli<strong>de</strong>n<br />
ethischen Grundlage profi tieren, zum Beispiel die Mitarbeiter,<br />
die Kun<strong>de</strong>n und die Lieferanten, ist die Grundlegung<br />
nicht so wichtig. Viel wichtiger ist ihnen die Praxis, vor allem<br />
die Handlungspraxis <strong>de</strong>r Führungsleute. Sie sind Vorbil<strong>de</strong>r –<br />
im Guten wie im Schlechten.<br />
Wer als Unternehmer nicht nur um je<strong>de</strong>n Preis Geld machen<br />
will, wer sich morgens freundlich im Spiegel anschauen können<br />
will, wer nachhaltig und vielleicht über Generationen hinweg<br />
Geschäfte betreiben und sichern will, <strong>de</strong>r muss manchmal<br />
auch einen Preis für seine standhafte Haltung zahlen. Der<br />
Preis kann hoch sein und Geld kosten, er kann aber auch ganz<br />
diskret zu zahlen sein, zum Beispiel angesichts überlegen lächeln<strong>de</strong>r<br />
Konkurrenten o<strong>de</strong>r erfolgsorientierter Mitarbeiter,<br />
die nicht verstehen, warum <strong>de</strong>r Chef (wie<strong>de</strong>r) eine einmalige<br />
Chance sausen lässt. Da muss man durch, wenn man Werte<br />
respektiert und sie auch leben will! Und wahrscheinlich<br />
stimmt am En<strong>de</strong> auch die Balance zwischen Geld und Gefühl.<br />
Das ist dann das Optimum.<br />
Kolumne<br />
31
Unternehmensführung – Vertrieb<br />
Roundtable<br />
„Der Vertrieb braucht Strategie“<br />
Deutschlands Verkaufsorganisationen müssen besser wer<strong>de</strong>n, for<strong>de</strong>rn Vertriebsmanager<br />
und Unternehmensberater im Expertengespräch. Doch vielen Firmen fehlen<br />
eine klare Strategie und entsprechen<strong>de</strong> Metho<strong>de</strong>n. DAS GESPRÄCH FÜHRTE KLAUS DIETZEL.<br />
DIE TEILNEHMER<br />
Jörg Ayrle, CFO bei Osram Specialty<br />
Lighting, München<br />
Norbert Barnikel, geschäftsführen<strong>de</strong>r<br />
Gesellschafter bei Drow Group, Nürnberg<br />
Dr. Christoph Jaschinski, Geschäftsführer<br />
bei Voith Industrial Services<br />
Ltd. & Co. KG, Stuttgart<br />
Siegfried Kreuzer, Geschäftsführer<br />
bei KP2 GmbH, Amberg<br />
Sam Reese, CEO bei Miller Heiman Inc.,<br />
Reno, USA<br />
Professor Dr.-Ing. Ulrich Rudolph,<br />
Professor für Projekt- und Innovationsmanagement,<br />
Hochschule für Technik<br />
und Wirtschaft Berlin (HTW), Berlin<br />
Dr. Katja Unkel, Management<br />
Consultant & Trainer, St. Gallen<br />
Marcel Woiton, Sales Director &<br />
Managing Director bei Rockwell<br />
Automation GmbH Germany, Haan<br />
Sorgen um die europäischen Schul<strong>de</strong>nstaaten,<br />
Angst vor Infl ation und <strong>de</strong>m<br />
Zerfall <strong>de</strong>s Euro: Der <strong>de</strong>utschen Wirtschaft<br />
könnte ein Abschwung drohen.<br />
Was kommt da auf <strong>de</strong>n Vertrieb zu?<br />
Kreuzer: Der nächste Abschwung<br />
kommt wahrscheinlich früher, als wir<br />
<strong>de</strong>nken. Der Verkauf hat in einer Krise<br />
Jörg Ayrle Norbert Barnikel<br />
eine beson<strong>de</strong>rs wichtige Aufgabe, weil<br />
er die Schnittstelle zum Kun<strong>de</strong>n ist. In<br />
wirtschaftlich guten Zeiten müssen Unternehmen<br />
im Verkauf daher gute Beziehungen<br />
zu ihren Kun<strong>de</strong>n aufbauen,<br />
die ihnen in schlechten Zeiten helfen.<br />
Woiton: Das ist richtig. Denn eine gute<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehung übersteht auch einen<br />
schweren Sturm. In schwierigen<br />
Zeiten sollten Unternehmen – allen<br />
Kostensenkungen zum Trotz – zwei<br />
Bereiche auf hohem Niveau belassen:<br />
Die Entwicklung neuer Produkte o<strong>de</strong>r<br />
Dienstleistungen sowie die Verkaufsabteilungen,<br />
die die Kontakte zu <strong>de</strong>n<br />
Kun<strong>de</strong>n aufbauen. Wenn bei<strong>de</strong> hohe<br />
Leistungen bringen, können Unternehmen<br />
ihre Marktanteile ausbauen – das<br />
gilt in Krisenzeiten umso mehr.<br />
Barnikel: Der Kun<strong>de</strong> ist wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n<br />
Mittelpunkt gerückt – das ist gut so. Unternehmen<br />
sollten sich ihre Kun<strong>de</strong>n genauer<br />
anschauen. Soziale Medien sind<br />
eine tolle Möglichkeit, um dies zu tun.<br />
Insofern sollten die Firmen lernen, diese<br />
ProFirma<br />
Round Table<br />
neuen Werkzeuge, die das Web 2.0 bereithält,<br />
richtig zu nutzen.<br />
Da hört man mal wie<strong>de</strong>r heraus, dass<br />
die Verkaufsabteilung eines Unternehmens<br />
<strong>de</strong>n größten strategischen Wert<br />
darstellt. Das scheint nicht immer so<br />
klar zu sein ...<br />
Reese: Ja, das ist lei<strong>de</strong>r so. Von ganzheitlichen<br />
Konzepten und strategischen<br />
Ansätzen ist im Vertrieb vielfach nichts<br />
zu sehen. Eine gute Kun<strong>de</strong>nbeziehung<br />
allein reicht nicht aus. Die Beziehung ist<br />
eine Sache, aber sie kann nur stark sein,<br />
wenn <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> auch die Ergebnisse erhält,<br />
die er braucht. Das ist wahre Kun<strong>de</strong>norientierung.<br />
Haben die Verkäufer dies auf breiter<br />
Ebene verinnerlicht?<br />
Reese: Lei<strong>de</strong>r nicht. Wenn Verkäufer<br />
Angebote machen und Preisnachlässe<br />
gewähren, <strong>de</strong>nken sie, das sei nützlich<br />
und beschleunige <strong>de</strong>n Verkaufsprozess.<br />
key2performance.com<br />
Doch das stimmt selten mit <strong>de</strong>n Zielen Fotos:<br />
32 ProFirma 04 2012
<strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n überein. Wenn <strong>de</strong>r Vertrieb<br />
wirklich nach einem Katalysator sucht,<br />
um <strong>de</strong>n Deal zu beschleunigen, muss er<br />
die Strategie <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n verinnerlichen.<br />
Unternehmen und Verkaufsteams, die<br />
das verstan<strong>de</strong>n haben, sind echte kun<strong>de</strong>nzentrierte<br />
Verkaufsorganisationen.<br />
Sie wer<strong>de</strong>n diejenigen sein, die sich<br />
auch unter schwierigen Bedingungen<br />
verbessern können.<br />
Viele <strong>de</strong>utsche Unternehmen lei<strong>de</strong>n an<br />
einem Wi<strong>de</strong>rspruch. Sie stellen tolle<br />
Produkte her, aber wenn es um <strong>de</strong>n Ver-<br />
kauf und die Markteinführung geht, sind<br />
an<strong>de</strong>re viel stärker. Was läuft falsch?<br />
Rudolph: Das ist eine Schlüsselfrage.<br />
Denn bei aller Hochwertigkeit <strong>de</strong>utscher<br />
Produkte darf man nicht vergessen, dass<br />
die aufstreben<strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>r in Asien mit<br />
ihren Produkten und Dienstleistungen<br />
immer besser wer<strong>de</strong>n. Aber wenn sie<br />
sich in ihrer Qualität annähern, kann<br />
das Verkaufspersonal <strong>de</strong>n entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Unterschied ausmachen.<br />
Kreuzer: Wir haben vielfach die besten<br />
Produkte und sind sehr wettbewerbsfähig<br />
auf <strong>de</strong>m Weltmarkt. Sicherlich <strong>de</strong>shalb<br />
konzentrieren sich Unternehmen<br />
nicht auf die Vertriebsproduktivität – es<br />
ist für sie viel einfacher, Optimierungen<br />
in <strong>de</strong>r Produktion herbeizuführen. Man<br />
dreht ein paar Schrauben, und schon<br />
hat man etwas verbessert. Das ist im<br />
Verkauf an<strong>de</strong>rs. Da haben die Unternehmen<br />
nicht so transparente Systeme<br />
wie in <strong>de</strong>r Produktion. Der Vertrieb ist<br />
relativ undurchsichtig. Wir brauchen<br />
da mehr Transparenz.<br />
ProFirma 04 2012<br />
Wie sollten die Führungskräfte im Vertrieb<br />
agieren?<br />
Kreuzer: Vielleicht sollten sie weniger<br />
Mitarbeiter managen. Wir haben in einer<br />
weltweiten Umfrage ermittelt, wie<br />
die besten Verkaufsorganisationen mit<br />
ihren Verkaufsteams umgehen: Der Unterschied<br />
zwischen <strong>de</strong>n besten und <strong>de</strong>n<br />
weniger guten Verkaufsorganisationen<br />
ist unglaublich. Die Zahlen zeigen, dass<br />
in normalen Unternehmen rund 20 Prozent<br />
<strong>de</strong>r Verkaufsleiter genügend Zeit<br />
mit ihren direkt unterstellten Mitarbeitern<br />
verbringen, während es die besten<br />
Muss die Denkweise im Verkauf also<br />
unternehmerischer wer<strong>de</strong>n? Und sollte<br />
das Management dies vorantreiben?<br />
Unkel: Für mich ist Management die<br />
Umwandlung von Ressourcen in Ergebnisse<br />
– egal, ob im Verkauf, im Marketing<br />
o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Entwicklung. Wenn<br />
Unternehmen Verkäufer mit guter<br />
Struktur in <strong>de</strong>n Verkaufsprozessen und<br />
wahrer Lei<strong>de</strong>nschaft für <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n<br />
haben wollen, müssen sie für Verän<strong>de</strong>rungen<br />
sorgen. Da muss das oberste<br />
Management ansetzen.<br />
Rudolph: Das sehe ich ähnlich: Das<br />
Dr. Christoph Jaschinski Siegfried Kreuzer Professor Dr.-Ing. Ulrich Rudolph<br />
Verkaufsorganisationen auf über 75<br />
Prozent bringen. Zwischen Flensburg<br />
und Füssen waren es gera<strong>de</strong> 15 Prozent<br />
<strong>de</strong>r Verkaufsleiter, die genügend Zeit<br />
für die Belange ihrer Teams aufbringen.<br />
Wäre es <strong>de</strong>mnach für <strong>de</strong>utsche Unternehmen<br />
ratsam, ihren Vertrieb zu verringern?<br />
Unkel: Auf keinen Fall. Es geht nicht<br />
um weniger Mitarbeiter im Vertrieb, es<br />
geht um weniger direkt unterstellte Mitarbeiter.<br />
Kreuzer: Ja, eine bessere Struktur ist<br />
vonnöten. Niemand kann mit 24 direkt<br />
unterstellten Mitarbeitern arbeiten –<br />
egal, auf welcher Ebene eines Unternehmens.<br />
Reese: In <strong>de</strong>n Verkaufsorganisationen<br />
braucht es ein gemeinsames Vokabular.<br />
Es wer<strong>de</strong>n Tools benötigt, auf <strong>de</strong>ren<br />
Basis alle beteiligten Verkaufsteams zusammenarbeiten.<br />
Und es braucht Prozesse,<br />
die die Vertriebsmanager dann<br />
leiten können.<br />
Top-Management muss die Führung<br />
übernehmen. Doch es ist nicht damit<br />
getan, die Mitarbeiter in Schulungen<br />
und Weiterbildungsmaßnahmen zu<br />
schicken. Man muss die Denkweise <strong>de</strong>r<br />
Mitarbeiter in <strong>de</strong>n Verkaufsorganisationen<br />
verän<strong>de</strong>rn.<br />
Ayrle: Kein Unternehmen kann Hun<strong>de</strong>rte<br />
lei<strong>de</strong>nschaftlich engagierte<br />
Verkaufsmitarbeiter haben. Deshalb<br />
möchte ich auf die organisatorische<br />
Perspektive zurückkommen. Es geht<br />
um die Frage, wie <strong>de</strong>r Verkaufsprozess<br />
bestmöglich gemanagt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Dazu brauchen Unternehmen ein<br />
gutes Performance Measurement. Verkaufsorganisationen<br />
ohne klares Kontrollsystem<br />
ihrer Kennzahlen wer<strong>de</strong>n<br />
sich nicht verbessern. Unternehmen<br />
brauchen ganz klare Key-Performance-<br />
Indizes (KPI) – Berichtsbögen, die wöchentlich,<br />
monatlich, im Quartal o<strong>de</strong>r<br />
jährlich ausgewertet wer<strong>de</strong>n. Nur dann<br />
wird sich die Verkaufsorganisation verbessern.<br />
33
Unternehmensführung – Vertrieb<br />
Aktuelle Studien prophezeien, dass<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehungsmanagement für die<br />
Unternehmen an Be<strong>de</strong>utung gewinnen<br />
wird. Sind CRM-Systeme für die Mitarbeiter<br />
im Verkauf wirklich hilfreich?<br />
Unkel: Dazu waren sie je<strong>de</strong>nfalls gedacht.<br />
Aber wie bei allen an<strong>de</strong>ren Tools<br />
gilt auch hier, dass sie nur so gut sein<br />
können wie <strong>de</strong>r Anwen<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r sie benutzt.<br />
Ich kann nicht vollständig alle<br />
CRM-Systeme auf <strong>de</strong>m Markt beurteilen.<br />
Aber ich habe zahlreiche Anwendungen<br />
gesehen – und die meisten haben<br />
mich nicht überzeugt. Es ist eine<br />
Sam Reese<br />
Herausfor<strong>de</strong>rung, die Verkaufsmitarbeiter<br />
dazu zu bringen, Informationen<br />
in diese Tools einzugeben. Der Einsatz<br />
dieser CRM-Systeme mag nützlich sein.<br />
Aber nur, wenn die Vertriebsmitarbeiter<br />
sie auch mit wenig Aufwand einsetzen<br />
können.<br />
Rudolph: Da stimme ich vollends zu.<br />
Wenn die Verkäufer durch das Befüllen<br />
von CRM-Systemen mit Informationen<br />
von ihrer eigentlichen Arbeit, <strong>de</strong>m Verkauf,<br />
abgehalten wer<strong>de</strong>n, ist <strong>de</strong>n Unternehmen<br />
nicht geholfen. Dann wird<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehungsmanagement ad absurdum<br />
geführt.<br />
Ayrle: Die Verkäufer jammern auf hohem<br />
Niveau. Auch wenn sie oft beim<br />
Kun<strong>de</strong>n sein sollen, kann man doch von<br />
ihnen verlangen, ihre Informationen in<br />
die Verkaufsorganisationen zurückzuspielen.<br />
Es ist mehr als in Ordnung,<br />
wenn die Verkäufer am En<strong>de</strong> eines Tages<br />
eine Stun<strong>de</strong> damit verbringen, Protokolle<br />
über Geschäftstermine zu verfassen.<br />
Das müssen an<strong>de</strong>re Unternehmensbe-<br />
reiche auch. Warum also nicht die Mitarbeiter<br />
in <strong>de</strong>n Sales-Teams? Gebt <strong>de</strong>n<br />
Verkäufern nicht nur einen Firmenwagen,<br />
gebt ihnen ein CRM-Tool!<br />
Jaschinski: Wichtig erscheint mir<br />
auch, dass ein CRM-Tool vielfach nicht<br />
nur ein Tool für das Management von<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehungen ist, son<strong>de</strong>rn auch<br />
als Kontroll-Tool durch das höhere<br />
Management eingesetzt wird. In einem<br />
solchen Fall kann CRM nicht funktionieren.<br />
Reese: Die neue Generation an CRM-<br />
Systemen ist einfacher zu bedienen.<br />
Dr. Katja Unkel Marcel Woiton<br />
SAP und Oracle haben dies begriffen.<br />
Auch Salesforce.com hat erkannt, dass<br />
<strong>de</strong>r Verkaufsmitarbeiter einen Nutzen<br />
durch das CRM-System haben muss.<br />
Da kommt eine große Verän<strong>de</strong>rung auf<br />
uns zu. Die Verkaufsmitarbeiter wer<strong>de</strong>n<br />
etwas zurückbekommen, wenn sie ihre<br />
Daten in ein CRM-System eingeben.<br />
Den Win-win-Aspekt haben die CRM-<br />
Hersteller inzwischen berücksichtigt.<br />
Wagen wir einen Blick in die Zukunft:<br />
Was wird sich in Vertrieb und Verkauf<br />
in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahren än<strong>de</strong>rn?<br />
Reese: Derzeit fi n<strong>de</strong>t eine Aufspaltung<br />
statt zwischen Unternehmen,<br />
die sich auf die Automatisierung <strong>de</strong>s<br />
Verkaufsprozesses konzentrieren, und<br />
Firmen, die sich auf eine hochwertige<br />
Geschäftsentwicklung konzentrieren<br />
und <strong>de</strong>n Verkaufsmitarbeitern dazu die<br />
nötigen Ressourcen geben. Allen Automatisierungsbestrebungen<br />
zum Trotz<br />
– das Wichtigste für mich ist immer<br />
noch, wie man die Leute dazu bringt,<br />
die Fähigkeiten <strong>de</strong>s Unternehmens mit<br />
<strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n zusammenzubringen.<br />
Das braucht Talent,<br />
Können und handwerkliches Geschick.<br />
Jaschinski: Erstens frage ich mich, wie<br />
die neuen Business-Intelligence-Tools<br />
<strong>de</strong>n Verkaufsprozess verän<strong>de</strong>rn wer<strong>de</strong>n.<br />
Darauf habe ich <strong>de</strong>rzeit keine Antwort.<br />
Zweitens: Das Thema Compliance wird<br />
in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahren im Vertrieb<br />
an Be<strong>de</strong>utung gewinnen. Wie kann<br />
man angesichts rigi<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r<br />
Compliance-Regeln noch die Nähe zum<br />
Kun<strong>de</strong>n beibehalten? Dritter Punkt: Ist<br />
unser westlicher Ansatz im Verkauf für<br />
die Zukunftsmärkte wie China, Indien,<br />
Russland o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re aufstreben<strong>de</strong> Regionen<br />
noch zeitgemäß?<br />
Unkel: Beson<strong>de</strong>rs wichtig erscheint<br />
mir, dass Unternehmen weiter versuchen<br />
sollten, <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Mittelpunkt<br />
ihres Han<strong>de</strong>lns zu stellen. Dann<br />
kann wenig schiefgehen. Wenn die Führungskräfte<br />
im Vertrieb ihren Verkaufsmitarbeitern<br />
dann noch eine hilfreiche<br />
Struktur geben, müsste es mit <strong>de</strong>m<br />
Teufel zugehen, wenn die Sales-Teams<br />
nicht nachhaltig Erfolge erzielen.<br />
Barnikel: Die sozialen Medien wer<strong>de</strong>n<br />
in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahren eine große<br />
Chance bieten. Nicht nur für das Marketing,<br />
son<strong>de</strong>rn auch für <strong>de</strong>n Vertrieb.<br />
Woiton: Vor allem müssen wir uns auf<br />
die Bedürfnisse <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n und seine<br />
Strategie konzentrieren – heute und<br />
morgen. Und wir müssen immer mit einer<br />
gewissen Ungewissheit leben. Auch<br />
in diesen schnelleren Wirtschaftszyklen.<br />
34 ProFirma 04 2012
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O<strong>de</strong>r direkt unter www.bran<strong>de</strong>ins.<strong>de</strong>
Unternehmensführung – Vertrieb<br />
Verkaufsgespräche<br />
Der Kostendrücker kommt<br />
Bei <strong>de</strong>r Beschaffung geben inzwischen in vielen Unternehmen professionelle Einkäufer<br />
statt Fachabteilungen <strong>de</strong>n Ton an. Mittelständische Lieferanten müssen sich auf kritische<br />
Fragen zu <strong>de</strong>n Preisen und auf härtere Verhandlungen vorbereiten. VON STEFAN BOTTLER<br />
Wenn Vertriebsmitarbeiter <strong>de</strong>r Weber<br />
Hydraulik GmbH in Güglingen die<br />
Kun<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Lkw-, Gabelstapler- und<br />
Landmaschinenindustrie von ihren Produkten<br />
überzeugen wollen, sprechen<br />
sie in <strong>de</strong>r Regel mit Geschäftsführern<br />
und Produktmanagern. In jüngster Zeit<br />
treten aber zusätzlich an<strong>de</strong>re leiten<strong>de</strong><br />
Angestellte als Verhandlungsführer auf<br />
– Einkäufer, die streng auf die Kosten<br />
achten, auf Sofortlieferung bestehen und<br />
beson<strong>de</strong>re Zusatzservices wünschen.<br />
„Viele Gesprächspartner for<strong>de</strong>rten außer<strong>de</strong>m<br />
Auskunft, wie unser Haus sicherstellt,<br />
dass bei allen geschäftlichen<br />
Entscheidungen gelten<strong>de</strong> Gesetze und<br />
Normen beachtet wer<strong>de</strong>n“, berichtet<br />
Vorstand Frank Schmid. Gewünscht<br />
war ein „Co<strong>de</strong> of Conduct“, dass Weber<br />
Hydraulik keine Bestechungsversuche<br />
dul<strong>de</strong>t, im Wettbewerb kartellrechtlich<br />
einwandfrei agiert und sich auch beim<br />
Umwelt- und Arbeitsschutz nichts zuschul<strong>de</strong>n<br />
kommen lässt.<br />
Als Konsequenz trat das Unternehmen<br />
<strong>de</strong>r Compliance-Initiative <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverbands<br />
Materialwirtschaft, Einkauf<br />
und Logistik (BME) bei, die zahlreiche<br />
Konzerne unterstützen. Weitaus<br />
schwieriger fi elen Antworten auf Preis-<br />
und Lieferwünsche aus, die überzogen<br />
wirkten. Anfang vorigen Jahres formulierte<br />
Weber Hydraulik seine Verkaufs-<br />
und Lieferkonditionen neu: Liefertermine<br />
wer<strong>de</strong>n entsprechend verlängert,<br />
wenn aus Grün<strong>de</strong>n, die nicht von We-<br />
ber zu vertreten sind, „technische Probleme<br />
bzw. Fragen“ auftreten, heißt<br />
es da unter an<strong>de</strong>rem: Wenn Einkäufer<br />
allein verhan<strong>de</strong>ln, bleibt erfahrungsgemäß<br />
manches Fachthema offen.<br />
Eine neue Macht im Unternehmen<br />
Mit solchen Erkenntnissen stehen die<br />
Schwaben nicht allein da. Im Einkauf<br />
liegt <strong>de</strong>r Gewinn, heißt es. Viele Konzerne<br />
nehmen dieses uralte Sprichwort<br />
neuerdings sehr ernst und haben als<br />
Folge <strong>de</strong>r vorigen Wirtschaftskrise eine<br />
zentrale Einkaufsabteilung aufgebaut,<br />
die auch die Etats von Nie<strong>de</strong>rlassungen<br />
und Fachabteilungen verantwortet –<br />
egal, ob Sanitärartikel, Werkzeuge,<br />
Produktzubehör o<strong>de</strong>r Maschinen angeschafft<br />
wer<strong>de</strong>n. Bei nahezu je<strong>de</strong>m<br />
Lieferantengespräch hat <strong>de</strong>r Einkauf<br />
die Fe<strong>de</strong>rführung. In manchen Konzernen<br />
verantwortet er fast zwei Drittel<br />
<strong>de</strong>r Jahresetats. Vor wenigen Jahren<br />
war meistens die Fachabteilung erster<br />
Ansprechpartner. Wenn es um hohe<br />
Summen o<strong>de</strong>r Schlüsselinvestitionen<br />
ging, schaltete sich auch die Geschäfts-<br />
führung ein. Der Einkauf hingegen<br />
kümmerte sich um Lieferfristen, Rechnungsprüfungen<br />
und an<strong>de</strong>re nachgeordnete<br />
Vorgänge.<br />
Heute jedoch setzen immer mehr Konzerne<br />
<strong>de</strong>n Einkauf als Schlüsselabteilung<br />
gegen Kostensteigerungen an. Wenn<br />
<strong>de</strong>ssen Mitarbeiter niedrigere Preise,<br />
Mengenrabatte o<strong>de</strong>r längere Zahlungsfristen<br />
durchsetzen, erhalten sie häufi g<br />
Prämien. Auch kurze Lieferfristen gelten<br />
als probates Mittel, weil dies Lagerkosten<br />
reduziert. Die Folgen bekommt<br />
„Auch kleine Lieferanten müssen zunehmend<br />
beim Thema Compliance Flagge zeigen.“<br />
SEBASTIAN SCHRÖDER, BME, FRANKFURT<br />
mancher Lieferant in Euro und Cent zu<br />
spüren. „Wir haben wie<strong>de</strong>rholt Aufträge<br />
verloren, weil wir unsere Vorlaufzeiten<br />
nicht verkürzen konnten“, sagt Daniela<br />
Albrecht, Inhaberin <strong>de</strong>s gleichnamigen<br />
Feinwerkmechanikunternehmens in<br />
Planegg bei München. „Von <strong>de</strong>n fachlichen<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen an unsere Produkte<br />
haben viele Verhandlungspartner<br />
einfach keine Ahnung.“<br />
Ein professioneller Einkäufer nutzt je<strong>de</strong><br />
Chance zum Kostensparen: Als unlängst<br />
das Schrauben- und Werkzeug-<br />
privat<br />
han<strong>de</strong>lshaus Würth seinen rund 1.800 Foto:<br />
36 ProFirma 04 2012
überwiegend mittelständischen Lieferanten<br />
ein neues Konzept für Beschaffungstransporte<br />
mit nur noch einem<br />
Dienstleister vorstellte, war nicht die<br />
Logistik, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Einkauf zentraler<br />
Ansprechpartner. Weil nach <strong>de</strong>ssen Berechnungen<br />
auch viele Geschäftspartner<br />
durch die Umstellung Geld sparen,<br />
mussten die Lieferanten in neue Preisverhandlungen<br />
einwilligen und Abschläge<br />
im einstelligen Prozentbereich<br />
hinnehmen.<br />
Über Korruptionsverdacht erhaben<br />
Für Lieferanten ist es kaum ein Trost,<br />
dass ihre Auftraggeber mit <strong>de</strong>r Stärkung<br />
<strong>de</strong>s Einkaufs auch ein gewisses<br />
Risiko eingehen. Einkäufer gelten als<br />
beson<strong>de</strong>rs anfällig für Korruption, wie<br />
Schlagzeilen <strong>de</strong>r jüngsten Zeit <strong>de</strong>utlich<br />
machen. Im Mai 2011 verurteilte das<br />
Landgericht Bochum einen langjährigen<br />
BMW-Einkäufer zu mehr als vier<br />
Jahren Haft, weil er von zwei Zulieferern<br />
Geld- und Sachgeschenke im Wert<br />
von 423.000 Euro entgegengenommen<br />
hatte. Viele Industrieunternehmen haben<br />
wegen solcher Vorfälle ihre Verhaltenskodizes<br />
verschärft und sogenannte<br />
Compliance-Richtlinien erlassen.<br />
Einkäufer dürfen nicht einmal in <strong>de</strong>n<br />
Verdacht geraten, dass sie für Einfl uss-<br />
ProFirma 04 2012<br />
nahmen jeglicher Art aufgeschlossen<br />
sind. Von <strong>de</strong>n Geschäftspartnern wird<br />
Gleiches erwartet. Sie sollen ebenfalls<br />
einen unternehmensinternen „Co<strong>de</strong> of<br />
Conduct“ formulieren o<strong>de</strong>r die Regelwerke<br />
ihrer Auftraggeber übernehmen.<br />
„Auch kleine und mittlere Lieferanten<br />
wer<strong>de</strong>n zunehmend aufgefor<strong>de</strong>rt, beim<br />
Thema Compliance Flagge zu zeigen“,<br />
beobachtet <strong>de</strong>r Frankfurter BME-<br />
Rechtsexperte Sebastian Schrö<strong>de</strong>r.<br />
Verwun<strong>de</strong>rlich ist das nicht: Wenn Lieferanten<br />
mit unliebsamen Schlagzeilen<br />
auffallen, wird schnell die Frage laut, inwieweit<br />
auch ihre Kun<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Gesetzes-<br />
und Regelverstößen profi tieren.<br />
Weitaus gravieren<strong>de</strong>r sind die gestiegenen<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen. „Viele Auftraggeber<br />
wünschen Vergabeprozesse, die<br />
Liefermängel von vornherein ausschließen“,<br />
berichtet Stefan Becker, Leiter <strong>de</strong>s<br />
Beratungsbereichs Einkauf bei Capgemini<br />
Consulting in München. Das Haus-<br />
und Hofunternehmen, das Aufträge auf<br />
Zuruf erhält, hat <strong>de</strong>mnach ausgedient.<br />
Wer Lieferantenbeziehungen wünscht,<br />
muss in <strong>de</strong>r Regel an Ausschreibungen<br />
teilnehmen. Wer weiterhin im persönlichen<br />
Gespräch Preis- und Lieferkonditionen<br />
aushan<strong>de</strong>lt, muss vorher genau<br />
ausloten, was möglich ist.<br />
Gute Kontakte zählen weiterhin<br />
Viel hängt von einer guten Vorbereitung<br />
ab. Je<strong>de</strong>r Vertrieb sollte die Entschei<strong>de</strong>r<br />
im Einkauf kennen und mit diesen auf<br />
Messen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Veranstaltungen<br />
das Gespräch aufnehmen, empfi ehlt<br />
Wolfgang Hackenberg. „Am eingespielten<br />
Kontakt zum Einkauf führt auch<br />
dann kein Weg vorbei, wenn weitere<br />
Abteilungen an <strong>de</strong>r Entscheidung über<br />
eine Anschaffung beteiligt sind“, betont<br />
<strong>de</strong>r Eninger Verkaufstrainer. „Häufi g<br />
sind inzwischen sogenannte Buying<br />
Center, in <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Einkauf die Fe<strong>de</strong>rführung<br />
hat.“ Je früher <strong>de</strong>r Vertrieb Lieferantenkompetenzen<br />
kommuniziert,<br />
<strong>de</strong>sto größer sind die Chancen für eine<br />
dauerhafte Zusammenarbeit. Viele Einkäufer<br />
wollen weit vor <strong>de</strong>r ersten Auftragsvergabe<br />
wissen, mit wem sie es zu<br />
tun haben. „Wir können unsere Ziele<br />
bei Qualität und Produkt-Performance<br />
nur erreichen, wenn wir diese mit <strong>de</strong>n<br />
CHECKLISTE<br />
Fünf Tipps für die<br />
Zusammenarbeit<br />
mit Einkäufern<br />
Wenn Unternehmer bei ihren Verkaufsverhandlungen<br />
auf professionelle<br />
Einkäufer treffen, brauchen<br />
sie eine an<strong>de</strong>re Strategie als bei<br />
Gesprächen mit Fachabteilungen.<br />
Die folgen<strong>de</strong>n Anhaltspunkte können<br />
Ihnen helfen.<br />
1. Ermitteln Sie, wer wirklich die<br />
Beschaffungshoheit hat – Einkauf,<br />
Fachabteilung o<strong>de</strong>r Geschäftsführung.<br />
Manchmal geht dies aus <strong>de</strong>n Social-<br />
Media-Plattformen hervor.<br />
2. Analysieren Sie Merkmale, die<br />
Ihren Betrieb vom Wettbewerb abheben<br />
und auch Laien leicht erklärbar<br />
sind, zum Beispiel Qualitätszertifi kate<br />
und Produktverbesserungen.<br />
3. Kalkulieren Sie <strong>de</strong>n Preis und<br />
an<strong>de</strong>re Eckdaten. Ziehen Sie bei<br />
Terminen mit Einkäufern am besten<br />
immer kaufmännische Entschei<strong>de</strong>r<br />
o<strong>de</strong>r Controller hinzu.<br />
4. Prüfen Sie die Compliance-<br />
Regeln Ihres Kun<strong>de</strong>n dahingehend,<br />
ob diese die Geschäftsbeziehungen<br />
beeinträchtigen können. Ziehen Sie<br />
<strong>de</strong>ren Übernahme o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Beitritt<br />
zu Verbandsregelwerken in Betracht.<br />
5. Vereinbaren Sie nach erfolgreichen<br />
Terminen regelmäßige<br />
Treffen für Bestandsaufnahmen und<br />
Verbesserungen.<br />
Zulieferern möglichst früh abstimmen“,<br />
betont Jorge Almeida, Einkaufsleiter<br />
von Continental in Hannover. „Die Lieferanten<br />
verstehen dann die Be<strong>de</strong>utung<br />
ihrer Dienstleistungen und Produkte für<br />
uns besser.“ Und sie dürfen sich dann<br />
größere Chancen bei Preisgesprächen<br />
und Ausschreibungen ausrechnen.<br />
37
Unternehmensführung<br />
Recht<br />
Leiten<strong>de</strong> Angestellte<br />
Die Schutzlosigkeit ist eine Mär<br />
Manager legen im Normalfall größten Wert darauf, „leiten<strong>de</strong>“ Angestellte zu sein und nicht als „normale“<br />
Arbeitnehmer zu gelten. Das än<strong>de</strong>rt sich aber oft, wenn eine Trennung im Raum steht. VON BERND WELLER<br />
Für leiten<strong>de</strong> Mitarbeiter gehören entsprechen<strong>de</strong><br />
Klauseln über ihren Status<br />
im Anstellungsvertrag ebenso zum<br />
guten Ton wie an<strong>de</strong>re Statussymbole,<br />
etwa <strong>de</strong>r Dienstwagen.<br />
Wird ein solcher Manager jedoch vonseiten<br />
<strong>de</strong>s Arbeitgebers mit einem<br />
Trennungswunsch konfrontiert, wird<br />
aus <strong>de</strong>m leiten<strong>de</strong>n nur zu schnell ein<br />
lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Arbeitnehmer. Dann entsteht<br />
plötzlich <strong>de</strong>r Wunsch, doch normaler<br />
Arbeitnehmer mit Kündigungsschutz<br />
zu sein. In <strong>de</strong>r Vergangenheit reklamierte<br />
Leitungsbefugnisse existierten<br />
dann angeblich nur „auf <strong>de</strong>m Papier“,<br />
waren in <strong>de</strong>r Realität aber angeblich<br />
wertlos. All dies entspringt dann <strong>de</strong>m<br />
Wunsch, unter <strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>s Kündigungsschutzgesetzes<br />
zu fallen. Weit<br />
verbreitet ist <strong>de</strong>r Glaube, dass leiten<strong>de</strong><br />
Angestellte keinerlei Schutz gegen<br />
Kündigung genießen. Diese Annahmen<br />
sind oft schlicht falsch und haben mit<br />
<strong>de</strong>r Rechtslage nur wenig zu tun.<br />
Befugnisse sind entschei<strong>de</strong>nd<br />
Für die Defi nition <strong>de</strong>s leiten<strong>de</strong>n Angestellten<br />
im Kündigungsfall ist § 14 Abs.<br />
2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)<br />
maßgeblich. Organmitglie<strong>de</strong>r, also Vorstän<strong>de</strong><br />
und Geschäftsführer, sind sowieso<br />
vom Schutzbereich <strong>de</strong>s Kündigungsschutzgesetzes<br />
ausgeschlossen, da sie<br />
keine Arbeitnehmer sind. Für Arbeitnehmer<br />
in leiten<strong>de</strong>r Funktion hingegen<br />
kommt es maßgeblich darauf an, ob sie<br />
zur „selbstständigen Einstellung o<strong>de</strong>r<br />
Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt<br />
sind“. In einer Entscheidung vom<br />
April 2011 hat das Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht<br />
Leiten<strong>de</strong> Angestellte fallen nicht unter das Kündigungsschutzgesetz, sind aber nicht schutzlos.<br />
(BAG) <strong>de</strong>utlich gemacht, dass diese Formulierung<br />
sehr restriktiv zu verstehen<br />
ist. Um „leitend“ zu sein, muss ein Arbeitnehmer<br />
selbst (das heißt durch eigene<br />
Unterschrift) die Einstellung und/<br />
o<strong>de</strong>r Kündigung von Arbeitnehmern<br />
entschei<strong>de</strong>n, veranlassen und durchsetzen<br />
können.<br />
Eine mittelbare Verantwortung o<strong>de</strong>r die<br />
Gewährung von Prokura sind nach Auffassung<br />
<strong>de</strong>s BAG für § 14 Abs. 2 KSchG<br />
irrelevant. Selbstständig zur Einstellung<br />
und/o<strong>de</strong>r Entlassung von Mitarbeitern<br />
berechtigt ist nur, wer sich gegenüber<br />
an<strong>de</strong>ren beteiligten Personen und Positionen<br />
im Unternehmen fi nal durchsetzen<br />
kann. In all <strong>de</strong>n Unternehmen, in<br />
<strong>de</strong>nen Einstellungen und/o<strong>de</strong>r Entlassungen<br />
– abgesehen von <strong>de</strong>r Geschäftsführung<br />
selbst – Arbeitnehmern nur<br />
dann gestattet sind, wenn zugleich ein<br />
weiterer Arbeitnehmer zustimmt, sind<br />
leiten<strong>de</strong> Angestellten im Sinne <strong>de</strong>s § 14<br />
Abs. 2 KSchG faktisch ausgeschlossen.<br />
Mit an<strong>de</strong>ren Worten: Im Sinne <strong>de</strong>s Gesetzes<br />
ist <strong>de</strong>r echte leiten<strong>de</strong> Angestellte<br />
eine Rarität. Für alle Arbeitnehmer,<br />
die nicht leitend in diesem restriktiven<br />
Sinne sind, bietet das Kündigungsschutzgesetz<br />
<strong>de</strong>nselben Schutz wie bei<br />
allen an<strong>de</strong>ren Arbeitnehmern.<br />
Auch die wenigen Arbeitnehmer, die<br />
tatsächlich „leitend“ in diesem Sinne<br />
sind, sind nicht schutzlos. Für sie gilt<br />
das KSchG ebenso, wenngleich in verringertem<br />
Umfang. Auch bei ihnen<br />
kann <strong>de</strong>r Arbeitgeber nur wegen <strong>de</strong>r<br />
im KSchG genannten Grün<strong>de</strong> kündigen.<br />
Allerdings sieht das Gesetz für <strong>de</strong>n<br />
Arbeitgeber dann die Möglichkeit vor,<br />
einen Aufl ösungsantrag ohne Begründung<br />
vor <strong>de</strong>m Arbeitsgericht zu stellen.<br />
Mit an<strong>de</strong>ren Worten: Der Arbeitgeber<br />
kann, wenn <strong>de</strong>r leiten<strong>de</strong> Angestellte<br />
Kündigungsschutzklage erhebt, beantragen,<br />
dass das Gericht die Beendi-<br />
38 ProFirma 04 2012
gung <strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses herbeiführt.<br />
Im Gegenzug setzt das Gericht<br />
die Zahlung einer Abfi ndungssumme<br />
fest. Diese beträgt je nach Einzelfall üblicherweise<br />
zwischen 0,5 und 0,75 Bruttomonatsgehälter<br />
pro Beschäftigungsjahr<br />
und ist – gestaffelt nach Alter und<br />
Betriebszugehörigkeit – auf 12, 15 o<strong>de</strong>r<br />
18 Bruttomonatsgehälter ge<strong>de</strong>ckelt.<br />
Kriterien für die Leitungsfunktion<br />
Im Betriebsverfassungsgesetz gibt es<br />
ebenfalls <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s leiten<strong>de</strong>n Angestellten.<br />
Hier ist <strong>de</strong>r Begriff an<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>fi<br />
niert als im KSchG. Die Leitungsfunktion<br />
eines Arbeitnehmers kann nach <strong>de</strong>m<br />
BetrVG durch verschie<strong>de</strong>ne Kriterien<br />
belegt wer<strong>de</strong>n. Die Einstellungs- und<br />
Entlassungsfunktion ist nur eines von<br />
mehreren Kriterien, die Einräumung einer<br />
(echten, nicht nur scheinbaren) Prokura<br />
ein wichtiges weiteres Kriterium.<br />
Die Unterschie<strong>de</strong> und Konsequenzen<br />
daraus sind für einen gekündigten leiten<strong>de</strong>n<br />
o<strong>de</strong>r nicht leiten<strong>de</strong>n Arbeitnehmer<br />
gravierend. Ist ein Arbeitnehmer<br />
im Sinne <strong>de</strong>s BetrVG, nicht aber im<br />
Sinne <strong>de</strong>s KSchG, leitend, dann muss<br />
<strong>de</strong>r Arbeitgeber <strong>de</strong>n Betriebsrat nicht<br />
nach § 102 BetrVG vor Ausspruch <strong>de</strong>r<br />
Kündigung anhören. Ist ein Arbeitnehmer<br />
nicht im Sinne <strong>de</strong>s BetrVG leitend,<br />
muss <strong>de</strong>r Arbeitgeber eine Anhörung<br />
<strong>de</strong>s Betriebsrats durchführen. Ein Fehler<br />
hierbei kann dann schon die Kündigung<br />
unwirksam machen. In einem solchen<br />
Fall ist fraglich, ob <strong>de</strong>m Arbeitgeber das<br />
zuvor beschriebene Recht zur Aufl ösung<br />
<strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses zusteht. §<br />
102 BetrVG spielt <strong>de</strong>mnach, gera<strong>de</strong> bei<br />
<strong>de</strong>r Verhandlung über die Höhe <strong>de</strong>r Abfi<br />
ndung, eine ganz entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle.<br />
Alles in allem ist die Schutzlosigkeit <strong>de</strong>r<br />
(auch nur vermeintlichen) leiten<strong>de</strong>n<br />
Angestellten eine Mär.<br />
Der Autor: Bernd Weller ist Fachanwalt für<br />
Arbeitsrecht in <strong>de</strong>r Kanzlei Heuking Kühn<br />
Lüer Wojtek, Frankfurt am Main.<br />
ProFirma 04 2012<br />
Wettbewerbsrecht<br />
Flugpreise im Internet müssen<br />
alle Gebühren enthalten<br />
Verbraucherschützer haben vor <strong>de</strong>m Kammergericht Berlin wegen unzureichen<strong>de</strong>r<br />
Angaben von Ticketpreisen gegen zwei Fluglinien einen Erfolg<br />
verbucht. In zwei Urteilen stellten die Richter klar, dass die Preisangaben im<br />
Internet alle Gebühren und obligatorischen Zusatzkosten ausweisen müssen.<br />
Nicht ausreichend ist nach Ansicht <strong>de</strong>r Richter, wenn diese zusätzlichen<br />
Kosten erst während <strong>de</strong>s Buchungsvorgangs ersichtlich wer<strong>de</strong>n. Verbraucherschützer<br />
hatten kritisiert, dass in <strong>de</strong>n Preisen <strong>de</strong>r Fluglinien Air Berlin<br />
und Ryanair keine Steuern, Flughafengebühren und Kerosinzuschläge enthalten<br />
waren, sodass die Flüge am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich teurer als angegeben waren.<br />
(Kammergericht Berlin, Az. 16 O 27/09 u. 15 O 160/09)<br />
Unfallschutz<br />
Arbeitspause darf nicht zu lang sein<br />
Verlässt ein Arbeitnehmer in einer längeren Pause <strong>de</strong>n Umkreis seiner Arbeitsstätte<br />
und verletzt sich dabei, muss die gesetzliche Unfallversicherung nicht<br />
zahlen, entschied das Bayerische Lan<strong>de</strong>ssozialgericht (LSG) München. Im Fall<br />
ging es um einen Busfahrer, <strong>de</strong>r eine Reisegruppe zu einem Fußballspiel nach<br />
München gefahren hatte. Der Busfahrer konnte eine nicht abgeholte Eintrittskarte<br />
ergattern und sah sich das Spiel an. Beim Verlassen <strong>de</strong>s Stadions zog er<br />
sich auf einer Treppe eine Verletzung zu. Die Unfallversicherung lehnte nach<br />
Ansicht <strong>de</strong>r Richter zu Recht die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Der Besuch<br />
<strong>de</strong>s Fußballspiels während seiner unbezahlten Pause habe nicht im inneren<br />
Zusammenhang mit seiner Tätigkeit gestan<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn sei <strong>de</strong>m Bereich<br />
<strong>de</strong>r Privatsphäre zuzuordnen. (LSG München, Az. L 3 U 52/11)<br />
Wichtiges Urteil<br />
CHEFS DÜRFEN NICHT PAUSCHAL ÜBERSTUNDEN ANORDNEN<br />
Wenn die Mitarbeiter nicht vertraglich zu Mehrarbeit verpfl ichtet sind, dürfen<br />
Chefs nicht pauschal durch Aushang am Schwarzen Brett Überstun<strong>de</strong>n<br />
anordnen. Dies entschied das Lan<strong>de</strong>sarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz.<br />
Nur in einer Notlage müsse ein Beschäftigter wegen <strong>de</strong>r sogenannten arbeitsvertraglichen<br />
Treuepfl icht einspringen. Die Klage hatte ein Mitarbeiter<br />
eingereicht, nach<strong>de</strong>m er zwei Abmahnungen kassiert hatte. Im entschie<strong>de</strong>nen<br />
Fall hatte <strong>de</strong>r Dienstherr <strong>de</strong>n Arbeitsbeginn durch Aushang um eine<br />
Stun<strong>de</strong> vorverlegt, <strong>de</strong>r Kläger war weiter zum bisherigen Arbeitsbeginn erschienen.<br />
Die Richter hielten die Abmahnungen für ungerechtfertigt, <strong>de</strong>r<br />
Chef könne <strong>de</strong>n Arbeitsvertrag nicht einfach än<strong>de</strong>rn. Für eine Notlage gab<br />
es keine Anhaltspunkte. INFO: LAG Rheinland-Pfalz, Az. 2 Sa 559/11<br />
39
Die Service-Gesellschaft <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>s Steuerzahler <strong>de</strong>r Steuerzahler<br />
lädt ein einzumzum Fachseminar auf Syltauf<br />
Sylt<br />
Unternehmensnachfolge<br />
und Vermögensübertragung<br />
Alle Varianten, alle steuerlichen Aspekte – so machen Sie es richtig!<br />
„Mein Unternehmen ist mit mir älter gewor<strong>de</strong>n,<br />
wie geht es weiter, wenn ich aufhöre?“<br />
Das ist die Frage, mit <strong>de</strong>r sich je<strong>de</strong>r Unternehmer beschäftigen sollte –<br />
und dies nicht erst, wenn <strong>de</strong>r wohlverdiente Ruhestand unmittelbar<br />
bevorsteht. Planvolles Vorgehen ist nämlich beson<strong>de</strong>rs wichtig, wenn<br />
Sie Ihr Lebenswerk nicht leichtfertig gefähr<strong>de</strong>n wollen.<br />
Neben <strong>de</strong>r Problematik, <strong>de</strong>n geeigneten Nachfolger zu fin<strong>de</strong>n, stellen sich<br />
folgenschwere steuerliche Fragen. So sind im Falle <strong>de</strong>s Verkaufs neben einkommensteuerlichen<br />
auch umsatzsteuerliche Regelungen mit weitreichen<strong>de</strong>n Folgen zu<br />
beachten. Bei Übertragungen sollten Sie die Neuregelungen <strong>de</strong>r Erbschafts- und<br />
Schenkungssteuer genau kennen, um Gestaltungsmöglichkeiten optimal zu nutzen.<br />
Dies gilt im Übrigen nicht nur für Unternehmen, son<strong>de</strong>rn für alle Formen <strong>de</strong>r<br />
Vermögensübertragung.<br />
Denn egal, was vererbt o<strong>de</strong>r verschenkt wer<strong>de</strong>n soll, <strong>de</strong>r Fiskus hält die<br />
Hand auf! Informieren Sie sich daher rechtzeitig, damit Sie keine teuren<br />
Fehler machen. In unserem Seminar wer<strong>de</strong>n alle wesentlichen Fragen<br />
beantwortet – so unter an<strong>de</strong>rem:<br />
Wie wird Grundbesitz bewertet und welche Übertragungen sind steuerfrei?<br />
Welche Än<strong>de</strong>rungen gibt es bei Übertragung von Betriebsvermögen?<br />
Wie kann ich als Vermögensübergeber meine Interessen sichern<br />
(u.a. Nießbrauchs-, Versorgungs-, Rückfor<strong>de</strong>rungsregelungen)?<br />
Wie sichere ich durch mein Testament <strong>de</strong>n Fortbestand <strong>de</strong>s Unternehmens?<br />
Mit welchen konkreten Gestaltungen verringere ich die Steuerbelastung?<br />
Der Ablauf ist so gestaltet, dass Sie auch individuelle Fragen mit <strong>de</strong>m<br />
Referenten in Ruhe erörtern können.<br />
Es erwartet Sie ein gleich gesinnter Kreis klein- und mittelständischer Unternehmer,<br />
<strong>de</strong>r sicher auch außerhalb <strong>de</strong>r Seminarzeiten Gelegenheit für anregen<strong>de</strong> Gespräche<br />
bietet.<br />
Agieren statt reagieren wird nach diesem Seminar Ihre Devise sein!
JA, ich mel<strong>de</strong> mich an!<br />
Ich möchte zunächst weitere Informationen<br />
Seminar: Unternehmensnachfolge<br />
und Vermögensübertragung<br />
Referent: Florian Loserth – Rechtsanwalt,<br />
Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht<br />
Termin: 23. Oktober 2012, Beginn 17:00 Uhr –<br />
26. Oktober 2012, En<strong>de</strong> ca. 15:00 Uhr<br />
Ort: HOTEL DORINT***** STRANDRESORT & SPA,<br />
Westerland/Sylt<br />
Gebühr: € 1.845,- + MwSt.<br />
(regulär € 1.995,- + MwSt. )<br />
€ 150,- Ermäßigung für ProFirma-Leser!<br />
Name: Telefon/Fax/E-Mail:<br />
Firma:<br />
Anschrift:<br />
BdSt-Fachseminar vom 23.-26. Oktober 2012 auf Sylt<br />
RetouranFax0611-34107599 BdSt Steuerzahler Service GmbH<br />
Übernachtung im: EZ E DZ D Name Begleitperson: ( € 85,- zzgl. MwSt. inkl. Kurtaxe, Frühstücks- und Mittagsbuffet + Getränke/Tag)<br />
Verlängerung: vom bis EEZ 210,- EUR DDZ<br />
247,- EUR (jeweils inkl. Frühstücksbuffet und Kurtaxe, zzgl. MwSt.)<br />
Datum: Unterschrift:<br />
Die Teilnahmegebühr enthält:<br />
Die Seminargebühr, ausführliche<br />
Begleitunterlagen, Tagungsbewirtung<br />
Transfer vom/zum Flughafen o<strong>de</strong>r Bahnhof Westerland<br />
Drei Übernachtungen im großzügigen Studio<br />
mit Kitchenette und Balkon<br />
Drei Frühstücks- und Mittagsbuffets<br />
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im Privatbus unter professioneller Leitung<br />
von Dipl.-Geogr. Silke von Bremen<br />
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Austernkompanie“ in List, Punsch in Keitum<br />
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Bitte per Fax o<strong>de</strong>r per Post an: BdSt Steuerzahler Service GmbH · Adolfsallee 22 · 65185 Wiesba<strong>de</strong>n<br />
Seminarorganisation: Dagmar Bocchini · Telefon (0611) 34107520 · Fax (0611) 34107599<br />
E-Mail: bocchini@steuerzahler-service.<strong>de</strong> · www.steuerzahler-service.<strong>de</strong>
Finanzen & Steuern – Bilanzierung<br />
E-Bilanz<br />
Nur Aufwand und Kosten<br />
1,35 Millionen buchführungspfl ichtigen Unternehmen bleibt nur noch dieses Jahr,<br />
um sich auf die E-Bilanz vorzubereiten. Die nötigen Umstellungen in Buchhaltung und<br />
IT be<strong>de</strong>uten für viele Mittelständler einen Kraftakt. VON SIGRUN AN DER HEIDEN<br />
DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE<br />
Viele Unternehmen zögern wegen<br />
<strong>de</strong>s enormen Aufwands bisher mit <strong>de</strong>r<br />
Einführung einer E-Bilanz.<br />
Mit <strong>de</strong>r E-Bilanz verfolgt die Finanzverwaltung<br />
auch das Ziel, möglichst viele<br />
Daten für die Betriebsprüfung zu<br />
erhalten.<br />
Die Betriebe rechnen in <strong>de</strong>r Anfangsphase<br />
mit einem zusätzlichen Zeitaufwand<br />
von bis zu 25 Prozent.<br />
Unliebsame Themen will Florian Karges schnell vom Tisch haben.<br />
Seit Monaten hat <strong>de</strong>r Leiter Rechnungswesen <strong>de</strong>s Finanzdienstleisters<br />
FIHM Fonds und Immobilien Holding München<br />
AG <strong>de</strong>shalb alle Hän<strong>de</strong> voll zu tun. Er bereitet die mittelständische<br />
Unternehmensgruppe auf die E-Bilanz vor. „Der Verwaltungsaufwand<br />
wird auf die Unternehmen abgewälzt. Für<br />
uns ergeben sich keine Vorteile, nur Kosten“, kritisiert Karges.<br />
Der Teufel steckt im Detail, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Finanzverwaltung<br />
reicht es nicht aus, wenn Betriebe ihren Jahresabschluss auf<br />
elektronischem Weg ans Finanzamt schicken. Sie fragt gleich<br />
eine Unmenge zusätzlicher Daten ab, die Karges nicht einfach<br />
per Knopfdruck abrufen kann, weil sie nicht separat gebucht<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Für <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>lbilanzabschluss reicht es aus, wenn <strong>de</strong>r Buchhalter<br />
62 Fel<strong>de</strong>r für die Bilanz und 31 für die Gewinn- und<br />
Verlustrechnung (G&V) ausfüllt. Die E-Bilanz enthält dagegen<br />
190 Pfl ichtpositionen, für die G&V kommen 227 weitere<br />
hinzu. Karges hat sich <strong>de</strong>shalb Experten ins Haus geholt, die<br />
ihm helfen, die Buchhaltung <strong>de</strong>r fünf Tochtergesellschaften<br />
zu durchleuchten und auf die neuen Anfor<strong>de</strong>rungen vorzubereiten.<br />
„Wir müssen neue Konten in unseren Kontenrahmen<br />
einpfl egen und die Mitarbeiter schulen“, berichtet <strong>de</strong>r Leiter<br />
Rechnungswesen. „Ein einfacher Buchhalter soll plötzlich<br />
steuerlich relevante Buchungen erfassen. Es ist ein enormer<br />
Aufwand für uns, dieses Spezialwissen zu vermitteln.“<br />
Das hat inzwischen auch die Finanzverwaltung erkannt und<br />
für das Jahr 2012 eine generelle Nichtbeanstandungsregel erlassen.<br />
Zwar ist die E-Bilanz offi ziell schon für das laufen<strong>de</strong><br />
Wirtschaftsjahr Pfl icht. Doch wer seine Bilanz und die G&V<br />
noch einmal in Papierform abgibt, muss keine Sanktionen befürchten.<br />
Ernst wird es damit erst im Jahr 2013. Dann sollte<br />
die Buchführung stehen. „Damit das funktioniert, müssen<br />
bilanzierungspfl ichtige Unternehmen jetzt mit <strong>de</strong>r Umstellung<br />
beginnen“, mahnt Horst Vinken, Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>ssteuerberaterkammer.<br />
Es gibt viel zu tun: „Die bestehen<strong>de</strong>n<br />
Kontenpläne müssen mit <strong>de</strong>r Steuertaxonomie <strong>de</strong>r Finanzverwaltung<br />
abgeglichen, Konten angepasst und zugeordnet wer<strong>de</strong>n“,<br />
zählt Vinken auf. Wer selbst bucht, muss darauf achten,<br />
dass alle Geschäftsvorfälle von Januar 2013 an richtig gebucht<br />
wer<strong>de</strong>n, um teure Nacharbeiten zu vermei<strong>de</strong>n. Der Aufwand<br />
ist enorm: „Je nach Unternehmensgröße kommen bis zu 120<br />
neue Konten hinzu“, schätzt er.<br />
Viele Unternehmen im Rückstand<br />
Eile ist geboten, <strong>de</strong>nn bisher haben viele <strong>de</strong>r 1,35 Millionen<br />
buchführungspfl ichtigen Einzelunternehmen, Kapital- und<br />
Personengesellschaften, aber auch Selbstständige und Gewerbetreiben<strong>de</strong><br />
damit gewartet, die Bilanzen aufzustellen.<br />
Eine Umfrage im Auftrag <strong>de</strong>r Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
BDO unter 300 E-Bilanz-Verantwortlichen ergab, dass<br />
drei Viertel von ihnen Mitte <strong>de</strong>s vergangenen Jahres noch<br />
nicht mit <strong>de</strong>r Umstellung begonnen hatten, mehr als zwei<br />
Drittel fühlten sich unzureichend informiert. Zwar legte <strong>de</strong>r<br />
Gesetzgeber die Pfl icht zur elektronischen Abgabe von Bilanz<br />
und G&V „nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz“<br />
42 ProFirma 04 2012
Quelle: Steuerseminar <strong>de</strong>r Universität zu Köln, Vortragsunterlage Herzig in Anlehnung an:<br />
Herzig/Briesemeister/Schäperclaus, DB 2010, Beilage 5 zu Heft 41, S. 9/10.<br />
BÜROKRATIEABBAU SIEHT ANDERS AUS<br />
Die Bilanzen wer<strong>de</strong>n transparenter, aber auch aufwendiger,<br />
weil die Finanzämter noch mehr Daten sehen wollen.<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
* Diese umfassen einfache Mussfel<strong>de</strong>r, Mussfel<strong>de</strong>r mit Kontennachweis,<br />
Summenmussfel<strong>de</strong>r sowie rechnerisch notwendige Fel<strong>de</strong>r.<br />
bereits im Jahr 2008 mit <strong>de</strong>m Steuerbürokratieabbaugesetz<br />
fest, doch bis September vorigen Jahres fehlte eine endgültige<br />
Umsetzungsverordnung. Der erste Anlauf <strong>de</strong>r<br />
Ministerialbeamten im August 2010 rief bei Wirtschaft<br />
und Verbän<strong>de</strong>n heftigen Protest hervor. Auf 321 Seiten<br />
legte die Finanzverwaltung <strong>de</strong>tailliert dar, wie tief Unternehmen<br />
künftig Bilanz und G&V aufzuschlüsseln<br />
haben. Mit <strong>de</strong>r sogenannten Taxonomie, einem Glie<strong>de</strong>rungsschema<br />
für Jahresabschlussdaten, <strong>de</strong>fi nierte<br />
sie einen Min<strong>de</strong>stumfang <strong>de</strong>r zu übermitteln<strong>de</strong>n<br />
steuerrelevanten Daten und Kennzahlen, <strong>de</strong>r weit<br />
über die im HGB-Abschluss gefor<strong>de</strong>rten Angaben<br />
hinausgeht (siehe Kasten auf Seite 48).<br />
„Das Interesse <strong>de</strong>r Finanzverwaltung ist klar:<br />
Sie will möglichst viele Daten bekommen,<br />
um sich die Betriebsprüfung zu erleichtern“,<br />
sagt Robert Heller, Bereichsleiter Finanzen<br />
und Steuern beim Deutschen Industrie-<br />
und Han<strong>de</strong>lskammertag (DIHK)<br />
in Berlin. Unternehmen können nicht<br />
mehr darauf spekulieren, nur alle zehn<br />
Jahre Besuch vom Finanzamt zu bekommen.<br />
„Prüfungsfreie Jahre wird es<br />
mit <strong>de</strong>r E-Bilanz nicht mehr geben“, ist<br />
auch Steuerexperte Vinken überzeugt.<br />
Bereits die Übermittlung <strong>de</strong>r Daten<br />
ProFirma 04 2012<br />
Einzelunternehmen<br />
Personengesellschaft<br />
kleine Kapitalgesellschaft<br />
mittelgroße<br />
Kapitalgesellschaft<br />
Pfl ichtfel<strong>de</strong>r Bilanz nach Taxonomie* (vom 14.9.2011)<br />
Pfl ichtfel<strong>de</strong>r G&V nach Taxonomie* (vom 14.9.2011) – Gesamtkostenverfahren<br />
Pfl ichtfel<strong>de</strong>r Bilanz nach HGB<br />
Pfl ichtfel<strong>de</strong>r G&V nach HGB<br />
große Kapitalgesellschaft<br />
Wenn Unternehmer<br />
das Wort E-Bilanz hören,<br />
sinkt die Laune rapi<strong>de</strong>.<br />
43
Finanzen & Steuern – Bilanzierung<br />
dürfte für einige Unternehmen zur Nagelprobe wer<strong>de</strong>n. Das<br />
elektronische Portal <strong>de</strong>r Finanzverwaltung prüft die Jahresabschlüsse<br />
automatisch auf Plausibilität. Bei Unstimmigkeiten<br />
o<strong>de</strong>r Rechenfehlern wer<strong>de</strong>n die Daten zurückgewiesen. Die<br />
E-Bilanz gilt dann als nicht abgegeben.<br />
Pilotphase erweist sich als Fehlschlag<br />
In <strong>de</strong>r Praxis hakt es an vielen Ecken und Kanten. Die Pilotphase,<br />
<strong>de</strong>ren Ergebnisse seit August 2011 vorliegen, scheiterte<br />
kläglich: Die E-Bilanz-Testgruppe startete mit 110 Unternehmen,<br />
84 blieben bis zum En<strong>de</strong> dabei, aber nur 68 schafften<br />
es, ihre Datensätze elektronisch zu übermitteln. Daraufhin<br />
besserte die Finanzverwaltung nach, strich 13 Muss-Fel<strong>de</strong>r,<br />
die zwingend auszufüllen sind, und schuf 30 neue Auffangpositionen,<br />
in <strong>de</strong>r Unternehmen nicht näher aufgeschlüsselte<br />
Sammelbuchungen übermitteln können, wenn sich aus <strong>de</strong>r<br />
Buchführung keine <strong>de</strong>taillierteren Informationen ableiten lassen.<br />
In <strong>de</strong>r Anfangsphase zählt sicherlich <strong>de</strong>r gute Wille. So<br />
sieht das BMF-Schreiben vom 28. September 2011 vor, dass<br />
TAXONOMIE<br />
Die Wunschliste <strong>de</strong>r Finanzverwaltung<br />
Die aktuelle Taxonomie umfasst – je nach Rechtsform – zwischen 684 und 857 mögliche Fel<strong>de</strong>r für Stamm- und Finanzdaten<br />
sowie Auffangpositionen für nicht näher aufgeschlüsselte Buchungen. 394 bis 460 davon gelten als Pfl ichtpositionen.<br />
Allerdings erlaubt die Finanzverwaltung vorläufi g noch die Übermittlung von Muss-Fel<strong>de</strong>rn ohne Wert, falls sich die<br />
Daten nicht aus <strong>de</strong>r Buchhaltung ableiten lassen. Der Fiskus verlangt Auskünfte aus folgen<strong>de</strong>n Bereichen:<br />
Stammdaten:<br />
> Dokumenteninformationen (Firmenname, Sachbearbeiter,<br />
Hauptansprechpartner),<br />
> Informationen zum Bericht (Jahresabschlussbericht, Bilanzierungsstandard,<br />
Berichtsperio<strong>de</strong>, Prüfer, Bestätigung <strong>de</strong>s<br />
Prüfers) und<br />
> zum Unternehmen (Rechtsform, Größe, Gesellschafter, Han<strong>de</strong>lsregisternummer,<br />
Umsatzsteuer-I<strong>de</strong>ntifi kationsnummer).<br />
Jahresabschluss:<br />
> Bilanz,<br />
> Haftungsverhältnisse,<br />
> G&V (Gesamtkosten- und Umsatzkostenverfahren),<br />
> Ergebnisverwendungsrechnung,<br />
> Kapitalkontenentwicklung für Personenhan<strong>de</strong>lsgesellschaften/Mitunternehmerschaften<br />
(verpfl ichtend vom<br />
Wirtschaftsjahr 2015 an),<br />
> Eigenkapitalspiegel,<br />
> Kapitalfl ussrechnung,<br />
> Anhang mit Anlagespiegel,<br />
> Lagebericht,<br />
> steuerliche Modifi kationen (Überleitungsrechnung <strong>de</strong>r<br />
Wertansätze aus <strong>de</strong>r Han<strong>de</strong>lsbilanz zur Steuerbilanz und<br />
Zusatzangaben),<br />
Muss-Fel<strong>de</strong>r notfalls ohne Wert, also leer (NIL für Not in List),<br />
ans Finanzamt geschickt wer<strong>de</strong>n dürfen, wenn diese nicht in<br />
<strong>de</strong>r Buchhaltung geführt wer<strong>de</strong>n.<br />
„Anfangs reicht es <strong>de</strong>r Finanzverwaltung, wenn Unternehmen<br />
die Summen- und Sal<strong>de</strong>nliste richtig zuordnen“, sagt<br />
Sebastian Koch, Partner <strong>de</strong>r BDO Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
in Essen. „Künftig müssen die Betriebe aber weitere<br />
Datenquellen wie Nebenbücher einbeziehen, etwa das<br />
Beteiligungsverzeichnis und das Anlagenbuch“, präzisiert<br />
<strong>de</strong>r E-Bilanz-Experte. Er rechnet damit, dass die Auffangpositionen<br />
nach fünf bis sechs Jahren wie<strong>de</strong>r verschwin<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r Fiskus dann die volle Aufschlüsselung <strong>de</strong>r<br />
Bilanzdaten verlangen wer<strong>de</strong>. Der Berater rät Firmenchefs<br />
daher zu einer Grundsatzentscheidung: Entwe<strong>de</strong>r gleich<br />
richtig umstellen und die volle Taxonomie übernehmen<br />
o<strong>de</strong>r die Auffangpositionen nutzen und mögliche Prüfungen<br />
seitens <strong>de</strong>r Finanzämter abwarten. „Dann allerdings wird<br />
die E-Bilanz zum Dauerbrenner und Unternehmen müssen<br />
ständig nachbessern“, gibt Koch zu be<strong>de</strong>nken. Welche Stra-<br />
> Bericht <strong>de</strong>s Aufsichtsrats, Beschlüsse und Erklärungen,<br />
> Detailinformationen zu Positionen (z.B. Kontensal<strong>de</strong>n).<br />
Anhang und Lagebericht können Unternehmen freiwillig<br />
elektronisch übermitteln. Die Papierform ist aber weiterhin<br />
zulässig. Unter www.eSteuer.<strong>de</strong> hat die Finanzverwaltung die<br />
amtlich vorgeschriebenen Taxonomien sowie eine Übersicht<br />
<strong>de</strong>r Software-Anbieter veröffentlicht, <strong>de</strong>ren Produkte die<br />
E-Bilanz unterstützen. Die Programme von Lexware beispielsweise<br />
sind schon auf die E-Bilanz umgestellt.<br />
Ausnahmen:<br />
Verlängerte Übergangsfristen<br />
Eine längere Übergangszeit räumt die Finanzverwaltung <strong>de</strong>n<br />
folgen<strong>de</strong>n Unternehmen ein. Die E-Bilanz wird für sie erstmals<br />
für Wirtschaftsjahre zur Pfl icht, die nach <strong>de</strong>m 31.12.2014<br />
beginnen. Von <strong>de</strong>r Schonfrist profi tieren:<br />
> inländische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen,<br />
> ausländische Betriebsstätten inländischer Unternehmen,<br />
> Betriebe gewerblicher Art juristischer Personen <strong>de</strong>s öffentlichen<br />
Rechts sowie<br />
> steuerpfl ichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe steuerbegünstigter<br />
Körperschaften und Vereine.<br />
44 ProFirma 04 2012<br />
Foto: privat
tegie nun die beste ist, an dieser Frage schei<strong>de</strong>n sich die Geister.<br />
Der DIHK vertritt <strong>de</strong>n Standpunkt, dass Unternehmen<br />
nicht gezwungen wer<strong>de</strong>n können, eine Parallelbuchführung<br />
einzuführen, um die „Wunschliste <strong>de</strong>r Finanzbeamten“ zu<br />
erfüllen. „Wenn <strong>de</strong>r Fiskus mehr for<strong>de</strong>rt als aus <strong>de</strong>r kaufmännischen<br />
Buchführung ableitbar ist, wäre das mit <strong>de</strong>m<br />
Gesetz nicht vereinbar“, sagt Steuerfachmann Heller. Sollte<br />
die Finanzverwaltung die Auffangpositionen wie<strong>de</strong>r abschaffen,<br />
sei ein Musterprozess wohl unvermeidbar. Auf <strong>de</strong>r<br />
sicheren Seite sind erst einmal nur kleine Unternehmen, die<br />
ihre Buchhaltung an <strong>de</strong>n Steuerberater ausgelagert haben.<br />
Dieser nutzt <strong>de</strong>n überarbeiteten Kontenrahmen <strong>de</strong>r Datev in<br />
Nürnberg, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n neuen Vorgaben entspricht.<br />
Auch für die technische Übermittlung <strong>de</strong>r Bilanzdaten wird in<br />
diesem Fall <strong>de</strong>r Steuerberater Sorge tragen. Alle selbst buchen<strong>de</strong>n<br />
Unternehmen müssen sich entschei<strong>de</strong>n. Bilanzbuchhalter<br />
Florian Karges führt alle steuerlich relevanten Konten und<br />
Buchungen schon dieses Jahr ein. „Wir wollen hier Vorarbeit<br />
leisten, um die Kosten zu minimieren. Die Abschlüsse wer<strong>de</strong>n<br />
sonst doppelt so teuer“, sagt <strong>de</strong>r Leiter Rechnungswesen <strong>de</strong>r<br />
FIHM Fonds und Immobilien Holding München AG. Die Einführung<br />
<strong>de</strong>r E-Bilanz wer<strong>de</strong> die Unternehmensgruppe allein in<br />
diesem Jahr bis zu 25.000 Euro kosten. In <strong>de</strong>r Anfangsphase<br />
„Die Unternehmen müssen<br />
jetzt mit <strong>de</strong>r Umstellung beginnen.<br />
Je nach Größe kommen<br />
bis zu 120 Konten hinzu.“<br />
DR. HORST VINKEN, BUNDESSTEUERBERATERKAMMER<br />
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Finanzen & Steuern – Bilanzierung<br />
E-Bilanz<br />
Die wichtigsten Fakten<br />
> Die E-Bilanz ist erstmalig für Wirtschaftsjahre, die nach <strong>de</strong>m<br />
31.12.2011 beginnen, verpfl ichtend abzugeben.<br />
> Unternehmen haben entwe<strong>de</strong>r Han<strong>de</strong>lsbilanz und G&V zusammen<br />
mit einer Überleitungsrechnung, die steuerlich abweichen<strong>de</strong><br />
Ansätze erläutert, o<strong>de</strong>r eine Steuerbilanz samt steuerlicher G&V<br />
elektronisch zu übermitteln.<br />
> Die E-Bilanz muss <strong>de</strong>m vorgeschriebenen Datenschema, <strong>de</strong>r<br />
Taxonomie, entsprechen.<br />
> Für das Jahr 2012 gilt eine generelle Nichtbeanstandungsregel.<br />
Das heißt, wer Bilanz und G&V für dieses Jahr noch in Papierform<br />
abgibt, muss keine Sanktionen fürchten. Die <strong>de</strong>taillierte Taxonomie<br />
muss in diesem Fall nicht angewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
> Neben <strong>de</strong>r Kerntaxonomie, die für Unternehmen aller Größen und<br />
Rechtsformen gilt, gibt es Spezialtaxonomien für Banken und Versicherungen<br />
sowie Ergänzungstaxonomien für die Wohnungswirtschaft,<br />
Verkehrsunternehmen, Land- und Forstwirtschaft, Krankenhäuser,<br />
Pfl egeeinrichtungen sowie Kommunale Eigenbetriebe.<br />
> Lassen sich einzelne Positionen, die verpfl ichtend zu übermitteln<br />
sind, nicht aus <strong>de</strong>r Buchführung ableiten, sind diese Muss-Fel<strong>de</strong>r<br />
ohne Wert (NIL-Wert) zu übertragen.<br />
> Ist eine Aufschlüsselung <strong>de</strong>r Informationen in <strong>de</strong>r gefor<strong>de</strong>rten<br />
Glie<strong>de</strong>rungstiefe durch die Buchhaltung nicht möglich, dürfen<br />
Unternehmen diese in Auffangpositionen zusammenfassen.<br />
> Personenhan<strong>de</strong>lsgesellschaften müssen die <strong>de</strong>taillierte Aufschlüsselung<br />
<strong>de</strong>r Kapitalkontenentwicklung erst vom Jahr 2015 an<br />
übermitteln.<br />
> Die Datenübertragung erfolgt im XBRL-Standard (Extensible Business<br />
Reporting Language), <strong>de</strong>r bereits zur Offenlegung <strong>de</strong>r Jahresabschlüsse<br />
beim elektronischen Bun<strong>de</strong>sanzeiger verwen<strong>de</strong>t wird.<br />
rechnet er zu<strong>de</strong>m mit 20 bis 25 Prozent mehr Zeitaufwand in<br />
<strong>de</strong>r Buchhaltung. Einen Vorteil könnte die E-Bilanz für Karges<br />
und seine Kollegen <strong>de</strong>nnoch bringen: Da die Finanzämter die<br />
Bilanzdaten künftig schneller auf Plausibilität prüfen können,<br />
sollte auch die Betriebsprüfung eher stattfi n<strong>de</strong>n. „Verkürzt <strong>de</strong>r<br />
Gesetzgeber im Gegenzug die Aufbewahrungspfl ichten für<br />
Unternehmen, könnten diese die Bücher schließen und hätten<br />
Rechtssicherheit“, sagt Heller. Dann schneien nicht zehn Jahre<br />
später noch Betriebsprüfer herein und wollen alte Unterlagen<br />
einsehen.<br />
„Der ganze Verwaltungsaufwand bei <strong>de</strong>r Umstellung<br />
wird auf die Unternehmen abgewälzt.“<br />
FLORIAN KARGES, FIHM MÜNCHEN AG, MÜNCHEN<br />
Fit für die E-Bilanz?<br />
> Analysieren Sie Ihr betriebliches Rechnungswesen:<br />
Lassen sich die in <strong>de</strong>r Taxonomie gefor<strong>de</strong>rten Daten<br />
aus Ihrer Buchführung entnehmen o<strong>de</strong>r ableiten?<br />
> Prüfen Sie Ihr Buchungsverhalten: Muss <strong>de</strong>r bisher<br />
genutzte Kontenrahmen um weitere Konten ergänzt<br />
wer<strong>de</strong>n?<br />
> Können alle Geschäftsvorfälle <strong>de</strong>n neuen Konten<br />
zugeordnet wer<strong>de</strong>n?<br />
> Welche Auswirkungen hat die E-Bilanz auf Nebenbuchhaltungssysteme?<br />
Sind hier Anpassungen<br />
notwendig?<br />
> Was ist für Sie – gegebenenfalls mit einem Berater<br />
– besser zu bewerkstelligen: Das Erstellen einer<br />
Han<strong>de</strong>lsbilanz mit Überleitungsrechnung o<strong>de</strong>r einer<br />
Steuerbilanz?<br />
> Können Sie die gefor<strong>de</strong>rten Kontennachweise<br />
erbringen?<br />
> Unterstützt Ihre Buchhaltungs-Software die Erstellung<br />
einer E-Bilanz?<br />
> Kann das eingesetzte ERP-System und die Buchhaltungs-Software<br />
die steuerrelevanten Daten XBRLkonform<br />
exportieren? Müssen neue Schnittstellen<br />
geschaffen wer<strong>de</strong>n?<br />
> Sind Ihre Mitarbeiter auf das Thema E-Bilanz<br />
vorbereitet? Investieren Sie in Schulungen?<br />
> Nutzen Sie das Jahr 2012 für die Umstellung und interne<br />
Probeläufe. Überprüfen Sie, ob alle Geschäftsvorfälle<br />
richtig gebucht und <strong>de</strong>n Taxonomiekonten<br />
zugeordnet wur<strong>de</strong>n.<br />
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Unter an<strong>de</strong>rem:<br />
> Checkliste: Fit für die E-Bilanz<br />
> Mustertext: E-Bilanz – Fahrplan zum<br />
Umstellungsprozess<br />
> Fachbeitrag: E-Bilanz<br />
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www.profi rma.<strong>de</strong>/knowledgeStart<br />
46 ProFirma 04 2012
Finanztrends<br />
Bürgschaften<br />
Nachfrage auf hohem Niveau<br />
Vor allem kleinere Unternehmen und Existenzgrün<strong>de</strong>r sind auf die<br />
Unterstützung <strong>de</strong>r Bürgschaftsbanken angewiesen.<br />
Nach <strong>de</strong>n vorläufi gen Zahlen <strong>de</strong>s Verbands<br />
<strong>de</strong>r Deutschen Bürgschaftsbanken<br />
erhielten die kleinen und mittleren<br />
Unternehmen (KMU) Bürgschaften<br />
und Garantien von rund 1,2 Milliar<strong>de</strong>n<br />
Euro. Damit wur<strong>de</strong> ein Kredit- und Beteiligungsvolumen<br />
von knapp 1,7 Milliar<strong>de</strong>n<br />
Euro ermöglicht, zehn Prozent<br />
weniger als im Jahr davor.<br />
„Wir sind trotz <strong>de</strong>s leichten Rückgangs<br />
zufrie<strong>de</strong>n mit unserer För<strong>de</strong>rung, ohne<br />
die rund 7.300 Unternehmen keine<br />
Finanzierung bekommen hätten“,<br />
erläutert Dr. Stefan Papirow, Vorsitzen<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>s Verbands Deutscher Bürgschaftsbanken,<br />
die Zahlen. Vor allem<br />
die Finanzierung kleiner Betriebe sei<br />
gesichert wor<strong>de</strong>n, wenn auch häufi g<br />
nur zu höheren Preisen. Erfreulich sind<br />
die stabilen Zahlen bei <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n<br />
Bürgschaftsbanken begleiteten Existenzgründungs-<br />
und Nachfolgefi nan-<br />
Falsche Finanzierung<br />
Mittelstand zahlt zu viel für<br />
Betriebsmittelkredite<br />
ProFirma 04 2012<br />
zierungen mit mehr als 3.000 Unternehmen<br />
und einem verbürgten Kredit- und<br />
Beteiligungsvolumen von rund 500 Millionen<br />
Euro.<br />
Dies entspricht einem Anteil von 42<br />
Prozent (Vorjahr: 38 Prozent) an allen<br />
vergebenen Bürgschaften und Garantien<br />
<strong>de</strong>r Bürgschaftsbanken. „Wichtig<br />
für die nächsten Jahre sind neben <strong>de</strong>r<br />
Finanzierungsbereitschaft <strong>de</strong>r Banken<br />
auch unterstützen<strong>de</strong> politische Rahmenbedingungen,<br />
um <strong>de</strong>m Mittelstand<br />
zu helfen“, betont Papirow.<br />
profi rma<br />
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Dem <strong>de</strong>utschen Mittelstand ist im vierten Quartal 2011 ein Zinsscha<strong>de</strong>n von mehr<br />
als 400 Millionen Euro aus zu hohen Zinsen für Betriebsmittelkredite entstan<strong>de</strong>n.<br />
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Zins-Cockpit“ <strong>de</strong>r Unternehmensberatung<br />
Schulz & Partner in München. Trotz einer kurzen Laufzeit von bis zu einem Jahr<br />
und einer damit verbun<strong>de</strong>nen niedrigeren Risikoausfallwahrscheinlichkeit berechnen<br />
die Banken <strong>de</strong>r Studie zufolge ihren Geschäftskun<strong>de</strong>n überhöhte Kreditzinsen<br />
und geben Zinssenkungen an diese nicht weiter. Oft fehlten <strong>de</strong>n Unternehmen Vergleichsmöglichkeiten,<br />
um sich optimal auf die Zinsverhandlungen vorbereiten zu<br />
können. Die Folge davon sind überteuerte Kredite mit unfairen Zinsen. Die innerhalb<br />
<strong>de</strong>s Zins-Cockpits ermittelte Einsparung liege bei bis zu 30 Prozent.<br />
INFO: www.schulz-beratung.<strong>de</strong><br />
Neues Programm<br />
Bund und KfW för<strong>de</strong>rn<br />
Energieberatung<br />
Das Bun<strong>de</strong>sministerium für Wirtschaft<br />
und Technologie und die KfW wer<strong>de</strong>n<br />
die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Energieeffi zienzberatung<br />
für kleine und mittlere Unternehmen<br />
(KMU) unter <strong>de</strong>m neuen<br />
Namen „Energieberatung Mittelstand“<br />
fortsetzen. Ziel <strong>de</strong>s Programms ist die<br />
För<strong>de</strong>rung einer effi zienten Energieverwendung<br />
in kleinen und mittleren<br />
Betrieben und bei freiberufl ich Tätigen<br />
durch einen Zuschuss zu <strong>de</strong>n Kosten<br />
einer qualifi zierten und unabhängigen<br />
Energieeffi zienzberatung.<br />
Die „Energieberatung Mittelstand“<br />
steht Unternehmern, Freiberufl ern und<br />
Selbstständigen mit jährlichen Energiekosten<br />
von mehr als 5.000 Euro zur<br />
Verfügung. Auch künftig erhalten sie<br />
Zuschüsse bis zu 1.280 Euro für eine<br />
Initialberatung o<strong>de</strong>r bis zu 4.600 Euro<br />
für eine Detailberatung. Damit können<br />
jeweils bis zu 80 Prozent <strong>de</strong>r Kosten für<br />
die Initialberatung o<strong>de</strong>r 60 Prozent <strong>de</strong>r<br />
Kosten für die Detailberatung durch die<br />
Zuschussför<strong>de</strong>rung abge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n.<br />
Erste Ansprechpartner sind unverän<strong>de</strong>rt<br />
Kammerinstitutionen, Energieagenturen<br />
und Wirtschaftsför<strong>de</strong>rgesellschaften.<br />
INFO: www.kfw.<strong>de</strong><br />
47
Finanzen & Steuern – Finanzierung<br />
Factoring<br />
Schneller ans Geld<br />
Der Verkauf von For<strong>de</strong>rungen gilt bei vielen Unternehmen<br />
als teurer Spaß. Firmenchefs, die genauer rechnen,<br />
möchten auf die Vorteile aber nicht mehr verzichten.<br />
VON EVA NEUTHINGER<br />
Lange Zahlungsziele von 60 Tagen gehören<br />
für Hans Theodor Wegener zum<br />
guten Service. Der Geschäftsführer <strong>de</strong>s<br />
Traditionsunternehmens R & M Wegener<br />
GmbH & Co. KG im hessischen<br />
Lauterbach produziert und vertreibt<br />
Hüte und Mützen. Zu seinen Kun<strong>de</strong>n<br />
zählen in erster Linie Einzel- und Großhan<strong>de</strong>lsunternehmen.<br />
Wegener kann<br />
sich so viel Großzügigkeit leisten. Denn<br />
er verkauft seine For<strong>de</strong>rungen an die<br />
Deutsche Factoring Bank in Bremen.<br />
„Diese Finanzierungsform hat sich für<br />
FACTORING:<br />
Formen und Formalien<br />
mich bewährt“, sagt Wegener. Je<strong>de</strong>n<br />
Montag versen<strong>de</strong>t er elektronisch seine<br />
Rechnungen an die Gesellschaft. „Wenige<br />
Tage später habe ich das Geld auf<br />
meinem Konto“, so <strong>de</strong>r Unternehmer.<br />
Auch für seine Kun<strong>de</strong>n ist <strong>de</strong>r Verkauf<br />
<strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rungen kein Problem: „Bisher<br />
hat noch niemand negativ reagiert.“<br />
Wohl auch <strong>de</strong>shalb, weil viele seiner<br />
Abnehmer selbst Factoring zur Finanzierung<br />
nutzen. „Es ist in unserer Branche<br />
schon lange kein Makel mehr, For<strong>de</strong>rungen<br />
zu verkaufen“, so Wegener.<br />
Full-Service-, stilles o<strong>de</strong>r Ausschnitts-Factoring – Unternehmer können verschie<strong>de</strong>ne<br />
Varianten wählen. Die wichtigsten Details:<br />
Full-Service: Der Factor übernimmt die Finanzierung, das Delkre<strong>de</strong>re, das Mahnwesen<br />
und die Debitorenbuchhaltung. Im Mittelstand kommt diese Variante häufi g vor.<br />
Ausschnitts-Factoring: Der Unternehmer verkauft nicht seinen gesamten, son<strong>de</strong>rn<br />
nur <strong>de</strong>n For<strong>de</strong>rungsbestand bestimmter Schuldner. Je mehr Debitoren <strong>de</strong>r Factor aber<br />
übernimmt, <strong>de</strong>sto geringer ist sein Risiko und <strong>de</strong>sto niedrigere Gebühren fallen für<br />
<strong>de</strong>n Firmenchef an.<br />
Stilles und offenes Factoring: Bei Ersterem erfährt <strong>de</strong>r Debitor nichts vom Verkauf<br />
<strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rung. Das wird <strong>de</strong>r Factor nur bei guten Kun<strong>de</strong>n mit entsprechen<strong>de</strong>r Bonität<br />
und Zahlungsmoral akzeptieren. Beim offenen Factoring wer<strong>de</strong>n die Kun<strong>de</strong>n schriftlich<br />
informiert, sie überweisen direkt an die Finanzierungsgesellschaft.<br />
Die Formalien: Der durchschnittliche Rechnungswert sollte bei mehr als 250 Euro, im<br />
Exportgeschäft bei rund 1.500 Euro liegen. Dabei muss es sich immer um gewerbliche<br />
Kun<strong>de</strong>n und einen weitgehend festen Abnehmerkreis han<strong>de</strong>ln.<br />
Vor allem in <strong>de</strong>r Textilwirtschaft, aber<br />
auch in <strong>de</strong>r Automobilindustrie wird<br />
dieses Instrument beson<strong>de</strong>rs häufi g<br />
eingesetzt. „Von immer mehr Firmen<br />
genutzt, hat sich das Image von Factoring<br />
verbessert“, sagt Hendrik Harms,<br />
Geschäftsführer <strong>de</strong>r Deutschen Factoring<br />
Bank.<br />
Factoring bietet viele Vorteile. Ganz<br />
oben steht die Verbesserung <strong>de</strong>r Eigenkapitalstruktur.<br />
Denn durch <strong>de</strong>n Ver-<br />
48 ProFirma 04 2012
Foto: privat<br />
kauf <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rungen verkürzt sich die<br />
Bilanz, und das langfristige Fremdkapital<br />
kann zurückgefahren wer<strong>de</strong>n. Nach<br />
einer aktuellen Umfrage <strong>de</strong>s Deutschen<br />
Factoring-Verbands in Berlin ist dies für<br />
43,8 Prozent <strong>de</strong>r Unternehmen ein Motiv,<br />
sich für Factoring zu entschei<strong>de</strong>n.<br />
Noch mehr Firmen (92,7 Prozent) wollen<br />
sich allerdings in erster Linie eine<br />
stabilere Finanzierungsbasis und 57,5<br />
Prozent eine größere Unabhängigkeit<br />
von <strong>de</strong>n Banken verschaffen.<br />
Auf diesen Vorteil legt zum Beispiel Georg<br />
Blessing, Inhaber <strong>de</strong>r Georg Blessing<br />
Vertriebs GmH in München, beson<strong>de</strong>ren<br />
Wert. Der Firmenchef produziert<br />
und vertreibt Cashmere-Textilien. Seit<br />
16 Jahren verkauft Blessing seine For<strong>de</strong>rungen.<br />
„Factoring spült uns laufend<br />
und zeitnah frisches Geld in die Firma.<br />
Auf diese Weise konnten wir unsere<br />
Position gegenüber <strong>de</strong>n Banken verbessern“,<br />
betont <strong>de</strong>r Unternehmer.<br />
Auch <strong>de</strong>r Schutz vor Zahlungsausfällen<br />
(45,7 Prozent) spielt laut Umfrage<br />
<strong>de</strong>s Verbands für die Unternehmen eine<br />
große Rolle. Der Factor übernimmt das<br />
Delkre<strong>de</strong>rerisiko. Je<strong>de</strong> vierte kleinere<br />
Firma will zusätzlich ihre Buchhaltung<br />
entlasten. Diese Unternehmen übertragen<br />
dann ihr gesamtes Mahnwesen<br />
gleich mit auf die Gesellschaft. Diese<br />
Art <strong>de</strong>r Zusammenarbeit nennt man<br />
Full-Service-Factoring (siehe auch Kasten<br />
auf Seite 52).<br />
Inhouse-Lösung häufi g gewählt<br />
Wegener nutzt allerdings die Inhouse-<br />
Lösung. Die Debitorenbuchhaltung inklusive<br />
Mahnwesen bleibt bei ihm. Er<br />
überträgt das Inkasso erst nach <strong>de</strong>r dritten<br />
Mahnung. „Weil wir unsere guten<br />
Kun<strong>de</strong>nbeziehungen nicht stören wollen.<br />
Säumige Zahler wissen dann genau,<br />
wann es ernst wird “, sagt Wegener.<br />
Wie er wählen rund 60 Prozent <strong>de</strong>r Unternehmer<br />
die Inhouse-Variante. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
für kleinere Firmen ist das auch<br />
eine Kostenfrage. Denn <strong>de</strong>r Verkauf von<br />
For<strong>de</strong>rungen gilt als teuer. „Bei seriösen<br />
Anbietern kann <strong>de</strong>r Unternehmer beim<br />
Full-Service-Factoring etwa so viel veranschlagen<br />
wie für einen Betriebsmittelkredit“,<br />
erklärt Jörg Matzek, Leiter<br />
Vertriebssteuerung und Marketing <strong>de</strong>r<br />
ProFirma 04 2012<br />
Süd-Factoring GmbH in Stuttgart. Der<br />
Obolus setzt sich prinzipiell aus einem<br />
festen Zinssatz und einer individuellen<br />
Komponente zusammen. „Wie hoch<br />
die Komponente im Einzelfall ausfällt,<br />
hängt von verschie<strong>de</strong>nen Faktoren ab<br />
– unter an<strong>de</strong>rem von <strong>de</strong>r Bonität <strong>de</strong>r Beteiligten<br />
und von <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nstruktur“,<br />
so Matzek.<br />
Hintergrund: Die Factoring-Gesellschaften<br />
wollen ihr Zahlungsausfallrisiko<br />
minimieren. Firmen, die nur we-<br />
INTERVIEW<br />
„Factoring lohnt sich“<br />
nige Kun<strong>de</strong>n und damit eine geringere<br />
Risikostreuung haben, zahlen zumeist<br />
mehr. „Konzentrationen von bis zu 20<br />
Prozent <strong>de</strong>s Gesamtumsatzes auf einen<br />
Kun<strong>de</strong>n sind optimal“, erklärt Volker<br />
Ernst, Sprecher <strong>de</strong>s Verbands Factoring<br />
für <strong>de</strong>n Mittelstand (siehe Interview<br />
unten). Ab einer Quote von 50 Prozent<br />
wird es kritisch. „In Einzelfällen kann<br />
das zwar noch machbar sein, aber entschei<strong>de</strong>nd<br />
ist dann die Bonität <strong>de</strong>r Anschlusskun<strong>de</strong>n“,<br />
sagt Ernst.<br />
Volker Ernst ist Vorstand <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverbands Factoring<br />
für <strong>de</strong>n Mittelstand. DAS GESPRÄCH FÜHRTE EVA NEUTHINGER<br />
Herr Ernst, wann sollten Firmen ihre For<strong>de</strong>rungen<br />
verkaufen?<br />
Ernst: Dafür kann es verschie<strong>de</strong>ne Grün<strong>de</strong> geben.<br />
Prinzipiell bietet sich diese Finanzierungsform für<br />
Unternehmen an, die ihren Kun<strong>de</strong>n lange Zahlungsziele<br />
von mehr als 30 Tagen gewähren. Gleiches gilt<br />
für Firmen, die stark wachsen und <strong>de</strong>shalb regelmäßig<br />
mit neuen Kun<strong>de</strong>n zusammenarbeiten.<br />
Ab welchem Umsatzvolumen kommt Factoring infrage?<br />
Ernst: Eine festgeschriebene Umsatzgrenze gibt es nicht. In <strong>de</strong>r Regel können For<strong>de</strong>rungen<br />
ab einem Gesamtumsatz von rund 100.000 Euro im Jahr verkauft wer<strong>de</strong>n.<br />
Verschie<strong>de</strong>ne Anbieter interessieren sich allerdings erst ab einer Größenordnung von<br />
rund 500.000 Euro für Factoring.<br />
Factoring gilt aber als teuer.<br />
Ernst: Relativ gesehen ist es das aber nicht. Denn <strong>de</strong>r Firmenchef kann in <strong>de</strong>r Regel<br />
durch <strong>de</strong>n schnellen Zahlungseingang Skonti ziehen. Auch verbessert er sein Rating.<br />
Folgefi nanzierungen wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>shalb günstiger. Unterm Strich lohnt sich das vielfach.<br />
Bei welchen For<strong>de</strong>rungen gibt es Probleme beim Verkauf?<br />
Ernst: Die Gesellschaften sind in erster Linie daran interessiert, dass eine regelmäßige<br />
Geschäftsbeziehung zum Kun<strong>de</strong>n besteht. Private For<strong>de</strong>rungen sind ausgeschlossen,<br />
weil Konsumenten nicht kreditversicherbar sind. Falls <strong>de</strong>r normale gewerbliche Kun<strong>de</strong><br />
Mängel angezeigt hat o<strong>de</strong>r aus an<strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong>n nur mit Abschlag zahlen will,<br />
kann die Factoring-Gesellschaft das Risiko auch nicht übernehmen. Zu<strong>de</strong>m eignen<br />
sich For<strong>de</strong>rungen, die <strong>de</strong>r Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)<br />
unterliegen, in <strong>de</strong>r Regel nicht für <strong>de</strong>n Verkauf – aufgrund <strong>de</strong>r Abschlagszahlungen<br />
und aufgrund <strong>de</strong>r Tatsache, dass die Leistungen hier nicht vollständig erbracht sind.<br />
49
Finanzen & Steuern – Versicherungen<br />
Krankenversicherung<br />
Eine Entscheidung fürs Leben<br />
Einmal privat versichert – immer privat versichert. Viele Selbstständige mussten in <strong>de</strong>r<br />
jüngsten Zeit massive Beitragserhöhungen verkraften. Doch die Rückkehr in die gesetz-<br />
liche Krankenversicherung ist meist versperrt. VON SILKE BECKER<br />
Gesetzlich o<strong>de</strong>r privat - die Wahl <strong>de</strong>r<br />
Krankenversicherung sollte gut überlegt<br />
sein. „Viele Privatversicherte <strong>de</strong>nken<br />
nicht langfristig, son<strong>de</strong>rn lassen<br />
sich von günstigen Einstiegsangeboten<br />
blen<strong>de</strong>n“, erklärt <strong>de</strong>r unabhängige Versicherungsberater<br />
Rüdiger Falken von<br />
<strong>de</strong>r Hamburger Kanzlei Falken. Tatsächlich:<br />
Junge, gesun<strong>de</strong> Unternehmer<br />
und Selbstständige zahlen bei privaten<br />
Anbietern häufi g zumin<strong>de</strong>st in <strong>de</strong>n ersten<br />
Jahren <strong>de</strong>utlich weniger als bei <strong>de</strong>n<br />
gesetzlichen Kassen.<br />
„Der Beitrag für eine private Krankenversicherung<br />
wird für je<strong>de</strong>n Versicherten<br />
individuell anhand seines Eintrittsalters,<br />
seines Gesundheitszustands und<br />
<strong>de</strong>s gewünschten Leistungsumfangs<br />
berechnet“, erklärt Oliver Stenzel, Pressereferent<br />
beim Verband <strong>de</strong>r Privaten<br />
Krankenversicherungen (PKV) in Berlin.<br />
Die gesetzlichen Kassen setzen dagegen<br />
bei Selbstständigen zunächst ein<br />
Min<strong>de</strong>steinkommen von 3.825 Euro<br />
pro Monat an. Darauf sind <strong>de</strong>rzeit rund<br />
600 Euro Beitrag fällig. Unternehmer<br />
zahlen also <strong>de</strong>utlich mehr als vergleichbar<br />
verdienen<strong>de</strong> Angestellte, weil <strong>de</strong>r<br />
Arbeitgeberanteil wegfällt.<br />
Das klingt auf <strong>de</strong>n ersten Blick teuer.<br />
Doch wenn es fi nanziell eng wird, haben<br />
gesetzlich versicherte Unternehmer<br />
einen großen Vorteil: Ihre Beiträge<br />
wer<strong>de</strong>n einkommensabhängig berechnet.<br />
Bei einem Einkommen, das nachweislich<br />
weniger als 3.825 Euro brutto<br />
beträgt, zahlen sie nur darauf 15,5 Prozent,<br />
min<strong>de</strong>stens aber rund 310 Euro.<br />
Privat versicherte Chefs dagegen müssen<br />
immer <strong>de</strong>n vollen Beitrag zahlen,<br />
auch wenn die Geschäfte einmal nicht<br />
mehr so gut laufen sollten. Das gilt sogar<br />
dann, wenn sie plötzlich auf Sozialhilfeniveau<br />
leben müssen.<br />
Im Alter wird es für Privatversicherte<br />
beson<strong>de</strong>rs teuer<br />
Finanziell so richtig interessant wird die<br />
Gesetzliche allerdings im Alter: Versicherte<br />
in <strong>de</strong>n privaten Kassen müssen<br />
auch dann die vollen Beiträge zahlen,<br />
wenn ihre Rente nur sehr mager aus-<br />
fällt. Derzeit überweisen viele Senioren<br />
schon mehr als 800 Euro monatlich.<br />
Bei <strong>de</strong>n gesetzlichen Kassen dagegen<br />
bekommen Unternehmer <strong>de</strong>n Versicherungsschutz<br />
im Alter oft sehr günstig.<br />
Denn wer in <strong>de</strong>r zweiten Hälfte <strong>de</strong>s<br />
Berufslebens min<strong>de</strong>stens 90 Prozent <strong>de</strong>r<br />
Zeit gesetzlich versichert war, wird als<br />
Rentner automatisch zum sogenannten<br />
Pfl ichtversicherten. Dann wer<strong>de</strong>n nach<br />
Angaben <strong>de</strong>s Spitzenverbands <strong>de</strong>r Gesetzlichen<br />
Kassen 8,2 Prozent auf die<br />
gesetzliche Rente fällig, 15,5 Prozent<br />
auf Betriebsrenten und 14,9 Prozent auf<br />
eventuelle Arbeitseinkommen. An<strong>de</strong>re<br />
Einnahmequellen, etwa private Lebens-<br />
Gesetzliche und private Krankenversicherung<br />
im Vergleich<br />
Quelle: eigene Recherchen<br />
gesetzlich privat<br />
Gesundheitsprüfung nein ja (auch im Basistarif)<br />
Zuschläge bei Vorerkrankungen nein ja (außer im Basistarif)<br />
Beitragsberechnung einkommensabhängig nach individuellem Risiko, Eintrittsalter und<br />
Leistungsumfang (außer im Basistarif)<br />
Leistungen gesetzlich geregelt individuell vereinbart<br />
Kin<strong>de</strong>r beitragsfrei eigene Policen/eigene Beiträge<br />
nicht erwerbstätige Ehe- o<strong>de</strong>r<br />
eingetragene Lebenspartner<br />
Abrechnung zwischen Arzt und<br />
Versicherung<br />
Kostenrisiko nein, erfolgte Behandlungen<br />
wer<strong>de</strong>n<br />
bezahlt<br />
beitragsfrei eigene Policen/eigene Beiträge<br />
Rechnungssumme wird vom Patienten<br />
ausgelegt und anschließend vom Versicherer<br />
erstattet<br />
ja, Versicherung prüft Kostenübernahme<br />
erst nach erfolgter Behandlung, kann<br />
unter bestimmten Bedingungen Erstattung<br />
verweigern<br />
50 ProFirma 04 2012
versicherungen o<strong>de</strong>r Mieteinnahmen,<br />
wer<strong>de</strong>n nicht berücksichtigt. „Da viele<br />
Selbstständige nur eine sehr kleine gesetzliche<br />
Rente und kaum nennenswerte<br />
Betriebsrenten erhalten, wird die<br />
Krankenversicherung im Alter dann<br />
sehr günstig“, erklärt Rüdiger Falken.<br />
Schafft ein Selbstständiger diese 90-Prozent-Hür<strong>de</strong><br />
allerdings nicht mehr, weil<br />
er zwischendurch längere Zeit privat<br />
versichert war, wird er als Senior freiwillig<br />
versichert. In diesem Fall wird<br />
praktisch das gesamte Alterseinkommen<br />
bis zur Beitragsbemessungsgrenze<br />
von <strong>de</strong>rzeit 3.825 Euro herangezogen.<br />
Auf die gesetzliche Rente wer<strong>de</strong>n dann<br />
8,2 Prozent Beitrag fällig, 15,5 Prozent<br />
auf eventuelle Betriebsrenten und 14,9<br />
auf die restlichen beitragspfl ichtigen<br />
Einnahmen.<br />
Da ein weiterer Anstieg <strong>de</strong>r Beiträge zur<br />
Krankenversicherung in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n<br />
Jahren programmiert ist, stellen sich<br />
<strong>de</strong>rzeit viele privat versicherte Selbstständige<br />
die Frage, was sie dagegen tun<br />
können. Lei<strong>de</strong>r nicht viel, lautet die lapidare<br />
Antwort. „Je<strong>de</strong>r Versicherte hat<br />
einen gesetzlichen Anspruch auf einen<br />
Wechsel in einen an<strong>de</strong>ren Tarif“, nennt<br />
Falken eine Möglichkeit. Weniger Beitrag<br />
be<strong>de</strong>utet häufi g weniger Leistung<br />
o<strong>de</strong>r einen höheren Selbstbehalt, aber<br />
nicht immer: „In vielen Fällen konnten<br />
wir mit einem Tarifwechsel erheblich<br />
geringere Beiträge bei annähernd gleichen<br />
Leistungen erreichen“, so die Erfahrung<br />
von Falken. Eine Alternative ist<br />
<strong>de</strong>r sogenannte Basistarif. Er bringt aber<br />
oft keine Entlastung.<br />
Tricksen hilft nicht weiter<br />
Kein Wun<strong>de</strong>r also, dass so mancher Unternehmer<br />
nach einigen Jahren in <strong>de</strong>r<br />
Privaten mit <strong>de</strong>m Wechsel zurück in<br />
die Gesetzliche liebäugelt. „Grundsätzlich<br />
kommt man nur wie<strong>de</strong>r in die gesetzliche<br />
Kasse, wenn man nicht mehr<br />
selbstständig tätig ist, son<strong>de</strong>rn eine sozialversicherungspfl<br />
ichtige Beschäftigung<br />
aufnimmt“, sagt Versicherungsexperte<br />
Falken. Ein solcher Wechsel von<br />
<strong>de</strong>r Selbstständigkeit in eine abhängige<br />
Beschäftigung muss aber rechtzeitig<br />
erfolgen: Denn ein Unternehmer, <strong>de</strong>r<br />
älter als 55 Jahre ist, bleibt trotz sozial-<br />
ProFirma 04 2012<br />
Eine schwierige Wahl: Die private<br />
Krankenversicherung ist für Selbstständige<br />
verlockend, hat aber ihre Tücken.<br />
STICHWORT<br />
Basistarif<br />
Seit <strong>de</strong>m 1. Januar 2009 müssen<br />
die privaten Krankenkassen ihren<br />
Versicherten einen Basistarif<br />
anbieten. Er zeichnet sich durch<br />
folgen<strong>de</strong> Merkmale aus:<br />
> Art, Umfang und Höhe <strong>de</strong>r<br />
Leistungen entsprechen <strong>de</strong>m Tarif<br />
in <strong>de</strong>r gesetzlichen Krankenkasse.<br />
> Der Basistarif muss immer <strong>de</strong>n<br />
Vorgaben für die gesetzlichen<br />
Krankenkassen folgen. Wer<strong>de</strong>n dort<br />
Leistungen gekürzt, dann gilt das<br />
auch für <strong>de</strong>n Basistarif.<br />
> Die Beitragshöhe ist vom Umfang<br />
<strong>de</strong>r versicherten Leistungen, vom<br />
Eintrittsalter und vom Geschlecht<br />
abhängig. Vorerkrankungen bei<br />
Versicherungsbeginn spielen<br />
jedoch keine Rolle: Die maximale<br />
Beitragshöhe beträgt rund 600 Euro<br />
je Monat.<br />
> An<strong>de</strong>rs als in <strong>de</strong>r GKV wird im Basistarif<br />
für je<strong>de</strong> versicherte Person<br />
ein eigener Beitrag erhoben. Ein<br />
Ehepaar zahlt also stets zwei Beiträge.<br />
Gleiches gilt für Kin<strong>de</strong>r.<br />
versicherungspfl ichtiger Beschäftigung<br />
weiter privat krankenversichert.<br />
Zum Scheitern verurteilt sind daher<br />
auch Tricks, wie sie in <strong>de</strong>r Praxis hin<br />
und wie<strong>de</strong>r vorkommen. So hilft es gar<br />
nichts, wenn sich ein Geschäftsführer<br />
mit Minigehalt im eigenen Unternehmen<br />
anstellen lässt, <strong>de</strong>nn auch unabhängig<br />
vom Einkommen wird er grundsätzlich<br />
nicht sozialversicherungspfl ichtig.<br />
Gleiches gilt beim Versuch, einfach für<br />
einige Wochen einen Arbeitsvertrag für<br />
einen sozialversicherungspfl ichtigen<br />
Job zu unterschreiben. „Der Wechsel<br />
in die sozialversicherungspfl ichtige<br />
Beschäftigung muss hauptberufl ich<br />
erfolgen und auf Dauer angelegt sein“,<br />
erklärt Falken. Das be<strong>de</strong>utet im Normalfall,<br />
dass man für min<strong>de</strong>stens ein Jahr<br />
<strong>de</strong>n allergrößten Teil seiner Arbeitszeit<br />
auf diese Angestelltentätigkeit verwen<strong>de</strong>n<br />
muss. „Man darf zwar weiterhin<br />
Gesellschafter <strong>de</strong>s eigenen Unternehmens<br />
sein, kann dort aber kaum noch<br />
tätig wer<strong>de</strong>n“, so Falken. In <strong>de</strong>r Praxis<br />
heißt das also in <strong>de</strong>n meisten Fällen: Geschäftsaufgabe.<br />
Denn kaum ein Unternehmen<br />
verkraftet es, wenn <strong>de</strong>r Chef so<br />
lange das Ru<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Hand gibt.<br />
Auch ein Unternehmer, <strong>de</strong>r sein Geschäft<br />
aufgeben muss, bleibt privat<br />
versichert. Das gilt sogar dann, wenn<br />
er auf Sozialleistungen angewiesen ist.<br />
Einzige Ausnahme: Wer verheiratet ist,<br />
hat bekanntlich keinen Anspruch auf<br />
Geld vom Staat, solange <strong>de</strong>r Ehepartner<br />
für <strong>de</strong>n Lebensunterhalt sorgen kann.<br />
Ist <strong>de</strong>r Partner gesetzlich krankenversichert,<br />
kann <strong>de</strong>r Selbstständige in die<br />
beitragsfreie Familienmitversicherung<br />
eintreten. Das gilt auch für Versicherte<br />
über 55 Jahre. In diesem Fall darf <strong>de</strong>r Ex-<br />
Unternehmer aber keine Einnahmen<br />
aus selbstständiger Tätigkeit mehr erwirtschaften.<br />
Fazit: Je<strong>de</strong>r Unternehmer sollte sich<br />
schon in <strong>de</strong>r Gründungsphase sehr genau<br />
überlegen, welche Versicherungsform<br />
er wählt. Entschei<strong>de</strong>t er sich für<br />
die private Krankenversicherung, bleibt<br />
ihm bei späteren fi nanziellen Schwierigkeiten<br />
meist nichts an<strong>de</strong>res übrig, als<br />
gemeinsam mit einem Berater zu prüfen,<br />
wie er beim Versicherungsschutz<br />
sparen kann.<br />
51
Finanzen & Steuern<br />
Steuertipps<br />
Photovoltaik<br />
Licht und Schatten im Steuerdschungel<br />
Wer Solarstrom auf <strong>de</strong>m eigenen Dach erzeugt, profi tiert nicht nur von <strong>de</strong>r Einspeisevergütung.<br />
Hinzu kommen Steuerersparnisse – wenn die Regeln beachtet wer<strong>de</strong>n. VON OTTFRIED WEISS<br />
Trotz <strong>de</strong>r geplanten Kürzung <strong>de</strong>r Solarstromför<strong>de</strong>rung<br />
vom 1. April 2012 an<br />
boomt das Geschäft mit Photovoltaikanlagen.<br />
Denn neben <strong>de</strong>n gewünschten<br />
Einsparungen beim Strom lockt Kun<strong>de</strong>n<br />
vor allem die Aussicht auf Steuerersparnisse.<br />
Doch nicht immer geht<br />
die Rechnung mit <strong>de</strong>m Finanzamt auf.<br />
ProFirma beleuchtet die steuerlichen<br />
Vor- und Nachteile.<br />
Vorteil für Privatleute:<br />
Planung <strong>de</strong>r Investition<br />
Sind Kun<strong>de</strong>n unschlüssig, ob sie sich<br />
eine Photovoltaikanlage auf das Dach<br />
ihres Eigenheims installieren lassen sollen,<br />
überzeugt meist ein Zauberwort:<br />
Der Investitionsabzugsbetrag. Da Eigenheimbesitzer<br />
mit <strong>de</strong>r Einspeisung<br />
<strong>de</strong>s gewonnenen Stroms gegen Vergütung<br />
Gewerbetreiben<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n, stehen<br />
ihnen auch die steuerlichen Privilegien<br />
eines Gewerbetreiben<strong>de</strong>n zu.<br />
ProFirma rät: Deshalb ist <strong>de</strong>r Investitionsabzugsbetrag<br />
nach § 7g Abs. 1 EStG<br />
interessant. Danach können beim Finanzamt<br />
bereits bei Planung <strong>de</strong>s Kaufs<br />
einer Photovoltaikanlage 40 Prozent<br />
<strong>de</strong>r voraussichtlichen Investitionskosten<br />
als Betriebsausgaben geltend gemacht<br />
wer<strong>de</strong>n. Steuererstattungen sind<br />
die angenehme Folge, wie Beispiel 1 unten<br />
zeigt.<br />
Kürzungen bei Rente und<br />
Sozialleistungen<br />
Beim Kauf einer Photovoltaikanlage<br />
vergessen viele private Investoren aber<br />
oftmals, dass sie durch <strong>de</strong>n neuen Status<br />
als Gewerbetreiben<strong>de</strong> auch Nachteile erlei<strong>de</strong>n<br />
können. Schreiben Betreiber von<br />
Photovoltaikanlagen nämlich schwarze<br />
Zahlen – also Gewinne –, droht Ungemach.<br />
So etwa bei Frührentnern o<strong>de</strong>r<br />
bei Arbeitslosen, bei <strong>de</strong>nen es zu Kürzungen<br />
<strong>de</strong>r Renten o<strong>de</strong>r Sozialleistungen<br />
kommen kann. Doch es gibt eine<br />
Möglichkeit, diese Risiken zu vermei<strong>de</strong>n.<br />
Bei Eheleuten sollte die Rechnung<br />
über die Photovoltaikanlage nur auf <strong>de</strong>n<br />
Namen <strong>de</strong>s Ehegatten lauten, <strong>de</strong>r keine<br />
Frührente bezieht. In diesem Fall wird<br />
nur er zum Gewerbetreiben<strong>de</strong>n, und <strong>de</strong>r<br />
Ehegatte mit <strong>de</strong>r Frührente bezieht somit<br />
keine schädlichen Nebeneinkünfte.<br />
ProFirma rät: Sind Kürzungen bei <strong>de</strong>r<br />
Frührente o<strong>de</strong>r bei Sozialleistungen erfolgt,<br />
kann die Photovoltaikanlage auf<br />
nur einen Ehegatten o<strong>de</strong>r einen an<strong>de</strong>ren<br />
Familienangehörigen übertragen<br />
wer<strong>de</strong>n. Das funktioniert aber nur für<br />
die Zukunft und nicht für die Vergangenheit<br />
(Bayerisches Lan<strong>de</strong>samt für<br />
Steuern, Verfügung vom 17.2.2012, Az.<br />
S 7104.1.1-9/2 St33). Hier sollte jedoch<br />
ein Steuerberater hinzugezogen wer<strong>de</strong>n,<br />
<strong>de</strong>r die Weichen so stellt, dass das<br />
Finanzamt die Übertragung anerkennt.<br />
Nachteil für Unternehmer:<br />
Risiko Gewerbesteuer<br />
Auch Unternehmer mit hohem Energiebedarf<br />
setzen verstärkt auf Photovoltaikanlagen.<br />
Doch hier drohen bei<br />
bestimmten Konstellationen eklatante<br />
Beispiel 1: Herr und Frau Huber lassen sich im Jahr 2011 zum Thema Photovoltaik beraten. Bei<strong>de</strong> beschließen,<br />
En<strong>de</strong> 2012 eine 30.000 Euro teure Anlage auf das Dach ihres Eigenheims installieren zu lassen.<br />
Das Jahreseinkommen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n beträgt 90.000 Euro.<br />
Zu versteuern<strong>de</strong>s Einkommen 2011<br />
ohne Investitionsabzugsbetrag<br />
Abzug<br />
Investitionsabzugsbetrag<br />
Ohne<br />
Investitionsabzugsbetrag<br />
90.000 Euro 90.000 Euro<br />
Steuerlast (Einkommensteuer, Soli) 22.936 Euro<br />
Abzug Investitionsabzugsbetrag - 12.000 Euro (40 Prozent<br />
von 30.000 Euro)<br />
52 ProFirma 04 2012<br />
0 Euro<br />
Steuerlast 18.247 Euro 22.936 Euro<br />
Steuererstattung 2011 4.689 Euro<br />
Hinweis: Das Finanzamt verlangt zum Abzug <strong>de</strong>s Investitionsabzugsbetrags eine bereits verbindliche<br />
Bestellung <strong>de</strong>r Photovoltaikanlage. Dem Finanzgericht Münster genügt jedoch <strong>de</strong>r plausible Nachweis zur<br />
Investitionsabsicht ohne Bestellung (Urteil vom 8.2.2012, Az. 11 K 3035/10 E).
Beispiel 2: Die XY-GmbH vermietet eigene Immobilien und verwaltet eigenen Grundbesitz. Der Gewinn<br />
2011 beträgt 100.000 Euro. Der Hebesatz zur Gewerbesteuer beträgt 400 Prozent. Die XY-GmbH ließ sich<br />
im Jahr 2011 eine Photovoltaikanlage auf einem seiner Gebäu<strong>de</strong> installieren und erzielte daraus Vergütungen.<br />
Der Gewinn erhöht sich wegen Ausgaben in gleicher Höhe nicht.<br />
Risiken bei <strong>de</strong>r Gewerbesteuer. Die<br />
Re<strong>de</strong> ist vom Wegfall <strong>de</strong>r erweiterten<br />
Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1<br />
Sätze 2 und 3 GewStG. Hintergrund:<br />
Viele Unternehmen glie<strong>de</strong>rn Betriebsgebäu<strong>de</strong><br />
aus Haftungsgrün<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r aus<br />
steuerlichen Grün<strong>de</strong>n in eigene Firmen<br />
aus. Eine solche Konstruktion bringt<br />
Vorteile bei <strong>de</strong>r Gewerbesteuer. Denn<br />
besteht die Tätigkeit eines Unternehmens<br />
in <strong>de</strong>r bloßen Grundstücksverwaltung,<br />
fällt keine Gewerbesteuer an<br />
(erweiterte Grundstückskürzung). Fatal<br />
wird es aber dann, wenn ein solches<br />
Unternehmen eine Photovoltaikanlage<br />
installieren lässt und aus <strong>de</strong>r Einspeisung<br />
<strong>de</strong>s Stroms in das Netz Einnahmen<br />
erzielt. Dann erkennt das Finanzamt die<br />
komplette Grundstückskürzung nicht<br />
mehr an (FG Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg, Az. 6<br />
K 6181/08), siehe Beispiel 2 oben.<br />
ProFirma rät: Wer trotz erweiterter<br />
Grundstückskürzung eine Photovoltaikanlage<br />
auf <strong>de</strong>m Dach eines betrieblichen<br />
Gebäu<strong>de</strong>s installieren lassen<br />
ProFirma 04 2012<br />
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Ganzheitliches Energiemanagement Der<br />
Fachbeitrag gibt wertvolle Hinweise für eine<br />
nachhaltige Energieversorgung im Betrieb.<br />
Ohne Photovoltaikanlage Mit Photovoltaikanlage<br />
Gewinn aus Gewerbebetrieb 100.000 Euro 100.000 Euro<br />
Erweiterte Grundstückskürzung nach<br />
§ 9 Nr. 1 Satz 2GewStG<br />
- 100.000 Euro 0 Euro<br />
Gewerbeertrag 0 Euro 100.000 Euro<br />
Gewerbesteuer 0 Euro 14.000 Euro<br />
Fazit: Die Vergütungen aus <strong>de</strong>m Betreiben <strong>de</strong>s Photovoltaikanlage sind für die erweiterte Grundstückskürzung<br />
schädlich und führen zur Besteuerung.<br />
möchte, sollte die Dachfl äche an ein<br />
verbun<strong>de</strong>nes Unternehmen vermieten,<br />
dass anschließend die Photovoltaikanlage<br />
baut. Durch die Vermietung <strong>de</strong>r<br />
Dachfl äche ist die bloße Vermögensverwaltung<br />
als Voraussetzung für die<br />
erweiterte Grundstückskürzung wie<strong>de</strong>r<br />
gewahrt.<br />
1x1 <strong>de</strong>r Photovoltaik<br />
Gestaltungsspielraum bei <strong>de</strong>r Umsatzsteuer<br />
Viele Betreiber von Photovoltaikanlagen<br />
fragen sich, ob es möglich ist, von<br />
<strong>de</strong>r Normalbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung<br />
zu wechseln. Der<br />
Grund: Sie erwarten nach <strong>de</strong>m Bau<br />
keine größeren Ausgaben mit Vorsteuererstattung<br />
mehr und wollen sich <strong>de</strong>n<br />
Papierkram ersparen.<br />
Die Antwort lautet: Ein Wechsel ist möglich.<br />
Das Finanzamt hat jedoch eine Hür<strong>de</strong><br />
eingebaut. Sonst wür<strong>de</strong>n Betreiber<br />
von Photovoltaikanlagen sich im ersten<br />
Gewerbeanmeldung<br />
Nach <strong>de</strong>r Installation <strong>de</strong>r Anlage muss<br />
bei <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> eine Gewerbeanmeldung<br />
erfolgen. Viele Gemein<strong>de</strong>n<br />
verzichten jedoch angesichts <strong>de</strong>r nur<br />
spärlichen Gewinne auf die Anmeldung<br />
eines Gewerbes.<br />
Investitionsabzugsbetrag<br />
Den Investitionsabzugsbetrag tragen<br />
Betreiber vor Installation <strong>de</strong>r Anlage<br />
in das Formular G zur Einkommensteuererklärung<br />
ein.<br />
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Thema fi n<strong>de</strong>n Interessierte unter<br />
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Jahr die Vorsteuer aus sämtlichen Rechnungen<br />
erstatten lassen und sich vom<br />
zweiten Jahr an als Kleinunternehmer<br />
einstufen lassen. Aus diesem Grund<br />
dürfen Betreiber je nach Typ <strong>de</strong>r Photovoltaikanlage<br />
frühestens nach fünf o<strong>de</strong>r<br />
zehn Jahren zur Kleinunternehmerregelung<br />
wechseln. Bei einem früheren<br />
Wechsel verlangt das Finanzamt einen<br />
Teil <strong>de</strong>r Vorsteuer aus <strong>de</strong>m Kaufpreis und<br />
aus <strong>de</strong>r Installation wie<strong>de</strong>r zurück (§ 15a<br />
Abs. 1 UStG).<br />
Wartezeit für Wechsel ohne Vorsteuerrückerstattung<br />
Anlagentyp Wartezeit<br />
Auf-Dach-Photovoltaikanlage: Dieser Typ von Anlage ist kein wesentlicher Bestandteil<br />
<strong>de</strong>s Gebäu<strong>de</strong>s (OFD Frankfurt, Verfügung vom 17.10.2011, Az. S 7316 A-2-St 128).<br />
Dachintegrierte Photovoltaikanlage: Da solche Anlagen zugleich als Dachersatz dienen,<br />
gehören sie zum Gebäu<strong>de</strong>.<br />
Fünf Jahre<br />
Zehn Jahre<br />
Beispiel: Im Jahr 2004 ließen Sie eine dachintegrierte Photovoltaikanlage installieren. Kostenpunkt mit<br />
Dachsanierung: 30.000 Euro zzgl. 4.800 Euro Umsatzsteuer. Im Jahr 2012 lassen Sie sich beim Finanzamt<br />
als Kleinunternehmer einstufen.<br />
Folge: Da Sie die Zehnjahresfrist für dachintegrierte Anlagen nicht eingehalten haben, müssen Sie die<br />
im Jahr 2004 erstattete Vorsteuer im Jahr 2012 teilweise zurückzahlen. Zurückzuzahlen sind 20 Prozent<br />
von 4.800 Euro, also 960 Euro.<br />
53
IT & Investition – Pkw<br />
Verbrauch<br />
Kleine Schritte, große Wirkung<br />
Sparsam Auto fahren – wer will das nicht? Langfristig setzen Experten auf neue Antriebstechnologien.<br />
Doch auch die Effi zienzprogramme bei Diesel- und Benzinmotoren<br />
sind bemerkenswert. ProFirma zeigt die sparsamsten Mo<strong>de</strong>lle. VON JOSEF CLAHSEN<br />
DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE<br />
Elektrofahrzeuge und an<strong>de</strong>re alternative<br />
Antriebe wer<strong>de</strong>n Experten<br />
zufolge erst in einigen Jahren mit konventionellen<br />
Benzin- und Dieselmotoren<br />
konkurrieren können.<br />
Bis dahin setzen die Hersteller auf zahlreiche<br />
innovative Details, die sie in<br />
Effi zienzprogrammen zusammenführen<br />
und die <strong>de</strong>n Verbrauch erheblich<br />
senken. So entstehen Sparmo<strong>de</strong>lle, die<br />
auch betriebswirtschaftlich attraktiv sind.<br />
Kaum zu glauben: Der Schah von Persien bot im Jahr 1968 <strong>de</strong>n<br />
USA an, die folgen<strong>de</strong>n zehn Jahre Öl zum Preis von nur einem<br />
Dollar je Barrel (159 Liter) zu liefern – und die USA lehnten ab,<br />
weil ihnen das zu teuer war. 1978 kostete das Barrel Öl bereits<br />
14 Dollar, heute liegt <strong>de</strong>r Preis <strong>de</strong>utlich jenseits <strong>de</strong>r 100 Dollar<br />
– Ten<strong>de</strong>nz: Weiter steigend. Experten schätzen, dass in <strong>de</strong>n<br />
heute bekannten Lagerstätten insgesamt noch etwa 180 Trillionen<br />
Liter Öl vorhan<strong>de</strong>n sind – etwa doppelt so viel wie Wasser<br />
im Genfer See. Die internationale Energie-Agentur (IEA) hat<br />
berechnet, dass diese Vorräte bei einem Verbrauch von aktuell<br />
rund 89,2 Millionen Barrel in knapp 40 Jahren erschöpft<br />
wären. Zwar lässt sich die Menge <strong>de</strong>r verwertbaren Vorräte<br />
noch erhöhen – etwa mit riskanten Offshore-Bohrungen o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r besseren Verwertung von Ölsan<strong>de</strong>n –, allerdings hat laut<br />
IEA aber auch <strong>de</strong>r weltweite Verbrauch seinen Höhepunkt<br />
noch nicht erreicht. Sparen ist also angesagt, schon aus ökonomischer<br />
Überlegung. Auch die großen Automobilhersteller<br />
arbeiten <strong>de</strong>shalb mit Hochdruck an <strong>de</strong>r Entwicklung neuer<br />
Antriebstechnologien.<br />
Fahrzeug-Daten<br />
Typenbezeichnung:<br />
Merce<strong>de</strong>s C BlueEffi ciency<br />
250 CDI<br />
Hubraum: 2.143 ccm<br />
Leistung: 204 PS<br />
Verbrauch: 5,4 l/100<br />
CO 2-Ausstoß: 144 g/km<br />
Preis: 39.359 Euro<br />
„Ich bin davon überzeugt, dass sich kun<strong>de</strong>n- und nutzungsgerechte<br />
Antriebsvarianten durchsetzen wer<strong>de</strong>n“, sagt Dr.<br />
Thomas Weber, im Vorstand <strong>de</strong>r Daimler AG (Stuttgart) für<br />
Forschung und Entwicklung verantwortlich. „Auf Langstrecken<br />
wird uns <strong>de</strong>r effi ziente Verbrennungsmotor erhalten<br />
bleiben, im Überlandverkehr wer<strong>de</strong>n Elektrofahrzeuge mit<br />
Brennstoffzelle zum Einsatz kommen, und <strong>de</strong>r Stadtverkehr<br />
wird von Elektrofahrzeugen mit Brennstoffzelle, Batterie o<strong>de</strong>r<br />
Range Exten<strong>de</strong>r (kleine Zusatzaggregate, die die Reichweite<br />
erhöhen, Anm. d. Red.) dominiert wer<strong>de</strong>n“, erläutert Weber.<br />
Doch auch wenn Automessen suggerieren, dass das Zeitalter<br />
<strong>de</strong>r alternativen Antriebe bereits vor <strong>de</strong>r Tür steht, fi n<strong>de</strong>n sich<br />
im Massenmarkt bisher nur wenige Produkte. Im vergangenen<br />
Jahr wur<strong>de</strong>n laut Kraftfahrtbun<strong>de</strong>samt (KBA) rund 1,6 Millionen<br />
Benziner, 1,4 Millionen Dieselfahrzeuge und nur rund<br />
26.000 Fahrzeuge mit Erdgas-, Flüssiggas-, Elektro- o<strong>de</strong>r Hybridantrieb<br />
zugelassen. Die „alternative“ Klasse ist also nur<br />
mit knapp 0,8 Prozent Marktanteil präsent. Die Konsequenz:<br />
Bis Elektroauto & Co. wirklich konkurrenzfähig sein wer<strong>de</strong>n,<br />
54 ProFirma 04 2012<br />
Fotos: Hersteller
BMW 320 d Effi cient Dynamics Edition<br />
Lassen Sie sich nicht von <strong>de</strong>m sperrigen Namen verwirren. Das Editions-Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s 320 d von BMW verfügt über eine Technik, die mittels Fliehkraftpen<strong>de</strong>l<br />
am Massenschwungrad Autofahren quasi mit Standgas ermöglicht. Die im Vergleich zum 320 d um 21 PS reduzierte Edition (163 statt<br />
184 PS) schnurrt bereits ab 800 U/min ohne Ruckeln los, was <strong>de</strong>n Verbrauch auf knapp über vier Liter Diesel drückt. Dank Tieferlegung, Start-<br />
Stopp-Funktion, Leichtlaufreifen und Achtgangautomatik ist <strong>de</strong>r Knauserer bei BMW zum Vorbild avanciert. Mit nur etwas mehr als 100 Gramm<br />
Kohlendioxid pro Kilometer ist er <strong>de</strong>r König unter <strong>de</strong>n Mittelklasse-Dieseln. Und er kostet nicht mehr als ein normaler 320 d. Die gleiche Technik<br />
wird im neuen Dreier im Frühjahr 2012 angeboten. Aber auch die Baureihen X1, Einser und Fünfer wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>mnächst auf Diät gesetzt.<br />
setzen die Hersteller auf pragmatische Sparprogramme mit<br />
konventioneller Technik. Erster Ansatzpunkt <strong>de</strong>r Hersteller<br />
waren die Motoren. Mit <strong>de</strong>m sogenannten „downsizing“<br />
(Verkleinern) wur<strong>de</strong>n Acht- o<strong>de</strong>r Sechszylin<strong>de</strong>r-Motoren<br />
durch kräftige Vierzylin<strong>de</strong>r ersetzt. Die Verbrennung wur<strong>de</strong><br />
via Benzindirekteinspritzung und Turboaufl adung optimiert,<br />
was <strong>de</strong>n Verbrauch um bis zu 20 Prozent senkt.<br />
Weniger Zylin<strong>de</strong>r, mehr Leistung<br />
Die neue Technik erlaubt es sogar, mehr Leistung zu erzeugen.<br />
Hinzu kam eine „Diät“ für die meisten Mo<strong>de</strong>lle: Mit<br />
Leichtbaumaterialien wur<strong>de</strong> das Gewicht <strong>de</strong>r jüngsten Fahrzeuggeneration<br />
– je nach Hersteller und Aufwand – um zehn<br />
bis 15 Prozent gesenkt. Ein Beispiel: Der Golf VII wird in etwa<br />
das gleiche Gewichtsniveau erreichen wie <strong>de</strong>r Golf IV, <strong>de</strong>r bis<br />
zum Jahr 2003 gebaut wur<strong>de</strong>. Gewichtsersparnis im Vergleich<br />
zum Golf V: 113 Kilogramm.<br />
Auch bei Audi steht das Thema Gewichtsersparnis ganz oben<br />
auf <strong>de</strong>r Agenda: „Der Leichtbau spielt bei <strong>de</strong>r Reduzierung<br />
ProFirma 04 2012<br />
Fahrzeug-Daten<br />
Typenbezeichnung: 320 d<br />
Effi cient Dynamics Edition<br />
Hubraum: 1.995 ccm<br />
Leistung: 163 PS<br />
Verbrauch: 4,1 l/100<br />
CO 2-Ausstoß: 109 g/km<br />
Preis: 33.800 Euro<br />
Merce<strong>de</strong>s-Benz C 250 CDI Blue Effi ciency<br />
Die Nomenklatur <strong>de</strong>r Hersteller bei <strong>de</strong>n Sparmobilen ist stark vom<br />
Marketing beherrscht. Blue steht Pate für <strong>de</strong>n blauen Himmel, <strong>de</strong>n<br />
die Sparfüchse erhalten sollen. Und die Effi zienz muss natürlich<br />
auch ganz oben stehen. Die seit März 2011 auf <strong>de</strong>m Markt befi ndliche<br />
C-Klasse von Merce<strong>de</strong>s-Benz (<strong>de</strong>r Nachfolger kommt 2014)<br />
hat inzwischen für alle Motorisierungen das Label BlueEffi ciency<br />
eingeführt. Der C 250 CDI hebt sich dabei durch die serienmäßige<br />
Start-Stopp-Funktion von seinen kleineren Diesel-Kollegen ab.<br />
Dass die 200er und 220er Diesel sehr sparsam sind, ist nicht neu.<br />
Im vergangenen Jahr haben sie allerdings noch einen Spargang<br />
zugelegt: Heute lassen sich die rund 1.700 Kilogramm schweren<br />
Fahrzeuge mit 5,4 Litern 100 Kilometer weit bewegen.<br />
<strong>de</strong>s Spritverbrauchs eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle“, sagt Audi-Designchef<br />
Stefan Sielaff. „Audi hat das Thema bereits seit <strong>de</strong>m<br />
ersten Aluminium Space Frame (ASF) stark für sich besetzt<br />
und wird bald weitere innovative Konzepte in diesem Bereich<br />
präsentieren.“<br />
Hand in Hand greifen weitere Maßnahmen, die viele Hersteller<br />
in ihren sogenannten Effi zienzprogrammen bün<strong>de</strong>ln. Diese<br />
kleinen, punktuellen Verbesserungen sorgen in <strong>de</strong>r Summe<br />
für erstaunliche Ergebnisse und bescheren einigen Mittelklasselimousinen<br />
Verbrauchswerte, die noch vor einigen Jahren<br />
für Kleinwagen als Verkaufsargument gedient hätten.<br />
Die stetige Verbesserung <strong>de</strong>s Luftwi<strong>de</strong>rstandsbeiwerts (Cw-<br />
Wert) sorgt beispielsweise dafür, dass Fahrzeuge windschlüpfriger<br />
unterwegs sind. Leichtlauföle mit geringerer Viskosität<br />
reduzieren die Reibung im Motor und im Antriebsstrang, was<br />
die Effi zienz erhöht und <strong>de</strong>n Spritverbrauch senkt. Auch um<br />
<strong>de</strong>n Motor möglichst schnell in <strong>de</strong>n effi zientesten Verbrennungsmodus<br />
zu versetzen, haben die Hersteller Lösungen<br />
entwickelt. Entwe<strong>de</strong>r wird <strong>de</strong>r Kühlkreislauf erst gar nicht<br />
55
IT & Investition – Pkw<br />
aktiviert, o<strong>de</strong>r spezielle Klappen schließen <strong>de</strong>n Kühlerbereich<br />
fast hermetisch ab, bis die Temperatur stimmt. An<strong>de</strong>re elektrische<br />
Verbraucher (zum Beispiel die Klimaanlage) wer<strong>de</strong>n<br />
so lange vom Elektrokreislauf getrennt, bis sie wirklich benötigt<br />
wer<strong>de</strong>n. Hinzu kommen spezielle Leichtlaufreifen, die<br />
mit reduziertem Rollwi<strong>de</strong>rstand zur Verbrauchsmin<strong>de</strong>rung<br />
beitragen.<br />
Prinzip <strong>de</strong>r kleinen Schritte<br />
Es ist das Prinzip <strong>de</strong>r kleinen Schritte: Die wenigsten dieser<br />
Maßnahmen bringen nur Einsparungen im Bereich von einigen<br />
Prozentpunkten, es zählt das Gesamtergebnis am En<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Programms. Hinzu kommen Technologien, die <strong>de</strong>m Gesamtkonzept<br />
geschul<strong>de</strong>t sind: Die Start-Stopp-Automatik<br />
stellt <strong>de</strong>n Motor immer dann ab, wenn er nicht gebraucht<br />
wird. Steht man vor <strong>de</strong>r Ampel, ruht auch die Verbrennung.<br />
Das kann noch einmal zwei bis drei Prozent einsparen, je<br />
nach<strong>de</strong>m, wo sich das Fahrzeug hauptsächlich bewegt. Damit<br />
<strong>de</strong>r Wagen auch im dichten Stadtverkehr problemlos<br />
wie<strong>de</strong>r anspringt, greift während <strong>de</strong>r Fahrt die Rekuperation<br />
(Englisch „to recuperate“ = sich erholen, wie<strong>de</strong>rherstellen):<br />
Bremsenergie, die bislang vernichtet wur<strong>de</strong>, wird über diese<br />
Technik wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Energiekreislauf zugeführt und in <strong>de</strong>r<br />
BESTANDSENTWICKLUNG<br />
VON HYBRID- UND ELEKTROFAHRZEUGEN<br />
Prognose zur weltweiten Bestandsentwicklung von<br />
Hybrid- und Elektrofahrzeugen in <strong>de</strong>n Jahren 2009<br />
bis 2020 (in Millionen Fahrzeugen)<br />
56 ProFirma 04 2012<br />
Anzahl in Millionen<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
Quelle: PRTM<br />
Audi A 4 1,8 TFSI<br />
Turbo Fuel Stratifi ed Injection, also Benzindirekteinspritzung mit Turboaufl adung, nennt sich die Technik, die Audi beim aktuellen Facelift<br />
bis zur Perfektion getrieben hat. Wichtigste Bestandteile sind Vierzylin<strong>de</strong>rmotoren (Downsizing), die durch die Benzineinspritzung <strong>de</strong>n<br />
kostbaren Treibstoff geschickt in die Brennräume injizieren. Die Aufl adung <strong>de</strong>s Motors mit einem Turbo optimiert <strong>de</strong>n Verbrennungsprozess<br />
zusätzlich. Deshalb ist die kleine Limousine mit <strong>de</strong>m Beinamen 1,8 TFSI in <strong>de</strong>r Lage, im Schnitt mit einem Verbrauch um sechs Liter<br />
auszukommen. Im Stadtverkehr können es schon sieben bis acht Liter wer<strong>de</strong>n, aber im Mix ist es erheblich weniger. Das Ur-Mo<strong>de</strong>ll, <strong>de</strong>r<br />
Audi 80, wäre damit beileibe nicht zufrie<strong>de</strong>n gewesen.<br />
53,7<br />
2009<br />
58,1<br />
2010<br />
62,8<br />
2011<br />
67,7<br />
2012<br />
72,4<br />
2013<br />
76,8<br />
2014<br />
80,4<br />
2015<br />
83,1<br />
2016<br />
84,8<br />
2017<br />
85,2<br />
2018<br />
86,7<br />
2019<br />
88,4<br />
2020<br />
Fahrzeug-Daten<br />
Typenbezeichnung: 1,8 TFSI<br />
Hubraum: 1.798 ccm<br />
Leistung: 170 PS<br />
Verbrauch: 6,1 l/100<br />
CO 2-Ausstoß: 141 g/km<br />
Preis: 32.550 Euro<br />
Fotos: Hersteller
Die Online-Messe für CRM-Software.<br />
Veranstaltungsort:<br />
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Veranstaltungszeit:<br />
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,<br />
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IT & Investition – Pkw<br />
Batterie gespeichert. Noch nicht markenübergreifend ist das<br />
sogenannte „Segeln“ eingeführt. Dabei wird sogar im Schiebebetrieb,<br />
etwa bei leichtem Gefälle, <strong>de</strong>r Motor abgeschaltet. Er<br />
tritt erst wie<strong>de</strong>r in Aktion, wenn Leistung abgerufen wird.<br />
Dadurch können sogar SUV wie <strong>de</strong>r VW Touareg mit einem<br />
mo<strong>de</strong>raten Dieselverbrauch um acht Liter bewegt wer<strong>de</strong>n.<br />
Galt früher ein Automatikgetriebe als Spritschlucker (Regel:<br />
ein Liter mehr), so sind heutige Automaten oft besser als manuelle<br />
Schaltungen. Das liegt zum Teil daran, dass die Zahl<br />
<strong>de</strong>r Gangstufen auf bis zu acht Gänge gestiegen ist. Durch entsprechen<strong>de</strong><br />
Spreizung können die Motoren sehr früh hochgeschaltet<br />
wer<strong>de</strong>n und nie<strong>de</strong>rtourig fahren. Krönung dieser<br />
Technik sind Doppelkupplungsgetriebe, die immer zwei<br />
Gangstufen bereit halten. Dadurch wer<strong>de</strong>n die Schaltvorgänge<br />
<strong>de</strong>rart miteinan<strong>de</strong>r verschliffen, dass <strong>de</strong>r Motor selten aus <strong>de</strong>m<br />
Drehzahlbereich zwischen 1.200 und 3.000 Umdrehungen<br />
pro Minute ausbricht. Das spart gut fünf Prozent Treibstoff<br />
im Vergleich zum konventionellen Handschalter.<br />
Peugeot 3008 Hybrid4<br />
Der PSA-Konzern setzte bereits im Jahr 2000 mit <strong>de</strong>m Mo<strong>de</strong>ll 607<br />
eine Umweltduftmarke, als er mit seinen Dieselkatalysatoren namens<br />
FAP (Filtre à particules) an<strong>de</strong>re Hersteller etwas altbacken<br />
aussehen ließ. Im Jahr 2012 legt Peugeot mit <strong>de</strong>m 3008 nach und<br />
bringt <strong>de</strong>n weltweit ersten Diesel-Hybrid auf <strong>de</strong>n Markt. Nicht nur<br />
<strong>de</strong>r Zweiliter-Turbodiesel ist bemerkenswert, auch die Implementierung<br />
eines zuschaltbaren Allradantriebs. Dieser wird via Elektromotor<br />
(1,1 kWh) und Start-Stopp-System als Generator betrieben.<br />
In <strong>de</strong>r Stadt reicht das – anhängig von <strong>de</strong>r Rekuperation – für min<strong>de</strong>stens<br />
drei emissionsfreie Kilometer. Soll es zügiger vonstatten<br />
gehen, muss <strong>de</strong>r 163 PS starke Turbo ran. Und im sogenannten<br />
Boost-Modus ziehen bei<strong>de</strong> Motoren mit einer Systemleistung von<br />
200 PS am Antrieb. So kommt es dazu, dass <strong>de</strong>r Hybrid in <strong>de</strong>r<br />
Stadt seinen konventionellen Dieselkollegen um bis zu zwei Liter<br />
unterbietet.<br />
Fahrzeug-Daten<br />
Typenbezeichnung:<br />
3008 Hybrid4<br />
Hubraum: 1.997 ccm<br />
Leistung: 162 PS<br />
Verbrauch: 3,8 l/100<br />
CO 2-Ausstoß: 99 g/km<br />
Preis: 36.150 Euro<br />
SAFE ENERGY<br />
Sparen beim Fahren<br />
Bei allen Spartechniken bleibt ein Faktor unkalkulierbar:<br />
<strong>de</strong>r Fahrer. Die theoretischen Werte <strong>de</strong>r Hersteller sind<br />
zwar nicht aus <strong>de</strong>r Luft gegriffen, im Alltag aber schwer<br />
zu erreichen. Dennoch macht es einen gewaltigen<br />
Unterschied, ob <strong>de</strong>r Fahrer <strong>de</strong>fensiv und vorausschauend<br />
fährt o<strong>de</strong>r aggressiv und ständig das Tempo variierend.<br />
Einige Tipps:<br />
> Auch wenn es verrückt klingt: Geben Sie richtig Gas und<br />
schalten Sie dann schnell hoch. Dadurch pegelt sich <strong>de</strong>r<br />
Spritkonsum zügig auf Normalniveau ein.<br />
> Mitschwimmen statt Rasen: Im nie<strong>de</strong>rtourigen Betrieb<br />
wird am meisten Sprit gespart. Wer viel bremst und beschleunigt,<br />
verliert je<strong>de</strong>n Reichweitentest.<br />
> Antizipieren und Tempo anpassen: Das erspart<br />
spritschlucken<strong>de</strong> Brems- und Beschleunigungsvorgänge.<br />
> Kontrollieren Sie einmal monatlich <strong>de</strong>n Luftdruck: Ein<br />
Reifendruck bis zu 0,2 bar über <strong>de</strong>r Herstellerempfehlung<br />
spart Sprit – allerdings bei leicht reduziertem Fahrkomfort.<br />
> Entrümpeln Sie das Fahrzeug: Kleinkram jeglicher Art<br />
sollte nur im Auto sein, wenn er benutzt wird. Je<strong>de</strong>s<br />
zusätzliche Kilogramm muss bewegt wer<strong>de</strong>n und kostet<br />
unnötig Treibstoff.<br />
> Bei niedrigen Temperaturen sollten Sie das Fahrzeug<br />
warmfahren und nicht unnötig laufen lassen. Wer die<br />
Scheiben mit Salzwasser einreibt, braucht morgens nicht<br />
so lange zu kratzen und spart <strong>de</strong>r Scheibenheizung ein<br />
paar Körner.<br />
> Wer in <strong>de</strong>r Freizeit Dach- o<strong>de</strong>r Heckträger benötigt, sollte<br />
ihn nach Gebrauch zügig abbauen. Aufbauten verschlechtern<br />
<strong>de</strong>n Cw-Wert und kosten zusätzlich Sprit.<br />
58 ProFirma 04 2012<br />
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um über die aktuellen Marktentwicklungen<br />
und Angebote im ERP-Markt auf<br />
<strong>de</strong>m Laufen<strong>de</strong>n zu sein.<br />
Kombination aus Software und<br />
Fachwissen<br />
Betreiber und Veranstalter <strong>de</strong>r erp-expo.<strong>de</strong><br />
ist die <strong>Haufe</strong>-Lexware GmbH & Co. KG,<br />
Nie<strong>de</strong>rlassung Würzburg. „Dem Fachbesucher<br />
neben <strong>de</strong>r virtuellen Ausstellung<br />
nutzwertige Information zur Verfügung zu<br />
stellen – betreut von einer Fachredaktion<br />
– dieses Konzept ist im Bereich Business-<br />
Software Premium-Klasse. Wir kombinieren<br />
langjährige Erfahrung in <strong>de</strong>n Märkten<br />
mit <strong>de</strong>m Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r virtuellen Messen.“<br />
informiert Silke Brühl, verantwortlich für<br />
die Online-Messen <strong>de</strong>r <strong>Haufe</strong> Gruppe.<br />
Mit acquisa-crm-expo.<strong>de</strong> startete im<br />
März 2002 die erste Online-Messen <strong>de</strong>r<br />
<strong>Haufe</strong> Gruppe. Über 32.000 Besucher<br />
konnte die Messeplattform für Customer<br />
Relationship Management (CRM)<br />
bis heute verzeichnen. Mitte 2002 folgte<br />
eLearning-expo.<strong>de</strong>. Zum Thema Enterprise<br />
Resource Planning (ERP) wur<strong>de</strong><br />
2005 die erp-expo.<strong>de</strong> eröffnet.<br />
www.erp-expo.<strong>de</strong><br />
,<br />
Sie möchten Aussteller wer<strong>de</strong>n?<br />
Ausführliche Informationen fi n<strong>de</strong>n Sie unter<br />
www.erp-expo.<strong>de</strong>/onlinewerbung<br />
O<strong>de</strong>r for<strong>de</strong>rn Sie unsere Messe-Infos an unter<br />
onlinewerbung@haufe.<strong>de</strong>
IT & Investition – Qualitätsmanagement<br />
Zertifi zierungen<br />
Gut geprüft ist halb vermarktet<br />
In vielen Branchen sind Zertifi zierungen unverzichtbar, um Qualität o<strong>de</strong>r Sicherheit<br />
nachzuweisen. Kun<strong>de</strong>n und Geschäftspartner for<strong>de</strong>rn sie ein. Doch längst nicht je<strong>de</strong>s<br />
Gütesiegel ist sinnvoll. VON PETRA UHE<br />
DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE<br />
Zertifi zierungen sind ein wichtiges<br />
Instrument, um die Qualität von Produkten,<br />
Dienstleistungen und Prozessen<br />
zu belegen – und damit die Kompetenz<br />
eines Unternehmens. Häufi g wer<strong>de</strong>n<br />
diese Nachweise von Kun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />
Lieferanten verlangt, da sie die Einhaltung<br />
bestimmter Standards garantieren.<br />
Es gibt allerdings auch Beispiele, wo<br />
Zertifi zierungen unnötig o<strong>de</strong>r gar kontraproduktiv<br />
sein können.<br />
„Struktur und Qualität im Unternehmen<br />
müssen gelebt wer<strong>de</strong>n“, sagt Markus<br />
Dornseif, Grün<strong>de</strong>r und Betriebsleiter<br />
<strong>de</strong>s Münsteraner Winterdiensts<br />
Dornseif, „Zertifi zierungen sind nur das<br />
sicht- und vorzeigbare Ergebnis.“ Der<br />
gelernte Gas- und Wasserinstallateur<br />
weiß, wovon er spricht: Neben zahlreichen<br />
ISO-Zertifi zierungen – etwa<br />
für Umwelt- und Arbeitsschutzmanagement<br />
o<strong>de</strong>r betriebliches Gesundheitsmanagement<br />
(BGM) – erhielt <strong>de</strong>r<br />
Winterdienst diverse Auszeichnungen,<br />
darunter <strong>de</strong>n Haward-Health-Award<br />
(ein Innovationspreis <strong>de</strong>s Tüv Nord für<br />
Unternehmen, die ihren Mitarbeitern<br />
beson<strong>de</strong>rs gute Arbeitsbedingungen<br />
bieten) und das Qualitätssiegel „Familienfreundlicher<br />
Arbeitgeber“ <strong>de</strong>r Ber-<br />
telsmann-Stiftung. Die Anstrengungen<br />
machen sich für Dornseif aber nicht nur<br />
in Form von werbewirksamen Zertifi -<br />
zierungen bezahlt. Auch die Motivation<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter ist ein echter Mehrwert:<br />
„In unserem Unternehmen sind die<br />
Fehlzeiten niedrig, und die Mitarbeiter<br />
setzen sich voll ein“, so <strong>de</strong>r Firmenchef.<br />
Zusammen mit seiner Frau Kirsten –<br />
früher Bäckereifachverkäuferin und<br />
heute Inhaberin <strong>de</strong>s Unternehmens –<br />
startete Markus Dornseif vor zehn Jahren<br />
mit einem Großauftrag britischer<br />
Offi ziere in die Selbstständigkeit: Rund<br />
400 kasernennahe Grundstücke und<br />
Häuser sollten regelmäßig von Schnee<br />
und Eis befreit wer<strong>de</strong>n. Heute arbeitet<br />
das Ehepaar bun<strong>de</strong>sweit mit mehr als<br />
700 Kooperationspartnern zusammen<br />
und betreut öffentliche Gebäu<strong>de</strong>, Einkaufscenter,<br />
Kin<strong>de</strong>rgärten, Parkplätze<br />
und öffentliche Gehwege. Das Unternehmen<br />
mit seinen 26 Voll- und 60<br />
Teilzeitbeschäftigten erzielte im vergangenen<br />
Jahr rund sieben Millionen<br />
Euro Umsatz.<br />
Der Blick von außen hilft<br />
Der Unternehmer ist überzeugt, dass<br />
Zertifi zierungen nicht nur als Argumente<br />
für Kun<strong>de</strong>n, Geschäftspartner<br />
o<strong>de</strong>r dringend gesuchte Fachkräfte<br />
wichtig sind: „Im Rahmen eines Zertifi<br />
zierungsprozesses kann man viel lernen<br />
– zum Beispiel, welche konkreten<br />
Ziele das Unternehmen erreichen soll<br />
o<strong>de</strong>r welche Schwächen es gibt.“ Prof.<br />
Dr. Martin Baxmann, Fachzahnarzt für<br />
Kieferorthopädie, hat bei <strong>de</strong>r Tüv-Zertifi<br />
zierung seiner bei<strong>de</strong>n Praxen in Kempen<br />
und Gel<strong>de</strong>rn gelernt, seine Werte<br />
klar zu <strong>de</strong>fi nieren. „Man muss extrem<br />
transparent und fokussiert sein“, sagt<br />
<strong>de</strong>r Kieferorthopä<strong>de</strong> aus Nordrhein-<br />
Westfalen. Die Evaluation von außen<br />
„Struktur und Qualität<br />
im Unternehmen<br />
müssen gelebt wer<strong>de</strong>n.“<br />
MARKUS DORNSEIF, E. KFR., MÜNSTER<br />
60 ProFirma 04 2012
Foto: privat; MNStudio/shutterstock.com<br />
Der europäische Hotellerie- und Gastronomieverband hat ein eigenes System, das European Hospitality Quality (EHQ), entwickelt, weil die<br />
meisten Gäste mit <strong>de</strong>m Begriff DIN o<strong>de</strong>r ISO eine Industrienorm und keine Auszeichnung für Servicequalität verbin<strong>de</strong>n.<br />
half, Aspekte zu betrachten, die sonst<br />
gern übersehen wer<strong>de</strong>n. Seine Praxen<br />
sind mehrfach ausgezeichnet: vom Tüv,<br />
von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>szahnärztekammer und<br />
<strong>de</strong>r Deutschen Gesellschaft für Zahn-,<br />
Mund- und Kieferheilkun<strong>de</strong>. „Für die<br />
Prüfung <strong>de</strong>s betrieblichen Gesundheitsmanagements<br />
(BGM) habe ich mich<br />
entschie<strong>de</strong>n, weil ich auch am Arbeitsplatz<br />
Gesundheit vorleben will“, sagt<br />
Baxmann. Deshalb zahlt er seinen elf<br />
Mitarbeitern unter an<strong>de</strong>rem eine wöchentliche<br />
Physio-/Trainingstherapie<br />
in <strong>de</strong>r Mittagspause. Die Folge seiner<br />
Bemühungen: geringer Krankenstand,<br />
wenig Fluktuation, hohe Mitarbeiterzufrie<strong>de</strong>nheit.<br />
„Eigentlich brauche ich nieman<strong>de</strong>n<br />
mehr, <strong>de</strong>r von außen draufschaut“, sagt<br />
<strong>de</strong>r Facharzt. Immerhin kostet eine<br />
Zertifi zierung inklusive <strong>de</strong>r jährlichen<br />
Audits und Rezertifi zierung nach drei<br />
Jahren insgesamt rund 6.000 Euro. Er<br />
hat <strong>de</strong>n Prozess etabliert und ein Niveau<br />
erreicht, mit <strong>de</strong>m er zufrie<strong>de</strong>n ist. Als<br />
externen Nachweis braucht er die Zertifi<br />
zierung nicht.<br />
Das ist bei <strong>de</strong>r Schonacher SBS-Feintechnik<br />
GmbH an<strong>de</strong>rs: „In <strong>de</strong>r Branche,<br />
in <strong>de</strong>r wir unterwegs sind, sind Zertifi -<br />
ProFirma 04 2012<br />
zierungen eine Grundlage, um erfolgreich<br />
mit <strong>de</strong>m Unternehmen agieren<br />
zu können“, sagt Thomas Burger, geschäftsführen<strong>de</strong>r<br />
Gesellschafter <strong>de</strong>s seit<br />
mehr als 150 Jahren inhabergeführten<br />
Familienunternehmens. Seine Firma<br />
wird <strong>de</strong>swegen jährlich von verschie<strong>de</strong>nen<br />
Prüfern durchleuchtet. „Wir<br />
nehmen auch regelmäßig an freiwilligen<br />
Benchmarks teil“, erzählt <strong>de</strong>r Chef.<br />
So gewann sein Unternehmen im vergangenen<br />
Jahr <strong>de</strong>n Dekra-Award in <strong>de</strong>r<br />
Kategorie Sicherheit.<br />
Unternehmen meist<br />
gut vorbereitet<br />
„Die Unternehmen sind in <strong>de</strong>r Regel<br />
sehr gut vorbereitet, wenn <strong>de</strong>r Prüfer<br />
kommt“, sagt Karin Ga<strong>de</strong>, Branchenleiterin<br />
Dienstleistungen und Bildung bei<br />
<strong>de</strong>r Dekra in Stuttgart. Der Deutsche<br />
Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein<br />
(Dekra) legt seinen Prüfschwerpunkt<br />
traditionell auf Kraftfahrzeuge, Transport<br />
und technische Anlagen. Sie prüfen<br />
aber auch in an<strong>de</strong>ren Branchen,<br />
bis hin zum Kieferchirurgen. „Schauen<br />
Sie mal beim Zahnarzt unter das Spülbecken,<br />
dann wissen Sie warum“, sagt<br />
die Expertin für Dienstleister. Egal<br />
DIE WICHTIGSTEN VORTEILE<br />
EINER ZERTIFIZIERUNG<br />
> Nachweisbare Qualitätsorientierung<br />
> Nachweisbare Mängelbeseitigung<br />
> Marktzugang<br />
> Stärkung <strong>de</strong>r Wettbewerbsfähigkeit<br />
> Medienwirksamkeit und<br />
Werbeeffekt<br />
> Vertrauen <strong>de</strong>r Geschäftspartner,<br />
Mitarbeiter sowie <strong>de</strong>r Öffentlichkeit<br />
gewinnen<br />
> Konformitätsbewertungen nach<br />
nationalen und internationalen<br />
Standards und Richtlinien<br />
> Systematische, kontinuierliche Effi<br />
zienz- und Qualitätsverbesserung<br />
von Strukturen und Prozessen<br />
> Kostensenkung, Verbesserung von<br />
Umsatz und Rendite<br />
> Nachweisbares Wissen um die<br />
speziellen Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r<br />
eigenen Branche<br />
> Nachweis <strong>de</strong>r Qualifi kation und<br />
Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r eigenen<br />
Mitarbeiter<br />
Quelle: verschie<strong>de</strong>ne Prüfstellen und zertifi zierte Unternehmen<br />
61
IT & Investition – Qualitätsmanagement<br />
wo, es gibt stets das gleiche standardisierte<br />
Verfahren. Heißt es „Festgestellt<br />
wird …“, so fehlt noch ein kleines Stück<br />
zur Normerfüllung, das ein Jahr später<br />
beim Überwachungs-Audit erfüllt sein<br />
muss. Wird eine „Normabweichung“<br />
verzeichnet, muss dieses gravieren<strong>de</strong><br />
Manko innerhalb von vier Wochen beseitigt<br />
wer<strong>de</strong>n. Neben <strong>de</strong>n großen Prüfgesellschaften<br />
wie Dekra, Tüv, DQS und<br />
Bureau Veritas tummeln sich auch fachspezifi<br />
sche Zertifi zierer auf <strong>de</strong>m Markt,<br />
die laut Ga<strong>de</strong> manchmal aber auch<br />
recht geräuschlos wie<strong>de</strong>r verschwin<strong>de</strong>n;<br />
so beispielsweise die Advo-Cert<br />
Zertifi zierungsgesellschaft für Rechtsanwälte<br />
mbH. Ga<strong>de</strong> ist überzeugt: „Ein<br />
nicht namhafter Zertifi zierer hat nicht<br />
<strong>de</strong>n Durchdringungsgrad im Markt.“<br />
Für welchen Prüfer man sich entschei<strong>de</strong>t,<br />
sei aber auch eine Preisfrage.<br />
Viele Eigenkombinationen<br />
erschweren die Wahl<br />
Eine weitere Möglichkeit, die Qualitätsstandards<br />
weiterzuentwickeln, ist<br />
das Aufsetzen auf bereits vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Zertifi zierungen. „Aus vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Nachweisen können verschie<strong>de</strong>ne Gütesiegel<br />
entwickelt wer<strong>de</strong>n, die nicht<br />
bei <strong>de</strong>r Deutschen Akkreditierungsstelle<br />
GmbH in Berlin o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n<br />
Berufsgenossenschaften akkreditiert<br />
sind“, erklärt Kerstin Runggaldier-Esdar,<br />
Leiterin <strong>de</strong>r Zertifi zierungsstelle<br />
3-Cert GmbH in Bochum. Der Vorteil<br />
dabei: Viele Berufsgenossenschaften<br />
übernehmen einen Teil <strong>de</strong>r Zertifi zierungskosten<br />
bei Prüfstellen, die akkreditiert<br />
und bei ihnen gelistet sind. Der<br />
größte Nachteil ist laut Runggaldier-<br />
Esdar die Vielzahl <strong>de</strong>r Angebote: „Viele<br />
Unternehmer sind verwirrt, weil es<br />
GRATISTOOL <strong>de</strong>s Monats<br />
ProFirma PROFESSIONAL<br />
Einen kostenlose Checkliste zum Thema aus<br />
<strong>de</strong>m Angebot von ProFirma Professional<br />
fi n<strong>de</strong>n Sie auf www.profi rma.<strong>de</strong><br />
Qualitätsmanagement Wie Sie die Qualität<br />
Ihrer Produkte und Dienstleistungen verbessern<br />
und was Sie dafür tun müssen.<br />
QUALITÄTSSICHERUNG<br />
IN DER MÖBELINDUSTRIE<br />
Welche Maßnahmen zur<br />
Qualitätssicherung beim<br />
Wareneingang wer<strong>de</strong>n in Ihrem<br />
Unternehmen (Möbelindustrie<br />
in Deutschland im<br />
Jahr 2010) durchgeführt?<br />
(Anteil <strong>de</strong>r befragten Personen<br />
in Prozent)<br />
Quelle: IfD Allensbach/Statista<br />
unübersichtlich viele Zertifi zierungsmöglichkeiten<br />
gibt.“<br />
Ein an<strong>de</strong>res Problem ist die Akzeptanz<br />
universeller Normen in bestimmten<br />
Branchen. So wer<strong>de</strong> beispielsweise von<br />
vielen Kun<strong>de</strong>n und Geschäftspartnern<br />
ein ISO 9001-Nachweis verlangt, so<br />
Runggaldier-Esdar. Die Norm bestätigt<br />
die Einhaltung bestimmter Min<strong>de</strong>stanfor<strong>de</strong>rungen<br />
im Qualitätsmanagement.<br />
„Das Gesundheitswesen tut sich aber<br />
immer noch schwer, eine industrielle<br />
Norm zu akzeptieren“, so die Geschäftsführerin.<br />
Wer einmal zertifi ziert ist,<br />
sollte dabei bleiben<br />
Ähnlich sieht es im Gastgewerbe aus.<br />
„Die meisten Gäste verbin<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m<br />
Begriff DIN o<strong>de</strong>r ISO eine Industrienorm<br />
und keine Auszeichnung für<br />
Servicequalität“, sagt Markus Luthe,<br />
Hauptgeschäftsführer <strong>de</strong>s Hotelverbands<br />
Deutschland (IHA). Deshalb hat<br />
<strong>de</strong>r europäische Hotellerie- und Gastronomieverband<br />
ein eigenes System, das<br />
European Hospitality Quality (EHQ)<br />
entwickelt. Aus Sicht <strong>de</strong>s Deutschen<br />
Allgemein: Qualitätskontrolle,<br />
systematische Kontrolle 19%<br />
Lieferanten-Audits, Lieferantenbesuche 15%<br />
Lieferantenbewertung, -monitoring 7%<br />
Stichprobenkontrolle 6%<br />
Qualitätsmanagement, ISO 9001 6%<br />
Fertigungsbegleiten<strong>de</strong> Qualitätskontrollen 4%<br />
Vergleiche einholen, Muster, Probefertigungen 4%<br />
Zertifi kate, Qualitätsnachweise 4%<br />
An<strong>de</strong>re Angaben 3%<br />
Nein, keine weiteren Maßnahmen 43%<br />
Keine Angabe 2%<br />
Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga)<br />
sind solche Qualitätsinitiativen<br />
in je<strong>de</strong>m Fall sinnvoller als eine Industrienorm.<br />
Manches Unternehmen zieht sich auch<br />
ganz aus <strong>de</strong>m Zertifi zierungsdschungel<br />
zurück: „Wir machen diesen Wahn<br />
nicht mit“, sagt Christian Fieback, Geschäftsführer<br />
<strong>de</strong>r Cramer Gastronomiesysteme<br />
GmbH in Fuhlendorf bei Bad<br />
Bramstedt. Das Schleswig-Holsteiner<br />
Planungs- und Einrichtungsunternehmen<br />
arbeitet zwar ausschließlich mit<br />
zertifi zierten Herstellern zusammen.<br />
„Aber wir selbst sind nicht zertifi ziert“,<br />
so <strong>de</strong>r Geschäftsführer. Warum? Er<br />
wisse von Kollegen aus <strong>de</strong>r Branche,<br />
die sich hätten zertifi zieren lassen, aber<br />
die Audits nicht konsequent weiterverfolgten.<br />
Die Folge: Das Gütesiegel<br />
wur<strong>de</strong> ihnen wie<strong>de</strong>r aberkannt. „Das<br />
war kontraproduktiv, <strong>de</strong>nn die Kun<strong>de</strong>n<br />
fragten irritiert nach, was <strong>de</strong>nn da los<br />
sei“, erzählt <strong>de</strong>r Großküchenexperte.<br />
Er selbst bekomme keinen Druck aus<br />
seinem Kun<strong>de</strong>nkreis und entschied sich<br />
<strong>de</strong>shalb, auf die Zertifi zierung zu verzichten.<br />
62 ProFirma 04 2012
Eigentlich habe ich eine Auszeichnung verdient. Immerhin<br />
fahre ich seit 30 Jahren zur Cebit nach Hannover. Was komisch<br />
ist, <strong>de</strong>nn eigentlich geht das gar nicht. Als eigenständige<br />
Messe existiert die Cebit nämlich erst seit <strong>de</strong>m Jahr 1986.<br />
Macht nach Adam Riese 26 Stück, da nur einmal im Jahr<br />
Cebit-Time ist, genau wie Weihnachten. Aber vorher gab es<br />
schon für einige Jahre die legendäre „Cebit-Halle“ als Teil <strong>de</strong>r<br />
alten Hannover Messe, und da war ich bereits im Jahr 1982<br />
zum ersten Mal.<br />
Lei<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n in Hannover keine Treuena<strong>de</strong>ln verteilt, so wie<br />
in manchen Fußball-, Wan<strong>de</strong>r- o<strong>de</strong>r Gesangsvereinen. Dafür<br />
allerdings je<strong>de</strong> Menge pessimistische Prognosen. „Wir lange<br />
meinst du, gibt es die Cebit noch?“ – Das ist schon seit zwei<br />
o<strong>de</strong>r drei Jahren eine Standardbegrüßungsformel unter Journalisten,<br />
von <strong>de</strong>nen immer mehr auch einfach daheim bleiben,<br />
statt sich ins Messegetümmel zu werfen. Ihr Argument:<br />
Ich kann ja alles, was es an Neuem gibt, lange vorher schon<br />
per Internet anschauen. Wozu also die unverschämten Messepreise<br />
für Übernachtung und Essen bezahlen? Es lebe die<br />
Online-Cebit!<br />
Aber wenn das wirklich so wäre, dann müsste es eigentlich<br />
<strong>de</strong>r ganzen Ausstellungsbranche schlecht gehen, <strong>de</strong>nn das<br />
Gleiche gilt doch für alle Großmessen. Seltsamerweise geht es<br />
<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Messebauern aber besser <strong>de</strong>nn je. Nach einem<br />
zweistelligen Umsatzplus im vergangenen Jahr liegen sie wie<strong>de</strong>r<br />
auf <strong>de</strong>m gleichen Niveau wie vor <strong>de</strong>r Krise, wie <strong>de</strong>r Dachverband<br />
für Messebau und Marketing-Events, Famab, jüngst<br />
verlauten ließ. Auch kleinere Events, wie Hausmessen und<br />
Fachkongresse, scheinen zu boomen. Aber wieso?<br />
Ich <strong>de</strong>nke, es liegt am Kaffee. Je<strong>de</strong>s Mal, wenn ich auf <strong>de</strong>r Cebit<br />
zu einem Messestand kam, wur<strong>de</strong> mir auch dieses Jahr wie<strong>de</strong>r<br />
sofort eine Tasse Frischgebrühter angeboten. Früher stammte<br />
ProFirma 04 2012<br />
Cole's Corner<br />
Messe ohne Na<strong>de</strong>l<br />
Von Tim Cole<br />
Tim Cole Der IT-Journalist und<br />
Buchautor ist ein gefragter Autor und<br />
Redner zum Thema E-Commerce.<br />
Info: www.cole.<strong>de</strong><br />
er aus <strong>de</strong>r mitgebrachten Maschine vom Büro und schmeckte<br />
wie Batteriesäure, vor allem nachmittags gegen Messeschluss.<br />
Heute haben alle Aussteller so ein schickes, kleines Nespresso-<br />
o<strong>de</strong>r Lavazza-Teil, das in Nullkommanichts einen Ristretto<br />
o<strong>de</strong>r Latte macchiato zaubert, wie er in <strong>de</strong>r Via Veneto in Rom<br />
auch nicht besser schmecken wür<strong>de</strong>. Ja, und nicht zu vergessen,<br />
die berühmt-berüchtigte Messe-Currywurst, die vermutlich<br />
in gebrauchtem Motorenöl gegart wur<strong>de</strong> und von <strong>de</strong>r ich<br />
im Laufe <strong>de</strong>r vergangenen 30 Jahre sicher ein paar Hun<strong>de</strong>rt<br />
Stück heruntergewürgt habe. Immer wie<strong>de</strong>r habe ich mir geschworen:<br />
Das war jetzt wirklich die Allerletzte! Und immer<br />
wie<strong>de</strong>r habe ich <strong>de</strong>n guten Vorsatz bald wie<strong>de</strong>r vergessen vor<br />
lauter Messehektik. Und außer<strong>de</strong>m wür<strong>de</strong> sie mir wahrscheinlich<br />
fehlen ...<br />
Das mit <strong>de</strong>m Kaffee und <strong>de</strong>r Currywurst ist übrigens ernst gemeint.<br />
Denn über eine Tasse Kaffee kommt man ins Re<strong>de</strong>n,<br />
und wenn man an <strong>de</strong>r Wurstbu<strong>de</strong> steht, lernt man manchmal<br />
interessante Leute kennen. Und darum vor allem geht es mir<br />
auf einer Messe wie <strong>de</strong>r Cebit. Ich treffe dort alte Bekannte,<br />
tausche mich mit Kollegen aus, lasse mir von richtigen Menschen<br />
Dinge zeigen und erklären und falle abends erschöpft<br />
(und vielleicht auch ein bisschen beschwipst) bei <strong>de</strong>r „Messe-<br />
Mutti“ ins frisch gemachte Gästebett im freigeräumten Kin<strong>de</strong>rzimmer.<br />
Dann habe ich das Gefühl, einen wertvollen Tag<br />
verbracht zu haben.<br />
Ich ziehe in Hannover durch die Hallen und ent<strong>de</strong>cke Dinge,<br />
die wahrscheinlich nicht einmal Google für mich fi n<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>,<br />
weil ich gar nicht wüsste, wonach ich das Online-Orakel<br />
fragen sollte. Merke: Man kann vieles übers Internet, aber<br />
eben nicht alles.<br />
Und vielleicht klappt’s ja irgendwann auch mit <strong>de</strong>r Ehrenna<strong>de</strong>l.<br />
Bei meiner 50sten Cebit vielleicht ...<br />
Kolumne<br />
63
IT & Investition – Drucker- und Offi celösungen<br />
Mobile Print<br />
Immer verfügbar<br />
Der Erfolg von Smartphones und Tablet-PC hat die Druckerbranche erreicht.<br />
Neue Multifunktionsdrucker sind via App o<strong>de</strong>r E-Mail erreichbar und lassen sich<br />
in vorhan<strong>de</strong>ne Software-Umgebungen einbin<strong>de</strong>n. VON DIRK KUNDE<br />
Die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit<br />
verschwimmt. Mitarbeiter wollen<br />
private Smartphones, Tablet-PC und<br />
Laptops auch berufl ich einsetzen. Ein<br />
wichtiger Grund: Immer mehr Menschen<br />
verbringen einen immer größeren<br />
Teil ihrer Arbeitszeit außerhalb <strong>de</strong>s<br />
klassischen Büros. „Um konkurrenzfähig<br />
zu bleiben, müssen Unternehmen es<br />
ihren Mitarbeitern ermöglichen, mobil<br />
und fl exibel zu arbeiten. Dies beinhaltet<br />
auch die Möglichkeit, Dokumente<br />
auszudrucken – und zwar unabhängig<br />
davon, ob sie sich an ihrem Hauptarbeitsplatz,<br />
in einem an<strong>de</strong>ren Büro o<strong>de</strong>r<br />
unterwegs befi n<strong>de</strong>n“, sagt Emma Isichei,<br />
Leiterin <strong>de</strong>s Advanced Solutions<br />
Centers von Ricoh Europe in London.<br />
Die Gerätehersteller haben reagiert und<br />
<strong>de</strong>n Begriff „Multi“ erweitert. Waren<br />
damit bislang die Funktionen Drucken,<br />
Scannen, Kopieren und Faxen gemeint,<br />
kommt jetzt Netzwerkfähigkeit via Kabel<br />
und per Datenfunk (WLAN) hinzu.<br />
Der große Vorteil: Der Drucker ist nicht<br />
mehr an einen eingeschalteten Rechner<br />
gebun<strong>de</strong>n. Apple hat gezeigt, wie einfach<br />
mobiles Drucken sein kann. Ohne<br />
die Installation eines Druckertreibers<br />
wird <strong>de</strong>r Druckbefehl direkt vom mobilen<br />
Gerät abgeschickt. AirPrint nennt<br />
Apple die Funktion, die automatisch in<br />
allen Geräten mit <strong>de</strong>m Betriebssystem<br />
iOS 5 enthalten ist. Allerdings: Drucker<br />
und Absen<strong>de</strong>r müssen in einem<br />
WLAN-Netz angemel<strong>de</strong>t sein. Bislang<br />
ABSATZ VON DRUCKERN UND SCANNERN IN DEUTSCHLAND 2011<br />
Während <strong>de</strong>r Markt für Drucker und Scanner schrumpft, steigt <strong>de</strong>r Absatz von<br />
Mulitfunktionsgeräten stetig (in 1.000 Stück).<br />
4.000<br />
3.000<br />
2.000<br />
1.000<br />
2.512<br />
2.054<br />
2005<br />
429<br />
Quelle: GfK, gfu, BVT/Statista<br />
Drucker<br />
Flachbett-Multifunktionsgeräte<br />
Scanner<br />
beherrschen nur ausgewählte Mo<strong>de</strong>lle<br />
von Brother, Canon, Epson, Hewlett-<br />
Packard und Lexmark die sogenannte<br />
AirPrint-Technologie. Suchriese Google<br />
nennt seinen vergleichbaren Dienst<br />
Cloud Print. Damit kann <strong>de</strong>r Anwen<strong>de</strong>r<br />
über sein Google-Konto Druckaufträge<br />
von mobilen Geräten via Internet-<br />
Verbindung erteilen. Den Druckauftrag<br />
ohne Umweg über einen Rechner unterstützen<br />
bislang Mo<strong>de</strong>lle von Epson,<br />
Hewlett-Packard und Kodak.<br />
Lösungen in <strong>de</strong>r Wolke<br />
Laut <strong>de</strong>r Untersuchung „The Mobile<br />
Print Enterprise“ <strong>de</strong>s Marktforschungsunternehmens<br />
Quocirca sind 60 Prozent<br />
<strong>de</strong>r befragten Führungskräfte<br />
<strong>de</strong>r Meinung, dass ihre Angestellten<br />
mithilfe von Lösungen für das mobile<br />
Drucken effi zienter arbeiten können.<br />
In vielen Unternehmen dürfen sich Betriebsfrem<strong>de</strong><br />
aus Sicherheitsgrün<strong>de</strong>n<br />
nicht in das WLAN einwählen. Dann<br />
ist <strong>de</strong>r Versand <strong>de</strong>s Druckobjekts als E-<br />
Mail-Anhang eine Alternative: Mo<strong>de</strong>rne<br />
Multifunktionsgeräte, die in ein Netzwerk<br />
eingebun<strong>de</strong>n sind, können über<br />
ihre IP-Adresse auch Druckaufträge via<br />
E-Mail empfangen. Hewlett-Packard<br />
nennt seinen Dienst ePrint, Epson Connect<br />
und Kodak E-Mail Print Service.<br />
Die Aufträge wer<strong>de</strong>n über Server <strong>de</strong>r<br />
Druckerhersteller verschickt; dort wer<strong>de</strong>n<br />
die Dateien in Druckaufträge umgewan<strong>de</strong>lt<br />
und an das jeweilige Gerät<br />
weitergeleitet.<br />
Auch Develop, ein Druckerspezialist aus<br />
Hannover und Tochterunternehmen<br />
von Konica-Minolta, bietet mit Everyone-Print<br />
eine unternehmensinterne<br />
Cloud-Lösung an. „Wir sehen ganz klar<br />
64 ProFirma 04 2012<br />
2.210<br />
2.360<br />
2006<br />
300<br />
1.818<br />
2.785<br />
2007<br />
246<br />
1.485<br />
3.065<br />
2008<br />
238<br />
1.072<br />
2.904<br />
2009<br />
238<br />
929<br />
3.064<br />
2020<br />
292<br />
890<br />
3.375<br />
2011<br />
325
Fotos: Lexmark, Konica<br />
Multifunktions-Farblaserdrucker für das Büro<br />
Drucken, Scannen, Kopieren und Faxen in einem Gerät<br />
Hersteller/Mo<strong>de</strong>ll Preis<br />
in Euro<br />
<strong>de</strong>n Trend zum mobilen Arbeiten und<br />
Drucken. Außer<strong>de</strong>m beeinfl usst <strong>de</strong>r<br />
Erfolg <strong>de</strong>r Smartphones unsere Branche“,<br />
sagt Patrick Klaus, verantwortlich<br />
für das Produktmarketing bei Develop.<br />
Zum einen wer<strong>de</strong>n bei kommen<strong>de</strong>n<br />
Druckermo<strong>de</strong>llen die Displays wie <strong>de</strong>r<br />
Touchscreen eines Smartphones funktionieren.<br />
Je<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r viereckigen Symbole<br />
steht für eine Funktion, sowohl die<br />
Platzierung als auch die Auswahl <strong>de</strong>r<br />
Funktionen lassen sich – analog <strong>de</strong>n<br />
Apps auf einem Smartphone – <strong>de</strong>n individuellen<br />
Wünschen <strong>de</strong>r Nutzer anpassen.<br />
Das App-Prinzip setzt sich durch:<br />
Kleine Software-Lösungen für ein, zwei<br />
Funktionen ersetzen teure Komplettlösungen.<br />
So bietet Develop über seine<br />
Fachhändler Programme wie store +<br />
fi nd zur Archivierung sowie convert +<br />
share zur Weitergabe digitalisierter Dokumente.<br />
Zusammenspiel mit an<strong>de</strong>ren<br />
Programmen<br />
Dass ein Multifunktionsdrucker<br />
Schnittstellen zur vorhan<strong>de</strong>nen Branchen-Software<br />
im Unternehmen bietet,<br />
ist unverzichtbar. Wie die Druckerhersteller<br />
diese Anfor<strong>de</strong>rung angehen,<br />
zeigt das Beispiel <strong>de</strong>r Kanzlei-Organisations-Software<br />
Ra-Micro, die in vielen<br />
ProFirma 04 2012<br />
Seiten pro Min.<br />
S/W / Farbe<br />
Papierkassette<br />
Duplex-<br />
Einheit<br />
Netzwerkanbindung:<br />
Ethernet / WLAN<br />
Anwaltskanzleien eingesetzt wird. Die<br />
Utax Doc-Forms GmbH in Dortmund<br />
ist auf Dokumenten- und Formularmanagement<br />
spezialisiert. Ihre Multifunktionsdrucker<br />
wer<strong>de</strong>n auf Wunsch<br />
so konfi guriert, dass Ra-Micro über<br />
<strong>de</strong>n Touchscreen am Gerät gesteuert<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Damit lässt sich ein gescanntes<br />
Dokument sofort einer digitalen<br />
Mandantenakte zuordnen o<strong>de</strong>r<br />
per Mail verschicken. „Hier bieten wir<br />
umfangreiche Möglichkeiten für die<br />
mandantenabhängige Erzeugung von<br />
Dokumenten und für die Zuordnung,<br />
sodass die Aufwän<strong>de</strong><br />
pro Mandant ermittelt<br />
und damit in die<br />
Abrechnungsmo<strong>de</strong>lle<br />
<strong>de</strong>r Kanzleien<br />
integriert wer<strong>de</strong>n<br />
können“, sagt Marco<br />
Knöpp, Geschäftsführer<br />
von Utax Doc-<br />
Forms. Das Unternehmen<br />
gehört zur<br />
Utax GmbH, einem<br />
Tochterunternehmen<br />
von TA Triumph Adler,<br />
die bei <strong>de</strong>n Druck-<br />
und Kopiersystemen<br />
mit Kyocera Mita kooperieren.<br />
Lautstärke im<br />
Betrieb dB(A)<br />
Weiterführen<strong>de</strong> Links: www.google.com/cloudprint/learn Google Cloud Print; support.apple.com/kb/HT4356 Apple AirPrint<br />
Sonstige<br />
Anschlüsse<br />
Brother HL-4570CDWT 743 28/28 250 X X / X < 57 USB 2.0<br />
Canon i-Sensys MF8360Cdn 550 20/20 250 X X / - < 50,6 USB 2.0<br />
Dell 3115cn 590 30 / 17 250 X X / - 58 USB 2.0, WLAN optional<br />
Epson AcuLaser CX17WF 423 15 / 12 150 - X / X 50 USB 2.0<br />
Hewlett-Packard<br />
LaserJet Pro CM1415fnw<br />
419 12 / 8 150 - X / X 48 Apple AirPrint, HP ePrint<br />
Konica Minolta bizhub C220 7.299 22 / 22 1.150 X X / - k.a. A3-Format<br />
Kyocera Mita FS-C1020MFP 708 20 / 20 250 X X / - 58 USB 2.0<br />
Lexmark X950<strong>de</strong> 8.743 45 / 40 500 X X / X 52 USB 2.0, Apple AirPrint,<br />
A3-Format<br />
Samsung CLX-6220FX 701 20 / 20 250 X X / - < 53 USB2.0<br />
Quelle: ProFirma<br />
Die Platzhirsche: <strong>de</strong>r Konica<br />
Minolta bizhub C220 (hinten)<br />
und <strong>de</strong>r Lexmark X950<strong>de</strong>.<br />
65
IT & Investition<br />
Infos, Tipps & Tools<br />
Kostenlose Software<br />
OPEN EMM<br />
E-Mail-Marketing<br />
Open EMM ist eine E-Mail-Marketinglösung,<br />
mit <strong>de</strong>r sich Mailings und regelmäßiger<br />
Newsletter-Versand komfortabel<br />
gestalten lassen. Die Erstellung von<br />
E-Mails unterstützt ein HTML-Editor.<br />
Für die Kontrolle von Kampagnen<br />
bietet das Programm Funktionen wie<br />
Echtzeitstatistiken, die Analyse von<br />
Klickraten o<strong>de</strong>r die Anzahl <strong>de</strong>r ausgetragenen<br />
Nutzer. Das Programm läuft<br />
auf <strong>de</strong>n Betriebssystemen Windows<br />
und Linux.<br />
www.openemm.org<br />
Neue Apps<br />
ROAMBI ANALYTICS VISUALIZER<br />
Geschäftsdaten-Tool<br />
Mit dieser iPhone-App haben Sie<br />
aktuelle Geschäftsdaten immer zur<br />
Hand. Der Roambi Analytics Visualizer<br />
bereitet Momentaufnahmen von Verkaufszahlen,<br />
Webseiten-Treffern o<strong>de</strong>r<br />
auch Kun<strong>de</strong>ndaten direkt verwertbar<br />
für spontane Präsentationen auf Ihrem<br />
iPhone o<strong>de</strong>r iPad auf. Die kostenlose<br />
Version unterstützt Excel, CSV und<br />
HTML; die Pro-Version darüber hinaus<br />
auch die Web-Textverarbeitung Google<br />
Docs und Salesforce-CRM.<br />
www.apple.com/<strong>de</strong><br />
OPEN-XCHANGE<br />
Produktiv im Team<br />
Open-Xchange ist eine leistungsstarke<br />
Groupware-Lösung, die als Alternative<br />
für Microsoft Exchange konzipiert<br />
wur<strong>de</strong>. Die Software bietet Funktionen<br />
wie E-Mail, Termin- und Kontaktverwaltung,<br />
Dokumentenaustausch,<br />
Projektsteuerung und Forum. Weitere<br />
Funktionen können über Plugins hinzugefügt<br />
wer<strong>de</strong>n; allerdings sind viele<br />
Schnittstellen – etwa für Outlook und<br />
Palm – kostenpfl ichtig. Open-Xchange<br />
verlangt ein Linux-Betriebssystem.<br />
www.open-xchange.com<br />
SHARE CONTACT<br />
Kontaktverwaltung<br />
Mit Share Contact können Sie die Kontaktdaten<br />
in Ihrem Windows Phone<br />
7 via SMS, E-Mail o<strong>de</strong>r QR-Co<strong>de</strong> mit<br />
an<strong>de</strong>ren WP 7-Nutzern teilen. Dafür<br />
müssen Sie lediglich die SMS o<strong>de</strong>r E-<br />
Mail mit <strong>de</strong>n Kontaktdaten in die App<br />
ziehen, die automatisch einen neuen<br />
Kontakt erstellt. Verschie<strong>de</strong>ne Kategorien<br />
und Zusatzinformationen (zum<br />
Beispiel Geschäfts- und Privatdaten, ein<br />
kleines Fotofenster und vieles mehr)<br />
erleichtern die Suche.<br />
www.windowsphone.com/<strong>de</strong>-DE/apps<br />
MAGENTO<br />
Erfolg im E-Commerce<br />
Magento ist ein auf Zend-Framework<br />
basieren<strong>de</strong>s Online-Shopsystem. Auf<br />
<strong>de</strong>r langen Feature-Liste stehen unter<br />
an<strong>de</strong>rem die Google-Analytics-Integration,<br />
ein RSS-Feed für neue Bestellungen<br />
und knappe Lagerbestän<strong>de</strong>, umfangreiche<br />
Reporte, Navigation nach<br />
Produktkriterien, Produktvergleich<br />
sowie Schnittstellen zu zahlreichen<br />
Payment-Anbietern. Die Shop-Software<br />
läuft auf <strong>de</strong>n Betriebssystemen<br />
Linux, Mac OS X und Windows.<br />
www.magentocommerce.com<br />
LOCUS PRO<br />
Karten für unterwegs<br />
Der Karten- und Orientierungsdienst<br />
Locus Pro bietet zahlreiche Funktionen<br />
und Karten, die die Orientierung erleichtern.<br />
Wer beispielsweise gerne mal<br />
vergisst, wo er sein Auto abgestellt hat,<br />
kann <strong>de</strong>n Standort über die „Parken“-<br />
Funktion speichern und sich anschließend<br />
anhand <strong>de</strong>r heruntergela<strong>de</strong>nen<br />
Karten zum Auto zurückführen lassen.<br />
Die App kostet 4,75 Euro; für Sparfüchse<br />
gibt es eine kostenlose Version zum<br />
Testen (Locus Free).<br />
www.androidpit.<strong>de</strong><br />
66 ProFirma 04 2012
Smartphone-Sicherheit<br />
Datenklau via Antenne<br />
Die Prozessoren in Smartphones, Tablet-<br />
PC und an<strong>de</strong>ren mobilen Endgeräten<br />
sen<strong>de</strong>n elektromagnetische Signale, mit<br />
<strong>de</strong>nen das Verschlüsselungsverfahren<br />
geknackt wer<strong>de</strong>n kann. Wie <strong>de</strong>r Online-<br />
Nachrichtendienst Heise berichtet, hat<br />
<strong>de</strong>r Sicherheitsforscher Gary Kenworthy<br />
für seinen Versuch eine gewöhnliche<br />
TV-Antenne an einen Verstärker<br />
und einen Rechner angeschlossen. Mit<br />
einer speziellen Software konnte <strong>de</strong>r<br />
Forscher <strong>de</strong>n Datenstrom visualisieren<br />
und <strong>de</strong>n Co<strong>de</strong> entschlüsseln. Ein Angreifer<br />
könnte auf diese Weise beispielsweise<br />
<strong>de</strong>n E-Mail-Zugang übernehmen.<br />
Derzeit arbeiten die Hersteller an einer<br />
Lösung. Die Technik dafür ist vorhan<strong>de</strong>n,<br />
sie wird bereits in drahtlosen Kredikartenterminals<br />
verwen<strong>de</strong>t.<br />
ProFirma 04 2012<br />
Neue Strategie bei Yahoo<br />
Investor Loeb will<br />
Anzeigenerlöse steigern<br />
Daniel Loeb, Chef <strong>de</strong>s Hedgefonds<br />
Third Point, drängt die Konzernleitung<br />
von Yahoo dazu, sich auf das Werbegeschäft<br />
<strong>de</strong>r Suchmaschine zu konzentrieren<br />
und die Anzeigenerlöse zu steigern.<br />
Außer<strong>de</strong>m solle Yahoo ein soziales<br />
Netzwerk entwickeln und eine Vi<strong>de</strong>oplattform<br />
einführen, so <strong>de</strong>r Hedgefonds-Manager<br />
in <strong>de</strong>r New York Times.<br />
Um die Ausrichtung <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
in seinem Sinne voranzutreiben, will<br />
Loeb sich selbst sowie Jeff Zucker (ehemaliger<br />
Präsi<strong>de</strong>nt von NBC Universial),<br />
<strong>de</strong>n Medienberater Michael Wolf und<br />
<strong>de</strong>n GM-Sanierer Harry Wilson im Aufsichtsrat<br />
von Yahoo installieren. Loebs<br />
Hedgefonds Third Point hält ungefähr<br />
sechs Prozent <strong>de</strong>r Yahoo-Aktien.<br />
Vor etwa einem Jahr hatte Gartner noch<br />
vorhergesagt, dass 2012 weltweit rund<br />
440 Millionen Desktop-Rechner und<br />
Notebooks verkauft wür<strong>de</strong>n. Doch damals<br />
hatten sogar die meisten Experten<br />
nicht mit einem solchen Siegeszug<br />
<strong>de</strong>r Tablet-PC und Smartphones gerechnet.<br />
Die Marktbeobachter von Gartner gehen<br />
jetzt davon aus, dass die Stückzahl<br />
<strong>de</strong>r verkauften Desktop-Rechner,<br />
Note- und Netbooks in diesem Jahr nur<br />
um rund 4,4 Prozent auf 368 Millionen<br />
Geräte steigen wird (von rund 352 Millionen<br />
im Jahr 2011). Die Marktforscher<br />
IT-News<br />
APPLE SCHALTET IWORK AB<br />
Apple will die Online-Plattform<br />
iWork.com, auf <strong>de</strong>r Anwen<strong>de</strong>r<br />
direkt aus Apples Büroprogrammen<br />
Pages, Numbers und Keynote heraus<br />
Dokumente mit an<strong>de</strong>ren Nutzern<br />
teilen können, En<strong>de</strong> Juli abschalten.<br />
Der Grund für diesen Schritt ist laut<br />
US-Medienberichten <strong>de</strong>r Erfolg von<br />
iCloud, <strong>de</strong>r die iWork-Plattform überfl<br />
üssig macht. Apple hatte im Oktober<br />
<strong>de</strong>s vergangenen Jahres einen Großteil<br />
seiner Cloud-Dienstleistungen<br />
unter <strong>de</strong>m Namen iCloud gebün<strong>de</strong>lt.<br />
US-GERICHT SOLL ENTSCHEIDEN<br />
IT-Verbän<strong>de</strong> haben <strong>de</strong>n Obersten<br />
US-Gerichtshof um eine Klarstellung<br />
gebeten, ab wann eine I<strong>de</strong>e als zu<br />
abstrakt für einen gewerblichen<br />
Rechtsschutz gilt. Ihr Ziel ist die bessere<br />
Patentierbarkeit von Software.<br />
Weniger Desktop-PC und Notebooks als erwartet<br />
Tablets erreichen rund 15 Prozent Marktanteil<br />
Gartner senkt Prognose für <strong>de</strong>n Verkauf von Desktop-PC und Notebooks in diesem Jahr auf 368 Millionen<br />
Geräte weltweit. Als Grund nennen die Marktforscher das starke Wachstum bei Smartphones und Tablets.<br />
<strong>de</strong>s britischen Analysediensts Canalys<br />
verweisen darauf, dass im Jahr 2011<br />
bereits rund je<strong>de</strong>r sechste verkaufte PC<br />
ein Tablet war. Mit einem Zuwachs von<br />
274 Prozent im vergangenen Jahr ist das<br />
Segment <strong>de</strong>r Tablet-PC (rund 63 Millionen<br />
verkaufte Exemplare) auf <strong>de</strong>m<br />
besten Weg, die klassischen Desktop-<br />
PC (112 Millionen) zu überholen. Ganz<br />
vorn in <strong>de</strong>r Gunst <strong>de</strong>r Käufer stan<strong>de</strong>n<br />
im Jahr 2011 allerdings die Notebooks<br />
(210 Millionen), während <strong>de</strong>r Verkauf<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utlich kleineren Netbooks (29<br />
Millionen) weltweit um rund 25 Prozent<br />
einbrach.<br />
67
Lösung konkret<br />
Was muss ich bei einem Kreditantrag beachten?<br />
Für kleine Unternehmen ist es häufi g schwierig, einen Bankkredit zu bekommen. Das zeigt eine<br />
aktuelle Umfrage <strong>de</strong>r staatlichen KfW Bankengruppe. Eine gründliche Vorbereitung auf das Kreditgespräch<br />
steigert Ihre Chancen erheblich. VON DR. MANFRED BUCHNER<br />
DIE LÖSUNG<br />
Die Vorbereitung ist beson<strong>de</strong>rs wichtig! Unternehmer sollten vor<br />
einem Kreditgespräch bei ihrer Bank o<strong>de</strong>r Sparkasse fragen, welche<br />
Unterlagen sie vorlegen sollen. Folgen<strong>de</strong> Dokumente sind bei<br />
einem Kreditantrag für ein Investitionsvorhaben wichtig:<br />
Beschreibung <strong>de</strong>s Investitionsprojekts: Diese sollte alle wichtigen<br />
Daten zum Projekt enthalten. Dazu zählen Angaben zu <strong>de</strong>n<br />
wirtschaftlichen Vorteilen, die Investitionsberechnung und <strong>de</strong>r Realisierungszeitraum,<br />
Kreditsumme und Rückzahlungsmodalitäten.<br />
Jahresabschlüsse mit Bilanz beziehungsweise Gewinn- und<br />
Verlustrechnung (GuV) <strong>de</strong>r vergangenen drei Jahre: Informationen<br />
über die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage sind die Quelle<br />
zur Ermittlung von betriebs- und fi nanzwirtschaftlichen Kennzahlen<br />
(z.B. Umsatz- und Eigenkapitalrendite, Cashfl ow, etc.). Diese interessieren<br />
Ihre Bank. Sie sollten die Angaben mit einem Bestätigungsvermerk<br />
<strong>de</strong>s Steuerberaters vorlegen.<br />
Aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) mit kumulierten<br />
Monatswerten und eine Summen-Sal<strong>de</strong>nliste: Eine<br />
BWA zeigt die Zusammensetzung und die Entwicklung <strong>de</strong>r Erträge<br />
und <strong>de</strong>r einzelnen Aufwendungen. Die Zahlen informieren über<br />
<strong>de</strong>n Verlauf <strong>de</strong>s aktuellen Geschäftsjahres.<br />
DAS IST ZU BEACHTEN<br />
Wer Geld von <strong>de</strong>r Bank will, muss Überzeugungsarbeit leisten. Die<br />
Banken bewerten Ihre Bonität; für hohe Risiken berechnen sie<br />
hohe Zinsen. „Kein Kredit ohne Rating“ heißt das entsprechen<strong>de</strong><br />
Finanzierungsprinzip, mit <strong>de</strong>m die Bonität eines Unternehmens<br />
bewertet und seine Kreditwürdigkeit beurteilt wird. Dabei bewertet<br />
die Bank quantitative und qualitative Merkmale.<br />
Zur quantitativen Beurteilung <strong>de</strong>r Finanz-, Ertrags- und Vermö-<br />
PRAXISBEISPIEL<br />
Der Inhaber eines Kunststoff verarbeiten<strong>de</strong>n Betriebs hält regelmäßig<br />
Kontakt zu seiner Hausbank. Das beschleunigt die Kreditzusage<br />
bei <strong>de</strong>r Anschaffung einer Spritzgussmaschine im Wert<br />
von 200.000 Euro. Seine alte Maschine kann er für 20.000 Euro<br />
verkaufen, er braucht damit 180.000 Euro Kredit. Darüber hinaus<br />
möchte er die Hard- und Software im Unternehmen mo<strong>de</strong>rnisieren<br />
und dazu ein neues Buchhaltungsprogramm mit Mahnwesen auf<br />
einem neuen PC für 10.000 Euro einrichten.<br />
Darüber hinaus brauchen Sie folgen<strong>de</strong> Unterlagen:<br />
> Umsatz- und Ergebnisplan mit Erläuterungen<br />
> Liquiditätsplan mit Erläuterungen<br />
> Liste <strong>de</strong>r Verbindlichkeiten und For<strong>de</strong>rungen<br />
(Kreditoren- und Debitorenliste)<br />
> Kreditübersicht mit allen laufen<strong>de</strong>n Kreditverträgen<br />
> Sicherheiten: Immobilien, Beteiligungen, Wertpapiere etc.<br />
> Aktueller Han<strong>de</strong>lsregisterauszug, Gesellschaftsvertrag, betriebliche<br />
und persönliche Steuererklärungen und -beschei<strong>de</strong><br />
genslage wer<strong>de</strong>n Kennzahlen aus <strong>de</strong>n Daten <strong>de</strong>r Bilanz, GuV o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r BWA berechnet, ergänzt um Planwerte.<br />
Zu <strong>de</strong>n qualitativen Kriterien gehören Angaben über das Alter <strong>de</strong>s<br />
Führungsteams, Nachfolgeregelungen, <strong>de</strong>r Einsatz von Planungs-<br />
und Controlling-Instrumenten, die Qualität <strong>de</strong>r Produkte und <strong>de</strong>r<br />
Kun<strong>de</strong>n sowie die fachliche und unternehmerische Kompetenz <strong>de</strong>r<br />
Führung.<br />
Die Finanzierung <strong>de</strong>r Spritzgussmaschine erfolgt mit einem Investitionsdarlehen.<br />
Die Laufzeit wird mit 96 Monaten an die voraussichtliche<br />
Nutzungsdauer <strong>de</strong>r Maschine angepasst. Damit steht in<br />
<strong>de</strong>r Bilanz <strong>de</strong>n langfristigen Verbindlichkeiten <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong><br />
Vermögenswert gegenüber. Bei <strong>de</strong>r Finanzierung <strong>de</strong>r Hard- und<br />
Software empfi ehlt die Bank eine Leasing-Finanzierung über 36<br />
Monate. Bei <strong>de</strong>r EDV ist ein kündbarer Leasing-Vertrag von Vorteil,<br />
mit <strong>de</strong>m auf technische Entwicklungen reagiert wer<strong>de</strong>n kann.<br />
68 ProFirma 04 2012
Was Unternehmer wissen sollten: Viele weitere Fachbeiträge, interessante Tipps, Checklisten und Arbeitshilfen aus <strong>de</strong>n Bereichen Steuern,<br />
Buchhaltung, Finanzen, Werben und Verkaufen fi n<strong>de</strong>n Sie im Internet auf <strong>de</strong>r neuen Website von Lexware unter www.lexware.<strong>de</strong><br />
Wie stelle ich eine Rechnung richtig?<br />
Fehler in einer Rechnung sind beson<strong>de</strong>rs lästig: Die Korrektur kostet Zeit, die Buchhaltung stimmt nicht<br />
mehr, und die Fehler wer<strong>de</strong>n meist auch noch in die Umsatzsteuer-Voranmeldung übernommen. Deshalb<br />
sollten Sie beim Ausstellen einer Rechnung beson<strong>de</strong>rs genau sein. VON CECILIA HARDENBERG<br />
DIE LÖSUNG<br />
Wenn Sie ein Produkt verkaufen o<strong>de</strong>r eine Leistung erbringen,<br />
müssen Sie spätestens nach sechs Monaten Ihre Rechnung stellen.<br />
Der Leistungsmonat wird nicht mitgerechnet. Wenn Sie beispielsweise<br />
im Januar das Bad eines Kun<strong>de</strong>n sanieren, müssen Sie ihm<br />
spätestens im Juli die Rechnung schicken. Dabei sollten Sie einige<br />
Punkte beachten.<br />
1. Pfl ichtangaben einer Rechnung<br />
> Name und vollständige Anschrift <strong>de</strong>s Rechnungsstellers,<br />
> Name und vollständige Anschrift <strong>de</strong>s Rechnungsempfängers,<br />
> Ihre vom Finanzamt erteilte Steuernummer o<strong>de</strong>r Ihre vom<br />
Bun<strong>de</strong>szentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-<br />
I<strong>de</strong>ntifi kationsnummer (USt-IdNr.),<br />
> Ausstellungsdatum <strong>de</strong>r Rechnung,<br />
> fortlaufen<strong>de</strong> Rechnungsnummer,<br />
> Menge und Art (han<strong>de</strong>lsübliche Bezeichnung) <strong>de</strong>r gelieferten<br />
Gegenstän<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r Art und Umfang <strong>de</strong>r sonstigen Leistung,<br />
> Zeitpunkt <strong>de</strong>r Lieferung beziehungsweise Leistung,<br />
DAS IST ZU BEACHTEN<br />
Denken Sie an die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungsfristen<br />
Ihre Buchhaltung muss so eingerichtet sein, dass die Aufzeichnungspfl<br />
ichten für die Umsatzsteuer erfüllt und die Umsätze für<br />
die Voranmeldung getrennt wer<strong>de</strong>n. Für die geson<strong>de</strong>rt abzugeben<strong>de</strong><br />
zusammenfassen<strong>de</strong> Meldung (bei Auslandsgeschäften)<br />
müssen darüber hinaus die Umsatzsteuer-I<strong>de</strong>ntifi kationsnummer<br />
(USt-IdNr.) und die Bemessungsgrundlagen je Empfänger innergemeinschaftlicher<br />
Lieferungen aufgezeichnet wer<strong>de</strong>n.<br />
Alle Eingangsrechnungen, die Sie als Unternehmer erhalten, müssen<br />
Sie im Original zehn Jahre lang aufbewahren. Von je<strong>de</strong>r Ausgangsrechnung<br />
müssen Sie eine Kopie anfertigen und diese ebenfalls<br />
zehn Jahre aufbewahren. Sie sollten daher getrennte Ordner<br />
für Ein- und Ausgangsrechnungen anlegen und diese nach Daten<br />
sortieren. Dasselbe gilt für Buchungs- und an<strong>de</strong>re Papierbelege.<br />
Was Unternehmer wissen sollten:<br />
Viele weitere Fachbeiträge, interessante Tipps, Checklisten<br />
und Arbeitshilfen aus <strong>de</strong>n Bereichen Steuern, Buchhaltung,<br />
Finanzen, Werben und Verkaufen fi n<strong>de</strong>n Sie im Internet auf<br />
<strong>de</strong>r neuen Website von Lexware unter www.lexware.<strong>de</strong><br />
ProFirma 04 2012<br />
> Netto-Entgelt und gegebenenfalls die im Voraus vereinbarte<br />
Entgeltmin<strong>de</strong>rung (Nachlass, Skonto),<br />
> anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Umsatzsteuersatz sowie <strong>de</strong>n auf das Entgelt<br />
entfallen<strong>de</strong>n Steuerbetrag,<br />
> bei Steuerbefreiung: Einen Hinweis auf die Steuerbefreiung.<br />
Wichtig: Buchen Sie die Umsatzsteuer, sobald Sie die Rechnung<br />
erstellen. Sie gelangt damit automatisch in die richtige Umsatzsteuer-Voranmeldung.<br />
2. Beachten Sie die Kleinunternehmerregelung<br />
Für Kleinunternehmer und Grün<strong>de</strong>r gibt es einige Erleichterungen.<br />
Sie sind von <strong>de</strong>r Umsatzsteuer befreit und wer<strong>de</strong>n wie Verbraucher<br />
behan<strong>de</strong>lt. Sie müssen also keine Umsatzsteuer an das Finanzamt<br />
abführen, sofern sie folgen<strong>de</strong> Punkte beachten:<br />
> Sie weisen keine Umsatzsteuer aus.<br />
> Sie weisen auf die Anwendung <strong>de</strong>r Kleinunternehmerregelung<br />
hin („Gemäß § 19 UStG ist keine Umsatzsteuer enthalten.“)<br />
> Sie geben keine Steuer-I<strong>de</strong>ntifi kationsnummer an<br />
PRAXISBEISPIEL<br />
Unberechtigter Umsatzsteuerausweis<br />
Fall: Herr Schwarz stellt als Kleinunternehmer eine Rechnung über<br />
1.000 Euro zuzüglich 19 Prozent Umsatzsteuer.<br />
Folge: Die Rechnung enthält zwar die Min<strong>de</strong>stangaben, aber Herr<br />
Schwarz hätte als Kleinunternehmer eine solche Rechnung gar<br />
nicht ausstellen dürfen. Es han<strong>de</strong>lt sich <strong>de</strong>shalb um einen unberechtigten<br />
Steuerausweis. Da er die Umsatzsteuer angibt, muss er<br />
<strong>de</strong>n Betrag von 190 Euro an das Finanzamt zahlen.<br />
69
ProFirma Professional<br />
DAS UNTERNEHMER-COCKPIT: LÖSUNGEN FÜR ENTSCHEIDER<br />
Von welchem Zeitpunkt an rechnet sich die Produktion für mich? Welche Unterlagen<br />
brauche ich für das Bankgespräch? Darf das Finanzamt mir Einnahmen einfach unterstellen?<br />
Als Chef müssen Sie je<strong>de</strong>n Tag Entscheidungen fällen und Strategien festlegen. ProFirma Professional<br />
unterstützt Sie in <strong>de</strong>r täglichen Arbeit mit praktischen Rechnern, Checklisten, Mustertexten und Fachbeiträgen<br />
zu <strong>de</strong>n Themen Unternehmensführung, Marketing, Vertrieb, Personal, Steuern und Finanzen.<br />
Themen im Monat April<br />
DAS TOP-THEMA DES MONATS<br />
Mit <strong>de</strong>m Top-Thema <strong>de</strong>s Monats bietet ProFirma Professional<br />
seinen Abonnenten eine Zusammenstellung von Fachbeiträgen<br />
und Arbeitshilfen zu einem aktuellen Thema.<br />
Mit Online-Shops durchstarten<br />
Der Nutzen von E-Commerce für <strong>de</strong>n Händler ist unbestritten.<br />
Aber was kostet ein Online-Shop, und welche Shop-Systeme<br />
sind technisch sinnvoll? Erfahren Sie hier, wie Sie bei <strong>de</strong>r<br />
Geschäftsplanung vorgehen. <strong>Haufe</strong>-In<strong>de</strong>x: 2890541<br />
Online-Bezahlsysteme im Vergleich <strong>Haufe</strong>-In<strong>de</strong>x: 2896460<br />
Gütesiegel für Online-Shops <strong>Haufe</strong>-In<strong>de</strong>x: 2325060<br />
Steuerfragen im E-Commerce <strong>Haufe</strong>-In<strong>de</strong>x: 1473074<br />
NEU IM PROFESSIONAL<br />
Eine kleine Auswahl von neuen Dokumenten und Arbeitshilfen<br />
auf ProFirma Professional.<br />
■ Bilanz-Check-up für 2012 <strong>Haufe</strong>-In<strong>de</strong>x: 2884007<br />
Eine Übersicht zu <strong>de</strong>n Trends in <strong>de</strong>r nationalen Rechnungslegung<br />
und zu <strong>de</strong>n Entwicklungen im Bilanzrecht.<br />
■ GmbH-Geschäftsführer: Urlaubsrecht <strong>Haufe</strong>-In<strong>de</strong>x: 1938273<br />
Urlaubsrückstän<strong>de</strong> bei GmbH-Geschäftsführern können fi nanziell<br />
abgegolten wer<strong>de</strong>n. Aber <strong>de</strong>r Fiskus ist hier sehr wachsam.<br />
■ Betriebliche Altersversorgung <strong>Haufe</strong>-In<strong>de</strong>x: 602784<br />
In diesem Beitrag wur<strong>de</strong>n aktuelle Werte für das Jahr 2012 sowie<br />
Än<strong>de</strong>rungen bei <strong>de</strong>r Riester-Rente eingearbeitet. Dabei geht es<br />
vor allem um die Möglichkeit, Zulagen nachzuzahlen.<br />
■ Tantieme-Vereinbarung <strong>Haufe</strong>-In<strong>de</strong>x: 2863309<br />
Checkliste zur Überprüfung von Tantieme-Vereinbarungen zwischen<br />
einer GmbH und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer.<br />
ONLINE-SEMINARE<br />
ProFirma Professional bietet Abonnenten regelmäßig kostenfreie<br />
Online-Seminare zu aktuellen Themen o<strong>de</strong>r Fragen an.<br />
Informieren Sie sich bequem und vom eigenen Schreibtisch aus<br />
über neueste Entwicklungen.<br />
Nächstes Thema:<br />
Zehn Tipps für erfolgreiches E-Mail-Marketing<br />
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die Teilnahmegebühr ist in Ihrem Abo enthalten.<br />
Mit einem Return on Invest von mehr als 40 Euro ist E-Mail-<br />
Marketing nach wie vor eines <strong>de</strong>r effi zientesten Marketinginstrumente.<br />
Um dieses Potenzial ausnutzen zu können,<br />
geben wir Ihnen zehn Praxis-Tipps, mit <strong>de</strong>nen Sie <strong>de</strong>n Erfolg<br />
Ihres E-Mail-Marketings sofort steigern können. Begonnen<br />
bei <strong>de</strong>r Optimierung <strong>de</strong>r Anmel<strong>de</strong>prozesse über die Gestaltung<br />
Ihrer Newsletter bis zur Durchführung <strong>de</strong>r Abmeldung<br />
lernen Sie wichtige Kniffe kennen, die Ihnen einen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Vorsprung vor Ihren Mitbewerbern verschaffen.<br />
■ Die aktuellen Themen <strong>de</strong>r Online-Seminare und die Anmeldung<br />
fi n<strong>de</strong>n Sie auf Ihrer Startseite unter Services/Online-Seminare<br />
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Funktionen <strong>de</strong>r Software ausführlich erklärt.<br />
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19.04.2012<br />
Zeitarbeitsmesse Karlsruhe<br />
www.arwa.<strong>de</strong><br />
7 Stuttgart<br />
24.04. – 25.04.2012<br />
Personal 2012 Süd<br />
www.personal-sued.<strong>de</strong><br />
Fotos: Nordantique, Art Cologne<br />
ProFirma 04 2012<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
1 Hamburg<br />
13.04.2012 – 15.04.2012<br />
Nordantique<br />
Internationale Kunst-<br />
und Antiquitätenmesse<br />
www.men<strong>de</strong>lssohn-messen.<strong>de</strong><br />
1<br />
3<br />
3 Hannover<br />
23.04. – 27.04.2012<br />
Hannover Messe<br />
www.hannovermesse.<strong>de</strong><br />
8<br />
9<br />
2 Berlin<br />
16.04. – 17.04.2012<br />
Controlling für Nicht-Controller<br />
Veranstalter: <strong>Haufe</strong> Aka<strong>de</strong>mie<br />
www.haufe-aka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong><br />
2<br />
8 Nürnberg<br />
18.04. – 21.04.2012<br />
IFH Intherm<br />
Fachmesse für Sanitär, Heizung,<br />
Klima und Erneuerbare Energien<br />
www.ifh-intherm.<strong>de</strong><br />
9 München<br />
17.04. – 20.04.2012<br />
Analytica<br />
Internationale Fachmesse<br />
für Labortechnik<br />
www.analytica.<strong>de</strong><br />
71
Forum<br />
Die Cebit, die internationale Leitmesse<br />
<strong>de</strong>r ITK-Branche in Hannover, sieht sich<br />
auch nach <strong>de</strong>r Veranstaltung 2012 auf<br />
Erfolgskurs. Wie es in einer Pressemitteilung<br />
heißt, hätten die teilnehmen<strong>de</strong>n<br />
Unternehmen durchgängig eine gestiegene<br />
Kontaktdichte im Vergleich zum<br />
Vorjahr mit bestehen<strong>de</strong>n und neuen<br />
Kun<strong>de</strong>n gemel<strong>de</strong>t. „Abermals wur<strong>de</strong>n<br />
mehr als sieben Millionen Geschäftsgespräche<br />
geführt. Die Fachbesucher<br />
zeigten sich in <strong>de</strong>n Gesprächen sehr<br />
entschlossen und kamen schnell auf<br />
<strong>de</strong>n Punkt“, sagte Ernst Raue, Cebit-<br />
Vorstand <strong>de</strong>r Deutschen Messe AG.<br />
„Die Cebit ist damit weltweit die unangefochtene<br />
Nummer eins in Sachen effi -<br />
ziente Geschäftsanbahnung.“<br />
Insgesamt besuchten 312.000 Menschen<br />
– und damit 10.000 weniger als<br />
im Vorjahr – aus mehr als 110 Län<strong>de</strong>rn<br />
die Cebit 2012, davon mehr als 50.000<br />
Besucher (2011: 51.000) aus <strong>de</strong>m Ausland.<br />
4.240 Unternehmen (2011: 4.212)<br />
aus 70 Län<strong>de</strong>rn stellten ihre Produkte<br />
und Dienstleistungen aus. Für <strong>de</strong>n<br />
leichten Besucherrückgang macht <strong>de</strong>r<br />
Messeveranstalter auch die Streiks im<br />
öffentlichen Dienst verantwortlich.<br />
Unter <strong>de</strong>m Leitmotiv „Management<br />
Trust“ stan<strong>de</strong>n vor allem die Themen<br />
Vertrauen und Sicherheit im Vor<strong>de</strong>rgrund.<br />
Die Branche habe dabei gezeigt,<br />
Eine Brücke aus<br />
Legosteinen war<br />
<strong>de</strong>r Blickfang beim<br />
IT-Security-Anbieter<br />
Sophos-Astaro.<br />
Cebit<br />
Vertrauens- und Sicherheitsfragen<br />
im Vor<strong>de</strong>rgrund<br />
dass sie entschlossen ist, diese Themen<br />
zur Chefsache zu erklären, betonte<br />
Raue. Auf <strong>de</strong>m Messegelän<strong>de</strong> sei <strong>de</strong>utlich<br />
gewor<strong>de</strong>n, dass es <strong>de</strong>r Branche ein<br />
aufrichtiges Anliegen ist, die Themen<br />
nicht nur zu diskutieren, son<strong>de</strong>rn in<br />
konkrete Ergebnisse umzuwan<strong>de</strong>ln.<br />
Dazu habe auch die Weiterentwicklung<br />
<strong>de</strong>r Cebit in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren<br />
beigetragen. „Wir haben intensiv daran<br />
gearbeitet, auch <strong>de</strong>n einfl ussreichsten<br />
Entschei<strong>de</strong>rn aus <strong>de</strong>n Anwen<strong>de</strong>rindustrien<br />
einen festen Platz bei <strong>de</strong>r Messe<br />
zu geben. Das bereits zum dritten Mal<br />
organisierte House of CIO hat gezeigt,<br />
dass dies gelungen ist“, sagte Raue.<br />
För<strong>de</strong>rpreise für <strong>de</strong>n<br />
wissenschaftlichen<br />
Nachwuchs<br />
Auf <strong>de</strong>m 5. Wissenschaftlichen<br />
Symposium „Supply Management“<br />
in Würzburg hat <strong>de</strong>r<br />
Bun<strong>de</strong>sverband Materialwirtschaft,<br />
Einkauf und Logistik<br />
(BME) seine För<strong>de</strong>rpreise für<br />
<strong>de</strong>n wissenschaftlichen Nachwuchs<br />
verliehen. Der Gewinner<br />
<strong>de</strong>s „BME-Wissenschaftspreises<br />
2012“ ist Dr. Konstantin Gebert,<br />
Lehrstuhl für Logistikmanagement,<br />
Universität St. Gallen.<br />
In seiner Dissertation setzte er<br />
sich mit <strong>de</strong>n Determinanten <strong>de</strong>r<br />
unternehmensübergreifen<strong>de</strong>n<br />
Performance-Steuerung in<br />
industriellen Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen<br />
auseinan<strong>de</strong>r.<br />
In <strong>de</strong>r Kategorie „BME-Hochschulpreis<br />
2012“ konnte sich<br />
Karin Heil von <strong>de</strong>r TU Darmstadt<br />
durchsetzen. Sie beschäftigte<br />
sich in ihrer Abschlussarbeit<br />
mit <strong>de</strong>r Finanzierung innerhalb<br />
von Lieferketten und untersuchte<br />
anhand von Fallstudien,<br />
wie europäische und chinesische<br />
Unternehmen diesen<br />
Ansatz nutzen, um Wettbewerbsvorteile<br />
zu erzielen.<br />
Vergütung <strong>de</strong>r DAX-Chefs legt um 14 Prozent zu<br />
Die <strong>de</strong>utlich verbesserte Gewinnsituation DAX-notierter Unternehmen spiegelt sich<br />
auch in <strong>de</strong>r Vergütung ihrer Vorstän<strong>de</strong> für das Geschäftsjahr 2011 wi<strong>de</strong>r. So stieg<br />
<strong>de</strong>r Gewinn je Aktie im Durchschnitt um 17 Prozent. Die Direktvergütung <strong>de</strong>r Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>n<br />
(Bezüge ohne Altersversorgung und Nebenleistungen) wuchs<br />
um 14 Prozent auf durchschnittlich rund 5,5 Millionen Euro. Dies ist das wichtigste<br />
Ergebnis <strong>de</strong>r Analyse „Vorstandsvergütung im DAX 2011“ <strong>de</strong>r Unternehmensberatung<br />
Towers Watson, die auf <strong>de</strong>n Angaben von 17 DAX-Unternehmen basiert.<br />
Im Vorjahr hatten die DAX-Chefs im Durchschnitt noch eine Direktvergütung von<br />
4,8 Millionen Euro erhalten. Wie die Analyse <strong>de</strong>r Vergütung von 2007 bis 2011 zeige,<br />
sei eine gute Unternehmensentwicklung mit einem höheren Gehalt, eine schlechte<br />
hingegen mit einem niedrigeren Gehalt verbun<strong>de</strong>n.<br />
72 ProFirma 04 2012<br />
Foto: Sophos
Themen 05.2012<br />
Titelthema: Wachstumsfi nanzierung<br />
Nach <strong>de</strong>r Verabschiedung <strong>de</strong>s Rettungspakets für Griechenland scheint sich die<br />
Stimmung in <strong>de</strong>r Wirtschaft wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utlich zu verbessern. Dennoch gibt es für<br />
Unternehmen, die jetzt ihr Geschäft ausweiten wollen, weiterhin Hür<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r<br />
Finanzierung. ProFirma zeigt, wie Unternehmen die Geldbeschaffung für ihre<br />
Expansion optimal planen, und nennt Vor- und Nachteile alternativer Instrumente<br />
zum Bankkredit.<br />
IMPRESSUM<br />
Redaktion:<br />
Dieter Römer (Chefredakteur)<br />
E-Mail: Dieter.Roemer@ProFirma.<strong>de</strong><br />
Paul Lauer (Redakteur)<br />
E-Mail: Paul.Lauer@ProFirma.<strong>de</strong><br />
Christoph Lorenz (Redakteur)<br />
E-Mail: Christoph.Lorenz@profi rma.<strong>de</strong><br />
Hans-Walter Neunzig (Redakteur)<br />
E-Mail: Hans-Walter.Neunzig@ProFirma.<strong>de</strong><br />
Gabi Reuys (Assistentin)<br />
E-Mail: Gabi.Reuys@ProFirma.<strong>de</strong><br />
Telefon 07 61/89 83 031, Fax 07 61/89 83 112<br />
Hausadresse <strong>de</strong>r Redaktion:<br />
<strong>Haufe</strong>-Lexware GmbH & Co. KG<br />
Munzingerstr. 9, 79111 Freiburg<br />
Autoren dieser Ausgabe:<br />
M. Bahnerth, Prof. M. Beck, S. Becker, A. Bemmer,<br />
St. Bottler, Dr. M. Buchner, J. Christ, J. Clahsen, T.<br />
Cole, K. Dietzel, Dr. U. Felger, C. Har<strong>de</strong>nberg, S. a.<br />
d. Hei<strong>de</strong>n, Dr. A. Kabusch, D. Kun<strong>de</strong>, E. Neuthinger,<br />
P. Uhe, O. Weiss, B. Weller.<br />
Grafi k: Hanjo Tews<br />
ProFirma 04 2012<br />
Anzeigen-Verkauf:<br />
Bernd Junker (Anzeigenleitung)<br />
Telefon 09 31/27 91 556<br />
bernd.junker@haufe-lexware.com<br />
Oliver Cekys (Senior Key Account Manager)<br />
Telefon 09 31/27 91 731<br />
oliver.cekys@haufe-lexware.com<br />
Thomas Horejsi (Senior Key Account Manager)<br />
Telefon 09 31/27 91 451<br />
thomas.horejsi@haufe-lexware.com<br />
Christine Wolz (Disposition)<br />
Tel. 09 31/27 91 472, Fax 09 31/27 91 477<br />
E-Mail: Anzeigen@ProFirma.<strong>de</strong><br />
Verbreitete Aufl age,<br />
4. Quartal 2011: 94.767<br />
Verkaufte Aufl age: 73.104<br />
IVW-geprüft. ISSN 1435-6082<br />
Die Ausgabe 05/2012 erscheint am 26. April 2012<br />
Weitere Themen:<br />
UNTERNEHMENSFÜHRUNG<br />
Für <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>r Fälle<br />
Wenn sich die Familie einig ist und <strong>de</strong>r<br />
gemeinsame Betrieb gut läuft, ist <strong>de</strong>r<br />
beste Zeitpunkt gekommen, um eine<br />
Familienverfassung zu erstellen.<br />
EXPORT<br />
Grenzenlos verkaufen<br />
Auch für kleine Unternehmen kann es sich<br />
lohnen, ein Auslandsgeschäft aufzubauen.<br />
Das ist weniger schwierig, als viele Chefs<br />
befürchten.<br />
BEWERTUNGSPORTALE IM INTERNET<br />
Chancen nutzen<br />
Manche Unternehmer fühlen sich an <strong>de</strong>n<br />
Pranger gestellt, wenn sie im Internet von<br />
Käufern bewertet wer<strong>de</strong>n. Doch Bewertungsportale<br />
sind eine Marketingchance.<br />
Abonnentenservice:<br />
<strong>Haufe</strong> Service Center GmbH, Postfach,<br />
79091 Freiburg<br />
Telefon 01 80/50 50 169*, Fax 01 80/50 50 441*<br />
E-Mail: Zeitschriften@<strong>Haufe</strong>.<strong>de</strong><br />
Verlag: <strong>Haufe</strong>-Lexware GmbH & Co. KG<br />
Verlagsleitung: Reiner Straub<br />
Munzinger Straße 9, D-79111 Freiburg<br />
www.<strong>Haufe</strong>.<strong>de</strong><br />
Druck: Druckerei Echter, Würzburg<br />
Vertrieb im Han<strong>de</strong>l:<br />
SPECIAL INTEREST<br />
Zeitschriften Distribution & Marketing GmbH<br />
Nor<strong>de</strong>ndstraße 2; 64546 Mörfel<strong>de</strong>n-Walldorf<br />
* 0,14 €/Min. aus <strong>de</strong>m dt. Festnetz, max. 0,42 €/Min. mobil.<br />
Ein Service von dtms.<br />
Der jährliche Bezugspreis beträgt für ProFirma im Inland: 64 Euro inkl. MwSt. und Versand, im Ausland 79 Euro inkl. Versand. Das Kombi-Jahresabo ProFirma<br />
Professional kostet im Inland 237,60 Euro inkl. MwSt. und Versand, im Ausland 252,60 Euro inkl. Versand. Bezieher <strong>de</strong>r Produkte aus <strong>de</strong>r „Lexware professional<br />
line“ (9018, 9182, 9183, 9170, 9171, 9172, 9173, 9174, 8804, 9094) erhalten ProFirma im Rahmen ihres Abonnements. Für Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r<br />
Selb-ständigen (BDS), <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverbands Metall, <strong>de</strong>s Deutschen Mittelstands-Bun<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>s Fachverbands Elektro- und Informationstechnik Hessen/<br />
Rheinland-Pfalz ist <strong>de</strong>r Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten.<br />
73
Schluss mit lustig<br />
Business affairs<br />
Showdown in<br />
<strong>de</strong>r Hotelbar<br />
Weit weg von zu Hause sucht Unternehmer<br />
Mathias Bach wie<strong>de</strong>r einmal das erotische<br />
Abenteuer. Er hat eine höchst reizvolle<br />
Assistentin. Und er verfolgt ein festes Ziel.<br />
VON MICHAEL BAHNERTH<br />
Es gab Momente, da dachte Bach an seine Frau, aber er verdrängte<br />
sie, in<strong>de</strong>m er kurz einen Blick auf die Beine seiner<br />
Assistentin warf. Ihre Beine und auch alles, was sich darüber<br />
befand, waren eine Sün<strong>de</strong> wert, fand Bach. Endlich eine Sün<strong>de</strong><br />
wert. Zwölf Jahre Ehe, zwei Kin<strong>de</strong>r, immer treu gewesen,<br />
aber seit vier Monaten keinen Sex mehr mit <strong>de</strong>r Ehefrau, nicht<br />
mal ein Gespräch darüber, weil ... das wusste er auch nicht so<br />
genau. Noch im Hotelzimmer hatte er sich moralisch alles zurechtgelegt;<br />
dass sein Leben wie<strong>de</strong>r einmal einen Höhepunkt<br />
„Und, äh, ich bin nicht so gut<br />
in Worten, aber, Du, Du bist so<br />
wun<strong>de</strong>rvoll, und ich dachte ...“<br />
verdient hätte, dass ihn seine neue Assistentin nun schon<br />
zwei Monate, ja, aufreizte, dass es nicht mehr zum Aushalten<br />
war. Dass es nur um Sex ginge. Dass es an<strong>de</strong>re auch tun und<br />
trotz<strong>de</strong>m eine gute Ehe führen, und dass er in Paris ist, also<br />
weit weg.<br />
Manchmal berührte er wie aus Versehen das schwarz bestrumpfte<br />
Bein seiner Assistentin, und er fand, dass sie es nicht<br />
schnell genug wegzog, um „Nein“ zu sagen. Sie waren mittlerweile<br />
beim vierten Glas Champagner, und seine Assistentin<br />
machte keine Anstalten zu gehen. Auch ein gutes Zeichen,<br />
fand Bach. „Ohne Sie“, sagte er ihr, „ohne Dich, wenn Du erlaubst,<br />
hätten wir die Verhandlungen nie so glatt gestalten<br />
IM NÄCHSTEN HEFT: Olaf Gut und die unverstan<strong>de</strong>ne Kunst seiner Frau.<br />
können. Dieser Monsieur Depuis hatte nur Augen für Dich.<br />
Das war unsere Chance. Ich heiße übrigens Mathias.“ „Ulrike“,<br />
sagte die Assistentin, „freut mich.“ „Die Freu<strong>de</strong> ist auf meiner<br />
Seite, Ulrike. Und jetzt müssen wir uns küssen.“<br />
Er spürte, wie sein Herz pochte. Wenn sie mich auf die Lippen<br />
küsst, ist alles klar, dachte er. Bitte küss’ mich auf die<br />
Lippen, aber es kam nur eine Backe. „Komm, Ulrike, wir<br />
bestellen noch ein Glas, ja?“ „Ich weiß nicht, Mathias, ich<br />
wollte eigentlich noch meinen Freund anrufen.“ „Deinen<br />
Freund?“ „Ja, genauer gesagt: meinen Verlobten.“ „Ich verstehe<br />
das. Aber fi n<strong>de</strong>st Du nicht, wir sollten <strong>de</strong>n Moment genießen,<br />
seine Einzigartigkeit, seine Unwie<strong>de</strong>rbringlichkeit?“<br />
„Also gut. Aber nur noch ein kleines Glas.“ Ja, dachte Mathias,<br />
ja!<br />
„Ulrike, was ich schon immer sagen wollte, ist“, sagte Mathias,<br />
„dass es mich zu Dir, wie soll ich sagen, hinzieht, über die<br />
Maßen also, und, äh, ich bin nicht so gut mit Worten, aber,<br />
Du, Du bist so wun<strong>de</strong>rvoll, und ich dachte ...“ „Willst Du mit<br />
mir schlafen, Mathias, ist es das?“ „Welcher Mann möchte das<br />
nicht?“ „Mathias, Du bist mein Chef, und ich ...“ „Du musst<br />
jetzt nichts sagen, Ulrike, jetzt nicht. Weil ich muss mal auf<br />
Toilette, Du entschuldigst mich?“<br />
60 zu 40, re<strong>de</strong>te er sich ein. 60, dass es klappt. Es war, so fand<br />
er, sein Tag; die richtigen Sätze bei <strong>de</strong>r Verhandlung gefun<strong>de</strong>n,<br />
die richtigen Worte bei Ulrike. „So, Ulrike“, sagte er, „da bin<br />
ich wie<strong>de</strong>r. Wo waren wir stehen geblieben?“, fragte er und<br />
legte seine Hand auf ihren Oberschenkel. „Mathias, Du hast<br />
Dein Handy hier liegen lassen. Gera<strong>de</strong> vor mir. Eine SMS. Von<br />
Deiner Frau. Sie sagt, sie und die Kin<strong>de</strong>r lieben und vermissen<br />
Dich.“ „Ja, das schreibt meine Frau immer, Ulrike. Das ist jetzt<br />
nicht so wichtig.“ „Bist Du Dir da sicher, Mathias?“<br />
74 ProFirma 04 2012<br />
Teil 3<br />
Illustration: Reinhold Harwath
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