Wellness · Gesundheit · Freizeit - St. Peter-Ording
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Leute<br />
18<br />
„Ich nehme es, wie es kommt“<br />
Die Romanautorin Constanze Wilken über Wind und Wetter,<br />
das Schreiben, ihr neues Buch und über das Leben in <strong>St</strong>. <strong>Peter</strong>. Geführt<br />
wurde das Gespräch auf dem Deich bei gefühlter Windstärke 10.<br />
Es ist ein stürmischer Herbsttag. Wolken eilen über den Himmel, so als<br />
wollten sie heute noch ganz woanders hin. Die Temperaturen sind noch<br />
erträglich. Dennoch wundere ich mich schon ein wenig, dass Constanze<br />
Wilken mit einer für meine Begriffe viel zu leichten Baumwolljacke zum<br />
Interview erscheint. Wir hatten uns schließlich nicht im Cafe verabredet,<br />
sondern wollten uns auf dem Deich treffen.<br />
Denn wo lässt es sich für jemanden, der in <strong>St</strong>. <strong>Peter</strong>-<strong>Ording</strong> aufgewachsen<br />
ist und noch immer hier die meiste Zeit des Jahres lebt, besser über<br />
das Klima, die <strong>St</strong>immung und die besondere Aura dieses Ortes sprechen<br />
als auf dem Deich? Denn auf dem Deich spürt man etwas. Der<br />
Blick Richtung Meer verheißt Weite, gibt eine Ahnung von Freiheit. Im<br />
Rücken liegt der Ort, 4000 Einwohner, dörfliche Enge, Kontrolle, der<br />
ewige <strong>St</strong>ress der Einheimischen im Sommer. Man muss nicht darüber<br />
reden, um zu wissen, was es heißt, „hoch im Norden, hinter den<br />
Deichen“, wie Udo Lindenberg einst sang, geboren zu sein.<br />
Deshalb also der Deich. Dass der Heimatspaziergang heute regelrecht<br />
zum Balanceakt wird, das ist dann aber ein wenig zu viel des<br />
Symbolischen. Also beginnen wir besser ganz unverfänglich. Der Wind<br />
verhindert, dass ich auch nur einen einzigen Blick auf meinen<br />
Spickzettel werfen kann. Ja, ja, der Herbstwind! „Für mich gehört der<br />
Wind zum Herbst. Ich liebe es, wenn es so stürmt wie jetzt. Wenn ich an<br />
den <strong>St</strong>rand gehe und so richtig durchgepustet werde – das ist wunderbar<br />
und sehr erfrischend.“<br />
Doch man muss sich eben drauf einlassen. „Wenn ich dagegen nur<br />
Spazierengehen oder Fahrradfahren möchte, dann nervt der Wind<br />
natürlich schon manchmal.“ So wie jetzt, ich bin gespannt, was am Ende<br />
auf meinem Diktiergerät zu hören sein wird. „Ich erinnere mich, als ich<br />
noch zur Schule gegangen bin: auf dem Weg hin hatte ich Gegenwind,<br />
auf dem Weg zurück seltsamerweise auch.“ Vom Wind ist der Weg nicht<br />
weit zur guten Luft. Die muss jeder spüren, der in <strong>St</strong>. <strong>Peter</strong>-<strong>Ording</strong><br />
bewusst atmet. Der Brustkorb hebt sich und es ist eine Wonne. „Wenn<br />
ich einige Tage weg war, zieht es mich sofort an die frische Luft. In<br />
Hamburg beispielsweise schmeckt die Luft einfach anders, sie ist<br />
schmutzig. Ich kann mich daran nur schwer gewöhnen. Deshalb komme<br />
ich auch immer wieder gern nach <strong>St</strong>. <strong>Peter</strong>-<strong>Ording</strong> zurück. Es sind schon<br />
neun, zehn Monate, die ich hier verbringe.“<br />
Der Wind bläst weiter, und wir taumeln den Deich entlang. Im<br />
Schneckentempo. Kalt ist es Constanze Wilken nicht. Wer in<br />
Nordfriesland groß geworden ist, der kann schon ’ne steife Brise ab.<br />
„Ich finde es viel reizvoller, wenn es bisschen rauer ist. Die Ostsee ist<br />
dagegen für mich kein richtiges Meer. Es muss toben, es muss tosen,<br />
dazu die salzige Luft, die man hier ja so richtig auf der Haut spüren<br />
kann.“ Auch die irische See hat es ihr angetan. In der beschaulichen<br />
Küstenstadt Aberystwyth schrieb sie ihre Promotion in<br />
Kunstgeschichte. Sie war verzaubert von Wales. Hier empfand sie das<br />
Zusammenspiel von Landschaft und Klima, das Sanfte und das Raue,<br />
als besonders angenehm. Hier reifte auch der Entschluss,<br />
Schriftstellerin zu werden. Die Idee für ihren ersten Roman „Die Frau<br />
aus Martinique“ hatte sie schon länger im Kopf. Die Geschichte von<br />
einer Malerin, die einer mysteriösen Botschaft aus dem Jahr 1841 nachspürt<br />
und ein Geheimnis aufdeckt, das sie auch nach Paris und in die<br />
Karibik führt, beginnt in jenem Aberystwyth, das sie selbst so gut kennt.<br />
Noch heute, vier Romane später, recherchiert sie viel. „Am Anfang steht