Kirchliche Seelsorge im Rettungsdienst - Notfallseelsorge in ...

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Johannes Zepezauer Kirchliche Seelsorge im Rettungsdienst Als die in der Einführung genannten positiven „Zeichen der Zeit“ 459 im RD sollen an dieser Stelle die folgenden drei Momente angeführt werden: - Im RD setzen sich Menschen für Mitmenschen in Krisen- und Notsituationen ein und nehmen dafür auch Gefahren, lange Arbeitszeiten und eine eher geringe Ver- gütung in Kauf; sehr viele engagieren sich sogar ehrenamtlich. Zu den wesentli- chen Motiven für diesen Dienst zählen unter anderem die Nächstenliebe und das Ideal, anderen zu helfen und möglichst gut helfen zu können. - Im RD hat vor einigen Jahren ein Umdenkprozess hin zu einem ganzheitlichen Menschenbild begonnen, der positive Konsequenzen für die Patientenbetreuung, die RD-Ausbildung und Unterstützung des Personals mit sich bringt. Menschliche Zuwendung, psychische Betreuung und Einsatznachsorge seien beispielhaft dafür genannt. Nach dem Idealbild steht der Mensch als ganzer im Mittelpunkt der Be- mühungen des Rettungsdienstes (wie auch der Kirche). Die Sorge um den hilfsbe- dürftigen Menschen und auch die Nächstenliebe verbinden also RD und Kirche. - Von Seiten der Hilfsorganisationen (ASB, DRK, JUH und MHD), die in den RD eingebunden sind, spricht zumindest grundsätzlich nichts gegen ein Zusammen- wirken mit der Kirche und ihren Mitarbeitern. Die JUH und der MHD sind auf- grund ihrer Tradition und Leitlinien eng mit den christlichen Kirchen verbunden. Auch der ASB und das DRK können sich besonders in den Bereichen Kriseninter- vention, Aus- und Fortbildungen und Einsatznachsorge vorstellen, mit der Kirche zusammenzuarbeiten beziehungsweise sind schon dabei. Auch von Seiten der be- fragten Einsatzkräfte sind für die Kirche die Türen zum RD nicht grundsätzlich verschlossen. Es bestehen durchaus Wünsche an kompetente und offene Seelsor- ger. Schließlich kann das Bild vom RD, der rund um die Uhr einsatzbereit ist und ständig mit dem Unerwarteten rechnen muss, auch ein Vorbild für die Kirche und ihre Gläubi- gen sein, die ebenfalls zur Wachsamkeit und zum Bereitsein aufgerufen sind. 460 459 ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL: Gaudium et spes, Nr. 4. 460 Damit sie die die Wiederkunft Jesu Christi nicht verschlafen und versäumen; denn sie kennen weder den Tag noch die Stunde der Parusie des Herrn (vgl. Mt 25,13). 96

Johannes Zepezauer Kirchliche Seelsorge im Rettungsdienst 1 Einführung IV PRAXEOLOGIE – Optimierung der zukünftigen Praxis – „Die Kirche,“ so stellt Paul M. Zulehner fest, „deren Praxis die Pastoraltheologie wis- senschaftlich reflektiert, um zu deren Weiterentwicklung beizutragen, versteht sich als ‚ecclesia semper reformanda’.“ 461 Sie ist folglich immer wieder zu reformieren, zu er- neuern und zu optimieren, weil Differenzen zwischen dem von Gott gegebenen Auftrag und der aktuellen Umsetzung bestehen oder sich die Situation der Gesellschaft gewan- delt hat. Da sich die Praxis der Kirche immer in einer dialektischen Spannung zwischen Personen und Strukturen entwickelt, sind auch deren Reformen von Personen und Strukturen abhängig. 462 Die Kirche und ihre Mitglieder brauchen zu jeder Zeit unter anderem den Mut zu Re- formen. „Solcher Christenmut ist lernbar. Jene, die ihn in dem ihnen möglichen refor- merischen Handeln zeigen, sind Hoffnung dafür, daß auch zukünftig die Kirche ihrem Auftrag in unserer Zeit, so gut sie kann, gerecht wird.“ 463 In der nun anstehenden Praxeologie sollen in diesem Sinn einige Handlungsimpulse und Gedankenanstöße gegeben werden, die für eine Optimierung der kirchlichen Praxis auf dem hier untersuchten Gebiet einen Beitrag leisten möchten. Zunächst gilt es aber, sich noch einmal in knapper Form an die bisher gegangenen Schritte und ihre Hauptergebnisse zu erinnern: In der zuerst durchgeführten Kriteriologie wurden die Kriterien und Ziele erarbeitet, damit die nun folgenden Impulse auch spurtreu und „zielsicher“ 464 sein können. Hauptziel und -kriterium für die Kirche sind und bleiben der Auftrag und die Offenba- rung Gottes – besonders das Leben Jesu mit seiner Botschaft, seinem Wirken bis zum Kreuz und darüber hinaus zur Auferweckung zu einem Leben in Fülle. 465 Es geht also im Wesentlichen um die Sorge für den von Gott erschaffenen und geliebten Menschen, dem ein Leben in Würde und in Freiheit zugesagt ist. Die Kirche soll Jesus Christus dabei helfen, der Menschheit dieses Leben zu verkünden und zu ermöglichen. 461 ZULEHNER: Pastoraltheologie, Bd. 1, 305; eigene Hervorhebung. Die darin verwendete lateinische Formulierung stammt aus der calvinistischen Theologie Anfang des 17. Jahrhunderts und wurde vom Zweiten Vatikanischen Konzil vorsichtig aufgegriffen (vgl. dazu ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL: Lumen gentium, Nr. 9 und ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL: Unitatis redintegratio, Nr. 6). Vgl. KEHL: Ecclesia, 437. Der Terminus drückt aus, dass „sich die Kirche in Lebensstil, Verkündigung und Grundstrukturen ständig v. Wort Gottes richten u. erneuern lassen muß.“ (KEHL: Ecclesia, 437.) 462 Vgl. ZULEHNER: Pastoraltheologie, Bd. 1, 305. 463 ZULEHNER: Pastoraltheologie, Bd. 1, 306. 464 ZULEHNER: Pastoraltheologie, Bd. 1, 247. 97

Johannes Zepezauer <strong>Kirchliche</strong> <strong>Seelsorge</strong> <strong>im</strong> <strong>Rettungsdienst</strong><br />

1 E<strong>in</strong>führung<br />

IV PRAXEOLOGIE<br />

– Opt<strong>im</strong>ierung der zukünftigen Praxis –<br />

„Die Kirche,“ so stellt Paul M. Zulehner fest, „deren Praxis die Pastoraltheologie wis-<br />

senschaftlich reflektiert, um zu deren Weiterentwicklung beizutragen, versteht sich als<br />

‚ecclesia semper reformanda’.“ 461 Sie ist folglich <strong>im</strong>mer wieder zu reformieren, zu er-<br />

neuern und zu opt<strong>im</strong>ieren, weil Differenzen zwischen dem von Gott gegebenen Auftrag<br />

und der aktuellen Umsetzung bestehen oder sich die Situation der Gesellschaft gewan-<br />

delt hat. Da sich die Praxis der Kirche <strong>im</strong>mer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er dialektischen Spannung zwischen<br />

Personen und Strukturen entwickelt, s<strong>in</strong>d auch deren Reformen von Personen und<br />

Strukturen abhängig. 462<br />

Die Kirche und ihre Mitglieder brauchen zu jeder Zeit unter anderem den Mut zu Re-<br />

formen. „Solcher Christenmut ist lernbar. Jene, die ihn <strong>in</strong> dem ihnen möglichen refor-<br />

merischen Handeln zeigen, s<strong>in</strong>d Hoffnung dafür, daß auch zukünftig die Kirche ihrem<br />

Auftrag <strong>in</strong> unserer Zeit, so gut sie kann, gerecht wird.“ 463<br />

In der nun anstehenden Praxeologie sollen <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>ige Handlungs<strong>im</strong>pulse und<br />

Gedankenanstöße gegeben werden, die für e<strong>in</strong>e Opt<strong>im</strong>ierung der kirchlichen Praxis auf<br />

dem hier untersuchten Gebiet e<strong>in</strong>en Beitrag leisten möchten.<br />

Zunächst gilt es aber, sich noch e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> knapper Form an die bisher gegangenen<br />

Schritte und ihre Hauptergebnisse zu er<strong>in</strong>nern:<br />

In der zuerst durchgeführten Kriteriologie wurden die Kriterien und Ziele erarbeitet,<br />

damit die nun folgenden Impulse auch spurtreu und „zielsicher“ 464 se<strong>in</strong> können.<br />

Hauptziel und -kriterium für die Kirche s<strong>in</strong>d und bleiben der Auftrag und die Offenba-<br />

rung Gottes – besonders das Leben Jesu mit se<strong>in</strong>er Botschaft, se<strong>in</strong>em Wirken bis zum<br />

Kreuz und darüber h<strong>in</strong>aus zur Auferweckung zu e<strong>in</strong>em Leben <strong>in</strong> Fülle. 465<br />

Es geht also <strong>im</strong> Wesentlichen um die Sorge für den von Gott erschaffenen und geliebten<br />

Menschen, dem e<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> Würde und <strong>in</strong> Freiheit zugesagt ist. Die Kirche soll Jesus<br />

Christus dabei helfen, der Menschheit dieses Leben zu verkünden und zu ermöglichen.<br />

461 ZULEHNER: Pastoraltheologie, Bd. 1, 305; eigene Hervorhebung. Die dar<strong>in</strong> verwendete late<strong>in</strong>ische<br />

Formulierung stammt aus der calv<strong>in</strong>istischen Theologie Anfang des 17. Jahrhunderts und wurde vom<br />

Zweiten Vatikanischen Konzil vorsichtig aufgegriffen (vgl. dazu ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL:<br />

Lumen gentium, Nr. 9 und ZWEITES VATIKANISCHES KONZIL: Unitatis red<strong>in</strong>tegratio, Nr. 6). Vgl.<br />

KEHL: Ecclesia, 437. Der Term<strong>in</strong>us drückt aus, dass „sich die Kirche <strong>in</strong> Lebensstil, Verkündigung<br />

und Grundstrukturen ständig v. Wort Gottes richten u. erneuern lassen muß.“ (KEHL: Ecclesia, 437.)<br />

462 Vgl. ZULEHNER: Pastoraltheologie, Bd. 1, 305.<br />

463 ZULEHNER: Pastoraltheologie, Bd. 1, 306.<br />

464 ZULEHNER: Pastoraltheologie, Bd. 1, 247.<br />

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