Kirchliche Seelsorge im Rettungsdienst - Notfallseelsorge in ...
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Johannes Zepezauer <strong>Kirchliche</strong> <strong>Seelsorge</strong> <strong>im</strong> <strong>Rettungsdienst</strong><br />
teile, Klischees und bisherigen Erfahrungen es vorgegeben haben. Sie kennen sich noch<br />
nicht – zum<strong>in</strong>dest nicht richtig.<br />
Der <strong>Rettungsdienst</strong>ler hatte e<strong>in</strong>en von der Welt abgehobenen, engels- und heiligenglei-<br />
chen <strong>Seelsorge</strong>r erwartet, der vor allem Kirchenlieder, fromme Bücher und Sprüche <strong>im</strong><br />
Kopf hat, dessen Arbeitsplatz geradezu h<strong>im</strong>mlisch (abgehoben von der Welt) und ver-<br />
klärt zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t. 2 Nun erlebt der Mann <strong>in</strong> E<strong>in</strong>satzkleidung aber e<strong>in</strong>en ebenso auf der<br />
Erde stehenden Menschen, der ihm die Hand reichen will und auf den ersten Blick e<strong>in</strong>en<br />
freundlichen und sympathischen E<strong>in</strong>druck macht.<br />
Auch der <strong>Seelsorge</strong>r <strong>im</strong> Talar hat e<strong>in</strong>e Vorstellung vom RD-Mitarbeiter, die nicht ad-<br />
äquat dem Menschen entspricht, der ihm jetzt begegnet. Se<strong>in</strong>e Gedanken s<strong>in</strong>d von Kli-<br />
schees geprägt, die e<strong>in</strong>em <strong>Rettungsdienst</strong>ler nicht selten zugeordnet werden: sche<strong>in</strong>bar<br />
gefühllos, unerschütterlich, cool (mit Sonnenbrille), geradezu blutrünstig steht er <strong>in</strong> der<br />
Gedankenblase mit e<strong>in</strong>er Spritze und dem Laryngoskop für die Intubation <strong>in</strong> den Hän-<br />
den. Se<strong>in</strong> Arbeitsplatz gleicht e<strong>in</strong>em Schlachtfeld voll Blut, Knochen und Feuerflam-<br />
men.<br />
Karikaturen überzeichnen von ihrer Art her – und so ist es auch hier. Aber sie stellen<br />
dadurch e<strong>in</strong> Stück der Realität umso treffender dar: Menschen haben Vorurteile gegen-<br />
über anderen Menschen, die die Begegnungen mit ihnen beh<strong>in</strong>dern oder gar verh<strong>in</strong>dern.<br />
Sie übertragen Erfahrungen, die sie mit dem Vertreter e<strong>in</strong>er (Berufs-) Gruppe gemacht<br />
haben, leicht auf alle, die dieser Gruppe angehören.<br />
Bei der Begegnung zwischen RD und Kirche schw<strong>in</strong>gt das alles mit. Persönliche Erfah-<br />
rungen und auch Klischees bee<strong>in</strong>flussen das Zusammentreffen entweder positiv oder<br />
negativ, denn hier begegnen sich nicht nur zwei Institutionen, sondern lebendige Men-<br />
schen mit Emotionen.<br />
Es gilt also, e<strong>in</strong>ander besser kennen zu lernen. In der Realität ist dies bereits an vielen<br />
Orten auf gute Weise geschehen. Vertreter<strong>in</strong>nen und Vertreter auf beiden Seiten haben<br />
dazu beigetragen.<br />
In dieser Diplomarbeit soll nun e<strong>in</strong>e weitere Begegnung auf e<strong>in</strong>er anderen, theoretischen<br />
Ebene stattf<strong>in</strong>den, damit der <strong>Seelsorge</strong>r nicht nur <strong>in</strong> der Karikatur e<strong>in</strong>e realistische Vor-<br />
stellung vom RD bekommt und beide Seiten die Chancen e<strong>in</strong>er guten Zusammenarbeit<br />
erkennen und sich kollegial oder freundschaftlich begegnen können.<br />
2 Vgl. dazu auch SADOWSKI: Warum arbeiten Theologen <strong>in</strong> der <strong>Notfallseelsorge</strong>, 534. Vgl. ferner<br />
ZIPPERT : Zur Theologie der <strong>Notfallseelsorge</strong>, 54f und vgl. auch WIETERSHEIM: <strong>Notfallseelsorge</strong>, 139.<br />
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