Kirchliche Seelsorge im Rettungsdienst - Notfallseelsorge in ...

Kirchliche Seelsorge im Rettungsdienst - Notfallseelsorge in ... Kirchliche Seelsorge im Rettungsdienst - Notfallseelsorge in ...

notfallseelsorge.de
von notfallseelsorge.de Mehr von diesem Publisher
07.01.2013 Aufrufe

Johannes Zepezauer Kirchliche Seelsorge im Rettungsdienst Die Besonderheit der NFS liegt im Vergleich zur traditionellen Seelsorge also darin, dass sie „unter den Bedingungen des heutigen Rettungswesens“ 157 aktiv wird und mit den Rettungsdiensten zusammenarbeitet; dazu gehört auch die Sorge um die Einsatz- kräfte. 158 In zahlreichen Regionen, in denen die NFS mittlerweile aufgebaut ist, garantiert sie den zuständigen Rettungsleitstellen und Einsatzkräften rund um die Uhr abrufbereite und entsprechend ausgebildete Seelsorger zur Unterstützung. Die Zahl der Dienst habenden Seelsorger wird dabei regional geregelt und dem durchschnittlichen Bedarf angepasst. Ferner kann bei Großschadensfällen und Katastrophen auf einen großen Pool an Not- fallseelsorgern aus ganz Deutschland zurückgegriffen werden; so geschah es zum Bei- spiel beim Zugunglück 1998 in Eschede 159 und der großen Flutkatastrophe in Süd- und Ostdeutschland im Jahr 2002. 160 Mittlerweile gibt es zahlreiche Tagungen, Konferenzen und einen jährlich stattfinden- den Bundeskongress Notfallseelsorge und Krisenintervention, die zu einem gegenseiti- gen Erfahrungsaustausch und einer ständigen Verbesserung auf diesen Gebieten beitra- gen. 161 Mit den Worten des evangelischen Pfarrers Hanjo von Wietersheim, der zu den Pionie- ren der NFS zählt, kann zusammenfassend festgestellt werden: „In den 10 Jahren, in denen es Notfallseelsorge und Krisenintervention gibt, hat sich viel getan. Die psychi- sche Komponente im Rettungswesen wird mittlerweile sowohl bei der Betreuung der Geschädigten als auch bei der Unterstützung des Einsatzpersonals gesehen und zum Teil auch beachtet. Die Aufgabe, die vor uns liegt, ist die Integration der vorliegenden Erkenntnisse in Ausbildung, Einsatz und Personalmanagement und die Entwicklung zuverlässiger Standards, die bei der Unterscheidung der verschiedenen Ansätze und Systeme helfen können.“ 162 157 SADOWSKI: Notfallseelsorge, 427. 158 Sigurd Sadowski schreibt dazu: „Bisher war es kaum möglich, unter solchen Bedingungen zu arbeiten, da sich Kirchen und Rettungsdienste zu weit auseinanderentwickelt hatten. Das betrifft v. a. Organisationen, die nicht auf besondere kirchliche Traditionen verweisen.“ (SADOWSKI: Notfallseelsorge, 427). Ferner bezeichnet Günther Kames die „direkte Einbindung aller bei einem Rettungseinsatz Beteiligten, das Zusammenrücken von Kirchenleuten und nicht Kirchenleuten“ (KAMES: Erste Hilfe für die Seele, 20) als Schlüssel für die Entstehung der NFS Wetterau. 159 Vgl. dazu HÖLTERHOFF: Katastrophenseelsorge (zur Notfallseelsorge) und vgl. auch HELMERICHS: Einsatznachsorge. 160 Zum Thema NFS (allgemein) vgl. auch die ausführlicheren Darstellungen bei ZIPPERT : Notfälle und Katastrophen begleiten, 245-254 und vgl. ferner ZIPPERT : Zur Theologie der Notfallseelsorge, 27-34. 161 Vgl. dazu den Bericht vom 3. Bundeskongress in Augsburg im Januar 2000 in WIETERSHEIM: Hinter Blaulicht und Martinshorn, 807f. 162 WIETERSHEIM: Hinter Blaulicht und Martinshorn, 808. Für Thomas Zippert ist zurzeit noch offen, „wie sich die N. [Notfallseelsorge; Anm. des Autors] in zunehmend multirel. Umfeld zu den Polen 38

Johannes Zepezauer Kirchliche Seelsorge im Rettungsdienst 3.1.3 Auswahl, Ausbildung und Fortbildung von Notfallseelsorgern Das Anforderungsprofil und die Qualifikation von Notfallseelsorgern werden durch die entsprechenden Rahmenordnungen der jeweiligen Landeskirche beziehungsweise Di- özese festgesetzt. Darüber hinaus liegt es an den einzelnen NFS-Einheiten, Kriterien für die Auswahl und die Aus- und Weiterbildung der eigenen Notfallseelsorger festzulegen. Hier gibt es eine Fülle an Regelungen, die je nach Region unterschiedlich sind: von niedrigen Standards (jeder pastorale Mitarbeiter in der Kirchengemeinde) bis hin zu hohen Anforderungen (strenge Auswahlkriterien und Fortbildungsverpflichtungen). 163 Die folgenden Ausführungen sind anhand der bereits oben erwähnten so genannten Kasseler Thesen und der Fachliteratur zusammengestellt und bieten eine Übersicht über einen „Quasi-Standard“ 164 , der aber unverbindlich ist: Notfallseelsorger sollten pastorale Mitarbeiter sein, die hauptamtlich in der evangeli- schen oder katholischen Kirche tätig sind, damit sie die NFS als Vertretung für den Ortspfarrer leisten und das Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch nehmen können; außerdem kann den Hauptamtlichen der Einsatz in der NFS als Arbeitszeit angerechnet werden. 165 Der Standard für die Mitarbeit in der NFS ist eine kirchlich anerkannte pa- storale Ausbildung, um auch in den Notsituationen auf eine seelsorgliche und theologi- sche Kompetenz zurückgreifen zu können. 166 Durch weitere Zusatzausbildungen, die auch psychologische (vor allem psychotraumatologische) und medizinische Kenntnisse bezüglich der Krisenintervention berücksichtigen, soll die Arbeit in der NFS vorbereitet und verbessert werden, da Notfallseelsorger „insbesondere Kenntnisse und Fähigkeiten pfarramtlicher Grundaufgabe und funktionaler Spezialisierung, gesellschaftsdiakonischer Dienstleistung (neben anderen Anbietern) und theol. Kritik des Machbarkeitsdenkens und der Einsatzroutine zu verorten ist.“ (ZIPPERT : Notfallseelsorge, 398.) 163 So erwartet das Konzept der NFS Wetterau von seinen Mitarbeitern unter anderem, dass sie mindestens fünf Jahre seelsorgliche Berufserfahrung haben, Supervision in Anspruch nehmen, seelsorglich kompetent sind und nicht von Profilierungssucht oder Selbstüberschätzung beeinträchtigt werden. Vgl. NOTFALLSEELSORGE WETTERAU: Notfallseelsorge Wetterau, 10. 164 WIETERSHEIM: Fortbildung in der Notfallseelsorge, 287. Für konkrete Beispiele sei verwiesen auf die Darstellungen bei REUTER: Notfallseelsorge, bes. 36-38 und ferner auf die Rahmenordnung für die Notfallseelsorge der Diözese Mainz, die später (unter II, 3.1.6.1) dargestellt wird. Vgl. BI- SCHÖFLICHES ORDINARIAT DER DIÖZESE MAINZ: Rahmenordnung, 24f. 165 Vgl. MÜLLER-LANGE: Erwartungen an den Amtsinhaber, 317 und vgl. WIETERSHEIM: Fortbildung in der Notfallseelsorge, 287. 166 Vgl. WIETERSHEIM: Fortbildung in der Notfallseelsorge, 287. Durch diese Grundvoraussetzung nimmt die NFS „ernst, daß bei Menschen in existentiellen Extremsituationen die religiösen und weltanschaulichen Prägungen offenbar werden.“ (Karl Lehmann und Manfred Kock in EVANGELISCH- KATHOLISCHE AKTIONSGEMEINSCHAFT : Eine Handreichung, 3). 39

Johannes Zepezauer <strong>Kirchliche</strong> <strong>Seelsorge</strong> <strong>im</strong> <strong>Rettungsdienst</strong><br />

Die Besonderheit der NFS liegt <strong>im</strong> Vergleich zur traditionellen <strong>Seelsorge</strong> also dar<strong>in</strong>,<br />

dass sie „unter den Bed<strong>in</strong>gungen des heutigen Rettungswesens“ 157 aktiv wird und mit<br />

den <strong>Rettungsdienst</strong>en zusammenarbeitet; dazu gehört auch die Sorge um die E<strong>in</strong>satz-<br />

kräfte. 158<br />

In zahlreichen Regionen, <strong>in</strong> denen die NFS mittlerweile aufgebaut ist, garantiert sie den<br />

zuständigen Rettungsleitstellen und E<strong>in</strong>satzkräften rund um die Uhr abrufbereite und<br />

entsprechend ausgebildete <strong>Seelsorge</strong>r zur Unterstützung. Die Zahl der Dienst habenden<br />

<strong>Seelsorge</strong>r wird dabei regional geregelt und dem durchschnittlichen Bedarf angepasst.<br />

Ferner kann bei Großschadensfällen und Katastrophen auf e<strong>in</strong>en großen Pool an Not-<br />

fallseelsorgern aus ganz Deutschland zurückgegriffen werden; so geschah es zum Bei-<br />

spiel be<strong>im</strong> Zugunglück 1998 <strong>in</strong> Eschede 159 und der großen Flutkatastrophe <strong>in</strong> Süd- und<br />

Ostdeutschland <strong>im</strong> Jahr 2002. 160<br />

Mittlerweile gibt es zahlreiche Tagungen, Konferenzen und e<strong>in</strong>en jährlich stattf<strong>in</strong>den-<br />

den Bundeskongress <strong>Notfallseelsorge</strong> und Krisen<strong>in</strong>tervention, die zu e<strong>in</strong>em gegenseiti-<br />

gen Erfahrungsaustausch und e<strong>in</strong>er ständigen Verbesserung auf diesen Gebieten beitra-<br />

gen. 161<br />

Mit den Worten des evangelischen Pfarrers Hanjo von Wietershe<strong>im</strong>, der zu den Pionie-<br />

ren der NFS zählt, kann zusammenfassend festgestellt werden: „In den 10 Jahren, <strong>in</strong><br />

denen es <strong>Notfallseelsorge</strong> und Krisen<strong>in</strong>tervention gibt, hat sich viel getan. Die psychi-<br />

sche Komponente <strong>im</strong> Rettungswesen wird mittlerweile sowohl bei der Betreuung der<br />

Geschädigten als auch bei der Unterstützung des E<strong>in</strong>satzpersonals gesehen und zum<br />

Teil auch beachtet. Die Aufgabe, die vor uns liegt, ist die Integration der vorliegenden<br />

Erkenntnisse <strong>in</strong> Ausbildung, E<strong>in</strong>satz und Personalmanagement und die Entwicklung<br />

zuverlässiger Standards, die bei der Unterscheidung der verschiedenen Ansätze und<br />

Systeme helfen können.“ 162<br />

157<br />

SADOWSKI: <strong>Notfallseelsorge</strong>, 427.<br />

158<br />

Sigurd Sadowski schreibt dazu: „Bisher war es kaum möglich, unter solchen Bed<strong>in</strong>gungen zu arbeiten,<br />

da sich Kirchen und <strong>Rettungsdienst</strong>e zu weit ause<strong>in</strong>anderentwickelt hatten. Das betrifft v. a. Organisationen,<br />

die nicht auf besondere kirchliche Traditionen verweisen.“ (SADOWSKI: <strong>Notfallseelsorge</strong>,<br />

427). Ferner bezeichnet Günther Kames die „direkte E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung aller bei e<strong>in</strong>em Rettungse<strong>in</strong>satz<br />

Beteiligten, das Zusammenrücken von Kirchenleuten und nicht Kirchenleuten“ (KAMES: Erste Hilfe<br />

für die Seele, 20) als Schlüssel für die Entstehung der NFS Wetterau.<br />

159<br />

Vgl. dazu HÖLTERHOFF: Katastrophenseelsorge (zur <strong>Notfallseelsorge</strong>) und vgl. auch HELMERICHS:<br />

E<strong>in</strong>satznachsorge.<br />

160<br />

Zum Thema NFS (allgeme<strong>in</strong>) vgl. auch die ausführlicheren Darstellungen bei ZIPPERT : Notfälle und<br />

Katastrophen begleiten, 245-254 und vgl. ferner ZIPPERT : Zur Theologie der <strong>Notfallseelsorge</strong>, 27-34.<br />

161<br />

Vgl. dazu den Bericht vom 3. Bundeskongress <strong>in</strong> Augsburg <strong>im</strong> Januar 2000 <strong>in</strong> WIETERSHEIM: H<strong>in</strong>ter<br />

Blaulicht und Mart<strong>in</strong>shorn, 807f.<br />

162<br />

WIETERSHEIM: H<strong>in</strong>ter Blaulicht und Mart<strong>in</strong>shorn, 808. Für Thomas Zippert ist zurzeit noch offen,<br />

„wie sich die N. [<strong>Notfallseelsorge</strong>; Anm. des Autors] <strong>in</strong> zunehmend multirel. Umfeld zu den Polen<br />

38

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!