Mädchen und junge Frauen mit Behinderung - bifos e.V.
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„Berühmte“ behinderte <strong>Frauen</strong><br />
14<br />
‚info‘ - b<strong>und</strong>es organisationsstelle behinderte frauen<br />
In allen vorangegangenen Ausgaben<br />
des info wurde eine berühmte<br />
Frau <strong>mit</strong> einer <strong>Behinderung</strong> porträtiert.<br />
Denjenigen, die das Heft regelmäßig<br />
lesen, ist dabei sicherlich aufgefallen,<br />
dass die vorgestellten <strong>Frauen</strong><br />
<strong>mit</strong> den unterschiedlichsten <strong>Behinderung</strong>en<br />
leb(t)en. Auffällig dabei<br />
ist, dass wir bislang über keine Frau<br />
<strong>mit</strong> einer geistigen <strong>Behinderung</strong> geschrieben<br />
haben <strong>und</strong> es stellt sich<br />
die Frage, ob es überhaupt berühmte<br />
<strong>Frauen</strong> <strong>mit</strong> einer geistigen <strong>Behinderung</strong><br />
gibt.<br />
Ich habe mich auf die Suche begeben<br />
<strong>und</strong> festgestellt, dass es ein<br />
schwieriges Unterfangen ist, eine<br />
Frau <strong>mit</strong> einer sogenannten geistigen<br />
<strong>Behinderung</strong> zu fi nden, die <strong>mit</strong> einer<br />
künstlerischen oder anderen Begabung<br />
nennenswert in Erscheinung<br />
getreten ist. Auch bei Menschen <strong>mit</strong><br />
geistiger <strong>Behinderung</strong> lässt sich das<br />
gleiche Phänomen beobachten wie<br />
bei Körperbehinderten: die Männer<br />
werden eher gefördert <strong>und</strong> treten an<br />
die Öffentlichkeit. Erinnert sei hier<br />
nur an den autistischen Autor Birger<br />
Sellin oder an die beiden Schauspieler<br />
<strong>mit</strong> Down Syndrom, Bobby Brederlow<br />
(Deutschland) <strong>und</strong> Christian<br />
Polster (Österreich). Auch bei den<br />
inzwischen zahlreichen Bands <strong>mit</strong><br />
geistigbehinderten Musikern fi nden<br />
wir hauptsächlich männliche Mitglieder<br />
an den Instrumenten, während<br />
<strong>Frauen</strong> allenfalls in der altbewährten<br />
Rolle als Sängerin auftreten. Eine<br />
Ausnahme bildet meiner Kenntnis<br />
nach die Londoner Gruppe „Heart`n<br />
Soul“, bei der sowohl <strong>Frauen</strong> als<br />
auch Männer <strong>mit</strong> einer lern- oder<br />
geistigen <strong>Behinderung</strong> als aktive InterpretInnen<br />
auftreten.<br />
Dennoch: Bei genauerem Hinsehen<br />
fi nden sich auch <strong>Frauen</strong> <strong>mit</strong> einer<br />
mentalen Einschränkung, die künstlerisch<br />
tätig sind. Eine von ihnen<br />
ist die Niederländerin Alida Schaap,<br />
die vor zwei Jahren für ihre Bilder<br />
<strong>mit</strong> dem damals neu eingerichteten<br />
EUWARD ausgezeichnet wurde. Der<br />
EUWARD ist ein europäischer Kunst-<br />
preis, der an MalerInnen <strong>und</strong> ZeichnerInnen<br />
aus Kunstwerkstätten für<br />
Behinderte vergeben wird. Der Preis<br />
wurde von der Kunstwerkstatt des<br />
Heilpädagogischen Centrum Augustinum<br />
in München ins Leben gerufen.<br />
Alle zwei Jahre fi ndet sich eine<br />
Jury, bestehend aus drei renommierten<br />
KünstlerInnen, zusammen, um<br />
aus den eingeschickten Bildern <strong>und</strong><br />
Collagen drei Personen für den Preis<br />
zu benennen. Der EUWARD ist insgesamt<br />
auf 19000 Euro dotiert <strong>und</strong><br />
wird dieses Jahr im Sommer erneut<br />
vergeben. 1 Bedauerlich ist, dass nunmehr<br />
die Schirmherrschaft von der<br />
Kulturpolitik in den Bereich der Behindertenpolitik<br />
gewechselt hat. Dieses<br />
Jahr übernimmt sie der B<strong>und</strong>esbeauftragte<br />
für die Belange der Behinderten<br />
<strong>und</strong> nicht mehr der zuständige<br />
Staatsminister für Kunst <strong>und</strong><br />
Kultur.<br />
Bei der ersten Preisverleihung, im<br />
Jahr 2000, kamen 19 von 750<br />
BewerberInnen in die Vorauswahl.<br />
„Berühmte“ behinderte <strong>Frauen</strong><br />
Die Malerin Alida Schaap *1960<br />
von Anneliese Mayer<br />
Die AnwärterInnen für den EU-<br />
WARD stammten hauptsächlich aus<br />
Deutschland, Frankreich, Belgien,<br />
den Niederlanden <strong>und</strong> England. Unter<br />
den 19 BewerberInnen waren lediglich<br />
drei <strong>Frauen</strong> vertreten: Alida<br />
Schaap, Natalie van de Kaa <strong>und</strong><br />
Fernanda Reyns. Alida Schaap erhielt<br />
den 1. Preis, der 2. <strong>und</strong> 3. Preis<br />
ging an ihre männlichen Kollegen<br />
Edm<strong>und</strong> Krengel <strong>und</strong> Adolf Beutler<br />
aus Deutschland.<br />
.<br />
Alida Schaap’s Bilder beeindrucken<br />
durch ihre Direktheit, sie malt <strong>und</strong><br />
gestaltet sehr plastisch. Die Themen<br />
befassen sich vor allem <strong>mit</strong> Sexualität<br />
<strong>und</strong> Tod. Dass Alidas Bilder<br />
eine große Eigenwilligkeit aufweisen,<br />
ist unverkennbar. Sie macht es der<br />
Betrachterin nicht einfach. Es sind<br />
Zeichnungen oder Collagen, die auf<br />
den ersten Blick zwar unschuldig<br />
<strong>und</strong> naiv wirken, wie es oft von geistig<br />
behinderten KünstlerInnen erwartet<br />
wird. Bei genauerer Betrachtung<br />
fi ndet sich jedoch eine tiefe<br />
Hintergründigkeit in ihren Kunstwer-