Mädchen und junge Frauen mit Behinderung - bifos e.V.
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Es ist bekannt, dass Kinder, denen<br />
vorgelesen wird, <strong>und</strong> die später<br />
selbst lesen, ihren Horizont erweitern<br />
<strong>und</strong> sensibler für andere Menschen<br />
<strong>und</strong> Lebensweisen werden.<br />
Deshalb ist es begrüßenswert, dass<br />
seit etwa Anfang der 70er Jahre<br />
Themen, von denen man lange annahm,<br />
sie seien Heranwachsenden<br />
nicht zuzumuten, allmählich Einzug<br />
in das Kinder- <strong>und</strong> Jugendbuch gehalten<br />
haben. Zunehmend spiegelt<br />
sich auch hier die Realität, sachlich<br />
<strong>und</strong> ungeschönt, wider.<br />
hat ein <strong>junge</strong>s, sportliches <strong>Mädchen</strong><br />
bei einem Unfall ein Bein verloren.<br />
Die Autorin schildert sehr realistisch,<br />
wie sich alle an das neue Leben <strong>mit</strong><br />
dem „Beinstumpf“ gewöhnen müssen.<br />
Streckenweise wird in diesem<br />
frühen realistischen Buch zum Thema<br />
<strong>Mädchen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong> noch<br />
zu viel psychologisiert. Ein wenig<br />
penetrant ist auch der häufi ge Hinweis<br />
auf das „Da<strong>mit</strong>-fertig-werdenmüssen“,<br />
als könne man je <strong>mit</strong> einer<br />
solchen <strong>Behinderung</strong> „fertig werden“<br />
<strong>und</strong> sie dann sozusagen ad acta le-<br />
<strong>Mädchen</strong> <strong>und</strong> <strong>junge</strong> <strong>Frauen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong><br />
erzählt auf eindringliche Weise, wie<br />
einem <strong>Mädchen</strong> in Mosambik durch<br />
Landminen beide Beine abgerissen<br />
werden <strong>und</strong> wie sie <strong>mit</strong> dieser starken<br />
Beeinträchtigung ihren Platz in<br />
der Gesellschaft fi ndet.<br />
Bereits für ganz kleine Kinder gibt<br />
es phantasievolle, gut gemachte Bilderbücher,<br />
die auf spielerisch-leichte<br />
Art etwas vom Anders- <strong>und</strong> gleichzeitig<br />
doch ganz Normalsein behinderter<br />
Menschen ver<strong>mit</strong>teln. An erster<br />
Stelle zu nennen ist hier das<br />
in diesem Jahr wieder neu aufgeleg-<br />
<strong>Mädchen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong> <strong>und</strong> chronischer<br />
Krankheit im aktuellen Kinder- <strong>und</strong> Jugendbuch<br />
von Hedwig Kaster-Bieker<br />
Man hat jedoch auch erkannt, dass<br />
Literatur mehr ist als Sozialreportage<br />
– sie darf nicht nur belehrend<br />
sein, nein, sie muss, um überhaupt<br />
zur Kenntnis genommen zu werden,<br />
in erster Linie gut unterhalten. Nichts<br />
stört den Leser <strong>und</strong> die Leserin mehr,<br />
als der didaktisch erhobene Zeigefi<br />
nger. Will ein Autor oder eine Autorin<br />
eine „Botschaft“ <strong>mit</strong> einem Buch<br />
aussenden, muss diese geschickt<br />
verpackt werden. Im deutschsprachigen<br />
Raum haben mehrere renommierte<br />
Jugendbuchautoren <strong>und</strong> -autorinnen<br />
<strong>Behinderung</strong>en <strong>und</strong> chronische<br />
Krankheiten bei Kindern als<br />
Thema aufgegriffen. Den Anfang<br />
machten mehrere <strong>mit</strong>tlerweile zu<br />
„Klassikern“ gewordene Bücher -<br />
sie stehen auf Lektüreplänen im<br />
Deutschunterricht! - von Peter Härtling,<br />
Max von der Grün <strong>und</strong> Mirjam<br />
Pressler, sowie Cordula Zickgrafs Mit<br />
einem Bein im Leben. Im letztgenannten,<br />
1991 erschienenen Buch<br />
gen. Positiv bleibt jedoch festzuhalten:<br />
Ein Anfang ist gemacht. <strong>Mädchen</strong><br />
<strong>mit</strong> <strong>Behinderung</strong>en werden<br />
ernst genommen, sind nicht mehr<br />
ausschließlich – man denke an die<br />
gelähmte Klara in Johanna Spyris<br />
berühmtem Klassiker Heidi von 1880<br />
– Gegenstand des allgemeinen Mitleides.<br />
Fahndet man in den Neuerscheinungen<br />
der letzten Jahre etwas genauer<br />
nach Büchern über behinderte<br />
<strong>Mädchen</strong>, kann man einige interessante<br />
Entdeckungen machen. Zunächst<br />
einmal: Es gibt sie häufi ger<br />
als vermutet. Und zum zweiten: Es<br />
sind etliche sehr gute Bücher darunter,<br />
die <strong>mit</strong> diversen Literaturpreisen<br />
ausgezeichnet wurden. Der Schwede<br />
Henning Mankell beispielsweise,<br />
bekannt in erster Linie als Krimiautor,<br />
bekam 1999 für sein Jugendbuch<br />
Das Geheimnis des Feuers unter<br />
anderem den Katholischen Kinder-<br />
<strong>und</strong> Jugendbuchpreis. Mankell<br />
te Buch Kathrin spricht <strong>mit</strong> den Augen<br />
von Kathrin Lemler <strong>und</strong> Stefan<br />
Gemmel. Aus der Perspektive eines<br />
schwer körperlich behinderten <strong>Mädchen</strong>s<br />
erfährt man – unterstützt von<br />
anschaulichen Illustrationen -, was<br />
es bedeutet, sich nicht über die übliche<br />
Lautsprache <strong>mit</strong>teilen zu können.<br />
Im Bilderbuch werden menschliche<br />
Probleme oft ins Tierreich verlegt,<br />
weshalb bei Büchern für Kinder im<br />
Vorschulalter selten geschlechtsspezifi<br />
sch differenziert wird, d.h. der<br />
Hase auf Rädern oder der kleine<br />
Spatz kann Junge <strong>und</strong> <strong>Mädchen</strong> sein<br />
(siehe unten: „Empfehlenswerte Bilderbücher“).<br />
Interessante Bücher für Kinder von<br />
etwa 8 –11 Jahren, in denen behinderte<br />
<strong>Mädchen</strong> eine wichtige Rolle<br />
spielen, sind schon vor einigen<br />
Jahren erschienen. Dazu gehören<br />
Martina Dierks Rollstuhlprinzessin<br />
(1997), Moritz Gleitzmans Quassel-<br />
‚info‘ - b<strong>und</strong>es organisationsstelle behinderte frauen<br />
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