Vom Wilhelmshof in die Fremde. Einblicke in die Lehre vom ...

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Torben Gülstorff: Vom Wilhelmshof in die Fremde. Einblicke in die Lehre vom Eigenen und Fremden an der Kolonialschule Witzenhausen.Ansätze eines interkulturellen Lernens? administrative 44 und wissenschaftliche Bereiche in einem künftigen deutschen Kolonialreich zu sichern. Eine verstärkte wissenschaftliche Zielstellung drückte sich auch in der Forderung aus, verstärkt bei Fragestellungen zur Eugenik und Rassenkunde hinzugezogen zu werden, da die DKS hier über erhebliche Ressourcen verfüge. 45 Das Reich, in Gestalt des Reichsministeriums für Landwirtschaft, sah in der DKS vor allem einen „nationalsozialistischen Musterbetrieb”. 46 Auf der DKS sollte die künftige Führung der deutschen Kultur ausgebildet werden. Geschäftsleute mit reinen Privatinteressen, „Raubritter und Ausbeuter kolonialer Räume” sollten in ihre Schranken gewiesen werden. 47 Nur noch für das Reich sollte Afrika in Zukunft wirtschaftlich erschlossen werden. Das kolonialpolitische Amt der NSDAP erklärte hierzu: „Unsere Kolonialpolitik ist weltanschaulich bestimmt und gebunden. Der Nationalsozialismus erkennt kein Denken und Handeln an, das nicht die Gemeinschaft des deutschen Volkes mit seinen Notwendigkeiten zum Ausgang und Ziel nimmt”. 48 Für dieses nationalwirtschaftliche Vordringen war die „Erhaltung” der „Eingeborenen” von ausschlaggebender Bedeutung. 49 Es galt, durch Rassentrennung die Entwicklung der Afrikaner nach ihren eigenen Lebensgesetzen zu fördern. 50 Des Weiteren sollte eine qualitativere „Auslese” der Kolonialdeutschen betrieben werden. Lediglich „reife Charaktere”, die sich als Nationalsozialisten darüber im Klaren seien, „Vorkämpfer des nationalsozialistischen Großdeutschlands”, Wegbereiter einer neuen Kolonialpolitik zu sein, sollten als Kolonialisten herangezogen werden. 51 Eine veränderte Einstellung der „Eingeborenen” gegenüber den „Weißen”, in welcher Leistung und Haltung die Hautfarbe als Überlegenheitskriterium abgelöst hätten, habe diesen Wandel erforderlich gemacht. Der Kolonialdeutsche führe deshalb kein „Herrenleben”, sondern habe wieder Vorbild zu sein. 52 44 FRANK, Theodor: Die Ausbildung des kolonialen Nachwuchses, Der deutsche Kulturpionier, Jg. 37 (1937) Nr. 4, 23‐26. 45 vgl.: KAUSCHE, Gustav Adolf: Die deutsche Kolonialschule als Mittelpunkt kolonialkundlicher und kolonialwissenschaftlicher Arbeit, Der deutsche Kulturpionier, Jg. 38 (1938) Nr. 1/2, 7‐14. 46 Bundesarchiv Berlin, R 43 II, 915c, Fiche 1, 23: von Reichsminister für Landwirtschaft an Doktor Lammers vom 27.05.39. 47 dto. 33: dto.. 48 Bundesarchiv Berlin, R 2 RFM, 4978, Fiche 1, 8: von NSDAP, kolonialpolitisches Amt (Reichsleitung) an ?? vom ??.10.40. 49 Nicht zuletzt wurde dies in den Kontext eines auf Afrika ausgreifenden sowjetischen Kommunismus gestellt. „Völkische Eigenheiten” und das „ganze System der Weltwirtschaft” seien hier in Gefahr, für ein „Experiment” vernichtet zu werden (vgl.: STUCKENBERG, Karl August: Kolonialbolschewismus, Der deutsche Kulturpionier, Jg. 36 (1936) Nr. 1, 20‐26). 50 Alfred Rosenberg (Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP) hatte hierzu ausgeführt: „Wir lehnen es ab, den schwarzen Menschen europäisieren zu wollen, sondern wir wollen auch ihm seine Eigenart inmitten der Herrschaft der weissen Rassen sichern. Wir verneinen aber die Predigten der Mischung gegensätzlicher Rassen” (Bundesarchiv Berlin, R 2 RFM, 4978, Fiche 1, 13: von NSDAP, kolonialpolitisches Amt (Reichsleitung) vom Oktober 1940.). 51 dto. 14: dto.. 52 dto. 14: dto. 400

ÖT KONTINENS, az Új‐ és Jelenkori Egyetemes Történeti Tanszék közleményei, N o 2010, ELTE, BUDAPEST, 2011. Es kann festgehalten werden, dass sich die Ausbildungsziele der DKS im Laufe der Jahre lediglich in politischer Hinsicht verschoben. Stets ging es darum, eine „Elite” für die Arbeit in der Fremde zu erschaffen. In politischer Hinsicht verschob sich der beabsichtigte Schwerpunkt dieser Elite aber von einem „Kultur‐” zu einem „Rassepionier”. Dieser Wandel sollte auch im Lehrplan seine Spuren hinterlassen. „Fremdes“ und „Eigenes“ im Lehrplan Den größten Teil des Schulunterrichts machten die praktische landwirtschaftliche und handwerkliche Ausbildung sowie die naturwissenschaftliche Schulung aus. Doch auch die sprachliche Ausbildung sollte im Laufe der Zeit einen breiteren Raum einnehmen. Anfangs wurde der Sprachunterricht noch außerschulisch erteilt. 53 Schon nach wenigen Jahren wurden aber Sprachlehrer angestellt und dadurch Unterricht in Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Holländisch, Französisch und Suaheli ermöglicht. 54 Später kamen noch Malayisch, Westafrikanische Sprachen, Russisch, Französisch, Haussa, Berber und Arabisch hinzu. Die sich mit dem Fremden und Eigenen befassenden Kulturwissenschaften spielten dagegen durchgehend eine lediglich untergeordnete Rolle. Mit der Schulgründung hatte Fabarius die kulturwissenschaftliche Lehre an der DKS übernommen und blieb auf diesem Gebiet über viele Jahre die einzige Lehrkraft. Neben Kursen über „das Eigene” (Kolonialpolitik, Kolonialwirtschaft, Kolonialrecht, Kolonialmission) 55 gab er auch solche über „das Fremde” (Kulturgeographie, Die Ausbreitung der Völker über die Erde, Wirtschaftliche Ausbreitung des Menschen über die Erde, 56 Völkerkunde, 57 Religionsgeschichte 58 und Kulturgeschichte 59 ). Im Schnitt entfielen drei bis vier Wochenstunden auf diesen Unterricht, der rund sechs bis sieben Prozent des Semesters ausmachte. 60 Erst nach einigen Jahren konnte dieser Lehrbereich um einen Dozenten für Missionskunde erweitert werden. Auch in der Realausbildung machte sich das Fremde schon vereinzelt in den Unterweisungen zum Siedlungswesen, zur Tropenheilkunde, zur tropischen Landwirtschaft, sowie zur überseeische Viehwirtschaft bemerkbar. Es wurde aber noch stark von der klassischen, auf das Eigene zugeschnittenen Ausbildung und Schulung überlagert. 61 53 Bundesarchiv Berlin, R 8023, 976a, 17‐19: von ?? an ?? vom ??.??.99. 54 Bundesarchiv Berlin, R 8023, 976a, 45‐48: Prospekt der DKS (Februar 1904). 55 Nach dem Krieg wurde noch eine weitere Dozentur für das Eigene (Das Deutschtum im Ausland und die Siedlungs‐ und Wanderungspolitik) eingerichtet (Deutsche Kolonialschule Witzenhausen, 1938. 41.). 56 Später wurden letztere im Kurs „Ausbreitung der Völker über die Erde (ausgewählte Abschnitte aus der Handels‐ und Verkehrsgeographie)” zusammengelegt. 57 Der Kurs bestand aus Teil 1. und Teil „2. (mit besonderer Berücksichtigung der kolonialen Bestrebungen der europäisch‐christlichen Kulturvölker im Mittelalter und der Neuzeit)”. 58 Der Kurs bestand aus Teil 1. und Teil „2. (Buddhismus, Islam, Christentum)”. 59 Auch dieser Kurs bestand aus zwei Teilen. 60 Vgl. die im „Kulturpionier” der Jahrgänge 1‐16 enthaltenen Semester‐ und Lehrpläne. 61 Bundesarchiv Berlin, R 1505, 8, 157 – 182: Lehr‐ und Anstaltsplan Witzenhausen (1922). 401

Torben Gülstorff: <strong>Vom</strong> <strong>Wilhelmshof</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Fremde</strong>. E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong> Eigenen und <strong>Fremde</strong>n an der<br />

Kolonialschule Witzenhausen.Ansätze e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>terkulturellen Lernens?<br />

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allem e<strong>in</strong>en „nationalsozialistischen Musterbetrieb”. 46 Auf der DKS sollte <strong>die</strong> künftige<br />

Führung der deutschen Kultur ausgebildet werden. Geschäftsleute mit re<strong>in</strong>en<br />

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Schranken gewiesen werden. 47 Nur noch für das Reich sollte Afrika <strong>in</strong> Zukunft<br />

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hierzu: „Unsere Kolonialpolitik ist weltanschaulich bestimmt und gebunden. Der<br />

Nationalsozialismus erkennt ke<strong>in</strong> Denken und Handeln an, das nicht <strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>schaft<br />

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Für <strong>die</strong>ses nationalwirtschaftliche Vordr<strong>in</strong>gen war <strong>die</strong> „Erhaltung” der<br />

„E<strong>in</strong>geborenen” von ausschlaggebender Bedeutung. 49 Es galt, durch<br />

Rassentrennung <strong>die</strong> Entwicklung der Afrikaner nach ihren eigenen Lebensgesetzen<br />

zu fördern. 50 Des Weiteren sollte e<strong>in</strong>e qualitativere „Auslese” der<br />

Kolonialdeutschen betrieben werden. Lediglich „reife Charaktere”, <strong>die</strong> sich als<br />

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habe <strong>die</strong>sen Wandel erforderlich gemacht. Der Kolonialdeutsche führe deshalb<br />

ke<strong>in</strong> „Herrenleben”, sondern habe wieder Vorbild zu se<strong>in</strong>. 52<br />

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FRANK, Theodor: Die Ausbildung des kolonialen Nachwuchses, Der deutsche Kulturpionier, Jg. 37<br />

(1937) Nr. 4, 23‐26.<br />

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vgl.: KAUSCHE, Gustav Adolf: Die deutsche Kolonialschule als Mittelpunkt kolonialkundlicher und<br />

kolonialwissenschaftlicher Arbeit, Der deutsche Kulturpionier, Jg. 38 (1938) Nr. 1/2, 7‐14.<br />

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Bundesarchiv Berl<strong>in</strong>, R 43 II, 915c, Fiche 1, 23: von Reichsm<strong>in</strong>ister für Landwirtschaft an Doktor<br />

Lammers <strong>vom</strong> 27.05.39.<br />

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Bundesarchiv Berl<strong>in</strong>, R 2 RFM, 4978, Fiche 1, 8: von NSDAP, kolonialpolitisches Amt<br />

(Reichsleitung) an ?? <strong>vom</strong> ??.10.40.<br />

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Nicht zuletzt wurde <strong>die</strong>s <strong>in</strong> den Kontext e<strong>in</strong>es auf Afrika ausgreifenden sowjetischen<br />

Kommunismus gestellt. „Völkische Eigenheiten” und das „ganze System der Weltwirtschaft” seien hier<br />

<strong>in</strong> Gefahr, für e<strong>in</strong> „Experiment” vernichtet zu werden (vgl.: STUCKENBERG, Karl August:<br />

Kolonialbolschewismus, Der deutsche Kulturpionier, Jg. 36 (1936) Nr. 1, 20‐26).<br />

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Alfred Rosenberg (Beauftragten des Führers für <strong>die</strong> Überwachung der gesamten geistigen und<br />

weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP) hatte hierzu ausgeführt: „Wir lehnen es ab, den<br />

schwarzen Menschen europäisieren zu wollen, sondern wir wollen auch ihm se<strong>in</strong>e Eigenart <strong>in</strong>mitten der<br />

Herrschaft der weissen Rassen sichern. Wir verne<strong>in</strong>en aber <strong>die</strong> Predigten der Mischung gegensätzlicher<br />

Rassen” (Bundesarchiv Berl<strong>in</strong>, R 2 RFM, 4978, Fiche 1, 13: von NSDAP, kolonialpolitisches Amt<br />

(Reichsleitung) <strong>vom</strong> Oktober 1940.).<br />

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