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Vom Wilhelmshof in die Fremde. Einblicke in die Lehre vom ...

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ÖT KONTINENS, az Új‐ és Jelenkori Egyetemes Történeti Tanszék közleményei, N o 2010, ELTE, BUDAPEST, 2011.<br />

<strong>Fremde</strong> Kulturen, Religionen und Mentalitäten standen zunächst im Vordergrund<br />

des Unterrichts. In der Spätphase der Weimarer Republik drängte <strong>die</strong> Rasse als<br />

Fixpunkt an der Kultur vorbei und <strong>die</strong> Religion an den Rand. Die Zunahme der<br />

praktischen Spezialkenntnisse über das <strong>Fremde</strong>, z.B. im handwerklichen Bereich,<br />

unterstützten <strong>die</strong>sen Prozess der allmählichen Absonderung der <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong><br />

<strong>Fremde</strong>n von den Kulturwissenschaften.<br />

Durch <strong>die</strong> mittlere und späte Phase des zweiten deutschen Kaiserreichs und <strong>die</strong><br />

frühe wie mittlere Phase der Weimarer Republik sollte <strong>die</strong> Völkerkunde, flankiert<br />

von Religionsgeschichte und Kolonialkunde, das breite Feld des <strong>Fremde</strong>n an der<br />

DKS vermitteln. Die Religionsgeschichte deutet schon auf das christliche Moment<br />

h<strong>in</strong>, <strong>in</strong> welchem das Streben nach kultureller E<strong>in</strong>heit mit dem <strong>Fremde</strong>n zu<br />

verstehen ist. Lediglich „Gradunterschiede” zu anderen Völkern sollten untersucht,<br />

<strong>Fremde</strong>s als Eigenes gelehrt werden. Unter Fabarius wurden Ethnologie und<br />

Religionswissenschaft <strong>in</strong> gewissem S<strong>in</strong>ne „fusioniert”. E<strong>in</strong>e Gleichsetzung von<br />

Kultur und Religion war zur damaligen Zeit nicht ungewöhnlich. Sie bee<strong>in</strong>flusste<br />

auch <strong>die</strong> <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong> Eigenen. Das Streben nach christlich geprägten, deutsch‐<br />

nationalen „Kulturpionieren” sollte deshalb nicht alle<strong>in</strong> vor dem H<strong>in</strong>tergrund der<br />

Kultur, sondern auch im Kontext des Missionarwesens betrachtet werden.<br />

Aufgrund der von Fabarius vertretenen Gleichartigkeit von <strong>Fremde</strong>m und Eigenem<br />

boten sich für <strong>die</strong> eigene Religion und Kultur beim <strong>Fremde</strong>n zahlreiche<br />

Anknüpfungspunkte, da <strong>die</strong> eigene „fortschrittlichere” Entwicklung <strong>die</strong>sem<br />

lediglich noch vermittelt werden musste.<br />

Auch wenn Fabarius mit <strong>die</strong>ser Sichtweise eher zu e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>derheit im<br />

kolonialen Diskurs gehört haben dürfte, 75 was den Aussagewert <strong>die</strong>ser Ergebnisse<br />

über den Rahmen der DKS h<strong>in</strong>aus erschwert, bieten sich hier doch zum<strong>in</strong>dest<br />

E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> <strong>die</strong>se M<strong>in</strong>derheit der Vertreter e<strong>in</strong>es humanitär‐paternalistischen<br />

Standpunktes, der vor allem an Handel und christlicher Weisung <strong>in</strong>teressiert war. 76<br />

In ihrem Alltag konnte <strong>die</strong>ser Interessengeme<strong>in</strong>schaft e<strong>in</strong>e Gleichsetzung von<br />

Eigenem und <strong>Fremde</strong>m nur recht se<strong>in</strong>.<br />

Schon ab der Mitte der zwanziger Jahre deutete sich dann an der DKS e<strong>in</strong>e<br />

neue Richtung an, <strong>die</strong> im „Dritten Reich” schließlich voll zum Tragen kommen<br />

sollte. Neben <strong>die</strong> Völker‐ und Kolonialkunde trat nun <strong>die</strong> Rassenkunde. 77<br />

Ironischerweise sollte gerade sie es se<strong>in</strong>, <strong>die</strong> dem <strong>Fremde</strong>n se<strong>in</strong>e Eigenständigkeit<br />

zurückgab und <strong>die</strong>se sogar für schutzwürdig erklärte. 78 Im Zentrum des Unterrichts<br />

über das <strong>Fremde</strong> stand nun dessen Separierung <strong>vom</strong> Eigenen. Erst über <strong>die</strong>se<br />

75 GRÜNDER, Horst: „...da und dort e<strong>in</strong> junges Deutschland gründen“. Rassismus, Kolonien und<br />

kolonialer Gedanke <strong>vom</strong> 16. bis zum 20. Jahrhundert, München, 1999. 222.<br />

76 dto. 226.<br />

77 Dies h<strong>in</strong>g mit e<strong>in</strong>er Nivellierung der kulturellen durch <strong>die</strong> rassischen Unterschiede zusammen.<br />

Kultur wurde zu e<strong>in</strong>em Teil der Rassemerkmale degra<strong>die</strong>rt (JÄNECKE, Herbert: Die kulturpolitischen<br />

Verhältnisse <strong>in</strong> Südwestafrika, Der deutsche Kulturpionier, Jg. 37 (1937) Nr. 1/2, 9‐16.).<br />

78 In Deutschland wurde häufig versucht, das <strong>Fremde</strong> zu nivellieren, <strong>in</strong>dem man es „e<strong>in</strong>deutschte”.<br />

Scheiterte der Versuch, blieben <strong>die</strong> <strong>Fremde</strong>n „außen vor” (KLOCKE‐DAFFA, Sab<strong>in</strong>e: Interkulturelles<br />

Lernen <strong>in</strong> Deutschland aus der Sicht der Ethnologie, IN: BERTELS, Ursula (Hg.): <strong>Fremde</strong>s Lernen. Aspekte<br />

<strong>in</strong>terkulturellen Lernens im <strong>in</strong>ternationalen Diskurs, Münster u.a. 2007. 13‐30. hier 16.).<br />

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