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Tagungen<br />
Die Bedeutung der Religion<br />
Sozialethiker-Tagung in Mönchengladbach im Zeichen des Amtswechsels<br />
Im Zeichen des Überganges<br />
stand die diesjährige Sozialethikertagung<br />
der Katholischen<br />
Sozialethischen Sozialstelle<br />
(KSZ) am 6. und 7. Mai in Mönchengladbach:<br />
Während der<br />
Veranstaltung wurde das Amt<br />
des Direktors feierlich von<br />
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Anton<br />
Rauscher an Monsignore Prof.<br />
Dr. Peter Schallenberg übergeben.<br />
Inhaltlich ging es um „Die Bedeutung<br />
der Religion für die Gesellschaft“.<br />
Der Heidelberger<br />
Theologe Prof. Dr Klaus Berger<br />
stellte hierzu seine Beobachtungen<br />
zu einer neuen Religiosität zur<br />
Diskussion. In der Altersstufe der<br />
20- bis 35-Jährigen sieht er viele<br />
Aufbrüche, die aber oft „diffus“<br />
seien. Hier finde sich eine „Religion<br />
im Urstadium“, der jede Theologie<br />
fehle. Es gebe große Gefühle,<br />
ein „Geschwätz diffuser Toleranz“<br />
„aber keine Kraft zur Gestaltung“.<br />
In der Generation der 40- bis 70-<br />
Jährigen indes sei Religion vielfach<br />
zum Empörungspotenzial verkümmert.<br />
Dort beobachtet Berger<br />
oft nur noch eine Kritik an einer Unmoral,<br />
die aber immer bei den anderen<br />
liege und keine Vergebung<br />
kenne. Für den Theologen gehört es<br />
dagegen zur Spiritualität, sich prägen<br />
zu lassen von den kantigen Texten<br />
der Evangelien und der Liturgie<br />
als Mitte des kirchlichen Lebens.<br />
Zu Bergers aktuellen Forderungen<br />
gehört eine „Theologie der Liebe“,<br />
die auf dem Hohelied der Liebe basiert<br />
und nicht nur die lauernden<br />
Gefahren sieht. Und er forderte<br />
eine „Theologie des Krieges“, die<br />
den Soldaten in den vielen aktuellen<br />
Konflikten Antworten auf ihre<br />
brennenden Fragen gibt.<br />
Zur Rolle der Religion gehört<br />
auch der aktuelle Streit um Kruzifixe<br />
und andere Symbole im öffentlichen<br />
Raum. Der Bonner Ju-<br />
18 <strong>BKU</strong>-Journal 2 2010<br />
Generationenwechsel: Der scheidende KSZ-Direktor Prof. Dr. Anton<br />
Rauscher (rechts) und sein Nachfolger Monsignore Prof. Dr. Peter<br />
Schallenberg. Foto: Peter Unterberg<br />
rist Prof. Dr. Christian Hillgruber<br />
sagte dazu, dass „negative Religionsfreiheit<br />
nicht den Schutz vor<br />
Symbolen einer unverwünschten<br />
Religion“ bedeutet. „Ich muss ja<br />
nicht vor dem Kreuz niederknien“<br />
meinte er. Nicht jede unverwünschte<br />
Begegnung mit der Religion<br />
sei eine Verletzung der Religionsfreiheit.<br />
Der ehemalige Verfassungsrichter<br />
Prof. Dr. Paul Kirchhof<br />
griff in seinem Beitrag den Streit<br />
um die Gutscheine auf, die Eltern<br />
für bestimmte Erziehungsleistungen<br />
erhalten sollen. Wo Gutscheine<br />
statt Geld ausgegeben<br />
würden, sei das Freiheitsvertrauen<br />
des Staates in die Beziehung von<br />
Eltern und Kindern nicht mehr da,<br />
meinte er. „Im Sozialrecht haben<br />
wir das überwunden“, sagte er<br />
und verwies darauf, dass die Sozialhilfe<br />
längst in bar ausgezahlt<br />
wird.<br />
In einer Feierstunde zur<br />
Amtsübergabe würdigte der<br />
Kölner Weihbischof Dr. Heiner<br />
Koch das Lebenswerk von Anton<br />
Rauscher, der die KSZ 47 Jahre<br />
lang geleitet hat. Die Einrichtung<br />
wurde im Jahr 1963 von der Deutschen<br />
Bischofskonferenz ins Leben<br />
gerufen. Noch im Gründungsjahr<br />
starb der erste Direktor Gustav<br />
Grundlach. Rauscher übernahm<br />
das Amt und hatte darüber hinaus<br />
für 25 Jahre den Lehrstuhl für<br />
Christliche Gesellschaftslehre an<br />
der Universität Augsburg inne.<br />
Nachfolger Schallenberg formulierte<br />
drei Ziele für seine Arbeit.<br />
Er möchte in der Einrichtung Geschichtstheologie<br />
betreiben und<br />
ein Bild vom Fortschritt zeichnen,<br />
der für jeden einzelnen Menschen<br />
in der Erkenntnis Gottes liege.<br />
Zweitens möchte er herausstellen,<br />
dass das Christentum „keine Spielerei<br />
ist“. Diese Religion sei jedoch<br />
am Ende, wenn diejenigen, die<br />
von Berufs wegen vom Glauben reden<br />
müssen, aufhören zu glauben,<br />
sagte er in Anlehnung an Sören<br />
Kierkegaard. Als drittes Thema<br />
nannte er die „Banalität des Bösen“<br />
und die Frage, wie man das Böse<br />
erkennen kann.<br />
Peter Unterberg