Freiwilligenbericht - Bundesministerium für Arbeit, Soziales und ...
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5. DIE BEZIEHUNG ZWISCHEN FREIWILLIGENARBEIT UND ERWERBSARBEIT AUS INDIVIDUELLER SICHT<br />
Dieser Blickwinkel fand bislang in der Literatur kaum Beachtung. Mit Bezug auf die<br />
Kapital-Habitus-Feld-Theorie Bourdieus (1982) ist diese Leitdifferenz („leitend“ versus<br />
„ausführend“) sehr hilfreich bei der Analyse des Zusammenhangs von Erwerbsarbeit <strong>und</strong><br />
Freiwilligenarbeit. Der Theorie zufolge ist die individuelle Möglichkeit der Teilnahme an der<br />
Freiwilligenarbeit abhängig von der Sozialisationsgeschichte <strong>und</strong> der im Lebensverlauf<br />
geerbten <strong>und</strong> erworbenen Ressourcen wie Bildung, Geld/Besitz, soziale Kontakte <strong>und</strong><br />
sozialer bzw. beruflicher Status. Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive stellt sich die<br />
Frage, ob <strong>und</strong> in welchem Ausmaß sich Strukturen <strong>und</strong> Hierarchien der Erwerbsarbeit im<br />
Feld der Freiwilligenarbeit reproduzieren. Auswertungen (Tabelle 6 <strong>und</strong> Tabelle 7) zeigen,<br />
dass die Zugangschancen zu leitenden Funktionen in der Freiwilligenarbeit, bezogen auf<br />
den Erwerbsstatus <strong>und</strong> das Bildungsniveau, ungleich verteilt sind. Nur 18 % der<br />
<strong>Arbeit</strong>erInnen <strong>und</strong> r<strong>und</strong> 19 % der Nicht-Erwerbstätigen (<strong>Arbeit</strong>slose, Haushaltsführende<br />
etc.) sind im Rahmen ihres freiwilligen Engagements in einer leitenden Funktion tätig.<br />
Dagegen sind knapp 40 % der Beamtinnen <strong>und</strong> Beamten <strong>und</strong> 42 % der Selbstständigen<br />
(mit <strong>Arbeit</strong>nehmerinnen <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmern) auch bei ehrenamtlichen Tätigkeiten in<br />
führenden Funktionen. Analog dazu sind nur 11 % der freiwillig Tätigen der untersten<br />
Bildungsschicht (Pflichtschulabschluss/kein Pflichtschulabschluss) mit leitenden Aufgaben<br />
betraut, Ehrenamtliche mit Universitätsabschluss sind zu mehr als einem Drittel (37 %) in<br />
leitenden Tätigkeiten aktiv.<br />
In Abbildung 50 wird der sozio-ökonomische Status von erwerbstätigen Personen in der<br />
Freiwilligenarbeit genauer analysiert. Dieser wird aus der Berufsgruppenzugehörigkeit 68<br />
<strong>und</strong> dem jeweils zuordenbaren ISEI-Wert 69 (Internationaler Sozioökonomischer Index des<br />
beruflichen Status) errechnet <strong>und</strong> umfasst das Zusammenspiel von „… Einkommen als<br />
Maß des wirtschaftlichen Wohlstandes <strong>und</strong> Indikator unterschiedlicher<br />
Lebensbedingungen sowie Bildung <strong>und</strong> Beruf als individuelle Ressourcen, die zum Erwerb<br />
von <strong>Arbeit</strong>seinkommen eingesetzt werden“ (Schimpl-Neimanns 2004: 156).<br />
68 ISCO88 (3-Steller)<br />
69 International Socio-Economic Index (ISEI). Der ISEI wurde von Ganzeboom et al. entwickelt <strong>und</strong> kann einen Wert<br />
zwischen 16 <strong>und</strong> 85 annehmen. Je höher der Wert, desto höher ist auch der sozio-ökonomische Status einer<br />
Berufsgruppe (Schimpl-Neimanns 2004).<br />
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