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Freiwilligenbericht - Bundesministerium für Arbeit, Soziales und ...

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10. DAS VERHÄLTNIS VON FREIWILLIGENARBEIT UND BEZAHLTER ARBEIT IN NONPROFIT ORGANISATIONEN<br />

2006). In dieser Interpretation ist Freiwilligenarbeit allerdings nicht ursächlich <strong>für</strong> niedrige<br />

Löhne, sondern der dahinter liegende Faktor der „sozialen Wertigkeit“ von Tätigkeiten in<br />

NPOs. Allerdings könnte die Einschätzung der bezahlten <strong>Arbeit</strong>skräfte zum<br />

gesellschaftlichen Wert ihrer Tätigkeiten (<strong>und</strong> mithin die Bereitschaft, Lohnzurückhaltung<br />

zu üben) davon abhängen, welches Niveau an freiwilligem Engagement sie in ihrer<br />

Organisation beobachten.<br />

Eine zweite Überlegung ist, dass ehrenamtliche MitarbeiterInnen indirekt die Produktivität<br />

oder die Löhne der bezahlten <strong>Arbeit</strong>skräfte beeinflussen können. Aus der Sicht der<br />

ökonomischen Effizienzlohntheorie zahlen <strong>Arbeit</strong>geberInnen hohe Löhne auch aus dem<br />

Gr<strong>und</strong>, um einen Anreiz <strong>für</strong> gute <strong>Arbeit</strong>sleistungen zu setzen. Wer bei gutem Lohn<br />

„bummelt“ <strong>und</strong> dann aufgr<strong>und</strong> seiner schlechten Leistung gekündigt wird, hat viel zu<br />

verlieren. Hohe Löhne reduzieren daher die Fluktuationsneigung der MitarbeiterInnen <strong>und</strong><br />

erhöhen die Leistungsbereitschaft. Nach Borjas (2005: 463 ff.) könnte der Einsatz von<br />

Freiwilligen die Notwendigkeit verringern, solche (erhöhten) „Effizienzlöhne“ zu zahlen.<br />

Zum einen würden <strong>Arbeit</strong>geberInnen Fluktuation weniger <strong>für</strong>chten, wenn Freiwillige<br />

nötigenfalls die Tätigkeit von bezahlten <strong>Arbeit</strong>skräften (temporär) übernehmen könnten.<br />

Zum anderen erhöht sich <strong>für</strong> die bezahlten <strong>Arbeit</strong>skräfte das Risiko, dass eine schlechte<br />

<strong>Arbeit</strong>sleistung aufgedeckt wird, wenn freiwillige MitarbeiterInnen sehr ähnlichen<br />

Tätigkeiten (<strong>und</strong> womöglich in enger Zusammenarbeit) nachgehen. Diese „Pufferfunktion“<br />

bzw. „Disziplinierungsfunktion“ der freiwilligen MitarbeiterInnen setzt allerdings voraus,<br />

dass sie in der Organisation eher substitutional <strong>und</strong> nicht komplementär zu bezahlten<br />

<strong>Arbeit</strong>skräften eingesetzt sind (s. o.).<br />

Drittens wäre denkbar, dass Freiwillige nicht nur indirekt die Verhandlungsmacht von<br />

bezahlten <strong>Arbeit</strong>skräften vermindern, sondern eine aktive Rolle im Lohnsetzungsprozess<br />

einnehmen. So könnten Ehrenamtliche, die in Führungs- oder Aufsichtsgremien aktiv sind,<br />

in dieser Funktion entweder ein Interesse haben, besonders gute <strong>Arbeit</strong>sbedingungen<br />

(inklusive höherer Löhne) zu realisieren. Sie könnten aber auch besonders darauf achten,<br />

dass die finanziellen Mittel verstärkt Klientinnen <strong>und</strong> Klienten der NPOs zugute kommen,<br />

<strong>und</strong> daher Lohnzurückhaltung einfordern. Welche dieser beiden Haltungen ehrenamtlicher<br />

Führungskräfte in der Realität österreichischer NPOs vorherrscht, ist nicht bekannt <strong>und</strong><br />

wäre zu untersuchen.<br />

Viertens lässt sich ein Zusammenhang zwischen Freiwilligenarbeit <strong>und</strong> Löhnen in einer<br />

NPO über das Aufgabenprofil <strong>für</strong> bezahlte <strong>Arbeit</strong>skräfte argumentieren. Die Aufgaben der<br />

bezahlten MitarbeiterInnen können sich in NPOs, in denen Freiwillige aktiv sind, von<br />

denen unterscheiden, die ohne Freiwillige operieren. In dem Maß, in dem sich die Löhne<br />

am Anforderungs- bzw. Tätigkeitsprofil bemessen, wären auch Unterschiede im<br />

Lohnniveau <strong>und</strong> in der Lohnstruktur zwischen beiden Typen von NPOs zu erwarten. Ein<br />

Beispiel soll dieses Argument verdeutlichen: Bringen sich Freiwillige in bestimmte<br />

Aufgaben neu ein, steigen die Führungsverantwortung <strong>und</strong> der Koordinationsaufwand <strong>für</strong><br />

den Leiter oder die Leiterin des betreffenden <strong>Arbeit</strong>sbereichs. Anleitung <strong>und</strong> Supervision<br />

von Freiwilligen kommen als neue Aufgaben hinzu <strong>und</strong> könnten einen Anspruch auf eine<br />

Lohnerhöhung begründen.<br />

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