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Freiwilligenbericht - Bundesministerium für Arbeit, Soziales und ...

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9. FREIWILLIGES ENGAGEMENT UND MIGRANTINNEN/MIGRANTEN<br />

138<br />

> Erstens: Der Ausdruck „MigrantIn“ bezieht sich in allgemeiner Weise auf die<br />

Erfahrung grenzüberschreitender, internationaler Wanderung. Während die<br />

öffentliche Aufmerksamkeit lange Zeit dem Aspekt der <strong>Arbeit</strong>smigration galt <strong>und</strong><br />

heute auf das Thema Asylmigration fokussiert, bezieht sich der Begriff „MigrantIn“<br />

auf die Gesamtheit der Bevölkerung, die außerhalb Österreichs geboren <strong>und</strong><br />

zugewandert ist.<br />

> Zweitens: Soziale Kategorisierungen verleiten dazu, Ähnlichkeiten nach innen <strong>und</strong><br />

Differenzen nach außen überzubewerten. So regt der Begriff MigrantIn dazu an,<br />

Zugewanderte als homogene Gruppe zu betrachten, <strong>und</strong> zwar in Relation zur<br />

ebenfalls homogenisierten, nicht migrantischen (Mehrheits-) Bevölkerung. Brubaker<br />

(2002) hat überzeugend argumentiert, dass Gruppenkonstruktionen solcherart nicht<br />

nur ein fester Bestandteil von Alltagstheorien sind, sondern auch in<br />

sozialwissenschaftliche Ordnungsschemata einfließen. Für die Kategorie der<br />

Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten bilden neben nationaler Herkunft, kulturell-religiösem<br />

Hintergr<strong>und</strong>, Geschlecht <strong>und</strong> Sozialstatus vor allem auch Akkulturationsvariablen<br />

wie Zeitpunkt, Motiv <strong>und</strong> Kontext der Migration, Aufenthaltsdauer <strong>und</strong><br />

aufenthaltsrechtlicher Status sowie der Grad der strukturellen, sozialen <strong>und</strong><br />

kulturellen Integration wichtige Differenzierungsmerkmale.<br />

> Drittens: Der Begriff „MigrantIn“ stellt auf das Merkmal der Wanderung ab, nicht<br />

aber auf den Bürgerschaftsstatus. Der Ausdruck „MigrantIn“ umfasst die Gesamtheit<br />

der Bevölkerung mit Migrationserfahrung, unabhängig vom Status der<br />

Staatsbürgerschaft. Der Großteil der amtlichen Statistik orientiert sich am<br />

Staatsbürgerschaftskonzept, sie berücksichtigt nur eine spezifische Teilmenge der<br />

Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten, während Eingebürgerte, die der Kategorie der<br />

ÖsterreicherInnen zugeordnet werden, aus der Statistik verschwinden bzw.<br />

unsichtbar gemacht werden (dazu Reinprecht 2003). Die mit Migration verb<strong>und</strong>enen<br />

Besonderheiten <strong>und</strong> Prozesse – etwa Benachteiligung aufgr<strong>und</strong> nationaler Herkunft<br />

<strong>und</strong> ethnischer Zugehörigkeit – werden durch einen Wechsel der<br />

Staatsbürgerschaft jedoch nicht außer Kraft gesetzt. Für jede differenzierte Analyse<br />

sind deshalb eingebürgerte Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten mit einzubeziehen.<br />

In der öffentlichen Debatte wird der Begriff „Migration“ sehr breit verwendet, als<br />

Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten gelten hier auch Angehörige der „zweiten Generation“. Diese<br />

Kategorie umfasst Nachkommen von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten, die bereits im<br />

Aufnahmeland geboren oder vor der Einschulung eingewandert sind. Im Zusammenhang<br />

mit nachwandernden älteren Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen ist mitunter auch von<br />

„eineinhalbter Generation“ die Rede. Diese Übertragung des Migrationsbegriffs auf die<br />

nachkommende(n) Generation(en) ist insofern gerechtfertigt, als diese viele Probleme der<br />

Elterngeneration erben, insbesondere im Bereich der Chancengleichheit <strong>und</strong><br />

Anerkennung. Auf der anderen Seite kann die zu wenig hinterfragte Verwendung des<br />

Begriffs „MigrantIn“ leicht zur dauerhaften Zuschreibung eines Merkmals auf eine in sich<br />

sehr heterogene Bevölkerungsgruppe führen <strong>und</strong> damit zu Stigmatisierungsprozessen<br />

sowie zur Fixierung von „Unzugehörigkeit“ beitragen. Darüber hinaus ist zu<br />

berücksichtigen, dass der Wechsel der Generationen sowohl die Tendenz zur Assimilation<br />

als auch zur Minderheitenbildung befördern kann. Je nachdem verändert sich auch die<br />

Funktion, die Freiwilligenarbeit in Hinblick auf Integration ausüben kann.

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