Freiwilligenbericht - Bundesministerium für Arbeit, Soziales und ...
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6. FREIWILLIGES ENGAGEMENT UND GENDER<br />
6. FREIWILLIGES ENGAGEMENT UND GENDER<br />
Michaela Neumayr, Eva More-Hollerweger<br />
6.1. Einleitung <strong>und</strong> Hintergr<strong>und</strong><br />
Freiwilligenarbeit von Frauen <strong>und</strong> Männern wird unter sehr unterschiedlichen<br />
Voraussetzungen geleistet <strong>und</strong> weist daher auch starke Differenzen auf. Unterschiede<br />
bestehen einerseits im Ausmaß, andererseits in der Form der Beteiligung. Im vorliegenden<br />
Kapitel werden auf der Basis von bestehender Literatur die Hintergründe näher analysiert<br />
sowie Detailauswertungen vorgenommen <strong>und</strong> im Zusammenhang mit den<br />
unterschiedlichen Lebensrealitäten von Frauen <strong>und</strong> Männern diskutiert. Dabei werden<br />
insbesondere jene Rahmenbedingungen berücksichtigt, die <strong>für</strong> einen Großteil der<br />
geschlechtsspezifischen Differenzen in der Freiwilligenarbeit verantwortlich sind, nämlich<br />
das Zusammenspiel von Erwerbsarbeit, Haus- <strong>und</strong> Familienarbeit sowie Freiwilligenarbeit.<br />
Obwohl die These, dass sich aus der Erwerbsarbeit zeitliche Restriktionen <strong>für</strong> die<br />
Freiwilligenarbeit ergeben, weit verbreitet ist, wird die zeitliche Einschränkung der<br />
Freiwilligenarbeit durch die Haus- <strong>und</strong> Familienarbeit in der Literatur kaum erwähnt<br />
(Taniguchi 2006: 84). Gerade diese Komponente liefert aber einen wesentlichen<br />
Erklärungsfaktor <strong>für</strong> die unterschiedlichen Beteiligungsgrade von Frauen <strong>und</strong> Männern in<br />
der Freiwilligenarbeit, nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong> der ungleichen Verteilung der Haus- <strong>und</strong><br />
Familienarbeit zwischen Frauen <strong>und</strong> Männern.<br />
6.2. Freiwilliges Engagement von Frauen <strong>und</strong> Männern – Thesen<br />
zur Erklärung von Unterschieden<br />
6.2.1. Unterschiede im Ausmaß der Beteiligung als Folge<br />
ungleicher Verteilung von Erwerbsarbeit <strong>und</strong> Haus- <strong>und</strong><br />
Familienarbeit<br />
Als Ursachen <strong>für</strong> einen Rückgang von Freiwilligenarbeit in den letzten Jahrzehnten werden<br />
in der bestehenden Literatur oft die verstärkte Individualisierung der Gesellschaft, <strong>und</strong><br />
damit einhergehend die zunehmende Erwerbsbeteiligung von Frauen genannt (Putnam<br />
1995; Tiehen 2000). Hinter diesem Argument steckt die Annahme, dass Menschen<br />
zeitlichen Restriktionen unterliegen, d. h. entweder viel Erwerbsarbeit <strong>und</strong> wenig<br />
Freiwilligenarbeit oder viel Freiwilligenarbeit <strong>und</strong> wenig Erwerbsarbeit leisten können.<br />
Diese These wird – zumindest bei erwerbstätigen Frauen – auch durch empirische Studien<br />
belegt: Teilzeitbeschäftigte Frauen sind wesentlich häufiger in der Freiwilligenarbeit tätig<br />
als vollzeitbeschäftigte Frauen (Taniguchi 2006: 93; Stadelmann-Steffen et al. 2007: 63).<br />
Beispielsweise sind in der Schweiz 28,3 % aller in Teilzeit beschäftigten Frauen,<br />
verglichen mit nur 19,7 % aller in Vollzeit tätigen Frauen, freiwillig engagiert, in<br />
Deutschland sind es 43 % der in Teilzeit <strong>und</strong> bloß 34 % der in Vollzeit beschäftigten<br />
Frauen (Stadelmann-Steffen et al. 2007: 63; Picot/Gensicke 2005: 284). Der Unterschied<br />
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