Freiwilligenbericht - Bundesministerium für Arbeit, Soziales und ...

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07.01.2013 Aufrufe

5. DIE BEZIEHUNG ZWISCHEN FREIWILLIGENARBEIT UND ERWERBSARBEIT AUS INDIVIDUELLER SICHT zweimal was gemacht haben – das bringt es dann einfach nicht“ (Interview 6). Eine inflationäre Verwendung ist dem Anspruch des Nachweises, ein ernst zu nehmendes Instrument der Darstellung arbeitsmarktrelevanter Qualifikationen zu sein, nicht dienlich. SPRACHE DER UNTERNEHMEN FINDEN Ein weiterer entscheidender Punkt ist es, die richtige Sprache in der Darstellung der erworbenen Kompetenzen und Qualifikationen zu wählen. Angesichts der Fülle von Bewerbungsunterlagen, mit denen Unternehmen oft konfrontiert sind, ist es wichtig, die Darstellung knapp zu halten und übersichtlich zu gestalten. Eine spezielle Herausforderung steckt darin, eine adäquate arbeitsmarktrelevante „Übersetzung“ der erworbenen Fähigkeiten zu finden. Dies bedarf spezieller Kompetenzen, die in den Freiwilligenorganisationen nicht notwendigerweise vorhanden sind. Die Bereitstellung von Unterstützung durch die Ausfüllhilfe oder persönliche Beratung durch die PortfoliobegleiterInnen hat sich hier als sinnvoll erwiesen. INSTITUTION, DIE DEN NACHWEIS AUSSTELLT Im Zuge der Begleitung erhebt sich auch die Frage, wer diesen Nachweis ausstellt. Einerseits geht es um die inhaltliche Unterstützung durch eine Institution. Das Kompetenzportfolio wird beispielsweise in Niederösterreich von Service Freiwillige in Kooperation mit den Volksbildungswerken angeboten. Begleiter und Begleiterinnen unterstützen die Freiwilligen beim Erstellen der Portfolios sowie der Kompetenznachweise. Andererseits geht es um die Form des Nachweises. Das BMASK stellt mit dem Freiwilligennachweis ein Formular zur Verfügung, das den offiziellen Charakter des Nachweises unterstreicht. BEKANNTHEITSGRAD DES NACHWEISES BEI UNTERNEHMEN Eine Standardisierung des Instruments, wie sie durch den Freiwilligennachweis des BMASK gegeben ist, hat den Vorteil, dass der Nachweis in den Bewerbungsunterlagen besser wahrgenommen werden kann. Wie die Evaluation des Nachweises zeigt, ist dieser unter den Unternehmen noch weitgehend unbekannt (Public Opinion 2008). 5.4. Resümee Erwerbsarbeit ist eine Rahmenbedingung für Freiwilligenarbeit, wobei auf vielen Ebenen Zusammenhänge bestehen. Diese müssen im Sinne des Zugangs zur Freiwilligenarbeit als Chance der Partizipation reflektiert werden. Es gilt die Rekrutierungspraktiken in den Freiwilligenorganisationen sowie die Förderpolitik zu analysieren: Wichtige Aspekte der gesellschaftlichen Integration, die der Freiwilligenarbeit oft zugeschrieben werden, dürfen nicht verloren gehen, indem wieder nur jene Individuen miteinbezogen werden, die bereits über den Arbeitsmarkt gut integriert sind. In diesem Zusammenhang wurden in den Fokusgruppen auch die zunehmende Professionalisierung von Freiwilligenorganisationen und die wachsenden Qualifikationsansprüche an Freiwillige immer wieder diskutiert. Es ging um die Frage, ob die Notwendigkeit der Suche nach den „besten Köpfen“ dem Ziel der Integration möglichst vieler verschiedener Bevölkerungsgruppen im Wege steht. „Ich glaube, man muss es auch weiter fassen. […] Ich habe jetzt zwar selber die besten Köpfe 88

5. DIE BEZIEHUNG ZWISCHEN FREIWILLIGENARBEIT UND ERWERBSARBEIT AUS INDIVIDUELLER SICHT gesagt, mir gefällt das aber eigentlich nicht. Weil ich will nicht die besten Köpfe, ich will auch die, die sich mit dem, was wir tun, am meisten identifizieren können, die dahinter stehen, die nicht nur „straight“ ihre Vorgaben bringen, sondern die einfach auch über diesen schmalen Weg hinaus denken […]. Wenn man das Bild des Mitarbeitenden eben breiter sieht, nämlich nicht nur in Richtung Effizienz und zielorientiert, dann stellt sich die Frage von Integration von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen auch viel weniger. Weil die ja oft mit einer anderen und ähnlichen Motivation kommen, und da kann ich, das glaube ich, auch leichter integrieren“ (Fokusgruppe 2b). Engagement, Initiative etc. sind nur einige der Kompetenzen, die durch Freiwilligenarbeit erworben werden und auch für die Erwerbsarbeit nützlich sein können. Durch Corporate Social Responsibility entwickelt sich ein Bewusstsein bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, freiwilliges Engagement als soziale Verantwortung zu verstehen. Inwieweit Freiwilligenarbeit in Bewerbungsgesprächen thematisiert wird, hängt stark von den einzelnen Personen ab. Standards zur Erfassung in Bewerbungsunterlagen, wie das beispielsweise in den USA üblich ist, gibt es derzeit vor allem in NPOs, aber kaum in wirtschaftsorientierten Unternehmen. Dabei geht es in der derzeitigen Bildungsdebatte, die sich auch stark an Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt ausrichtet, vermehrt darum, Formen des informellen Lernens stärker wahrzunehmen und anzuerkennen – dazu kann Freiwilligenarbeit einen wesentlichen Beitrag leisten. In den letzten Jahren wurden Instrumente entwickelt, um erlernte Kompetenzen besser sichtbar zu machen. In Zukunft müssen diese Nachweise unter den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, aber auch unter den Freiwilligen besser bekannt gemacht werden, auch ihre Anwendbarkeit ist zu evaluieren und weiterzuentwickeln. Daneben gilt es das Potenzial von Freiwilligenarbeit als Beitrag zum persönlichen Qualifikationsportfolio realistisch zu sehen. Freiwilliges Engagement ist eines von vielen Kriterien, die zur Anstellung führen können. Durch Überbetonung der Möglichkeit, arbeitsmarktrelevante Qualifikationen zu erwerben, würde Freiwilligenarbeit einem Praktikum immer ähnlicher werden. Damit gingen aber auch wesentliche Aspekte des freiwilligen Engagements verloren. 89

5. DIE BEZIEHUNG ZWISCHEN FREIWILLIGENARBEIT UND ERWERBSARBEIT AUS INDIVIDUELLER SICHT<br />

zweimal was gemacht haben – das bringt es dann einfach nicht“ (Interview 6). Eine<br />

inflationäre Verwendung ist dem Anspruch des Nachweises, ein ernst zu nehmendes<br />

Instrument der Darstellung arbeitsmarktrelevanter Qualifikationen zu sein, nicht dienlich.<br />

SPRACHE DER UNTERNEHMEN FINDEN<br />

Ein weiterer entscheidender Punkt ist es, die richtige Sprache in der Darstellung der<br />

erworbenen Kompetenzen <strong>und</strong> Qualifikationen zu wählen. Angesichts der Fülle von<br />

Bewerbungsunterlagen, mit denen Unternehmen oft konfrontiert sind, ist es wichtig, die<br />

Darstellung knapp zu halten <strong>und</strong> übersichtlich zu gestalten. Eine spezielle<br />

Herausforderung steckt darin, eine adäquate arbeitsmarktrelevante „Übersetzung“ der<br />

erworbenen Fähigkeiten zu finden. Dies bedarf spezieller Kompetenzen, die in den<br />

Freiwilligenorganisationen nicht notwendigerweise vorhanden sind. Die Bereitstellung von<br />

Unterstützung durch die Ausfüllhilfe oder persönliche Beratung durch die<br />

PortfoliobegleiterInnen hat sich hier als sinnvoll erwiesen.<br />

INSTITUTION, DIE DEN NACHWEIS AUSSTELLT<br />

Im Zuge der Begleitung erhebt sich auch die Frage, wer diesen Nachweis ausstellt.<br />

Einerseits geht es um die inhaltliche Unterstützung durch eine Institution. Das<br />

Kompetenzportfolio wird beispielsweise in Niederösterreich von Service Freiwillige in<br />

Kooperation mit den Volksbildungswerken angeboten. Begleiter <strong>und</strong> Begleiterinnen<br />

unterstützen die Freiwilligen beim Erstellen der Portfolios sowie der Kompetenznachweise.<br />

Andererseits geht es um die Form des Nachweises. Das BMASK stellt mit dem<br />

Freiwilligennachweis ein Formular zur Verfügung, das den offiziellen Charakter des<br />

Nachweises unterstreicht.<br />

BEKANNTHEITSGRAD DES NACHWEISES BEI UNTERNEHMEN<br />

Eine Standardisierung des Instruments, wie sie durch den Freiwilligennachweis des<br />

BMASK gegeben ist, hat den Vorteil, dass der Nachweis in den Bewerbungsunterlagen<br />

besser wahrgenommen werden kann. Wie die Evaluation des Nachweises zeigt, ist dieser<br />

unter den Unternehmen noch weitgehend unbekannt (Public Opinion 2008).<br />

5.4. Resümee<br />

Erwerbsarbeit ist eine Rahmenbedingung <strong>für</strong> Freiwilligenarbeit, wobei auf vielen Ebenen<br />

Zusammenhänge bestehen. Diese müssen im Sinne des Zugangs zur Freiwilligenarbeit<br />

als Chance der Partizipation reflektiert werden. Es gilt die Rekrutierungspraktiken in den<br />

Freiwilligenorganisationen sowie die Förderpolitik zu analysieren: Wichtige Aspekte der<br />

gesellschaftlichen Integration, die der Freiwilligenarbeit oft zugeschrieben werden, dürfen<br />

nicht verloren gehen, indem wieder nur jene Individuen miteinbezogen werden, die bereits<br />

über den <strong>Arbeit</strong>smarkt gut integriert sind. In diesem Zusammenhang wurden in den<br />

Fokusgruppen auch die zunehmende Professionalisierung von Freiwilligenorganisationen<br />

<strong>und</strong> die wachsenden Qualifikationsansprüche an Freiwillige immer wieder diskutiert. Es<br />

ging um die Frage, ob die Notwendigkeit der Suche nach den „besten Köpfen“ dem Ziel<br />

der Integration möglichst vieler verschiedener Bevölkerungsgruppen im Wege steht. „Ich<br />

glaube, man muss es auch weiter fassen. […] Ich habe jetzt zwar selber die besten Köpfe<br />

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