Er sah und glaubte - Una Voce Deutschland eV
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»Dialog« - ein zwiespältiger Begriff<br />
293<br />
der Kirche ersetzt werden müsse. Das Ideal ist die harmonische Zusammenarbeit aller<br />
Menschen in Gleichheit <strong>und</strong> Freiheit. Freiheit wird gleichgesetzt mit dem Fehlen von<br />
Macht. Es wird angenommen, daß Freiheit an sich moralisch gut sei, nur für edle Ziele<br />
genutzt <strong>und</strong> nie mißbraucht werde. Es wird eine rational organisierte Gesellschaft angestrebt,<br />
in der alle Menschen durch Wohlwollen <strong>und</strong> Liebe in dauerhaftem Frieden<br />
miteinander verb<strong>und</strong>en sind. Diese Ideologie schließt die Überzeugung ein, daß Macht<br />
(jedenfalls die Macht der anderen) böse sei, Tradition ein Hindernis für den Fortschritt,<br />
Autorität Unterdrückung« 12 . Der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat soll durch einen<br />
»Gesinnungsstaat« ersetzt werden. Im Dialogpapier heißt dies: »Die moderne Gemeinde<br />
ist eine Gesinnungsgemeinschaft geworden:« (28).<br />
(2) Kirche seit dem Konzil<br />
Wie in der altkirchlichen Zeit werde die Kirche heute als »Volk Gottes auf dem Weg«<br />
verstanden: Die gemeinsame Würde <strong>und</strong> Berufung, die f<strong>und</strong>amentale Ebenbürtigkeit<br />
aller Glieder des Gottesvolkes stehe heute im Vordergr<strong>und</strong>. Alle hätten eine unmittelbare<br />
Beziehung zu Christus, alle nähmen teil an seinem Priestertum, an seinem prophetischen<br />
Amt <strong>und</strong> an dem Dienst der Einheit. In der nachkonziliaren Kirche gelte,<br />
daß die Bischöfe in der Ausübung ihres spezifischen Amtes auf die Lebenserfahrung<br />
<strong>und</strong> die Inspiration der Gläubigen <strong>und</strong> den Dialog mit ihnen angewiesen seien. Alle<br />
Getauften <strong>und</strong> Gefirmten trügen mit ihren je eigenen Gaben zum Aufbau des Leibes<br />
Christi <strong>und</strong> zur Sendung der Kirche in der Welt bei. Geschwisterlichkeite sei ein<br />
durchgehendes Lebensprinzip dieser neuen Kirche. Der Dialog trete an die Stelle des<br />
bisherigen obrigkeitlichen Leitungsstils. Sie sei eine Kirche, die anderen – vor allem den<br />
Laien – einen Vertrauensvorschuß gewähre, sie ernstnehme <strong>und</strong> deren Entscheidungen<br />
auch respektiere. Eine Kirche, die Frauen an der Macht <strong>und</strong> Ordination beteilige. Die<br />
die Pfarrgemeinden als vollgültige Kirche akzeptiere.<br />
An diesen Formulierungen hat der »Zeitgeist« einen großen Anteil. Wer erinnert sich<br />
nicht, daß das »Priestertum aller«, wie es Luther forderte, das Weiheamt in den evangelischen<br />
Gemeinschaften auslöschte <strong>und</strong> die apostolische Sukzession unterbrach.<br />
Schließlich artikuliert das Dialog-Papier an ausgewählten Spannungsfeldern seine Hoffnungen<br />
im Hinblick auf eine »dialogfähige Kirche«: Laien <strong>und</strong> Priester – Frauen <strong>und</strong><br />
Männer – Gemeinden <strong>und</strong> Kirchenleitung.<br />
»Abschied vom Klerikalismus – Laien melden sich zu Wort«. »Besonders ärgerlich<br />
ist dies (d. h.: die Sachkompetenz der Theologen – Laien wie Kleriker – über die Glau-<br />
12 vgl. Anm. 11