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Die „andere“ Zeit - Glashütte Original

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40 Momentum 2· 2007<br />

Tendenz Schlaf<br />

Der Mensch verschläft im Schnitt ein Drittel<br />

seiner Lebenszeit – doch wer sich wo und wie<br />

lange bettet, unterscheidet sich weltweit<br />

Schlafenszeit(en)<br />

KText Maike Zürcher<br />

affee erzielt nach Erdöl den größten Umsatz auf<br />

dem Rohstoff-Weltmarkt. Der koffeinhaltige<br />

Extrakt regt den Blut druck an und wird gerne<br />

im täglichen Kampf gegen Konzentra -<br />

tionsschwäche und Müdigkeit eingesetzt. Womit<br />

das vermeintliche Dilemma der westlichen<br />

Schlafkultur bereits im Kern getroffen ist: Kaffee ist Genussmittel<br />

Nummer eins – und Schlaf hat keine Lobby, im Gegenteil: In der<br />

Leistungsgesellschaft gelten Schlafbedürftige als Müßig gänger.<br />

Ein vermeintliches oder tatsächliches Dilemma? <strong>Die</strong><br />

Meinungen gehen hier auseinander. Auf der einen Seite stehen<br />

zum Beispiel Studien aus den USA: 1998 noch gaben zwölf<br />

Prozent der Amerikaner an, werktags weniger als sechs Stunden<br />

zu schlafen, 2005 waren es schon 16 Prozent, die ihr<br />

Schlafpensum auf diese Dauer heruntergeschraubt hatten. Den<br />

Grund dafür sehen Schlafforscher im erhöhten Leistungsdruck,<br />

den der technische und organisatorische Fortschritt von den<br />

Menschen weltweit einfordert.<br />

Doch nicht nur Versagensängste und der mögliche Verlust des<br />

Arbeitsplatzes rauben den Menschen Schlaf – auch das Gefühl,<br />

etwas zu verpassen, das Mithaltenwollen in der Informationsflut<br />

der rasanten Medien, kurz, das Tempo der Welt suggeriert, dass<br />

man mit weniger Schlaf mehr vom Leben hat. So hat beispielsweise<br />

die US-Psychologin Mary Carskadon festgestellt, dass amerikanische<br />

Teenager eine volle Stunde weniger schlafen als ihre<br />

Altersgenossen in der Generation zuvor. Dabei bräuchten sie noch<br />

ebenso viel Schlaf wie Kinder, nämlich achteinhalb bis neun<br />

Stunden im Durchschnitt. Im US-Staat Minnesota hat man auf die<br />

alarmierenden Zahlen bereits reagiert und lässt die Schulglocke<br />

an den Oberschulen statt um 7.15 Uhr erst um 8.40 Uhr klingeln.<br />

Andererseits gibt es Experten wie den deutschen<br />

Schlafforscher Prof. Jürgen Zulley, der die verbreitete Klage um<br />

den schwindenden Schlaf als wissenschaftlich nicht fundiert kritisiert.<br />

In sogenannten Isolationsstudien hat er nachgewiesen, dass<br />

der Mensch – sofern er die Wahl hat – eher dazu neigt, seine<br />

Wach- als seine Schlafphase zu verlängern. Während dieser<br />

Studien waren die Probanden von jeglicher <strong>Zeit</strong>-Information<br />

abgeschnitten und konnten sich in die Federn sinken lassen,<br />

wann immer sie wollten. Verblüffendes Ergebnis: <strong>Die</strong> meisten verlängerten<br />

ihren Tagesrhythmus unbewusst von 24 auf ca. 25<br />

Stunden – wobei der <strong>Zeit</strong>gewinn nicht zum Schlafen genutzt<br />

wurde, sondern zugunsten der Wachzeit.<br />

Und was ist mit dem Wochenende? Wenn sich so mancher erst<br />

nach elf Stunden aus Morpheus’ Armen befreien kann? Ist das<br />

kein Beweis dafür, dass der Mensch eigentlich viel mehr <strong>Zeit</strong> für<br />

Regeneration braucht? Für Zulley nicht: „Es ist wie mit dem Essen:<br />

Wenn wir ein gutes und reichliches Angebot haben, essen wir<br />

mehr – was aber nicht heißt, dass wir es auch brauchen.“ Und wer<br />

glaubt, mit überdurchschnittlich viel Schlaf besonders fit zu sein,<br />

irrt: <strong>Die</strong> Schlafqualität leidet bei längerem Schlaf. Wenn bei der<br />

Arbeit der Kopf auf den Schreibtisch zu sinken droht, können<br />

auch durchaus zwei Stunden Bettruhe zu viel schuld sein.<br />

Was die meisten Forscher aber eint, ist die Ansicht,<br />

dass die westliche Gesellschaft eine Schlaf-unfreundliche<br />

Gesellschaft ist. Schlaf wird als Leistungsver wei ge rungs haltung

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