Die „andere“ Zeit - Glashütte Original
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Jahrtausenden vorweg, was für die heutige Frau das Make-up ist.<br />
Der Schminkkasten der vornehmen Ägypterin war mit Puder -<br />
behältern, Fläschchen mit Tinkturen, Pinseln und Flakons mit<br />
Duftstoffen bestückt. Das aufgehellte Gesicht belebten rötliches<br />
Ocker oder etwas Karmin auf den Wangen, mit kräftigem Rot wurden<br />
die Lippen nachgezogen, und ein feiner schwarzer Strich rings<br />
um die Lidränder betonte die Augen und sorgte für einen unverwechselbaren<br />
Ausdruck.<br />
Auch in Japan entwickelte sich das bemalte Gesicht zum<br />
ästhetischen Grundmuster eines Jahrhunderte währenden Schön -<br />
heitsideals. Schon während der Heian-Periode (794–1185 n. Chr.)<br />
war ein schablonenhaft weiß geschminktes Gesicht Schön heits -<br />
merkmal der Aristokratinnen am kaiserlichen Hof in Kyoto. Mit der<br />
weißen Gesichtsfarbe unterschieden sich die hochgestellten Damen<br />
des alten Japan von den sonnengebräunten Ange hö rigen der niederen<br />
sozialen Schichten. Als der Glanz und die Macht des Adels<br />
verfielen, wurde das weiße Gesicht zum Standesattribut kultivierter<br />
Unterhaltungsdamen – der Geishas –, die bis heute zum romantischen<br />
Bild Japans gehören.<br />
<strong>Die</strong> Botschaften einer bemalten und geschmückten<br />
Haut können überaus vielfältig sein. Sie können den Lebenszyklus<br />
eines Menschen kennzeichnen, seine soziale und politische Stel -<br />
lung ausdrücken oder seinen wirtschaftlichen und beruflichen<br />
Erfolg illustrieren. Sie bringen auch mystische, religiöse und<br />
künst lerische Vorgänge im Leben einer Gruppe zum Ausdruck.<br />
Durch den Körperschmuck werden Vorstellungen von gesellschaftlicher<br />
Ord nung, von Herrschafts- und Klassen strukturen dargestellt.<br />
<strong>Die</strong> Körperkunst wird auf geniale Weise dazu benutzt, der<br />
jeweiligen kulturellen Eigenart innerhalb einer Gesellschaft<br />
Ausdruck zu verleihen. Aus dem gemeinsamen kulturellen Erbe<br />
erwächst die Vor stellung, wann ein auf bestimmte Weise ge -<br />
schmückter Körper als erwünscht oder unerwünscht, rein oder<br />
unrein gilt. Mit ihrer geschmückten Haut zeigen Menschen aber<br />
auch ganz bewusst Aspekte ihrer Persönlichkeit und ihrer unverwechselbaren<br />
Individualität.<br />
In vielen afrikanischen Gesellschaften leben die<br />
Menschen ihre Kreativität und künstlerische Begabung an der<br />
eigenen Haut aus. Gesicht und Körper bilden die Leinwand, auf<br />
der afrikanische Maler ihre Kunst entfalten. Sie kerben ihre<br />
Oberfläche ein, verändern ihr Beschaffenheit und verwandeln so<br />
ihren Körper in eine lebende Skulptur. <strong>Die</strong> Hautverzierungen<br />
geben Auskunft über den gesellschaftlichen Rang und die Ge -<br />
schichte eines Menschen, zeigen, von wo er kommt und zu wem<br />
er gehört. Durch die Zeichen auf seiner Haut bekennt er sich zu<br />
Ein groß flächi ges Tribal Tattoo.<br />
Tribals waren ursprünglich Stammeszeichen,<br />
die als Statussymbole dienten<br />
und zu be stimmten Ereignissen ein -<br />
tätowiert wurden, zum Beispiel nach<br />
einer erfolgrei chen Jagd. <strong>Die</strong> Stammesmitglieder<br />
trugen ihre Tribals mit Stolz,<br />
und man begegnete ihnen mit Respekt<br />
Momentum 2· 2007<br />
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