Nachhaltigkeitsbericht - Landesbetrieb Hessen-Forst
Nachhaltigkeitsbericht - Landesbetrieb Hessen-Forst
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Walderhaltung in der Rhein-Main-Ebene<br />
Risiken und Anpassungsstrategien<br />
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Die Wälder des Hessischen Rieds im Ballungsraum Rhein-Main gehören zu den forstlichen Brennpunkten<br />
in Mitteleuropa. Auf engstem Raum werden hier außergewöhnliche Ansprüche an den Wald und an die<br />
<strong>Forst</strong>betriebe gestellt, die sich aus der hohen Bevölkerungsdichte, der starken Industrialisierung und dem<br />
engen Verkehrswegenetz ergeben. Flächenverbrauch, Zerschneidung, Stoffeinträge aus der Luft, stetig<br />
steigender Wasserbedarf und Erholungsdruck sind die Folgen.<br />
Die abiotischen Belastungen, und hier insbesondere die gravierenden Grundwasserabsenkungen<br />
(s. Abbildung S. 82), haben mittlerweile auf großen Flächen die Waldökosysteme sehr stark geschwächt,<br />
sodass in der Folge auch massive biotische Schäden durch Maikäfer, Borkenkäfer und Schwammspinner<br />
auftraten. Dies alles führte bis heute zu Schadensprozessen, die vom einzelbaumweisen Absterben bis<br />
zur Auflösung ganzer Waldbestände reichen. Die Lage wird sich in Zukunft weiter zuspitzen, soweit der<br />
Wald auch weiterhin keinen dauerhaften Grundwasseranschluss erhält und die Klimaszenarien für die<br />
Vegetationszeit höhere Temperaturen sowie geringere Niederschläge prognostizieren. Bereits heute<br />
gehört das Hessische Ried zu den trockensten und wärmsten Gebieten in Deutschland.<br />
Mit der Verlichtung der Bestände geht eine zunehmende Vergrasung der Bestände einher, die die Wasserbilanzen<br />
verschlechtert und die waldbaulichen Handlungsspielräume der <strong>Forst</strong>betriebe stark einschränkt.<br />
Dies kollidiert gleichzeitig mit naturschutzfachlichen Anforderungen, die sich aus dem Europäischen<br />
Schutzgebietssystem Natura-2000 ergeben, dessen Gebietskulisse im Hessischen Ried mehr als 20.000<br />
Hektar Wald umfasst und mehrere Buchen- und Eichen-Lebensraumtypen mit prioritären Waldarten einschließt.<br />
Zusätzliche Ansprüche ergeben sich aus der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL).<br />
Vor diesem Hintergrund haben die Fraktionen des Hessischen Landtages in 2006 eine gemeinsame<br />
Entschließung zur langfristigen Sanierung der südhessischen Wälder verabschiedet. Auch für <strong>Hessen</strong>-<strong>Forst</strong><br />
ist die Erhaltung der Wälder im Hessischen Ried und insbesondere ihrer Schutz- und Erholungsfunktionen<br />
von ausschlaggebender Bedeutung. Deshalb werden bereits spezifische waldbauliche und forstbetriebliche<br />
Maßnahmen durchgeführt. Auch die Initiativen zu Grundwasseraufspiegelungen werden fortgeführt,<br />
um damit zur Stabilisierung und Sanierung der geschädigten Wasserstandorte und Wälder beizutragen.<br />
Dabei werden Vernässungsschäden, insbesondere in Siedlungsflächen, vermieden. Die Erhaltung und<br />
Entwicklung der Wälder im Hessischen Ried soll auf lange Sicht durch das Projekt „Waldentwicklungsszenarien<br />
für das Hessische Ried – Entscheidungsunterstützung vor dem Hintergrund sich beschleunigt<br />
ändernder Wasserhaushalts- und Klimabedingungen und den Anforderungen aus dem Europäischen<br />
Schutzgebietssystem Natura-2000” begleitet werden.<br />
Das Projektgebiet umfasst die Wälder des Hessischen Rieds in der Rhein-Main-Ebene. Das Untersuchungsgebiet<br />
beträgt circa 30.000 Hektar und wird von den hessischen <strong>Forst</strong>ämtern Darmstadt, Groß-Gerau,<br />
Lampertheim und Langen sowie dem Stadtforstamt Frankfurt bewirtschaftet und betreut. Im öffentlichen<br />
Wald überwiegen die Baumarten Kiefer (39 Prozent), Rotbuche (31 Prozent) und Eiche (26 Prozent).<br />
Die Mehrzahl der Flächen ist mit Wasserschutz-, Naturschutz-, Klimaschutz- und Erholungsfunktionen<br />
belegt. Etwa 20.000 Hektar gehören zur Natura-2000-Gebietskulisse, die mehrere Buchen- und Eichen-<br />
Lebensraumtypen einschließt und in der zahlreiche prioritäre Waldarten leben.<br />
Das Verbundprojekt ist modellorientiert. Im Zentrum steht ein flächendifferenziertes, GIS-basiertes,<br />
multiskaliges Gebietsmodell. Die erfassten Ist-Zustände im Hessischen Ried bilden die Grundlagen für<br />
die Simulation der Waldentwicklung bis zum Jahr 2030.<br />
Es werden drei Szenarien betrachtet:<br />
· Status quo<br />
· weitere Absenkung der Grundwasserstände unter ein wurzelerreichbares Niveau<br />
· Anhebung der Grundwasserstände auf ein wurzelerreichbares Niveau<br />
Schutzfunktionen<br />
Auftraggeber des Projekts ist das Fachministerium. Das Verbundprojekt hat eine Laufzeit von drei Jahren<br />
und wird von der Nordwestdeutschen <strong>Forst</strong>lichen Versuchsanstalt in Göttingen geleitet und koordiniert.<br />
Darüber hinaus haben nahezu alle im Hessischen Ried liegenden kommunalen und privaten Waldbesitzer<br />
ihre Unterstützung durch die Bereitstellung von <strong>Forst</strong>einrichtungs- und Naturschutzdaten zugesagt. Ebenso<br />
wurde eine Kooperation und Datenüberlassung mit dem Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie<br />
(HLUG) vereinbart.<br />
Ziel des Verbundprojektes ist der Aufbau eines Systems von Entscheidungshilfen, mit dem sich die<br />
Auswirkungen der sich ändernden Umweltbedingungen auf die Leistungen und Wirkungen der Wälder<br />
sowie auf die Handlungsspielräume der <strong>Forst</strong>betriebe im Hessischen Ried abbilden lassen. Für die Politik,<br />
für Fachverwaltungen und Waldbesitzer wird eine raumbezogene Wissens- und Entscheidungsbasis<br />
erarbeitet, um die Waldfunktionen beziehungsweise die gesellschaftlichen Ansprüche an den Wald in<br />
der Fläche neu zu gewichten, Vermeidungs- beziehungsweise Anpassungsstrategien zu entwickeln sowie<br />
gezielte Maßnahmen einzuleiten und so den Gesamtnutzen zu optimieren.<br />
In einer Vorstudie wurden in dem vom Land <strong>Hessen</strong> geförderten Projekt der NW-FVA „INKLIM 2012<br />
Baustein II plus: Auswirkungen der Klimaerwärmung auf den Wasserhaushalt von Waldbeständen im<br />
Rhein-Main-Gebiet“ Grundlagen für das Verbundprojekt gelegt. Hierfür wurden bestimmte Klimaprojektionsdaten<br />
jeweils in einer trockenen und einer feuchten Ausprägung zugrunde gelegt. Als Referenzflächen<br />
für die Untersuchungen dienten drei Intensivmessflächen im Jägersburger Wald, die vergleichbare<br />
Standortbedingungen, aber mit Buche, Eiche und Kiefer drei verschiedene Bestockungen, aufweisen.<br />
HESSEN-FORST<br />
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