Deutscher Bundestag Unterrichtung
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Drucksache 17/8700 – 278 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode<br />
D Bundeswasserstraßen<br />
D.1 Allgemeines<br />
D.1.1 Gesetzliche Grundlagen<br />
Nach Artikel 89 des Grundgesetzes ist der Bund Eigentümer<br />
der früheren Reichswasserstraßen, die er durch eigene<br />
Behörden (Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des<br />
Bundes – WSV) verwaltet. Die Tätigkeit der Verwaltung<br />
richtet sich im Einzelnen nach dem Bundeswasserstraßengesetz,<br />
dem Binnenschifffahrtsaufgabengesetz sowie<br />
dem Seeschifffahrtsaufgabengesetz. Grundlage für die<br />
fiskalische Verwaltung ist das Bundeswasserstraßenvermögensgesetz.<br />
D.1.2 Netz der Bundeswasserstraßen<br />
Die Wasserstraßen sind neben den Straßen, den Schienen<br />
und den Rohrleitungen Teil des bodengebundenen Verkehrswegenetzes<br />
der Bundesrepublik Deutschland. Obgleich<br />
sehr viel weitmaschiger als Schiene und Straße, ist<br />
das Wasserstraßennetz dennoch ein zusammenhängendes<br />
Netz, das die großen Seehäfen einerseits mit der Hohen<br />
See, andererseits mit dem Hinterland sowie die bedeutendsten<br />
Industriezentren miteinander verbindet. Neben<br />
den Seehäfen dienen die Binnenhäfen dem Umschlag von<br />
Gütern. Die Mehrzahl der Großstädte der Bundesrepublik<br />
besitzt einen direkten Wasserstraßenanschluss.<br />
Das Netz der Bundeswasserstraßen in Deutschland umfasst<br />
circa 7 300 km Binnenwasserstraßen, von denen<br />
circa 75 Prozent der Strecke auf Flüsse und 25 Prozent<br />
auf Kanäle entfallen. Zu den Bundeswasserstraßen zählen<br />
auch circa 18 000 Quadratkilometer Seewasserstraßen.<br />
Zu den Anlagen an den Bundeswasserstraßen gehören<br />
u. a. 400 Schleusen und 320 Wehre, 2 Schiffshebewerke,<br />
zwei Talsperren und etwa 1 600 Brücken.<br />
Zum Hauptnetz mit circa 5 100 Kilometern (Wasserstraßenklasse<br />
IV und höher) zählen die Magistralen Rhein<br />
(mit den Nebenflüssen Neckar, Main, Mosel und Saar),<br />
Donau, Weser und Elbe sowie die verbindenden Kanalsysteme<br />
bis zur Oder und zur Donau. Sie sind ein wesentlicher<br />
Bestandteil des „nassen“ Transeuropäischen<br />
Verkehrsnetzes (TEN) und sind dementsprechend leistungsfähig<br />
zu erhalten und zu gestalten. Vorhandene Engpässe<br />
sind im Netz zu beseitigen, um dessen wirtschaftliche<br />
Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Über die 757 km<br />
langen Seeschifffahrtsstraßen sind Nord- und Ostsee erreichbar.<br />
Über die Donau, den Main-Donau-Kanal, den<br />
Main und den Rhein sind die Anrainerstaaten zwischen<br />
dem Schwarzen Meer und der Nordsee erreichbar. Die<br />
West-Ost-Magistrale bildet das Kanalnetz zwischen<br />
Rhein und Oder. Es gibt mehr als 100 moderne öffentliche<br />
See- und Binnenhäfen. 54 von 80 Großstadtregionen<br />
in Deutschland haben einen Wasserstraßenanschluss.<br />
Die Bundeswasserstraßen haben neben der verkehrswirtschaftlichen<br />
Nutzung beachtenswerte Funktionen zur<br />
Wasserversorgung, Erhaltung der Vorflut für den Abfluss<br />
der Niederschläge und für Entwässerungszwecke, Abwendung<br />
von Hochwasser- und Eisgefährdung sowie zur<br />
preiswerten und sauberen Energiegewinnung in staugeregelten<br />
Abschnitten.<br />
Die Flüsse sind die naturgegebenen Hauptadern für den<br />
Wasserabfluss. Aus Flüssen und Schifffahrtskanälen werden<br />
ständig große Wassermengen, vor allem für industrielle<br />
Zwecke entnommen. Aber auch die Landwirtschaft<br />
und die Trinkwassergewinnung stützen sich in beachtlichem<br />
Umfang auf das Wasserangebot der Bundeswasserstraßen.<br />
Zur umweltfreundlichsten Form der Energiegewinnung<br />
zählt die Wasserkraftnutzung. Sie ist jedoch nur wirtschaftlich<br />
vertretbar, wenn ausreichende Fallhöhen und<br />
entsprechende Abflüsse zur Verfügung stehen. Laufwasser-Kraftwerke<br />
sind vielfach im Zusammenhang mit einer<br />
Stauregelung für den Schiffsverkehr errichtet worden. Zu<br />
den staugeregelten Bundeswasserstraßen mit Wasserkraftnutzung<br />
zählen Weser, Oberrhein, Neckar, Main,<br />
Mosel, Saar und Donau mit einer installierten Leistung<br />
von zurzeit ca. 750 MW. Damit wird mit Wasserkraft<br />
etwa genauso viel Energie produziert, wie alle Transporte<br />
auf dem Wasser verbrauchen – einzigartig für einen Verkehrsträger.<br />
Schließlich dienen die Bundeswasserstraßen in steigendem<br />
Maße der Erholung der Bevölkerung an und auf dem<br />
Wasser. Hier sind neben dem Wassersport mit Segel- und<br />
Motorbooten, dem Kanusport, dem Rudern, Surfen und<br />
Wasserskilaufen auch das Angeln, Wandern und Radwandern<br />
zu nennen. Die auf eine dreiviertel Million geschätzte<br />
Zahl von Sport- und Freizeitbooten spricht für<br />
sich. An besonders attraktiven Wasserstraßen hat sich ein<br />
intensiver Fremdenverkehr für Kurz- und Langzeiturlauber<br />
entwickelt. Die Fahrgastschifffahrt hat hieran einen<br />
großen Anteil. Die Zahl von mehr als 800 Fahrgastschiffen<br />
mit rund 200 000 Plätzen belegt den hohen Stellenwert<br />
dieses Schifffahrtszweiges und des dazugehörigen<br />
Fremdenverkehrs.<br />
D.1.3 Verkehrsträger Binnenschifffahrt<br />
Die Binnenschifffahrt ist für den nationalen und internationalen<br />
Güterverkehr ein volkswirtschaftlich unentbehrlicher<br />
Verkehrsträger. Die besonderen Eigenschaften wie<br />
– hohe Verkehrssicherheit,<br />
– geringer Energieverbrauch und hohe Umweltfreundlichkeit,<br />
– weitgehende Nutzung natürlicher Verkehrswege,<br />
– günstiges Verhältnis von Nutzlast zu Totlast,<br />
– geringer Personalbedarf,<br />
– großräumiges Transportvolumen,<br />
– Kapazitätsreserven des Systems Binnenschifffahrt/<br />
Wasserstraßen<br />
machen die Binnenschifffahrt aus ökologischen, ökonomischen<br />
und Sicherheitsgesichtspunkten zu einem bevorzugten<br />
Beförderungsmittel insbesondere für Massengüter,<br />
übermäßig schwere und sperrige sowie gefährliche Güter.