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Kirchenrabe GEMEINDEBRIEF DER EVANG. - Auferstehungskirche

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2<br />

Liebe Gemeinde,<br />

„Ist es zu indiskret, wenn ich Sie frage,<br />

warum Sie den Jakobsweg gehen?“ Ein<br />

Fremder stellte mir im Juni diese Frage<br />

auf der Tagesstrecke zwischen Saint-Côme<br />

d’Olt und Estaing. Ich war mit einer<br />

Kollegengruppe auf dem Jakobsweg von<br />

Le Puy-en-Velay bis nach Conques unterwegs.<br />

Das ist die bekannteste der vier Jakobsweg-Strecken<br />

durch Frankreich. Die<br />

Landschaft dort ist wunderschön, abwechslungsreich.<br />

Man bricht auf aus einer<br />

Vulkangegend mit bizarren Erhebungen<br />

aus Lavagestein, auf denen einmal<br />

eine riesige rosafarbene Madonna, das<br />

andere Mal die St.-Michaels-Kirche thront<br />

– die beiden sind Wahrzeichen der Stadt<br />

Le Puy.<br />

Die Steine auf dem ersten Wegabschnitt<br />

sind schwarz und scharfkantig. Hat man<br />

die Stadt verlassen, empfängt einen die<br />

Natur: Der Wind streicht durch die Roggenfelder,<br />

der rote Klatschmohn und die<br />

leuchtend blauen Kornblumen blühen,<br />

der Schatten in den Wäldern kühlt angenehm.<br />

Dann werden die Steine grau. Die<br />

Häuser der kleinen Ortschaften, durch die<br />

der Weg uns führt, sind ebenso grau und<br />

ducken sich verschlafen in die Landschaft.<br />

Die Blumenpracht ist unbeschreiblich. An<br />

einem Tag sahen wir unendlich viele wilde<br />

Stiefmütterchen. Am andern Tag, im moorigen<br />

Gelände, entdeckten wir Knabenkraut,<br />

und überall leuchtete der gelb blühende<br />

wilde Ginster. Unberührt wirkt diese<br />

Gegend. Es geht einem das Herz auf,<br />

auch wenn man auf der Weide die neugeborenen<br />

Lämmchen oder Kälbchen entdeckt.<br />

In neun Tagen legten wir etwa 165 km zurück,<br />

pro Tag zwischen 17 und 26 Kilometern.<br />

Leider regnete es viel, das machte<br />

das Gehen beschwerlich, wenn die Erde<br />

rutschig und die Steine glitschig wurden.<br />

Überhaupt: Wer ist es schon gewohnt, jeden<br />

Tag so weit zu gehen?<br />

Obwohl die Füße oder die Beine oder der<br />

Rücken schmerzen, muss man am nächsten<br />

Tag wieder den Rucksack aufsetzen<br />

und weitergehen: Wir haben hier keine<br />

bleibende Stadt, sondern die zukünftige<br />

suchen wir. Dieser Satz aus dem Hebräerbrief<br />

kam mir sehr nah in diesen Tagen:<br />

Nirgendwo bleiben können, sondern jeden<br />

Morgen wieder zusammenpacken<br />

und aufbrechen, auf ein unbekanntes Ziel<br />

zugehen, das bedeutet pilgern, das bedeutet<br />

leben. Wird die Unterkunft gemütlich<br />

oder aber ungepflegt sein, wird das<br />

Abendessen liebevoll zubereitet sein oder<br />

wird es einer Pilger-Abfütterung gleichen?<br />

Werde ich den Weg schaffen? Wird<br />

der Regen mir zusetzen, mir die Laune<br />

verderben und den Wunsch aufkommen<br />

lassen, einfach abzubrechen, nach Hause<br />

zu fahren, das Gewohnte wiederhaben zu<br />

wollen?<br />

Pilger sind wir auf unserem Lebensweg,<br />

brechen immer wieder auf, verlassen Gewohntes<br />

und Gewohnheiten, und unsere<br />

Zukunft ist ungewiss. Nie wissen wir genau,<br />

was ein neuer Tag bringen, welche<br />

Begegnungen er schenken, welche Widrigkeiten<br />

er bescheren wird. Unser Ziel als<br />

Christen – das wurde mir wieder deutlich<br />

– ist im Himmel, nicht hier auf Erden. Wir<br />

sind hier bloß unterwegs, sind nur Gäste.<br />

Unsere Heimat ist im Himmel. Dort erwartet<br />

uns unser Gott. Ich stelle mir vor, dass<br />

er mir bei meiner Ankunft erklärt, was bedeutsam<br />

war in meinem Leben und was<br />

bleibt, was unnötig war, und was ich völlig<br />

falsch gesehen habe: Wir sehen jetzt<br />

durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann<br />

aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt<br />

erkenne ich stückweise; dann aber werde<br />

ich erkennen, wie ich erkannt bin, schreibt<br />

Paulus im 1. Korintherbrief. Das wird<br />

wahrscheinlich nicht nur die reine Freude,<br />

sondern auch schmerzvoll, doch im Angesicht<br />

Gottes wird letztlich alles heil, davon<br />

bin ich überzeugt.<br />

Die Erde, auf der wir laufen, wird allmählich<br />

rötlich. Die Kirchen, die wir betreten,<br />

sind aus rotem Sandstein. Warm wirken<br />

sie und einladend. Man spürt in diesen romanischen<br />

Kirchen die „innere Patina“.<br />

Damit meine ich die Schicht, entstanden<br />

aus der Erinnerung an die Gebete und Gesänge<br />

von Jahrhunderten. Unsere Gesänge<br />

und Gebete reihen sich ein.<br />

„Ist es zu indiskret, wenn ich Sie frage,<br />

warum Sie den Jakobsweg gehen?“ Mein<br />

Französisch ist nicht mehr gut genug, um<br />

INHALT:<br />

Vorstellung Pfrin. Scheckenbach . . . .4<br />

Herbst und Nachtgedanken . . . . . . . .5<br />

Unsere Liturgie, Teil 5 . . . . . . . . . . . . .6<br />

Partnerschaftsfest . . . . . . . . . . . . . . . .8<br />

Erntedank ......................10<br />

Gottesdienste . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Russischer Kammerchor ..........14<br />

es zu erklären. Also sage ich einfach: „Aus<br />

spirituellen Gründen“ und lasse es damit<br />

gut sein.<br />

Es gab für mich in diesen neun Tagen kein<br />

umwerfendes spirituelles Erlebnis. Schade.<br />

Doch vielleicht ist es genug, dass ich mich<br />

wieder einmal auf das wirklich Wichtige<br />

im Leben besonnen habe. Vielleicht ist es<br />

genug, Gott in der Schönheit der Blumen,<br />

im Glänzen der Sonne auf einem regenfeuchten<br />

Kastanienblatt und im Trommeln<br />

des Regens geahnt zu haben.<br />

„Ein Pilger nimmt, was es gibt.“ Das war<br />

mein Leitspruch. Jammern über ein unsauberes<br />

Quartier ist beim Pilgern ebenso<br />

unnötig, wie ausgelassene Freude über ein<br />

Zimmer im Hotel. „Ein Pilger nimmt, was<br />

es gibt“. Vielleicht ist es genug, Gott in solcher<br />

Gelassenheit zu erfahren und sie mitzunehmen<br />

in den Alltag.<br />

Von Herzen wünsche ich Ihnen solche Pilger-Gelassenheit<br />

– für diesen Sommer<br />

und auch für Ihren ganzen Lebens-Weg.<br />

Ihre Pfarrerin<br />

Neuer Vorstand des Evang.<br />

Vereins München-Westend e.V. ....15<br />

Konfirmation . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16<br />

Bekanntmachungen der Gemeinde .17<br />

Veranstaltungen .................18<br />

Regelmäßige Gruppen und Musik . .20<br />

Adressen & Telefonnummern ..... 22<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

! ! ! Bitte schicken Sie Ihre Beiträge für den nächsten Gemeindebrief bis 10. Oktober an redaktion@kirchenrabe.de ! ! ! Bitte schicken Sie Ihre Beiträge für den nächsten Gemeindebrief bis 10. Oktober 2010 an redaktion@kirchenrabe.de ! ! !<br />

Dr. Geyer<br />

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