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Inhaltsverzeichnis Pressedienst 06/2011

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<strong>Inhaltsverzeichnis</strong> <strong>Pressedienst</strong> <strong>06</strong>/<strong>2011</strong><br />

Gummibärchen für Paulo Seite 2<br />

Das Bremer Institut für Autismus vermittelt Eltern und autistischen Kindern<br />

Rüstzeug für ein gemeinsames Leben.<br />

Kurzfassung Seite 5<br />

Der Bus der Zukunft Seite 7<br />

In der Bremerhavener Buslinie 502 kann man jetzt schon erleben,<br />

wie komfortabel Busfahren künftig in ganz Europa sein wird.<br />

Kurzfassung Seite 10<br />

Anleitung zum Glücklichersein Seite 12<br />

Ist Glück erlernbar? Bremer Gymnasiasten bekommen „Glücksunterricht“.<br />

Kurzfassung Seite 15<br />

Bilderdienst Seite 17<br />

1


Gummibärchen für Paulo<br />

Das Bremer Institut für Autismusforschung hat mit seinem „Bremer<br />

Elterntrainingsprogramm“ erstaunliche Erfolge.<br />

„Paulo, geh in den Garten und hol die Gießkanne. Geh danach bitte ins Badezimmer und wasch<br />

dir die Hände.“ Wenn der damals sechsjährige Paulo alles getan hatte, was die Bremer<br />

Professorin Nora Breeder (Name geändert) ihm aufgetragen hatte, gingen die beiden zurück an<br />

den „Therapietisch“: „Paulo, was hast du eben getan?“ Für jede richtige Antwort bekam Paulo<br />

ein Lob oder durfte ein Gummibärchen naschen. Was äußerlich nach kindlichem Spiel aussah,<br />

war Training und harte Arbeit. Hier wurde gelernt. Genau das war für die Professorin die letzte<br />

Rettung. Sie ist Paulos Mutter.<br />

In Bremen arbeitet auf dem Campus der Jacobs University das Institut für Autismusforschung<br />

(IFA) als Verein. Mitglieder sind Ärzte, Psychologen, Pädagogen und Eltern, die beim IFA<br />

„Parent Professionals“ heißen. Sie alle setzen auf die Verhaltenstherapie, einen Ansatz der in<br />

den USA und in Skandinavien bei der Behandlung junger autistischer Kinder als „Gold<br />

Standard“ gilt. „In Deutschland steckt dieser Ansatz leider noch in den Kinderschuhen“, sagt<br />

Hermann Cordes, Vorsitzender des Institutes. Das IFA ist das einzige Deutsche<br />

Forschungsinstitut für Autismus, das auf Verhaltenstherapie setzt. Deshalb kommen aus vielen<br />

Teilen Deutschlands Familien nach Bremen, die sich mit ihren autistischen Kindern nicht mehr zu<br />

helfen wissen. „Zwei bis drei von 1000 Kindern haben eine autistische Störung“, sagt Cordes.<br />

„Fünf bis zehn verschiedene Ärzte haben die Familien mit ihren Kindern in der Regel besucht,<br />

bevor sie bei uns landen. Die Hälfte der Kinder kann nach der Frühförderung mit Begleitern die<br />

Normalschule besuchen. Die andere Hälfte macht deutliche Fortschritte.“<br />

Autismus als Herausforderung für Eltern<br />

Das IFA wurde 1983 von Professor Hans E. Kehrer in Münster gegründet. Er war Leiter der<br />

Kinder- und Jugendpsychiatrie der Uniklinik Münster. Weil Kehrer schon in den 70er Jahren ein<br />

Bremer Sonderschulprojekt betreut hatte, zog das Institut nach dem Tod Kehrers 2003 an die<br />

Weser. Das als Verein organisierte IFA initiiert Forschungsprojekte, trainiert Eltern mit dem<br />

„Bremer Elterntrainingsprogramm“ (BET) und bildet Autismustherapeuten aus. Der Kontakt<br />

zwischen Hermann Cordes, der selbst einen autistischen Sohn hat, und Kehrer war seinerzeit<br />

über einen Bremer Elternverein zustande gekommen. Neben Cordes verantwortet seine<br />

Tochter, die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Dr. Ragna Cordes, die Arbeit.<br />

23 Elternpaare und ihre Kinder wurden bisher mit dem BET trainiert. Nur eine Familie ist<br />

abgesprungen. Bei 60 Prozent der Familien zahlen die Sozialämter die Kosten als<br />

Eingliederungshilfen. Die übrigen Familien müssen selber zahlen.<br />

2


Der kleine Paulo tobte, schlug, riss aus, schlief nicht, ging über Tisch und Bänke und war<br />

praktisch unansprechbar. „Wir standen vor drei Jahren mit dem Rücken zur Wand“, erklärt<br />

seine Mutter die damalige Situation. Die Ärzte stellten eine niederdrückende Diagnose:<br />

„Multiple Entwicklungsstörung mit autistischen Zügen und ADHS“. ADHS bedeutet<br />

„Aufmerksamkeitsdefizit/ Hyperaktivitäts-Syndrom“. Die Mutter übersetzt die Diagnose anders:<br />

„Geballte Ratlosigkeit mit schlechter Prognose. Und vor allem konnte keiner der Ärzte helfen.“<br />

Viele Ärzte rieten ihr, einfach abzuwarten.<br />

Ein neues Verhalten erlernen<br />

Per Internetrecherche stieß Breeder auf das IFA. Bei der Vorstellung des „Bremer<br />

Elterntrainingprogramms“ (BET) musste sie schlucken: „Das war schon sehr konsequent und auf<br />

den ersten Blick hart.“ In Grund- und Aufbaukursen erhielten das Ehepaar Breeder und vier von<br />

ihnen engagierte Co-Therapeuten das Handwerkszeug, selber mit Paulo üben zu können. „Es<br />

geht darum, dass die Kinder ihr gelerntes autistisches Verhalten vergessen und ein neues<br />

erlernen“, sagt Cordes. Am Schluss sind die Co-Therapeuten mithilfe eine Reihe von<br />

Übungsanleitungen in der Lage, die Kinder 30 Stunden in der Woche zu trainieren. Immer zur<br />

gleichen Zeit, immer am selben Tisch. „Ein Halbtagsjob“, sagt die Professorin. Anfangs geht es<br />

nur um das Imitieren. „Mach es mir nach, Paulo!“ Nora Breeder klatscht in die Hände – so oft<br />

bis Paulo mitmacht und gelobt wird. Musste sie anfangs dem Kind zeigen, was Imitation<br />

überhaupt ist, verstand es nach einem halben Jahr am Ende des Programms weitaus<br />

schwierigere Fragen wie „Paulo, welches der Kinder auf dem Bild ist traurig? Welches ist lustig?<br />

Welches ist müde?“ Soziale Kompetenz sei am schwersten zu erlernen, berichtet Dr. Ragna<br />

Cordes.<br />

Kinder mit Autismus verirren sich zwischen Ursachen und Wirkungen ganz alltäglicher<br />

Handlungen. Ihre Welt gleicht den verwirrend vielen Teilen eines Riesenpuzzles, das<br />

zusammengesetzt ein Bild ergeben würde, eine Abfolge von Handlungen, eine Frage und eine<br />

Antwort, ein Lied. Aber die betroffenen Kinder nehmen aus all dem nur ein winziges Stück, ein<br />

einziges Puzzleteil heraus und legen es unter das Elektronenmikroskop ihrer Aufmerksamkeit.<br />

Cordes: „Die Kinder leben in ihrer eigenen Welt. Unser Programm holt sie in unsere Welt. Man<br />

sollte schnell handeln, damit der Entwicklungsrückstand nicht noch größer wird.“<br />

Große Erfolge durch frühstmögliche Therapie<br />

Heute ist Paulo neun. Er lacht verschmitzt: „Mama, was habe ich im Kindergarten gemacht?“<br />

„Du bist ausgerissen.“ „Und wie bin ich aus dem Fenster gekommen?“ „Vielleicht<br />

hochgeklettert?“ „Ich weiß es nicht mehr.“ „Ich auch nicht.“ Dieser Allerweltsdialog bedeutet<br />

für ein autistisches Kind eine kleine Sensation. Denn sie verstehen ihre Eltern eigentlich gar<br />

nicht. Sie haben nie erlernt, was es bedeutet, wenn Mama und Papa lachen oder ärgerlich den<br />

Mund verziehen. Darum wenden die Kinder sich ab und verspinnen sich in einen Kokon aus<br />

3


ganz eigenen Ritualen, Formeln und Verhaltenssequenzen, die sie immer und immer<br />

wiederholen. Konsequenzen sind für sie keine folgerichtigen Ereignisse, sondern blind und<br />

zufällig. „Früher hat Paulo uns mit Dirigismus in Atem gehalten“, sagt Breeder. Heute schließt<br />

er die Tür, wenn seine Mutter ihn darum bittet. Er empfängt Besucher, reicht ihnen die Hand,<br />

schaut sie an und begrüßt sie. Mutter und Sohn teilen eine Welt.<br />

Nach neustem Forschungsstand sei Autismus eine Folge neurobiologischer Störungen im Gehirn<br />

des Fötus, sagt Ragna Cordes. „Bestimmte Hirnareale sind dann auch beim Neugeborenen<br />

schwächer entwickelt.“ Zum Glück hat das Gehirn aber die Gabe, immer weiter neue<br />

Erinnerungsspeicher anzulegen, wenn man es dazu anregt. Es „plastiziert“, wie die Experten<br />

sagen. Je früher ein Kind therapiert wird, desto besser, denn junge Gehirne lernen leichter.<br />

Diesem Umstand verdanken viele Tennisspieler ihren perfekten Aufschlag, viele Pianisten ihre<br />

raschen Fingerläufe und Paolo die Einschulung in die Bremer Tobiasschule, einer<br />

anthroposophischen Förderschule. Belohnung und Lob brachten sein Gehirn dazu, ein Lachen<br />

zu erkennen, Bleistift, Radiergummi und Papier in der richtigen Reihenfolge zu benutzen oder<br />

ein Erlebnis in zwei unterschiedlichen Fassungen zu erzählen. Paulo ist heute Klassenbester.<br />

Herrmann Cordes meint, er könne bald auf eine Regelschule gehen.<br />

www.ifa-bremen.de<br />

7.102 Zeichen, Autor: Christian Beneker<br />

Pressekontakt:<br />

Jacobs University Bremen, Institut für Autismusforschung, Dr. Ragna Cordes, Telefon: 0421/ 63 16 87,<br />

E-Mail: rcordes@uni-bremen.de<br />

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Kurzfassung<br />

Gummibärchen für Paulo<br />

Das Bremer Institut für Autismusforschung hat mit seinem „Bremer<br />

Elterntrainingsprogramm“ erstaunliche Erfolge<br />

„Paulo, geh in den Garten und hol die Gießkanne. Geh danach bitte ins Badezimmer und wasch<br />

dir die Hände.“ Wenn der damals sechsjährige Paulo alles getan hatte, was seine Mutter, die<br />

Bremer Professorin Nora Breeder (Name geändert) ihm aufgetragen hatte, fragte sie ihn:<br />

„Paulo, was hast du eben getan?“ Für jede richtige Antwort bekam Paulo ein Lob oder durfte<br />

ein Gummibärchen naschen. Was äußerlich nach kindlichem Spiel aussah, war Training und<br />

harte Arbeit.<br />

In Bremen arbeitet auf dem Campus der Jacobs University das Institut für Autismusforschung<br />

(IFA). Das als Verein organisierte Institut initiiert Forschungsprojekte, trainiert Eltern mit dem<br />

„Bremer Elterntrainingsprogramm“ (BET) und bildet Autismustherapeuten aus. Geleitet wird es<br />

vom Pädagogen Hermann Cordes und seiner Tochter, der Kinder- und<br />

Jugendlichenpsychotherapeutin Dr. Ragna Cordes.<br />

Das IFA ist das einzige deutsche Forschungsinstitut für Autismus, das auf Verhaltenstherapie<br />

setzt. „In Deutschland steckt dieser Ansatz leider noch in den Kinderschuhen“, sagt Cordes.<br />

Deshalb kommen aus vielen Teilen der Republik Familien wie die von Nora Breeder nach<br />

Bremen. „Die Hälfte der Kinder kann nach der Frühförderung mit Begleitern die Normalschule<br />

besuchen. Die andere Hälfte macht deutliche Fortschritte.“<br />

Ein neues Verhalten erlernen<br />

Der kleine Paulo tobte, schlug, riss aus, schlief nicht und war praktisch unansprechbar. Die Ärzte<br />

stellten eine niederdrückende Diagnose: „Multiple Entwicklungsstörung mit autistischen Zügen<br />

und ADHS“. ADHS bedeutet „Aufmerksamkeitsdefizit/ Hyperaktivitäts-Syndrom“. Die Mutter<br />

übersetzt die Diagnose anders: „Geballte Ratlosigkeit mit schlechter Prognose. Und vor allem<br />

konnte keiner der Ärzte helfen.“<br />

Beim IFA erhielt das Ehepaar Breeder das Handwerkszeug, selber mit ihrem Kind üben zu<br />

können. „Es geht darum, dass die Kinder ihr gelerntes autistisches Verhalten vergessen und ein<br />

neues Verhalten erlernen“, sagt Cordes. Kinder mit Autismus verirren sich zwischen Ursachen<br />

und Wirkungen ganz alltäglicher Handlungen. Cordes: „Die Kinder leben in ihrer eigenen Welt.<br />

Unser Programm holt sie in unsere Welt.“<br />

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Heute ist Paulo neun. Er lacht verschmitzt: „Mama, was habe ich im Kindergarten gemacht?“<br />

„Du bist ausgerissen.“ „Und wie bin ich aus dem Fenster gekommen?“ „Vielleicht<br />

hochgeklettert?“ „Ich weiß es nicht mehr.“ „Ich auch nicht.“ Dieser Allerweltsdialog bedeutet<br />

für ein autistisches Kind eine kleine Sensation. Denn sie verstehen ihre Eltern eigentlich gar<br />

nicht. Sie haben nie erlernt, was es bedeutet, wenn Mama und Papa lachen oder ärgerlich den<br />

Mund verziehen. Darum wenden die Kinder sich ab und schaffen ganz eigene Rituale und<br />

Verhaltenssequenzen, die sie immer und immer wiederholen. Konsequenzen sind für sie keine<br />

folgerichtigen Ereignisse, sondern rein zufällig.<br />

Nach neustem Forschungsstand sei Autismus ein Ergebnis neurobiologischer Störungen im<br />

Gehirn des Fötus, sagt Ragna Cordes. „Bestimmte Hirnareale sind dann auch beim<br />

Neugeborenen schwächer entwickelt.“ Zum Glück hat das Gehirn aber die Gabe, immer weiter<br />

neue Erinnerungsspeicher anzulegen, wenn man es dazu anregt. Je früher ein Kind therapiert<br />

wird, umso besser, denn junge Gehirne lernen leichter. Diesem Umstand verdankt Paolo die<br />

Einschulung in einer Bremer Förderschule. Er ist heute Klassenbester. Herrmann Cordes meint,<br />

Paulo könne bald auf eine Regelschule gehen.<br />

www.ifa-bremen.de<br />

3.492 Zeichen, Autor: Christian Beneker<br />

Pressekontakt:<br />

Jacobs University Bremen, Institut für Autismusforschung, Dr. Ragna Cordes, Telefon: 0421/ 63 16 87,<br />

E-Mail: rcordes@uni-bremen.de<br />

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Der Bus der Zukunft<br />

So sieht Busfahren in Zukunft aus: Im „Demonstrator“ hat das städtische<br />

Verkehrsunternehmen BremerhavenBus buchstäblich richtungweisende<br />

Fahrgastinformationssysteme installiert.<br />

Auf den ersten Blick unterscheidet sich der weißgelbe Bus äußerlich nur in Nuancen von den<br />

übrigen 59 Gelenkbussen des städtischen Verkehrsunternehmens BremerhavenBus. Doch im<br />

Inneren fallen die Unterschiede sofort auf: Auf sechs großen Flachbildschirmen werden nicht<br />

nur die nächsten Haltestellen auf der Linie 502 einschließlich der Anschlussmöglichkeiten<br />

angezeigt. Dort gibt es zudem Informationen über die Sehenswürdigkeiten in der Nachbarschaft<br />

und in Kürze sogar die neuesten Lokalnachrichten aus der regionalen Nordsee-Zeitung.<br />

Rund um die Türen zeigen rote und grüne Leuchtdioden an, wo der Ein- und wo der Ausstieg<br />

ist. Über den Sitzplätzen im Heck des Fahrzeuges signalisieren rote und grüne Lämpchen<br />

„besetzt“ oder „frei“. Herz der Anlage ist ein kleiner PC mit Touchscreen gleich neben dem<br />

Fahrer: Der PC steuert das gesamte System und liefert alle Informationen in Echtzeit – denn er<br />

wird von außen per Datenbank mit allen notwendigen Informationen versorgt. So erfahren die<br />

Fahrgäste beispielsweise, wie schnell der Bus fährt, wo genau er sich gerade befindet und wann<br />

und wo die Anschlussbusse abfahren.<br />

Attraktiverer Personennahverkehr<br />

EBSF steht für „European Bus System of the Future“. Bis 2012 will der Weltverband der<br />

öffentlichen Transportunternehmen Systeme vorantreiben, die den öffentlichen<br />

Personennahverkehr deutlich attraktiver, komfortabler und für den Benutzer einfacher machen.<br />

Gefördert wird das Vorhaben von der Europäischen Kommission.<br />

Dass sich Bremerhaven als vergleichsweise kleine Stadt neben Rom, Madrid, Budapest und<br />

Göteborg in dieses Projekt einreihen konnte, liegt vermutlich auch an der Idee, die<br />

BremerhavenBus für den Projektantrag entwickelte. Das Stichwort lautete „demografischer<br />

Wandel“: „In Zukunft wird es immer wichtiger, sich auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten<br />

älterer Menschen einzustellen“, sagt BremerhavenBus-Vorstand Robert Haase: „Da zählt es<br />

auch, eine Busfahrt für Senioren so einfach wie möglich zu machen.“ Der Fokus der<br />

Bremerhavener richtete sich darauf, möglichst umfassende, gut sichtbare und leicht<br />

verständliche Informationssysteme zu schaffen.<br />

Innovationen für den öffentlichen Personennahverkehr haben in Bremerhaven eine gewisse<br />

Tradition. Bereits Mitte der 90er Jahre installierte das städtische Verkehrsunternehmen ein<br />

rechnergestütztes Bus-Leitsystem, das alle Fahrzeuge des Unternehmens begleitet, die<br />

Einhaltung des Fahrplans überwacht und sogar in das Ampelsystem in der Stadt eingreifen<br />

7


kann, damit die Fahrzeuge pünktlich ans Ziel kommen. Das neue Projekt knüpft an dieses<br />

System an und bringt dabei neueste Kommunikationstechnologien ins Spiel.<br />

Mobile Datenübertragung<br />

„Bislang wurden die Daten zwischen den Bussen und dem Computer in der Leistelle per<br />

Datenfunk übertragen“, erläutert Hans-Joachim Jonack, der schon bei der Entwicklung des<br />

ersten Systems zu den führenden Köpfen zählte: „Jetzt nutzen wir zusätzlich das Handy-Netz<br />

im schnellen GPRS-Standard für die Datenübertragung; außerdem werden während der kurzen<br />

nächtlichen Pausen im Betriebshof die erforderlichen Daten per W-LAN auf die<br />

Fahrzeugsysteme gespielt.“ Wie schon in den 90er Jahren ist das Ziel aber gleich geblieben:<br />

„Wir wollen dem Fahrgast ein optimales Angebot geben.“ Allerdings habe nach wie vor<br />

Vorrang, die Passagiere schnell, komfortabel und sicher zu transportieren.<br />

Die eigentliche Herausforderung in dem Modellversuch bestand darin, die komplexe<br />

Technologie auf die Beine zu stellen und die Zusammenarbeit der am Bau beteiligten<br />

Unternehmen zu koordinieren. „Der Fahrzeughersteller bevorzugt bestimmte Bildschirme, der<br />

Hersteller des Bordcomputers hat wieder andere Favoriten“, beschreibt Robert Haase die<br />

Problematik: „In dem Modellvorhaben mussten viele Fragen geklärt werden, deren Lösungen<br />

für den Fahrgast gar nicht sichtbar sein werden.“ Für Hans-Joachim Jonack steckte der Teufel<br />

dabei bisweilen im Detail: „Sie ahnen gar nicht, wie viele verschiedene Formen und<br />

Gestaltungen für Fahrscheine möglich sind. Aber der Computer muss sie alle erkennen und sie<br />

auch selbst drucken können.“ Mithilfe der Soft- und Hardware-Industrie ließen sich zu guter<br />

Letzt alle Probleme lösen.<br />

Die Faszination des Vorhabens steckt für den Vorstand und sein Team deshalb in dem Nutzen,<br />

der künftig für die Fahrgäste entsteht. „Es ist schon toll an einem Projekt mitzuwirken, das<br />

vielleicht entscheidenden Einfluss darauf hat, wie künftig die Busse in ganz Europa aussehen“,<br />

meint Haase. Zugleich wollen die Bremerhavener einen Mehrwert für ihre Region schaffen.<br />

Darum werden an bestimmten, viel frequentierten Haltestellen in der Stadt interaktive<br />

Infosäulen in das System integriert, die beispielsweise auf die touristischen Attraktionen<br />

Bremerhavens aufmerksam machen.<br />

Mit dem System hat die Busfahrt der Zukunft in Bremerhaven bereits begonnen. Der<br />

„Demonstrator“ ist zwar ein funkelnagelneuer Bus, der alle Möglichkeiten des neuen Systems<br />

sichtbar macht, aber nicht das einzige Fahrzeug, das die neue Technologie enthält. Das System<br />

wurde bereits in 15 weiteren Gelenkbussen installiert, die allesamt auf der innerstädtischen Linie<br />

502 im Einsatz sind. „Damit ist unsere Hauptlinie bereits fit für die Zukunft“, freut sich Robert<br />

Haase.<br />

8


BremerhavenBus kann dabei einen gewissen Stolz auf die Position im internationalen<br />

Wettbewerb nicht verhehlen. Obwohl die anderen beteiligten öffentlichen<br />

Verkehrsunternehmen wesentlich größer sind (Haase: „Die Kollegen in Rom dürften mehr Busse<br />

im Reservedepot haben als wir im ganzen Unternehmen“), haben die Bremerhavener als erste<br />

den Bus der Zukunft ins Rollen gebracht.<br />

www.bremerhavenbus.de<br />

5.755 Zeichen, Autor: Wolfgang Heumer<br />

Pressekontakt:<br />

Verkehrsgesellschaft Bremerhaven AG, Marketing/Vertrieb, Imme Hüller, Telefon: 0471/ 3003 501,<br />

E-Mail: imme.hueller@bremerhavenbus.de<br />

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Kurzfassung<br />

Der Bus der Zukunft<br />

So sieht Busfahren in Zukunft aus: Im „Demonstrator“ hat das städtische<br />

Verkehrsunternehmen BremerhavenBus buchstäblich richtungweisende<br />

Fahrgastinformationssysteme installiert.<br />

Äußerlich unterscheidet sich der weißgelbe Bus nur in Nuancen von den übrigen 59<br />

Gelenkbussen des städtischen Verkehrsunternehmens BremerhavenBus. Doch im Inneren fallen<br />

die Unterschiede sofort auf: Auf sechs Flachbildschirmen werden die nächsten Haltestellen auf<br />

der Linie 502 einschließlich der Anschlussmöglichkeiten angezeigt. Dort gibt es zudem<br />

Informationen über die Sehenswürdigkeiten in der Nachbarschaft und in Kürze sogar die<br />

neuesten Lokalnachrichten aus der regionalen Nordsee-Zeitung.<br />

Rund um die Türen zeigen rote und grüne Leuchtdioden an, wo der Ein- und wo der Ausstieg<br />

ist. Über den Sitzplätzen im Heck des Fahrzeuges signalisieren rote und grüne Lämpchen<br />

„besetzt“ oder „frei“. Herz der Anlage ist ein kleiner PC neben dem Fahrer. Der PC steuert das<br />

gesamte System und liefert alle Informationen in Echtzeit – denn er wird von außen per<br />

Datenfunk mit allen notwendigen Informationen versorgt.<br />

Mobile Datenübertragung<br />

EBSF steht für „European Bus System of the Future“. Bis 2012 will der Weltverband der<br />

öffentlichen Transportunternehmen Systeme vorantreiben, die den öffentlichen<br />

Personennahverkehr deutlich attraktiver, komfortabler und für den Benutzer einfacher machen.<br />

Gefördert wird das Vorhaben von der Europäischen Kommission.<br />

„Bislang wurden die Daten zwischen den Bussen und dem Computer in der Leistelle per<br />

Datenfunk übertragen“, erläutert Experte Jonack. „Jetzt nutzen wir das Handy-Netz im<br />

schnellen GPRS-Standard für die Datenübertragung; außerdem werden während der kurzen<br />

nächtlichen Pausen im Betriebshof die erforderlichen Daten per W-LAN auf die<br />

Fahrzeugsysteme gespielt.“<br />

„In dem Modellvorhaben mussten viele Fragen geklärt werden, deren Lösungen für den<br />

Fahrgast gar nicht sichtbar sein werden.“, so Hans-Joachim Jonack. Für ihn steckte der Teufel<br />

dabei bisweilen im Detail: „Sie ahnen gar nicht, wie viele verschiedene Formen und<br />

Gestaltungen für Fahrscheine möglich sind. Aber der Computer muss sie alle erkennen und sie<br />

auch selbst drucken können.“ Mithilfe der Soft- und Hardware-Industrie ließen sich zu guter<br />

Letzt alle Probleme lösen.<br />

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„Es ist schon toll an einem Projekt mitzuwirken, das vielleicht entscheidenden Einfluss darauf<br />

hat, wie künftig die Busse in ganz Europa aussehen“, meint Haase. Mit dem neuen System hat<br />

die Busfahrt der Zukunft in Bremerhaven bereits begonnen. Der „Demonstrator“ ist zwar ein<br />

funkelnagelneuer Bus, der alle Möglichkeiten des neuen Systems sichtbar macht, aber nicht das<br />

einzige Fahrzeug, das die neue Technologie enthält. Das System wurde bereits in 15 weiteren<br />

Gelenkbussen installiert, die allesamt auf der innerstädtischen Linie 502 im Einsatz sind.<br />

www.bremerhavenbus.de<br />

2.825 Zeichen, Autor: Wolfgang Heumer<br />

Pressekontakt:<br />

Verkehrsgesellschaft Bremerhaven AG, Marketing/Vertrieb, Imme Hüller, Telefon: 0471/ 3003 501,<br />

E-Mail: imme.hueller@bremerhavenbus.de<br />

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Anleitung zum Glücklichersein<br />

Nicht für die Schule, sondern für das Leben wollen die Schüler einer 12. Gymnasial-<br />

Klasse lernen: Sie nehmen an dem Experiment „Glücks- und Zufriedenheitsunterricht“<br />

teil.<br />

Sie interpretieren Goethes Faust und berechnen Integrale, sie beherrschen die Mendel‘schen<br />

Vererbungsregeln und verstehen Shakespeare. Allzu viel Freude haben die wenigsten<br />

Oberstufenschüler daran. Deshalb unternimmt der Sport- und Englisch-Lehrer Michael Jentzsch<br />

jetzt mit seinem Sport-Leistungskurs im zwölften Jahrgang des Bremer Hermann-Böse-<br />

Gymnasiums ein Experiment: Die Jugendlichen bekommen ein sechswöchiges „Glücks- und<br />

Zufriedenheitstraining“ – ein Unterricht, wie es ihn sonst bislang nur in Heidelberg gibt.<br />

Gerne zur Schule gehen<br />

Ungefähr bis zur sechsten Klasse gehen die meisten Kinder gerne zur Schule, darin sind sich<br />

Prof. Dr. Hilke Brockmann und Michael Jentzsch einig. Brockmann ist Soziologie-Professorin an<br />

der Jacobs-University Bremen und forscht zum Thema Glück. Auch die Kulturmanagerin und<br />

Glücks- und Zufriedenheitstrainerin Edda Lorna weiß ihren Teil dazu beizutragen. Ihr zufolge<br />

entspricht die Begeisterung für die Schule bei Kindern etwa ab der Pubertät ungefähr der<br />

Begeisterung für einen Zahnarztbesuch.<br />

Im Frühjahr <strong>2011</strong> war Michael Jentzsch Edda Lorna begegnet. Sie kamen überein, den<br />

Schülerinnen und Schülern etwas beizubringen, das ihre Lebensfreude steigert. Was diese gerne<br />

annahmen. Auch der Schulleiter des 100 Jahre alten Gymnasiums, Helmut Hoffmann, gab dem<br />

Projekt eine Chance. Und als die Trainerin Edda Lorna an der Jacobs University nach<br />

wissenschaftlicher Begleitung fragte, stieg auch Professorin Brockmann mit ein. „Ich bin<br />

gespannt, ob die sechs Wochen einen Effekt haben“, sagt die Soziologin. „Vielleicht geht es für<br />

die Jugendlichen vor allem darum, dass sich jemand um ihr Glück kümmert?“, überlegt sie.<br />

Im Mai <strong>2011</strong> begann das Experiment, im Wesentlichen finanziert vom Bremer Kaufhaus Lestra<br />

und seiner Jugendsportförderung. Es dauert bis zu den Sommerferien und ist eingebettet in den<br />

theoretischen Unterricht der Sportpsychologie. Michael Jentzsch wünscht sich für seine Schüler<br />

nichts weniger, als dass er ihnen hilft, „ihren Traum zu leben“. Konkreter: dass sie herausfinden,<br />

welche Stärken sie haben, um ein Studienfach oder einen Beruf zu wählen, der ihnen liegt und<br />

Freude bereitet.<br />

Im Unterricht<br />

Doch was macht Glück und Zufriedenheit aus? Wertschätzung für sich und andere, Vertrauen<br />

und (Lebens-)Sinngebung sind zentrale Themen in Lornas Unterricht. Sie will den<br />

Heranwachsenden Handwerkszeug und Strategien mitgeben, um ihre Selbstwahrnehmung zu<br />

12


stärken und schwierige oder belastende Situationen zu bewältigen. Dazu gehört, dass die<br />

Jugendlichen herausfinden, was sie brauchen, um sich gut, zufrieden und glücklich zu fühlen.<br />

Sie sollen lernen, sich als selbstständig handelnde Persönlichkeiten zu begreifen, die<br />

Entscheidungen treffen können, dafür aber auch Verantwortung übernehmen müssen.<br />

Diese großen Ideen vermittelt Lorna mit sehr alltäglichen Übungen: Sie fragt am Beginn einer<br />

Stunde: „Wer hat Hunger?“ und verteilt daraufhin einige Stücke frisches Brot. „Wer fühlt sich<br />

unkonzentriert?“ Wer das bejaht, erhält noppige Massagebälle, die einige der jungen Männer<br />

dankbar annehmen, sie zwischen den Händen rollen und kneten und so dem Unterricht besser<br />

folgen können. Was wie eine Vorbereitung des Unterrichts aussieht, sind schon die ersten<br />

Anregungen dafür, wie die Jugendlichen auf sich achten können. Denn wer gelernt hat, für sich<br />

zu sorgen, hat auch gelernt, sich selbst wertzuschätzen und den Alltag besser zu meistern.<br />

Wertschätzung und Vertrauen<br />

Am ersten Tag des sechswöchigen Trainings hatte Edda Lorna alle anwesenden 17 Schüler dazu<br />

aufgefordert, über jeden Mitschüler auf einem Zettel einen schätzenswerten Charakterzug<br />

aufzuschreiben. So bekam am Ende dieser Übung jeder Schüler jeweils 17 Zettel, auf denen<br />

seine guten Eigenschaften standen. Ein Mädchen sah sich ihre Zettel wieder und wieder an und<br />

hängte diese schließlich über ihr Bett, wie sie in der nächsten Stunde berichtete.<br />

In einem Fragebogen, den Lorna am Anfang des Experiments außerdem verteilt hatte, nannten<br />

die Schüler übereinstimmend „Familie und Freunde“ als diejenigen, denen sie vertrauen und<br />

von denen sie sich getragen fühlen. Wie es sich anfühlt, tatsächlich von Freunden gehalten und<br />

getragen zu werden, erlebten die Schüler ein paar Unterrichtsstunden später: Einer von ihnen<br />

legte sich auf den Boden des Klassenzimmers. Um ihn herum gingen zwölf Schüler in die Hocke,<br />

fassten unter seinen Körper und hoben ihn an. Dann wiegten sie ihn vorsichtig hin- und her und<br />

stemmten ihn schließlich bis über ihre Köpfe.<br />

Perspektivwechsel und Mentaltraining<br />

Übungen, Geschichten und Symbole sollen die Jugendlichen an bestimmte Gedanken und<br />

Handlungsmöglichkeiten erinnern. So gab die Trainerin allen Kursteilnehmern zu Beginn eine<br />

farbige Feder. Wenn nun im Unterricht eine Frage oder ein Problem auftaucht, hält Edda Lorna<br />

ihre Feder hoch. Damit fordert sie die Jugendlichen auf, mit einem anderen Blickwinkel auf sich<br />

und ihre Situation zu schauen, sich „neben sich zu stellen“, um leichter Handlungsalternativen<br />

zu finden. Ihre eigenen Federn erinnern die Schüler über die Unterrichtsstunden hinaus daran.<br />

Welchen Einfluss allein die Vorstellungskraft auf die Realität jedes einzelnen hat, wie stark also<br />

Mentaltraining wirken kann, lässt Lorna die Jugendlichen in einer Partnerübung ausprobieren:<br />

Einer von beiden soll den anderen hochheben, eine vermeintlich einfache Angelegenheit.<br />

Derjenige, der sich hochheben lassen soll, stellt sich während des ersten Versuchs jedoch vor, er<br />

13


sei ein schwerer Stein oder ein Baum, tief verwurzelt in der Erde: Das Hochheben wird zum<br />

kaum zu bewältigenden Unterfangen. Beim zweiten Versuch stellt sich der Hochzuhebende vor,<br />

er sei eine Feder – und erleichtert damit seinem Partner das Anheben spürbar.<br />

Die wissenschaftliche Begleitung<br />

Die Glücksforschung der Jacobs University Bremen beschäftigt sich wissenschaftlich mit dem<br />

Thema. Um herauszufinden, ob und wie die Schule ihre Schüler glücklicher machen und besser<br />

auf das Leben vorbereiten kann, gab Wissenschaftlerin Brockmann vor Beginn des Experiments<br />

standardisierte Fragebögen aus. Die Untersuchung stützt sich in erste Linie auf diese<br />

Fragebogendaten, die nach Ablauf des Experiments erneut erhoben werden. Die<br />

Pilotprojektklasse wird mit zwei weiteren Kontrollklassen verglichen, die kein Glücks- und<br />

Zufriedenheitstraining absolvieren.<br />

Zusätzlich geben die Schüler der Pilotklasse Speichelproben ab, um zu ermitteln, ob sie im<br />

Verlauf des Projekts lernen, besser mit Stress umzugehen. Im Speichel ist das Stresshormon<br />

Cortisol nachweisbar. Sollten die Cortisolwerte am Beginn des Experiments stärker variieren als<br />

am Ende, könnte das einen Hinweis darauf geben, dass die Jugendlichen gelernt haben, Stress<br />

besser zu verkraften.<br />

Am Ende dieses Experiments wird sich heraustellen, ob Jentzschs Schüler nicht nur Shakespeare<br />

und Sportphysiologie verstehen, sondern sich nun auch besser auf das Leben vorbereitet fühlen.<br />

Schon jetzt scheint aber etwas in Bewegung gekommen zu sein: Schließlich geschieht es nicht<br />

oft, dass ein 18-Jähriger gegenüber Gleichaltrigen zu erzählen wagt, dass seine Mutter ihm zum<br />

ersten Mal nach langer Zeit wieder gesagt hat, dass sie ihn liebt – und wie sehr er sich darüber<br />

gefreut hat.<br />

www.edda-lorna.de<br />

www.jacobs-university.de/shss/hbrockmann<br />

7.358 Zeichen, Autorin: Ulrike Bendrat<br />

Pressekontakte:<br />

Edda Lorna, Telefon: 0421/ 49 19 481, E-Mail: info@edda-lorna.de<br />

Prof. Dr. Hilke Brockmann, Telefon: 0421/ 200-3491, E-Mail: h.brockmann@jacobs-university.de<br />

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Kurzfassung<br />

Anleitung zum Glücklichersein<br />

Nicht für die Schule, sondern für das Leben wollen die Schüler einer 12. Gymnasial-<br />

Klasse lernen: Sie nehmen an dem Experiment „Glücks- und Zufriedenheitsunterricht“<br />

teil.<br />

Sie interpretieren Goethes Faust, berechnen Integrale, beherrschen die Mendel‘schen<br />

Vererbungsregeln und verstehen Shakespeare. Allzu viel Freude haben die wenigsten<br />

Oberstufenschüler daran. Deshalb unternimmt der Sport- und Englisch-Lehrer Michael Jentzsch<br />

jetzt mit seinem Sport-Leistungskurs im zwölften Jahrgang des Bremer Hermann-Böse-<br />

Gymnasiums ein Experiment: Die Schüler bekommen ein sechswöchiges „Glücks- und<br />

Zufriedenheitstraining“, welches es bislang nur in Heidelberg gibt.<br />

Im Frühjahr <strong>2011</strong> war Michael Jentzsch der Kulturmanagerin und Glücks- und<br />

Zufriedenheitstrainerin Edda Lorna begegnet. Sie kamen überein, den Schülerinnen und<br />

Schülern etwas beizubringen, das ihre Lebensfreude steigert. Als Edda Lorna an der Jacobs<br />

University nach wissenschaftlicher Begleitung fragte, stieg Prof. Dr. Hilke Brockmann mit in das<br />

Projekt ein. Sie ist Soziologie-Professorin und forscht schon länger an der Universität zum<br />

Thema Glück. Im Mai <strong>2011</strong> begann das Experiment, das bis zu den Sommerferien dauert.<br />

Wertschätzung und Vertrauen<br />

Wertschätzung für sich und andere, Vertrauen und (Lebens-)Sinngebung sind zentrale Themen<br />

in Lornas Unterricht. Sie möchte erreichen, dass die Jugendlichen herausfinden, was sie<br />

brauchen, um sich gut, zufrieden und glücklich zu fühlen. Sie sollen lernen, sich als<br />

selbstständige Persönlichkeiten zu begreifen, die Entscheidungen treffen, dafür aber auch<br />

Verantwortung übernehmen müssen.<br />

Am ersten Tag des sechswöchigen Trainings hatte Edda Lorna alle anwesenden 17 Schüler dazu<br />

aufgefordert, über jeden Mitschüler auf einem Zettel ein schätzenswerter Charakterzug<br />

aufzuschreiben. So bekam am Ende dieser Übung jeder Schüler jeweils 17 Zettel, auf denen<br />

seine guten Eigenschaften standen. Ein Mädchen berichtete in der nächsten Stunde, es habe<br />

sich die Zettel über das Bett gehängt.<br />

In einem Fragebogen, den Lorna am Anfang des Experiments verteilt hatte, nannten die Schüler<br />

übereinstimmend „Familie und Freunde“ als diejenigen, denen sie vertrauen und von denen sie<br />

sich getragen fühlen. Wie es sich anfühlt, tatsächlich von Freunden gehalten und getragen zu<br />

werden, erlebten die Schüler ein paar Unterrichtsstunden später: Einer von ihnen legte sich auf<br />

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den Boden des Klassenzimmers. Zwölf Mitschüler fassten unter seinen Körper, hoben ihn an<br />

und stemmten ihn schließlich bis über ihre Köpfe.<br />

Wissenschaftliche Begleitung<br />

Um herauszufinden, ob und wie die Schule ihre Schüler glücklicher machen und besser auf das<br />

Leben vorbereiten kann, gab Wissenschaftlerin Brockmann vor Beginn des Experiments<br />

standardisierte Fragebögen aus. Diese Fragebogendaten werden nach Ablauf des Experiments<br />

erneut erhoben. Die Pilotprojektklasse wird dann mit zwei Kontrollklassen verglichen, die kein<br />

Glücks- und Zufriedenheitstraining absolviert haben.<br />

Zusätzlich geben die Schüler der Pilotklasse Speichelproben ab, um zu ermitteln, ob sie im<br />

Verlauf des Projekts lernen, besser mit Stress umzugehen. Im Speichel ist das Stresshormon<br />

Cortisol nachweisbar. Sollten die Cortisolwerte am Beginn des Experiments stärker variieren als<br />

am Ende, könnte das einen Hinweis darauf geben, dass die Jugendlichen gelernt haben, Stress<br />

besser zu verkraften.<br />

www.edda-lorna.de<br />

www.jacobs-university.de/shss/hbrockmann<br />

3.356 Zeichen, Autorin: Ulrike Bendrat<br />

Pressekontakte:<br />

Edda Lorna, Telefon: 0421/ 49 19 481, E-Mail: info@edda-lorna.de<br />

Prof. Dr. Hilke Brockmann, Telefon: 0421/ 200-3491, E-Mail: h.brockmann@jacobs-university.de<br />

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