Analoge Tricktechnik im Zeitalter digitaler Medien - Institut für ...

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06.01.2013 Aufrufe

3. Analyse wie in der realen Welt zu Grunde liegen. Die Beziehung zwischen der erzäh- lenden Vermittlung und der Umgebung des animierten Objekts bezeichnet er dabei als „Fabrikation“ und behauptet, dass es sich dabei um eine erzähleri- sche Vorgehensweise handelt, die eine alternative Auffassung von materieller Existenz erzeugt, indem sie das Erzählerische aus konstruierten Objekten und Umgebungen, natürlichen Formen und Substanzen, als auch die für selbstver- ständlichen betrachteten Elemente des Alltags wiedergibt. Auf gewisse Weise ist es die Wiederbelebung der Materialität für erzählende Zwecke. Jan Svank- majer äußert sich zu diesem Prozess folgendermaßen: „For me, objects are more alive than people, more permanent and more ex- pressive. The memories they possess far exceed the memories of man. Objects conceal within themselves the events they've witnessed; that's why I've sur- rounded myself with them and try to uncover those hidden events and experi- ences, and the relates to my belief that objects have their own passive lives which they've soaked up, as it were, from the situations they've been in, and from the people who have made them.“ 40 Svankmajer beschreibt dies als „magical rite or ritual“. Er projiziert das innere Leben eines Objekts in seine animierten Szenerien. Die Greifbarkeit und Formbarkeit von Ton; die Härte oder das Gewicht von einem Stein; die Zer- brechlichkeit und Glätte von Porzellan; die Farbe und Textur von Textilien; und der physikalische Mechanismus des menschlichen Körpers werden hier- bei zu erzählenden Normen in Svankmajer's Animationen. Die dreidimensio- nale Animation beruht also auf der Komplexität der Materialität. Auch für die aus Amerika stammenden Gebrüder Quay war Svankmajers Ansatz ein wichti- ger Einfluss, den sie bis auf die Spitze führten. Sie re-animierten Materialien, die aller Anschein nach Müll oder tot waren. Eine bedeutende Aussage machte Jonathan Romney: “Quay puppets are not alive but undead; they don't have li- ves but afterlives“ 41 . Eine Aussage, die man auch allgemein auf dreidimensio- nale Animationen anwenden kann. Wenn wir an „untot“ denken, denken wir 40 Zitiert nach Wells, Paul 1998, S. 90. 41 Zitiert nach Wells, Paul 1998, S. 91. 22

3. Analyse an Geister, an Zombies, an Voodoo-Zauber oder auch Vampire. Also an etwas Unheimliches und nicht zuletzt Geisterhaftes und somit an etwas das nicht be- griffen werden kann. Nebenbei bemerkt, ist dies ein Aspekt, weshalb Musik- genres der etwas härteren Gangart, wie etwa „Metal“, oftmals auf derartige Animationen zurückgreifen. Das bisher Betrachtete bestätigt nochmals die Authentizität, die auf der Mate- rialität von Objekten beruht. 3.1.3 Die Hybridisierung von analog und digital Sicherlich gibt es heutzutage verschiedenste Motivationen, um eine Animati- on ausschließlich analog oder digital herzustellen. Ob diese künstlerischer Na- tur sind oder andere Intentionen eine wichtige Rolle spielen, sei an dieser Stel- le offen gelassen. Betrachtet man jedoch die analogen Tricktechniken im Zeit- alter digitaler Medien, so muss klar konstatiert werden, dass in der Praxis eine strikte Trennung von analogen und digitalen Animationen nur in den wenigs- ten Fällen gegeben ist. Vielmehr ist eine Hybridisierung entstanden. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn man sich vor Augen hält, dass die heu- tigen primären Wiedergabegeräte ausschließlich mit digitalen Signalen ge- speist werden. Ob digitales Fernsehen oder Filmmaterial im Internet, alles liegt mittlerweile in digitalisierter Form vor. Entscheidender sind hierbei je- doch die Aufnahmegeräte, die heutzutage in den meisten Fällen auf digitaler Basis funktionieren. Jegliche Bilder - seien es Fotos oder Filmsequenzen – werden aus praktischen Gründen digital aufgezeichnet. Durch das Voran- schreiten der Technologie minimalisiert sich stetig die digitale Kälte in Com- puteranimationen. Texturen werden feiner, die Auflösungen größer. Die Gren- zen zwischen Realität und Synthetik verschwimmen mehr und mehr. Dieser Sachverhalt führt jedoch nicht zur Obsoleszenz der analogen Tricktechniken, wie man meinen möchte. Nein. Vielmehr werden sie neu integriert und fun- gieren unter anderem als mächtiges und vielseitig einsetzbares Stilmittel. Zwar kann man die Tricktechniken theoretisch in traditionelle/analoge Trick- technik, computergestützte Tricktechnik und computergenerierte Tricktechnik aufteilen. In der Praxis müssen die ersten beiden dennoch als „Hybridform“ 23

3. Analyse<br />

wie in der realen Welt zu Grunde liegen. Die Beziehung zwischen der erzäh-<br />

lenden Vermittlung und der Umgebung des an<strong>im</strong>ierten Objekts bezeichnet er<br />

dabei als „Fabrikation“ und behauptet, dass es sich dabei um eine erzähleri-<br />

sche Vorgehensweise handelt, die eine alternative Auffassung von materieller<br />

Existenz erzeugt, indem sie das Erzählerische aus konstruierten Objekten und<br />

Umgebungen, natürlichen Formen und Substanzen, als auch die <strong>für</strong> selbstver-<br />

ständlichen betrachteten Elemente des Alltags wiedergibt. Auf gewisse Weise<br />

ist es die Wiederbelebung der Materialität <strong>für</strong> erzählende Zwecke. Jan Svank-<br />

majer äußert sich zu diesem Prozess folgendermaßen:<br />

„For me, objects are more alive than people, more permanent and more ex-<br />

pressive. The memories they possess far exceed the memories of man. Objects<br />

conceal within themselves the events they've witnessed; that's why I've sur-<br />

rounded myself with them and try to uncover those hidden events and experi-<br />

ences, and the relates to my belief that objects have their own passive lives<br />

which they've soaked up, as it were, from the situations they've been in, and<br />

from the people who have made them.“ 40<br />

Svankmajer beschreibt dies als „magical rite or ritual“. Er projiziert das innere<br />

Leben eines Objekts in seine an<strong>im</strong>ierten Szenerien. Die Greifbarkeit und<br />

Formbarkeit von Ton; die Härte oder das Gewicht von einem Stein; die Zer-<br />

brechlichkeit und Glätte von Porzellan; die Farbe und Textur von Textilien;<br />

und der physikalische Mechanismus des menschlichen Körpers werden hier-<br />

bei zu erzählenden Normen in Svankmajer's An<strong>im</strong>ationen. Die dreid<strong>im</strong>ensio-<br />

nale An<strong>im</strong>ation beruht also auf der Komplexität der Materialität. Auch <strong>für</strong> die<br />

aus Amerika stammenden Gebrüder Quay war Svankmajers Ansatz ein wichti-<br />

ger Einfluss, den sie bis auf die Spitze führten. Sie re-an<strong>im</strong>ierten Materialien,<br />

die aller Anschein nach Müll oder tot waren. Eine bedeutende Aussage machte<br />

Jonathan Romney: “Quay puppets are not alive but undead; they don't have li-<br />

ves but afterlives“ 41 . Eine Aussage, die man auch allgemein auf dreid<strong>im</strong>ensio-<br />

nale An<strong>im</strong>ationen anwenden kann. Wenn wir an „untot“ denken, denken wir<br />

40 Zitiert nach Wells, Paul 1998, S. 90.<br />

41 Zitiert nach Wells, Paul 1998, S. 91.<br />

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