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DER KAISER UNTERHÄLT SICH - FESTLICHE ... - in Laxenburg

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Großmacht dastand, schrieb der Herrscher dem von Gott bewirkten<br />

„österreichischen Wunder“ zu, <strong>in</strong> zuversichtlicher Überzeugung, dass<br />

se<strong>in</strong> Haus unter dem besonderen Schutz der höchsten Macht steht.<br />

Leopold wird als e<strong>in</strong> Mensch geschildert, der Liebenswürdigkeit mit<br />

Würde vere<strong>in</strong>baren konnte, dessen Charme se<strong>in</strong>e Wirkung zeigte,<br />

der aber auch der geheiligten Majestät se<strong>in</strong>es Kaiseramtes den nötigen<br />

Respekt zu verschaffen wusste. Se<strong>in</strong>e erste Gatt<strong>in</strong>, die Spanier<strong>in</strong><br />

Margarita Teresa liebte er von Herzen. Ihr früher Tod traf ihn tief und<br />

er komponierte für die Verewigte e<strong>in</strong>es se<strong>in</strong>er ergreifendsten Werke,<br />

e<strong>in</strong> hervorragend <strong>in</strong>spiriertes und gearbeitetes „Requiem“. Die Herzen<br />

der Beiden hatte zumal die Musik verbunden. In der kurzen Ehe<br />

mit Claudia Felicitas spielte vor allem das geme<strong>in</strong>same Interesse an<br />

der Wissenschaft e<strong>in</strong>e Rolle. Die dritte Ehefrau, die tatkräftige und<br />

robuste Eleonore von Pfalz-Neuburg wurde ihm die darob von ihm<br />

hochverehrte Mutter des Thronfolgers.<br />

All dies Private und Öffentliche, Herrscherliche und Intime machte<br />

diesen Mann aus, der das wohl seltsamste Denkmal, das für e<strong>in</strong>en<br />

Kaiser geschaffen wurde, erhalten hat: auf der untersten Stufe der der<br />

Heiligsten Dreifaltigkeit gewidmeten Pestsäule am Graben <strong>in</strong> Wien,<br />

dem Dank an die Gottheit, dass die furchtbare Krankheit – ja auch<br />

diese wütete <strong>in</strong> Leopolds Regierungszeit – vorübergegangen war,<br />

kniet der Herrscher demütig. Er selbst wollte so dargestellt werden.<br />

Und das entsprach tatsächlich se<strong>in</strong>er Auffassung und se<strong>in</strong>er persönlichen<br />

Frömmigkeit, die sich auch dazu durchr<strong>in</strong>gen konnte, Gott für<br />

die Kalamitäten zu danken.<br />

Dass se<strong>in</strong>e eigene Musik von Zeitgenossen derart charakterisiert wurde,<br />

dass sie Leopold als e<strong>in</strong>en „Schöpfer wohlerfundener melancholischer<br />

Melodien“ nannten – wen mag das verwundern? Auch die großen,<br />

mit Musik gesättigten Feste waren an Österreichs Hof offenbar<br />

von größerer Zurückhaltung geprägt als etwa <strong>in</strong> Versailles, sodass<br />

manche Diplomaten leicht ironisch feststellten: „Man weiß nicht so<br />

recht, ob man sich dabei <strong>in</strong> der Kirche oder doch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ballsaale<br />

bef<strong>in</strong>det. So feierlich geht es da immer und überall zu.“<br />

Trotzdem: der Kaiser und auch se<strong>in</strong>e Gatt<strong>in</strong>nen wussten zu feiern.<br />

Und gemäß habsburgischer Tradition hatte dabei die Musik die vielleicht<br />

wesentlichste Rolle. Leopolds Vorfahren hatten hier schon Bes-<br />

tes geleistet <strong>in</strong> der Organisation der Hofkapelle, Leopold setzte fort<br />

und verbesserte noch – und so wurde Wien damals tatsächlich e<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>ternationales Zentrum der Tonkunst und zumal e<strong>in</strong> Schnittpunkt<br />

der Stile. Der Kaiser hatte viel übrig für die Italiener – se<strong>in</strong> eigener<br />

Musiklehrer war der Veroneser Antonio Bertali gewesen –, aber er<br />

förderte auch den Niederösterreicher Johann He<strong>in</strong>rich Schmelzer,<br />

den Böhmen He<strong>in</strong>rich Ignaz Franz Biber und zuletzt auch noch den<br />

Steirer Johann Joseph Fux. Alle se<strong>in</strong>e Komponisten waren universell,<br />

versorgten ihre Herrschaft mit Tanzmusik und großer Oper ebenso<br />

wie mit ausgesuchtester Kirchen- und Kammermusik. Sie schufen<br />

Feierliches gleichermaßen wie Groteskes, waren neue Klangregionen<br />

erkundende Virtuosen und Philosophen der musikalischen Theorie.<br />

Leopold und se<strong>in</strong>e Gatt<strong>in</strong>nen zeigten sich selbst auf diversen Instrumenten<br />

und im S<strong>in</strong>gen und Tanzen sehr gewandt und traten <strong>in</strong> solchen<br />

Funktionen auf der Bühne, im Konzert oder bei e<strong>in</strong>em Karfreitagsoratorium<br />

auf.<br />

So achtete der Herrscher auf e<strong>in</strong>e ganz bestimmte Art von Kultiviertheit,<br />

wenn es um se<strong>in</strong>e Unterhaltung g<strong>in</strong>g und diese Kultiviertheit<br />

mag er <strong>in</strong> nicht unbeträchtlichem Maße als Gegengewicht zur Unkultiviertheit<br />

politischen Müssens und daraus resultierenden Handelns<br />

empfunden haben. Diese E<strong>in</strong>stellung trug letztendlich die reichsten<br />

Früchte: das <strong>in</strong> vielen Facetten - etwa im architektonischen Ersche<strong>in</strong>ungsbild<br />

vieler Städte und Dörfer hierzulande - noch heute lebendige<br />

barocke Österreich. Durch Leopolds Vorbild wurde dieses geradezu<br />

e<strong>in</strong> Massenphänomen, das die Lebensformen aller gesellschaftlichen<br />

Schichten durchtränkte – den Bauernstand angesichts barocker Dorfkirchen<br />

ebenso wie den Adel mit se<strong>in</strong>en neuen Palais <strong>in</strong> der Stadt und<br />

draußen im freien Land.<br />

Leopolds Regierungszeit war <strong>in</strong> der Tat e<strong>in</strong>e solche voll der Kalamitäten.<br />

Dass es trotzdem nicht verwunderlich ist, dass zwischen all<br />

diesen doch noch Platz blieb für etwas ganz Anderes, für Fest und<br />

Feier – für Kultur höchsten Ranges, das lag <strong>in</strong> Leopolds Amtsverständnis<br />

begründet. Der Herrscher sah es eben als se<strong>in</strong>e Verpflichtung Gott<br />

gegenüber, der ihm aus Se<strong>in</strong>er Gnade <strong>in</strong> dieses Amt gesetzt hatte, und<br />

als Akt der Verantwortung für die ihm von eben diesem Gott Unterstellten,<br />

der vielen Schwierigkeiten Herr zu werden. Die Kultur und

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