06.01.2013 Aufrufe

alisa diering - Lyrik und Lied

alisa diering - Lyrik und Lied

alisa diering - Lyrik und Lied

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ALISA DIERING<br />

Kommentar zu Heinrich Heines „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“<br />

Zusammenfassung<br />

Heinrich Heines Gedicht „Lorelei“ ist nicht nur ein bekanntes Gedicht, sondern vor allem auch,<br />

in der Vertonung von Silcher, ein bekanntes Volkslied. Bei der Sage um die „Lorelei“, die<br />

Heine in seinem Gedicht entfaltet, handelt es sich nicht wirklich um ein „Märchen aus alten<br />

Zeiten“, sondern vielmehr um eine romantische Erfindung durch Clemens Brentano (siehe<br />

Ausführungen zur Quellen <strong>und</strong> Motivgeschichte). Der Stoff wurde auch schon vor Heines<br />

Bearbeitung durch einige Dichter verbreitet, die sich allerdings fast ausschließlich, bewusst oder<br />

unbewusst, auf Brentano beziehen. Allerdings erscheint Heines Version als die bedeutendste,<br />

<strong>und</strong> kaum eine nachfolgende kann unabhängig von ihr betrachtet werden. Mögliche Vorlagen<br />

für Heine sind die Bearbeitungen Graf Otto Heinrich von Loebens, Aloys Schreibers <strong>und</strong><br />

Friedrich Wilhelm Krummachers (unter dem Pseudonym Friedrich Arnuld). Sehr<br />

wahrscheinlich ist auch, dass Heine Brentanos „Godwi“, in dem das „Lorelei“-Motiv das erste<br />

Mal auftauchte, in der Zeit um 1823/24, der Entstehungszeit des Gedichtes, bereits kannte. Auch<br />

wenn einige der Zeitgenossen Heines die Sage bereits seit Brentanos erster Verwendung für eine<br />

alte Volkssage hielten, scheint Silchers Änderung am Heines Text, er benutzt in seiner<br />

Vertonung statt der Wendung „Ein Märchen aus alten Zeiten“ die Steigerung „Ein Märchen aus<br />

uralten Zeiten“, das Missverständnis erst vollkommen zu machen. Denn nicht nur zu Heines<br />

Zeiten, sondern auch heute noch, war <strong>und</strong> ist der Lorelei Felsen in der Nähe von St. Goar ein<br />

beliebtes Ausflugsziel.<br />

Über mögliche biographische Anklänge im Gedicht gibt es sehr unterschiedliche Meinungen, so<br />

sehen einige Quellen Heines unerfüllte Liebe zu seiner reichen Cousine Amalie Heine im<br />

Gedicht niedergeschlagen, andere erkennen seine intensive <strong>und</strong> schwierige Beschäftigung mit<br />

seiner jüdischen Herkunft wieder.<br />

Auch wenn heute Heines Gedicht zu den bekanntesten deutschen Gedichten gehört, begann die<br />

Geschichte der verstärkten Verbreitung des „Buchs der <strong>Lied</strong>er“ „erst nach einem Jahrzehnt: Die


zweite Auflage folgte der ersten von 1827 nach zehn Jahren, dann aber waren weitere Auflagen<br />

jeweils im Abstand von zwei Jahren nötig. Populär ist demnach das Buch der <strong>Lied</strong>er seit dem<br />

Ende der dreißiger Jahre gewesen, also nach dem Versinken der „Kunstperiode“ oder, wie wir<br />

heute sagen, der Goethezeit.“ (#2553, S.41)<br />

1. Überlieferungsgeschichte, Editionsgeschichte<br />

Eine Datierung des Gedichtes auf den Tag ist nicht möglich, es ist aber zusammen mit anderen<br />

Gedichten aus dem Zyklus „Die Heimkehr“ zwischen Januar 1823 <strong>und</strong> März 1824 entstanden,<br />

wahrscheinlich im Sommer oder Herbst 1823 in Cuxhaven oder Lüneburg (#2299, S.203). Es<br />

wurde zuerst am 26.März 1824 im „Gesellschafter“ als Eröffnungsgedicht des Zyklus „Drey <strong>und</strong><br />

dreyzig Gedichte von H. Heine abgedruckt (#3156, S.297)<br />

Die überlieferte Handschrift ist vom 1.Mai 1838 datiert <strong>und</strong> wurde von Heine auf Wunsch für<br />

Alexandre Vattemare in Paris angefertigt. Hier gab er dem Gedicht die Überschrift „Loreley“<br />

(#3156, S. 297) Später band er das Gedicht als II. in den Zyklus „Die Heimkehr“ ein. Diese<br />

Zuordnung bleibt dann auch in allen Auflagen unverändert. Vom Autor selbst mit veranstaltet<br />

wurden das Buch der <strong>Lied</strong>er Auflage 1-13 bei Hoffmann <strong>und</strong> Campe, natürlich der Erstdruck im<br />

Gesellschafter 1824, die erste bis 4. Auflage der Reisebilder, ein Arbeitsexemplar der<br />

Reisebilder der Bibliothèque Nationale, Paris <strong>und</strong> ein Arbeitsexemplar des Buches der <strong>Lied</strong>er<br />

des Heine-Institus, Düsseldorf (#3156, S.291-294).<br />

In der historisch-kritischen Ausgabe von Manfred Windfuhr (Hoffmann <strong>und</strong> Campe) sind<br />

sowohl die Versionen der ersten Drucke, als auch die der Ausgabe letzter Hand nebeneinander<br />

abgedruckt.<br />

Online einsehbare Belege:<br />

Gesellschafter, 26. März 1824 (#3442)<br />

Buch der <strong>Lied</strong>er. Hamburg. 1827, S. 178-179 (#2329)<br />

Buch der <strong>Lied</strong>er. Hamburg. 1837, S. 172-173 (#2330)<br />

Buch der <strong>Lied</strong>er. Amsterdam. 1855, S. 120 (#2326)<br />

Sämmtliche Werke. Bd. 1. Philadelphia. 1855, S. 6 (#2327)<br />

Sämmtliche Werke. Bd. 1. Amsterdam. 1855, S. 6 (#2328)


Sämmtliche Werke. Bd. 1. Philadelphia. 1856, S. 6 (#2319)<br />

Buch der <strong>Lied</strong>er. Heilbronn. 1887, S. 90 (#2322)<br />

Sämtliche Werke. Bd. 1. Leipzig <strong>und</strong> Wien. ca 1893, S.95-96 (#2317)<br />

Buch der <strong>Lied</strong>er. Stuttgart. 1898, S. 113 (#2324)<br />

Buch der <strong>Lied</strong>er. Lahr. 1946, S.113-114 (#2323)<br />

Sämtliche Schriften. Darmstadt. 1968, S. 107 (#2316)<br />

Sämtliche Werke. Bd. 1. München. 1972, S.129-130 (#2320)<br />

Historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke. Bd. 1/1. Hamburg. 1975, S.206, 208 u. 207, 209<br />

(#2321 u. #2331)<br />

Säkularausgabe. Bd. 1. Berlin <strong>und</strong> Paris. 1979, S. 92-93 (#2318)<br />

2. Quellengeschichte, Motivgeschichte<br />

Als besonders interessant erweist sich das Motiv der „Lorelei“ im Gedicht Heines. Es handelt<br />

sich hierbei nicht etwa, wie von ihm im Gedicht impliziert, um eine alte Sage, sondern um eine<br />

romantische Erfindung, die auf Clemens Brentano zurückgeht. Den Loreleifelsen gibt es zwar<br />

tatsächlich, er befindet sich in der Nähe von St. Goar, allerdings rankte sich ursprünglich ein<br />

anderer Volksglaube um ihn <strong>und</strong> sein außergewöhnliches Echo. Verschiedene mittelalterliche<br />

Handschriften belegen, dass man sich den Berg von Zwergen bewohnt dachte <strong>und</strong> diese auch als<br />

Verursacher des Echos galten (#2309, S.170-171). Noch um 1500 wurde von dem Dichter <strong>und</strong><br />

Humanisten Konrad Celtes in seinen „Amores“(#HeiSek40) der einheimische Aberglaube<br />

erwähnt, das dem Loreleifelsen typische Echo würde durch, in den Höhlen des Loreleifelsens<br />

lebende Waldgottheiten oder Zwerge verursacht. Auch Marquard Freher spricht in den<br />

„Origines Palatinae“ von 1612 von Wald- oder Bergnymphen, die als Auslöser des Echos<br />

galten. In der ursprünglichen Sage um den Loreleyfelsen <strong>und</strong> sein außergewöhnliches Echo, ist<br />

weder von einer Bergfrau, noch von einem einzelnen Zwerg oder ähnlichem Wesen die Rede<br />

(#2544, S.82). Zwischen den „Origines Palatinae“ <strong>und</strong> der ersten Loreleydichtung 1801, dem<br />

<strong>Lied</strong> der Violette in Brentanos „Godwi“ (#2299, S.205-206; #2309, S.17), „wird die Sage in<br />

keinem uns bekannten Text erwähnt, weder von Dichtern noch von Sagen- oder<br />

Volksweisensammlern“ (#3157, S.881).<br />

Auch die Herkunft des Namens „Lorelei“ (in verschiedenen Versionen: „Lureley“, „Loreley“,<br />

„Lore-Lay“, „Lore-Ley“, „Lore Lay“, „Lore Lay“, „Lurelei“ u.a.) ist nicht unumstritten. Die


Bedeutung des Wortteils „lei“ ist noch mit großer Einigkeit als „Fels“ oder „Berg“ bestimmt<br />

worden (#3156, S.880; #2309, S. 174), anders verhält es sich mit dem ersten Glied des Namens.<br />

Verschiedene Wortursprünge kommen in Frage, so zum Beispiel „hess.-nass. loren, lurn, lürren,<br />

learn „brüllen (vom Rind), schreien (vom Menschen), laut (<strong>und</strong> ungezogen) weinen, heulen<br />

(vom Wind)“ mit lorr, lürr, M., „lauter Schrei“ <strong>und</strong> dem nach Larjes�Hilarius umgebildeten<br />

lorrjes, M., „Schreier“.“(#2309, S.174). Geht man von dieser Bedeutung als Ursprung aus,<br />

müsste man „Lorelei“ als Ruffelsen übersetzen, <strong>und</strong> findet eine enge Beziehung zum<br />

charakteristischen Echo. Eine andere, ebenfalls auf das Echo bezogenen Übersetzung, ist die des<br />

„Lauerfelsens“. Hier ist nicht etwa ein lauernder Fels gemeint, sondern die Menschen sind es,<br />

die lauern, nämlich auf das Echo des Berges (#3156, S.880). Auch die Bedeutung<br />

„Zwergenfels“ oder „Elfenfels“ ist angenommen worden.<br />

Auch wenn es sich bei der Sage um die „Lorelei“ um keine wirkliche, uralte Sage handelte, war<br />

es auch nicht Heine, der sie erf<strong>und</strong>en hat. Es gibt mehrere Texte, die das Motiv vor Heine<br />

verarbeiteten, wobei einige auch als direkte Anregungen für ihn gedient haben könnten. Mit<br />

Sicherheit lässt sich sagen, dass sich Heines Text auf Brentanos „Godwi“ zurückführen lässt,<br />

denn Brentano gilt als Erfinder der Lorelei Sage, <strong>und</strong> Heine hat seinen Text mit großer<br />

Sicherheit gekannt. Brentano lässt die Figur „Violette“ im „Godwi“ die Geschichte von einem<br />

schönen Mädchen erzählen, dass die Herzen aller Männer verzaubert <strong>und</strong> deswegen der Hexerei<br />

angeklagt ist. Selbst der Bischof, der über sie urteilen soll, verfällt der Schönheit des Mädchens<br />

<strong>und</strong> verurteilt sie statt zum Tode, zu einem Leben im Kloster. Das Mädchen ist allerdings ihres<br />

Lebens überdrüssig, da sie alle Männer unwillentlich verzaubert, aber von dem einen Mann, den<br />

sie liebt, verlassen wurde. Sie stürzt sich auf dem Weg ins Kloster von einem Felsen <strong>und</strong> auch<br />

die drei Ritter, die sie ins Kloster bringen sollten, müssen ihr in den Tod folgen. Aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong>, erzählt das <strong>Lied</strong>, werde seit diesem Tag dieser Felsen nach ihr, der Lore Lay, benannt.<br />

Brentano hat also aus dem „Ruffelsen“ oder „Lauerfelsen“ ein schönes Mädchen gemacht, <strong>und</strong><br />

außerdem, durch die Präsentation in einem Volkslied, eventuell schon den Gr<strong>und</strong>stein für das<br />

Missverständnis gelegt, es handele sich bei der Geschichte tatsächlich um eine alte Sage.<br />

Denn schon 1811 greift Niklas Vogt im „Rheinischen Archiv für Geschichte <strong>und</strong> Literatur“, die<br />

in der Ballade erzählte Geschichte auf, <strong>und</strong> verarbeitet sie (in seinen „Rheinischen Geschichten<br />

<strong>und</strong> Sagen“) als tatsächliche Volkssage. (#2544, S.83). Aloys Schreiber wiederum verleiht der<br />

Sage in seinem „Handbuch für Reisende am Rhein von Schaffhausen bis Holland, in die<br />

schönsten anliegenden Gegenden <strong>und</strong> an die dortigen Heilquellen“ (1818) eine Abwandlung, die


Heine später aufgreift. Er macht aus dem traurigen Mädchen eine Undine, die auf dem Felsen so<br />

w<strong>und</strong>erschön gesungen haben soll, dass alle, die es hörten, davon bezaubert wurden, <strong>und</strong> viele<br />

Seeleute dadurch in den gefährlichen Strudeln in der Nähe des Felsens umkamen (#2309,<br />

S.178). Es ist belegt, dass Heine sowohl die Ausgabe von 1818, als auch die erste Ausgabe von<br />

1816 ausgeliehen hatte, in der allerdings der Nachtrag „Volkssagen aus den Gegenden am Rhein<br />

<strong>und</strong> am Taunus“ noch nicht enthalten war, welcher eine ausführliche Beschreibung der Sage<br />

lieferte. (#3156, S.882-883). Ebenfalls im Anschluss an Brentano schreibt Joseph Freiherr von<br />

Eichendorff eine Lorelei Ballade unter dem Titel „Waldgespräch“ in „Ahnung <strong>und</strong> Gegenwart“,<br />

das 1815 veröffentlicht wurde. Eichendorff bleibt allerdings in seiner Bearbeitung sehr viel<br />

näher an Brentanos Vorlage als Schreiber (#3157, S.885). Ein weiterer Autor der sich des<br />

Lorelei-Motivs vor Heine annimmt, ist Graf Otto Heinrich von Loeben. Er führt 1821 im<br />

Taschenbuch „Urania“ die Sage weiter aus, wobei er sowohl Brentanos, als auch Schreibers<br />

Version der Sage als Vorlage nimmt (#2309, S.183). Sowohl Schreiber als auch Loeben werden<br />

häufig als direkte Anregungen für Heines Ballade genannt. Auch die Bearbeitung des Autors<br />

„Friedrich Wilhelm Krummacher“, unter dem Pseudonym „Friedrich Arnuld“, gilt als mögliche<br />

Inspirationsquelle für Heine (#2310, S.287)<br />

Ein interessanter Text zur Entstehung der Lorelei-Sage ist „Lorelei. Geburt einer Sage“ von<br />

Willy Krogmann (#2309)<br />

Mit Recht lässt sich sagen, dass Heines „Lorelei“-Bearbeitung die Bekannteste der Genannten<br />

ist. Eine Vielzahl von Dichtern nahm sich in der Folgezeit des Stoffes an, jedoch scheint kaum<br />

eine der Bearbeitungen von ihm unabhängig zu sein. (#2547, S.141)<br />

3. Rezeptionsgeschichte<br />

Heinrich Heines Gedicht gehört insofern zu den 100 „wichtigsten“ deutschen Gedichten, dass<br />

es nicht nur überaus häufig in Anthologien abgedruckt wurde, sondern, vor allem auch in seiner<br />

Vertonung durch Silcher, so stark zu deutschem Kulturgut geworden ist, dass sogar die Nazis,<br />

als sie 1933 versuchten die deutsche Kultur von allem Jüdischen zu „reinigen“, an Heines <strong>Lied</strong><br />

scheiterten, <strong>und</strong> es weiterhin in <strong>Lied</strong>erbüchern, mit dem Vermerk, „Musik von Silcher, Dichter<br />

unbekannt“, abdruckten (#2299, S.200).


4. Wissenschaftsgeschichte<br />

Die „Lorelei“ ist ein sehr stark besprochenes <strong>und</strong> auch durchaus kontrovers behandeltes<br />

Gedicht. In diesem Rahmen wird es z.B. als romantisches Volkslied (#2300, #2303), ironische<br />

Romantik-Persiflage (#2314, #2308) oder als Ausdruck von Heines Situation als Jude in<br />

Deutschland (#2550, #2299) gewertet. Die Frage nach der Bedeutung der Ballladenform (#2302,<br />

#2315), bzw. die Infragestellung dieser (#2314), taucht häufiger auf. Heines Zuneigung zu<br />

seiner Cousine Amalie (#2308, #2314, #2308 ) ist ein weiteres Thema, <strong>und</strong> auch das Motiv der<br />

Lorelei wird besprochen. Denn auch wenn hier der historische Hintergr<strong>und</strong> weitgehend<br />

unstrittig ist, scheint die Bedeutung dessen für die Interpretation umstritten zu sein. Manche<br />

Autoren schildern diese Zusammenhänge weitläufig (#2303, #2544), während andere davon<br />

ausgehen, dass dies für die Interpretation eher weniger aufschlussreich ist, oder diese historische<br />

Komponente komplett weglassen. Auch die Zugehörigkeit zu dem Zyklus „Die Heimkehr“<br />

ergibt einen möglichen Interpretationsansatz <strong>und</strong> wird in ihrer Bedeutung beleuchtet (#2311,<br />

#2547, #2550) <strong>und</strong> Heines Beziehung zu Karl Marx wird von Arendt (#2301) aufgegriffen.<br />

Goethes „Der König in Thule“ <strong>und</strong> seine Bedeutung für die „Lorelei“ schildert Beutler in seinen<br />

„Essays um Goethe“ (#2549). Auch spätere Bearbeitungen z.B. durch Müller von Königswinter<br />

(#2547) finden in der Sek<strong>und</strong>ärliteratur im Zusammenhang mit Heines Lorelei Beachtung.<br />

5. Historischer Hintergr<strong>und</strong><br />

Die unsterbliche <strong>und</strong> aussichtslose Liebe Heines zu seiner Cousine Amalie Heine wird häufig<br />

im Zusammenhang mit seinem Gedicht erwähnt. So bemerkt Ursula Jaspersen „Loreley ist die<br />

archetypisch verwandelte Amalie“ (#2308, S. 102), Lentwojt dagegen kritisiert die Flachheit<br />

dieser Feststellung (#2314, S.207) Doch biographisch gesehen kann man auch Heines<br />

Beschäftigung mit seiner jüdischen Herkunft als bedeutsamen Hintergr<strong>und</strong> zur<br />

Gedichtentstehung auffassen. So schreibt Jocelyne Kolb: „Die Frage seiner jüdischen Herkunft<br />

hat Heine zwischen 1822 <strong>und</strong> 1825, der Entstehungszeit der Heimkehr-Gedichte <strong>und</strong> des Rabbi<br />

von Bacherach, intensiv beschäftigt. In Berlin war er Mitglied des Vereins für Cultur <strong>und</strong><br />

Wissenschaft der Juden; in Göttingen ist er dem Antisemitismus der Burschenschaften<br />

ausgesetzt gewesen. Und schließlich ließ er sich im Sommer 1825 mit sehr gemischten<br />

Gefühlen protestantisch taufen, wie die Briefe aus dieser Zeit <strong>und</strong> das Gedicht An Edom (1824)<br />

bezeugen.“ (#2550, S. 62-63)


Auch der Kontakt zu Rahel Varnhagen, Jüdin <strong>und</strong> einflussreiche Goetheverehrerin, prägte<br />

Heines Leben in der Entstehungszeit der Gedichte des „Heimkehr“-Zyklus (#2552, S. 20).<br />

Bemerkenswert ist außerdem die Tatsache, dass Heine die „Lorelei“ in einer Phase höchster<br />

dichterischer Produktivität verfasste. In dem in Frage kommenden Zeitraum, 1823/24,<br />

entstanden insgesamt 88 Gedichte, alle lyrischen Stücke der „Heimkehr“. (#2553, S. 39)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!