Schulblatt AG/SO | 4/2011 6 denKpAUSe In dieser Rubrik äussern sich autorinnen und autoren zu einem Thema ihrer Wahl. – lager! – Kann sich das eine lehrperson noch leisten? Zeit-, Stoff- und administrationsdruck setzen ein Fragezeichen. Doch lager lohnen sich in jeder beziehung, meint Schulblatt-Redaktor christoph Frey. es lohnt sich auf jeden fall Nach rund zwei Jahrzehnten Unterricht hatte ich ein Déjà-vu-Erlebnis. Es war mir, als hätte ich ähnlich sommersprossige Wangen und gekrauste Haare bereits am ersten Tag meiner Lehrerlaufbahn im Schulzimmer gesehen. In der Tat! Am Elternabend durfte ich erstmals ehemalige Schülerinnen und Schüler als Eltern begrüssen. Nach der obligaten Vorstellungsrunde, den üblichen Traktanden und dem Verteilen der wichtigsten Informationen unterhielten wir uns über allgemeine Themen. Unter anderem wurde die Frage aufgeworfen, ob wieder ein Lager durchgeführt werde. <strong>Das</strong> genaue Datum für das Skilager stand bereits fest. «Über das Sommerlager kann ich noch nicht viel sagen», meinte ich. «Wenn wir die nötigen Finanzen zusammenbringen und es die Zeit zulässt, dann sollte dem Lager eigentlich nichts im Wege stehen.» Unvergessliche erlebnisse In einigen Augen leuchtete es gewaltig. «Unsere Lager habe ich nie vergessen», meinte jemand. «Ich möchte, dass mein Kind auch so unvergessliche Erlebnisse mit auf den Lebensweg nimmt», äusserte sich jemand anders. Im Laufe des Elternabends wurden noch einige Geschichten erzählt. Die «<strong>neue</strong>n Eltern» staunten nur so. Die Meinungen waren zu später Stunde gemacht: Die Lager sollen auf jeden Fall stattfinden. Mir wurde an jenem Abend einmal mehr bewusst, wie wichtig Lager sind. Nebst ganz individuellen Erfahrungen der Kinder, beispielsweise dem Umgang mit Heimweh, fremdem Essen, Schlafen im Massenlager, waren die Lager in jeder Hinsicht ein Gewinn. Einmal lernten mich die Kinder von einer ganz anderen Seite kennen. Ich konnte meine Schülerinnen und Schüler genau so anders erfahren. <strong>Das</strong> Leben auf engem Raum, das Fahren in Gruppen, eine Nachtübung im Wald oder der Bau eines Brotbackofens schweisste die Klassen zusammen und zeigte ihnen auf, dass vieles in der Gruppe leichter zu erreichen ist als als Einzelkämpfer. Viel Zusatzarbeit Vor noch nicht allzu langer Zeit wurde das Thema Lager durch einen Tagesschaubericht für mich wieder aktuell. Laut Erhebungen werden immer weniger Skilager durchgeführt, weil scheinbar das Interesse fehlt. Einen Grund für die rückläufige Beteiligung an Skilagern ortet man bei den Kosten für das Lager und die Ausrüstung. Einige Eltern schicken ihre Kinder lieber in die Skischule (Ob das billiger ist?). Im Weiteren sei die starke Beanspruchung in Sachen Vorbereitung und Durchführung von Lagern ein Grund dafür, dass sich Lehrpersonen nicht mehr bereit erklären, Lager zu organisieren und zu leiten. Zudem seien die Ansprüche und damit auch die Verantwortung enorm gestiegen. Auch aus sportlicher Sicht läuten die Alarmglocken. Man fürchtet negative Folgen für den Breiten- und den Spitzensport. Und nicht zuletzt bangen Skiorte um ihre Einkünfte. <strong>Das</strong> Thema Kosten soll hier nur sekundär behandelt werden. Die Möglichkeit der Ski- und Ausrüstungsmiete macht eine Lagerwoche finanziell erträglicher. Da die Schulklassen häufig in der Zwischensaison in die Lager fahren, wäre vielleicht ein Entgegenkommen der Bahnen bei den Abo-Preisen eine Lösung, von der beide Seiten profitieren könnten. Primär geht es mir aber um die Lehrpersonen. Ich verstehe jede Lehrerin und jeden Lehrer, der die zusätzliche Arbeitsbelastung und Verantwortung nicht auf sich nehmen will und kann, obwohl die Vorteile und der Nutzen von Lagern unbestritten sind. Der Forderungskatalog an die Schule wird stetig erweitert. Der Faktor Zeit wird immer zum Damoklesschwert für oder gegen Projekte im grösseren Rahmen. Der mitschwebende Unterton, Lehrpersonen seien einfach zu wenig motiviert, sogar etwas faul, Lager zu leiten, entbehrt meiner Ansicht nach jeder Grundlage und zeigt, dass viele nicht wissen, was neben dem eigentlichen Unterricht an Arbeiten ansteht. Vielleicht ist es eher so, dass «das Fuder» je länger desto mehr überladen ist und man sich ernsthaft überlegen muss, was die Schule noch leisten kann. Meiner Ansicht nach wäre es schade, wenn Lager über die Klinge springen müssten. «Ich möchte, dass mein Kind auch so unvergessliche Erlebnisse mit auf den Lebensweg nimmt!» Dem ist nichts beizufügen. christoph frey, Solothurner SchUlBlAtt-Redaktor
Jürg Parli wünscht allen eine frohe Fasnachtszeit! cARtOOn Schulblatt AG/SO | 4/2011 7