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SBB - Sächsischer Bergsteigerbund

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Todesfälle / Nachrufe<br />

Nekrolog Matthias Gäbler „Jenseits von Vielem“<br />

Mittwoch, der 23.09.2009.<br />

Dieser Mittwoch wiegt schwer, massiv, geradezu bleiern und<br />

dennoch so zerbrechlich.<br />

Gegen 4 Uhr nachts, des 24.09., in der Küche sitzend. Ureigenste<br />

Emotionen, die meinen Gemütszustand ins Diffuse<br />

lenken. Vakuum im Kopf.<br />

Der tragische Tod von Matthias löst Betroffenheit aus. Jenes<br />

unwirklich erscheinende Szenario, zwischen seinen, so<br />

innig geliebten, Halben. Ein Schlussstrich unter dem Leben<br />

eines geradlinigen Menschen, eines Freundes, der viele<br />

andere Menschen durch sein Charisma in Faszination hielt<br />

und hält. Sein Facettenreichtum, der von grafischer Darstellung bis zu seinem Steckenpferd,<br />

dem Spiel mit Worten, reichte. Und natürlich seine Lieblingsbeschäftigung,<br />

im Dialog mit dem Stein. Den Felsen, auf verschiedenen Kontinenten, die er<br />

besuchte. Klettern war für ihn das Zusammenspiel aus Natur und Bewegung. Das<br />

Einfließen denkerischer Prozesse, die persönlich, zeitgeschichtlich, philosophisch –<br />

surreal im Kontext mit seinen begangenen Wegen stehen. Eine naturelle Form der<br />

Hedonischen Tretmühle. Ein Übungsquergang durch die Gezeiten seines Schaffens.<br />

Als wir uns Anfang der neunziger Jahre näher kennen lernten – wir waren uns schon<br />

vorher begegnet –, tauchte ich in die Welt eines Mannes, wie ich einen solchen<br />

bisher noch nicht kennen gelernt hatte. Er ließ sich nicht mit herkömmlichen, zeitgemäßen<br />

Maßstäben messen. Kein Schema, in welches man ihn hätte pressen können.<br />

Ein Unikum. Ein lebendes Fossil, das durch seine querdenkerische Art aus dem<br />

Rahmen fiel. Der Gedankenaustausch, der entstand, dieses auf der Suche sein, um<br />

das Besondere im Allgemeinen zu finden. Frei nach dem Credo: „Ich lebe in einer<br />

Welt, die in mir ist.“<br />

Unsere gemeinsamen Reisen, in die Staaten, nach Asien, in Europa, um auf Entdeckungsreise<br />

zu gehen, bleiben in wacher Erinnerung.<br />

Im Jahr 2000 intensivierten wir unser Schaffen an den heimischen Felsen. Stein &<br />

Flöte, Begeisterung, Der Wolkenzähler, Im Regenbogenpalast zählen zu den ersten<br />

Touren dieser Etappe. Seit 2003 entstanden etwa 400 Neutouren. Ein Weg durchs<br />

Nimmerland, mit aha-Erlebnis. Der Traumfänger im Nightswimming unterm Blätterdach.<br />

Auf der Jagd ohne Ende nach dem Kleinod in einer Goldenen Zeit. Im Morgenlicht<br />

mit Inner Drive in einem Penthouse die Freiheit Nr. 55 genießen. Die Partikuläre<br />

Vision eines Neo-Romantikers ohne Lobby. Eine Homepage vom Portal der Sinne, in<br />

dem Pop-Art, Kinski, Klingsors letzter Sommer und Georg Orwells Farm der Tiere zu<br />

finden sind. Burn your bridges down!<br />

Mit Matthias ist mir ein Mensch, ein Freund, förmlich entschwunden, der mir weiter<br />

innewohnt. Stetig, gerade, aufrichtig. Der sein Zeitfenster nach eigenem Gusto gestaltete.<br />

Der mich in unendlicher Geduld bei den schweren Touren unterstützte.<br />

Ich vermisse ihn sehr.<br />

Thomas Willenberg<br />

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