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SBB - Sächsischer Bergsteigerbund

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Am Cerro Norte<br />

können. Am Ende der Rinne erwartet uns<br />

eine einfache Querung zum Gipfelpilz, jedoch<br />

trifft uns hier oben der Sturm wieder mit voller<br />

Wucht. Der steile Gipfelaufschwung erfordert<br />

die letzten Kraftreserven. Gegen<br />

20 Uhr stehen wir glücklich auf dem Cerro<br />

Moyano. Schnell schießen wir einige Fotos<br />

und steigen ab, um den Beginn der Eisrinne<br />

vor der hereinbrechenden Nacht zu finden.<br />

Schon beim Aufstieg hatten wir die Route mit<br />

Abalakov-Eissanduhren versehen, um beim<br />

Abseilen nicht unnötig Zeit zu verlieren. Gegen<br />

ein Uhr nachts erreichen wir zufrieden<br />

die Schneehöhle.<br />

Der nächste Tag bringt traumhaftes Wetter,<br />

doch unsere Ambitionen auf einen leichten<br />

Gipfel in der Nähe verwerfen wir zugunsten<br />

eines Ruhetages. Mit den schwindenden Essensvorräten<br />

beschließen wir, die Gruppe zu<br />

teilen. Während Markus und Benno für Nachschub<br />

sorgen, wollen Paul und ich das obere<br />

Rio Norte-Tal erkunden und ein erstes<br />

Materialdepot einrichten. Der canyonartige<br />

50<br />

Bergsteigen in Patagonien<br />

Unterlauf, den wir als Zustieg vom Rio Moyano<br />

zum oberen Tal favorisieren, zeigt uns jedoch<br />

gleich zu Beginn die Zähne. Meterhohes<br />

Gebüsch, der tief in den Fels eingeschnittene<br />

Fluss und so manche Steilstufe versperren<br />

uns den Weg. Später öffnet sich das Tal<br />

und gibt den Blick auf alte Baumleichen eines<br />

Jahrzehnte zurückliegenden Waldbrandes<br />

frei. Auch der Cerro Norte mit dem zentralen<br />

Couloir, welches die gesamte Nordwand<br />

durchzieht, zeigt sich nun zum ersten<br />

Mal. Nach zwei Tagen kehren Markus und<br />

Benno mit Vorräten zurück und nach gemeinsamem<br />

Aufstieg ins obere Norte-Tal lagern<br />

wir an einer kleinen paradiesischen Lagune,<br />

umgeben von knorrig gewachsenen Südbuchen.<br />

Der dreistündige Weg zum Hochlager<br />

führt über Moränen und einen zerrissenen<br />

Gletscher hinauf bis direkt an den Fuß des<br />

markanten Couloirs.<br />

Von dort aus starten wir am nächsten Tag<br />

um drei Uhr. Im Schein der Stirnlampen steigen<br />

wir zügig die Firn- und Eisrinne hinauf.<br />

Nur selten übersteigt die Hangneigung die<br />

60 °, sodass wir großteils seilfrei gehen können.<br />

Mit dem Sonnenaufgang erreichen wir<br />

den oberen Teil der Rinne und uns begrüßen<br />

in der Ferne Fitz Roy und Co. Am Ausstieg<br />

des Couloirs wird der Blick auf das riesige<br />

Inlandeis und unseren Weiterweg freigegeben.<br />

Erschrocken müssen wir feststellen,<br />

dass der Hauptgipfel wesentlich weiter<br />

entfernt liegt als vermutet. Uns trennt ein<br />

unübersichtlicher, endlos erscheinender Grat.<br />

Aufgrund des guten Wetters und der ausreichenden<br />

Zeitreserven machen wir uns auf<br />

den ungewissen Weiterweg. Es wechseln<br />

sich lange Traversen auf schneebedeckten<br />

Bändern, Abseilstrecken, schwieriges Mixed-<br />

Gelände und Eispassagen ab. Vom Gipfel<br />

trennen uns nur wenige Meter, als wir die<br />

heranrollende Schlechtwetterfront über dem<br />

Inlandeis erblicken und uns schlagartig mulmig<br />

wird. Wir legen einen Gang zu und erreichen<br />

gegen 17 Uhr, schlappe 11 Stunden<br />

nach dem Ausstieg aus dem Couloir, erleichtert<br />

und froh den Gipfel. Nur wenige Minuten<br />

verbringen wir auf dem Cerro Norte. Das

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