SBB - Sächsischer Bergsteigerbund
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Auf der Suche nach einem gemeinsamen<br />
Kletterziel werfe ich in die Runde, dass mich<br />
Neuseeland interessieren würde. Daraufhin<br />
antwortet mir Paul: „Nach Neuseeland können<br />
wir fahren, wenn wir alt sind ...“ Gemeinsam<br />
mit Markus einigen wir uns daraufhin<br />
schnell auf Patagonien mit seiner wilden und<br />
abweisenden Felslandschaft und begeben<br />
uns auf die Suche nach lohnenswerten Bergzielen.<br />
Auch Benno, einen eingefleischten<br />
Bayern, können wir mit unserem Vorhaben<br />
anstacheln, uns auf dem zweiten Teil der<br />
Reise zu begleiten.<br />
Anfang Februar fliegen wir also nach Argentinien,<br />
genauer nach El Calafate. Schon auf<br />
der Busfahrt nach El Chaltén überragt der<br />
berühmte Fitz Roy die karge Landschaft. In<br />
Vorbereitung auf unsere geplante Tour im<br />
Cordón Moyano, einem Bergmassiv gut<br />
50 km südlich von El Chaltén, steht zunächst<br />
die Besteigung der Aguja Poincenot auf dem<br />
Programm.<br />
Um das traumhafte Wetter zu nutzen, brechen<br />
wir sofort ins Lager Rio Blanco auf und<br />
richten uns am nächsten Tag im Hochlager<br />
am Paso Superior gemütlich in eine der freien<br />
Schneehöhlen ein. Noch am Abend genießen<br />
wir den atemberaubenden Blick auf<br />
Fitz Roy und Poincenot. Drei Uhr in der Früh<br />
brechen wir vom Camp Richtung Gipfel auf.<br />
Etwa zwei Stunden später erreichen wir den<br />
Bergschrund am Fuße der Ostwand. Als wir<br />
uns auf den ersten Metern der nun folgenden<br />
Firnrampe befinden, geht die Sonne auf<br />
und uns begrüßt ein herrlicher Tag. Nach sieben<br />
Seillängen im Firn erreichen wir die<br />
Schlüsselstelle. In einem Mix aus Fels und<br />
Eis steigen wir die folgenden zwei Längen<br />
motiviert zur Kante empor. Nach kurzem<br />
Quergang folgen acht weitere Seillängen im<br />
Zickzack links der Kante. Die Kletterei im Fels<br />
übersteigt nicht den fünften Grad, doch die<br />
Schneeauflagen und kurze knackige Passagen<br />
erfordern Konzentration. Nach nur fünf<br />
Tagen in Patagonien beglückwünschen wir<br />
uns kurz vor 14 Uhr auf einem der eindrucksvollsten<br />
patagonischen Gipfel: „Berg Geil!“.<br />
Der Blick auf das scheinbar endlose Inlandeis,<br />
48<br />
Bergsteigen in Patagonien<br />
auf Cerro Torre und Co. fesselt uns eine halbe<br />
Ewigkeit.<br />
Die Besteigungsversuche von Fitz Roy und<br />
Aguja Guillaumet in den folgenden Tagen<br />
enden im Sturm und zeigen uns das andere<br />
Patagonien, das stürmische und unberechenbare.<br />
Das anhaltend schlechte Wetter<br />
verschafft uns genügend Zeit, unsere eigentlichen<br />
Bergziele vorzubereiten. Neben der<br />
Beschaffung von Vorräten für knapp drei<br />
Wochen und dem Transport in das abgelegene<br />
Gebiet am Südwestufer des Lago Viedma<br />
stehen uns zähe Verhandlungen mit dem<br />
Nationalparkbüro hinsichtlich eines Permits<br />
bevor.<br />
Mit der Ankunft Bennos und der Aussicht auf<br />
besseres Wetter können wir endlich durchstarten.<br />
Keine drei Stunden später wird unsere<br />
Euphorie abrupt ausgebremst, als das<br />
Auto von Indio ganz unvermittelt auf gerader<br />
Strecke die Hufe hochreißt. Mitten im Nirgendwo<br />
und bei anhaltendem Nieselregen<br />
sind wir froh, ausreichend Verpflegung und<br />
heißen Mate-Tee dabeizuhaben. Noch am<br />
Abend kommt uns Diego entgegengefahren.<br />
Er ist der Verwalter der Estancia Helsingfors<br />
am Ende der Welt und unser Informant in<br />
Sachen Bergbesteigungen in der Region.<br />
Von ihm stammt unser erstes Fotomaterial<br />
für die beiden Bergziele Cerro Moyano und<br />
Cerro Norte. Die knapp 3000 m hohen Gipfel<br />
flankieren das Inlandeis und wurden bisher<br />
nur äußerst selten besucht. Der kleinere<br />
Cerro Moyano (2720 m) wurde 1976 erstbestiegen<br />
und seither ist keine weitere Begehung<br />
bekannt. Der höhere Cerro Norte (2950<br />
m) wurde erstmals 1970 bezwungen und<br />
zählt seitdem nur eine Handvoll Besteigungen.<br />
Nicht zuletzt ihre Abgeschiedenheit ist<br />
der Grund weshalb uns die beiden Berge in<br />
ihren Bann gezogen haben.<br />
Ausgerüstet mit Vorräten für eine Woche und<br />
komplettem Klettergerassel verabschieden<br />
wir uns von der Estancia. Schon nach wenigen<br />
Stunden endet der schmale Pfad und wir<br />
kämpfen uns bei Regen durch dichtes Buschwerk<br />
und queren reißende Flüsse. Neun<br />
Stunden quälen wir uns und verfluchen nicht