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SBB - Sächsischer Bergsteigerbund

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Die Natur „dopt“ ihre Wesen selber<br />

Anmerkungen zur Bergleidenschaft<br />

Die die Felsen emporschlängelnden Spitzenkletterer,<br />

deren grazile Töchter, die<br />

Großväter und Mütter, alle, auch die, die<br />

wandernd in die Berge ziehen, haben es<br />

an sich selbst erfahren: einmal in den Bergen,<br />

immer in den Bergen! Immer wieder<br />

fragen wir uns, was es nur ist, was uns in<br />

den Bergen derart anrührt? Welche Macht<br />

fesselt, verzaubert, ergreift, bewegt, verwandelt,<br />

packt uns, zwingt uns in den<br />

Bann?<br />

Die zumeist monetär geprägte Journaille<br />

erfand dafür ihre bekannten Schlagzeilen,<br />

die vom Schinden über das Durchhalten,<br />

Überwinden, Siegen, den Todestrieb und<br />

die schöne Fernsicht bis zur Ruhmsucht<br />

reichen. Es gibt aber keine Bergsportler,<br />

die sich nach dem Tode sehnen oder wegen<br />

der Fernsicht auf Felsen klettern! Da<br />

dürften sich ja Kletterwände in Schwitzhallen,<br />

Flussbefestigungsmauern, Brückenpfeiler<br />

und Kletterbögen keinerlei Beliebtheit<br />

erfreuen. Auch dass wir Menschen die<br />

Selbstschinderei der Schinderei wegen lieben,<br />

trifft ausschließlich auf Kranke zu.<br />

Die Echten unter den Kletterern bringen<br />

das sportliche Tun, die außergewöhnliche<br />

Leistung in luftiger Höhe, das Überwinden<br />

der Angst, den praktizierten Gemeinschaftssinn,<br />

das Naturerlebnis und was<br />

weiß ich zur Sprache.<br />

Bei allen Antworten stehen wir immer<br />

wieder vor Teilen, Spezialitäten; es fehlt<br />

ihnen die synthetisierende Essenz, die alles<br />

auf den Punkt bringt.<br />

Ein bekannter Extremalpinist äußerte<br />

einmal vor dreißig Jahren, dass eine am<br />

Berg erlebte Grenzsituation eine Erkenntnis<br />

vermittelt, die zwar im Unterbewusstsein<br />

verbleibt, aber so wichtig ist, dass man<br />

das diese Erkenntnis auslösende Erlebnis<br />

42<br />

Die Glosse<br />

wiederhaben möchte. Heute wird diese<br />

präzise Beobachtung von der Gehirnforschung<br />

modifiziert bestätigt.<br />

Stark vereinfacht lässt sich sagen, dass immer<br />

„bei Ereignissen oder Verhaltenssequenzen,<br />

die ein Resultat liefern, das besser<br />

als erwartet ausfällt“ das bei uns im<br />

Gehirn vorhandene, biochemisch wirkende<br />

Dopaminsystem in Gang gesetzt wird.<br />

Dopamin heißt ein Botenstoff im Gehirn der<br />

u. a. für die Ausschüttung opiatähnlicher<br />

Stoffe zuständig ist. Und was macht dieses<br />

„Hirnopium“ mit uns? Es versetzt uns<br />

in gute Laune, wir fühlen uns super drauf,<br />

es BELOHNT uns mit SPASS! Hinzu<br />

kommt, dass wir uns die Erkenntnis bzw.<br />

die Verhaltenssequenz, die mit dem<br />

SPASS verküpft ist, besonders gut merken<br />

können. Auch „wurde nachgewiesen, dass<br />

nicht der Absolutwert dieser Belohnung von<br />

Bedeutung ist, sondern ausschließlich deren<br />

Unerwartetheit“. (siehe Manfred SPIT-<br />

ZER, 2007; Buch „Lernen“)<br />

Also bieten nicht nur die Grenzerfahrungen<br />

der sportlich Extremen, sondern auch<br />

die weniger hoch angebundenen Erfahrungen<br />

der „Kleinbrötchenbäcker“, vielleicht<br />

die Bewältigung des Einstiegsüberhanges<br />

am Rauschenstein-Neuberweg, der erste<br />

Anblick des Teufelsturms, eine wache Sternennacht<br />

oder der uns geltende Blick einer<br />

attraktiven Person den BESSER-ALS-<br />

ERWARTET-Effekt und damit das gute<br />

Gefühl, das uns erfreut und das wir unterbewusst<br />

immer wieder herbeiwünschen.<br />

Als der Homo sapiens seinerzeit während<br />

der Nahrungssuche nach tagelangem<br />

Grünfutter rote, süße Beeren kostete und<br />

der Spitzenkletterer Richter zum ersten Mal<br />

die „Schmale Wand“ unter sich ließ, hatte<br />

das positive Konsequenzen: Es wurde

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