SBB - Sächsischer Bergsteigerbund
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kein Grab haben – hier können wir ihnen<br />
nahe sein, wenn wir das wollen. Wir haben<br />
das Ehrenmal auf der Hohen Liebe inmitten<br />
unserer Heimatberge.<br />
Wir besuchen unsere Toten in Gedanken,<br />
sprechen mit ihnen und lassen sie zu uns<br />
sprechen. Wir fragen sie, was sie uns jetzt in<br />
einer bestimmten Situation empfohlen hätten,<br />
wie hätten sie sich in einem Streitfall<br />
verhalten, welche Dinge waren ihnen wichtig?<br />
Deshalb sollte das Totengedenken nicht<br />
mit der Beisetzung oder dem Totensonntag<br />
vorüber sein.<br />
Durchstöbere ich einen Nachlass eines Bergfreundes,<br />
kommen viele Gedanken und<br />
Ideen wieder hoch. Ich erfahre noch viel über<br />
den Freund, manches davon habe ich vielleicht<br />
noch gar nicht gewusst. Was hat er gesammelt,<br />
wofür hat er gekämpft? Ich gerate<br />
immer tiefer hinein, lese in den Büchern oder<br />
dem Bergfahrtenbuch des Freundes. Dazu<br />
fallen mir wieder Episoden ein und ich erzähle<br />
sie den Bergfreunden.<br />
Wenn wir in der Vergangenheit stöbern, merken<br />
wir, was uns auch selbst wichtig ist, was<br />
wir weitertragen möchten. Auch die Jungen<br />
und Jüngsten hören aufmerksam zu, sind<br />
begierig zu erfahren, wie sich das eine oder<br />
andere vor Zeiten zugetragen hat. Dabei wird<br />
immer wieder ein Stück bisher ungeklärte<br />
Vergangenheit, auch eigene, verarbeitet.<br />
Als ich als junger Mann zu den Bergfinken<br />
kam, gab es keine Liederbücher. Ein Berg-<br />
Totenehrung Hohe Liebe<br />
fink schenkte mir ein abgegriffenes Liederbuch<br />
mit zahlreichen Randnotizen von einem<br />
verstorbenen Sangesfreund, noch dazu kein<br />
ganz unbekannter. Ich war sehr stolz. Die<br />
persönlichen Dinge unserer toten Bergfreunde<br />
weiter zu nutzen, ist nicht pietätlos. Diese<br />
Abzeichen, Biergläser, Bücher oder auch<br />
Kleidungsstücke tragen mit zum Andenken<br />
und Gedenken bei.<br />
Rituale sind ein Teil unserer Wurzeln, zu denen<br />
wir immer zurückkehren können. Meist<br />
kehren wir dann zurück, wenn es uns gerade<br />
nicht so gut geht. Wurzeln sind genauso wichtig<br />
wie die Flügel. Die Flügel bringen uns die<br />
Berge hoch, bringen uns in die weite Welt,<br />
liefern uns die Erfolge. Die Wurzeln bringen<br />
uns zurück, geben uns Halt. Vielen wurden<br />
die Wurzeln in jungen Jahren gegeben. Andere<br />
haben sie durchtrennt oder sie sind für<br />
eine gewisse Zeit der Meinung, dass sie keine<br />
Wurzeln brauchen. Die Welt ist so groß,<br />
dass man eigentlich nur Flügel braucht?<br />
Doch irgendwann wollen die meisten sich<br />
doch wieder einfangen lassen vom vertrauten<br />
Wurzelwerk aus heimischer Berggemeinschaft.<br />
Die vielen Klubs, die Chöre, die kleineren<br />
und größeren Gruppierungen in unserem<br />
Bund – sie alle sind das Wurzelwerk, das<br />
uns hält und wie einen Hang vor dem Abrutschen<br />
bei Unwetter bewahrt.<br />
Lasst uns dieses Wurzelwerk noch fester<br />
knüpfen, damit es auch größeren Unwettern<br />
trotzen kann.<br />
Stefan Jacob<br />
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