Akzente 11_05.indd - Nordzucker AG
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10 I<br />
Aktuell I <strong>Akzente</strong> November 2005<br />
Welches EU-Land stimmt<br />
mit wie viel Gewicht?<br />
Neues EU-Abstimmungsprocedere<br />
bei der ZMO-Reform<br />
Die Verabschiedung der künftig geltenden<br />
Zuckermarktordnung steht an.<br />
Während Entscheidungstermin und<br />
endgültiger Inhalt offen sind, ist der<br />
Weg durch die EU-Instanzen klar<br />
geregelt. Nach Artikel 37 Absatz 2 des<br />
EG-Vertrages werden Verordnungen<br />
für die gemeinsame Agrarpolitik der<br />
Gemeinschaft durch den Rat mit<br />
qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag<br />
der Kommission und nach Anhörung<br />
des Europäischen Parlaments erlassen.<br />
Aus dieser Vorschrift ergibt sich für<br />
die Verabschiedung der ZMO-Reform<br />
folgender Verfahrensablauf:<br />
1. Die EU-Kommission unterbreitet<br />
dem EU-Parlament einen Vorschlag<br />
zur zukünftigen Zuckermarktordnung.<br />
Dieser Verordnungsvorschlag liegt seit<br />
dem 22. Juni 2005 vor und sieht eine<br />
Kürzung des Rübenmindestpreises von<br />
42 Prozent und eine Kürzung des<br />
Zuckerpreises um 39 Prozent gegenüber<br />
dem heutigen Niveau vor.<br />
2. Das EU-Parlament nimmt Stellung<br />
zu dem Vorschlag. Dieser Beschluss des<br />
Parlaments wird gemäß Artikel 198 des<br />
EG-Vertrages mit der absoluten Mehrheit<br />
der abgegebenen Stimmen gefasst.<br />
Zwischenzeitlich hat das Parlament, trotz<br />
eindringlicher Appelle der Kommission,<br />
die Arbeiten zu beschleunigen, angekündigt,<br />
seine Stellungnahme erst im<br />
Januar 2006 abgeben zu wollen. Da<br />
der Europäische Rat ohne Stellungnahme<br />
des Parlaments die Verordnung zur<br />
Zuckermarktordnung nicht beschließen<br />
kann, ist mit einer Beschlussfassung über<br />
die zukünftige Zuckermarktordnung<br />
vor dem Beginn der WTO-Verhandlungen<br />
in Hongkong, die im Dezember<br />
2005 stattfinden, nicht zu rechnen.<br />
ZMO-Reform braucht<br />
qualifizierte Mehrheit<br />
Stefan Mühl,<br />
Justitiar (li.),<br />
Thomas Graf, Marktordnungsfragen<br />
3. Der EU-Ministerrat erlässt, wenn die<br />
Stellungnahme des Parlaments vorliegt,<br />
die neue Verordnung zur Zuckermarktordnung.<br />
Voraussichtlich wird dies wegen<br />
der erst im Januar 2006 zu erwartenden<br />
Stellungnahme des Parlaments nicht<br />
vor Februar 2006 möglich sein. Gemäß<br />
Artikel 37 Absatz 2 des EG-Vertrages ist<br />
die zukünftige Zuckermarktordnung<br />
durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit<br />
zu beschließen, wobei Artikel 205<br />
des EG-Vertrages regelt, welche Hürden<br />
der Rat im einzelnen zu nehmen hat.<br />
Die qualifizierte Mehrheit im Rat ist<br />
erreicht, wenn:<br />
• Die Mehrheit der Mitgliedstaaten<br />
dem Reformvorschlag zustimmt und<br />
gleichzeitig<br />
• mindestens 232 von insgesamt 323<br />
Stimmen im Rat der neuen Verordnung<br />
zustimmen. Dies entspricht einer Mehrheit<br />
von 72,3 Prozent aller Stimmen im Rat der<br />
Europäischen Union. Die 25 Mitgliedsstaaten<br />
der Europäischen Union verfügen –<br />
ähnlich wie im Bundesrat der Bundesrepublik<br />
Deutschland – über unterschiedliche<br />
Stimmgewichte im Rat. Die Stimmenverteilung<br />
berücksichtigt zwar die Größe<br />
der Mitgliedsländer, entspricht aber nicht<br />
dem genauen Bevölkerungsverhältnis.<br />
So verfügt zum Beispiel die Bundesrepublik<br />
Deutschland mit 29 Stimmen<br />
im Rat über genauso viele Stimmen wie<br />
Frankreich, obwohl in Deutschland etwa<br />
23 Millionen EU-Bürger mehr leben als<br />
in unserem westlichen Nachbarland.<br />
(Zur Verteilung aller Stimmen des Rates<br />
auf die einzelnen Mitgliedsstaaten der<br />
EU vergleiche Tabelle Stimmverteilung).<br />
• Darüber hinaus kann ein Mitgliedstaat<br />
fordern, dass überprüft wird, ob<br />
durch die befürwortenden Stimmen<br />
mindestens 62 Prozent der Gesamtbevölkerung<br />
der EU vertreten werden.<br />
Ist das nicht der Fall, gilt der Beschluss<br />
als abgelehnt.<br />
Kleinere EU-Staaten werden gestärkt<br />
Zum besseren Verständnis des Abstimmungsprocederes<br />
ist auf die seit dem<br />
01. November 2004 geltende Stimmenverteilung<br />
im Rat auf die einzelnen<br />
Länder einzugehen (vgl. Tabelle). Diese<br />
Gewichtung der Stimmen im Rat gilt<br />
gemäß Artikel 12 der EU-Beitrittsakte<br />
nach der Aufnahme von Tschechien,<br />
Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn,<br />
Malta, Polen, der Slowakei und<br />
Slowenien. Die bevölkerungsreichen<br />
Staaten der EU haben im Europäischen<br />
Rat je 29 Stimmen: Deutschland (83<br />
Mio. Einwohner), Frankreich (60 Mio.),<br />
Großbritannien (59 Mio.) und Italien<br />
(57 Mio.) Mittelgroße Länder wie Polen<br />
(38 Mio.) und Spanien (42 Mio. Einwohner)<br />
haben mit je 27 Stimmen im Rat<br />
nur zwei Stimmen weniger als die vier<br />
deutlich bevölkerungsreicheren Länder.<br />
Grundsätzlich stärkt die geltende Stimmverteilung<br />
bevölkerungsschwächere<br />
EU-Staaten und schwächt den Einfluss<br />
bevölkerungsstarker Mitgliedsstaaten.<br />
So können kleinere Länder zum einen<br />
durch ihr im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße<br />
stärkeres Stimmengewicht<br />
leichter eine Sperrminorität zustande<br />
bringen. Eine Sperrminorität liegt dann<br />
vor, wenn von den 321 Stimmen im<br />
Rat genau 90 Stimmen gegen einen<br />
Vorschlag der Kommission abgegeben<br />
werden. In diesem Fall würde zwar mit