MünchnerUni.Magazin - Ludwig-Maximilians-Universität München
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<strong>MünchnerUni</strong>.<strong>Magazin</strong><br />
Zeitschrift der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong> #03/2002<br />
PRO & CONTRA<br />
BRAUCHEN<br />
LEHRER EINE<br />
UNIVERSITÄRE<br />
AUSBILDUNG?<br />
PROFILE<br />
EHREN-<br />
PROMOTION<br />
FÜR MARCEL<br />
REICH-<br />
RANICKI<br />
NEUES FORSCHUNGSPROJEKT<br />
DIE NS-GESCHICHTE<br />
DER LMU<br />
STUDIUM<br />
ENSEMBLES<br />
VON BACH<br />
BIS BEAT<br />
LMU
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
Rektorat der<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> (LMU)<br />
<strong>München</strong><br />
Redaktion<br />
Kommunikation und Presse<br />
Cornelia Glees-zur Bonsen (gl)<br />
(Leitung)<br />
Ortrun Huber (oh)<br />
(stellv. Leitung)<br />
Karnik Gregorian (kg)<br />
Thomas Pinter (thp)<br />
(Online-Redakteur)<br />
Susanne Wedlich (suwe)<br />
Mitarbeit<br />
Manuela Baldauf (mb)<br />
Luise Dirscherl (dir)<br />
Eva Kittel (ki)<br />
Stefanie Zuk (zuk)<br />
Geschwister-Scholl-Platz 1<br />
80539 <strong>München</strong><br />
fon: +49 (0) 89 2180-3423<br />
fax: +49 (0) 89 33 82 97<br />
mum@lrz.uni-muenchen.de<br />
www.lmu.de/presse/mum<br />
Bildredaktion<br />
Angelica Fuss (af)<br />
Designkonzept und Layout<br />
HAAK & NAKAT<br />
www.haak-nakat.de<br />
Distribution<br />
Mathias Schiener<br />
Druck<br />
Color-Offset GmbH<br />
Geretsrieder Straße 10<br />
81379 <strong>München</strong><br />
Titelseite<br />
Die LMU vor 1944<br />
Quelle: Stadtarchiv <strong>München</strong>
EDITORIAL<br />
Die <strong>Universität</strong>en stehen im<br />
Wettbewerb um Studierende<br />
und Wissenschaftler und<br />
benötigen die besten zur Verfügung<br />
stehenden Kräfte beiderlei<br />
Geschlechts, um in Lehre,<br />
Wissenschaft und Forschung<br />
national und international<br />
führend zu sein. Zur Sicherung<br />
der hohen Qualität in der Lehre<br />
werden zunehmend Eignungsfeststellungsprüfungen<br />
vor<br />
Beginn des Studiums diskutiert.<br />
Um das Abitur als Hochschulzugangsberechtigung<br />
nicht abzuwerten,<br />
bietet sich in weniger<br />
nachgefragten Studiengängen<br />
auch eine Prüfung innerhalb des<br />
ersten Fachsemesters an, um die<br />
Leistungsanforderungen des<br />
gewählten Faches zu verdeutlichen<br />
und interessierte Studierende<br />
zu motivieren.<br />
Ein breites Lehrangebot mit<br />
moderner Ausrichtung und<br />
Berücksichtigung von Grenzbereichen<br />
lässt sich gerade an einer<br />
<strong>Universität</strong> mit einem so enorm<br />
breiten Fächerspektrum wie an der<br />
LMU verwirklichen. Interfakultativ<br />
angebotene Lehrveranstaltungen<br />
setzen eine interfakultative Forschung<br />
voraus, die in starken<br />
Netzwerken organisiert ist.<br />
Das nach dem bewährten<br />
Muster des Center for NanoScience<br />
(CeNS) neu eingerichtete<br />
GeoBioCenter fördert neben der<br />
interdisziplinären Forschung und<br />
Lehre auch den Wissenstransfer in<br />
den Bereichen der Naturwissenschaften<br />
und die Kooperation verschiedener<br />
Disziplinen. Das<br />
GeoBioCenter hat seinen Schwerpunkt<br />
in den Geowissenschaften<br />
und kooperiert mit öffentlichen<br />
Behörden und wirtschaftlichen<br />
Institutionen. An einem weiteren<br />
Netzwerk, dem Zentrum für<br />
Prionforschung und Neuropatho-<br />
logie (ZPN), für das am 17. April<br />
dieses Jahres mit dem Spatenstich<br />
in Großhadern die Basis geschaffen<br />
wurde, beteiligen sich mehrere<br />
bayerische <strong>Universität</strong>en und<br />
außerstaatliche Forschungseinrichtungen<br />
(MUM berichtete).<br />
Das Spektrum von Lehre und<br />
Forschung wird auch durch jene<br />
wissenschaftlichen Einrichtungen<br />
an der LMU erweitert, die zwar<br />
rechtlich selbstständig sind, aber<br />
doch eine große Nähe zur univer-<br />
UNIVERSITÄTEN<br />
IM WETTBEWERB<br />
sitären Lehre und Forschung aufweisen.<br />
Das ifo Institut für Wirtschaftsforschung<br />
ergänzt mit dem<br />
empirischen Forschungsansatz die<br />
eher theoretische universitäre Forschung.<br />
Diese wissenschaftliche<br />
Einrichtung erweitert die Reihe<br />
anderer solcher angegliederter<br />
Institute wie beispielsweise Student<br />
und Arbeitsmarkt und das<br />
Center of Economic Studies (CES).<br />
Die LMU hat ein außerordentlich<br />
breites Fächerspektrum, das<br />
sich von der Religions- bis zur<br />
Rechtswissenschaft, von der Wirtschafts-<br />
bis zur Naturwissenschaft<br />
und von den Kulturwissenschaften<br />
bis zur Medizin erstreckt. Die Thematik<br />
der Unternehmensgründungen<br />
war dabei vornehmlich eine<br />
Domäne der Wirtschaftswissenschaften.<br />
In den zahlreichen anderen<br />
Fakultäten herrschte entweder<br />
ein weniger klares Berufsbild vor<br />
oder der Karriereweg war bereits<br />
sowohl durch das Studienfach als<br />
auch die Fachkultur bereits vorgeprägt,<br />
so dass im Wesentlichen<br />
Fachwissen vermittelt, betriebswirtschaftliche<br />
Denkmuster aber<br />
nicht vorgestellt wurden. Die<br />
Internationalisierung und die<br />
zunehmende interdisziplinäre Vernetzung<br />
der Fakultäten in der Lehre<br />
und vor allem in der Forschung<br />
führte zu einer Erweiterung der<br />
Berufsperspektiven auch in Bezug<br />
auf Unternehmensgründungen, so<br />
dass auch dieses Jahr wieder mehrere<br />
Preisträger des Münchner<br />
Business Plan Wettbewerbs<br />
(MBPW) aus der LMU kommen.<br />
Die Leistungsstärke einer <strong>Universität</strong><br />
zeigt sich auch an der<br />
Qualifizierung des Nachwuchses.<br />
Mit 117 erreichte die Zahl der<br />
Habilitationen im Jahr 2001 einen<br />
neuen Höchststand, so dass der<br />
Anteil der LMU an den Nachwuchswissenschaftlern<br />
in Bayern<br />
wieder überproportional groß war.<br />
Angesichts der großen Erfolge<br />
in der Forschung, bei dem Aufbau<br />
erfolgreicher Forschungsnetzwerke<br />
und bei internationalen<br />
Kooperationen sollten die Wissenschaftler<br />
selbstbewusster das Logo<br />
der LMU einsetzen, um die Außenwirkung<br />
dieser <strong>Universität</strong> zu<br />
Foto: LMU<br />
intensivieren. Das nationale und<br />
internationale Ansehen einer<br />
<strong>Universität</strong> wird auch in Zukunft<br />
bei Evaluationen und beim Werben<br />
um die besten Studierenden, Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler<br />
an Bedeutung gewinnen.<br />
■<br />
Professor Matthias Westerhausen<br />
Prorektor der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />
MUM 03/2002 EDITORIAL<br />
1
MUM 03/2002 NEWS<br />
2<br />
■ SOZIOLOGEN BELOHNEN<br />
FACHSCHAFTSARBEIT<br />
Die Arbeit von Fachschaften ist<br />
wichtig für Lehrbetrieb und Studierklima<br />
– allerdings drängeln sich<br />
die Studierenden der meisten Fakultäten<br />
nicht gerade darum, sich auf<br />
diesem Gebiet zu engagieren. Und<br />
das, obwohl die Arbeit in Fachschaften<br />
nicht nur für Spaß sorgt<br />
und Erfahrung verschafft, sondern<br />
sich auch im Lebenslauf gut macht.<br />
Wer Feste und Flugblätter organisiert,<br />
Erstsemester durch die Uni<br />
führt und auch schon mal seine<br />
Kommillitonen für eine Demo mobilisiert,<br />
dokumentiert, dass er teamund<br />
organisationsfähig ist und<br />
Ideen vermitteln kann. Hier setzt die<br />
Initiative des Instituts für Soziologie<br />
und des Instituts Student und Arbeitsmarkt<br />
der LMU an: Studierende,<br />
die sich in der Fachschaftsarbeit<br />
L M U IN DEN MEDIEN<br />
engagiert haben, bekommen künftig<br />
Bescheinigungen, die eine Beurteilung<br />
der Arbeit einschließen.<br />
Auch wenn diese Bescheinigungen<br />
keine Arbeitszeugnisse im strengen<br />
Sinn darstellen, werden sie offenbar<br />
bei Bewerbungen von Personalchefs<br />
ernst genommen. Eine Musterbescheinigung<br />
kann im Internet herunter<br />
geladen werden unter www.s-a.uni-muenchen.de.<br />
■ oh<br />
WER IST DER BESTE ÖKONOM IM LAND?<br />
„Geradezu zurückhaltend wirkt da die Selbstdarstellung von ifo-Präsident<br />
Hans-Werner Sinn (54). Er übernahm das Institut im<br />
Februar 1999. Damals war er Ordinarius an der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong>.<br />
Das ist er nach wie vor – und noch einiges mehr. Sinn baute<br />
das zur volkswirtschaftlichen Fakultät der Uni <strong>München</strong> gehörende<br />
Center for Economic Studies (CES) aus und verknüpfte es<br />
in Form einer GmbH mit ifo zu CES-ifo. (...) Dem Vorwurf ifo betreibe<br />
zu wenig Forschung, begegnet Sinn mit der Anbindung des<br />
Instituts an die <strong>München</strong>er Uni. Dort hatte sich (dank einer Sinn-<br />
Initiative) das CES aus einem internationalen Besucherprogramm<br />
heraus zu einem anerkannten Forschungszentrum entwickelt.<br />
Heute umfasst das Netzwerk 350 Wissenschaftler in aller Welt.“<br />
3 DIE ZEIT, 25.04.02<br />
STUDIEREN VIS-A-VIS VOM MARKUSPLATZ<br />
„Rund 10 Minuten dauert die Bootsfahrt vom Markusplatz bis zur Insel<br />
‚San Servolo’. Hier befindet sich eine internationale Uni, an<br />
der sechs <strong>Universität</strong>en, darunter auch die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<br />
<strong>Universität</strong>, beteiligt sind: An der ‚Venice International University<br />
(VIU)’, die im Juli vor fünf Jahren eröffnet worden ist, können<br />
sich jeweils 43 Student/inn/en einschreiben.“<br />
3 Münchner Merkur, 07.05.02<br />
WARUM STUDIEREN NICHTS KOSTEN SOLL<br />
„SZ: Wieso begrüßen Sie als einziger Uni-Chef in Bayern die Initiative<br />
des Bundes? Heldrich: Ich finde, dass die bundeseinheitliche Regelung<br />
nicht der richtige Ort für die Entscheidung dieser Sachfrage<br />
ist. Das fällt in die Zuständigkeit der Länder. Das ist aber nur die<br />
formale Seite. Inhaltlich bin ich nach wie vor gegen Studiengebühren<br />
für das Erststudium. SZ: Weshalb sind sie dagegen? Heldrich:<br />
Die Beteiligung bildungsferner Schichten am Hochschulstudium<br />
ist schon jetzt beklagenswert gering. Durch die Einführung<br />
von Studiengebühren wird man Abiturienten aus sozial schwachen<br />
Schichten eine zusätzliche Hürde in den Weg stellen.”<br />
3 Süddeutsche Zeitung, 21.05.02<br />
■ NORMAN FOSTER ZU GAST<br />
AN DER UNI MÜNCHEN<br />
„Urban Regeneration“, zu deutsch<br />
„Stadterneuerung“, war das Thema<br />
von Stararchitekt Lord Foster bei<br />
seinem Vortrag an der LMU. Foster<br />
begeisterte im Rahmen der Vorlesungsreihe<br />
„Iconic Turn“ der Hubert<br />
Burda Stiftung mit seinem Vortrag,<br />
der per Live-Stream aus der überfüllten<br />
Großen Aula nicht nur in<br />
weitere Räume der LMU übertragen<br />
wurde, sondern auch in Hochschulen<br />
in Leipzig, Berlin, Wismar und<br />
Dortmund. Der geadelte Brite ist<br />
durch seinen Umbau des Reichstagsgebäudes<br />
in Berlin in den 90er<br />
Jahren auch in Deutschland einem<br />
breiten Publikum bekannt. In <strong>München</strong><br />
erläuterte er seine Philosophie<br />
zur Harmonisierung von Gestaltungs-<br />
und Lebensqualität in städtischen<br />
Ballungsräumen. ■ oh<br />
1 Sprach in der Großen Aula:<br />
Stararchitekt Lord Foster<br />
JOBS FÜR SCHARFE ANALYTIKER<br />
„In einem Labor jagt der Student Alexander Altmeyer Laserstahlen auf<br />
den fremdartigen Materiebrei (...) ‚Hier bin ich schon im Studium<br />
am Puls der Forschung’, freut sich Altmeyer, der gerade seine Diplomarbeit<br />
in der Arbeitsgruppe von Professor Theodor Hänsch<br />
schreibt. Das Team um den Quantenforscher zählt zur Physik-<br />
Weltspitze: Es hat unter anderem 1998 aus dem Bose-Einstein-<br />
Kondensat den ersten Laser entwickelt, der Atomstrahlen aussendet.<br />
Nicht nur wegen solch spektakulärer Erfolge kam die <strong>München</strong>er<br />
Physikfakultät auf den Spitzenplatz bei der FOCUS-Reputationsstudie.<br />
‚Die Auswahl an hochkarätigen Forschungsinstituten<br />
hier in der Umgebung ist riesig’, schwärmt Diplomand Altmeyer.“<br />
3 FOCUS, 13.05.02<br />
UNI-KLINIKUM GEWÄHRT EINBLICK<br />
„Einen Blick hinter die Kulissen bietet das (...) Klinikum der <strong>Universität</strong>.<br />
An den beiden Standorten Großhadern und Innenstadt<br />
findet der Tag der offenen Tür statt. Zu sehen ist unter anderem<br />
die Notfallbehandlung im Schockraum, die Intensivstation für<br />
Frühchen und das Herzkatheterlabor.“<br />
3 AZ, 12.06.02<br />
STRIP FÜR DIE FORSCHUNG<br />
„,Säkulare Akzeleration’ wird das beschleunigte Längenwachstum<br />
(beim Menschen) genannt, das vor über 150 Jahren einsetzte. Bis<br />
heute sind die Fachleute ratlos, was genau den sprunghaften<br />
Wachstumsschub (...) ausgelöst haben könnte. (...) ‚Armut macht<br />
klein’ lautet die zugespitzte These von John Komlos, einem<br />
Anthropometrie-Experten, der an der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong> Wirtschaftsgeschichte<br />
lehrt. ‚Je höher das Einkommen und der Bildungsgrad,<br />
desto größer werden die Menschen’, sagt Komlos.<br />
Geld und Wissen ermöglichen meist eine gute medizinische Versorgung<br />
und eine gesunde Ernährung, erläutert der Forscher: ‚Am<br />
Körper lässt sich der Lebensstandard einer Bevölkerungsgruppe<br />
ablesen.’“<br />
3 DER SPIEGEL, 22.04.02<br />
Foto: Hubert Burda Media
Foto: Bayerische Staatsbibliothek<br />
Grafik: Gahleitner/ WerbeLounge <strong>München</strong><br />
Foto: LMU/Haak & Nakat<br />
4<br />
NEUES<br />
FORSCHUNGSPROJEKT<br />
DIE NS-GESCHICHTE<br />
DER LMU<br />
8<br />
PROFILE<br />
DAS SYSTEM<br />
ERDE IM BLICK -<br />
GEOWISSENSCHAFTLER<br />
AUF REFORMKURS<br />
31<br />
SPEZIAL<br />
WISSEN FÄLLT<br />
NICHT VOM HIMMEL -<br />
DIE IMAGE-KAMPAGNE<br />
DER STÄRKSTEN UNIS<br />
12<br />
LMU-OFFICE<br />
VIRTUELLER<br />
RUNDGANG DURCHS<br />
AKADEMIKERREICH<br />
Fotos: LMU<br />
MUM 03/2002<br />
■ NEWS<br />
2 LMU IN DEN MEDIEN<br />
■ TITEL<br />
4 DIE NS-GESCHICHTE DER LMU<br />
Rektorat vergibt Forschungsauftrag<br />
7 VERBOTEN UND VERBRANNT<br />
Ein Gespräch mit Georg P. Salzmann, Leiter des Archivs „10. Mai 1933“<br />
■ SPEZIAL<br />
8 WISSEN FÄLLT NICHT VOM HIMMEL<br />
Die stärksten Unis starten Image-Kampagne<br />
■ PROFILE<br />
9 LOB DES KRITIKERS<br />
Ehrenpromotion für Marcel Reich-Ranicki<br />
10 VON EUROPA BIS NAHOST<br />
Das C.A.P. bringt Konfliktparteien an einen Tisch<br />
11 PREISWÜRDIGE TRANSPLANTATIONSFORSCHUNG<br />
Georg Heberer Award der LMU geht an Kieler Mediziner<br />
12 DAS SYSTEM ERDE IM BLICK<br />
Geowissenschaftler auf Reformkurs<br />
16 WEITER WARTEN AUF FRM II<br />
Die Kristallographie bangt um Nachwuchs<br />
17 LOBBYARBEIT IM KINO<br />
Anti-Stigma-Aktion klärt über Schizophrenie auf<br />
18 WER WAGT, GEWINNT<br />
Das Gründerbüro der LMU fördert Unternehmermut<br />
19 DEIN FREUND UND HELFER<br />
IT-Gruppe löst EDV-Probleme der Geisteswissenschaftler<br />
20 RAN AN DIE TÖPFE<br />
Frauenförderung sorgt für mehr Chancengleichheit<br />
■ KUNSTSCHÄTZE<br />
21 KUNST AM BAU IN GROßHADERN<br />
■ STUDIUM<br />
22 NACHWUCHS-SERIE (1): STEINHAUSEN UNTER DRUCK<br />
23 HIER SPIELT DIE MUSIK<br />
■ PRO & CONTRA<br />
24 BRAUCHEN WIR EINE UNIVERSITÄRE LEHRERBILDUNG?<br />
■ PERSONEN & POSITIONEN<br />
25 NEUBERUFEN, PREISE & EHRUNGEN<br />
27 PROBLEME & ANALYSEN<br />
Ein Islamistik-Professor lehrt bei den Kunsthistorikern<br />
■ ESSAY<br />
26 ERINNERUNGSORT: LICHTHOF DER LMU<br />
Von Dr. Ulrich Dittmann, Institut für Deutsche Philologie, LMU<br />
■ LMU-OFFICE<br />
30 UNIVERSITÄT UNTER STROM<br />
Hinter den Kulissen der LMU<br />
30 HOCHSCHULWAHLEN: ZU DEN URNEN<br />
31 EIN VIRTUELLER RUNDGANG SETZT DIE LMU INS BILD<br />
■ SERVICE<br />
■ IMPRESSUM (UMSCHLAG)<br />
MUM 03/2002 INHALT<br />
3
MUM 03/2002 TITEL<br />
4<br />
DIE NS-GESCHICHTE<br />
DER LMU<br />
REKTORAT VERGIBT NEUEN<br />
FORSCHUNGSAUFTRAG<br />
Auf Initiative des Rektors der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong>, Professor Andreas Heldrich,<br />
soll die Forschung zur Geschichte der LMU in der NS-Zeit um ein neues, großes Projekt erweitert werden.<br />
Drei Leitmotive stehen dabei im Vordergrund: „Rassismus an der LMU“, „Militarisierung der <strong>Universität</strong>s-Mitglieder“<br />
und „Vernetzung der <strong>Universität</strong> mit den Machtzentren des Nationalsozialismus<br />
in <strong>München</strong>“. Die Zeit ist reif und der Zeitpunkt günstig. Denn in den vergangenen zehn Jahren hat sich<br />
bei der Forschung zum Verhältnis von Wissenschaft und Nationalsozialismus einiges getan. Der Hochschulleitung<br />
ist das Vorhaben so wichtig, dass sie dafür eigens eine Forschungsstelle für zwei Jahre<br />
finanziert: Privatdozentin Dr. Elisabeth Kraus, die derzeit noch einen Lehrstuhl für Zeitgeschichte in<br />
Regensburg vertritt, wird von Oktober an dieses Mammutvorhaben betreuen.<br />
Foto: Bayerische Staatsbibliothek
Mehr als 55 Jahre nach dem Tode<br />
Adolf Hitlers fällt die Auseinandersetzung<br />
mit der Zeit des<br />
Nationalsozialismus in Deutschland<br />
noch immer nicht leicht.<br />
Aktuelle Beispiele, wie die Antisemitismus-Debatten<br />
um FDP-Vorstandsmitglied<br />
Jürgen W. Möllemann<br />
oder den neuen Roman von<br />
Martin Walser, zeigten, so Rektor<br />
Heldrich, dass die Auseinandersetzung<br />
mit der nationalsozialistischen<br />
Epoche hochaktuell und<br />
unverzichtbar sei. An der <strong>Ludwig</strong>-<br />
<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />
gibt es bereits zahlreiche wissenschaftliche<br />
Beiträge zu unterschiedlichen<br />
Facetten der Hochschulgeschichte<br />
während des so<br />
genannten Dritten Reichs. Doch<br />
bislang fehlt eine Bündelung dieser<br />
Einzelarbeiten und vor allem eine<br />
systematische Aufarbeitung nach<br />
aktuellem Stand der Forschung.<br />
„Wir wollen dies jetzt in Angriff<br />
nehmen, um die Gefährdung der<br />
Wissenschaft durch die Verstrickung<br />
in eine verbrecherische<br />
Ideologie aufzuzeigen und das<br />
Bewusstsein der nachwachsenden<br />
Generationen für die vielen kleinen<br />
Schritte zu schärfen, die damals in<br />
den Abgrund geführt haben“,<br />
erklärte Heldrich vor Journalisten.<br />
Vom <strong>Universität</strong>sarchiv der LMU<br />
wird derzeit eine eigene Internetplattform<br />
zur LMU-Geschichte in<br />
der NS-Zeit vorbereitet. Im Internet<br />
wird eine Bibliographie, unter anderem<br />
mit den bereits vorliegenden<br />
einschlägigen LMU-Forschungsar-<br />
beiten aus unterschiedlichen Bereichen<br />
wie Jura, Theologie, Kunstgeschichte<br />
oder Medizin, abrufbar<br />
sein. Eine Auswahl dieser Arbeiten<br />
wurde bereits Anfang Juni im Rahmen<br />
einer Präsentationsveranstaltung<br />
vorgestellt. Daneben gibt es<br />
weitere von der Hochschulleitung<br />
angestoßene Projekte wie die Edition<br />
eines Akten- und Dokumentenbandes<br />
oder die Publikation und<br />
Ausstellung des <strong>Universität</strong>sarchivs<br />
zur Aberkennung akademischer<br />
Grade in der NS-Zeit. Allein in <strong>München</strong><br />
wurden mehr als 150 Doktortitel<br />
aberkannt. „Die meisten<br />
Betroffenen waren ab 1933 in die<br />
Emigration gegangen, weil sie als<br />
politische Gegner oder als Juden der<br />
Verfolgung des Regimes ausgesetzt<br />
waren“, so Stefanie Harrecker vom<br />
<strong>Universität</strong>sarchiv.<br />
DREI LEITMOTIVE<br />
ZUR FORSCHUNG<br />
Koordiniert werden alle Initiativen<br />
des Forschungsprojekts vom Vorstand<br />
des <strong>Universität</strong>sarchivs, Professor<br />
Hans-Michael Körner; institutionell<br />
ist das Unternehmen beim<br />
Uniarchiv angesiedelt. Körner ist es<br />
ein besonderes Anliegen, die Forschungsarbeit<br />
auch in der Öffentlichkeit<br />
zu diskutieren: „Der universitätsgeschichtliche<br />
Arbeitskreis<br />
beim Uniarchiv wird kontinuierlich<br />
Pressegespräche zum Fortschritt<br />
der Projekte anbieten“, so der<br />
Experte für Bayerische Geschichte.<br />
Für Professor Günter Hockerts,<br />
Lehrstuhlinhaber für Neuere<br />
1 Festumzug zur Grundsteinlegung des Hauses des Deutschen Rechts<br />
am 24.10.1936 auf der <strong>Ludwig</strong>straße, im Hintergrund das Siegestor.<br />
Foto: <strong>Universität</strong>sarchiv<br />
1 So wie hier Wolfgang Hallgarten wurde während der NS-Zeit mehr als<br />
150 Personen an der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong> der Doktortitel aberkannt.<br />
Geschichte und Zeitgeschichte am<br />
Historischen Seminar der LMU, ist<br />
der Zeitpunkt für ein solches Projekt<br />
aus wissenschaftlicher Sicht<br />
günstig: In den vergangen zehn bis<br />
15 Jahren hätten sich die Vorstellungen<br />
über das Verhältnis von<br />
Nationalsozialismus und Wissenschaft<br />
deutlich verändert. „Die <strong>Universität</strong>sgeschichte<br />
ist keine Marginalie<br />
mehr, sie kann vielmehr spezifische<br />
Auskünfte über Grundfragen<br />
und Kernbereiche der NS-<br />
Geschichte geben.“ Privatdozentin<br />
Kraus will in ihrem Forschungsvorhaben<br />
anhand der drei Leitmotive<br />
verschiedene Ebenen bearbeiten: Es<br />
geht ihr erstens um die Verknüpfungen<br />
zwischen NS-Ideologie und<br />
einzelnen Personen; zweitens um<br />
den Einfluss des Nationalsozialismus<br />
auf einzelne Institutionen bzw.<br />
Fächer sowie – drittens – um die<br />
Standortfrage: „Es muss diskutiert<br />
werden, welche Rolle die LMU als<br />
zweitgrößte <strong>Universität</strong> im Deutschen<br />
Reich in <strong>München</strong>, der<br />
,Hauptstadt der Bewegung’, spielte<br />
und ob ihr von Seiten der NS-<br />
Machthaber eine Sonderstellung<br />
zugedacht worden war“, sagt die<br />
Wissenschaftlerin. Den neuen Forschungsauftrag<br />
betrachtet die LMU<br />
daher auch als einen möglichen<br />
Baustein für das von der Landeshauptstadt<br />
geplante Dokumentationszentrum<br />
über die „Hauptstadt<br />
der Bewegung“. Zu diesem Thema<br />
ist bisher nur wenig bekannt. Als<br />
gesichert gilt beispielsweise, dass<br />
der „Stellvertreter des Führers“ und<br />
der „Reichsärzteführer“ bei Berufungen<br />
an der LMU mitwirkten.<br />
Unter dem Stichwort Rassismus<br />
an der LMU verweist Hockerts auch<br />
auf die Medizin: Hier wurde bei- 3<br />
1 Die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> 1931, zwei Jahre vor der Machtergreifung<br />
der Nationalsozialisten.<br />
Foto: Maria Dorner<br />
Foto: Stadtarchiv <strong>München</strong><br />
MUM 03/2002 TITEL<br />
5
MUM 03/2002 TITEL<br />
6<br />
3 spielsweise bereits 1927 die<br />
deutschlandweit erste Professur für<br />
„Rassenhygiene“ geschaffen. In der<br />
Sprachwissenschaft widmete man<br />
das Indologie-Institut schon vor<br />
1933 in eine Abteilung für arische<br />
Kulturwissenschaft um. Und 1943<br />
wurde unter großem Pomp anlässlich<br />
der 470-Jahrfeier der <strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong> in der großen Aula<br />
die Ehrendoktorwürde an Sven<br />
Hedin verliehen und gleichzeitig<br />
Foto: <strong>Universität</strong>sarchiv<br />
1 Walther Wüst, ab 1935 Dekan<br />
der Philosophischen Fakultät und<br />
von 1941 bis 1945 Rektor der LMU<br />
Foto: Stadtarchiv <strong>München</strong><br />
7 Für viele Studenten der LMU<br />
begann die „neue Zeit“ am<br />
10. Mai 1933 mit der Einführung<br />
des neuen Studentenrechts.<br />
das nach ihm benannte Reichsinstitut<br />
für Innerasienforschung<br />
eröffnet. Ein Institut, das de facto,<br />
so der Historiker und Projektmitarbeiter<br />
Peter Mierau, sowohl personell<br />
als auch inhaltlich identisch<br />
gewesen sei mit der von dem Zoologen<br />
Ernst Schäfer geleiteten<br />
Münchner SS-Einrichtung „Forschungsabteilung<br />
für Innerasienforschung<br />
im Ahnenerbe“. Diese<br />
wiederum habe dem Reichsführer<br />
der SS, Heinrich Himmler, unterstanden<br />
und ideologisch ausgerichtete<br />
Rassenkunde betrieben.<br />
Allerdings stellte Hockerts bei<br />
der Präsentation im Juni auch fest,<br />
dass die rassenhygienischen Aktivitäten<br />
der LMU nach 1933 offenbar<br />
nicht stärker entwickelt gewesen<br />
seien als an anderen <strong>Universität</strong>en.<br />
Und dies, obwohl <strong>München</strong> seit<br />
der Jahrhundertwende ein Zentrum<br />
biologistischen Denkens gewesen<br />
sei und die <strong>Universität</strong> sich diesem<br />
Ideengut früher und weiter als<br />
andere Hochschulen geöffnet habe.<br />
„Warum die rassistische Vorprägung<br />
nicht zu einer akademischen Radikalisierung<br />
geführt hat, wäre für<br />
mich ein interessanter Forschungsaspekt“,<br />
so der Zeithistoriker.<br />
Privatdozentin Kraus möchte ihr<br />
Augenmerk auch auf den Komplex<br />
des „stillen“ Widerstands richten.<br />
Ein LMU-Wissenschaftler, der es<br />
1 Drei Angehörige der SA stehen Spalier bei einer Feierstunde in der<br />
Großen Aula der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong>.<br />
Foto: <strong>Universität</strong>sarchiv<br />
beispielsweise verstand, trotz seiner<br />
Gegnerschaft gegenüber dem NS-<br />
Regime seinen Forschungsbetrieb<br />
aufrecht zu erhalten, war der Chemiker<br />
Heinrich Wieland. Der Nobelpreisträger<br />
hatte als Laborleiter und<br />
aufgrund seiner Bedeutung für die<br />
kriegswichtige chemische Industrie<br />
einen beträchtlichen Handlungsspielraum.<br />
Es gelang ihm, zahlreiche<br />
Stellen mit „Halbjuden“ zu<br />
besetzen und selbst eine Arbeit über<br />
„Die Farbpigmente an Schmetterlingsflügeln“<br />
als „kriegswichtig“<br />
einstufen zu lassen.<br />
VERBRANNTE LITERATUR<br />
Für viele Studenten der LMU begann<br />
die „neue Zeit“ unter den Nationalsozialisten<br />
mit dem Sommersemester<br />
1933. Am 10. Mai wurde das<br />
neue Studentenrecht mit einer<br />
Kundgebung im Lichthof gefeiert.<br />
Anschließend zogen die angehenden<br />
Akademiker zur reichsweit<br />
organisierten Bücherverbrennung<br />
auf den Königsplatz. Mit Unterstützung<br />
von Studentenschaft und<br />
Hochschulprofessoren strichen die<br />
Nationalsozialisten damit eine<br />
ganze Generation von Schriftstellern<br />
aus dem Bewusstsein der<br />
Bevölkerung. Für die LMU, auch vor<br />
dem Hintergrund des aktuellen Forschungsvorhabens,<br />
war dies Anlass<br />
genug, in diesem Jahr erstmals an<br />
die Zerstörung der Bücher zu erinnern:<br />
Am 10. Mai eröffneten Rektor<br />
Heldrich und Bundesjustizministerin<br />
Hertha Däubler-Gmelin im Lichthof<br />
der <strong>Universität</strong> eine Ausstellung<br />
mit einer kleinen Auswahl erhaltener<br />
Erstausgaben der „verbrannten<br />
Bücher“ aus der privaten Sammlung<br />
Salzmann. Der Kaufmann Georg P.<br />
Salzmann, heute 73 Jahre alt, hat<br />
Zeit seines Lebens Erstausgaben der<br />
von den Nationalsozialisten verbrannten<br />
und zensierten Literatur<br />
gesammelt – ein Zeichen gegen das<br />
Vergessen (siehe Interview).<br />
Zu den bemerkenswerten<br />
Details der LMU-Geschichte in der<br />
NS-Zeit gehören auch die Auslandsbeziehungen<br />
der <strong>Universität</strong>.<br />
Seit der Jahrhundertwende zählte<br />
die LMU zu den von ausländischen<br />
Studierenden am stärksten frequentierten<br />
deutschen Hochschulen.<br />
Ein besonders großes Kontingent<br />
wurde hier von Nordamerikanern<br />
gestellt. Der Leiter des<br />
LMU-<strong>Universität</strong>sarchivs Dr. Wolf-
gang J. Smolka wies im März auf<br />
einer Tagung der <strong>Universität</strong>sarchivare<br />
in Heidelberg insbesondere auf<br />
das so genannte „Junior Year“ hin,<br />
das 1931 vom US-Amerikanischen<br />
„Institute of International Education“<br />
in New York in Absprache mit<br />
dem Deutschen Akademischen Austauschdienst<br />
an der LMU etabliert<br />
wurde. Zweck der Einrichtung war<br />
es, ausgesuchte US-Studenten für<br />
ein Studienjahr nach Deutschland<br />
zu schicken. Eine Erfolgsgeschichte:<br />
Das ,Junior Year’ in <strong>München</strong>, in<br />
Deutschland einzigartig und sonst<br />
nur in Basel und Paris vertreten,<br />
erfreute sich schnell großer Beliebtheit.<br />
Auch die Machtergreifung der<br />
Nationalsozialisten konnte dieses<br />
Rad nicht zurückdrehen. Erst 1939<br />
wurde die Einrichtung nach Zürich<br />
verlegt, wo sie den Krieg überstand,<br />
um in den 50er Jahren nach <strong>München</strong><br />
zurückzukehren.<br />
MITLÄUFER UND WIDERSTAND<br />
Für den am 1. Oktober aus dem Amt<br />
scheidenden LMU-Rektor Heldrich<br />
ist das neue Forschungsprojekt ein<br />
weiterer wichtiger Beitrag zur<br />
Schärfung des geistigen Profils der<br />
<strong>Universität</strong>. „Ich habe mich stets<br />
bemüht, in der LMU ein selbstkritisches<br />
Geschichtsbewusstsein wach<br />
zu halten.“ Auch die Errichtung der<br />
„Denkstätte Weiße Rose“ 1997 zum<br />
Gedenken an den Widerstand der<br />
Münchner Studentengruppe um<br />
Professor Kurt Huber geht maßgeblich<br />
auf die Initiative des scheidenden<br />
Rektors zurück. Nun sollen die<br />
dunklen Kapitel der LMU-Vergangenheit<br />
umfassend ausgeleuchtet<br />
werden. Heldrich: „Die Zeit ist reif<br />
für dieses große Forschungsprojekt.”<br />
■ oh<br />
1 Die NS-Bücherverbrennung auf<br />
einem Holzschnitt von Heinz Kiwitz.<br />
Quelle: LMU<br />
Foto: Maria Dorner<br />
Als die Nationalsozialisten im<br />
Mai 1933 die Bücher vieler deutscher<br />
Autoren in die Flammen<br />
warfen, war Georg P. Salzmann<br />
vier Jahre alt. 40 Jahre später<br />
begann der gebürtige Thüringer<br />
die Erstausgaben dieser<br />
geschmähten Literatur von Bert<br />
Brecht bis Stefan Zweig zu sammeln.<br />
Heute umfasst das Archiv<br />
des gelernten Kaufmanns über<br />
10.000 Bände von mehr als 100<br />
„verbrannten“ Autoren. MUM<br />
sprach mit Georg P. Salzmann<br />
über das Bewahren und Weitergeben<br />
eines fast schon vergessenen<br />
literarischen Erbes.<br />
MUM: Was war für Sie der Auslöser,<br />
sich mit den verbrannten<br />
Büchern zu beschäftigen?<br />
Salzmann: Mein Vater war überzeugter<br />
Nationalsozialist. Als die<br />
Amerikaner 1945 in Thüringen einmarschierten,<br />
erschoss er sich. Die<br />
Welt brach damals buchstäblich für<br />
mich zusammen, also musste ich<br />
sie mir neu ordnen – auch mit Literatur.<br />
Der eigentliche Auslöser kam<br />
aber erst 1976. Ich lebte damals<br />
aus beruflichen Gründen in Bremen,<br />
meine Familie in <strong>München</strong>. So<br />
hatte ich viel freie Zeit und gelangt<br />
durch Zufall in einen Kreis bibliophiler<br />
Menschen. Dort war es<br />
üblich, dass jede Woche ein Mitglied<br />
einen Vortrag hielt. Ich wurde<br />
aufgefordert, ein Referat über<br />
Ernst Weiß, einen Vertreter des<br />
deutschen literarischen Expressionismus,<br />
zu halten. So musste ich<br />
also die Literatur von Weiß aufstöbern<br />
– und wurde fündig in Trödlerläden<br />
und bei Haushaltsauflösungen.<br />
Die Bücher kosteten zum<br />
Teil nur 50 Pfennige pro Band.<br />
Heute sind sie rund 250 Euro Wert.<br />
Das war der Anfang.<br />
MUM: Wie entstand dann der<br />
Wunsch, das Gesammelte auch zu<br />
zeigen?<br />
VERBOTEN UND VERBRANNT<br />
EIN GESPRÄCH MIT DEM LEITER DES<br />
ARCHIVS „10. MAI 1933 – DEUTSCHE<br />
LITERATUR AUF DEM SCHEITERHAUFEN“,<br />
GEORG P. SALZMANN<br />
Salzmann: 1980 bin ich nach<br />
<strong>München</strong> zurückgekehrt und habe<br />
1983 – zum 50. Jahrestag der<br />
Bücherverbrennung – in der Stadtbibliothek<br />
am Münchner Harras<br />
eine Ausstellung gemacht. Es war<br />
meine erste Ausstellung und vielleicht<br />
auch meine schönste. Aber<br />
kein Mensch hat sich damals für<br />
die Bücherverbrennung interessiert.<br />
Nicht einmal die Zeitungen<br />
haben darüber berichtet. Das hat<br />
mich so geärgert, dass ich<br />
beschloss, selbst das Erbe weiterzugeben.<br />
MUM: Sammeln Sie auch Bücher,<br />
die Sie literarisch weniger mögen?<br />
Salzmann: Ich habe immer systematisch<br />
gesammelt. Dann kamen<br />
allerdings auch Bücher von Autoren<br />
hinzu, die ich zunächst gar<br />
nicht kannte: Oskar Maria Graf<br />
etwa habe ich zunächst gar nicht<br />
verstanden, weil seine ersten<br />
Bücher in altbayerischer Mundart<br />
geschrieben waren. Auch zu Robert<br />
Musil habe ich ein gebrochenes<br />
Verhältnis. Ich weiß, dass diese<br />
Literatur gut ist, aber anfangs war<br />
sie mir zu hoch.<br />
MUM: Also kein Anspruch auf<br />
Vollständigkeit?<br />
Salzmann: Sie können gar nicht<br />
alle Autoren, die zensiert oder verbrannt<br />
wurden, sammeln – da verzetteln<br />
Sie sich. Dann hat man<br />
Bruchstücke von jedem und nichts<br />
Geschlossenes. Ich habe versucht,<br />
die Autoren zu sammeln, bei denen<br />
ich die Chance hatte, sie geschlossen<br />
als Erstausgabe zu sammeln.<br />
MUM: Warum die Erstausgaben?<br />
Salzmann: Ein Buch aus der Zeit<br />
hat zum einen einfach eine andere<br />
Aura, es sieht anders aus, es riecht<br />
anders, und eine Erstausgabe ist<br />
natürlich auch mehr wert als ein<br />
Taschenbuch. Zum anderen hat ein<br />
Großteil der Autoren nach dem<br />
Krieg die Rechte an ihrem Werk an<br />
den Aufbau Verlag in Ost-Berlin<br />
1 Über 10.000 Erstausgaben<br />
umfasst die Sammlung Salzmann.<br />
abgegeben. Dieser hat die Werke,<br />
die vor 1933 erschienen sind, dann<br />
überarbeitet. Ganze Passagen wurden<br />
da zum Teil gestrichen.<br />
MUM: Wird die Literatur, die Sie<br />
sammeln, noch in der Schule<br />
gelehrt?<br />
Salzmann: Viele der Oberstufenschüler,<br />
die zu mir kommen, haben<br />
von den Autoren, die hier versammelt<br />
sind, noch nie etwas gehört.<br />
Wenn diese Literatur in der Schule<br />
vermittelt wird, ist es nur der Initiative<br />
einzelner Lehrer zu verdanken.<br />
Allerdings bin ich stes begeistert,<br />
wie die jungen Leute sich für das<br />
Thema interessieren, wenn man sie<br />
damit konfrontiert. Dabei habe ich<br />
natürlich einen großen Vorteil: Ich<br />
bin Zeitzeuge und glaubhaft, allein<br />
schon durch mein Alter.<br />
MUM: Wie sehen Sie die Zukunft<br />
Ihrer Sammlung?<br />
Salzmann: Ich würde die Bücher<br />
gerne als Präsenzbibliothek komplett<br />
der Öffentlichkeit zugänglich<br />
machen. Die Leute sollen erfahren,<br />
was da verbrannt wurde. In den<br />
meisten Publikationen zur Bücherverbrennnung<br />
sind zwar die Scheiterhaufen<br />
abgebildet und auch die<br />
Autoren werden besprochen. Aber<br />
dass dies Bücher sind, die bei unseren<br />
Großeltern im Bücherschrank<br />
standen, ganz normale Belletristik,<br />
das ist nirgendwo gezeigt. ■<br />
Interview: oh<br />
Foto: Maria Dorner<br />
MUM 03/2002 TITEL<br />
7
Foto: DVA / Haak & Nakat<br />
LOB DES KRITIKERS<br />
EHRENPROMOTION FÜR<br />
MARCEL REICH-RANICKI<br />
Die Fakultät für Psychologie und<br />
Pädagogik der LMU hat dem Literaturkritiker<br />
Marcel Reich-<br />
Ranicki am 10. Juli die Würde<br />
eines doctor philosophiae honoris<br />
causa verliehen. Die Ehrung<br />
erfolgte mit der Zustimmung von<br />
sechs Fakultäten. Eine solch breite<br />
Unterstützung innerhalb der<br />
<strong>Universität</strong> sei bei einer Ehrenpromotion<br />
bislang ohne Beispiel,<br />
so Rektor Andreas Heldrich. Zur<br />
Begründung wird in der Laudatio<br />
der Fakultät 11 unter anderem die<br />
sozialpsychologische Auseinandersetzung<br />
Reich-Ranickis mit<br />
dem Nationalsozialismus in seiner<br />
Autobiographie „Mein Leben“<br />
hervorgehoben. Das Münchner<br />
Uni.<strong>Magazin</strong> dokumentiert hier<br />
den Text in Auszügen.<br />
Der Lebenslauf von Marcel Reich-<br />
Ranicki steht gleichermaßen vorbildhaft<br />
und exemplarisch für die<br />
dunkelste Phase der deutschen<br />
Geschichte und für einen versöhnlichen<br />
Umgang mit dieser. Er steht<br />
geradezu im Sinne eines Modells<br />
dafür, dass ein schweres Trauma<br />
nicht zu Verbitterung oder gar zu<br />
Hass führen muss, sondern dass<br />
sich Wege der Verständigung und<br />
Versöhnung mit anderen und sich<br />
selbst finden lassen. Seine Autobio-<br />
graphie, die eine wichtige<br />
(sozial)psychologische Informationsquelle<br />
darstellt, ist ein Musterbeispiel<br />
für das Vollenden einer<br />
Identitätsfindung, die durch unvorstellbar<br />
grausame und unmenschliche<br />
äußere Einwirkungen eigentlich<br />
von Beginn an hätte zum Scheitern<br />
verurteilt sein können. Marcel<br />
Reich-Ranicki selbst sah sich Zeit<br />
seines Lebens als Isolierter, Verfolgter,<br />
Ausgeschlossener, Außenseiter,<br />
Heimatloser und dennoch hat er es<br />
geschafft, in einem Land, das ihm<br />
den größten Schmerz zugefügt hat,<br />
seine Identität aufzubauen und seine<br />
Ziele zu verwirklichen. Er selbst<br />
bezeichnet die deutsche Literatur<br />
als seine eigentliche „Heimat“.<br />
PSYCHOLOGISCHE INTEGRATION<br />
Herr Reich-Ranicki hat somit einen<br />
entscheidenden Beitrag zur Aufarbeitung<br />
der deutschen Geschichte,<br />
insbesondere des Holocaust, geleistet<br />
und vor allem durch seine<br />
Autobiographie diese Problematik<br />
gerade den nichtjüdischen Deutschen<br />
nahe bringen können. (...)<br />
Die Integrationsleistung ist dabei in<br />
erster Linie eine psychologische.<br />
Durch sein Leben – und vor allem<br />
durch die Art, wie er seine Vergangenheit<br />
in seiner Biographie aufarbeitet<br />
(ohne erhobenen Zeigefinger,<br />
ohne anklagende Worte, sondern<br />
sachlich und nüchtern, was die<br />
Betroffenheit noch verstärkt) – zeigt<br />
Marcel Reich-Ranicki, wie eine<br />
Schicksalsbewältigung vorbildlich<br />
vollzogen werden kann. Hervorgehoben<br />
werden muss auch sein<br />
Engagement für die deutsche Literatur<br />
trotz seiner Erfahrungen im<br />
dritten Reich, hervorgehoben werden<br />
müssen seine Verdienste um die<br />
deutsch-jüdisch-polnische Aussöhnung.<br />
(...)<br />
Marcel Reich-Ranicki wurde<br />
bereits oftmals für seine Verdienste<br />
um die Literatur geehrt, nicht<br />
jedoch für seinen Lebensweg und<br />
seine Lebensleistung und genau<br />
diese könnten weder die Germanisten<br />
noch eine andere Fakultät<br />
besser auszeichnen als die unsere.<br />
Es wird die Lebensleistung geehrt,<br />
also die Persönlichkeit in ihrer<br />
Ganzheit, eine herausragende Persönlichkeit,<br />
die immer klar Position<br />
bezieht. Gerade die Fakultät für Psychologie<br />
und Pädagogik hat mit<br />
Persönlichkeitsentwicklung, Sozialisation,<br />
mit Bildungs- und Erziehungsprozessen<br />
zu tun. Alle<br />
Studiengänge unserer Fakultät stehen<br />
letztlich im Dienst der Botschaft,<br />
Menschen zu einer ethisch<br />
begründeten Lebenskompetenz zu<br />
befähigen. ■<br />
■ ZUR PERSON<br />
Marcel Reich-Ranicki, 1920 in<br />
Wloclawek an der Weichsel geboren,<br />
ist in Berlin aufgewachsen.<br />
Von 1960 bis 1973 war er ständiger<br />
Literaturkritiker der Wochenzeitung<br />
DIE ZEIT, von 1973 bis<br />
1988 leitete er die Redaktion für<br />
Literatur und literarisches Leben<br />
der FAZ. Gastprofessuren und<br />
Vortragsreihen führten Reich-<br />
Ranicki nach Europa und in die<br />
USA. Von 1971 bis 1975 war er<br />
Gastprofessor für Neue Deutsche<br />
Literatur an den <strong>Universität</strong>en<br />
von Stockholm und Uppsala, seit<br />
1974 ist er Honorarprofessor an<br />
der <strong>Universität</strong> Tübingen, in den<br />
Jahren 1991/1992 bekleidete er<br />
die Heinrich-Heine-Gastprofessur<br />
an der <strong>Universität</strong> Düsseldorf.<br />
Reich-Ranicki ist Autor zahlreicher<br />
Bücher und Schriften. Er<br />
erhielt eine Reihe von Auszeichnungen,<br />
u.a. den Ricarda-Huch-<br />
Preis (1981), den Thomas-Mann-<br />
Preis (1987), den Bayerischen<br />
Fernsehpreis (1991), den <strong>Ludwig</strong>-<br />
Börne-Preis (1995), den Goethe-<br />
Preis der Stadt Frankfurt (2002)<br />
und Doktorwürden der <strong>Universität</strong>en<br />
Uppsala, Augsburg, Bamberg,<br />
Düsseldorf und Utrecht.<br />
Foto: FAZ<br />
MUM 03/2002 PROFILE<br />
9
MUM 03/2002 PROFILE<br />
10<br />
Foto: Haak & Nakat<br />
VON EUROPA BIS NAHOST<br />
DAS CENTRUM FÜR ANGEWANDTE<br />
POLITIKFORSCHUNG BRINGT<br />
KONFLIKTPARTEIEN AN EINEN TISCH<br />
Lethargie, Mangel an Leidenschaft,<br />
Schlafwagenmentalität –<br />
zumindest in ihrer Kritik, insbesondere<br />
an den Deutschen und<br />
ihrer lustlosen Haltung gegenüber<br />
der Europäischen Einigung,<br />
waren sich die Referenten aller<br />
Länder bei dieser Tagung einig.<br />
Unter dem Motto „Fazit: Europa<br />
– der imperfekte Souverän“ hatten<br />
die Frankfurter Allgemeine<br />
Zeitung (FAZ) gemeinsam mit<br />
DeutschlandRadio Berlin und<br />
dem Centrum für angewandte<br />
Politikforschung (C.A.P.) an der<br />
LMU <strong>München</strong> kürzlich nach<br />
Berlin eingeladen. Seit 1996<br />
konzipiert das C.A.P. unter der<br />
Leitung von Professor Werner<br />
Weidenfeld in Berlin die Veranstaltungsreihe<br />
„Fazit“ in Kooperation<br />
mit den beiden Medienhäusern.<br />
Dabei werden stets<br />
europäische und globale Themen<br />
mit nationalen und internationalen<br />
Gästen diskutiert.<br />
Diesmal ging es bei den zweitägigen<br />
Beratungen um die künftige<br />
Verfassung und Handlungsfähigkeit<br />
Europas sowie die Solidarität<br />
innerhalb der Gemeinschaft nach<br />
der bevorstehenden Erweiterung.<br />
Regierungsmitglieder, führende<br />
Politiker und Gäste aus Spanien,<br />
Italien, Deutschland, Polen und der<br />
Tschechischen Republik sowie aus<br />
Schweden, Großbritannien, Österreich<br />
und den USA nahmen an den<br />
Diskussionsrunden im Verlagsgebäude<br />
der FAZ teil.<br />
KOSTSPIELIGE ERWEITERUNG<br />
„Jetzt ist eine neue Souveränitätskonzeption<br />
gefragt“, erklärte Bundesaußenminister<br />
Joschka Fischer<br />
und forderte mit Nachdruck eine<br />
Reform der Institutionen der EU.<br />
Andernfalls führe der Beitritt der<br />
osteuropäischen Länder zur völligen<br />
Handlungsunfähigkeit. „Die<br />
Welt wartet nicht auf Europa“,<br />
warnte Fischer. Sein spanischer<br />
Amtskollege Josep Piqué machte<br />
sich ebenfalls für eine Verfassungsreform<br />
der EU stark und betonte<br />
zugleich die Vorteile einer Erweiterung<br />
auf demnächst 20 Mitgliedstaaten.<br />
Er bezeichnete es allerdings<br />
als „unrealistisch“, zu verlangen,<br />
dass die Erweiterung nicht<br />
auch mit Kosten für den ein oder<br />
anderen EU-Partner verbunden<br />
sein werde.<br />
Die Frage nach der Zukunft<br />
Europas als politische, wirtschaftliche<br />
und militärische Größe stand in<br />
diesem Jahr auch im Mittelpunkt<br />
des 530. Stiftungsfestes der <strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong>. Professor Weiden-<br />
feld hielt den Festvortrag zum Thema<br />
„Europa im Umbruch“.<br />
Für CAP-Geschäftsführer Jürgen<br />
Turek rangieren die Fazit-<br />
Tagungen weit vorn bei den Aktivitäten<br />
des Forschungs-Centrums.<br />
„Das ist gewissermaßen die S-Klasse<br />
unter unseren Konferenzen“,<br />
sagt Turek, die nur noch durch das<br />
Internationale Bertelsmannforum<br />
übertroffen werde, das aber nur<br />
alle zwei bis drei Jahre stattfindet.<br />
Zu den großen Veranstaltungen der<br />
Münchner Politikexperten gehören<br />
schließlich auch die „Kronberger<br />
Gespräche“, bei denen es Professor<br />
Weidenfeld zuletzt im Januar dieses<br />
Jahres gelang, hochrangige<br />
Vertreter der Konfliktparteien des<br />
Nahen Ostens an einen Tisch zu<br />
bringen. Für Turek ist die Konferenz<br />
im hessischen Kronberg „das einzige<br />
noch funktionierende Forum in<br />
Europa zur Zukunft des Nahen<br />
Ostens“. Das C.A.P. sehe seine Aufgabe<br />
nicht nur in der Beschreibung<br />
und Analyse von Politik. „Wir entwickeln<br />
auch Strategien“, erklärt<br />
der C.A.P.-Geschäftsführer.<br />
STREIT AM GSI<br />
Angesichts der Ausstrahlung des<br />
C.A.P. nimmt LMU-Rektor Andreas<br />
Heldrich die jüngsten Ankündigungen<br />
Weidenfelds sehr ernst, mit<br />
1 “Europa - der imperfekte<br />
Souverän” lautete das Thema der<br />
“Fazit”-Tagung in Berlin,<br />
konzipiert vom Centrum für angewandte<br />
Politikforschung (C.A.P.)<br />
Mit dabei: Bundesaußenminister<br />
Joschka Fischer (oben) und C.A.P.-<br />
Chef Prof. Werner Weidenfeld<br />
„seinem“ Centrum <strong>München</strong> zu<br />
verlassen. Hintergrund ist der Streit<br />
um die Berufung des Passauer Parteienexperten<br />
Professor Heinrich<br />
Oberreuter aufgrund eines Sondervotums.<br />
Dieser Vorgang sorgt seit<br />
Wochen für Unruhe am Geschwister-Scholl-Institut<br />
der LMU. Weidenfeld<br />
hat bereits öffentlich Kritik<br />
an der Berufung des umstrittenen<br />
Kollegen geäußert und gedroht,<br />
möglicherweise sein Centrum an<br />
einen anderen Standort zu verlagern.<br />
„In jedem Fall darf der Streit<br />
nicht zu Lasten unserer Studierenden<br />
gehen,“ sagt Rektor Heldrich.<br />
Die angehenden Politikwissenschaftler<br />
beklagen, dass der Konflikt<br />
um Oberreuter die Besetzung<br />
dreier weiterer vakanter Lehrstühle<br />
blockiere. Heldrich will sich dafür<br />
einsetzen, diese Berufungsverfahren<br />
vom Streit um die Oberreuter-<br />
Frage abzukoppeln. ■ gl<br />
Foto: LMU Foto: LMU
PREISWÜRDIGE<br />
TRANSPLANTATIONSFORSCHUNG<br />
GEORG HEBERER AWARD DER LMU<br />
GEHT AN KIELER MEDIZINER<br />
Für seine Bahn brechende Arbeit<br />
zur Immuntoleranz in Ratten hat<br />
Professor Fred Fändrich von der<br />
Klinik für Allgemeine Chirurgie<br />
und Thoraxchirurgie des <strong>Universität</strong>sklinikums<br />
Kiel den Georg<br />
Heberer Award erhalten. Die<br />
LMU verlieh den von der USamerikanischen<br />
Chiles Foundation<br />
(CF) gestifteten Preis in Höhe<br />
von 25.000 US-Dollar Ende Juni<br />
anlässlich des 530. Stiftungsfestes<br />
der <strong>Universität</strong>.<br />
Die Operationsverfahren bei Organtransplantationen<br />
sind heutzutage<br />
nahezu perfektioniert. Entscheidend<br />
für den Erfolg ist die<br />
immunologische Reaktion des<br />
Empfängers auf das transplantierte<br />
Organ eines genetisch fremden<br />
Spenders. Um eine Organtransplantation<br />
auf Dauer zum Erfolg zu<br />
machen, müssen lebenslang hoch<br />
dosiert nebenwirkungsreiche Medikamente<br />
verabreicht oder eine<br />
Bestrahlung zur Vorbehandlung<br />
des Empfängers durchgeführt werden,<br />
damit der Empfängerorganismus<br />
das fremde Organ toleriert. Ob<br />
ein „Eindringling“ akzeptiert oder<br />
bekämpft wird, hängt von<br />
bestimmten Zellen des Immunsystems<br />
ab. Das klassische Reaktionsschema<br />
wird beispielsweise<br />
während einer Schwangerschaft<br />
außer Kraft gesetzt, denn der genetisch<br />
fremde kindliche Organismus<br />
müsste im Körper der Mutter<br />
eigentlich eine Abstoßungsreaktion<br />
hervorrufen. Die Arbeitsgruppe von<br />
Professor Fred Fändrich konnte<br />
embryonale Stammzelllinien genetisch<br />
unterschiedlicher Ratten herstellen<br />
und durch deren Applikation<br />
eine Immuntoleranz in Ratten<br />
mit sich unterscheidender Erbinformation<br />
erzeugen. Bei den auf<br />
diese Weise vorbehandelten Ratten<br />
zeigte sich eine signifikant längere<br />
Organüberlebenszeit nach Herztransplantation.<br />
Die Weiterführung<br />
dieser Erkenntnisse könnte neue<br />
Wege eröffnen, transplantierte<br />
Organe im Körper des Empfängers<br />
vor Abstoßung zu schützen. Auch<br />
bei der Behandlung von Erkrankungen<br />
wie Morbus Parkinson oder<br />
Diabetes könnten vollkommen<br />
neuartige Methoden entwickelt<br />
werden.<br />
Die Auszeichnung mit dem<br />
Georg Heberer Award soll Professor<br />
Fred Fändrich in der Fortführung<br />
seiner wissenschaftlichen Arbeit an<br />
einer deutschen <strong>Universität</strong> und<br />
Forschungseinrichtung im Rahmen<br />
seiner internationalen Kooperationen<br />
unterstützen. Der 42-jährige<br />
Fändrich absolvierte sein Studium<br />
der Humanmedizin in Mainz und<br />
begann seine klinische Karriere<br />
zunächst an der Uniklinik in Aachen,<br />
bevor er 1991 an das <strong>Universität</strong>sklinikum<br />
Kiel wechselte. Fändrichs<br />
wissenschaftlicher Schwerpunkt<br />
liegt auf dem Gebiet der Stammzellforschung<br />
zur Behandlung bei Organtransplantationen<br />
und degenerativen<br />
Erkrankungen.<br />
ANERKENNUNG FÜR<br />
FORSCHER-ENGAGEMENT<br />
Der in diesem Jahr zum dritten Mal<br />
verliehene Georg Heberer Award ist<br />
nach dem international anerkannten<br />
Münchner Chirurgen und Wissenschaftler<br />
Georg Heberer<br />
benannt. Die jährliche Verleihung<br />
des Preises durch die LMU soll die<br />
internationale wissenschaftliche<br />
Auseinandersetzung mit aktuellen<br />
Themen auf dem Gebiet der Chirurgie<br />
fördern und ist eine Anerkennung<br />
für das Engagement deutscher<br />
Forschungseinrichtungen<br />
und -fördereinrichtungen im Ausland.<br />
Gestiftet wird der Preis von<br />
der seit 50 Jahren bestehenden<br />
Chiles Foundation, die medizinische<br />
Forschung vor allem auf dem<br />
Gebiet der Krebsforschung unterstützt.<br />
Die Stiftung unterhält große<br />
Institute an der Boston University<br />
und der Stanford University sowie<br />
das Krebsforschungszentrum „Earle<br />
A. Chiles Research Institute“ an der<br />
Oregon University.<br />
Seit 1986 wird ein intensiver wissenschaftlicher<br />
Austausch zwischen<br />
der Chirurgischen Klinik des<br />
Klinikums Grosshadern der LMU<br />
unter der Leitung von Prof. Friedrich<br />
Wilhelm Schildberg und der<br />
Harvard Medical School sowie der<br />
Oregon Health & Science University<br />
gepflegt. Begabte deutsche<br />
Nachwuchswissenschaftlerinnen<br />
und -wissenschaftler sollen mit der<br />
Verleihung des großzügig dotierten<br />
Georg Heberer Awards unterstützt<br />
und ermuntert werden, ihre wissenschaftlichen<br />
Projekte im Rahmen<br />
internationaler Kooperationen<br />
an ihren Heimathochschulen weiterzuführen.<br />
■ Michaela Kaps<br />
1 Prof. Dr. med. Fred Fändrich<br />
Foto: Haak & Nakat<br />
Foto: <strong>Universität</strong>sklinikum Kiel<br />
MUM 03/2002 PROFILE<br />
11
MUM 03/2002 PROFILE<br />
16<br />
Foto: LMU<br />
WEITER WARTEN<br />
AUF FRM II<br />
DIE KRISTALLOGRAPHIE<br />
BANGT UM NACHWUCHS<br />
Hoffen auf die neue Neutronenquelle<br />
– und kein Ende abzusehen.<br />
Während die politische Entscheidung<br />
über den Betrieb des FRM II-<br />
Reaktors ein ums andere Mal von<br />
den zuständigen Bundesministerien<br />
vertagt wird, geht immer mehr<br />
betroffenen Wissenschaftlern die<br />
Luft und auch die Lust aus. Vor allem<br />
der Nachwuchs läuft den<br />
<strong>München</strong>er Forschern davon, aber<br />
auch ausgebildete Wissenschaftler<br />
wandern ab.<br />
„Das kann man fast nur noch als<br />
politisch motivierte Schikanen auffassen“,<br />
kritisiert Professor Fritz Frey,<br />
Kristallograph am Department für<br />
Geo- und Umweltwissenschaften<br />
der LMU <strong>München</strong> das Gerangel um<br />
die Inbetriebnahme der neuen For-<br />
1 Kristallograph an der LMU:<br />
Professor Fritz Frey<br />
schungs-Neutronenquelle. Frey hat<br />
sich für zwei Projekte, sein Kollege<br />
aus der Physik, Professor Dietrich<br />
Habs, für ein Forschungsvorhaben<br />
die Nutzung des neuen Reaktors<br />
vertraglich gesichert. Wann jedoch<br />
der Startschuss für den FRM II-Betrieb<br />
fällt, ist weiterhin unklar. Die<br />
dritte Teilerrichtungsgenehmigung<br />
steht noch immer aus.<br />
ZU GAST IN GARCHING<br />
Frey ist Leiter einer Arbeitsgruppe,<br />
die am alten FRM I als „Dauergast“<br />
der TUM zwei Instrumente erfolgreich<br />
betrieben hat. Gegenwärtig<br />
sind Wissenschaftler aus dem Department<br />
für Geo- und Umweltwissenschaften<br />
der LMU <strong>München</strong> am<br />
Aufbau zweier neuartiger Instrumente<br />
zur Erforschung der Struktur<br />
kristallisierter Materie beteiligt. Frey<br />
ist auch – zusammen mit Kollegen<br />
der TU <strong>München</strong> – Projektleiter beim<br />
Aufbau eines Neutronendiffraktometers,<br />
das in dieser Form weltweit<br />
einzigartig ist. Die Forscher fürchten<br />
nun, dass das Bundesumweltministerium<br />
die Genehmigung nur<br />
für einen Probebetrieb des FRMII<br />
erteilen wird. „Das bedeutet im Klartext,<br />
dass die Neutronenstrahlung<br />
den eigentlichen Nutzern nicht vor<br />
2003 zur Verfügung stehen dürfte“,<br />
so Frey. „Besonders schmerzlich ist<br />
aber schon jetzt die immer größer<br />
werdende zeitliche Lücke zwischen<br />
dem Abschalten der alten Neutronenquelle<br />
und einer ja noch nicht<br />
gesicherten Inbetriebnahme des<br />
FRM II. Für unerwartet lange Zeit<br />
entfällt damit die Möglichkeit, Studenten<br />
auszubilden. Die Konsequenz<br />
ist ein Ausbluten an Nachwuchs<br />
– in einem Forschungssektor,<br />
in dem Deutschland bislang immer<br />
mit führend war“, beklagt der Wissenschaftler.<br />
Die Neutronenquelle<br />
vor den Toren <strong>München</strong>s war bisher<br />
ein deutlicher Standortvorteil bei<br />
der Ausbildung von Studenten. Diese<br />
kann jetzt ebenso wenig wie die<br />
laufende Forschungsarbeit durch<br />
„Gastmessungen“ an weiter entfernten<br />
Einrichtungen aufrechterhalten<br />
werden.<br />
DEN QUASIKRISTALLEN<br />
AUF DER SPUR<br />
Mit Hilfe der Neutronenquelle wollen<br />
die im Bereich sowohl der Struktur-<br />
wie auch der Materialforschung<br />
tätigen LMU-Wissenschaftler<br />
den Aufbau und die Eigenschaften<br />
von Kristallen untersuchen, die<br />
die Grundlage bilden für den Aufbau<br />
der Materialien. Dazu gehören<br />
vor allem in der Natur vorkommende<br />
„Geomaterialien“, biogene kristalline<br />
Geomaterialien sowie die<br />
Fotos: LMU<br />
1 Für ihre Forschung (hier ein dekagonaler<br />
Quasi-Einkristall) benötigen<br />
die LMU-Kristallographen den<br />
FRM II-Reaktor (kl. Foto).<br />
erst vor wenigen Jahren entdeckten<br />
Quasikristalle. Die Quasikristalle sind<br />
eine besonders für die Materialwissenschaft<br />
interessante Gruppe extrem<br />
harter Legierungen, die beispielsweise<br />
für den Flugzeugbau<br />
verwendet werden. Grundlagenforscher<br />
wie Professor Frey interessieren<br />
sich dabei vor allem für die Fehlordnungen<br />
in derartigen Quasikristallen.<br />
Die gegenwärtig eingesetzten<br />
Röntgenmethoden lieferten<br />
zwar wertvolle Daten für die Strukturforschung,<br />
so Frey, doch die<br />
komplementäre Neutronenstreumethode<br />
sei unersetzlich.<br />
Gegenwärtig kann man im<br />
Rahmen des von der Bundesforschungsministerin<br />
Edelgard Bulmahn<br />
ausgerufenen Jahres der<br />
Geowissenschaften deutschlandweit<br />
einschlägige Veranstaltungen<br />
besuchen. „Beim Jahr der Geowissenschaften<br />
geht es auch genau um<br />
die Forschung, die hier in <strong>München</strong><br />
an den Neutronen-Instrumenten<br />
durchgeführt werden soll“, sagt<br />
Frey. Doch Bulmahns Kabinettskollege<br />
Trittin spiele offenbar nicht mit.<br />
■ suwe/gl
LOBBYARBEIT IM KINO<br />
ANTI-STIGMA-AKTION<br />
KLÄRT ÜBER<br />
SCHIZOPHRENIE AUF<br />
„Diese Menschen tun mir schon<br />
sehr Leid, aber ich fühle mich irgendwie<br />
unwohl, wenn sie da<br />
sind.“ Oder: „Jetzt sind sie vielleicht<br />
ganz normal, aber man weiß<br />
ja nie, wann die wieder ausrasten<br />
und Stimmen hören.“ Wer mit der<br />
Diagnose Schizophrenie leben<br />
muss, kennt solche Kommentare<br />
und Reaktionen von Freunden,<br />
Verwandten und Arbeitskollegen.<br />
Auch bleibt es in den meisten Fällen<br />
nicht bei bloßen Randbemerkungen.<br />
Die Krankheit hat für die<br />
Betroffenen oft schwere soziale<br />
und finanzielle Konsequenzen,<br />
denn mit der Diagnose Schizophrenie<br />
ist ein regelrechtes Stigma<br />
verbunden. Viele Patienten verlieren<br />
ihren Arbeitsplatz und vereinsamen<br />
mit der Zeit. „Die Patienten<br />
werden wegen ihrer Krankheit<br />
diskriminiert und ausgegrenzt“,<br />
erklärt Petra Decker von<br />
der Anti-Stigma-Aktion <strong>München</strong><br />
(ASAM) der Psychiatrischen Klinik<br />
der LMU.<br />
Arbeitslosigkeit und Einsamkeit –<br />
dass diese Folgen für die Erkrankten<br />
die Regel und keine Ausnahme sind,<br />
zeigt eine Bevölkerungsumfrage<br />
von ASAM in <strong>München</strong>: Danach halten<br />
83,9 Prozent junger Männer und<br />
Frauen weniger von Menschen, die<br />
einmal stationär psychiatrisch behandelt<br />
wurden und 63,9 Prozent<br />
haben etwas dagegen, einen ehemaligen<br />
Patienten zum Freund zu haben.<br />
Dabei ist eine schizophrene Erkrankung<br />
nicht so selten, wie viele vermuten:<br />
In Deutschland erkranken<br />
rund 800.000 Personen mindestens<br />
einmal in ihrem Leben an einer Schizophrenie,<br />
die meisten zwischen dem<br />
18. und 24. Lebensjahr. In <strong>München</strong><br />
sind 13.000 Menschen betroffen.<br />
EINE KRANKHEIT WIE DIABETES<br />
Dabei ist die Krankheit durchaus<br />
kontrollierbar und „gut behandelbar“,<br />
so Professor Hans Jürgen Möller,<br />
Direktor der Psychiatrischen Klinik<br />
der LMU. Auch das Vorurteil, das<br />
Betroffene gewalttätig seien und<br />
nicht arbeiten könnten, trifft nicht<br />
zu: „Schizophrenie ist eine Krankheit<br />
wie Diabetes“, erklärt er, „und wer<br />
regelmäßig Medikamente nimmt,<br />
verhält sich normal und kann arbeiten.“<br />
Professor Möller hat vor gut<br />
einem Jahr die Anti-Stigma-Aktion<br />
<strong>München</strong> (ASAM) mit angestoßen.<br />
Mit ihrem Programm will ASAM Bürger<br />
aufklären, Vorurteile abbauen und<br />
„damit das Verhalten und die Einstellung<br />
der Menschen verändern, um<br />
eine Verbesserung der Akzeptanz des<br />
Einzelnen zu erreichen“, erklärt die<br />
Psychologin Petra Decker von ASAM.<br />
Die Anti-Stigma-Aktion versucht<br />
auf verschiedenen Feldern, zum Beispiel<br />
mit Vorträgen, Podiumsdiskussionen<br />
und einem Schülerwettbewerb<br />
zusammen mit Redakteuren<br />
von Schülerzeitungen, gegen die<br />
Stigmatisierung anzugehen. Zurzeit<br />
wirbt ASAM mit ihrer Plakataktion<br />
„Künstler gegen Stigma“ in den <strong>München</strong>er<br />
U-Bahnen mit den Namen<br />
prominenter Künstler, „um damit auf<br />
die Diskriminierung psychisch Kranker<br />
aufmerksam zu machen“, sagt<br />
Decker. Dabei würde noch nach einer<br />
charismatischen Persönlichkeit gesucht,<br />
„die sich als Zugpferd vor<br />
unsere Kampagne stellt.“ Die ist<br />
noch nicht gefunden, denn auch<br />
Prominente haben Angst davor, sich<br />
als schizophren zu outen: „Auch sie<br />
haben Nachteile, wenn sie mit ihrer<br />
Krankheit an die Öffentlichkeit gehen“,<br />
sagt Decker.<br />
1 Im August zeigt die Anti-Stigma-<br />
Aktion (ASAM) den Film „A beautiful<br />
mind“ (Foto li.) über den schizophrenen<br />
Nobelpreisträger John<br />
Nash. Auf ASAM-Plakaten werben<br />
Künstler für mehr Verständnis.<br />
FILME GEGEN VORURTEILE<br />
Dafür intensiviert ASAM ihre Aktivitäten.<br />
Im Sommer wird die Plakataktion<br />
in der Innenstadt fortgesetzt,<br />
und vom 19. bis 21. August werden<br />
die Filme „A beautiful mind“, „Iris“<br />
und „Ich habe Dir nie einen Rosengarten<br />
versprochen“ während der<br />
<strong>München</strong>er Filmkunstwochen im<br />
Neuen Rottmann-Kino (jeweils ab<br />
20 Uhr) gezeigt. „Diese Filme befassen<br />
sich mit dem Thema Schizophrenie“,<br />
erzählt Petra Decker, „und<br />
nach der Vorführung gibt es eine<br />
Diskussion.“ Am 25. Juli bietet ASAM<br />
einen Vortrag von Dr. Ulrike Hoffmann-Richter<br />
zum Thema „Psychiatrie<br />
in der Zeitung – Urteile und<br />
Vorurteile“ an. Die Veranstaltung ist<br />
Teil einer Vorlesungsreihe, die stets<br />
im Hörsaal der Psychiatrischen Klinik<br />
in der Nussbaumstrasse 7 stattfindet.<br />
ASAM-Höhepunkt dieses<br />
Jahres wird im Dezember eine Ausstellung<br />
mit Lithografien von Günter<br />
Grass in der Psychiatrischen Klinik<br />
sein. ■ kg<br />
Fotos: LMU/UIP<br />
MUM 03/2002 PROFILE<br />
17
MUM 03/2002 PR0FILE<br />
18<br />
Foto: LMU<br />
WER WAGT, GEWINNT<br />
DAS GRÜNDERBÜRO<br />
DER LMU FÖRDERT<br />
UNTERNEHMERMUT<br />
<strong>München</strong>er Business Plan Wettbewerb,<br />
Hochsprung, 5-EURO-<br />
Business – wer an der <strong>Ludwig</strong>-<br />
<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> Rat und<br />
Informationen zur Gründung eines<br />
Start-Up oder Förderangebote<br />
sucht, dem bieten sich verschiedene<br />
Möglichkeiten. Und<br />
was auf den ersten Blick verwirrend<br />
erscheint, entpuppt sich<br />
schnell als logisches System zur<br />
Förderung von Studierenden und<br />
wissenschaftlichen Mitarbeitern.<br />
„Das LMU-Gründerbüro ist Dachmarke<br />
der Programme und Förderungen,<br />
die die <strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />
anbietet“, erklärt Christoph<br />
Zinser vom Gründerbüro. Er und seine<br />
zwei Kollegen verstehen sich als<br />
zentrale Anlaufstelle für alle Unter-<br />
1 Kultusminister Zehetmair unterstützt<br />
die Gründerinitiativen.<br />
nehmensgründer an der LMU. Als<br />
Einrichtung der Kontaktstelle für<br />
Technologietransfer (KFT), einem<br />
Referat der zentralen <strong>Universität</strong>sverwaltung,<br />
unterstützen sie kostenfrei<br />
Studierende aller Fachrichtungen,<br />
wissenschaftliche Mitarbeiter<br />
und Professoren bei Existenzgründervorhaben<br />
mit Informationen,<br />
Beratungen, Seminaren und<br />
Kontaktvermittlungen.<br />
BEIM GRÜNDERTAG MIT DABEI<br />
Wichtig sei dabei, so Dirk Erfurth, der<br />
das Förderprogramm HOCHSPRUNG<br />
betreut, dass „wir aktiv auf die Leute<br />
zugehen“. Deshalb sind Erfurth<br />
und seine Kollegen auch einmal pro<br />
Woche in Großhadern auf dem<br />
HighTechCampus LMU und waren auch<br />
beim Bayerischen Hochschul-Gründertag<br />
am 11. Juni in der Münchner<br />
Residenz mit einem eigenen Stand<br />
dabei, um über alle Fördermöglichkeiten<br />
zu informieren. Diese reichen<br />
vom Projekt „5-Euro-Business“, das<br />
Studierenden der Geistes- und<br />
Sozialwissenschaften Einblicke als<br />
Unternehmer verschafft, bis zum<br />
<strong>München</strong>er Business Plan Wettbewerb,<br />
aus dem mittlerweile rund 20<br />
erfolgreiche Ausgründungen der<br />
LMU entstanden sind, die zum Teil<br />
noch immer vom Gründerbüro<br />
betreut werden.<br />
Foto: LMU / Haak & Nakat<br />
Eine dieser Ausgründungen ist<br />
SiREEN, ein Biotechnologie-Start-<br />
Up, das in der Arzneimittel-Forschung<br />
tätig ist. Die Zusammenarbeit<br />
begann während des Business<br />
Plan Wettbewerbs 1999/2000. „Damals<br />
haben wir Christoph Zinser<br />
kennen gelernt“, erzählt Michael<br />
Schäffer, CEO der SiREEN AG. Seitdem<br />
stehen die Wissenschaftler im<br />
regelmäßigen Kontakt mit der KFT.<br />
Für Schäffer war das enorm wichtig,<br />
denn SiREEN bekam Probleme:<br />
„Wir sind zeitlich in eine wirtschaftlich<br />
ungünstige Phase gerutscht”.<br />
Die Weiterentwicklung der Geschäftsidee<br />
durfte aber nicht ruhen,<br />
und so vermittelte ihnen Zinser das<br />
bayerische FLÜGGE-Programm, das<br />
Hochschulabsolventen und -mitarbeiter<br />
in der ersten Phase einer<br />
Unternehmensgründung finanziell<br />
unterstützt. Das gab Schäffer die<br />
Chance, zugleich an der LMU und<br />
für die eigene Firma tätig zu sein.<br />
Durch diese Hilfe sieht sich der<br />
Unternehmer aber auch in der<br />
Pflicht. Denn viele Innovationen, die<br />
in die Firma eingebracht würden,<br />
kämen von der LMU. Deshalb sei es<br />
wichtig für ihn, so Schäffer, der Uni<br />
auch wieder etwas zurückzugeben<br />
– als Leiter einer Arbeitsgruppe von<br />
Professor Michael Hallek am Klinikum<br />
Großhadern. ■ kg<br />
WHO IS WHO<br />
IM LMU-GRÜNDERBÜRO<br />
• 5-Euro-Business: Bei dem<br />
praxisorientierten Wettbewerb<br />
können sich Geistes- und Sozialwissenschaftler<br />
während eines<br />
Semesters als Unternehmer versuchen.<br />
Mit einem Startkapital<br />
von fünf Euro entwickeln sie im<br />
Team eine Geschäftsidee für den<br />
realen Markt. Damit bekommen<br />
Studierende die Möglichkeit, sich<br />
einen Einblick in wirtschaftliche<br />
Zusammenhänge zu verschaffen<br />
und sich möglicherweise eine<br />
neue Perspektive für das weitere<br />
Berufsleben zu erschließen.<br />
www.5-Euro-Business.de<br />
• <strong>München</strong>er Business Plan<br />
Wettbewerb (MBPW): Beim<br />
MBPW – eine Kooperation zwischen<br />
bayerischem Wirtschaftsministerium,<br />
Firmen und Hochschulen<br />
– sollen Teilnehmer aus<br />
ihrer Geschäftsidee ein tragfähiges<br />
Unternehmenskonzept (business<br />
plan) erarbeiten. Das LMU-<br />
Gründerbüro ist Projektbeteiligter<br />
und Ansprechpartner für<br />
Teilnehmer der LMU.<br />
www.mbpw.de<br />
• HOCHSPRUNG / Gründer-<br />
Regio M: Das „HochschulProgramm<br />
für UnternehmensGründungen“<br />
der Bayerischen High-<br />
Tech-Offensive unterstützt Hochschulangehörige<br />
auf ihrem Weg<br />
in die Selbstständigkeit. Gemeinsam<br />
mit anderen Gründerbüros<br />
der Region <strong>München</strong> ist<br />
das der LMU darüber hinaus im<br />
Förderverein „GründerRegio M“<br />
zusammengeschlossen.<br />
www.hoch-sprung.de,<br />
www.gr-m.de<br />
• FLÜGGE: Das „Förderprogramm<br />
zum leichteren Übergang<br />
in eine Gründerexistenz“<br />
(FLÜGGE) des bayerischen Wissenschaftsministeriums<br />
hilft Absolventen<br />
und wissenschaftlichen<br />
Mitarbeitern in die Selbstständigkeit.<br />
Das LMU-Gründerbüro<br />
berät und unterstützt bei<br />
der Antragstellung und hat darüber<br />
hinaus die bayernweite<br />
Projektträgerschaft inne.<br />
www.fluegge-bayern.de
Fotos: LMU / Haak & Nakat<br />
DEIN FREUND UND HELFER<br />
IT-GRUPPE LÖST EDV-PROBLEME<br />
DER GEISTESWISSENSCHAFTLER<br />
Wie bitte? Das entscheidende Dokument<br />
für den Vortrag lässt sich<br />
nicht öffnen, und der Internet-<br />
Zugang funktioniert auch nicht!<br />
Und eigentlich müsste für die Präsentation<br />
unbedingt noch ein Foto<br />
eingescannt werden... Wer in<br />
den geisteswissenschaftlichen Fakultäten<br />
der LMU, etwa den Geschichts-<br />
oder den Sprachwissenschaften,<br />
mit seinem Computer<br />
kämpft, dem steht die IT-Gruppe<br />
Geisteswissenschaften bei. Das<br />
überfakultäre Team unterstützt<br />
die Forscher bei der Konzeption<br />
und Organisation aller EDV-bezogenen<br />
Projekte – und hilft, wenn<br />
es irgendwo hakt und klemmt.<br />
„Vor allem die Einbindung der so<br />
genannten kleinen Fächer wie der<br />
Assyrologie oder Byzantinistik liegt<br />
uns am Herzen“, erklärt Dr. Christian<br />
Riepl, Leiter der IT-Gruppe.<br />
„Durch die Zusammenarbeit mit<br />
anderen Instituten können auch sie<br />
angemessen vom technischen Fortschritt<br />
profitieren.“ Inzwischen werden<br />
60 Institute und Einrichtungen<br />
der Fakultäten für Theologie, für Geschichts-<br />
und Kunstwissenschaften,<br />
für Kulturwissenschaften sowie<br />
Sprach- und Literaturwissenschaften<br />
an insgesamt 26 Standorten in<br />
Sachen EDV von einer zentralen<br />
Stelle betreut. In den frisch bezogenen<br />
Räumen der IT-Gruppe in der<br />
Münchner <strong>Ludwig</strong>straße feilt man<br />
nicht nur an Konzepten, auch die<br />
nötige Hardware steht bereit. Hier<br />
gibt es einen neuen Arbeitsplatz mit<br />
Videoschnittstelle, Dozentinnen und<br />
Dozenten können in der <strong>Ludwig</strong>straße<br />
auch Beamer, Laptop und Digitalkamera<br />
ausleihen.<br />
In erster Linie ist die IT-Gruppe<br />
aber Dienstleister fürs Projektmangement:<br />
Mitarbeiter der Kunstgeschichte<br />
entwickeln zurzeit zusammen<br />
mit den EDV-Fachleuten die<br />
digitale Bilddatenbank PROME-<br />
THEUS. Erfasst werden Kunstwerke<br />
aller Art, die von Dozenten für Lehrveranstaltungen<br />
abgerufen werden<br />
können. Geplant ist hier der Zusammenschluss<br />
mit anderen deutschen<br />
<strong>Universität</strong>en zu einer nationalen<br />
Datenbank. Sie soll die Diatheken<br />
der einzelnen Hochschulen ablösen.<br />
Erfolgreich genutzt werden<br />
schon die Sprachanalyseprogramme<br />
SALOMO und AMOS zur Untersuchung<br />
althebräischer Texte. Besonders<br />
bei diesen Projektarbeiten<br />
zahle es sich aus, dass fast alle Mitarbeiter<br />
der IT-Gruppe selbst aus<br />
den Geisteswissenschaften stammen,<br />
meint IT-Gruppen-Chef Riepl.<br />
„Wir können uns leichter in die Anliegen<br />
und Notwendigkeiten dieser<br />
Fächer eindenken und die entsprechenden<br />
Lösungen dann im EDV-<br />
Bereich umsetzen.“<br />
HIEROGLYPHEN AM<br />
COMPUTER ENTSCHLÜSSELN<br />
Mit der Datenbank des Projekts<br />
„Deir el Medine“ haben Forscher seit<br />
einiger Zeit auf alte ägyptische Tonscherben<br />
mit Hieroglyphenschrift<br />
direkten Zugriff. Jede Scherbe ist<br />
auf einem Foto festgehalten sowie<br />
einheitlich und detailliert beschrieben:<br />
Die Hieroglyphenschrift wird<br />
graphisch dargestellt, phonetisch<br />
transkribiert und der gesamte Text<br />
übersetzt und kommentiert. Sogar<br />
einzelne Wortelemente sind hier analysiert.<br />
Der Vorteil gegenüber einer<br />
Print-Veröffentlichung: Texte<br />
lassen sich abfragen, grammatische<br />
Analysen und Textdetails bequem<br />
suchen. Auch bei der Erst-Analyse<br />
weiterer Texte leistet die Datenbank<br />
gute Dienste. Taucht etwa ein Element<br />
auf, das bereits analysiert<br />
wurde, dann macht das System den<br />
Benutzer gleich darauf aufmerksam.<br />
So wird eine einheitliche Übersetzung<br />
der zahlreichen Schriften gewährleistet.<br />
Noch gibt es viel zu tun:<br />
Erst 200 der insgesamt 10.000<br />
Fundstücke wurden bislang erfasst.<br />
Die IT-Gruppe hat darüber hinaus<br />
weitere Pläne: Auch sie arbeitet<br />
an einem Pilotprojekt als möglicher<br />
Einstieg in eine so genannte Notebook-University,<br />
wie sie die Bundesregierung<br />
derzeit propagiert und<br />
an verschiedenen Hochschulen bereits<br />
finanziell unterstützt. Bei dem<br />
Projekt der IT-Gruppe dient ein Laptop<br />
mit Funkkarte als mobiler Server,<br />
mit dem Clientgeräte über eine<br />
Funkverbindung Kontakt halten.<br />
Das kleine Netzwerk kann beispielsweise<br />
bei Ausgrabungen der Archäologen<br />
eine große Hilfe sein:<br />
Arbeiten Mitarbeiter über ein großes<br />
Areal verstreut, können sie über den<br />
Server Mails austauschen oder bereits<br />
gesammelte Informationen abrufen.<br />
Derzeit laufen drei kleine Pilotprojekte<br />
für die Klassische Archäologie<br />
sowie die Vor- und Frühgeschichte.<br />
„Ein Projekt mit großem<br />
Potenzial“, prophezeit Dr. Christian<br />
Riepl. ■ zuk<br />
IT-Gruppe<br />
Geisteswissenschaften<br />
<strong>Ludwig</strong>str. 28<br />
Hotline für Mitarbeiter der<br />
geisteswissenschaftlichen<br />
Fakultäten und studentische<br />
Hilfskräfte (Mo.- Fr., 9.15-12<br />
Uhr und 13-16 Uhr):<br />
Tel. 2180-6400<br />
MUM 03/2002 PROFILE<br />
19
MUM 03/2002 PR0FILE<br />
20<br />
Von der „Genetik des erblichen<br />
kolorektalen Karzinoms“ über die<br />
„Ab-Initio-Moleküldynamik“ bis<br />
zu den „Ersten Politikerinnen im<br />
Bayerischen Landtag“: Ein breites<br />
Themenspektrum mit hochkarätigen<br />
Forschungsergebnissen bot<br />
sich den Teilnehmenden eines<br />
Kolloquiums zu Semesterbeginn.<br />
Eingeladen hatte die <strong>Universität</strong>sfrauenbeauftragte<br />
Professor<br />
Dr. Ulla Mitzdorf – und das aus<br />
gutem Grund. Denn die Wissenschaftlerinnen,<br />
die dort ihre Forschungsergebnisse<br />
präsentierten,<br />
wurden alle durch die so genannten<br />
Frauen fördernden Maßnahmen<br />
des Hochschulsonderprogramms<br />
(HSP) in ihrer Arbeit<br />
unterstützt.<br />
Die acht Vorträge waren dabei nur<br />
eine kleine Auswahl. Seit Beginn des<br />
Programms bis zum vorläufigen<br />
Abschluss Ende 2001 wurden insgesamt<br />
rund 250 Forschungsprojekte<br />
allein an der LMU finanziell<br />
bezuschusst. „Es war mir ein Anlie-<br />
Foto: LMU<br />
RAN AN DIE TÖPFE<br />
FRAUENFÖRDERUNG SORGT FÜR<br />
MEHR CHANCENGLEICHHEIT<br />
gen“, so Mitzdorf, „zum Ende dieser<br />
Phase der Öffentlichkeit zu präsentieren,<br />
was für ein Potenzial an<br />
unserer <strong>Universität</strong> schlummert.“<br />
Das HSP – ein Bund-Länder-Programm<br />
– wurde 1989 initiiert und als<br />
Ergänzung 1990 (HSP II) und 1996<br />
(HSP III) jeweils neu aufgelegt.<br />
Ziel war es, ganz unterschiedliche<br />
Schwerpunkte an den Hochschulen<br />
zu fördern. Einer der Förderschwerpunkte<br />
war ab 1990 die „insbesondere<br />
Frauen fördernden Maßnahmen“.<br />
Die damit finanzierten Programme<br />
wurden von den einzelnen Ländern<br />
unterschiedlich ausgestaltet.<br />
IM MITTELPUNKT: DIE<br />
POST-DOC-FÖRDERUNG<br />
Seit Anfang 2001 hat das HSP nun<br />
seine Fortsetzung gefunden im<br />
so genannten Hochschulwissenschaftsprogramm<br />
HWP „Chancengleichheit<br />
für Frauen in Forschung<br />
und Lehre“. Dort wurden neue<br />
Bedingungen und Förderziele formuliert,<br />
aber ein in Bayern von<br />
Beginn an zugrunde gelegtes Prin-<br />
zip beibehalten: Hier lag nämlich der<br />
Fokus neben der Promotionsförderung<br />
vor allem auf der Förderung<br />
von Frauen nach der Promotion. Die<br />
Initiierenden meinten, es sei wahrscheinlicher,<br />
den verschwindend<br />
geringen Prozentsatz von Professorinnen<br />
zu erhöhen – eines der wichtigsten<br />
messbaren Ziele von Gleichstellungsförderung<br />
–, wenn man<br />
aussichtsreiche Wissenschaftlerinnen<br />
in der Post-Doc-Phase finanziell<br />
unterstütze und damit motiviere,<br />
sich weiter ihrer Forschung zu<br />
widmen. Üblicherweise fällt vor<br />
allem nach der Promotion die Entscheidung<br />
für oder gegen eine Laufbahn<br />
in der Wissenschaft.<br />
Zudem berücksichtigt das Programm<br />
auch die spezifische Doppelbelastung<br />
von Frauen, die meist mit<br />
Familienarbeit und Kindererziehung<br />
mehr zu kämpfen haben, durch die<br />
Anrechnung von Kindererziehungszeiten<br />
und Kinderbetreuungszuschlägen.<br />
„Die dringend nötigen<br />
Plätze in Kindergärten oder eine<br />
Kindertagesstätte können wir aller-<br />
dings damit nicht ersetzen“, so die<br />
Frauenbeauftragte.<br />
Ob die Frauen, die sich bewerben,<br />
aussichtsreiche Kandidatinnen für<br />
eine Hochschullaufbahn sind, müssen<br />
sie in einem Auswahlverfahren<br />
beweisen. Dazu gehören verschiedene<br />
Gutachten und ein Auswahlgremium<br />
mit der Stimme der Frauenbeauftragten<br />
und vorab ein Beratungsgespräch.<br />
Warum aber gibt es überhaupt<br />
ein eigenes Förderprogramm für<br />
Frauen? Manche sehen darin die<br />
Gefahr, dass Wissenschaftlerinnen<br />
„abgeschoben“ würden und ihren<br />
männlichen Kollegen andere übliche<br />
Wege der Laufbahnfinanzierung<br />
vorbehalten blieben. „Das ist die Krux<br />
dieser Form von Frauenförderung“,<br />
meint die Frauenbeauftragte. „Sie ist<br />
dringend nötig, um eine Gleichheit<br />
herzustellen. Das Ziel muss aber sein,<br />
dass sie in absehbarer Zeit überflüssig<br />
ist.“ ■ dir<br />
Infos zum HWP unter www2.unimuenchen.de/frauenbeauftragte/
1 Eine Stele, Wandmalerei (großes Foto) und ein Stahlpodest bilden die<br />
dreiteilige Installation von Julia Mangold.<br />
1 Das Objekt von James Reineking auf dem Campus in Großhadern.<br />
KUNSTSCHÄTZE<br />
AN DER LMU<br />
Grafiken und Gemälde, Installationen und Fotografien, in Stein<br />
gehauene Botschaften – die <strong>Universität</strong> <strong>München</strong> ist auch eine<br />
Galerie für Kunstwerke. MUM präsentiert diese Schätze und zeigt,<br />
wo sie zu finden sind. Nicht jeder, der in den 1998 bezogenen<br />
Gebäuden der Fakultät für Chemie und Pharmazie der LMU arbeitet,<br />
ist begeistert von den Skulpturen, die auf dem Campus in<br />
<strong>München</strong>-Großhadern aufgestellt wurden.<br />
„Die Geschmäcker sind verschieden“, sagt Dr. Wolfgang Storch<br />
vom Lehrbereich Anorganische Chemie, „aber ich denke, Kunst am<br />
Bau sollte anregen und nicht unbedingt aufregen“. Die Kunst wurde<br />
hier aber doch zum Aufreger: Besonders umstritten unter den<br />
Chemikern und Pharmazeuten ist ein Objekt der Künstlerin Julia<br />
Mangold. Eigentlich soll ihre dreiteilige Rauminstallation eine<br />
Brücke zwischen den verschiedenen Bauten schlagen. Stattdessen<br />
finden viele, dass die zu dem Kunstwerk gehörende, sechs mal zwei<br />
Meter messende, schwarze Stahlskulptur in Haus D vor allem Platz<br />
verschwende. „Wir bräuchten dringend eine kleine Pausenecke für<br />
die Studierenden“, sagt Dr. Wolfgang Storch. Der „Sarg“ in der<br />
Eingangshalle nähme da nur unnötig Fläche weg. Zudem sei die<br />
Installation als solche nicht zu erkennen. „Nicht mal für eine<br />
erklärende Plakette hat es gereicht.“<br />
Als Aufreger Nummer 2 ist die ringförmige Stahlskulptur von<br />
James Reineking in die Geschichte der Fakultät eingegangen. Die<br />
Skulptur steht, und zwar dort, wo der Künstler sie positioniert hat:<br />
auf dem kleinen Platz vor den Hörsälen. Das ist nicht selbstverständlich.<br />
Denn das massive Objekt versperrt die Schwertransporter-Zufahrt<br />
zu einer Flüssigstickstoffanlage der Chemiker. Da<br />
der Stahlkoloss von einigen Fakultätsangehörigen gar nicht als<br />
Kunstwerk identifiziert wird, war man schon drauf und dran, das<br />
„Altmetall” abzutransportieren. Nach langer Diskussion steht fest:<br />
Der Stickstoff muss der unverrückbaren Skulptur weichen. Nun<br />
wird nur noch ein verbliebener Tank auf dem Campus mit Nitrogenium<br />
befüllt. Längere Wege – zum Wohle der Kunst. ■ oh<br />
Fotos: Maria Dorner<br />
MUM 03/2002 KUNSTSCHÄTZE<br />
21
MUM 03/2002 STUDIUM<br />
22<br />
Fotos: Sibylle Endres / Haak & Nakat<br />
SERIE: NACHWUCHSJOURNALISTEN<br />
AN DER LMU (TEIL 1)<br />
STEINHAUSEN UNTER DRUCK<br />
Es ist ein sonniger Tag Mitte Mai,<br />
und die Fahnen am Eingang zum<br />
Druckzentrum des Süddeutschen<br />
Verlags (SV) in <strong>München</strong>-Steinhausen<br />
flattern leise im Wind.<br />
Ein ruhiger Dienstagnachmittag.<br />
Zu ruhig. Zwei Arbeiter haben<br />
sich am Haupttor postiert,<br />
stündlich werden sie abgelöst.<br />
Hier ist kein Durchkommen<br />
mehr: Warnstreiks im bayerischen<br />
Druckgewerbe.<br />
Leopold Ferdus, einer der Streikenden,<br />
ist seit mehr als 32 Jahren im<br />
Druckzentrum beschäftigt. Und<br />
obwohl er in 14 Tagen in Rente<br />
gehen wird, zeigt er sich solidarisch<br />
und setzt sich zusammen mit Peter<br />
Seuftl, einem Maschinenführer, für<br />
die Sache der Drucker ein. „Durch<br />
die Schichtarbeit ist kein geregeltes<br />
Leben mehr möglich“, klagt Ferdus.<br />
„Da muss wenigstens ein<br />
angemessener Lohn für Ausgleich<br />
sorgen.“ Ein Plus von 6,5 Prozent<br />
für zwölf Monate Laufzeit fordert<br />
die Dienstleistungsgewerkschaft<br />
ver.di und ruft deshalb auch die<br />
rund 750 Beschäftigten des SV-<br />
Druckzentrums wiederholt zum<br />
Warnstreik auf.<br />
Dem Ausstand zum Trotz rotieren<br />
allerdings auch an diesem Tag<br />
in Steinhausen die Druckmaschi-<br />
nen. „Die Schichtführer und die<br />
Abteilung Zeitungsrotation übernehmen<br />
die Arbeit von den Helfern<br />
und Druckern. Den Versand regeln<br />
die Versand-Schichtführer und vor<br />
allem Abrufkräfte, die nicht zum<br />
regulären Arbeiterstamm gehören“,<br />
erklären die Streikposten. In den<br />
Innenhof des Geländes schlendern<br />
immer mehr Arbeiter, die es sich<br />
unter dem aufgestellten Pavillon<br />
auf Bierbänken gemütlich machen.<br />
Die Stimmung ist ausgelassen, Bier<br />
und Grillwürste schmecken – aber<br />
auch der Grimm ist spürbar. Viele<br />
haben an ihre Hemden Buttons mit<br />
der Aufschrift „Ich bin stolz, kein<br />
Streikbrecher zu sein!“ gepinnt. Wie<br />
wird die Süddeutsche Zeitung, die<br />
ab 18 Uhr in Druck geht, aussehen?<br />
„Dünner, mit einer etwas verringerten<br />
Farbigkeit. Auch das Layout<br />
wird einfacher sein“, sagt der stellvertretendeBetriebsratsvorsitzende<br />
Adalbert Schmid. Aufmerksame<br />
Leser werden am nächsten Tag auf<br />
der SZ-Titelseite folgenden Hinweis<br />
finden: „Ein Warnstreik in der<br />
Druckindustrie hat die Produktion<br />
der Süddeutschen Zeitung beeinträchtigt.<br />
Deshalb erscheint diese<br />
Ausgabe nicht mit dem ursprünglich<br />
geplanten Umfang und nicht<br />
mit der gewohnten Gliederung und<br />
Aktualität. Wir bitten unsere Leser<br />
und Anzeigenkunden um Verständnis.“<br />
Ähnliche Meldungen finden<br />
sich auch an den folgenden Tagen.<br />
ZÄHE VERHANDLUNGEN<br />
Die Arbeitgeber halten sich<br />
währenddessen bedeckt. An der<br />
Pforte am Haupteingang ist für<br />
Journalisten Endstation. Auch telefonisch<br />
ist der Geschäftsführer<br />
des SV-Druckzentrums, Reinhard<br />
Lorch, zu keiner Stellungnahme<br />
bereit. Der Bundesverband Druck<br />
und Medien weist die Forderungen<br />
der Arbeitnehmer als „drastisch zu<br />
hoch“ zurück, ist dem Internet zu<br />
entnehmen.<br />
Acht Tage später ist alles vorbei.<br />
Nach sieben zähen Verhandlungsrunden<br />
haben sich die Gewerkschafter<br />
von ver.di und die Druck-<br />
Arbeitgeber in Frankfurt am Main<br />
1 Streik im Druckzentrum der SZ<br />
Foto: Sibylle Endres<br />
geeinigt. Die 220.000 Beschäftigten<br />
der Druckindustrie bekommen<br />
rückwirkend zum 1. Mai 3,4 Prozent<br />
mehr Lohn und Gehalt sowie<br />
eine Einmalzahlung von 43 Euro<br />
für April. Auch die Beschäftigten<br />
des SV-Druckzentrums haben in<br />
den nächsten zwölf Monaten mehr<br />
Geld im Portemonnaie. Nur Leopold<br />
Ferdus nicht. Der ist jetzt Rentner.<br />
■ Sibylle Endres<br />
„Zeitungspraktikum“ lautet der<br />
Titel eines Seminars am Institut<br />
für Kommunikationswissenschaften<br />
der LMU. KW-Studierende<br />
mit dem Berufswunsch<br />
Journalist können hier erste<br />
praktische Erfahrungen sammeln:<br />
Nachrichten bewerten,<br />
recherchieren und redigieren, mit<br />
Layouts arbeiten, Überschriften<br />
titeln, Reportagen schreiben. Das<br />
Know-how dazu kommt aus<br />
erster Hand: Die Dozenten sind<br />
Journalisten mit langjähriger<br />
Praxiserfahrung. Besonders<br />
gelungene Texte der Nachwuchsjournalisten,<br />
die im Rahmen<br />
dieses Seminars entstehen,<br />
veröffentlicht das Münchner<br />
Uni.<strong>Magazin</strong> künftig in loser<br />
Folge. ■ gl
Foto: LMU<br />
HIER SPIELT DIE MUSIK<br />
LMU-ENSEMBLES<br />
VON BACH BIS BEAT<br />
„Stopp, stopp, stopp!“ ruft Hans<br />
Rudolf Zöbeley und reißt die<br />
Arme in die Höhe. „Die punktierten<br />
Achtel bitte nicht aussingen!“<br />
Der weißhaarige Herr steht, den<br />
Knoten seiner Krawatte gelockert,<br />
auf einem Podest neben dem Flügel<br />
in der kleinen Aula der LMU.<br />
Um ihn schart sich der gemeinsame<br />
Unichor der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong> und<br />
der Technischen <strong>Universität</strong> <strong>München</strong>.<br />
„Noch mal. Tuttiiiii!“, ruft<br />
er und hebt die Hände. Hundertfünfzig<br />
Augenpaare folgen ihnen<br />
– eine kleine Geste, und aus hundertfünfzig<br />
Kehlen schallt: „Jeru–salem“.<br />
Nur wenige Takte, der<br />
Chorleiter schwingt die Arme,<br />
bricht wieder ab, diesmal begeistert:<br />
„Ha! Super. Wird gut, wird<br />
gut.“ Seit 1969 leitet Zöbeley, der<br />
frühere Kirchenmusikdirektor der<br />
evangelischen Bischofskirche St.<br />
Matthäus, den Münchner<br />
Unichor. Sein Ensemble ist eines<br />
von knapp einem Dutzend Angeboten<br />
für Studierende der LMU,<br />
die, jenseits von Seminar und<br />
Bibliothek, ihre Freizeit an der Uni<br />
musikalisch gestalten wollen.<br />
Zweimal im Jahr bereiten die Sänger<br />
des Unichors zwei Werke für das<br />
große Konzert vor, das stets zum<br />
Semesterende stattfindet. In diesem<br />
Sommer haben Zöbeley und die<br />
fünfzehn Studierenden des Chorvorstandes<br />
Wolfgang Amadeus<br />
Mozarts „Davide penitente“ und<br />
„Cantata Misericordium“ von Benjamin<br />
Britten ausgewählt.<br />
VORSINGEN IST PFLICHT<br />
Allwöchentlich dienstags um 19 Uhr<br />
probt das Ensemble; bei einem<br />
Chorwochenende vor den Auftritten<br />
wird noch einmal besonders intensiv<br />
geübt. „Wenn man bei den Konzerten<br />
mit hundertfünfzig anderen<br />
laut singt und das Orchester alles<br />
begleitet, ist das ein unbeschreibliches<br />
Gefühl“, erzählt Holger<br />
Emmert, der Betriebswirtschaft und<br />
Wirtschaftspolitik studiert hat. Der<br />
29-Jährige war früher im Kirchenchor,<br />
spielt Klavier und Posaune und<br />
singt seit zwei Jahren unter Zöbeleys<br />
Fittichen. Ania Tennemann ist<br />
schon ein Jahr länger dabei. Die 25jährige<br />
Lehramtsstudentin schätzt<br />
am Unichor besonders den<br />
Anspruch, Werke zu singen, an die<br />
sich andere Chöre nicht wagen.<br />
„Außerdem lernt man hier leicht<br />
Leute kennen“, findet sie. „Nach den<br />
Proben gehen wir fast immer noch<br />
in eine Kneipe.“<br />
Der Chor steht allen offen.<br />
„Noten sollte man allerdings schon<br />
lesen können“, meint Holger<br />
Emmert. Außerdem müssen neue<br />
Mitglieder zu Semesterbeginn vorsingen.<br />
„Natürlich war ich aufgeregt“,<br />
erinnert sich Ania Tennemann.<br />
„Aber es war halb so schlimm.“ Das<br />
Vorsingen schließe sich unmittelbar<br />
an die Proben an und man müsse,<br />
begleitet vom Klavier, nur das vortragen,<br />
was geübt worden sei. „Trifft<br />
man trotzdem den Ton nicht auf<br />
Anhieb, darf man es noch mal versuchen“,<br />
sagt sie. Mut und Engagement<br />
lohnen sich. Regelmäßig laden<br />
andere <strong>Universität</strong>en den Chor ein.<br />
Die Studierenden waren schon im<br />
westfälischen Münster und auch in<br />
Athen und Prag. Im kommenden<br />
Wintersemester steht ein Austausch<br />
mit dem Chor der Uni Bologna an.<br />
Sänger finden an der LMU aber<br />
auch musikalische Alternativen zum<br />
Unichor. Dr. Kiwha Kim gründete<br />
1995 das Renaissance-Vokalensemble<br />
der <strong>Universität</strong> <strong>München</strong>. „Der<br />
Unichor ist sehr groß und ich dachte,<br />
da müsste es noch etwas Kleineres<br />
geben“, erinnert sie sich. Nur<br />
zwölf Leute singen im Renaissance-<br />
Vokalensemble, das vor allem Acapella-Stücke<br />
aus dem Bereich der<br />
Alten Musik einübt. Kim leitet auch<br />
die Kammermusikgruppe „Concentus<br />
Academicus“. „Ich stehe aber<br />
nicht vorne und dominiere die sie-<br />
DAS MUSIKALISCHE<br />
ANGEBOT DER LMU<br />
• Unichor <strong>München</strong>:<br />
Dr. Hans Rudolf Zöbeley, Telefon<br />
659310, www.unichor.de<br />
• Renaissance-Vokalensemble /<br />
Concentus Academicus:<br />
Dr. Kiwha Kim, Telefon 3148665<br />
• Big Band / Combo: Prof. Joe<br />
Viera, Telefon 2180-5264<br />
• Chor-Vokal-Ensemble: Martin<br />
Zöbeley, Telefon 5380147<br />
• Symphonia Nova Orchester:<br />
Isabel Mayagoitit-Strauß,<br />
Telefon 90937909,<br />
www.symphonia-nova.de<br />
• Kammerorchester:<br />
Frank Helferich,<br />
Telefon: 2180-5264<br />
• Kammerchor: Michael Prager,<br />
Telefon: 2180-5264<br />
• Abaco-Orchester <strong>München</strong>:<br />
Markus Poschner,<br />
Telefon 33995671,<br />
www.abaco.uni-muenchen.de<br />
• Sinfonietta: Hartmut Zöbeley,<br />
Telefon 3005568<br />
• Junge Münchner<br />
Symphoniker: Bernhard Koch,<br />
Telefon 2712010<br />
•Palestrina Ensemble<br />
<strong>München</strong>: Ltd. Akad. Direktor<br />
Dr. Venanz Schubert, Telefon<br />
98290209, www.palestrinaensemble.de<br />
Konzerttermine finden sich in<br />
den LMU-Broschüren „Veranstaltungskalender“<br />
und „Konzerte<br />
in der Aula“, die kostenfrei in<br />
den Gebäuden der <strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong> ausliegen.<br />
ben anderen, sondern spiele am Klavier<br />
selbst mit“, sagt die Pianistin.<br />
Wer es moderner liebt, ist in der<br />
Combo oder der Big Band von Prof.<br />
Joe Viera richtig. „Die erste Combo<br />
habe ich 1989 gegründet, aus ihr ging<br />
1996 die Big Band hervor“, erzählt der<br />
Musiker und Lehrer, der 1970 die<br />
Internationale Jazz-Woche Burghausen<br />
mitgegründete. In der Big Band<br />
seien die Anforderungen etwas höher<br />
als in der Combo. Trotzdem empfiehlt<br />
Viera jedem Saxophonisten oder<br />
Trompeter in einer Big Band zu spielen:<br />
„Hier lernt man vieles, was man<br />
im Jazz braucht. Die Big Bands sind<br />
die Grundschulen des Jazz.“ ■ mb<br />
MUM 03/2002 STUDIUM<br />
23
MUM 03/2002 PRO & CONTRA<br />
24<br />
Zunehmend wird die Forderung<br />
laut, die Lehrerbildung<br />
aus den <strong>Universität</strong>en wieder auszulagern<br />
und an Pädagogischen<br />
Hochschulen oder Fachhochschulen<br />
neu zu etablieren. Dieser Forderung<br />
ist aus mehreren Gründen<br />
scharf zu widersprechen.<br />
Eine solche radikale Lösung negiert<br />
erstens die durch Integration der gesamten<br />
Lehrerbildung in die <strong>Universität</strong>en<br />
erreichten Vorteile für Studierende<br />
und Institutionen. Dazu zählen<br />
auch die Möglichkeiten interdisziplinären<br />
Lernens, der Kontakt zu aktueller<br />
wissenschaftlicher Forschung<br />
mit der Option interessegeleiteter<br />
Spezialisierung und der Erwerb eines<br />
breiten Orientierungswissens. Die<br />
<strong>Universität</strong> hat durch die Integration<br />
neue wissenschaftliche Perspektiven<br />
und Studierende gewonnen. Die Radikallösung<br />
verkennt zweitens die<br />
für die Konsolidierung organisatorischer<br />
Strukturen und die Umformung<br />
von Fachkulturen notwendigen<br />
Zeiträume – eine integrierte universitäre<br />
Lehrerbildung gibt es bundesweit<br />
(abgesehen von Baden-<br />
Württemberg) seit rund 20 Jahren.<br />
Erst seit kurzem rücken etwa in den<br />
Fachdidaktiken habilitierte Hochschullehrer<br />
nach; eine zufriedenstellende<br />
Integration konnte daher<br />
bislang aufgrund der personalen<br />
Bedingungen nur schwer erfolgen.<br />
Drittens basiert die Forderung<br />
nach Auslagerung auf der unbewiesenen<br />
Annahme, dass ein Lehramtsstudium<br />
an PH oder FH besser, weil<br />
praxisnäher sei. Die Ausbildungsforschung<br />
bekräftigt zwar den Stellenwert<br />
von Praxisbegegnungen im<br />
Lehramtsstudium, verweist aber auch<br />
auf die hohe Bedeutung soliden Wissens<br />
in den später unterrichteten Fächern<br />
und des Einblicks in die theoretische<br />
Fundierung didaktischen Handelns.<br />
Viertens wäre mit einer Verankerung<br />
der Lehrerbildung außerhalb<br />
der <strong>Universität</strong>en eine ganz<br />
bestimmte gesellschaftliche (Ab-)<br />
Wertung dieser Berufsgruppe und<br />
ihrer bildungspolitischen Aufgaben<br />
verknüpft; dies stünde im Widerspruch<br />
zur Forderung nach einer<br />
stärkeren Anerkennung von Lehrerbildung<br />
und Lehrertätigkeit.<br />
Die <strong>Universität</strong>en dürfen die Lehrerbildung<br />
nicht abgeben. Unsere Gesellschaft<br />
kann es sich nicht leisten,<br />
diejenigen, die in der Erziehung und<br />
Ausbildung der kommenden Generationen<br />
eine zentrale Rolle spielen,<br />
aus der universitären Lern- und Forschungsgemeinschaft<br />
auszugrenzen.<br />
Für die <strong>Universität</strong>en stellt die Lehrerbildung<br />
zudem eine notwendige<br />
und fruchtbare Herausforderung dar.<br />
Denn durch sie werden einerseits<br />
betroffenen universitären Disziplinen<br />
stets aufs Neue angeregt, sich<br />
Foto: LMU<br />
■ Friederike Klippel, Lehrstuhlinhaberin<br />
für Didaktik der Englischen<br />
Sprache und Literatur an der LMU<br />
mit bildungspolitischen und -theoretischen<br />
Fragen von Kanonbildung,<br />
Elementarisierung, Bildungszielen<br />
und Wissensstrukturen ihres Faches<br />
zu befassen. Andererseits ergeben<br />
sich für Fachwissenschaften, -didaktiken<br />
und Erziehungswissenschaften<br />
(bislang leider zu wenig genutzte)<br />
Möglichkeiten der interdisziplinären<br />
Zusammenarbeit in Forschung und<br />
Lehre. Ein beträchtlicher Teil der Studierenden<br />
(LMU: ca. 14 Prozent)<br />
strebt ein Lehramt an. Die <strong>Universität</strong>en<br />
müssen und werden sich der<br />
Aufgabe stellen, für eine berufsfeldbezogene<br />
und wissenschaftlich fundierte<br />
Lehrerbildung zu sorgen, die<br />
zukünftige Lehrkräfte auf die kompetente<br />
Bewältigung ihres Berufs vorbereitet<br />
und ihnen die Basis für lebenslanges<br />
Weiterlernen schafft. ■<br />
Die Frage, ob wir eine universitäre<br />
Lehrerbildung brauchen,<br />
beantworte ich nur unter Vorbehalt<br />
mit Nein. Als Professor an<br />
einer Pädagogischen Hochschule in<br />
Baden-Württemberg werde ich<br />
mich hüten, die Wiedererrichtung<br />
solcher Hochschulen andernorts zu<br />
empfehlen. Meine Antwort ist an<br />
zwei Voraussetzungen geknüpft.<br />
■ Eduard Haueis, Professor für<br />
Deutsche Literatur und Didaktik,<br />
Pädagog. Hochschule Heidelberg<br />
PRO & CONTRA<br />
BRAUCHEN WIR EINE<br />
UNIVERSITÄRE LEHRERBILDUNG?<br />
Lehrerausbildung darf keine Nebensache sein – darin sind sich Politiker<br />
und Pädagogen spätestens seit der PISA-Studie einig. In Bayern<br />
wird laut über eine grundlegende Reform nachgedacht. Der im<br />
bayerischen Wissenschaftsministerium angesiedelte Rat für Wissenschaft<br />
und Forschung empfahl im April 2002, die Lehrerbildung<br />
in einer „Hochschule neuen Typs“ anzusiedeln. Die Debatte<br />
um eine Verlagerung der Lehrerausbildung an Pädagogische Hochschulen<br />
(PH) oder Fachhochschulen (FH) erhitzt die Gemüter.<br />
Foto: Pädagog. Hochschule Heidelberg<br />
Erstens gehe ich davon aus, dass auf<br />
absehbare Zeit die Struktur der Lehrerbildung<br />
dem gegliederten Schulwesen<br />
folgt. Denn Schulen, die sich<br />
ihre Klientel nicht selber aussuchen<br />
können, müssen auf andere Qualifikationen<br />
ihrer Lehrkräfte setzen<br />
als solche, die sich unerwünschter<br />
Schülerinnen und Schüler durch<br />
Verwaltungsakte auch wieder entledigen<br />
können. Zweitens müssen<br />
die Pädagogischen Hochschulen im<br />
Rahmen ihrer besonderen Aufgaben<br />
den <strong>Universität</strong>en gleichgestellt<br />
werden, also über einen eigenständigen<br />
Forschungsauftrag sowie<br />
über Promotions- und Habilitationsrecht<br />
verfügen. Diese Voraussetzung<br />
ist in Baden-Württemberg,<br />
wenngleich halbherzig, in den letzten<br />
Jahren erfüllt worden.<br />
Auf die Behauptung, dass an einer<br />
Pädagogischen Hochschule die Lehrerbildung<br />
praxisnäher gestaltet<br />
werden könnte, stütze ich mich<br />
nicht; dieses Argument riecht nach<br />
Unsauberkeit. Niemand stellt die<br />
universitäre Verankerung anderer<br />
berufsfeldbezogener Disziplinen wie<br />
Medizin oder Jurisprudenz ernsthaft<br />
in Frage. Wer also meint, ausgerechnet<br />
bei der Qualifizierung<br />
von Lehrern Praxisnähe gegen Wissenschaftlichkeit<br />
ausspielen zu können,<br />
muss sich fragen lassen, welche<br />
Motive ihn umtreiben. Durch<br />
Lauterkeit und Intelligenz zugleich<br />
werden sie sich nicht auszeichnen.<br />
Vielmehr können Pädagogischen<br />
Hochschulen gerade zu einer<br />
wissenschaftlichen Lehrerbildung<br />
womöglich mehr beitragen als <strong>Universität</strong>en.<br />
Dafür sprechen Anhaltspunkte<br />
bei Organisationsstruktur,<br />
Lehre und Forschung:<br />
- Durch die besondere Aufgabenstellung<br />
ist die Aufmerksamkeit für die<br />
Lehrerbildung institutionell abgesichert<br />
und so etwas stabiler gegenüber<br />
konjunkturellen Schwankungen.<br />
Frei werdende Stellen sind nicht so<br />
leicht abzuziehen; die Verteilung von<br />
Ressourcen erfolgt nicht in Konkurrenz<br />
mit Disziplinen außerhalb der<br />
Lehrerbildung.<br />
- Studierende des Lehramts an<br />
Grund- und Hauptschulen laufen in<br />
dieser Institution weniger leicht<br />
Gefahr, diskriminiert oder vernachlässigt<br />
zu werden. Das Lehrangebot<br />
kann sich klar an dem Ziel orientieren,<br />
die wissenschaftlichen Kompetenzen<br />
zu vermitteln, die zur Professionalität<br />
im Beruf erforderlich sind.<br />
- In einer so konzipierten Lehrerbildung<br />
muss die Fachdidaktik systematisch<br />
untersuchen können, wie<br />
sich Kenntnisse und Fähigkeiten<br />
unter der Anleitung von Lehrenden<br />
herausbilden. Das erfordert ohne<br />
Kompetenzstreitigkeiten einen uneingeschränkten<br />
Zugriff auch auf fachwissenschaftliche<br />
Fragestellungen.<br />
Selbstverständlich sind <strong>Universität</strong>en<br />
in den genannten Punkten<br />
ebenso leistungsfähig, wenn sie<br />
denn die wissenschaftliche Qualifizierung<br />
der an Schulen tätigen<br />
Pädagogen wirklich als ihre Aufgabe<br />
wahrnehmen. Tun sie es? Eine<br />
ehrliche Antwort auf diese Frage<br />
sollte das einzige Kriterium für eine<br />
Entscheidung über den Ort der<br />
Lehrerbildung sein. ■
NEUBERUFEN<br />
PROF. DR. ANDREAS WAGNER<br />
Medizinische Fakultät<br />
Der Internist und Gastroenterologe<br />
Andreas Wagner ist seit dem 1. April<br />
2002 als Leitender Oberarzt der Medizinischen<br />
Klinik II im Klinikum<br />
1 Prof. Dr. Andreas Wagner<br />
Großhadern tätig. Seine klinische<br />
Ausbildung hat Wagner, 1964 in<br />
Sigmaringen geboren, in <strong>Universität</strong>skliniken<br />
in Neuseeland, Südafrika,<br />
USA, in der III. Medizinischen<br />
Klinik Mannheim, der Uni Heidelberg<br />
und im Klinikum der <strong>Universität</strong><br />
Marburg erhalten. Die wissenschaftliche<br />
Ausbildung erfolgte im<br />
Department of Physiology der University<br />
of Michigan in Ann Arbor,<br />
USA. Vor dem Wechsel an die LMU<br />
war er drei Jahre als Oberarzt und<br />
Leitender Arzt in der Abteilung<br />
Gastroenterologie des Inselspitals<br />
der <strong>Universität</strong> Bern (Schweiz) tätig.<br />
Klinisch liegen Wagners Schwerpunkte<br />
in der invasiven und therapeutischen<br />
Endoskopie sowie in der<br />
interdisziplinären Koordination der<br />
Behandlung von Patienten mit gastrointestinalen<br />
Tumoren, besonders<br />
Pankreaskarzinomen. In der Lehre<br />
beschäftigt sich Wagner mit neueren<br />
Methoden des problemorientierten<br />
Lernens, wie sie in <strong>München</strong><br />
im so genannten „Harvard-Programm“<br />
praktiziert werden. Der<br />
Schwerpunkt seiner Forschungstätigkeit<br />
liegt in der Molekularen<br />
Physiologie und Pathophysiologie<br />
Foto: LMU<br />
der Bauchspeicheldrüse sowie der<br />
Signaltransduktion und regulierten<br />
Exozytose.<br />
PROF. DR. EVELYN SCHULZ<br />
Fakultät für<br />
Kulturwissenschaften<br />
Seit dem Sommersemester 2002 ist<br />
Evelyn Schulz Professorin für Japanologie<br />
am Institut für Ostasienkunde.<br />
Geboren 1963 in Heidelberg,<br />
studierte sie Japanologie, Sinologie<br />
sowie Mittlere und Neuere Geschichte<br />
an der dortigen <strong>Universität</strong>.<br />
Mit einem Stipendium des Deutschen<br />
Akademischen Austauschdienstes<br />
studierte sie zwei Jahre in<br />
Kyoto; 1994/95 forschte sie am<br />
Deutschen Institut für Japanstudien<br />
in Tokyo. Nach ihrer Promotion<br />
1995 arbeitete sie als Assistentin,<br />
später als Oberassistentin am Ostasiatischen<br />
Seminar der <strong>Universität</strong><br />
Zürich, wo sie sich 2001 habilitierte.<br />
In diese Zeit fiel auch ein Forschungs-<br />
und Lehraufenthalt in<br />
Kobe. Ihre Schwerpunkte liegen in<br />
der modernen Literatur sowie der<br />
Geschichte der Stadt und der Reflexion<br />
stadtbezogener Themen in<br />
Japan.<br />
1 Prof. Dr. Evelyn Schulz<br />
PROF. DR. JOHN PARSCH<br />
Fakultät für Biologie<br />
Im Oktober 2001 hat John Parsch<br />
seine Professur für Funktionelle<br />
Genomanalyse mit Schwerpunkt<br />
Artbildung am Department Biologie<br />
II angetreten. Parsch, Jahrgang<br />
1969, machte seinen B.A. in Biologie<br />
1992 am Washington and Jefferson<br />
College in Washington,<br />
Pennsylvania/USA. 1998 promovierte<br />
er in Molekularer Biologie und<br />
Zellbiologie an der University of<br />
Maryland und war von 1999 bis<br />
2001 als Postdoc am Department<br />
für Organische Biologie und Evolutionsbiologie<br />
der Harvard University,<br />
Cambridge, tätig.<br />
Foto: LMU<br />
1 Prof. Dr. John Parsch<br />
In der Forschung befasst er sich zum<br />
einen mit dem Nachweis der natürlichen<br />
Selektion im Genom von<br />
Eukaryonten, zum anderen mit der<br />
evolutionären Genomik von Drosophila:<br />
Mit Methoden der komparativen<br />
und funktionellen Genomforschung<br />
werden die Prozesse untersucht,<br />
die an der Evolution von<br />
molekularen Netzwerken und von<br />
regulatorischen Sequenzen beteiligt<br />
sind.<br />
PROF. DR.<br />
MARTIN ZIMMERMANN<br />
Fakultät für Geschichts- und<br />
Kunstwissenschaften<br />
Seit dem 1. März 2002 ist Martin<br />
Zimmermann, Jahrgang 1959, Professor<br />
für Alte Geschichte im Seminar<br />
für Geschichte der LMU. Er studierte<br />
Germanistik, Geschichte,<br />
Klassische Archäologie und Philosophie<br />
in Kiel und Tübingen, wo er<br />
1990 promoviert und 1997 habilitiert<br />
wurde. Schwerpunkte seiner<br />
bisherigen Forschungen sind die<br />
historische Landeskunde Lykiens<br />
(Südtürkei), Forschungen zur Historiographie<br />
der römischen Kaiserzeit,<br />
zur antiken Herrschaftsrepräsenta-<br />
1 Prof. Dr. Martin Zimmermann<br />
tion und zur Geschichte der flavischen<br />
Dynastie. Seit 1988 ist Zimmermann<br />
an archäologischen Feldforschungen<br />
in der Südtürkei beteiligt,<br />
bei denen die Organisation der<br />
Foto: LMU<br />
Foto: LMU<br />
antiken Lebenswelt erforscht werden<br />
soll; seit 1999 leitet er ein Projekt<br />
zur Geschichte kleinasiatischer<br />
Häfen und ihrer Rolle bei der Verbreitung<br />
der griechisch-römischen<br />
Kultur in Kleinasien. Daneben betreut<br />
er in <strong>München</strong> ein Projekt zur<br />
Erforschung extremer Formen von<br />
Gewalt in der Antike. Zimmermanns<br />
Schwerpunkte in der Lehre sind die<br />
griechische Geschichte, die Repräsentation<br />
sozialer Eliten und das<br />
Verhältnis des antiken Menschen zu<br />
seiner natürlichen Umwelt.<br />
PROF. DR. MICHAEL BOSHART<br />
FAKULTÄT FÜR BIOLOGIE<br />
Michael Boshart, 1955 in Überlingen<br />
am Bodensee geboren, ist seit<br />
März 2002 als Professor für Genetik<br />
im Department Biologie I tätig.<br />
Er studierte in <strong>München</strong>, Montpellier,<br />
Freiburg und Paris Medizin und<br />
arbeitete an virologischen Themen<br />
an der Uni Freiburg, wo er 1986 promovierte.<br />
Seine molekulargenetische<br />
Ausbildung erhielt er an der<br />
Uni Zürich und am Deutschen<br />
Krebsforschungszentrum, wo er<br />
sich 1991 habilitierte. Von 1992 bis<br />
1998 leitete er eine Nachwuchs-<br />
1 Prof. Dr. Michael Boshart<br />
gruppe der Max-Planck-Gesellschaft<br />
am Genzentrum <strong>München</strong> im<br />
MPI für Biochemie in Martinsried<br />
und baute sein derzeitiges Arbeitsgebiet<br />
auf. Darin untersucht er den<br />
Lebenszyklus und die Wirtsinteraktion<br />
von Trypanosoma, einem einzelligen<br />
Parasiten, der als Erreger<br />
der tropischen Schlafkrankheit bekannt<br />
ist. Diese Arbeiten wurden<br />
1998 bis 2001 am Institut für Molekularbiologie<br />
und Biochemie der FU<br />
Berlin fortgesetzt. Im Department<br />
Biologie I soll diese Forschung vorangebracht<br />
werden. In der Lehre<br />
bietet Boshart Genetik für Biologen<br />
an und lehrt zudem Biologie für<br />
Mediziner.<br />
Foto: LMU<br />
MUM 03/2002 PERSONEN UND POSITIONEN<br />
25
MUM 03/2002 PERSONEN UND POSITIONEN<br />
26<br />
PREISE<br />
& EHRUNGEN<br />
■ GRÜNDER-ERFOLG FÜR LMU<br />
Die zweite Stufe des <strong>München</strong>er<br />
Business Plan Wettbewerb 2002 ist<br />
abgeschlossen. Dabei haben die<br />
LMU-Teilnehmer, wie schon in der<br />
ersten Stufe, hervorragend abgeschnitten:<br />
Unter den eingereichten<br />
61 Grob-Businessplänen stammen<br />
allein neun aus der LMU, und unter<br />
den zehn preisgekrönten Teams, die<br />
eine Siegerprämie von je 1250 Euro<br />
erhielten, kommen wiederum drei<br />
aus Forschungsinstituten der LMU.<br />
Die drei prämierten LMU-Teams<br />
sind: „Biotech-G“, Physiologisches<br />
Institut; Dr. Steffen-Sebastian Bolz,<br />
Roland Derwand, Lukas Vogel; Real<br />
Time Diagnostics GmbH i. G., Klinikum<br />
der LMU, Abteilung für Infektions-<br />
und Tropenmedizin; Bianca<br />
Ebermayer (Geschäftsführerin),<br />
Priv.-Doz. Dr. Dr. Heinz Rinder und<br />
„Rendoscopy“, Institut für Klinische<br />
Radiologie; Dr. Georg-Friedemann<br />
Rust.<br />
■ KRUPP-STIFTUNGSPREIS FÜR<br />
LMU-PROFESSOREN<br />
Drei renommierte Wissenschaftler<br />
der LMU haben in diesem Jahr den<br />
Alfred Krupp Wissenschaftspreis<br />
erhalten: Wolfgang Frühwald, Professor<br />
für Neuere Deutsche Literaturgeschichte,<br />
Herbert Walther, Professor<br />
für Experimentalphysik, sowie<br />
der Physiker Professor Theodor<br />
W. Hänsch, Direktor des Max-Planck-<br />
Instituts für Quantenoptik in Garching.<br />
Ende April wurde der Preis<br />
zum dritten Mal für hervorragende<br />
Leistungen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften<br />
sowie in Geistes-,<br />
Rechts-, und Wirtschaftswissenschaften<br />
verliehen. Er ist jeweils<br />
mit 52.000 Euro dotiert. Der Preis in<br />
der Kategorie der Natur- und Ingenieurswissenschaften<br />
wurde in diesem<br />
Jahr erstmalig aufgeteilt. Die<br />
Auszeichnungen übergab der Ministerpräsident<br />
von Nordrhein-Westfalen,<br />
Wolfgang Clement.<br />
■ DOGMATIKER MÜLLER IN<br />
KÖNIGLICHER AKADEMIE<br />
Professor Dr. Gerhard <strong>Ludwig</strong> Müller,<br />
Ordinarius der Dogmatik an der<br />
LMU und Mitglied der Internationalen<br />
Theologischen Kommission in<br />
Rom, ist zum „Korrespondierenden<br />
Mitglied“ der Sektion Theologie der<br />
Real Academia de Doctores de<br />
España ernannt worden. Die seit<br />
1922 existierende Königliche Akademie<br />
hat die Förderung der Wissenschaften,<br />
der Technik, der Kultur<br />
und interdisziplinären Zusammenarbeit<br />
auf internationaler Ebene<br />
zum Ziel. Zahlreiche Veröffentlichungen<br />
von Prof. Müller sind auch<br />
in das Spanische übersetzt worden.<br />
Mit seiner Forschung tritt er für eine<br />
enge Zusammenarbeit zwischen<br />
dem spanisch-südamerikanischen<br />
Raum und der deutschen Wissenschaft<br />
ein. Müller, Jahrgang 1947,<br />
studierte Philosophie und Theologie<br />
in Mainz, <strong>München</strong> und Freiburg<br />
und promvierte 1977 in Freiburg. Er<br />
habilitierte sich 1985 in Dogmatik<br />
und Ökumenischer Theologie bei<br />
Bischof Prof. Dr. Dr. Karl Lehmann.<br />
1986 wurde er Inhaber des Lehrstuhls<br />
für Systematische Theologie<br />
(Dogmatik) an der LMU.<br />
■ AUSZEICHNUNG FÜR<br />
LMU-CHEMIKER SCHNICK<br />
Wolfgang Schnick, Professor für<br />
Anorganische Festkörperchemie an<br />
der LMU, ist von der Berlin-Brandenburgischen<br />
Akademie zum ordentlichen<br />
Mitglied der Mathematisch-NaturwissenschaftlichenKlasse<br />
gewählt worden.<br />
Wolfgang Schnick, Jahrgang<br />
1957, promovierte 1986 in Hannover<br />
und habilitierte sich 1992 in<br />
Bonn. 1993 ging er zunächst an die<br />
Uni Bayreuth; seit 1998 ist er Ordinarius<br />
für Anorganische Festkörperchemie<br />
und Vorstand am<br />
Department Chemie der LMU. Er<br />
wurde u. a. mit dem Förderpreis des<br />
Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Programms<br />
der DFG, dem Otto-Klung-<br />
Preis der FU Berlin, dem Chemie-<br />
Preis der Göttinger Akademie der<br />
Wissenschaften und dem Steinhofer-Preis<br />
der Uni Freiburg ausgezeichnet.<br />
■ EHRENDOKTORWÜRDE FÜR<br />
LOTHAR GRUCHMANN<br />
Die Juristische Fakultät der LMU hat<br />
die Ehrendoktorwürde an Dr. phil.<br />
Lothar Gruchmann verliehen. Der<br />
1929 geborene Historiker und Politologe<br />
war bis 1992 am Institut für<br />
Zeitgeschichte (IfZ) in <strong>München</strong><br />
tätig. Er widmet sich vor allem der<br />
Justizgeschichte während der NS-<br />
Zeit; seine Arbeiten auf diesem<br />
Gebiet sind bis heute bahnbrechend.<br />
Mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde<br />
würdigt die Juristische<br />
Fakultät das Lebenswerk Dr. Lothar<br />
Gruchmanns und bekennt sich<br />
zugleich zur historischen Aufarbeitung<br />
des nationalsozialistischen<br />
Unrechts.<br />
■ COMMUNICATOR-PREIS FÜR<br />
PROF. WOLFGANG HECKL<br />
Prof. Dr. Wolfgang Heckl vom Institut<br />
für Kristallographie und Angewandte<br />
Mineralogie und Center of<br />
NanoScience wird auf Vorschlag der<br />
Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
vom Stifterverband für die<br />
deutsche Wissenschaft mit dem<br />
Communicator-Preis 2002 ausgezeichnet.<br />
Er erhält den mit 50.000<br />
Euro dotierten Preis für die außerordentlich<br />
erfolgreiche Vermittlung<br />
seiner Forschungsergebnisse in der<br />
Öffentlichkeit und in den Medien.<br />
Wolfgang Heckl, Jahrgang 1958,<br />
hat an der TU <strong>München</strong> Physik studiert.<br />
1993 habilitierte er sich bei<br />
Prof. Theodor Hänsch (LMU) und<br />
wurde danach als Professor für<br />
Experimentalphysik ans Institut für<br />
Kristallographie und Angewandte<br />
Mineralogie der LMU berufen. 1993<br />
erhielt er den Philip Morris Forschungspreis.<br />
Heckl ist an über 100<br />
wissenschaftlichen Veröffentlichungen<br />
im Bereich Biophysik,<br />
Genetik und Nanowissenschaften<br />
beteiligt.<br />
Er wirkte in mehr als 50 Rundfunk-<br />
und Fernsehsendungen mit<br />
und schrieb zahlreiche Beiträge für<br />
Printmedien im Rahmen des Public<br />
Understanding of Science zu Themen<br />
wie NanoBio-Science, speziell<br />
zum Ursprung des Lebens.<br />
1993 wurde Heckl für das<br />
Schreiben eines atomaren Bits<br />
(kleinstes Loch der Welt) ins Guiness<br />
Buch der Rekorde aufgenommen.<br />
Die Preisverleihung findet am<br />
22. August 2002 zum Auftakt des<br />
diesjährigen Wissenschaftssommers<br />
in Bremen in Anwesenheit von<br />
Bundeskanzler Gerhard Schröder<br />
und Forschungsministerin Hildegard<br />
Bulmahn statt.<br />
■ AUSZEICHNUNG FÜR<br />
CENS-MITGLIED WIXFORTH<br />
Prof. Dr. Achim Wixforth, Mitglied<br />
des Center for NanoScience (CeNS)<br />
der LMU, ist im Rahmen des Bayerischen<br />
Innovationspreises 2002 ein<br />
„Anerkennungspreis“ verliehen worden.<br />
Die Auszeichnung, die mit 5000<br />
Euro dotiert ist, überreichte der<br />
bayerische Staatsminister für Wissenschaft,<br />
Forschung und Kunst,<br />
Hans Zehetmair, im Kuppelsaal der<br />
bayerischen Staatskanzlei.<br />
Prof. Wixforth ist neben seiner<br />
wissenschaftlichen Tätigkeit Mitbegründer<br />
und Vorstandsmitglied der<br />
Advalytix AG (www.advalytix.de).<br />
Das Unternehmen ist eine der erfolgreichen<br />
Start-Up Gründungen,<br />
die aus dem Center for NanoScience<br />
der LMU hervorgegangen sind. Ausgangspunkt<br />
hierfür waren die Forschungen<br />
des Physikers. Der 46jährige,<br />
der sich an der LMU bei Prof.<br />
Jörg Kotthaus habilitierte, hat Ende<br />
April 2002 einen Lehrstuhl für Experimentalphysik<br />
an der <strong>Universität</strong><br />
Augsburg angetreten.<br />
Mit dem Bayerischen Innovationspreis<br />
werden Unternehmen,<br />
Einzelpersonen, Wissenschaftler,<br />
Teams und Unternehmensgründer<br />
für eine herausragende und praxisorientierte<br />
innovative Leistung<br />
ausgezeichnet, die sich auch in<br />
Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen<br />
in Bayern auswirkt.<br />
■ EHRENDOKTORWÜRDE FÜR<br />
PROF. HELLBRÜGGE<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Theodor Hellbrügge,<br />
Gründer des Kinderzentrums<br />
<strong>München</strong> und em. o. Professor<br />
für Sozialpädiatrie an der LMU,<br />
hat von der <strong>Universität</strong> Breslau die<br />
Ehrendoktorwürde erhalten.<br />
Hellbrügge, der als Pionier der<br />
modernen Pädiatrie gilt, gründete<br />
an der LMU den ersten Lehrstuhl für<br />
Sozialpädiatrie; er veranlasste beispielsweise<br />
die Einführung der heute<br />
üblichen Kinder-Vorsorge-Untersuchungen<br />
in Deutschland. Mit dem<br />
Kinderzentrum <strong>München</strong> schuf er<br />
die erste sozialpädiatrische Einrichtung<br />
für Entwicklungs-Rehabilitation,<br />
Früherkennung und -therapie<br />
sowie soziale Integration; inzwischen<br />
gibt es rund 200 dieser<br />
Hilfsprojekte im In- und Ausland.<br />
Zur Gründung weiterer Zentren<br />
schuf Hellbrügge 1999 die Internationale<br />
Aktion Sonnenschein e.V.
1 Prof. Avinoam Shalem<br />
Avinoam Shalem ist seit kurzem<br />
Professor für die Geschichte der islamischen<br />
Kunst am Department<br />
für Kunstwissenschaften der LMU.<br />
Die Ansiedlung des Fachs bei den<br />
Kunsthistorikern – nicht bei den<br />
Orientalisten – ist bundesweit einzigartig.<br />
Professor Shalem, 1959 in<br />
Haifa geboren, ist Sepharadi und<br />
wurde, nach eigenen Worten,<br />
schon durch seine Abstammung für<br />
sein Spezialgebiet geprägt. Sepharadim<br />
sind orientalische Juden und<br />
jene, die sich nach der Vertreibung<br />
aus Spanien in Mittel- und<br />
Schwarzmeer-Staaten angesiedelt<br />
haben. Nach dem Studium in Tel<br />
Aviv und <strong>München</strong> promovierte<br />
und lehrte Shalem in Edinburgh,<br />
später auch an der LMU und an der<br />
Uni Bamberg. Zuletzt vertrat er<br />
eine Professur an der Hochschule<br />
für Jüdische Studien in Heidelberg.<br />
PROBLEME<br />
& ANALYSEN<br />
Foto: LMU<br />
ORIENT IM OKZIDENT<br />
EIN ISLAMISTIK-PROFESSOR LEHRT<br />
BEI DEN KUNSTHISTORIKERN<br />
MUM: Viele vermuten Ihre Professur<br />
eher bei den Orientalisten. Warum<br />
ist Ihr Fach besser bei den Kunsthistorikern<br />
angesiedelt?<br />
Shalem: Wir setzen einen anderen<br />
Akzent auf die „islamische Kunst“,<br />
wenn diese zusammen mit der europäischen<br />
Kunst an einem Institut<br />
gelehrt wird. Zudem ist es sehr<br />
wichtig, den Islam in die europäische<br />
Welt zu integrieren, denn er<br />
hat sehr viel mit Europa zu tun. So<br />
ist diese Zusammenführung in<br />
<strong>München</strong> ein guter Schritt.<br />
MUM: Was ist „islamische Kunst“?<br />
Shalem: Wenn man „islamische<br />
Kunst“ hört, vermutet man erst einmal,<br />
dass es eine religiöse Kunst ist.<br />
Nach dem Motto: Der Islam ist eine<br />
Religion, das heißt die Kunst muss<br />
mit dieser Religion zu tun haben.<br />
Doch so, wie man in Europa nicht<br />
ausschließlich von einer christlichen,<br />
das heißt religiösen Kunst<br />
spricht, gibt es auch „islamische<br />
Kunst“, die nicht sakral ist. Dann existiert<br />
„islamische Kunst“ an verschiedenen<br />
Orten der Welt, auch an<br />
solchen, wo der Islam nicht die<br />
führende Religion ist. Ferner wird<br />
und wurde „islamische Kunst“ auch<br />
von Nicht-Muslimen gemacht, etwa<br />
von Juden, die im Jemen Schmuck<br />
im islamischen Stil gefertigt haben;<br />
zu bestimmten Zeiten gab es auch<br />
„islamische Kunst“ der Kopten in<br />
Ägypten, also von Christen. Damit<br />
handelt es sich bei der „islamischen<br />
Kunst“ um einen kulturellen Begriff,<br />
also um etwas, das immer an Orten<br />
auftritt, die kulturell und in ihrer<br />
ästhetischen Sprache islamisch<br />
geprägt sind.<br />
MUM: Welche Voraussetzung muss<br />
Kunst noch erfüllen, damit sie als<br />
„islamische Kunst“ bezeichnet werden<br />
kann?<br />
Shalem: Oft wird sie geografisch<br />
definiert, also in Regionen verortet,<br />
die unter der Herrschaft des Islam<br />
waren, wie Spanien oder Sizilien,<br />
oder wo der Islam bis heute<br />
herrscht. Doch an jedem Ort gibt es<br />
eine Besonderheit, die sich in der<br />
jeweiligen islamischen Kunst widerspiegelt,<br />
ob es sich um die ästhetische<br />
Sprache oder die verwendeten<br />
Materialien handelt. Sobald man<br />
aber den Begriff „islamische Kunst“<br />
sehr einschränkend definieren will,<br />
kommt man in weitere Grenzbereiche.<br />
Beispielsweise sind in Sizilien,<br />
trotz der Eroberung durch die Normannen,<br />
die Araber als Bürger<br />
geblieben und haben Kunst<br />
geschaffen. Und was passierte? Die<br />
Herrscher waren Christen und die<br />
Kunst blieb islamisch.<br />
MUM: Wo findet man säkulare<br />
„islamische Kunst“?<br />
Shalem: Es gibt nichtreligiöse Bücher,<br />
die anders als der Koran, mit<br />
figürlichen Darstellungen illustriert<br />
sind. Ein anderer Ort sind Paläste mit<br />
ihren Mosaiken und Fresken. So hat<br />
man etwa in Samarra, in der Nähe<br />
von Bagdad, bei Ausgrabungen eine<br />
Fülle von Dekorationen und figürlichen<br />
Darstellungen gefunden. In<br />
Westeuropa ist der Palast in Granada<br />
am bekanntesten.<br />
MUM: Sehr oft waren die Herrscher<br />
gleichzeitig religiöse Führer. Kann<br />
man dann die Kunst wirklich von der<br />
Religion trennen?<br />
Shalem: Das ist richtig. Im Mittelalter<br />
war es natürlich sehr schwer,<br />
die Kunst von der Religion zu trennen,<br />
in der Moderne fällt dies leichter.<br />
Doch es gibt auch im Mittelalter<br />
verschiedene Kunstaufgaben. Und<br />
immer wieder folgen daraus unterschiedliche<br />
Motive. Auch wenn der<br />
Kalif im Mittelalter nicht nur weltlicher<br />
Herrscher, sondern auch der<br />
Gebieter aller gläubigen Muslime<br />
war, kann und konnte er in seinem<br />
eigenen Reich diese Trennung in<br />
religiös und säkular vollziehen oder<br />
nicht. Und wenn wir in die faktische<br />
Kunstproduktion schauen, dann<br />
glaube ich, kann man sehen, dass es<br />
meistens eine klare Trennung gab.<br />
■<br />
Interview: kg<br />
Foto: Angelica Fuss<br />
MUM 03/2002 PERSONEN UND POSITIONEN<br />
27
MUM 03/2002 ESSAY<br />
28<br />
ERINNERUNGSORT:<br />
LICHTHOF DER LMU<br />
„Die Halle, welche den alten mit<br />
dem neuen Bau verbindet, gehört<br />
wohl mit zu den feinsinnigsten<br />
monumentalen architektonischen<br />
Schöpfungen Neu-<strong>München</strong>s.“<br />
Diese ästhetisierende Betrachtung<br />
des 1905 bis 1909 errichteten<br />
„Lichthofs“ der LMU in einem<br />
<strong>München</strong>-Führer von 1925<br />
wird durch spätere Ereignisse<br />
verdrängt: Auch wenn nur eine<br />
kleine, seitlich angebrachte Relief-Stele<br />
an sie erinnert – mit<br />
der großen Kuppelhalle verbinden<br />
sich entschiedener als Zerstörung<br />
(1944) und Wiederaufbau<br />
(bis 1957) die Flugblattaktionen<br />
der Weißen Rose. Die<br />
meisten Studenten übersehen<br />
das Relief, das, ebenso wie die<br />
gereihten Namen, ohne Kontext<br />
auskommen muss. Erst die vor<br />
fünf Jahren im Souterrain unter<br />
dem Audimax eröffnete „Denkstätte<br />
Weiße Rose“ ergänzt die<br />
Halle zu einem informierenden,<br />
inhaltlich definierten Erinnerungsort.<br />
Im Ensemble der Zeichen und Inschriften<br />
des großen Kuppelbaus regen<br />
drei zur Frage an: Wie gegenwärtig<br />
ist Geschichte in einem Zentrum<br />
historischer Reflexion wie der<br />
<strong>Universität</strong>? Wie entspricht man dem<br />
Motto, unter das Rektor Joseph Pascher<br />
die Lichthof-Orgel am Weiße<br />
Rose-Gedenktag 1961 stellte: „Der<br />
Ort der Tat ist mit dem Stempel ihres<br />
Geistes für immer geprägt“? Was erinnert<br />
am „Ort der Tat“ an die Tat,<br />
welches Programm verbindet Tafeln,<br />
Texte und ihre Situation? Drei Inschriften<br />
sollen auf ihre Wirkung hin<br />
befragt werden.<br />
Wie der anfangs zitierte <strong>München</strong>-Führer<br />
feststellt – „Der Geist<br />
der alma mater monacensis ist la-<br />
teinisch“ – sind alle drei Inschriften<br />
in Latein abgefasst. Die erste Inschrift<br />
erinnert an die Weiße Rose;<br />
sie ist in Stein geschnitten und findet<br />
sich im 2. Stock der nördlichen<br />
Lichthof-Galerie. Die Namen der<br />
sieben hingerichteten Weiße Rose-<br />
Mitglieder rahmt ein Seneca-Zitat.<br />
Im Informationsbändchen, das ab<br />
1980 der offiziellen Erinnerung<br />
diente, findet sich die Übersetzung:<br />
„Menschlichkeit im Herzen, sind eines<br />
unmenschlichen, gewaltsamen<br />
Todes gestorben: Willi Graf,<br />
Kurt Huber, Hans Leipelt, Christoph<br />
Probst, Alexander Schmorell, Hans<br />
Scholl, Sophie Scholl. So bewährt<br />
sich jene Gesinnung, die wahr ist<br />
und niemals dem Urteil anderer unterworfen<br />
sein will.“<br />
Diese schon 1946 geschaffene,<br />
nur als „Provisorium“ gedachte Platte<br />
befand sich zunächst gegenüber<br />
dem Eingang zur großen Aula: Wer<br />
diesen zeitweiligen Versammlungs-<br />
ESSAY<br />
ort von Landtag und Senat verließ –<br />
heute sind das während der Semester<br />
viele hundert Leute täglich –<br />
stand vor der dank Seitenlicht viel<br />
besser leserlichen Tafel; am jetzigen<br />
Ort vor Raum 315, wo Professor<br />
Kurt Huber lehrte und von wo die<br />
Scholls ihre Flugblätter hinab war-<br />
fen, ist sie so gut wie unlesbar. Ein<br />
frühestes Zeichen des seltenen akademischen<br />
Widerstands spiegelt so<br />
auch eine gewisse Verlegenheit<br />
heute angemessener Erinnerung.<br />
Die spätere Relief-Stele und ein oft<br />
übergangenes Bodendenkmal im<br />
Trottoir vor dem Haupteingang traten<br />
an die Stelle des „Provisoriums“,<br />
das nur noch Wissende aufsuchen.<br />
DER ENTWAFFNETE<br />
SPEERTRÄGER<br />
Sehr viel prominenter und markanter<br />
als an die Weiße Rose erinnert<br />
im Lichthof eine zweite Steinplatte<br />
an die Kriegsgefallenen der LMU.<br />
Wer vom Haupteingang die Treppe<br />
zum ersten Stock hinaufgeht, erblickt<br />
nach halber Geschosshöhe<br />
auf dem Treppenabsatz links über<br />
sich klar lesbar das Gedenken an die<br />
Toten dreier Kriege (1870/71; 1914-<br />
18 und 1939-45). Die 1959 unter<br />
dem Rektorat Professor Joseph Pa-<br />
Dr. Ulrich Dittmann<br />
Institut für Deutsche Philologie,<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />
schers angebrachte Tafel ersetzt ein<br />
früheres Kriegerdenkmal mit bedeutender<br />
eigener Tradition. In der<br />
ehemals so genannten „Ehrenhalle“<br />
des 1. Stocks, die den langen Gang<br />
des alten <strong>Universität</strong>sgebäudes zum<br />
Lichthof öffnet, waren links und<br />
rechts von der Nachbildung des<br />
„Doryphoros“ (Speerträger) Register<br />
der Gefallenen angebracht. Dazu<br />
priesen zwei griechische Verse im<br />
Sockel der antiken Jünglingsstatue<br />
vergangene und zukünftige Kämpfe.<br />
Vom 18. Januar 1922, dem Jahrestag<br />
des 1918 untergegangenen<br />
deutschen Kaiserreichs, bis zum<br />
Bombenangriff 1944 war dies das<br />
Gefallenenmal der LMU. Beim Wiederaufbau<br />
wollte man nur bedingt<br />
an das vom Krieg zerstörte Kriegerdenkmal<br />
anschließen. Die Idee, den<br />
Doryphoros durch einen knieenden<br />
Jüngling zu ersetzen, wurde jedoch<br />
vom Senat zugunsten des restaurierten<br />
Speerträgers verworfen: Ohne<br />
Speer und Inschriften, in jeder<br />
Hinsicht entwaffnet, wirkt er ein<br />
wenig verloren zwischen leeren Seitenwänden.<br />
Die heute pauschale Erinnerung<br />
für alle Kriegstoten besetzt<br />
den Platz der Tafel für die Gefallenen<br />
aus dem 1870/71er Krieg.<br />
Sie geriet mit dieser Anbringung in<br />
eine – je nach Perspektive – anregende<br />
oder empörende Spannung<br />
zu der dritten, für den Erinnerungsort<br />
bedeutsamen Inschrift des<br />
Lichthofs.<br />
Diese Inschrift befand sich über<br />
dem gegenwärtigen Kriegermahnmal<br />
im so genannten Adlergitter,<br />
einem der sechs in die Mauerdurchbrüche<br />
der Lichthof-Eckpfeiler auf<br />
Höhe des ersten Stocks gesetzten,<br />
handgeschmiedeten Ornamentgitter<br />
mit Tiersymbolen. Alle tragen<br />
vergoldete klassische Zitate, die<br />
1957 beim Wiederaufbau re-installiert<br />
wurden: Im Adlergitter stand<br />
das Horaz-Zitat „Dulce et decorum<br />
est pro patria mori“ (Es ist süß und<br />
ehrenvoll, für das Vaterland zu<br />
sterben).<br />
Heute sucht man den Preis des<br />
„süßen“ Sterbens vergeblich. Denn<br />
unmittelbar nachdem das Horaz-Zi-<br />
Foto: LMU
Fotos: LMU/Maria Dorner<br />
tat wieder angebracht war, regten<br />
sich Proteste. Das <strong>Universität</strong>sarchiv<br />
bewahrt viele Einsprüche auf, die<br />
keineswegs nur von Studenten<br />
stammen, wie manche Berichte vermelden.<br />
Der erste Einwand kam von<br />
dem „tief erschrockenen“ Physiker<br />
Professor Walther Gerlach, der nach<br />
Kriegsende drei Jahre lang Rektor<br />
der LMU war. Nach ihm protestierten<br />
andere Professoren und Assistenten,<br />
von vielen studentischen<br />
Unterschriften begleitet. Der damalige<br />
Rektor, der Chemiker Egon Wiberg,<br />
griff die Einsprüche auf, und<br />
der Senat rief Studenten und Professoren<br />
zu Vorschlägen für einen<br />
Ersatztext auf: Der sollte ein „Ideal,<br />
für das sich einzusetzen lohnt“, formulieren.<br />
Bundesweit berichtete die<br />
Presse. Akademischer Protest war in<br />
Zeiten wieder eingeführter Wehrpflicht<br />
eine Sensation. Insgesamt<br />
kamen mehr als 200 Antworten,<br />
aber nur wenige von den ursprünglichen<br />
Adressaten.<br />
STREIT UM HORAZ<br />
Der Münchner Interkorporative<br />
Konvent, Dachverband der Verbindungen,<br />
plädierte Seit an Seit mit<br />
dem „Stahlhelm“ (Traditionsgemeinschaft<br />
und Bund der Frontsoldaten<br />
von 1918) für die Wiedereinsetzung<br />
des Horaz; die Frontsoldaten<br />
drohten Magnifizenz als „deutschem<br />
Mann“ an, bei Wegfall<br />
des Zitats werde ein<br />
Tag kommen,<br />
„wo diese<br />
Ange-<br />
legenheit beglichen werden wird“.<br />
Weil der Kalte Krieg loderte, unterstellte<br />
man Horaz-Gegnern „sowjetzonalen<br />
Einfluss“ und erklärte<br />
die Studenten zum „Werkzeug“ des<br />
Ostens. Auch die Vollversammlung<br />
am 30. Januar 1958, die wegen Ansturms<br />
aus der Aula ins Audimax<br />
übertragen werden musste, stand<br />
unter diesem Zeichen. Drei Viertel<br />
der mehr als 3000 Studierenden<br />
stimmten nach langer Diskussion<br />
gegen, die katholischen farbentragenden<br />
und nicht farbentragenden<br />
Verbindungen laut Pressberichten<br />
für das „Dulce“. Einen einprägsamen<br />
Höhepunkt der Debatte ergab<br />
die Bitte eines ungarischen Exil-<br />
Studenten, man möge ihm den alten<br />
Text für seine 1956 beim Budapester<br />
Aufstand gefallenen Kollegen<br />
überlassen.<br />
„Horaz hat verloren“ titelte die<br />
FAZ. Als Ersatz erwog Rektor Wiberg<br />
ein an die Weiße Rose erinnerndes<br />
Motto: „mortui viventes<br />
obligant“ (Die Toten verpflichten<br />
die Lebenden), das jedoch andere<br />
Gruppen für sich beanspruchten.<br />
Den zugrunde liegenden Gedanken<br />
schmiedete der damalige Privatdozent<br />
und spätere Salzburger Ordinarius<br />
der klassischen Philologie,<br />
Georg Pfligersdorffer, in den heute<br />
vorfindbaren Satz um: „Mortu-<br />
orum virtute tenemur“ (in des Verfassers<br />
Übersetzung: „Durch die<br />
hohe Bewährung der Toten sind<br />
wir gehalten“). Eindrucksvoll bestätigt<br />
diesen Text ein Brief des Ulmer<br />
Oberbürgermeisters i.R. Robert<br />
Scholl, der am 1. Februar 1958<br />
an den Rektor schrieb: „Ich möchte<br />
Ihnen, ganz im Sinne meiner toten<br />
Kinder, danken“ – das nachträglich<br />
eingefügte Adjektiv meint<br />
außer Sophie und Hans auch deren<br />
vermissten Bruder Werner<br />
Scholl.<br />
SCHWIERIGES GEDENKEN<br />
Die Entscheidung der <strong>Universität</strong><br />
gegen das „süße“ Sterben und für<br />
das Gedenken an die Hingerichteten<br />
vollzog nach, was europäische<br />
Literatur seit dem Ersten Weltkrieg<br />
formuliert hatte; daher erscheint<br />
heute die Diskussion fast anachronistisch.<br />
Überboten wird dieser<br />
Anachronismus allerdings dadurch,<br />
dass die erwähnte zweite<br />
Inschrift, aufs Jahr 1959 datiert,<br />
genau unter die Stelle des 1958<br />
verbannten Loblieds auf den Soldatentod<br />
gesetzt wurde und dem<br />
Sinn des Ersatztextes widerspricht.<br />
Die gut lesbare Tafel beschwört ein<br />
anonymes Todesgeschick (mortuis<br />
fato oppressis) und entlastet so<br />
Hitlers Heeresleitung. Die Negati-<br />
on des „non in vanum“ (des nicht<br />
vergeblichen Todes) behauptet eine<br />
dem Adlergitter konträre Sinngebung:<br />
Es wird nicht der Opfer<br />
gedacht, die – wie Sophie Scholl<br />
forderte – gegen den NS-Staat<br />
starben, sondern die räumliche<br />
Anordnung verpflichtet die Leser<br />
auf die „Tugend, Bewährung“ (virtute)<br />
auch derjenigen Toten, die für<br />
Kaiser, Reich und Führer starben.<br />
Die einzig ausformulierte und lesbare<br />
Erinnerung an historische<br />
Vorgänge widerlegt das Gedenken<br />
des Adlergitter-Zitats.<br />
Archivalien zur Anbringung und<br />
zu dem wieder von Georg Pfligersdorffer<br />
formulierten Text fehlen. Lediglich<br />
ein Senats-Protokoll vermerkt,<br />
dass gegen die „Inschrift auf<br />
der Gedenktafel für die Gefallenen<br />
(...) einige studentische Gruppen<br />
Einspruch eingelegt (haben). Der Senat<br />
lehnt es ab, den Wortlaut der<br />
Gedenktafel zu ändern“. Der Einspruch<br />
wurde mehrfach wiederholt,<br />
zuletzt 2001, als bei einer Verbindung<br />
NPD-Schläger Unterschlupf<br />
fanden. Dass eine Sinngebung des<br />
Krieges nicht nur den 1958 von der<br />
LMU getragenen Protest, sondern<br />
auch die mit dem neuen Adlergitter<br />
verbundene Erinnerung an den Widerstand<br />
überlagert, bleibt ein Stein<br />
des Anstoßes. ■<br />
Ich danke Prof. G. Pfligersdorffer, Prof.<br />
W. Suerbaum und dem <strong>Universität</strong>sarchiv<br />
<strong>München</strong> für ihre Unterstützung.<br />
Literatur: Irene Söllner, Spuren<br />
der Antike im Hauptgebäude der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><strong>München</strong>.<br />
Staatsexamensarbeit für das<br />
Lehramt an Gymnasien 1988. Kathrin<br />
Hoffmann-Curtius, Der Doryphoros<br />
als Kommilitone. Antikenrezeption in<br />
<strong>München</strong> nach der Räterepublik. In:<br />
Humanistische Bildung 8. Der Mensch<br />
in Grenzsituationen. Ostfildern 1984.<br />
S.73-138.<br />
ESSAY<br />
29<br />
MUM 03/2002
MUM 03/2002 LMU – OFFICE<br />
30<br />
■ UNIVERSITÄT UNTER STROM<br />
HINTER DEN KULISSEN DER LMU<br />
Wer die LMU in Zahlen fasst,<br />
denkt meist an Studentinnen,<br />
Studenten und Professoren. Als<br />
größte Hochschule Bayerns und<br />
zweitgrößte <strong>Universität</strong> in<br />
Deutschland (nach Köln) zählt die<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
mit ihren 43.000 Studierenden<br />
und 800 Professuren jedoch nicht<br />
nur zu den Zentren für Wissenschaft<br />
und Lehre. Sie ist auch ein<br />
pulsierender Großbetrieb, der am<br />
Laufen gehalten werden muss.<br />
Täglich fallen an der <strong>Universität</strong><br />
Reparaturen und Wartungsarbeiten<br />
an. Pro Jahr werden an der LMU<br />
■ ZU DEN URNEN<br />
WER WÄHLT WEN WOZU?<br />
Im Juni waren alle Hochschulangehörigen<br />
der LMU zur Wahl der<br />
<strong>Universität</strong>s-Gremien aufgerufen.<br />
Aber wer wählt eigentlich wen<br />
und wozu?<br />
Insgesamt 55.712 Personen, davon<br />
rund 42.000 Studierende, konnten<br />
am 18. und 19. Juni über die Besetzung<br />
von Senat und erweitertem<br />
Senat, über die Vertreter der zwölf<br />
Fachbereichsräte und der Fachschaften<br />
abstimmen. (Das Ergebnis<br />
stand bei Redaktionsschluss noch<br />
nicht fest.) Wahlberechtigt sind an<br />
der LMU vier Gruppen: die Professorinnen<br />
und Professoren, die wissenschaftlichen<br />
Mitarbeiter, die<br />
nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter<br />
und die Studierenden. Jede dieser<br />
Gruppen entsendet ihre eigenen<br />
(ohne Klinikum) zwischen 40 und 50<br />
Millionen Kilowattstunden Strom<br />
verbraucht, für den rund 3,6 Millionen<br />
Euro an die Stadtwerke <strong>München</strong><br />
zu zahlen sind. Zum Vergleich:<br />
Eine Kleinstadt mit 10.000 Einwohnern<br />
ließe sich damit ein halbes Jahr<br />
lang versorgen. Rund 400.000<br />
Kubikmeter Wasser, soviel wie 153<br />
Fünfzig-Meter-Schwimmbecken<br />
füllen, rauschen jährlich durch<br />
Kühlsysteme, Waschbecken und<br />
Toiletten der <strong>Universität</strong> (ohne Klinikum).<br />
Für Fernwärme mussten<br />
hier in den letzten Jahren zwischen<br />
3,1 und 3,9 Millionen Euro per anno<br />
überwiesen werden.<br />
Vertreter in die Gremien, aufgeteilt<br />
nach einem bestimmten Schlüssel.<br />
Dem Senat und dem erweiterten Senat<br />
gehören außerdem die fünf Mitglieder<br />
des Rektoratskollegiums mit<br />
Stimmrecht an.<br />
Der Senat ist nach wie vor das<br />
zentrale Gremium der <strong>Universität</strong>, in<br />
dem alle Gruppen vertreten sind. Er<br />
tritt während des Semesters einmal<br />
im Monat zusammen. Der Senat erledigt<br />
das „Tagesgeschäft“, beschließt<br />
unter anderem Berufungslisten,<br />
Prüfungs- und Studienordnungen,<br />
Vorschläge zur Gliederung<br />
der <strong>Universität</strong>, neue Studiengänge<br />
und bestimmt Forschungsschwerpunkte.<br />
Er macht Vorschläge für die<br />
Wahl des Rektoratskollegiums, beschließt<br />
den Hochschulentwicklungsplan<br />
und nimmt den Jahres-<br />
Den Betrieb hinter den Kulissen<br />
nehmen die meisten Erstsemester<br />
an der LMU zunächst nicht wahr.<br />
Für die frisch gebackenen Studierenden<br />
macht sich die Größe der<br />
LMU schlicht an der Frage fest, wo<br />
denn welcher Hörsaal gerade zu<br />
finden ist. Auf knapp einer Million<br />
Quadratmeter Gesamtnutzfläche<br />
der <strong>Universität</strong> und des Uni-Klinikums<br />
wird geforscht, gelernt,<br />
experimentiert und diskutiert.<br />
Einen kompakten Campus kann<br />
die LMU dabei nicht bieten: Insgesamt<br />
verfügt die <strong>Universität</strong> über<br />
850 Hektar Grundbesitz, dazu<br />
zählt zum Beispiel der Univer-<br />
bericht der Hochschulleitung entgegen.<br />
Der Senat hat 28 stimmberechtigte<br />
Mitglieder aus allen vier<br />
Gruppen.<br />
Der erweiterte Senat beschließt<br />
nach Anhörung des Hochschulrats<br />
die Grundordnung der <strong>Universität</strong>,<br />
wählt den Rektor, den er auch abwählen<br />
kann, und die Mitglieder des<br />
Rektoratskollegiums mit Ausnahme<br />
des Kanzlers. Der erweiterte Senat<br />
hat 61 Mitglieder aus allen vier<br />
Gruppen. Dazu gehören die Mitglieder<br />
des Senats und die Dekane beziehungsweise<br />
ihre Stellvertreter,<br />
wenn die Dekane selbst Mitglieder<br />
des Senats sind.<br />
Die Fachbereichsräte repräsentieren<br />
die Selbstverwaltung der 18<br />
Fakultäten der LMU. Sie wählen aus<br />
dem Kreis der Professoren die<br />
„Fachbereichssprecher“ (Dekane)<br />
und Studiendekane. Sie beraten und<br />
entscheiden alle Angelegenheiten<br />
von grundsätzlicher Bedeutung ihres<br />
Fachbereichs, sofern sie nicht<br />
sitäts-Forst bei Landshut, die Felder<br />
und Wiesen des Lehr- und Versuchsguts<br />
der Tierärztlichen<br />
Fakultät in Oberschleißheim oder<br />
das Moorversuchsgut Badersfeld.<br />
Allein in den Stadtgrenzen von<br />
<strong>München</strong> gehören über 380 Hektar<br />
Grundbesitz zur LMU – mehr<br />
als ein Prozent der Gesamtfläche<br />
der Landeshauptstadt. Die Stadt<br />
<strong>München</strong> ist es denn auch vor<br />
allem, die von der Größe und<br />
Attraktivität der LMU profitiert.<br />
Die Internationalisierung und den<br />
Zuzug von Neu-Münchnern verdankt<br />
die Stadt nicht zuletzt der<br />
„Denkfabrik“ LMU. ■ oh<br />
Aufgaben des Dekans sind, also Berufungsvorschläge,<br />
Habilitations-,<br />
Promotions-, Studien- und Prüfungsordnungen.<br />
In die Fachbereichsräte<br />
werden je zwölf Mitglieder<br />
aus den vier Gruppen gewählt,<br />
als 13. Mitglied kommt die Frauenbeauftragte<br />
dazu. Große Fachbereiche<br />
wählen die doppelte Anzahl an<br />
Mitgliedern. ■ kg<br />
1 Er organisiert die Hochschulwahlen<br />
an der LMU: der Leiter des<br />
Wahlamts Siegfried Stix.<br />
Foto: Haak & Nakat<br />
Fotos: LMU
Wo muss ich denn nun schon<br />
wieder hin? Für die meisten Studienanfänger<br />
herrscht in den<br />
ersten Wochen an der LMU Orientierungsnotstand.<br />
Zu viele neue<br />
Professoren, zu viel neuer Lernstoff<br />
und vor allem – zu viele<br />
neue Orte. Auf rund einer Million<br />
Quadratmeter Nutzfläche sind<br />
die Hörsäle, Labors und Seminarräume<br />
der <strong>Universität</strong> zwischen<br />
Oberschleißheim im Norden <strong>München</strong>s<br />
und Großhadern im Südwesten<br />
auf mehr als 70 Standorten<br />
in der ganzen Stadt verteilt.<br />
Verlaufen muss sich deshalb aber<br />
niemand. Denn im Internet kann<br />
man sich jetzt unter www.lmu.de/<br />
vr auf einen virtuellen Streifzug<br />
durch die LMU begeben.<br />
Ein Spaziergang durch den Englischen<br />
Garten bei strahlendem Sonnenschein,<br />
ein Blick in den Salinenhof<br />
oder ein Besuch im „Schweinchenbau“<br />
an der Leopoldstraße –<br />
das alles ist möglich, ohne auch nur<br />
einen Fuß vor die Haustür zu setzen.<br />
Per Mausklick lässt sich die <strong>Universität</strong><br />
bequem vom heimischen Sofa<br />
aus erkunden. Möglich machen das<br />
die Mitarbeiter des Referats „Internet<br />
und Virtuelle Hochschule“ der<br />
LMU, die bislang 26 Stationen rund<br />
um das Uni-Stammgelände am Ge-<br />
EXPEDITION INS AKADEMIKERREICH<br />
EIN VIRTUELLER RUNDGANG<br />
SETZT DIE LMU INS BILD<br />
schwister-Scholl-Platz auf ein „Kugelpanorama“<br />
für den Online-Auftritt<br />
gebannt haben.<br />
MIT DEM FROSCHAUGE<br />
UNTERWEGS<br />
Das besondere an dem virtuellen<br />
Blick in die <strong>Universität</strong> ist die<br />
bewegliche Rundum-Ansicht, die in<br />
dieser Qualität noch kaum eine<br />
Institution im Internet anzubieten<br />
hat. „Selbst die amerikanischen <strong>Universität</strong>en<br />
liefern zwar virtuelle Touren<br />
mit 360°-Panorama. Doch der<br />
,Kugelblick’ nach oben oder unten<br />
ist noch kaum zu finden“, sagt John<br />
Appoldt, der zusammen mit Margareta<br />
Weeber und ein paar anderen<br />
Kollegen das neue virtuelle Angebot<br />
entwickelt hat. Seit Sommer 2001<br />
sind die Computerspezialisten mit<br />
einer speziellen Fotoausrüstung auf<br />
dem Uni-Campus unterwegs, um<br />
LMU-Impressionen einzufangen.<br />
Eine Digitalkamera mit „Froschaugen“-Objektiv<br />
und einem speziellen<br />
Stativaufsatz liefert pro Motiv fünf<br />
120°-Bilder, die später am Computer<br />
Punkt für Punkt deckungsgleich<br />
aneinander montiert werden müssen.<br />
„Es ist schon eine Tüftelei, bis<br />
man die ideale Bilddarstellung<br />
erreicht“, sagt Margareta Weeber<br />
Wesentliche Hilfe dabei leistet eine<br />
Software, die Professor Helmut<br />
Dersch von der Fachhochschule in<br />
Furtwangen den LMU-Programmierern<br />
kostenlos überlassen hat.<br />
Die Navigation des virtuellen Rundgangs<br />
ist für die Besucher kinderleicht.<br />
Auf der Startpage werden<br />
zwei verschiedene Standard-Zugangsvarianten<br />
(Quicktime-Plugin<br />
ab Version 5 oder Java-Applets (PT-<br />
Viewer)) angeboten. Dann beginnt<br />
die Expedition durch die Uni: Die<br />
wichtigsten Bauten können unter<br />
„<strong>Universität</strong>sgebäude“ besichtigt<br />
werden, der „Großstadtdschungel“<br />
führt zu markanten Straßen, Kreuzungen<br />
und Plätzen im innerstädtischen<br />
Uni-Viertel und hinter „Sonstige<br />
Standorte“ verstecken sich oft<br />
genutzte Einrichtungen, die nicht<br />
direkt zur <strong>Universität</strong> gehören, wie<br />
die Bayerische Staatsbibliothek oder<br />
der Englische Garten.<br />
DER CLOU: DIE HOTSPOTS<br />
Übersichtskarten und Lagepläne<br />
bieten eine genaue Orientierung,<br />
von welchen Standpunkten aus<br />
man die virtuelle <strong>Universität</strong> betreten<br />
kann. Von dort kann sich der<br />
Besucher frei im Online-Panorama<br />
bewegen und Details heran- oder<br />
von sich wegzoomen. Ein kurzer<br />
Text versorgt den Besucher mit Wissenswertem<br />
über die jeweilige Station.<br />
Der besondere Clou des Rund-<br />
gangs sind allerdings die „Hotspots“.<br />
„Die Hotspots ermöglichen dem<br />
Besucher von einem Panorama ins<br />
nächste zu wechseln und somit per<br />
Mausklick tatsächlich quer durch<br />
die <strong>Universität</strong> zu wandeln“, erklärt<br />
Margareta Weeber. Ein Klick auf ein<br />
kleines Icon unterhalb des Panoramas<br />
zeigt die Hotspots farbig im<br />
Bild an, ein weiterer Klick auf die<br />
farbige Fläche ermöglicht den<br />
Schritt zur nächsten Station.<br />
Nach und nach wollen Margareta<br />
Weeber, John Appoldt und ihre<br />
Kollegen den virtuellen Rundgang<br />
auf die ganze <strong>Universität</strong> ausdehnen.<br />
„Natürlich ist das Projekt noch<br />
lange nicht komplett. Derzeit sind<br />
nur die wichtigsten Standorte rund<br />
um das Stammgelände im virtuellen<br />
Rundgang vertreten. Aber wir<br />
werden die Tour natürlich ausbauen“,<br />
kündigt Appoldt schon mal an.<br />
Das braucht Zeit und Personal: „Besonders<br />
für die Erweiterung der<br />
englischen Version des Rundgangs<br />
könnten wir den einen oder anderen<br />
englischen Muttersprachler gebrauchen.“<br />
■ oh<br />
Foto: LMU/Haak & Nakat<br />
MUM 03/2002 LMU – OFFICE<br />
31
MUM 03/2002 SERVICE<br />
32<br />
TIPPS &<br />
TERMINE<br />
■ UNTERRICHTSERFAHRUNG<br />
IM AUSLAND<br />
Der Pädagogische Austauschdienst<br />
(PAD) der Kultusministerkonferenz<br />
bietet angehenden Lehrern moderner<br />
Fremdsprachen und Studierenden<br />
anderer Studiengänge die Möglichkeit,<br />
als COMENIUS-Sprachassistenten<br />
sechs bis acht Monate<br />
an einer Schule des SOKRATES-Programms<br />
der europäischen Union im<br />
Ausland Unterrichtserfahrungen zu<br />
sammeln. Bewerber für das Austauschjahr<br />
2003/2004, das im September<br />
2003 beginnt, müssen mindestens<br />
vier Semester studiert<br />
haben und über Kenntnisse der<br />
jeweiligen Landessprache verfügen.<br />
Zu den Aufgaben der Fremdsprachenassistenten,<br />
die in der Regel<br />
zwölf Stunden pro Woche an der<br />
Gestaltung des Unterrichts mitwirken,<br />
gehören Übungen zur Sprache<br />
und Landeskunde sowie die Konversation<br />
in Kleingruppen, aber auch<br />
Aktivitäten außerhalb des Unterrichts<br />
wie etwa die Mitarbeit<br />
in einer Theater-<br />
AG. Während ihrer<br />
Assistenzzeit<br />
erhalten die<br />
Teilnehmer<br />
DER SATIRIKER HELMUT ECKL* HAT DAS WORT<br />
ECKLS ECK<br />
Semesterferien<br />
DVawoitung schnauft durch.<br />
Da Kanzler grüaßt.<br />
DMiniröck von de Studentinnen<br />
genga ma ob.<br />
LMU-Rucksäck kriagst<br />
in da U-Bahn net ind Lätschn.<br />
DProfessoren hom koa Problem.<br />
I kriag an Leberkaas.<br />
As Telefon is freindlich.<br />
So an Urlaub brauchst hin und wieder.<br />
* HELMUT ECKL IST LEITER DES REFERATS III B 4 DER LMU.<br />
einen monatlichen Unterhaltszuschuss,<br />
der die Lebenshaltungskosten<br />
deckt. Bewerbungsschluss für<br />
die USA und Kanada ist der 1.<br />
November, für alle anderen Länder<br />
der 1. Dezember. Weitere Informationen<br />
enthält die Broschüre „CO-<br />
MENIUS-Sprachassistenten“, die per<br />
E-Mail: pad.comenius@kmk.org und<br />
telefonisch: 0228 – 501 224 angefordert<br />
werden kann. Das Bewerbungsformular<br />
gibt es im Internet:<br />
www.kmk.org/pad/sokrates2.<br />
■ MEDIZINSYMPOSIUM<br />
Aus Anlass des 10. Todestages von<br />
Professor Friedrich Deinhardt veranstaltet<br />
das Max-von-Pettenkofer<br />
Institut für medizinische Mikrobiologie<br />
am 12. Juli ein Mini-Symposium.<br />
Für die Veranstaltung konnten<br />
drei Redner gewonnen werden: Professor<br />
M. Roggendorf vom Institut<br />
für Virologie der <strong>Universität</strong> Essen<br />
wird einen Vortrag zum Thema<br />
„Neue gentherapeutische Ansätze<br />
zur Behandlung der chronischen<br />
Hepatitis B“ halten. Über „Evolution<br />
und Ursprung von HIV – epidemiologische<br />
und molekulare Daten“<br />
spricht Professor Gürtler vom Institut<br />
für medizinische Mikrobiologie<br />
der <strong>Universität</strong> in Greifswald. Als<br />
dritter Redner wird Dr. Schätz vom<br />
Max-von-Pettenkofer Institut über<br />
„Prion-Erkrankungen: Prophylaktische<br />
und therapeutische Ansätze“<br />
referieren. Beginn der Veranstaltung<br />
ist 15 Uhr c.t., Hörsaal des Instituts,<br />
Pettenkoferstr. 9A. Mehr Informationen:<br />
Professor von der Helm und<br />
Professor Koszinowski, Tel.: 5160<br />
5257.<br />
■ SPINDE ABZUGEBEN<br />
Die Anatomische Anstalt der LMU<br />
sucht Personen, die etwas zu verstauen<br />
haben. Der Grund: Sie hat<br />
54 Garderobenspinde mit<br />
Münzschloss abzugeben.<br />
Die Spindgröße beträgt<br />
ca. 90x30x<br />
48 cm. Interessentenwen-<br />
■ FORUM HUMORUM<br />
Eine unerwartet steile Karriere<br />
hat Günter Karl, Mitarbeiter<br />
im Büro des Uni-Kanzlers Dr.<br />
Hendrik Rust, mit einem einzigen<br />
Federstrich gemacht: Bei<br />
der Wahl zum erweiterten<br />
Senat der <strong>Universität</strong> war Karl<br />
auf der Wahlvorschlag-Liste 1<br />
der Unabhängigen Mitarbeiter<br />
als Vertreter der Zentralen <strong>Universität</strong>sverwaltung<br />
auf Platz 8<br />
zu finden. Für die Beförderung<br />
sorgte ein kleiner Zusatz hinter<br />
dem Namen des Kandidaten:<br />
„Kanzler“ stand dort klar zu<br />
lesen. Welchen Job Rust derweil<br />
übernommen hat, ist nicht<br />
bekannt.<br />
den sich an: Herrn Benz, Anatomische<br />
Anstalt, Pettenkoferst. 11, Tel.:<br />
5160 4804.<br />
■ OFFENES FECHTTURNIER<br />
Die Fechtabteilung des Hochschulsports<br />
veranstaltet in Zusammenarbeit<br />
mit dem USC <strong>München</strong> am 20.<br />
und 21. Juli im ZHS ein offenes<br />
Hochschulturnier im Florett- und<br />
Degenfechten. Dazu sind alle Studierenden<br />
und hauptamtliche Mitarbeiter<br />
in- und ausländischer<br />
Hochschulen zugelassen. Die Teilnehmerzahl<br />
pro Wettkampf ist beschränkt:<br />
40 Teilnehmer im Damenund<br />
Herrenflorett, 45 im Herrenund<br />
40 im Damendegen. Meldungen,<br />
unter Angabe der Hochschulzugehörigkeit,<br />
werden in der Reihenfolge<br />
des Eintreffens berücksichtigt<br />
und können postalisch, via<br />
Fax oder E-Mail erfolgen. Meldeschluss<br />
ist der 15. Juli. Verspätete<br />
Meldungen werden nur bei Zahlung<br />
eines erhöhten Meldegeldes angenommen.<br />
Bitte eine Telefon- oder<br />
Faxnummer angeben, damit im Falle<br />
einer Nichtberücksichtigung abgesagt<br />
werden kann. Das Meldegeld<br />
beträgt je Waffe 5 €; Zahlung bei<br />
Turnierbeginn. Weitere Infos und<br />
Meldeadresse: Sportzentrum, Abteilung<br />
Hochschulsport, Fachgebiet<br />
Fechten, Conollystr. 32, 80809 <strong>München</strong>,<br />
Fax: 289 24 664, E-Mail: roessler@zv.tum.de.<br />
Auswärtige können<br />
Unterkünfte über das Fremdenverkehrsamt<br />
der Stadt <strong>München</strong>,<br />
Sendlinger Str.1, 80331<br />
<strong>München</strong>; Tel.: 2330<br />
300, Fax: 23 330<br />
233 erfragen.<br />
■ ZUSATZQUALIFIKATION<br />
FÜR STUDIERENDE<br />
Das Institut Student und Arbeitsmarkt<br />
der LMU bietet Studierenden<br />
aller Fachbereiche wieder Kurse als<br />
berufliche Zusatzqualifikationen an.<br />
Die Kurse sind: EDV-Office, Einführung<br />
BWL/VWL, Projektmanagement,<br />
Access, Marketing/Vertrieb,<br />
Wissensmanagement, Excel, Personal,<br />
Maschinenschreiben, Internet,<br />
Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaftssprachen,<br />
Java Script, Auslandsgeschäft,<br />
Bewerbungstrainings und<br />
vieles mehr. Sie sind im Kurspaket<br />
oder als Einzelkurs absolvierbar.<br />
Bewerbungsunterlagen können<br />
Mo., Di., Do. und Fr. von 9 bis 12 Uhr<br />
im Institut Student und Arbeitsmarkt,<br />
<strong>Ludwig</strong>str. 27, 1. Stock (über<br />
Wendeltreppe), Zimmer 130, abgeholt<br />
werden. Bewerbungsschluss ist<br />
der 12. Juli. Bei der Bewerbung werden<br />
Studierende geistes-, sozialund<br />
naturwissenschaftlicher Fächer<br />
bevorzugt. Weitere Infos: www.sa.uni-muenchen.de.<br />
PREISE &<br />
STIPENDIEN<br />
■ WISSENSCHAFTSPREIS FÜR<br />
INTERKULTURELLE STUDIEN<br />
Das Forum Interkulturelles Leben<br />
und Lernen (FILL) e.V., ein Zusammenschluss<br />
von Vertretern aus Kultur,<br />
Politik, Verwaltung und Wirtschaft<br />
mit ausländischen Vereinen,<br />
hat das Ziel, die multikulturelle<br />
Wirklichkeit aufzugreifen und für<br />
ein besseres Miteinander verschiedener<br />
Kulturen zu arbeiten. Auch die<br />
Wissenschaft soll stärker in diese<br />
Bemühungen eingebunden werden.<br />
Dazu schreibt FILL in Zusammenarbeit<br />
mit der <strong>Universität</strong> und der<br />
Stadt Augsburg den mit 5.000 €<br />
dotierten Förderpreis zum Generalthema<br />
„Interkulturelle Wirklichkeit<br />
in Deutschland: Fragen und<br />
Antworten auf dem Weg zur offenen<br />
Gesellschaft“ aus. Zugelassen<br />
sind wissenschaftliche Arbeiten, die
maximal zwei Jahre vor dem jeweiligen<br />
Bewerbungsschluss an einer<br />
deutschen <strong>Universität</strong> vorgelegt<br />
wurden. Bewerbungen sind an das<br />
Rektoramt der <strong>Universität</strong> Augsburg,<br />
<strong>Universität</strong>sstr. 2, 86159 Augsburg,<br />
zu richten. Kontakt und weitere<br />
Infos: Dr. Peter Kolb, E-Mail:<br />
peter.kolb@rektorat.uni-augsburg.<br />
de und www.fill.de. Bewerbungsschluss<br />
ist der 30. September 2002,<br />
die Verleihung wird im Mai 2003<br />
stattfinden.<br />
■ ERNST-ENGELBRECHT-<br />
GREVE-PREIS 2003<br />
Der Ernst-Engelbrecht-Greve-Preis,<br />
benannt nach dem ehemaligen<br />
Landwirtschaftsminister von Schleswig-Holstein,<br />
ist dem ländlichen<br />
Raum gewidmet. Der Bund der<br />
Deutschen Landjugend und die R+V<br />
Versicherung sind Träger dieses<br />
Preises und unterstützen damit die<br />
Verbesserung von Lebens- und Bleibeperspektiven<br />
für junge Menschen<br />
in den ländlichen Räumen. Damit<br />
sollen herausragende und innovative<br />
Projekte, Aktionen und Maßnahmen<br />
in den Bereichen regionale Entwicklung,<br />
Grüne Berufe und Jugendarbeit<br />
gefördert werden. Der<br />
Preis in Höhe von 10.000 € wird alle<br />
zwei Jahre auf der Internationalen<br />
Grünen Woche in Berlin an Personen<br />
unter 35 Jahren oder an Jugendorganisationen<br />
aus dem ländlichen<br />
Raum vergeben. Eine Aufteilung<br />
des Preises ist möglich. Abgabefrist<br />
ist der 31. Juli 2002. Weitere<br />
Informationen unter www.landjugend.de<br />
oder beim Bund der Deutschen<br />
Landjugend, Reinhardtstr. 18,<br />
10117 Berlin, Tel.: 030-31904-<br />
258.E-Mail: info@landjugend.de.<br />
■ GEOWISSENSCHAFTLERPREIS<br />
FÜR JUNGE WISSENSCHAFTLER<br />
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />
(DFG) hat einen neuen Forschungspreis<br />
ins Leben gerufen: den<br />
Bernd-Rendel-Preis für junge Geowissenschaftler.<br />
Der mit 1500 €<br />
dotierte Preis richtet sich an junge<br />
Diplom-Geowissenschaftler (Geologen,<br />
Mineralogen, Geophysiker,<br />
Ozeanographen, Geodäten), die<br />
nicht promoviert sind. Er wird dieses<br />
Jahr an fünf Personen vergeben.<br />
Diese Preise aus den vom Stifterverband<br />
für die Deutsche Wissenschaft<br />
verwalteten Erträgen der<br />
Bernd-Rendel-Stiftung sollen den<br />
Preisträgern die Teilnahme an internationalen<br />
Kongressen und Tagungen<br />
ermöglichen. Als Kriterien für<br />
die Preisvergabe gelten Qualität und<br />
Originalität der bisherigen Forschungsarbeiten,<br />
die jedoch nicht<br />
abgeschlossen sein müssen (Diplomarbeiten<br />
oder laufende Dissertationsarbeiten,<br />
ggf. andere Arbeiten).<br />
Besondere Beachtung bei der<br />
Preisvergabe sollen der gewählte<br />
Forschungsansatz sowie das wissenschaftliche<br />
Potenzial des Kandidaten<br />
finden. Möglich sind Eigenbewerbungen<br />
sowie Vorschläge von<br />
Kandidaten. Einzureichende Unterlagen<br />
sollten eine kurze, maximal<br />
einseitige Begründung, auch in Hinblick<br />
auf die Verwendung des Preises,<br />
enthalten, und schließlich einen<br />
kurzen tabellarischen Lebenslauf<br />
und Exemplare relevanter Arbeiten<br />
(Diplomarbeit, Manuskripte, Sonderdrucke)<br />
sowie eine kurze Beschreibung<br />
laufender Arbeiten. Die<br />
Unterlagen müssen bis zum 1. August<br />
eingeschickt werden an: Dr.<br />
Sören B. Dürr – Programmdirektor<br />
Geologie und Paläontologie, Bernd-<br />
Rendel-Preis 2002, 53170 Bonn.<br />
Weiter Informationen: Ute Bennerscheid,<br />
E-Mail: ute.bennerscheid@<br />
dfg.de, Tel.: 0228 – 885 2455.<br />
■ IDEENWETTBEWERB<br />
DES BMWI 2002<br />
Mit dem Programm „InnoNet – Förderung<br />
von innovativen Netzwerken“<br />
unterstützt das Bundesministerium<br />
für Wirtschaft und Technologie<br />
(BMWi) den Aufbau von Kooperationsnetzwerken<br />
zwischen Wirtschaft<br />
und Wissenschaft. Damit soll<br />
die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit<br />
von mittelständischen<br />
Unternehmen gestärkt werden.<br />
Mit nicht rückzahlbaren Zuwendungen<br />
fördert InnoNet jetzt<br />
zum vierten Mal Verbundprojekte<br />
zwischen Forschungseinrichtungen<br />
und Unternehmen für die Entwicklung<br />
von anspruchsvollen Produkten,<br />
Verfahren oder Dienstleistungen.<br />
Damit soll kleinen und mittleren<br />
Unternehmen der Zugang zum<br />
technologischen Know-how von<br />
Forschungseinrichtungen erleichtert<br />
werden. Projektträger ist die<br />
VDI/VDE-Technologiezentrum<br />
Informationstechnik GmbH (VDI/<br />
VDE-IT). Hier können bis zum 31. Juli<br />
2002 Ideenskizzen für innovative<br />
Verbundprojekte eingereicht wer-<br />
den. Die Laufzeit sollte nicht mehr<br />
als drei Jahre betragen. Teilnahmeunterlagen<br />
und weitere Informationen<br />
unter: www.vdivde-it.de/innonet.<br />
Ansprechpartner ist das<br />
VDI/VDE-Technologiezentrum<br />
Informationstechnik GmbH (VDI/<br />
VDE-IT), InnoNet, Rheinstr. 10B,<br />
14513 Teltow, Tel.: 03328 - 435-136,<br />
Fax: 03328 - 435-189; E-Mail: Inno-<br />
Net@vdivde-it.de.<br />
■ FÖRDERPREIS DER THERESE<br />
VON BAYERN-STIFTUNG<br />
Aus Anlass des 100-jährigen<br />
Jubiläums der Verleihung der Ehrendoktorwürde<br />
an die Forscherin und<br />
Mäzenin Prinzessin Therese von<br />
Bayern aus dem Hause Wittelsbach<br />
wurde im Jahr 1997 an der <strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong> die „Therese von<br />
Bayern-Stiftung zur Förderung von<br />
Frauen in der Wissenschaft“ ins<br />
Leben gerufen. Die Stiftung verfolgt<br />
unter anderem das Ziel, in regelmäßigen<br />
Abständen herausragende<br />
Wissenschaftlerinnen einzelner Fakultäten<br />
mit einem Förderpreis auszuzeichnen,<br />
um deren Motivation<br />
zur Hochschulkarriere zu unterstützen.<br />
Die nächste Preisvergabe findet<br />
innerhalb der Rechts-, Wirtschaftsund<br />
Sozialwissenschaftlichen Fakultäten<br />
im Mai 2003 statt, und<br />
zwar diesmal in der Bayerischen<br />
Akademie der Wissenschaften, deren<br />
erstes (und bislang einziges)<br />
weibliches Ehrenmitglied die Prinzessin<br />
war. Die Höhe des Preises<br />
beträgt 5.000 €, der Preis kann<br />
geteilt werden. Zentrale Auswahlkriterien<br />
bei der Preisvergabe sind<br />
laut Stiftungssatzung vor allem herausragende<br />
wissenschaftliche Leistungen,<br />
insbesondere in einem<br />
transdisziplinär konzipierten Forschungsvorhaben,<br />
sowie ein akademischer<br />
Karriereverlauf, der Vorbildfunktion<br />
für junge Wissenschaftlerinnen<br />
hat. Wissenschaftlerinnen<br />
aus den Rechts-, Wirtschafts-<br />
und Sozialwissenschaftlichen<br />
Fakultäten (Fak. 3-5,11,15)<br />
richten ihre Bewerbung bis zum 30.<br />
September 2002 an das Dekanat<br />
ihrer Fakultät. Weitere Auskünfte<br />
über die Vorsitzende des Kuratoriums<br />
der Stiftung: Dr. Hadumod<br />
Bußmann, Anwänden 3, 82067<br />
Ebenhausen/Isartal, Tel.: 08178-<br />
4483, Fax: 08178 - 3410, E-Mail:<br />
hadumod.bussmann@lrz.unimuenchen.de.<br />
■ AKTIONSPROGRAMM FÜR<br />
DAS JAHR DER CHEMIE 2003<br />
Zum vierten Mal schreibt der Stifterverband<br />
für die Deutsche Wissenschaft<br />
sein Aktionsprogamm<br />
„PUSH – Dialog Wissenschaft und<br />
Gesellschaft“ aus. Die Ausschreibung<br />
des Jahres 2002 dreht sich mit<br />
Blick auf das „Jahr der Chemie 2003“<br />
um Themen rund um die Chemie<br />
und wendet sich dabei besonders an<br />
die Fachbereiche und Institute für<br />
Chemie an Hochschulen und außeruniversitärenForschungseinrichtungen,<br />
die mit entfernteren Disziplinen<br />
wie den Geistes- und Sozialwissenschaften<br />
und interdisziplinären<br />
Arbeitsgebieten wie der Molekularbiologie,<br />
Biochemie, Materialwissenschaften<br />
oder Nanowissenschaften<br />
kooperieren. Angesprochen<br />
sind alle Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler, die sich<br />
mit ihren Projekten beispielsweise<br />
an Dialogpartner wie Kinder und Jugendliche,<br />
Familien, öffentliche Institutionen<br />
und Medien wenden. Die<br />
Projekte sollen den Prozess des wissenschaftlichen<br />
Arbeitens, den Alltagsbezug<br />
von Wissenschaft und<br />
Technik, sowie ihre Bedeutung für<br />
die Lösung von Zukunftsproblemen,<br />
im Dialog mit der Gesellschaft sichtbar<br />
machen. Denkbare Vorhaben<br />
wären die Ansprache von Kindergärten,<br />
Grundschulen und unterstufigen<br />
Klassen von weiterführenden<br />
Schulen, Mitmachaktionen, Diskussionsforen<br />
und Workshops bis<br />
hin zur Verarbeitung wissenschaftlicher<br />
Themen im Bereich „Chemie<br />
und Kunst“. Gefördert werden Projekte,<br />
die sich durch Nachhaltigkeit,<br />
Originalität und Aktualität auszeichnen.<br />
Es ist auch eine Teilfinanzierung<br />
von schon geförderten Projekten<br />
möglich. Für das gesamte<br />
Aktionsprogramm stehen insgesamt<br />
250.000 € zur Verfügung. Pro<br />
Projekt können 10.000 €, in Einzelfällen<br />
bis zu 25.000 € bewilligt werden.<br />
Die Bewerbungsfrist läuft noch<br />
bis 16. September 2002 (Poststempel).<br />
Das Merkblatt zur Antragsstellung<br />
und weiterführende Informationen<br />
können unter www.stifterverband.de<br />
oder bei Sandra Rohmann,<br />
Stifterverband der Deutschen<br />
Wissenschaft, Barkhovenallee 1,<br />
45239 Essen, Tel.: 0201-8401-170,<br />
Fax: 0201-8401-301, E-Mail: sandra.rohmann@stifterverband.deangefordert<br />
.<br />
MUM 03/2002 SERVICE<br />
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Himmel und Erde im Blick:<br />
Geowissenschaftler auf Reformkurs.