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GTZ akzente 1/2010

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Das Magazin der <strong>GTZ</strong><br />

Werte für die Wirtschaft<br />

Mit sozialer und ökologischer Marktwirtschaft aus der Krise<br />

WEITERE THEMEN:<br />

Mali: Die Gemeindereform schafft mehr Möglichkeiten für<br />

die politische Teilhabe auf dem Land.<br />

Jemen: Der Wüstenstaat stellt die Wasserversorgung für<br />

seine Bewohner auf ein neues Fundament.<br />

AUSGABE 01/10


EDITORIAL<br />

Dorothee Hutter leitet die Unternehmenskommunikation<br />

der <strong>GTZ</strong>.<br />

2<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

„Jede Erfahrung, selbst eine schlechte, ist für irgendwas gut“ – dieser<br />

Spruch ist Allgemeingut. Er gilt auch für die Finanzkrise, die die Weltwirtschaft<br />

an den Rand des Abgrunds gebracht hat. Ein Staat wie Island,<br />

der noch 2007 unter den reichsten Ländern der Welt rangierte, steht<br />

plötzlich vor dem Staatsbankrott. Erinnerungen an die Weltwirtschaftskrise<br />

Ende der Zwanzigerjahre des vorigen Jahrhunderts wurden wach<br />

und damit auch die Angst vor einem kompletten Zusammenbruch der<br />

Weltwirtschaft. Heute wissen wir: Am Schlimmsten sind wir gerade noch<br />

vorbeigeschlittert. Aber der Schreck und die Nachwehen sitzen tief in den<br />

Knochen. Und so erweist sich die Krise auch als Chance: nämlich, die<br />

längst fällige Diskussion über das Wechselspiel von Staat und Markt zu<br />

führen. Oder anders formuliert: Wie viel Staat braucht der Markt?<br />

Diese Debatte wird nun international geführt, und immer wieder fällt der<br />

Blick dabei auf Deutschland und sein Modell der sozialen Marktwirtschaft,<br />

das nach der Faustregel funktioniert: so viel Markt wie möglich, so<br />

viel Staat wie nötig. Nicht mehr das freie Spiel der Kräfte, sondern ein<br />

Wirtschaftsmodell, das Nachhaltigkeit und den Interessenausgleich<br />

zwischen den Marktbeteiligten in den Mittelpunkt stellt, erfreut sich<br />

wachsender Nachfrage. Dabei geht es keinesfalls darum, das deutsche<br />

Modell eins zu eins zu kopieren – vielmehr stehen die Erfolgsfaktoren,<br />

aber auch die Gründe für Misserfolge im Mittelpunkt des Interesses.<br />

Welchen Anforderungen muss ein Sozialversicherungssystem genügen?<br />

Wie können wirtschafts- und finanzpolitische Rahmenbedingungen eines<br />

Staates aussehen? Wie lässt sich das Umweltbewusstsein der Bevölkerung<br />

stimulieren? Mit solchen Fragen haben wir als <strong>GTZ</strong> jahrzehntelange<br />

Erfahrung. Die stellen wir im Auftrag der Bundesregierung unseren<br />

Partnerländern zur Verfügung. Wie das konkret aussieht, lesen Sie in<br />

dieser Ausgabe von <strong>akzente</strong>.<br />

Dorothee Hutter


GROSSE RISIKEN birgt das marktliberale Wirtschaftsmodell.<br />

Gibt es eine bessere Alternative?<br />

MEHR EINFLUSS auf politische Entscheidungen<br />

haben Bürger in Mali nach der Gemeindereform.<br />

SAUBERES WASSER im Wüstenstaat Jemen: Dafür<br />

sorgen die Stadtwerke im Land.<br />

TITELMOTIV: KAREN KASMAUSKI/CORBIS<br />

LOKALISIERT<br />

INHALT<br />

Kurzmeldungen aus aller Welt ............................................................. 4<br />

Projekte, Veranstaltungen und Initiativen<br />

EXPONIERT<br />

Neuland für alle .................................................................................................6<br />

Das AFI Global Policy Forum fordert Finanzdienstleistungen für Arme<br />

AKZENTUIERT<br />

Werte für die Wirtschaft ........................................................................10<br />

Mit sozialer und ökologischer Marktwirtschaft aus der Krise<br />

KOMMENTIERT<br />

Anleitung zum Unglücklichsein ......................................................... 26<br />

Heike Faller berichtet über ihre Erfahrungen als Kleinanlegerin<br />

ENGAGIERT<br />

Demokratie unterm Mangobaum ....................................................... 30<br />

Mehr politische Teilhabe in Mali durch die Dezentralisierung<br />

Wasser für die Wüste ................................................................................. 34<br />

Im Jemen entsteht eine bessere Wasserver- und -entsorgung<br />

BEFRAGT<br />

Erfolgreich durch Wandel ....................................................................... 38<br />

Im Gespräch mit dem neuen <strong>GTZ</strong>-Geschäftsführer Christoph Beier<br />

PORTRÄTIERT<br />

Besucht .................................................................................................................... 40<br />

<strong>GTZ</strong>-Mitarbeiterin Barbara Hess in Bogotá<br />

Fünf Fragen – zwei Gesichter ..............................................................41<br />

Marie-Luise Haberberger und Galo Nina geben Auskunft<br />

ERKLÄRT<br />

Wissen, was wirkt ......................................................................................... 42<br />

Wie die <strong>GTZ</strong> die Wirkungen ihrer Arbeit evaluiert<br />

SERVICE<br />

Literaturtipps ..................................................................................................... 45<br />

Neue Literatur aus aller Welt und Publikationen der <strong>GTZ</strong><br />

Eschborner Fachtage .................................................................................. 46<br />

Das Thema der Veranstaltung <strong>2010</strong> heißt „Vielfalt: der Kulturfaktor“<br />

Vorschau ................................................................................................................. 46<br />

Autoren und Fotografen dieser Ausgabe, Impressum ................................. 47<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong> 3


LOKALISIERT<br />

TANSANIA<br />

Mobile Schnelldiagnostik<br />

In der südtansanischen<br />

Region Mbeya ist seit<br />

Ende Oktober 2009 ein<br />

mobiles Diagnostik- und<br />

Trainingszentrum unterwegs.<br />

Der Lastkraftwagen<br />

beherbergt hochleistungsfähige<br />

Labortechnik,<br />

Diagnostik und Training auf Rädern mit der sich innerhalb<br />

von Stunden diagnostizieren<br />

lässt, ob jemand eine Tuberkulose- oder HIV-Infektion hat.<br />

Außerdem führt die neunköpfige Besatzung Aufklärungsprogramme<br />

durch. Das Labor ist Teil des deutsch-tansanischen Gesundheitsprogramms,<br />

das die <strong>GTZ</strong> im Auftrag des Bundesministeriums für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) koordiniert.<br />

Die Finanzierung sichern die Europäische Kommission und<br />

das Bundesforschungsministerium. Konzept und Expertise liefern<br />

das NIMR-Mbeya Medical Research Programme und die Universität<br />

München. Das Walter Reed Army Institute of Research unterstützt<br />

die HIV-Diagnose; die Aufklärungsarbeit koordiniert die <strong>GTZ</strong>.<br />

MEXIKO<br />

Abfallrecycling im Fokus<br />

Im Rahmen der Green Expo, Mexikos größter Umweltmesse,<br />

fand am 29. und 30. September 2009 das erste internationale<br />

Forum zur Rolle des Privatsektors in der integrierten Abfallwirtschaft<br />

statt. Das mexikanische Umweltministerium organisierte<br />

die Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der <strong>GTZ</strong>,<br />

die in Mexiko für das BMZ im Programm Umweltmanagement<br />

und nachhaltige Ressourcennutzung tätig ist. Die Veranstaltung<br />

gliederte sich in zwei Themenblöcke: Am ersten<br />

Tag stellte das Umweltministerium das nationale Abfallwirtschaftsprogramm<br />

vor, das unter anderem das Abfallrecycling<br />

fördern will. Anschließend wurden die deutschen Erfahrungen<br />

mit dem Grünen Punkt präsentiert. Die Anwendbarkeit dieses<br />

Systems im lateinamerikanischen Kontext führte zu einer lebhaften<br />

Diskussion. Die Vorträge beschäftigten sich mit der<br />

Rolle von Privatunternehmen und Unternehmerverbänden in<br />

der Abfallwirtschaft. Im Mittelpunkt stand die Frage, welche<br />

Marktchancen Klein- und Mittelunternehmen im integrierten<br />

Abfallmanagement haben. Mehr als 200 Gäste von mexikanischen<br />

Firmen, öffentlichem Sektor, Universitäten und aus<br />

der interessierten Öffentlichkeit besuchten die Veranstaltung.<br />

4 <strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

FOTOS: <strong>GTZ</strong>, <strong>GTZ</strong>/YDF


SCHWEDEN<br />

Mehr Öffentlichkeit für Entwicklung<br />

Zum vierten Mal fanden im<br />

Oktober 2009 die European<br />

Development Days statt.<br />

Die Veranstaltung will das<br />

Bewusstsein für entwicklungspolitische Themen stärken und eine<br />

Plattform zum Informationsaustausch bieten. Etwa 6.000 Gäste<br />

hörten sich Diskussionen an, informierten sich über Akteure der<br />

Entwicklungszusammenarbeit und berichteten über eigene Erfahrungen.<br />

Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus etwa nahm<br />

an einer Diskussionsrunde zu ländlicher Entwicklung teil, die <strong>GTZ</strong><br />

AgenZ mitorganisiert hatte.<br />

BURKINA FASO<br />

Baumanagement und Infrastruktur<br />

Die US-amerikanische Hilfsorganisation Millennium Challenge<br />

Corporation hat <strong>GTZ</strong> International Services mit der Verbesserung<br />

der Infrastruktur in Burkina Faso beauftragt. Das Unternehmen<br />

übernimmt in den kommenden viereinhalb Jahren das Projektman<br />

agement für Neubau oder Instandsetzung von rund 550<br />

Kilometern Straße. Zum Auftrag gehört auch die Beratung von<br />

Regierungs- und Verwaltungsstellen in allen Fragen der Planung,<br />

Finanzierung, Durchführung und des Managements der Straßeninstandhaltung.<br />

Qualifiziert hat sich <strong>GTZ</strong> International Services<br />

für den Auftrag durch die erfolgreiche Durchführung ähnlicher<br />

Infrastrukturmaßnahmen mittels Capacity Development, unter<br />

anderem im Südsudan und in Äthiopien.<br />

Schlechte Straßen behindern vielerorts die Entwicklung.<br />

Aktuelle Meldungen unter www.gtz.de/aktuell<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

KIRGISISTAN<br />

Schüler und Lehrer lernen um<br />

In Kirgisistan soll der Unterricht an den allgemeinbildenden<br />

Schulen besser werden. Unterstützung bei diesem Projekt erhält<br />

das dortige Bildungsministerium von der <strong>GTZ</strong> im Auftrag des BMZ.<br />

Zum Start des neuen Schuljahres erhielten 43 Pilotschulen Lehrbücher<br />

für den Mathematik- und Sprachunterricht sowie Lesefibeln<br />

für die Schuljahrgänge eins bis vier. Die <strong>GTZ</strong> unterstützt ihre<br />

lokalen Partner bei der Entwicklung von Unterrichtskonzepten, die<br />

an den Pilotschulen erprobt und in Zusammenarbeit mit den Zentren<br />

für Lehrerfortbildung ausgewertet und weiterverbreitet werden.<br />

Hat der Versuch Erfolg, werden sich Schulen im ganzen Land<br />

anschließen.<br />

SÜDAFRIKA<br />

1:0 für die Aids-Prävention<br />

Mit Fußball gegen HIV/<br />

Aids: Auf diesen kurzen<br />

Nenner lässt sich eine Public<br />

Private Partnership<br />

(PPP) bringen, die die <strong>GTZ</strong><br />

im Auftrag des BMZ mit<br />

Volkswagen Südafrika geschlossen<br />

hat. Mit mehr<br />

Die Fußballbegeisterung vieler junger als 6.000 Beschäftigten ist<br />

Südafrikaner lässt sich positiv nutzen.<br />

Volkswagen Südafrika einer<br />

der größten Arbeitgeber<br />

in der Provinz Ostkap. Das Unternehmen hat mehrere „Corporate<br />

Citizenship Units“ gegründet, die die Lebensbedingungen<br />

der Menschen dort verbessern sollen. Im Rahmen der Zusammenarbeit<br />

verknüpfen <strong>GTZ</strong> und Volkswagen Fußballausbildung mit<br />

der Vermittlung von Lebenskompetenzen und der Aufklärung über<br />

HIV/Aids. Gerade bei den 12- bis 20-Jährigen, deren Infektionsrisiko<br />

besonders hoch ist, erfreut sich Fußball großer Beliebtheit.<br />

Kernstück des Projekts sind zwei Fußballbusse, in denen junge<br />

Trainer unterwegs sind, die neben Fußball-Know-how auch Wissen<br />

über HIV/Aids vermitteln. Sie werden im Vorfeld in den Bereichen<br />

Fußballtraining, Jugendförderung und Aids-Prävention<br />

geschult. Die neue Partnerschaft wird von VW Südafrika und dem<br />

PPP-Programm „develoPPP.de“ des BMZ finanziert.<br />

5


EXPONIERT<br />

NEULAND FÜR ALLE<br />

Bei der Alliance for Financial Inclusion hat die <strong>GTZ</strong> Verantwortung für ein Vorhaben mit weltweiter<br />

Wirkung übernommen, das vollständig privat finanziert wird. Beim ersten AFI Global<br />

Policy Forum diskutierten 200 Teilnehmer neue Wege für den Zugang von Armen zu Finanzdienstleistungen.<br />

Text Wolfgang Köhler<br />

Das erste AFI Global Policy Forum tagte im September 2009 in Kenias Hauptstadt Nairobi.<br />

6 <strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

FOTOS: ALLIANCE FOR FINANCIAL INCLUSION


Sibi-Okumu ist kein Fremder in der<br />

Welt der Moderne. Nach 30 Jahren als<br />

IJohn<br />

Französischlehrer arbeitet der Kenianer<br />

heute als Schauspieler, Schriftsteller und Fernsehmoderator.<br />

Aber wenn er Mitgliedern seiner<br />

Familie Geld schickt, steckt er es in einen<br />

Briefumschlag. „Ich überweise es nie auf ein<br />

Bankkonto. Sie haben nämlich keins.“ Das soll<br />

sich ändern. Deshalb hat er es übernommen,<br />

die rund 200 Teilnehmer des ersten AFI Global<br />

Policy Forums, das im September 2009 in Kenias<br />

Hauptstadt Nairobi stattfand, durch die<br />

Konferenz zu führen. Und Sibi-Okumu meint<br />

es ernst: „Tun Sie was für uns. Wir brauchen<br />

Sie“, ermuntert er die Teilnehmer.<br />

Genau das hat sich die Alliance for Financial<br />

Inclusion (AFI) vorgenommen. AFI ist ein<br />

Zusammenschluss von Entscheidungsträgern<br />

aus Finanzregulierungsbehörden und Finanzminis<br />

terien in 70 Ländern, von Afghanistan bis<br />

Sambia. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, den<br />

Armen Zugang zu Finanzdienstleistungen zu<br />

verschaffen. Bis zum Jahr 2012 sollen nach dem<br />

erklärten Willen der AFI-Mitglieder zusätzliche<br />

50 Millionen Menschen Zugang zu formellen<br />

Finanzdienstleistungen erhalten: Sparkonten,<br />

Mikrokrediten und -versicherungen.<br />

Erreichen will AFI dies, indem sie Politiker<br />

und Zentralbanker, Experten und Unternehmer<br />

aus Entwicklungs- und Schwellenländern<br />

miteinander ins Gespräch bringt. Die Allianz<br />

versteht sich deshalb in erster Linie als<br />

globales Politik-Netzwerk und als Plattform<br />

für einen Süd-Süd-Erfahrungsaustausch. AFI<br />

könnte man als gemeinsames Kind der Bill &<br />

Melinda Gates Foundation und der <strong>GTZ</strong> bezeichnen.<br />

Initiator und Geldgeber – mit einem<br />

Betrag von 35 Millionen US-Dollar – ist die<br />

Stiftung des Microsoft-Gründers und seiner<br />

Frau; das Know-how steuert die <strong>GTZ</strong> bei. Ansprechpartner<br />

ist der Experte für Finanzsysteme<br />

Alfred Hannig. Auf die Arbeit der <strong>GTZ</strong><br />

im Finanzwesen war die Gates-Stiftung durch<br />

die Tätigkeit des Unternehmens im Bereich<br />

Mikrofinanzen in Uganda aufmerksam gewor-<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

den. Dort hatte Hannig gemeinsam mit <strong>GTZ</strong>-<br />

Beraterin Gabriela Braun im Rahmen der Beratung<br />

der Zentralbank das Thema Mikrofinanzen<br />

von dem Ruf befreit, ein Sozialprogramm für<br />

Philanthropen zu sein. Stattdessen unterstützte<br />

die <strong>GTZ</strong> dort im Auftrag des BMZ und der<br />

Swedish International Development Agency<br />

Politik und Behörden dabei, die Rahmenbedingungen<br />

des Finanzsektors so zu gestalten,<br />

dass sich das Mikrofinanzkonzept als nachhaltiges<br />

Geschäft in bestehenden und neuen Finanzinstitutionen<br />

etablieren konnte. Die Gates<br />

Foundation, die auf der Suche nach neuen Betätigungsfeldern<br />

häufig zuerst mit Einzelpersonen<br />

statt mit Institutionen Kontakt aufnimmt,<br />

wandte sich deshalb zunächst an Hannig<br />

mit einer Idee, die an die Frage einer guten<br />

Fee aus dem Märchen erinnert: Was würden Sie<br />

tun, um Ihre erfolgreiche Arbeit im Bereich<br />

Mikrofinanzen auf eine globale Ebene auszudehnen,<br />

wenn es dabei keine finanziellen Beschränkungen<br />

gäbe?<br />

Eine globale Plattform schaffen<br />

Man kam ins Gespräch und dann begann ein<br />

munteres gemeinsames Brainstorming, in das<br />

die Kompetenzen der <strong>GTZ</strong> aus verschiedenen<br />

Organisationseinheiten bei der Weiterentwicklung<br />

der Projektidee eingeflossen sind. Am<br />

Ende stand das Konzept einer globalen Plattform<br />

für einen Erfahrungs- und Ideenaustausch.<br />

Und nun leitet Hannig seit September<br />

2008 die Geschäftsstelle von AFI in Bangkok<br />

im Auftrag der <strong>GTZ</strong>. Gabriela Braun ist bei<br />

AFI für die politische Linie und das Zuwendungsprogramm<br />

verantwortlich. Mit dieser<br />

Kooperation haben beide Partner, die Gates<br />

Foundation und die <strong>GTZ</strong>, Neuland betreten.<br />

Die <strong>GTZ</strong> übernahm zum ersten Mal die Verantwortung<br />

für ein Vorhaben mit weltweiter<br />

Wirkung, das vollständig privat finanziert wird.<br />

Für die Gates-Stiftung sind sowohl der Partner<br />

als auch der deutliche Schwerpunkt, den AFI<br />

auf die Vernetzung von Entscheidungsträgern<br />

in der Entwicklungszusammenarbeit legt, eine<br />

neue Erfahrung.<br />

Mitglieder von AFI sind dann auch in erster<br />

Linie Zentralbanken, Finanzministerien<br />

und andere Bankaufsichtsbehörden der Partnerländer,<br />

die für die Rahmenbedingungen<br />

und die Strukturen des Finanzsektors in ihren<br />

Ländern verantwortlich sind. Sie sollen sich im<br />

Rahmen von AFI darüber austauschen, wie sie<br />

dafür sorgen können, dass Mikrofinanzdienstleistungen<br />

für die Armen und Ärmsten in ihren<br />

jeweiligen Ländern nachhaltig angeboten werden.<br />

Zu Wort kommen bei AFI aber auch Wissenschaftler<br />

und Unternehmen, die Finanz- »<br />

> SÜD-SÜD-DIALOGE FÖRDERN<br />

Die Alliance for Financial Inclusion, kurz:<br />

AFI, wurde im September 2008 aus Mitteln<br />

der Bill & Melinda Gates Foundation<br />

ins Leben gerufen. Ihre Aufgabe ist es,<br />

Entscheidungsträger aus Politik und Finanzregulierungsbehörden<br />

weltweit miteinander<br />

ins Gespräch zu bringen, damit<br />

möglichst viele Menschen, insbesondere<br />

Arme in Entwicklungs- und Schwellenländern,<br />

angemessen mit Finanzdienstleistungen<br />

versorgt werden. Konkret hat<br />

sich AFI zum Ziel gesetzt, zusätzlich 50<br />

Millionen Menschen, die mit Einkommen<br />

von weniger als zwei Dollar pro Tag auskommen<br />

müssen, Zugang zu Sparkonten,<br />

Mikrokrediten und -versicherungen zu erschließen.<br />

Dabei misst AFI dem Peer-to-<br />

Peer-Lernen besondere Bedeutung bei.<br />

Über Online-Kontakte und durch persönliche<br />

Begegnungen sollen Entscheidungsträger<br />

Mittel und Wege entwickeln und<br />

kennenlernen, wie Mikrofinanzdienstleistungen<br />

im Finanzsystem ihrer Länder<br />

verankert werden können. Die Geschäftsstelle<br />

von AFI in Bangkok wird im Mitgliederauftrag<br />

von der <strong>GTZ</strong> gemanagt.<br />

7


EXPONIERT<br />

» INTERVIEW<br />

„DIE HINDERNISSE BESEITIGEN“<br />

Ignacio Mas ist stellvertretender Direktor der Initiative<br />

„Financial Services for the Poor“ bei der Bill & Melinda Gates<br />

Foundation.<br />

<strong>GTZ</strong>: Wie und warum sind Sie an die <strong>GTZ</strong> herangetreten?<br />

IGNACIO MAS: Schätzungsweise 2,5 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sicheren<br />

und erschwinglichen Finanzdienstleistungen. Unsere Stiftung arbeitet mit einem<br />

breiten Spektrum an Partnern aus Entwicklungszusammenarbeit und Wirtschaft zusammen,<br />

um das zu ändern. Unsere Zusammenarbeit mit der <strong>GTZ</strong> geht auf eine gemeinsame<br />

Studie zurück, in der zehn Entwicklungsländer untersucht und politische Lösungen identifiziert<br />

wurden, die für eine Ausweitung der Finanzdienstleistungen am vielversprechendsten<br />

sind. Die <strong>GTZ</strong> stellte fest, dass viele der besten Innovationen in Entwicklungsländern<br />

entstanden waren. Auf der Grundlage dieser Studie kamen wir zu dem Schluss,<br />

dass eine globale Fazilität Politikern helfen könnte, andere Entwicklungsländer an diesen<br />

Innovationen teilhaben zu lassen und sie umzusetzen.<br />

Warum ist Ihr Engagement für die Alliance for Financial Inclusion eine gute Investition?<br />

Arme sind mit vielen Hindernissen konfrontiert, die ihnen den Zugang zu formellen Finanzdienstleistungen<br />

erschweren, seien es der rein physisch fehlende Zugang zu einer<br />

Bankfiliale oder hohe Anforderungen an Mindestguthabenbeträge. Ordnungspolitische Regelungen<br />

verfestigen diese Hindernisse. Inzwischen hat die AFI schon wichtige Etappenziele<br />

erreicht, um diesen Problemen zu begegnen, unter anderem die Ausweitung der Mitgliedschaft<br />

auf fast 70 Länder, die Gründung eines Exekutivkomitees und die Vermittlung<br />

von wichtigen Peer-to-Peer-Kontakten unter Politikern.<br />

Welche Politik verfolgen Sie auf dem Gebiet der „finanziellen Inklusion“?<br />

Die Bill & Melinda Gates Foundation hat ihre Initiative „Financial Services for the Poor“<br />

geschaffen, weil wir glauben, dass der verlässliche Zugang zu sicheren und erschwinglichen<br />

Finanzinstrumenten und -diensten für arme Menschen eine der besten Möglichkeiten<br />

ist, ein besseres Leben zu führen.<br />

Was erwarten Sie mit AFI in den nächsten zehn Jahren zu erreichen?<br />

Bis zum Jahr 2012 soll AFI 50 Millionen Menschen, die von weniger als zwei US-Dollar<br />

am Tag leben, Zugang zu Finanzdienstleistungen verschaffen. Langfristig hat das Projekt<br />

das Potenzial, Haushalten in zweistelliger Millionenhöhe diesen Zugang zu bieten. Und es<br />

kann die Basis für eine effektivere Finanzsektorreform in Entwicklungsländern legen.<br />

dienstleistungen auf neuartigen Wegen anbieten.<br />

Auf diese Weise hat AFI bereits sechs<br />

erprobte, breitenwirksame Lösungsansätze ausgemacht,<br />

die den Zugang der Armen zu Finanzdienstleistungen<br />

verbessern und die die AFI<br />

weltweit unterstützt.<br />

Die besten Lösungen hat der Süden<br />

Davon war viel die Rede beim ersten AFI Global<br />

Policy Forum in Nairobi. Denn „die erfolgreichsten<br />

und innovativsten Lösungen, um<br />

arme Bevölkerungsteile in das Finanzsystem<br />

einzugliedern, stammen von den AFI-Mitgliedern<br />

selbst“, weiß Alfred Hannig. So reguliert<br />

und überwacht beispielsweise die kenianische<br />

Zentralbank den vom Mobilfunkbetreiber Safaricom<br />

in Kooperation mit Vodafone in Kenia<br />

angebotenen bargeldlosen Zahlungsverkehr.<br />

Alles, was man dazu braucht, ist ein Handy.<br />

Und das hat oder nutzt fast jeder in Kenia –<br />

auch Gilbert und seine Mutter.<br />

Gilbert lebt in Nairobi, seine Mutter weit<br />

entfernt in einem kleinen Dorf auf dem Land.<br />

Wenn Gilbert ihr 2.000 kenianische Schilling<br />

überweisen möchte, gibt er den Auftrag an einen<br />

registrierten Agenten. Diese sind über das<br />

ganze Land verteilt und können entweder an<br />

Tankstellen, in Supermärkten oder einfach nur<br />

in einer Wellblechhütte am Straßenrand sitzen.<br />

Sobald die Anweisung via Mobiltelefon eingegangen<br />

ist und die Mutter sich als Zahlungsempfängerin<br />

mit Code und Passwort identifiziert<br />

hat, kann sie bei einem Agenten in ihrem<br />

Heimatdorf das Geld beziehen. So einfach<br />

kann Zahlungsverkehr funktionieren.<br />

Manchmal scheitert der Zugang zu Finanzdienstleistungen<br />

dagegen an relativ einfachen<br />

Hürden. Weltweit müssen etwa 2,5 Milliarden<br />

Menschen ohne Bankkonto auskommen<br />

– das sind mehr als die Hälfte aller<br />

erwachsenen Erdenbürger. Viele von ihnen<br />

können allein deswegen kein eigenes Konto eröffnen,<br />

weil sie sich nicht eindeutig identifizieren<br />

können. Banken reden dann von mangeln-<br />

8 <strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong>


Politische Entscheidungsträger und Experten diskutierten beim AFI Global Policy Forum, wie finanzielle Dienstleistungen den Ärmsten zugänglich werden<br />

können. Gerald Nyoma (links oben, links im Bild) von der Central Bank of Kenya berichtete über die kenianischen Erfahrungen mit Bankdienstleistungen via<br />

Mobiltelefon. Nikola Jentzsch (rechts oben, links im Bild) von der TU Berlin eröffnete die Veranstaltung zum Thema „Financial Identity“.<br />

der Vertrauenswürdigkeit. Praktisch gesprochen<br />

geht es nur darum: Sie besitzen keinen<br />

Ausweis oder Pass als eindeutigen Identitätsnachweis.<br />

In Tansania beispielsweise trifft dies<br />

auf rund 75 Prozent der ländlichen Bevölkerung<br />

zu. Andererseits seien Finanzprodukte<br />

und -dienstleistungen oft zu teuer, kritisierte<br />

Raila Odinga bei der Eröffnung der Konferenz.<br />

Die Herausforderung, so der Premierminister<br />

Kenias, bestehe darin, Lösungsansätze zu entwickeln,<br />

„die sicher, effizient und vor allem erschwinglich<br />

sind“. Wie ein solcher Lösungsansatz<br />

funktionieren kann, berichtete Luiz Edson<br />

Feltrim, beim Banco Central do Brazil für die<br />

Finanzsys tem-Organisation verantwortlich. In<br />

Brasilien war eine große öffentliche Bank Partnerschaften<br />

mit Agenturen zur Auszahlung der<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

Mittel für soziale Hilfsprogramme eingegangen.<br />

Private Banken haben dieses Modell kopiert<br />

und kleine, private Händler als Bankagenturen<br />

gewonnen. „In fast jedem Dorf gibt es<br />

ein Geschäft oder einen Händler“, sagte Feltrim.<br />

Auf diese Weise hat Brasilien seit 1999<br />

mehr als 100.000 Einzelhändler zu Bankagenten<br />

gemacht und damit 13 Millionen<br />

Menschen den Zugang zum Finanzsystem eröffnet.<br />

Reformen für den Finanzsektor<br />

Beim ersten AFI Global Policy Forum ging es<br />

aber auch um die Reform von Staatsbanken<br />

und von Bankregulierungen, um die Ersparnismobilisierung<br />

und neue Wege für den Verbrau-<br />

cherschutz im Finanzsektor. In dem dreitägigen<br />

Forum in Nairobi sieht Hannig aber nur einen<br />

ersten Schritt: Im zweiten Jahr des Bestehens<br />

von AFI kommt es für die Mitgliedsländer nun<br />

darauf an, laufende Maßnahmen zur Ausdifferenzierung<br />

und Fortentwicklung der Finanzmärkte<br />

voranzubringen, um ihre Stabilität zu<br />

stärken. Gerade das ist in Zeiten der weltweiten<br />

Finanz- und Wirtschaftskrise von großer Bedeutung.<br />

Wenn das gelingt, kann womöglich<br />

auch John Sibi-Okumu seine Familie bald bargeldlos<br />

unterstützen.<br />

> ANSPRECHPARTNER<br />

Alfred Hannig > alfred.hannig@gtz.de<br />

Gabriela Braun > gabriela.braun@gtz.de<br />

9


AKZENTUIERT


WERTE FÜR DIE WIRTSCHAFT<br />

THEMEN DIESES<br />

SCHWERPUNKTS<br />

IM FOKUS: Nach der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise braucht die Welt<br />

ein neues Wirtschaftsmodell, das nachhaltigen Wohlstand für alle schafft.<br />

IM INTERVIEW: Bernd Eisenblätter, Geschäftsführer der <strong>GTZ</strong><br />

IM ÜBERBLICK: Projektbeispiele aus der Arbeit der <strong>GTZ</strong><br />

IN KÜRZE: Die Krise und ihre Folgen in Zahlen


ZERPLATZTE TRÄUME<br />

Mit realen Werten hatten die Spekulationen<br />

an großen Börsenplätzen wie der<br />

New Yorker Wall Street (oben) vor Ausbruch<br />

der Wirtschafts- und Finanzkrise<br />

oft wenig zu tun. „Fantasie“ trieb den<br />

Handel. Bei der Kreditvergabe waren Sicherheiten<br />

vor allem in den USA nicht<br />

gefragt. Die Krise zerstörte den Traum<br />

vom Eigenheim (unten) und Millionen<br />

Existenzen weltweit.


Ein neues Leitbild für<br />

die Weltwirtschaft<br />

Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Vorteile einer sozialen und<br />

ökologischen Marktwirtschaft weltweit wieder in den Blickpunkt gerückt. Zu<br />

Recht: Denn nur ein Kapitalismus, der freie Unternehmen fördert, ohne den<br />

Nutzen für Menschen und Umwelt aus den Augen zu verlieren, kann nachhaltig<br />

Wohlstand erzeugen und Armut bekämpfen.<br />

Text Wolfgang Köhler Illustrationen Mira Gatermann<br />

Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Welt<br />

verändert. Der drohende Zusammenbruch<br />

des weltweiten Finanzsystems wurde zwar ab-<br />

IDie<br />

gewendet und der Einbruch der Weltkonjunktur<br />

gestoppt. Die Gruppe der 20 wichtigsten Industrieund<br />

Schwellenländer (G-20) hat erste Schritte eingeleitet,<br />

um die Weltwirtschaft nachhaltig zu stabilisieren. Manche<br />

Spätfolgen aber treten erst jetzt richtig zutage und werden<br />

Millionen Menschen und ihre Regierungen noch auf Jahre<br />

in Atem halten.<br />

Zu diesen Spätfolgen zählt der Verlust von Arbeit und<br />

Einkommen. In vielen Industrieländern werden dessen finanzielle<br />

Konsequenzen für die einzelnen Haushalte dank<br />

funktionierender sozialer Sicherungssysteme spürbar gedämpft.<br />

In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern aber<br />

stürzt die Arbeitslosigkeit viele Menschen zurück in eine<br />

schon überwunden geglaubte Armut. Alles in allem rechnet<br />

die Weltbank damit, dass infolge der Krise bis Ende <strong>2010</strong><br />

weltweit knapp 90 Millionen Menschen in absolute Armut<br />

(mit Einkommen unter 1,25 US-Dollar pro Tag) fallen<br />

werden. Andere verfehlen wegen der Krise den erhofften<br />

Aufstieg aus der absoluten Armut. Darüber hinaus führen<br />

derartige wirtschaftliche Schocks in der Regel dazu, dass ärmeren<br />

Familien, die ihre Einkommensquelle verlieren, die<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

Mittel fehlen, um ihre Kinder zur Schule zu schicken. Es gehört<br />

nicht viel Fantasie dazu sich auszumalen, dass dadurch<br />

die soziale Ungleichheit mittel- und langfristig nur noch<br />

verstärkt wird.<br />

Kaum weniger bedeutsam sind die Spätfolgen der<br />

Krise, die in den Köpfen stattfinden. Da ist zum einen die<br />

Erkenntnis, dass die Kreditfinanzierung des Wirtschaftswachstums<br />

an ihre Grenzen gestoßen ist. Über mehr als ein<br />

Jahrzehnt galten die US-Verbraucher als Motor der Weltkonjunktur.<br />

Diese Rolle konnten sie aber nur übernehmen,<br />

weil der Rest der Welt bereit war, die Konsumfreude der<br />

Amerikaner und ihre Immobilienkäufe mit Krediten zu finanzieren.<br />

Nun ist deutlich geworden: So kann es nicht<br />

weitergehen. In der Sprache der G-20 heißt das: Die Ungleichgewichte<br />

im Welthandel müssen abgebaut werden.<br />

Die Amerikaner müssen mehr sparen und mehr exportieren,<br />

Exportweltmeister wie China und Deutschland sollen<br />

ihre Binnennachfrage stärken.<br />

In der Krise haben die Regierungen vieler Länder die<br />

Rolle des Wachstumsmotors übernommen, indem sie riesige<br />

Bankenrettungs- und Konjunkturprogramme mit Krediten<br />

finanziert haben. Auf längere Sicht aber wird man erkennen,<br />

dass Staaten und ihre Verbraucher erst einmal das<br />

Geld verdienen müssen, das sie ausgeben. Oder anders »<br />

AKZENTUIERT<br />

13


AKZENTUIERT<br />

„Soziale Marktwirtschaft setzt ein Wertefundament voraus. Markt und<br />

Wettbewerb erzeugen jene sittlichen Reserven nicht, sie setzen sie voraus<br />

und verbrauchen sie. Sie müssen jenseits des Marktes erzeugt werden.“<br />

14<br />

ausgedrückt: Ihre Kreditwürdigkeit hat Grenzen. Diese<br />

Einsicht kam insofern überraschend, weil diesmal das reiche<br />

Amerika sich in der Rolle des größten Schuldners befand<br />

und Schwellenländer wie China die Rolle der wichtigsten<br />

Gläubiger übernommen hatten. Prompt stellte man<br />

fest, dass die Gläubigerländer in den wichtigsten Lenkungsgremien<br />

der Weltwirtschaft, G-7 beziehungsweise G-8, Internationaler<br />

Währungsfonds (IWF) und Weltbank, nicht<br />

angemessen vertreten sind. Die Aufwertung der Gruppe der<br />

wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, der G-20, spiegelt<br />

seither das neue Kräfteverhältnis in der Welt angemessener<br />

wider. Die ärmeren Länder, die deren Beschlüsse mittragen<br />

müssen, sind aber auch in diesem Gremium unterrepräsentiert.<br />

Um die wirksamere Interessenvertretung der<br />

Entwicklungs- und Schwellenländer bei IWF und Weltbank<br />

wird noch gerungen. Im Ergebnis werden die alten Industrieländer<br />

Stimmrechte – und damit politischen und<br />

wirtschaftlichen Einfluss – zugunsten der Entwicklungs-<br />

und Schwellenländer abgeben müssen.<br />

Die Entwicklungszusammenarbeit bleibt von alledem<br />

nicht unberührt. Einige Schwellen- und Entwicklungsländer<br />

scheinen zwar glimpflicher durch die Krise zu kommen.<br />

China und Indien, Ägypten und Nigeria beispielsweise<br />

mussten 2009 zwar deutliche Wachstumseinbußen hinnehmen;<br />

spätestens für <strong>2010</strong> aber rechnen die Experten vor allem<br />

in China und Indien schon wieder mit einer Rückkehr<br />

zu stärkerer Wirtschaftsdynamik. In den meisten Ländern<br />

Lateinamerikas und der Karibik, Osteuropas und Zentralasiens<br />

dagegen hat die Krise zu schwereren Verwerfungen geführt.<br />

Selbst Länder, die nur sehr begrenzt in das internationale<br />

Finanzsystem und den Welthandel integriert sind, spüren<br />

die Flaute der Weltwirtschaft. Länder wie beispielsweise<br />

Tadschikistan, Kirgisistan oder die Republik Moldau, in denen<br />

die Rücküberweisungen von Migranten in das Heimatland<br />

zuvor etwa ein Drittel oder mehr des Bruttoinlandsproduktes<br />

ausmachten, leiden massiv unter einem drastischen<br />

Rückgang dieser Rücküberweisungen. Weltweit,<br />

schätzt die Weltbank, sind die Rücküberweisungen von Migranten<br />

im Jahr 2009 um mehr als sieben Prozent zurückge-<br />

Wilhelm Röpke, deutscher Ökonom (1899–1966)<br />

gangen, in Ost-/Zentraleuropa und Zentralasien sogar um<br />

etwa 15 Prozent. Empfänger solcher „Remittances“ sind oft<br />

Personen, die das Ausbleiben dieser Einkommen kaum ausgleichen<br />

können: Alte, Kinder und andere Familienangehörige<br />

mit eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder geringen<br />

Erwerbschancen.<br />

Wirtschaftliches Handeln braucht Kontrolle<br />

Angesichts dieser immensen Schäden, die die Finanz- und<br />

Wirtschaftskrise weltweit angerichtet hat, ist vielen Experten<br />

und Politikern bewusst geworden, dass die Rollenverteilung<br />

zwischen Markt und Staat neu austariert werden muss.<br />

Beim Rückblick auf die Entwicklungsgeschichte der Krise<br />

hat sich gezeigt, dass sich selbst überlassene oder unzureichend<br />

regulierte und beaufsichtigte Märkte, insbesondere<br />

im Finanzsektor, ein hohes Risikopotenzial aufweisen. Die<br />

Glaubwürdigkeit der vor allem im angelsächsischen Raum<br />

verbreiteten Überzeugung, der freie und vom Staat unbeeinflusste<br />

Markt sorge selbst am besten für die Wohlfahrt<br />

der Allgemeinheit, hat weltweit schweren Schaden genommen.<br />

Bei der Begrenzung der unmittelbaren Krisenfolgen<br />

hat sich der Staat in Gestalt von Regierungen und internationalen<br />

Organisationen als Retter in letzter Not bewährt.<br />

Zahlreiche Banken wurden gerettet und das internationale<br />

Finanzsystem wurde dadurch vor dem Kollaps bewahrt. Die<br />

internationalen Finanzinstitutionen haben mit Notfallund<br />

Beistandskrediten ganze Länder vor dem finanziellen<br />

Zusammenbruch gerettet. Der in der G-20-Ländergruppe<br />

zum Ausdruck gebrachte Wille, Finanzmärkte stärker zu regulieren<br />

und zu beaufsichtigen und die nationalen Wirtschaftspolitiken<br />

effektiver zu koordinieren, entspringt der –<br />

nicht so ganz neuen – Einsicht, dass wirtschaftliches Handeln<br />

einer wirksameren gesellschaftlichen Steuerung und<br />

Kontrolle bedarf, wenn es zu breitenwirksamem Einkommen<br />

und Wohlstand führen soll.<br />

Während der längst vergangenen Tage des Kalten Krieges<br />

bildete lange Zeit der „real existierende“ Sozialismus der<br />

Ostblockländer ein Konkurrenzmodell zur kapitalisti- »<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong>


WIRTSCHAFTSWACHSTUM IN PROZENT<br />

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat das Wirtschafts-<br />

wachstum verschiedener Länder unterschiedlich<br />

beeinflusst. Auch die Zukunftsperspektiven sind<br />

sehr uneinheitlich.<br />

MEHR GELD FÜR DIE ENTWICKLUNGSBANKEN<br />

Beim G-20-Gipfel 2009 wurde eine deutliche Budgetaufstockung<br />

für die Entwicklungsbanken beschlossen.<br />

Planung darüber hinausgehende G-20-Neuzusagen<br />

*1 Angaben in Milliarden US$<br />

*2 IBRD = International Bank for Reconstruction and Development, IDA = International Development Association, IFC = International Finance Corporation, ADF = African Development Foundation, AfDF = African Development<br />

Fund, ADB = Asian Development Bank, EBRD = European Bank for Reconstruction and Development, IADB = Inter-American Development Bank, AfDB = African Development Bank<br />

DIE FLUCHT DER INVESTOREN<br />

Entwicklung privater Kapitalflüsse in die Entwick-<br />

lungs- und Schwellenländer<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

-200<br />

-400<br />

-600<br />

40,5<br />

226 202<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

59,5 94,5<br />

IDA, IFC, ADF, AfDF<br />

*1<br />

IBRD *2 21,2 15,3<br />

617<br />

109<br />

7,5<br />

-190<br />

2005 2006 2007 2008 2009 <strong>2010</strong><br />

4<br />

5,8<br />

Indien<br />

-6,5<br />

Angaben in Milliarden US$<br />

1,2<br />

ADB<br />

9<br />

6<br />

7,6<br />

China<br />

6,1<br />

Vietnam<br />

IWF<br />

-7,4<br />

2008 2009 (Prognose) <strong>2010</strong> (Prognose) QUELLE:<br />

Netto-Portfolioinvestitionen<br />

andere private Netto-Kapitalflüsse<br />

Netto-Direktinvestitionen<br />

Netto-Kapitalflüsse gesamt<br />

-10<br />

1<br />

Singapur<br />

3,2<br />

23,5<br />

EBRD<br />

GRENZEN DES WACHSTUMS<br />

Das Wirtschaftswachstum ging in allen Weltregionen deutlich zurück.<br />

2008 2009 (Prognose) <strong>2010</strong> (Prognose)<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

-2<br />

-4<br />

-6<br />

Asien EL<br />

Angaben in Prozent<br />

Afrika LAK IL Osteuropa Asien IL Zentralasien<br />

EL = Entwicklungsländer, Afrika = Afrika südlich der Sahara, LAK = Lateinamerika und Karibik, IL = Industrieländer<br />

4,0<br />

0<br />

Taiwan<br />

3,8<br />

Korea<br />

0,6<br />

2,2<br />

22<br />

-4<br />

IADB<br />

8<br />

1,6<br />

10,8<br />

AfDB<br />

6,3<br />

QUELLE: IWF QUELLE: G-20<br />

15


AKZENTUIERT<br />

„Ich will mich aus eigener Kraft bewähren, ich will das Risiko meines<br />

Lebens selber tragen, ich will für mein Schicksal selbst verantwortlich sein.<br />

Sorge Du, Staat, dafür, dass ich hierzu in der Lage bin.“<br />

16<br />

schen Wirtschaftsordnung. Mit dem Fall der Berliner<br />

Mauer ist dem Kapitalismus dieses Konkurrenzmodell abhandengekommen.<br />

Michel Albert, der damalige Präsident<br />

der französischen Versicherungsgruppe AGF, machte schon<br />

1991 in seinem viel beachteten Essay „Kapitalismus contra<br />

Kapitalismus“ deutlich: Nur „von außen gesehen“ erscheine<br />

der Kapitalismus wie ein Monolith. Da es nach dem Zusammenbruch<br />

des Kommunismus kein „außen“ mehr gibt, trete<br />

deutlicher zutage, dass es zwei unterschiedliche Modelle des<br />

Kapitalismus gibt, zwischen denen künftige<br />

Systemdebatten geführt werden würden: das „neo-amerikanische“,<br />

das auf individuellem Erfolg und dem schnellen finanziellen<br />

Gewinn basiere, und das „rheinische“, das „den<br />

gemeinschaftlichen Erfolg, den Konsens und das langfristige<br />

Vorausdenken“ favorisiere. Letzteres bezeichnen wir in<br />

Deutschland als soziale Marktwirtschaft. Dieses Konzept<br />

hat die Bundesregierung bereits vor Ausbruch der Krise –<br />

bereichert um die ökologische Komponente als soziale und<br />

ökologische Marktwirtschaft – zum Leitbild ihrer Entwicklungszusammenarbeit<br />

erklärt.<br />

Soziale Marktwirtschaft für die Welt<br />

Vor der Krise dominierte das angelsächsisch geprägte,<br />

marktliberale Denken, wenngleich in der internationalen<br />

Entwicklungszusammenarbeit schon seit geraumer Zeit<br />

Kritik an diesem Leitbild geübt wurde. Stellvertretend für<br />

andere Argumente sei hier die Kritik des einstigen Weltbank-Chefökonomen<br />

Joseph Stiglitz am Washington Consensus<br />

erwähnt: Dieser gehe von Idealisierungen (wie etwa<br />

vollständiger Wettbewerb, vollständige Informationen) aus,<br />

die „insbesondere für Entwicklungsländer weit von der<br />

Wirklichkeit entfernt und daher kaum relevant“ seien.<br />

Seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

nun schwingt das Pendel zurück: In dem Bemühen der internationalen<br />

Gemeinschaft, die Armut wirksamer zu bekämpfen,<br />

die Globalisierung sozial verträglicher zu gestalten<br />

und die Folgen der Krise einzudämmen, wird der aktiv<br />

gestaltende Staat wieder höher eingeschätzt. Ein chinesischer<br />

Teilnehmer einer internationalen Fachkonferenz hat<br />

dies mit den Worten auf den Punkt gebracht: „In der Ver-<br />

Ludwig Erhard, deutscher Politiker (1897–1977)<br />

gangenheit haben wir gelernt, amerikanisch zu sprechen,<br />

jetzt wollen wir lernen, deutsch zu reden.“ Damit spielte er<br />

auf den deutschsprachigen Raum als ideengeschichtliches<br />

Kernland der sozialen Marktwirtschaft an.<br />

Aber was ist dies eigentlich, die soziale und ökologische<br />

Marktwirtschaft, deren Grundsätze die Bundesregierung<br />

in ihrer Entwicklungszusammenarbeit verfolgt und an<br />

der immer mehr Partnerländer sich orientieren? In einem<br />

Grundsatzpapier des Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) heißt es<br />

dazu: „Die soziale und ökologische Marktwirtschaft steht<br />

für Wettbewerb, wirtschaftliche und finanzpolitische Stabilität<br />

sowie sozialen Ausgleich und Teilhabegerechtigkeit.“<br />

Dem Staat und seinen rechtsstaatlichen Institutionen kämen<br />

dabei „in jedem Fall aktive Rollen in der Gestaltung<br />

des wirtschaftlichen und sozialen Lebens zu“.<br />

In der Finanz- und Wirtschaftskrise wurde vielen Regierungen<br />

vor allem diese aktive Gestaltungsaufgabe des<br />

Staates stärker ins Bewusstsein gerückt. In den Industrieländern,<br />

in internationalen Institutionen und Gremien wie der<br />

G-20-Gruppe stehen dabei die Aufgaben zur Stabilisierung<br />

des Finanzsektors und des Wirtschaftswachstums im Vordergrund,<br />

um die sich die Schwellen- und Entwicklungsländer<br />

gleichermaßen bemühen müssen. Insbesondere die globalen<br />

Reformansätze zur Finanzmarktregulierung sind für<br />

die Partnerländer der deutschen Entwicklungszusammenarbeit<br />

in hohem Maße relevant – und zum Teil eine große<br />

Herausforderung. Die <strong>GTZ</strong> registriert deshalb eine „steigende<br />

Nachfrage nach makroökonomischer Beratung sowie<br />

im Bereich der Finanzsektorstabilität“, berichtet Wolfgang<br />

Bücker, Leiter des Kompetenzfelds Finanzsystementwicklung.<br />

Beispielsweise müssen sich die Partnerländer<br />

an die neuen Vorgaben der G-20 und des IWF zur Finanzsektorregulierung<br />

und -aufsicht anpassen. „Hier sind vor allem<br />

deren Zentralbanken gefordert, um in der Geldpolitik,<br />

im Risikomanagement und in der Bankenaufsicht notwendige<br />

Reformprozesse einzuleiten“, erläutert Bücker.<br />

Die <strong>GTZ</strong> ist darauf gut vorbereitet. Die Entwicklung<br />

der Finanzsysteme der Partnerländer – die Förderung des<br />

Zugangs zu Finanzdienstleistungen ebenso wie die Stabilisierung<br />

des Sektors – gehört zu den Kernthemen der » »<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong>


AUS DEN AUGEN<br />

Die Globalisierung hat die räumliche<br />

Bindung zwischen Arbeitgebern und<br />

Arbeitnehmern aufgehoben. So werden<br />

Arbeiter leicht zu abstrakten Größen<br />

und zum Spielball rein finanzieller<br />

Erwägungen. Diese Erfahrung machten<br />

im Zuge der Wirtschaftskrise auch die<br />

Arbeiter der Opel-Werke in Europa<br />

(unten). Über ihr Schicksal wurde unter<br />

anderem in der Firmenzentrale von<br />

General Motors in Detroit entschieden<br />

(oben).


AKZENTUIERT<br />

WERTE FÜR DIE WIRTSCHAFT<br />

AUS DER ARBEIT DER <strong>GTZ</strong><br />

UKRAINE<br />

Ländliches Finanzwesen<br />

Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)<br />

Politischer Träger: Staatliche Kommission zur Regulierung von Finanzdienstleistungsmärkten<br />

Laufzeit: 2003 bis <strong>2010</strong><br />

Die Entwicklung des ländlichen Raums erfordert Finanzdienstleistungen für Kleinbetriebe und<br />

gezielte Wirtschaftsförderung. Spar- und Kreditgenossenschaften bieten aber nur Konsumkredite.<br />

Eine mit deutscher Beratung erarbeitete Strategie setzt neue Akzente im Finanzsek-<br />

tor: Gesetzliche, regulative und aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen fördern jetzt Finanz-<br />

institutionen, die den ländlichen Raum bedienen, sowie gezielte Angebote für Wirtschaftstreibende<br />

und ärmere Bevölkerungsschichten. Verschiedene ländliche Mikrofinanzierer verfügen<br />

über Kreditportfolios in Höhe von bis zu zwei Millionen Euro, die zur Stärkung der regionalen<br />

Wirtschaft eingesetzt werden. Der Finanzsektor insgesamt ist stabilisiert und verfügt über<br />

institutionalisierte Sicherungsmechanismen, spezialisierte Apexinstitutionen entstehen. Die<br />

<strong>GTZ</strong> hat mit der Durchführung des Projektes den Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisen-<br />

verband beauftragt. Zur Beratung der staatlichen Kommission und der Sicherungseinrichtungen<br />

des Finanzsektors hat das Centrum für internationale Migration (CIM) Berater entsandt.<br />

VIETNAM<br />

Armutsbekämpfung und soziale<br />

Sicherung<br />

Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)<br />

Partner: Ministerium für Arbeit, Versehrte und Soziale<br />

Angelegenheiten<br />

Laufzeit: 2006 bis 2012<br />

Ein Drittel der Bevölkerung Vietnams lebt an der Armutsgrenze.<br />

Die Wirtschafts- und Finanzkrise verschärft<br />

das Wohlstandsgefälle zwischen Stadt und<br />

Land und die soziale Kluft in Städten. Die Probleme<br />

werden auf nationaler und lokaler Ebene angegangen:<br />

von der Beratung des Partnerministeriums bei der Reform<br />

der sozialen Grundsicherung bis zu Mikroversicherungen<br />

in Dorfgemeinschaften. Soziale Gemeinde-<br />

fonds sichern gegen<br />

geringe Jahresbeiträge<br />

das Risiko von Einkommensverlusten<br />

bei<br />

Todesfällen oder Krankenhausaufenthalten<br />

ab. Beraten wird auch<br />

Viele Vietnamesen leben in Armut. die Umsetzung nationalerArmutsbekämpfungsprogramme<br />

in den ärmsten Distrikten des Landes:<br />

Monitoring von Armutskennziffern hilft, verfügbare<br />

Mittel wirksam einzusetzen. Die Bevölkerung wird über<br />

„open talks“ in die Auswertung einbezogen. Dies sichert<br />

zielgenaues Vorgehen und erhöht die Eigeninitiative.<br />

Wirtschaftliche Potenziale für Arme werden systematisch<br />

erschlossen, Qualität und Vermarktungsmöglichkeiten<br />

von örtlich erzeugten Produkten wie Besen und<br />

Honig wurden verbessert, Einkommen erhöhen sich.<br />

18 <strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

FOTOS: ISTOCKPHOTO; DEUTSCHE BUNDESBANK


<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

UGANDA<br />

BOSNIEN UND HERZEGOWINA<br />

Finanzsystementwicklung<br />

Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

(BMZ) und Schwedische Agentur für internationale Entwicklungszusammenarbeit (SIDA)<br />

Politischer Träger: Ugandische Zentralbank<br />

Laufzeit: 1998 bis 2011<br />

Fehlender Zugang zu bedarfsgerechten Finanzdienstleistungen ist das größte Entwicklungshemmnis<br />

in Uganda, vor allem für ländliche Regionen und dort für Frauen und<br />

Kleinbauern. Die Angebote von Dienstleistern sind nur auf die dicht besiedelten Städte und<br />

deren Umland gerichtet. Die schwedische und die deutsche Regierung unterstützen daher<br />

die umfassende Reform des Finanzsektors. Die vielschichtigen Probleme wurden auf mehreren<br />

Ebenen angegangen: Neue rechtliche Rahmenbedingungen machen das Finanzsystem<br />

jetzt stabiler und effizienter. Spareinlagen bei Mikrofinanzinstitutionen sind sicher,<br />

der Zahlungsverkehr ist schneller und zuverlässiger. Eine Kreditauskunftei bewertet Risiken,<br />

auch im Segment Mikrofinanzen. Der ländliche Raum wird systematisch mit Agrarfinanzprodukten<br />

versorgt.<br />

Leistungsfähiges Personalwesen<br />

für die Zentralbank<br />

Auftraggeber: Deutsche Bundesbank<br />

Finanzier: Europäische Kommission<br />

Twinning-Partner: Zentralbank von Bosnien und<br />

Herzegowina, Deutsche Bundesbank und Tschechische<br />

Nationalbank<br />

Laufzeit: 2009 bis <strong>2010</strong><br />

Zur Annäherung an europäische Standards braucht<br />

die Zentralbank von Bosnien und Herzegowina gut<br />

ausgebildetes und leistungsfähiges Personal. Deutsche<br />

und tschechische Experten aus den jeweiligen Nationalbanken<br />

beraten im Rahmen einer mit EU-Mitteln<br />

geförderten Verwaltungspartnerschaft (Twinning) beim<br />

Aufbau eines modernen Personalwesens. Personalaustausch<br />

und Studienreisen werden ergänzt durch eine<br />

Konferenz „Personalwesen in Zentralbanken“,<br />

die auch Nachbarländer in den Lernprozess einbezieht.<br />

Die <strong>GTZ</strong> sichert mit ihrer Erfahrung im Twinning den<br />

reibungslosen Ablauf des Expertenaustausches. Sie<br />

beriet bei der Antragstellung für die EU-Förderung<br />

und übernimmt Administration und Finanzmanagement:<br />

von der Personalauswahl<br />

über<br />

die Abstimmung mit<br />

der Europäischen<br />

Kommission und der<br />

Verwaltungsbehörde<br />

des Landes bis zum<br />

Berichtswesen und<br />

Die Deutsche Bundesbank zur Schlussrechnung.<br />

19


AKZENTUIERT<br />

Zusammenarbeit. Experten der <strong>GTZ</strong> beraten Regierungen,<br />

Behörden und Institutionen in insgesamt 25 Ländern, um<br />

in den Partnerländern die positiven Entwicklungswirkungen<br />

breitenwirksamer Angebote von Finanzdienstleistungen<br />

zu erschließen. Zusätzlich hat die <strong>GTZ</strong> ihr fachliches<br />

Know-how in diesen Bereichen durch neue Kooperationen<br />

mit Universitäten und anderen Institutionen der<br />

internationalen Zusammenarbeit gestärkt und ihre Netzwerke<br />

mit einschlägigen deutschen und internationalen Organisationen<br />

wie Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht,<br />

Deutsche Bundesbank, IWF und Weltbank ausgebaut,<br />

um dem durch die Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

entstandenen Beratungsbedarf der Partnerländer noch besser<br />

entsprechen zu können. Zur Stabilisierung der Wirtschaft<br />

gehören aber gleichermaßen die Überwindung mak-<br />

» INTERVIEW<br />

„SOZIALE MARKTWIRTSCHAFT ALS MODELL“<br />

Herr Eisenblätter, häufig ist in Zusammenhang<br />

mit der Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

von einer „Zeitenwende“ zu lesen. Teilen Sie<br />

diese Auffassung?<br />

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich in<br />

den westlichen Industrieländern, aber auch<br />

in vielen Transformations- und Entwicklungsländern<br />

drastisch ausgewirkt. Diese globale<br />

Krise ist noch nicht vorbei. Mit Blick auf<br />

die Lehren, die daraus zu ziehen sind, müssen<br />

Bernd Eisenblätter ist seit 1996<br />

Geschäftsführer der <strong>GTZ</strong>.<br />

sich viele Länder, auch die Weltgemeinschaft<br />

insgesamt, die Frage stellen, wie das Verhältnis<br />

von Staat und Wirtschaft zukünftig austariert<br />

sein muss. Welche Rolle soll oder muss der aktiv<br />

gestaltende Staat einnehmen, welchen Rahmen<br />

setzt er, welche Aufgaben hat er als Regulierer<br />

von Wirtschaftsprozessen? Dies wird jetzt in<br />

Europa, in vielen Partnerländern und auch in<br />

Foren der internationalen Gemeinschaft wie in<br />

der G-20 und den Vereinten Nationen kontro-<br />

roökonomischer Ungleichgewichte und vor allem in den<br />

Entwicklungs- und Schwellenländern die strukturelle Armutsbekämpfung.<br />

Deshalb wächst hier zugleich das Interesse<br />

an Einrichtungen und Systemen der finanziellen und<br />

sozialen Absicherung der Bevölkerung und insbesondere armer<br />

Menschen, die von der Krise besonders in Mitleidenschaft<br />

gezogen wurden – mithin an Systemen und Einrichtungen,<br />

die in den meisten Industrieländern in unterschiedlicher<br />

Ausprägung längst existieren und dort die finanziellen<br />

und sozialen Folgen der Krise für die Menschen dämpfen.<br />

Aber auch viele Entwicklungs- und Schwellenländer selbst<br />

haben die positiven Wirkungen solcher Einrichtungen erkannt.<br />

So wurden etwa in China 16,9 Prozent, in Bangladesch<br />

16 Prozent und in Indien 14,3 Prozent der fiskalischen<br />

Stimuluspakete gegen die Krise in die soziale Siche-<br />

vers und leidenschaftlich diskutiert. Dass<br />

diese Diskussionen geführt werden, ist noch<br />

keine „Zeitenwende“, war aber vor dem weltweiten<br />

Beinahezusammenbruch der Finanzwirtschaft<br />

nur schwer vorstellbar. Nun muss<br />

die internationale Gemeinschaft die aus der<br />

Krise entstandene Chance nutzen, die Rollenverteilung<br />

zwischen Markt und Staat neu<br />

auszuloten.<br />

Wir stellen dabei auf jeden Fall schon fest,<br />

dass viele Staaten sich im Augenblick sehr<br />

stark für das deutsche Modell der sozialen<br />

und ökologischen Marktwirtschaft interessieren<br />

– ein Modell, das allen Akteuren größtmöglichen<br />

Freiraum gibt, aber den Interessenausgleich<br />

zwischen den Marktbeteiligten<br />

immer im Blick hat.<br />

Was macht die soziale Marktwirtschaft als<br />

Leitbild für wirtschaftliche und gesellschaftliche<br />

Entwicklung so attraktiv?<br />

Die Ordnungskonzeption der sozialen<br />

Marktwirtschaft hat sich in den vergangenen<br />

Jahrzehnten insgesamt als flexibel und gleich-<br />

20 <strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong>


ung der Bevölkerung investiert. „Auch in anderen<br />

Partnerländern steigt nun die Nachfrage nach Beratungen<br />

und Kapazitätsaufbau für Instrumente und Systeme der sozialen<br />

Sicherung“, hat Sanna Stockstrom, Fachplanerin im<br />

Kompetenzfeld Soziale Sicherheit der <strong>GTZ</strong>, festgestellt.<br />

Soziale Sicherung als zentrale Aufgabe<br />

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist auch hierauf<br />

gut vorbereitet. Im März 2008 hat der Deutsche Bundestag<br />

die Bundesregierung mit großer Mehrheit aufgefordert,<br />

„ihr Engagement im Bereich der sozialen Sicherung<br />

innerhalb der deutschen Entwicklungszusammenarbeit<br />

weiterhin zu verstärken und das Thema als Schwerpunkt im<br />

BMZ zu implementieren“. Unmittelbar darauf hat das BMZ<br />

zeitig als stabil erwiesen. Sie hat bereits frühere<br />

Wirtschaftskrisen auf überzeugende Weise bewältigen<br />

geholfen und in schwierigen Situationen<br />

Handlungsfähigkeit für alle Beteiligten erhalten.<br />

Das Denken in größeren Zusammenhängen<br />

und das Bemühen um<br />

gesamtgesellschaftliche Gestaltungsprozesse,<br />

wie es die Freiburger Schule propagiert, erleben<br />

angesichts der aktuellen globalen Krise eine Renaissance:<br />

Wie wollen wir unser wirtschaftliches<br />

und gesellschaftliches Leben gestalten mit<br />

dem Ziel, Wachstum, sozialen Ausgleich und<br />

Wohlstand zu fördern? Brauchen wir bei widerstrebenden<br />

Interessen und Strategien verlässliche<br />

rechtsstaatliche Institutionen als Schiedsinstanzen?<br />

Natürlich darf nicht vergessen werden,<br />

dass der Markt mit seinen starken Leistungsanreizen<br />

die Basis für ein wachsendes Volkseinkommen<br />

darstellt. Die soziale und ökologische<br />

Marktwirtschaft stellt aber ein Gegengewicht<br />

zum reinen Marktmodell mit seinem stark auf<br />

individuellen Erfolg ausgerichteten Menschenbild<br />

her. Diese Form der Marktwirtschaft, wie<br />

wir sie in Deutschland und Mitteleuropa kennen,<br />

ist mit ihrem Ausgleich zwischen sozialen,<br />

ökonomischen, ökologischen und politischen<br />

Werten aus meiner Sicht die angemessene Antwort<br />

auf die Herausforderungen der Krise. Sie<br />

ist auch die angemessene Antwort auf die aktu-<br />

Mittel für das Thema soziale Sicherung gebunden. Mitte<br />

2008 legte das BMZ sein Sektorkonzept „Soziale Sicherung“<br />

vor. Darin heißt es: „Soziale Sicherheit ist ein Menschenrecht<br />

und damit Grundlage nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung<br />

und erfolgreicher Armutsbekämpfung.“ In<br />

ihrer Entwicklungszusammenarbeit will die Bundesregierung<br />

deshalb verstärkt „Partnerländer dabei unterstützen,<br />

eine Absicherung aller Teile der Bevölkerung – insbesondere<br />

der Armen – in Bezug auf alle relevanten Risiken sicherzustellen“.<br />

In der Krise sind die positiven Wirkungen solcher sozialer<br />

Sicherungssysteme deutlicher zutage getreten als zuvor<br />

im Umfeld wirtschaftlichen Wachstums. Die Regierungen<br />

sind einerseits gefordert, die Finanzsysteme zu stabilisieren,<br />

ohne deren reibungsloses Funktionieren eine Volkswirt-<br />

»<br />

elle ordnungspolitische Debatte – in Europa<br />

ebenso wie in vielen Partnerländern der Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Sie genießt in zahlreichen<br />

Transformations- und Entwicklungsländern<br />

ohnehin schon hohes Ansehen und<br />

wird als Modell favorisiert.<br />

Die soziale Marktwirtschaft ist ein europäisches<br />

Modell. Kann dies die Stellung Europas<br />

im Diskurs über Entwicklungszusammenarbeit<br />

stärken?<br />

In Europa hat sich der ordnungspolitische Ansatz<br />

der sozialen Marktwirtschaft entwickelt,<br />

wenn auch von Land zu Land sehr unterschiedlich.<br />

Auch wurde der wirtschaftspolitische Rahmen<br />

in den einzelnen Ländern der EU häufig<br />

angepasst. So wird in Deutschland und Skandinavien<br />

dem Staat eine gewichtige Gestaltungsrolle<br />

zugeordnet, England oder Irland orientieren<br />

sich dagegen an einem sehr liberalen Marktmodell.<br />

Ich präferiere die kontinentaleuropäische<br />

Ausprägung, die sich eindeutig auf die ordnungspolitischen<br />

Grundvorstellungen der in<br />

Deutschland entwickelten sozialen und ökologischen<br />

Marktwirtschaft bezieht. Aber insgesamt<br />

sind die Erfahrungen überall positiv. Europa<br />

sollte daher ein deutlich stärkeres Gewicht<br />

in der internationalen Debatte erhalten. Die aktuelle<br />

G-20-Diskussion bietet eine ideale Platt-<br />

form, um aktiv für das Modell der sozialen<br />

Marktwirtschaft zu werben.<br />

Welche Rolle spielt die <strong>GTZ</strong> bei der Beratung<br />

zur sozialen und ökologischen Marktwirtschaft?<br />

Im Koalitionsvertrag hat sich die neue Bundesregierung<br />

zu den Werten der sozialen und<br />

ökologischen Marktwirtschaft bekannt. Auch<br />

das Aufgaben- und Verantwortungsspektrum<br />

des Staates soll neu ausgelotet werden. Das<br />

BMZ hatte aber bereits in den Vorjahren umfassende<br />

Grundsätze der sozialen und ökologischen<br />

Marktwirtschaft verabschiedet – sie<br />

flossen und fließen ein in die Beratung der<br />

Partner durch die <strong>GTZ</strong>. Wir sollten uns mit<br />

unseren deutschen Erfahrungen stärker in die<br />

internationale Debatte einbringen. Die aktuelle<br />

Krise, verknüpft mit einer grundsätzlichen<br />

Hinterfragung der Wirtschafts- und<br />

Gesellschaftssysteme, bietet eine gute Gelegenheit<br />

dazu. Deutschland kann auf ein erfolgreiches<br />

Ordnungsmodell verweisen. Als<br />

<strong>GTZ</strong> verfügen wir über eine breite und in der<br />

Praxis erprobte Expertise zu all diesen Fragestellungen<br />

– dieses Wissen bringen wir gerne<br />

in den Dialog ein.<br />

Das Interview führte Wolfgang Köhler.<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong> 21


CHANCEN UND RISIKEN<br />

Millionen chinesischer Wanderarbeiter<br />

verloren im Zuge der Krise ihre Stelle<br />

(unten), weil die westliche Nachfrage<br />

nach Gütern „made in China“ einbrach.<br />

Die Absicherung von Arbeitslosen ist in<br />

China noch mangelhaft. Doch das soll<br />

sich ändern. Die Regierung in Peking<br />

denkt über soziale Sicherungssysteme<br />

nach und will die Wirtschaft des Riesenreiches<br />

auf eine sozial und ökologisch<br />

verträglichere Basis stellen (oben).


schaft nicht gedeihen kann. Zum Zweiten sehen sich viele,<br />

vor allem exportorientierte Staaten genötigt, bei wegbrechenden<br />

Exporten die Nachfrage zu stabilisieren – auch um<br />

den Preis einer höheren Staatsverschuldung. Infrastrukturinvestitionen,<br />

die dafür häufig aufgestockt oder zusätzlich<br />

in Angriff genommen werden, benötigen aber zumeist eine<br />

längere Vorlaufphase, ehe sie nachfragewirksam werden.<br />

Soziale Sicherungseinrichtungen und Systeme zur Unterstützung<br />

der ärmsten Haushalte der Gesellschaft entfalten<br />

ihre nachfragesteigernde Wirkung dagegen oft schneller.<br />

Das zeigte sich beispielsweise in Indonesien. Das Land<br />

hat nach der Asienkrise von 1997/98 verstärkt in soziale Sicherungssysteme<br />

investiert. Damit konnte das Land die<br />

Auswirkungen der gegenwärtigen Krise auf die arbeitende<br />

Bevölkerung und die Armen besser abfangen als andere Länder.<br />

Überdies konnten über bestehende Sozialtransfersysteme<br />

zusätzliche Mittel im Rahmen der Krisenreaktion<br />

reibungsloser zu den bedürftigen Haushalten gebracht werden.<br />

Die soziale Sicherung hat sich damit für Indonesien als<br />

Krisenbewältigungsmechanismus bewährt.<br />

So etwas spricht sich schnell herum. Beispielsweise auf<br />

einer Regionalkonferenz, die das Sekretariat der Association<br />

of Southeast Asian Nations (ASEAN) gemeinsam mit<br />

der Asiatischen Entwicklungsbank und den Regierungen<br />

Chinas und Vietnams Ende September 2009 in Hanoi ausgerichtet<br />

hat. Hier betonten etliche Länderdelegationen,<br />

darunter die aus Indien und China, dass sie dem Ausbau<br />

sozialer Sicherungssysteme, auch verbunden mit arbeitssichernden<br />

und -schaffenden Maßnahmen, hohe Priorität<br />

einräumen. „Das war fast Konsens auf der Veranstaltung“,<br />

erinnert sich Sanna Stockstrom. China hat den Ausbau sozialer<br />

Sicherungssysteme für arme Bevölkerungsgruppen<br />

denn auch zu einem von drei Schwerpunkten seines rund<br />

460 Milliarden Euro schweren Konjunkturprogramms<br />

erklärt.<br />

Nun kosten derartige Sicherungssysteme Geld – Geld,<br />

das in der Krise zumeist nicht zur Verfügung steht. „Insbesondere<br />

in Krisenzeiten hat der Staat mit sinkenden Steuereinnahmen<br />

bei gleichzeitig steigenden Sozialtransfers zu<br />

kämpfen und stößt so schnell an seine Grenzen“, betont<br />

Lutz Zimmermann, Leiter der Abteilung Wirtschaft und<br />

Beschäftigung der <strong>GTZ</strong>. „Nachhaltige soziale Sicherungssysteme<br />

bedürfen daher eines breiten, marktbasierten Angebotes<br />

an Sozialversicherungen.“<br />

Damit private Wirtschaftsunternehmen dieses Angebot<br />

bereitstellen können, bedürfen sie des Eigentumsschutzes<br />

und ausreichender Freiheiten, damit sie ihre Ertrags-<br />

und Innovationskraft entfalten können. Das erfordert unter<br />

anderem eine Wettbewerbsordnung, die der Staat errichten<br />

und nach rechtsstaatlichen Prinzipien durchsetzen muss.<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

Und es bedarf eines reibungslos funktionierenden Finanzsystems,<br />

das dafür Sorge trägt, dass das Kapital – sprich: die<br />

Ersparnisse – einer Volkswirtschaft dort eingesetzt wird, wo<br />

es am ertragreichsten oder am sinnvollsten erscheint.<br />

An dieser Stelle kommt die ökologische Komponente<br />

der sozialen und ökologischen Marktwirtschaft ins Spiel.<br />

Umweltzerstörung und Klimaerwärmung verlangen nach<br />

neuen, umwelt- und klimaschonenden Technologien und<br />

einem sorgsamen Umgang mit den endlichen Ressourcen<br />

unseres Planeten. Dies erfordert, dass die Politik klare Ziele<br />

und Anreize setzt und Vorgaben macht, nach denen sich die<br />

Unternehmen ausrichten können. Die Innovationen, die<br />

dafür notwendig sind, bieten erhebliche Wachstumspotenziale.<br />

„Grünes Wachstum“, so Zimmermann, könne mit<br />

dazu beitragen, die Weltwirtschaft aus der gegenwärtigen<br />

Krise herauszuführen. In internationalen Debatten ist deshalb<br />

– in Anlehnung an die New-Deal-Politik der US-amerikanischen<br />

Regierung in der Weltwirtschaftskrise der<br />

1930er Jahre – schon von einem Green Deal die Rede.<br />

Freie Unternehmen, starker Staat<br />

Die größten Beiträge dazu können und müssen die USA als<br />

größte Volkswirtschaft sowie China als bevölkerungsreichste<br />

Nation leisten. Beide bilden zugleich die Pole in<br />

dem sich verschiebenden politischen und wirtschaftlichen<br />

Kräfteverhältnis der Welt. Beide Länder aber bilden zugleich<br />

auch die derzeitigen ideologischen Extreme im weltweiten<br />

marktwirtschaftlichen System: die USA als diejenige<br />

Nation, die nach wie vor dem Marktliberalismus anhängt<br />

und deren Bevölkerung sich zu großen Teilen sogar gegen<br />

die Einführung eines so grundlegenden sozialen Absicherungssystems<br />

wie der allgemeinen Krankenversicherung<br />

sträubt; China als autoritär geführtes Riesenreich, das dem<br />

Gewinnstreben große Freiheiten einräumt, dessen Regierung<br />

ansonsten aber fast alles steuert und kontrolliert, was<br />

Leben und Arbeit der Menschen ausmacht.<br />

Die marktliberale Denkschule hat in der Krise gerade<br />

große Teile ihrer Glaubwürdigkeit verloren. Sie hat nach<br />

Auffassung vieler Menschen als nachahmenswertes Vorbild<br />

vorerst ausgedient. Das chinesische Modell einer kapitalistischen<br />

Wirtschaftsform mit übermächtigem Staatsapparat<br />

dürfte in weiten Teilen der Welt ebenfalls auf Ablehnung<br />

stoßen. Die soziale und ökologische Marktwirtschaft stellt<br />

dagegen ein Leitbild dar, das die Vorzüge eines freien Unternehmertums<br />

mit denen eines starken, aber nicht übermächtigen<br />

Staates verbindet. Eines Staates, der selbst nach<br />

demokratischen und rechtsstaatlichen Regeln handelt, der<br />

den Wettbewerb regelt und damit übermäßige, monopolartige<br />

wirtschaftliche Machtzusammenballungen ver- »<br />

AKZENTUIERT<br />

23


AKZENTUIERT<br />

„In jedem Staatsbürger, selbst in dem egoistischsten, borniertesten Interessenten,<br />

steckt irgendwo ein anständiger Kerl, der danach verlangt, anständig<br />

regiert zu werden, im Sinne des Ganzen regiert zu werden.“<br />

hindert, für sozialen Ausgleich und für eine umwelt- und<br />

klimaschonende Produktionsweise sorgt. Dieses Leitbild<br />

hat im „alten“ Europa seinen Ursprung und sein Zentrum.<br />

Hier haben Wissenschaftler um Walter Eucken, Wilhelm<br />

Röpke, Alexander Rüstow und Alfred Müller-Armack die<br />

gedankliche Vorarbeit geleistet und die Grundsätze erarbeitet,<br />

die für Jahrzehnte die Gesellschaften Mittel- und Nordeuropas<br />

geprägt haben. Hier wurde auch die Flexibilität<br />

und Anpassungsfähigkeit der sozialen und ökologischen<br />

Marktwirtschaft im Wandel der Zeitläufte mitunter auf<br />

harte Proben gestellt.<br />

Das wurde besonders seit den 1990er Jahren deutlich.<br />

Zuvor hatte der „Weltmarkt“ im Großen und Ganzen aus<br />

den OECD-Ländern bestanden – Ländern mit annähernd<br />

gleichen Strukturen. Der Wettbewerb zwischen ihnen war<br />

ein Wettbewerb unter Gleichen. Mitten in dem Prozess der<br />

Liberalisierung und Deregulierung dieses „Weltmarktes“ integrierten<br />

sich aber nach dem Fall der Berliner Mauer Länder<br />

mit ganz andersartigen Strukturen, vor allem mit viel<br />

niedrigerem Lohnniveau. Angesichts des dadurch entstehenden<br />

Wettbewerbs mit ungleichen Voraussetzungen hält<br />

das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft seither auch einer<br />

wachsenden Skepsis in der Bevölkerung stand, obwohl die<br />

Strukturen von Wirtschaft und Gesellschaft den Zwängen<br />

dieser aus dem Ruder gelaufenen Globalisierung und darüber<br />

hinaus des demografischen Wandels angepasst und vielen<br />

Menschen weniger soziale Absicherung und mehr Eigenverantwortung<br />

zugemutet werden mussten.<br />

Ein Leitbild gegen die Armut<br />

Gleichwohl erscheint die soziale und ökologische Marktwirtschaft<br />

inzwischen vielen Ländern als so attraktiv, dass<br />

sie damit begonnen haben, ihre jeweilige Gesellschaft nach<br />

deren Grundsätzen zu gestalten. Die <strong>GTZ</strong> unterstützt sie<br />

im Auftrag der Bundesregierung dabei:<br />

� in Fragen der Wirtschaftsordnung sowie beim Aufbau<br />

und der Stabilisierung der notwendigen Institutionen<br />

(Wirtschaftsverbände, Rechtsstaatlichkeit, Zentralbanken,<br />

Teilhabe der Zivilgesellschaft), die das jeweilige<br />

Alexander Rüstow, deutscher Sozialwissenschaftler und Ökonom (1885–1963)<br />

wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Gefüge der<br />

sozialen und ökologischen Marktwirtschaft in einem<br />

Land sichern helfen;<br />

� beim Aufbau und der Stabilisierung privater und/oder<br />

öffentlicher sozialer Absicherungssysteme, die im Kampf<br />

gegen die Armut unverzichtbar sind und helfen, die finanziellen<br />

Folgen von Krisen und anderen Turbulenzen<br />

für die Menschen abzufedern und ihre Selbsthilfekapazitäten<br />

zu stärken;<br />

� die neuen Anforderungen zur Stabilisierung, Regulierung<br />

und Beaufsichtigung des Finanzsystems zu bewältigen<br />

und Systeme zu entwickeln und auszubauen, die<br />

breiten Schichten der Bevölkerung Zugang zu angemessenen<br />

Finanzdienstleistungen verschaffen;<br />

� bei der Gestaltung von Rahmenbedingungen, die einem<br />

breitenwirksamen Wirtschaftswachstum, insbesondere<br />

dem Wachstum von kleinen und mittelgroßen Unternehmen,<br />

besonders förderlich sind.<br />

Eine Gesellschaft, die sich am Leitbild der sozialen und ökologischen<br />

Marktwirtschaft orientiert und der Privatwirtschaft<br />

genügend Stabilität und Entfaltungsmöglichkeiten<br />

bietet, um wachsende Einkommen zu erwirtschaften, kann<br />

auch die notwendigen Mittel aufbringen, um Armut und<br />

ihre wichtigsten Ursachen wirkungsvoll und nachhaltig zu<br />

bekämpfen. Ein Staat, der sich an diesem Leitbild orientiert,<br />

kann mit seinen Regelwerken und rechtsstaatlichen Institutionen<br />

Märkte stabilisieren und Wirtschaft und Gesellschaft<br />

besser gegen allfällige Turbulenzen absichern. Dieses Leitbild<br />

rückt Europa, wo es seinen Ursprung hat und am fortgeschrittensten<br />

entwickelt ist, in das intellektuelle Zentrum<br />

jener weltweiten Debatten, in denen um die besten Wege<br />

aus der Finanz- und Wirtschaftskrise, um die künftige Entwicklung<br />

der Weltwirtschaft und die aktive Gestaltung der<br />

Globalisierung gerungen wird. Europa kann die damit verbundene<br />

Aufmerksamkeit nutzen, um das Leitbild der in<br />

vielen seiner Mitgliedsländer praktizierten sozialen und<br />

ökologischen Marktwirtschaft offensiv zu vertreten und für<br />

ein besseres Verständnis dieses Leitbilds in der Welt zu werben.<br />

Dessen sollten sich die Akteure der internationalen<br />

und Entwicklungszusammenarbeit bewusst sein.<br />

24 <strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

FOTOS: ISTOCKPHOTO (10-11); RAY JUNO/CORBIS (12); CHRIS RANK/CORBIS (12); BRETT MOUNTAIN/LAIF (17); JOHANNES EISELE/CORBIS (17); MARKUS KIRCHGESSNER/<strong>GTZ</strong> (20); GAVIN HELLIER/CORBIS (22); JIANAN YU/REUTERS (22)


DIE WIRTSCHAFTSKRISE<br />

IN ZAHLEN<br />

304<br />

7,3 Prozent im Vergleich zu 2008. Ein schwerer Schlag<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

Milliarden US-Dollar überwiesen Migranten weltweit<br />

2009 zurück in ihre Heimatländer – ein Rückgang um<br />

für Länder wie Kirgisistan oder Moldau, wo die<br />

Überweisungen aus dem Ausland ein Drittel oder mehr<br />

des Buttoinlandsproduktes ausmachen.<br />

Auf diese Summe werden die Mittel des Internationalen Währungsfonds nach den Beschlüssen des G-20-<br />

Gipfels in Pittsburgh verdreifacht. Die Aufstockung ist nur ein kleiner Teil der Finanzarchitekturreform, die<br />

der Gipfel angestoßen hat: Unter anderem sollen globale Ungleichgewichte reduziert und ein<br />

Frühwarnsystem für Finanzkrisen aufgebaut werden. Die Auswirkungen auf Entwicklungsländer<br />

sind enorm – ein Mitspracherecht haben sie bei den G-20 allerdings nicht.<br />

10 %<br />

12.000.000<br />

90 %<br />

Um diesen Wert schrumpfte der Welthandel im<br />

Jahr 2009. Der Handel mit Gütern und Dienstleistungen<br />

ging sogar um 12,2 Prozent zurück.<br />

Menschen mehr als noch 2007 leben heute im südlichen<br />

Afrika unterhalb der Armutsgrenze - obwohl<br />

sie einer bezahlten Beschäftigung nachgehen.<br />

des Bruttoinlandsproduktes hatte das Volumen der<br />

vergebenen Kredite zu Beginn der Wirtschafts- und<br />

Finanzkrise in Kasachstan und der Ukraine erreicht.<br />

Prozent seines Wertes<br />

verlor der russische Rubel<br />

zwischen November 2008 und<br />

Februar 2009 gegenüber dem<br />

US-Dollar – trotz Eingriffen der<br />

Zentralbank. Ähnliche Einbrüche<br />

gab es auch in der Türkei und in Ungarn.<br />

Der Kaufkraftverlust traf ärmere Bevölkerungsschichten<br />

besonders schwer.<br />

weniger<br />

Exporteinnahmen musste<br />

Angola 2009 verkraften. Grund war<br />

die starke Abhängigkeit des Landes<br />

von der Ausfuhr von Erdöl, dessen<br />

Preis im Laufe des Jahres<br />

stark gefallen ist.<br />

25


KOMMENTIERT<br />

» Außensicht<br />

ANLEITUNG ZUM UNGLÜCKLICHSEIN<br />

> ZUR PERSON<br />

Heike Faller, geboren 1971, besuchte nach<br />

dem Abitur die Deutsche Journalistenschule<br />

in München. Sie studierte Ethnologie<br />

und Germanistik und war für Brigitte,<br />

Geo und das SZ-Magazin tätig. Seit 1999<br />

arbeitet sie als Redakteurin bei der Zeit.<br />

1997 erhielt sie den Axel-Springer-Preis<br />

für junge Journalisten und 2006 den<br />

EMMA-Journalistinnen-Preis. Für ihr Buch<br />

„Wie ich einmal versuchte, reich zu werden“<br />

recherchierte sie ein Jahr lang in der<br />

internationalen Finanzwelt.<br />

Kann man guten Gewissens Geld investieren? Und wenn ja, in<br />

welche Produkte? Diesen Fragen ging Heike Faller nach. Und<br />

erlebte als Amateurinvestorin so manche Überraschung.<br />

Im Grunde könnte man meine Laufbahn als<br />

Kleinanlegerin auch als den gescheiterten<br />

Versuch beschreiben, ein guter Mensch zu<br />

sein. Wenn es um Geldanlagen geht, kommt zu<br />

meiner natürlichen Trägheit in organisatorischen<br />

Dingen Überforderung. Alle paar Jahre<br />

ließ ich mich zu einer Bankberatung überreden.<br />

Ich bekam Kekse und Hochglanzbroschüren<br />

vorgesetzt, verstand nur Bahnhof, sagte, dass ich<br />

mir zu Hause alles in Ruhe überlegen wolle.<br />

Kaum hatte ich mich für den mittelriskanten<br />

Strategiemix (was sonst?) entschieden, meldete<br />

sich mein Gewissen. Woraus bestand so ein<br />

„Mischfonds“ eigentlich? Waren auch Klimakiller<br />

dabei, profitierte ich von Krieg oder Kinderarbeit?<br />

Ich müsste also nicht nur die Performance<br />

meines Fonds überwachen, sondern auch<br />

noch darauf achten, welche Aktien der Fondsmanager<br />

kaufte. Für jemanden, der seine Bankauszüge<br />

nicht regelmäßig öffnet, ein unrealistischer<br />

Plan. Einfach einen Ethikfonds nehmen?<br />

Wind, Sonne, Biotech? Womöglich hätte ich<br />

mich irgendwann sogar dazu aufgerafft, bis mir<br />

eine Kollegin erzählte, dass das Prüfverfahren<br />

mancher Ethikfondsmanager daraus bestand, irgendwo<br />

in Übersee anzurufen und zu fragen, ob<br />

die Firma denn auch nachhaltig wirtschafte.<br />

(„Okay, thank you ... that sounds good – thanks<br />

again!“) Tatsächlich gibt es auf dem Ethik-Markt<br />

keine einheitlichen Zertifizierungsstandards.<br />

Und selbst wenn es sie gäbe: Was von Zertifizierungsagenturen<br />

zu halten ist, weiß man, seit sie<br />

Immobilientrashpapieren das Prädikat AAA (=<br />

supersicher) ausgestellt haben. Ich würde mich<br />

also, wenn ich nicht jedes einzelne Unternehmen<br />

in meinem Sustainable Energy Fonds überprüfen<br />

wollte, in die Maßstäbe der Zertifizierungsfirmen<br />

einarbeiten müssen, und spätestens<br />

da war meine Energie meistens erschöpft.<br />

Ich handelte schließlich, weil ich zwei Anlageberater<br />

getroffen hatte, bei denen ich das<br />

Gefühl hatte, dass sie zumindest ihren Anlegern<br />

26 <strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong>


nicht schaden wollten. Die beiden Männer leiteten<br />

die Vermögensverwaltung einer kleinen<br />

Sparkasse in Bayern. Sie empfahlen Gold, als der<br />

Goldpreis bei 350 Dollar stand. Sie glaubten,<br />

dass die Staaten zu viel Geld druckten, dieses<br />

folglich immer wertloser würde, wogegen man<br />

sich nur schützen könne, wenn man rechtzeitig<br />

„ins Gold ging“. Sie schimpften so leidenschaftlich<br />

über konventionelle Bankberatung, dass ich<br />

ihnen vertraute. Ich kaufte. Die Arbeitsbedingungen<br />

in Goldminen? Die Umweltfolgen des<br />

Silberabbaus? Ich weiß es nicht. Ich bin mir sicher,<br />

dass ich nicht die einzige Kleinanlegerin<br />

bin, die damit überfordert ist, neben den volkswirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen und dem<br />

Klein-Klein eines Finanzprodukts auch noch<br />

die ökologischen oder menschlichen Konsequenzen<br />

zu umreißen.<br />

Jahre später machte ich einen dritten Versuch,<br />

eine gute Investorin zu werden. Ich schrieb<br />

ein Buch, das davon handelte, wie ich versuchte,<br />

10.000 Euro innerhalb eines Jahres an den Weltmärkten<br />

zu verdoppeln. Es würde eine Gelegenheit<br />

sein, diese abstrakte Zahlenwelt von innen<br />

kennenzulernen, dachte ich; herauszufinden,<br />

was mein Geld eigentlich tat, wenn es für mich<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

arbeitete. Das war Anfang 2008. Eine Sekunde<br />

später brach die Finanzkrise über die Welt herein<br />

und ich war so stark im Minus, dass ich an<br />

nichts anderes mehr denken konnte, als meine<br />

Verluste wieder auszugleichen. Ich setzte auf fallende<br />

Kurse, ich investierte noch mehr in Gold,<br />

ich fuhr in den Irak, ich interessierte mich für<br />

Ölfirmen, und eine Zeit lang gab es nichts, was<br />

ich nicht gekauft hätte. Am Ende meines Investorenjahres<br />

wusste ich so gut wie nichts über die<br />

Frage, ob ich mit Geld eigentlich Schaden anrichtete.<br />

Merke: Es ist schwer, sich über das<br />

Wohlergehen anderer Gedanken zu machen,<br />

„Neben den Feinheiten einer Anlage auch noch die<br />

ökologischen oder menschlichen Konsequenzen zu<br />

verstehen, überfordert viele Kleinanleger.“<br />

wenn man als Kleinanlegerin in die größte Finanzkrise<br />

seit 80 Jahren gerät.<br />

Für diesen Artikel habe ich die Worte<br />

„Ethik“ und „Finanzanlagen“ in einer Datenbank<br />

eingegeben, in der alle großen deutschsprachigen<br />

Publikationen archiviert sind. Für<br />

die letzten beiden Jahre fand ich fünf Texte. Zumindest<br />

ein paar Handlungsanweisungen lassen<br />

sich daraus destillieren: Wer kein moralischer<br />

Underperformer sein möchte, gibt sein Geld einer<br />

Bank für sozial-ökologische Geldanlagen,<br />

die damit Ökobauernhöfe oder Kindergärten finanziert.<br />

Wer Aktien kaufen möchte, findet<br />

dort auch Fonds, von denen es heißt, dass sie<br />

tatsächlich strengsten Maßstäben genügen. Dasselbe<br />

gilt offenbar für den NAI-Index, eine Auswahl<br />

ökologisch und ethisch wirtschaftender<br />

Firmen. Leider enthält der NAI nur dreißig Unternehmen,<br />

was ein Problem ist, weil man nicht<br />

unbedingt die Branche findet, an die man<br />

glaubt. Breiter angelegt ist der Dow Jones Sustainability<br />

Index, der immer die Unternehmen<br />

aufnimmt, die innerhalb ihrer Branche am nachhaltigsten<br />

wirtschaften. Wer sich auf ihn verlässt,<br />

verhält sich also nur relativ ethisch.<br />

Wer eine Inflation fürchtet und moralisch<br />

auf der sicheren Seite sein möchte, der sollte<br />

Sachwerte kaufen: Kunst, Wohnungen, Felder.<br />

Für manche Kleinanleger könnte dies der einzige<br />

Ausweg aus dem Dilemma zwischen einer<br />

komplexen Finanzwelt und einer unübersichtlichen<br />

Moral sein: sich einem lokalen Markt zuzuwenden,<br />

in dem sie sich auskennen. Für mich<br />

ist dieser Markt leider immer noch Gold. Und<br />

nach all den Jahren weiß ich immer noch nicht,<br />

ob meine Investition in irgendeine südafrikanische<br />

Goldmine die Bedingungen der Leute<br />

dort verbessert oder verschlechtert hat.<br />

Wenn Ethik bedeutet, dass das Ziel des eigenen<br />

Handelns jederzeit für die Allgemeinheit<br />

gelten könnte, dann habe ich wohl versagt. Ich<br />

tröste mich damit, dass mein Beitrag zur Moral<br />

daraus besteht, möglichst viele ahnungslose<br />

Kleinanleger davor zu warnen, dass die Krise<br />

noch nicht vorbei ist und dass sie es sein könnten,<br />

die am Ende mit einer Inflation für die Exzesse<br />

der Banken bezahlen werden.<br />

27


FOTOGRAFIERT<br />

28 <strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong>


BAYAN BAG, WÜSTE GOBI<br />

EIN PAAR HOLZHÜTTEN, eine Handvoll Jurten. Auf den ersten Blick wirkt Bayan Bag im<br />

Herzen der Wüste Gobi wenig aufregend. Doch die Siedlung ist der Mittelpunkt für rund<br />

250 Nomadenfamilien, die in der kargen Region leben. Viele von ihnen sind vom Pferderücken<br />

auf Motorrad und Minivan umgestiegen. Am traditionellen Lebensstil hat das jedoch<br />

wenig geändert. Die <strong>GTZ</strong> ist seit 1991 in der Mongolei tätig und unterstützt für die Bundesregierung<br />

das Land beim Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft.<br />

Fotograf: Paul Hahn<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong> 29


DEMOKRATIE UNTERM MANGOBAUM<br />

Die Dezentralisierung in Mali verbessert Wirtschaft, Verwaltung und soziale Dienste auf dem<br />

Land. Vor allem aber fördert sie die politische Teilhabe der Menschen.<br />

Text Klaus Sieg Fotos Jörg Böthling<br />

in Siby, im Süden von Mali.<br />

Frauen in bunten Gewändern hocken<br />

IMarkttag<br />

vor großen Körben mit Tomaten. Andere<br />

haben Trockenfisch in der gleißenden<br />

Sonne ausgebreitet. An Ständen aus Holzlatten<br />

hängen Hemden, Hosen und T-Shirts aus<br />

China. Daneben stehen Stapel von Kalebassen,<br />

Emailleschüsseln und Plastikeimern. Der Andrang<br />

ist groß. Das 6.000 Einwohner zählende<br />

Zentrum der gleichnamigen Kommune liegt an<br />

einer der wenigen Asphaltstraßen Malis. Jede<br />

Woche kommen rund zweitausend Händler,<br />

die teilweise sogar aus der Hauptstadt Bamako<br />

und den Nachbarländern Guinea und Senegal<br />

anreisen.<br />

Der Mangohändler Makan Coulibaly ist<br />

früh aufgestanden, um seinen Stand aufzubauen.<br />

Zusätzlich kümmert er sich um die Or-<br />

ganisation des Marktes, ist Ansprechpartner<br />

für Händler, Kunden, Wächter oder Reinigungskräfte.<br />

Entsprechend müde ist er nun,<br />

am späten Vormittag. Doch bei dem Thema<br />

Marktverwaltung wird er hellwach: „Wir<br />

konnten die Einnahmen des Marktes vervierfachen.“<br />

Vor zwei Jahren wurde Makan Coulibaly<br />

von den anderen Händlern aus Siby zum<br />

30 <strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong>


Präsidenten des damals neu gegründeten<br />

Marktkomitees gewählt. Das Gremium ist für<br />

die Verwaltung des Marktes zuständig. Es soll<br />

dafür sorgen, dass die Einnahmen der Gemeinde<br />

aus dem Markt steigen, und den Service<br />

für Händler und Kunden verbessern. „Wir haben<br />

zunächst das Potenzial des Marktes und<br />

seine Schwierigkeiten analysiert“, erklärt Coulibaly.<br />

Dann hat das Komitee Standgebühren<br />

eingeführt und ein System für ihre Erhebung<br />

entwickelt: Es gibt jetzt Kassierer und diese<br />

sind mit 20 Prozent an den Einnahmen beteiligt.<br />

Das motiviert in einem schwierigen Job.<br />

Die meisten Händler zahlen nur ungern. Dass<br />

sich fast alle auf dem Markt kennen oder sogar<br />

verwandt sind, macht die Sache nicht einfacher.<br />

„Allmählich sehen die Händler aber, dass sie<br />

für die höheren Gebühren auch etwas bekommen“,<br />

sagt Makan Coulibaly. Das Komitee hat<br />

zum Beispiel stabilere Stände bauen lassen und<br />

sorgt für die regelmäßige Reinigung des Geländes.<br />

Dadurch sind auch viele neue Arbeitsplätze<br />

im Ort entstanden.<br />

Dezentralisierung als Chance<br />

Die Verbesserungen im Marktflecken Siby sind<br />

ein kleiner Teil der großangelegten Reform zur<br />

Dezentralisierung in Mali. Nach den Kommunalwahlen<br />

1999 haben in Mali zum ersten Mal<br />

gewählte Vertreter in 700 ländlichen Gemeinden<br />

ihre Arbeit aufgenommen. Zuvor wurden<br />

die Landgebiete lediglich von Vertretern des<br />

Zentralstaats – acht Gouverneuren, 49 Präfekten<br />

und etwa 300 Unterpräfekten – verwaltet.<br />

Die neu geschaffenen Gemeinden verantworten<br />

ihre wirtschaftliche und soziale Entwicklung<br />

selbst. Eine große Herausforderung,<br />

die Chancen bietet – aber auch gemeistert werden<br />

will. „Die Gemeinden können Mali wirklich<br />

bewegen“, sagt Dirk Betke von der <strong>GTZ</strong>,<br />

der im Auftrag des Bundesministeriums für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

ein deutsch-malisches Kommunalförderungsprogramm<br />

leitet. Deutschland unterstützt<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

in einer Pilotregion entlang des Niger 102 Gebietskörperschaften<br />

dabei, ihre Verwaltung aufzubauen<br />

und sich wirtschaftlich zu entwickeln.<br />

Die Bewohner sollen einen verbesserten Zugang<br />

zu den sozialen Grunddiensten erhalten<br />

und mehr Möglichkeiten bekommen, Prozesse<br />

ENGAGIERT<br />

und Entscheidungen auf kommunaler Ebene zu<br />

beeinflussen. Parallel zu der direkten Unterstützung<br />

von Gemeinden, Landkreisen und Regionen<br />

berät die <strong>GTZ</strong> auch Regierungsstellen auf<br />

nationaler Ebene. Zusammen mit Fachbehörden<br />

sorgt sie dafür, dass die Ansätze, die sich »<br />

Oben: Buchhalter Ibrahima Traoré, <strong>GTZ</strong>-Berater Philip Kusch und Amadou Doumbia (von links), Generalsekretär<br />

der Gemeinde Siby, diskutieren die Gemeindeeinnahmen. Unten: Amadou Doumbia und Makan<br />

Coulibaly im Gespräch mit einer Händlerin.<br />

31


32<br />

ENGAGIERT<br />

Oben: „Frauen in die Lokalpolitik!“ Die Kandidatin für die malischen Kommunalwahlen Mahawa Guingdo<br />

Bengaly (rechts) mit Mitstreiterinnen. Unten: Öffentliche Haushaltsberichterstattung im ländlichen Mali:<br />

Der Bürgermeister der Kommune Bougoula stellt sich der Debatte mit der Bevölkerung.<br />

bewährt haben, landesweit umgesetzt werden<br />

können. „Kommunen aus allen Landesteilen<br />

fragen unsere Instrumente mittlerweile nach<br />

und setzen sie mit Unterstützung der Behörden<br />

um“, freut sich Dirk Betke. Das größte Problem<br />

in den Gemeinden: leere Kassen. Mali zählt zu<br />

den ärmsten Ländern der Welt. Es fehlt das<br />

Geld zum Ausbau und Erhalt von Schulen oder<br />

Gesundheitsstationen. Verwaltungskräfte,<br />

Krankenschwestern oder Grundschullehrer<br />

müssen häufig monatelang auf ihr Gehalt warten.<br />

Haupteinnahmequelle der Gemeinden ist<br />

eine Kopfsteuer, die jeder arbeitsfähige Einwohner<br />

bezahlen muss. In Siby sind das umgerechnet<br />

knapp 2,30 Euro im Jahr. Die Gemeinde<br />

muss die Steuer einnehmen, dann aber an die<br />

Zentralregierung weiterleiten. Diese verteilt die<br />

Gelder dann wieder an die Kommunen, die so<br />

80 Prozent ihrer Steuereinnahmen zurückerhalten<br />

sollen. Das hat häufig nicht funktioniert,<br />

weil weder die Gemeinden noch die Finanzverwaltung<br />

die vorgesehenen Verfahren beherrschten.<br />

Daher wurde nun ein einfaches,<br />

aber solides System der Haushaltsführung eingerichtet.<br />

Dabei wurde die staatliche Finanzverwaltung<br />

aller Ebenen in Ausbildungs- und Beratungsprogramme<br />

einbezogen. Heute beherrschen<br />

die Gemeinden die Steuererhebung und<br />

wissen auch, was ihnen aus dem Staatshaushalt<br />

zusteht. In Siby zahlen mittlerweile 95 Prozent<br />

der Steuerpflichtigen die Abgabe.<br />

„Seitdem können wir die Gehälter unserer<br />

Angestellten pünktlich zahlen“, sagt Amadou<br />

Doumbia, der Generalsekretär der Kommunalverwaltung.<br />

Er führt durch das Rathaus, ein<br />

schlichtes Steingebäude mit einfacher Einrichtung.<br />

Dann stößt er die Tür zu einem kleinen<br />

Raum auf, in dem sich das Archiv der Gemeinde<br />

befindet. In einem Blechschrank lagern<br />

die Akten zwischen beschrifteten Pappdeckeln<br />

in unterschiedlichen Farben. Geburts- und<br />

Heiratsurkunden, Wahlunterlagen, Gehaltsformulare<br />

oder Entwicklungspläne werden so vor<br />

dem Zerfall bewahrt – und sind übersichtlich<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong>


geordnet. Auch das Archivsystem ist mit Hilfe<br />

von Dirk Betke und seinem Team entstanden.<br />

„Vorher habe nicht einmal ich etwas bei uns gefunden“,<br />

erklärt Amadou Doumbia. Dank des<br />

Archivs kann die Verwaltung nun zuverlässig<br />

und berechenbar ihren Bürgern dienen.<br />

Und das fordern diese zunehmend ein,<br />

ebenso wie die Rechenschaft darüber, was mit<br />

ihren Steuergeldern geschieht. Gelegenheit<br />

dazu bieten die sogenannten „restitutions publiques“<br />

– vom malischen Staat verbindlich<br />

vorgeschriebene Versammlungen. Dabei erklären<br />

die Bürgermeister auf dem zentralen Versammlungsplatz<br />

ihren Haushaltsplan – für jedermann<br />

verständlich in der Lokalsprache<br />

Bambara und mit übersichtlich gestalteten Tabellen.<br />

Männer und Frauen sitzen dann getrennt<br />

auf Holzbänken im Schatten der Mangound<br />

Baobabbäume. Vor allem die Frauen fragen<br />

immer wieder nach: „Warum ist die Krankenstation<br />

nicht wie angekündigt gebaut worden?“<br />

„Wieso erhält unser Lehrer nicht pünktlich<br />

sein Gehalt?“ „Was ist mit der neuen Wasserstelle<br />

für unser Dorf ?“<br />

Eine Demokratieschule für alle<br />

Der in Schlips und Kragen erschienene Bürgermeister<br />

steht Rede und Antwort. So etwas war<br />

noch vor wenigen Jahren in Mali undenkbar.<br />

„Die wenigsten haben sich überhaupt getraut,<br />

das Rathaus ihrer Kommune zu betreten“, erklärt<br />

<strong>GTZ</strong>-Berater Philip Kusch, der die Gemeinden<br />

bei der Durchführung der öffentlichen<br />

Haushaltsberichterstattung unterstützt.<br />

Sie finden mittlerweile in 350 Kommunen<br />

statt. Hier können die Bürger Kritik äußern.<br />

Und sie können sich ein Bild davon machen,<br />

wem sie bei der nächsten Kommunalwahl ihre<br />

Stimme geben. Eine Demokratieschule auf dem<br />

Dorfplatz.<br />

Demokratie wagen wollte auch Mahawa<br />

Guingdo Bengaly. Die 50-jährige Mutter von<br />

sechs Kindern kandidierte bei der Kommunalwahl<br />

im April 2009. Zuvor hatten sie und an-<br />

dere Frauen Schulungen in Rhetorik und Öffentlichkeitsarbeit<br />

besucht. Um auf einen oberen<br />

Listenplatz ihrer Partei zu kommen, musste<br />

die Lehrerin zusätzlich die Ellenbogen ausfahren.<br />

„Die Listen werden meist nachts geschrieben,<br />

wenn es sich für verheiratete Frauen nicht<br />

MALI<br />

Gambia<br />

Guinea-Bissau<br />

Senegal<br />

West-Sahara<br />

Mauretanien<br />

Guinea<br />

Sierra<br />

Leone<br />

Liberia<br />

AUF EINEN BLICK<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong> 33<br />

Bamako<br />

Cote<br />

d'Ivoire<br />

����Programm: Kommunalförderung<br />

Mali<br />

Burkina Faso<br />

Ghana<br />

Algerien<br />

Togo<br />

Benin<br />

mehr schickt, aus dem Haus zu gehen. Ich bin<br />

trotzdem hingegangen.“ Das hat sich gelohnt:<br />

Viele Bürger stimmten für sie. Nun setzt sich<br />

Mahawa Guingdo Bengaly in ihrer Gemeinde<br />

für mehr Bildung und eine bessere medizinische<br />

Versorgung ein.<br />

����Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

��� Partner: Ministerium für Territorialverwaltung und Gebietskörperschaften, National-<br />

direktion für Dezentralisierung, Nationales Amt für Investitionen der Gebietskörperschaften,<br />

Aus- und Fortbildungszentrum für Gebietskörperschaften<br />

����Laufzeit: 2002 bis 2013<br />

1999 erhielten 761 neu gegründete Gebietskörperschaften in Mali die Verantwortung für<br />

die Entwicklung und Bereitstellung sozialer Grunddienste. Die <strong>GTZ</strong> unterstützt die Konsolidierung<br />

dieses Dezentralisierungsprozesses und berät Ministerien und nachgeordnete<br />

Strukturen auf nationaler sowie Gebietskörperschaften und Fachbehörden auf regionaler<br />

und lokaler Ebene. Dadurch hat sich in den Gemeinden die Qualität der Dienstleistungen<br />

verbessert, die Wirtschaftstätigkeit hat zugenommen. Die Bevölkerung honoriert die Bürgernähe<br />

von Mandatsträgern und die Transparenz in der Amtsführung mit zunehmender<br />

aktiver Beteiligung an der lokalpolitischen Willensbildung. Die Impulse für die Armutsbekämpfung<br />

und Demokratisierung sind unverkennbar.<br />

Das Programm ist eng mit Aktivitäten anderer internationaler Geber verzahnt. Von deutscher<br />

Seite wird es in Kooperation mit dem Deutschen Entwicklungsdienst und der KfW<br />

Entwicklungsbank durchgeführt.<br />

Nigeria<br />

Niger<br />

Kamerun<br />

> LÄNDERINFO<br />

Größe in km2 : 1.240.000<br />

Hauptstadt: Bamako<br />

Einwohner: ca. 12,3 Mio.<br />

Bevölkerungswachstum:<br />

2,8 Prozent jährlich<br />

BIP 2007:<br />

5,05 Milliarden EUR<br />

BIP pro Kopf 2007:<br />

ca. 414 EUR<br />

Quelle: Auswärtiges Amt


ENGAGIERT<br />

WASSER FÜR DIE WÜSTE<br />

Der Jemen ist eines der wasserärmsten Länder. Dennoch ist es der <strong>GTZ</strong> und ihren Partnern<br />

gelungen, eine verbesserte Wasserver- und Abwasserentsorgung in vielen Städten des Landes<br />

aufzubauen. Weniger Krankheiten und mehr Lebensqualität sind sichtbare Ergebnisse.<br />

Text und Interview Beate Wörner Fotos Markus Kirchgessner<br />

Lärm ist ohrenbetäubend, selbst durch<br />

IDer<br />

die geschlossene Tür hindurch. Nebenan<br />

arbeiten riesige Pumpen, Tag und Nacht.<br />

Wir befinden uns im Schaltraum des Brunnenfeldes<br />

Bir Ahmed, etwa zehn Kilometer nordwestlich<br />

von Aden. Es ist eines von drei Brunnenfeldern,<br />

die die Hafen- und Industriestadt<br />

mit dem lebenswichtigen Trinkwasser versorgen.<br />

Hier fallen in der Summe nur 40 Millime-<br />

ter Niederschlag im Jahr – am Stadtrand von<br />

Aden beginnt die Wüste. Die rund 700.000<br />

Einwohner nutzen fast ausschließlich Grundwasser,<br />

so wie das ganze Land. Und sie leben<br />

über ihre Verhältnisse. Bevölkerungswachstum,<br />

die von der Bewässerung abhängige Landwirtschaft<br />

und eine bescheidene Industrialisierung<br />

zehren stündlich an dem unterirdischen Süßwasserreservoir.<br />

Es ist kurz vor zwölf: „Der Je-<br />

men ist das erste Land auf der Arabischen<br />

Halbinsel, sogar im ganzen Mittleren Osten,<br />

dem das Wasser jetzt ausgeht“, stellt Peter<br />

Kienast nüchtern fest. Er ist seit kurzem Leiter<br />

des Wasserprogramms, das die <strong>GTZ</strong> im Auftrag<br />

des Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung durchführt.<br />

„Das Wasserproblem in den Griff zu bekommen,<br />

ist eine große Herausforderung.“<br />

34 <strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong>


Funktionierende Wasseruhren spielen eine zentrale Rolle für die verbrauchsgerechte Abrechnung der Stadtwerke. Um sie warten und alle Kunden gut betreuen<br />

zu können, kartieren die Stadtwerke mit der Unterstützung der <strong>GTZ</strong> jede einzelne Wasseruhr per GIS – ein Muss in einem Land, in dem es keine Adressen gibt.<br />

Wasserkonflikte im Jemen sind Realität.<br />

Ein solcher führte beispielsweise Mitte 2008<br />

dazu, dass die Leitung von einem Brunnenfeld<br />

aus dem Hinterland nach Aden unterbrochen<br />

wurde. In Teilen der Stadt kam es zu einer mehrtägigen<br />

Wasserknappheit und zu Protesten. Die<br />

Lage beruhigte sich erst wieder, nachdem ein<br />

Brunnenfeld mit 15 neuen Ersatzbrunnen der<br />

Stadtwerke Aden erschlossen worden und ans<br />

Netz gegangen war.<br />

Im Blick: die Kunden<br />

Die Local Corporation Aden ist eines der ersten<br />

Stadtwerke, die nach Beginn der Reform<br />

des jemenitischen Wassersektors vor zehn Jahren<br />

ihre Arbeit aufnahmen. Bei dieser spielt die<br />

Dezentralisierung der Versorgung eine große<br />

Rolle. Die <strong>GTZ</strong> berät die jemenitische Regierung<br />

bei der Umsetzung. Sie begleitete auch ei-<br />

nige neue Stadtwerke unterschiedlicher Größe<br />

auf ihrem Weg zu wirtschaftlich eigenständigen,<br />

dezentralen Betrieben, die gewinnorientiert<br />

wirtschaften. „Aus unseren Einnahmen finanzieren<br />

wir die laufenden Kosten und haben<br />

sogar noch etwas übrig für eigene kleine Projekte“,<br />

erläutert Abdullah Abdel-Fatah, der Manager<br />

der Stadtwerke Aden.<br />

Um die Einnahmen weiter zu verbessern,<br />

vermessen die Stadtwerke derzeit ihr gesamtes<br />

Versorgungsgebiet. Mit Hilfe eines Geografischen<br />

Informationssystems (GIS) kartieren<br />

sie sämtliche Leitungen und jede einzelne Wasseruhr.<br />

„Die Wasseruhr ist für uns das Wichtigste,<br />

damit verdienen wir unser Geld“, sagt<br />

Projektmanagerin Arwa Humadi. „Wir haben<br />

derzeit etwa 15.000 nicht funktionierende<br />

Wasseruhren. Das bedeutet, dass wir bei rund<br />

14 Prozent unserer Kunden nicht verbrauchsgerecht<br />

abrechnen können.“ Jede defekte Was-<br />

seruhr wird ausgetauscht. Begonnen haben die<br />

Stadtwerke damit in Crater, dem ältesten und<br />

am dichtesten besiedelten Stadtteil.<br />

Parallel dazu strukturieren die Stadtwerke<br />

Aden ihr Kundenzentrum um. Es soll serviceorientierter<br />

und kundenfreundlicher werden,<br />

erklärt Humadi. „Inzwischen hat jeder Kunde<br />

in Crater zusätzlich zu seiner Kundennummer<br />

auch eine geografische Adresse, das spart im<br />

Vergleich zu vorher viel Zeit, beispielsweise,<br />

wenn wir Reparaturarbeiten durchführen müssen.“<br />

Dank der GIS-Kartierung erübrigt sich so<br />

langes Fragen nach dem richtigen Haus oder<br />

der richtigen Wohnung, da die Bewohner in<br />

Aden keine Adresse mit Straße und Hausnummer<br />

haben, wie das beispielsweise in Deutschland<br />

der Fall ist. Bislang habe das Projekt sie viel<br />

Überzeugungsarbeit gekostet, gibt die 38-Jährige<br />

zu. Nicht nur gegenüber den Kunden, sondern<br />

auch im eigenen Haus. Viele altgediente »<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong> 35


Der richtige Umgang mit Wasser will gelernt sein. Deshalb betreiben die von der <strong>GTZ</strong> unterstützten Stadtwerke auch gezielt Informations- und Aufklärungsarbeit.<br />

Wenn das Wassermanagement gut ist, bleibt auch für die Bewässerung von Pflanzen genug übrig.<br />

» KURZINTERVIEW<br />

EIN ZUVERLÄSSIGER PARTNER<br />

Im Gespräch mit Abdul Rahman Fadhl Al-Eryani, Minister für<br />

Wasser und Umwelt der Republik Jemen<br />

Was ist in Ihren Augen der wichtigste Beitrag der <strong>GTZ</strong> zur Reform des Wassersektors?<br />

Ohne die zuverlässige langfristige Unterstützung und die vorausschauende Planung der<br />

<strong>GTZ</strong> hätte diese Reform nie stattgefunden. Sie hat sich dabei immer wieder an die sich<br />

ändernden Bedingungen im Land angepasst. Aber genauso wichtig sind die Expertise und<br />

die Erfahrung, die sie mitbringt.<br />

Welche Ergebnisse brachte die Reform beispielsweise im städtischen Bereich?<br />

Wir haben unsere Wasserversorgung verbessert und nahezu vollständig dezentralisiert.<br />

Die von der <strong>GTZ</strong> unterstützten Stadtwerke sind die besten, die wir haben. Sie arbeiten<br />

sehr effizient. Dazu haben die Trainingsmaßnahmen für das Personal und die Fachberatung<br />

sehr viel beigetragen. Entscheidend aber war, dass sie von Anfang an eine sehr solide<br />

Struktur erhalten haben.<br />

Wie sehen die Pläne für die nächsten Jahre aus?<br />

Wir setzen auf eine stärkere Zusammenarbeit der Geber. Der Ansatz der deutschen Entwicklungszusammenarbeit,<br />

Investitionen mit Capacity Development und Organisationsentwicklung<br />

zu verknüpfen, ist vorbildlich. So können wir ein lebensfähiges System schaffen.<br />

Mitarbeiter standen den Neuerungen erst einmal<br />

skeptisch gegenüber. Doch Arwa Humadi<br />

war darauf vorbereitet. Sie hatte im Vorfeld bei<br />

Inwent (Internationale Weiterbildung und Entwicklung<br />

gGmbH) in Deutschland einen einjährigen<br />

Kurs absolviert, in dem es genau darum<br />

ging: erfolgreiches Management von Veränderungen.<br />

Im Griff: die Malaria<br />

Die Kundinnen und Kunden sind mit ihren<br />

Stadtwerken und damit auch mit der Arbeit der<br />

<strong>GTZ</strong> zufrieden. Das ergab eine Befragung, die<br />

das <strong>GTZ</strong>-Wasserprogramm Mitte 2008 in 16<br />

Städten durchführen ließ, in denen es die Stadtwerke<br />

berät. Eine dieser Städte ist Bait Al-Faqih<br />

mit rund 40.000 Einwohnern. „Etwa 95 Prozent<br />

der Familien sind ans Trinkwassernetz der<br />

Stadtwerke angeschlossen, rund die Hälfte davon<br />

an die Kanalisation“, weiß Omhani Al-<br />

Khazan, die bereits seit zehn Jahren bei den<br />

Stadtwerken als Community Mobilizing Worker<br />

arbeitet, eine Art Kundenberaterin. „Ich<br />

bin Anlaufstelle für Kundenbeschwerden,<br />

aber“, und jetzt blitzen ihre dunklen Augen in<br />

dem verschleierten Gesicht, „ich gehe auch direkt<br />

zu den Familien, die noch nicht angeschlossen<br />

sind. Ich erkläre ihnen, welche Vorteile<br />

das für sie hat, wenn sie sauberes Wasser<br />

36 <strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

FOTO: MINISTERIUM FÜR WASSER UND UMWELT


ekommen oder wenn das Abwasser sachgerecht<br />

entsorgt wird.“<br />

Und dann zeigt sie Fotos. Noch vor wenigen<br />

Jahren lagen Schmutz und Unrat knöchelhoch<br />

in den Straßen zwischen den Häusern,<br />

die Abwässer flossen durch ein Loch in der<br />

Wand einfach auf die Straße und verwandelten<br />

alles in einen einzigen Sumpf. Die Dauerpfützen<br />

waren ideale Brutstätten für Moskitos.<br />

Denn Bait Al-Faqih liegt in der Tihama, der<br />

Küstenregion entlang des Roten Meeres, die<br />

schon immer ein Malariagebiet war. „Ich hatte<br />

seit vier Jahren keine Malaria mehr“, bestätigt<br />

Fathia Holqoom, die hier lebt. „Vorher hatte<br />

ich alle drei Monate einen Anfall. Meine ganze<br />

Familie ist gesünder, seit wir an das Netz der<br />

Stadtwerke angeschlossen sind. Unsere Ausgaben<br />

für Medikamente und Arztbesuche sind<br />

um die Hälfte gesunken.“<br />

Sie erinnert sich noch bestens an die Zeit,<br />

als es noch keine zuverlässige Rund-um-die-<br />

Uhr-Wasserversorgung in Bait Al-Faqih gab.<br />

„Wir litten immer unter Wassermangel und<br />

mussten für teures Geld Wasser aus Tankwagen<br />

kaufen. Und das Schlimmste für uns<br />

Frauen war, dass uns die Sorge um das Wasser<br />

Tag und Nacht begleitete, denn wir müssen dafür<br />

sorgen, dass genügend im Haus ist. Eine<br />

verlässliche Wasserversorgung ist für uns ein<br />

Plus an Lebensqualität.“ Fathia Holqoom ist<br />

Lehrerin an der größten Mädchenschule in<br />

Bait Al-Faqih. Sie arbeitet eng mit Omhani Al-<br />

Khazan und den Stadtwerken zusammen, um<br />

den Mädchen den Zusammenhang zwischen<br />

sauberem Wasser, einer geregelten Abwasserentsorgung<br />

und der eigenen Gesundheit<br />

klarzumachen. Besuche im Wasserwerk und in<br />

der Kläranlage sind dabei feste Programmpunkte.<br />

Die Wasserversorgung des Landes hat sich<br />

in den vergangenen Jahren vor allem in den<br />

Städten deutlich verbessert, ebenso die sanitäre<br />

Situation. Die Bilanz zieht Jochen Renger,<br />

auch für sich persönlich. Er hat nach langjähriger<br />

Arbeit im Programm die Leitung an Peter<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

Kienast weitergegeben: „Durch die technische<br />

und finanzielle Zusammenarbeit der deutschen<br />

Bundesregierung wurden mehr als 2,5 Millionen<br />

Menschen an eine verbesserte Wasserversorgung<br />

angeschlossen. Mehr als 1,75 Millio-<br />

JEMEN<br />

Ägypten<br />

Sudan<br />

Eritrea<br />

Äthiopien<br />

AUF EINEN BLICK<br />

Saudi-Arabien<br />

Sanaa<br />

Bait Al-Faqih<br />

Dschibuti<br />

Somalia<br />

Jemen<br />

Bahrain<br />

Katar<br />

����Programm: Wassersektorprogramm Jemen, Institutionelle Entwicklung des<br />

Wassersektors<br />

����Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

��� Partner: jemenitisches Ministerium für Wasser und Umwelt<br />

����Laufzeit: 2006 bis 2015<br />

Der Jemen leidet unter einer akuten Wasserkrise. Seit Jahrzehnten wird der steigende<br />

Wasserbedarf überwiegend durch fossiles Grundwasser gedeckt. Über 90 Prozent davon<br />

gehen in die Landwirtschaft.<br />

Die umfassende Reform des jemenitischen Wassersektors soll eine nachhaltige und schonende<br />

Nutzung der Wasservorräte gewährleisten und gleichzeitig die Versorgung der Bevölkerung<br />

sicherstellen. Die <strong>GTZ</strong> fungierte als Moderator bei der Erstellung der nationalen<br />

Wasseraktionspläne. Sie hilft bei der Einrichtung von Wassernutzerkomitees und trug erfolgreich<br />

zur Dezentralisierung des städtischen Wassersektors bei – durch Organisationsund<br />

Personalentwicklung sowie Managementberatung. Einkommensorientierte Wassertarife<br />

und eine intensive Beratung der Bevölkerung sorgten dafür, dass die von der <strong>GTZ</strong><br />

geförderten Stadtwerke bis zu 85 Prozent arme Haushalte versorgen.<br />

Alle Maßnahmen werden in enger Kooperation mit der KfW Entwicklungsbank, dem Deutschen<br />

Entwicklungsdienst, dem Centrum für internationale Migration und Entwicklung,<br />

der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und Internationale Weiterbildung<br />

und Entwicklung gGmbH (Inwent) durchgeführt.<br />

V. A. E.<br />

Oman<br />

ENGAGIERT<br />

nen Menschen erhielten erstmals eine hygienisch<br />

unbedenkliche Abwasserentsorgung.“<br />

> ANSPRECHPARTNER<br />

Peter Kienast > peter.kienast@gtz.de<br />

> LÄNDERINFO<br />

Hauptstadt: Sanaa<br />

Einwohner: ca. 23 Mio.<br />

Landwirtschaftlich nutzbare<br />

Fläche: 2,91 Prozent<br />

der Gesamtfläche<br />

Bevölkerungswachstum:<br />

3 Prozent jährlich<br />

BIP 2008:<br />

ca. 25 Milliarden US$<br />

Quellen: Auswärtiges Amt; CIA World Factbook<br />

37


» INTERVIEW<br />

ERFOLGREICH DURCH WANDEL<br />

„Um weiterhin erfolgreich zu sein, muss die <strong>GTZ</strong> ihre Leistungen noch stärker auf die spezifische Nach-<br />

frage und die politischen Ziele ihrer verschiedenen Auftraggeber ausrichten“, ist Christoph Beier überzeugt.<br />

„Wir müssen uns als anschlussfähig an die unterschiedlichen Bedarfe und Interessen unserer<br />

Kunden erweisen, um sie bei der Erreichung ihrer Ziele in der internationalen Zusammenarbeit optimal<br />

unterstützen zu können.“ Der weiteren Diversifizierung, der Kundenorientierung und der Innovationskraft<br />

des Unternehmens will der neue Geschäftsführer daher besondere Beachtung schenken.<br />

Interview Lars Spilger Fotos Markus Kirchgessner


AKZENTE: Herr Beier, seit 1. Januar leiten Sie<br />

gemeinsam mit Bernd Eisenblätter und Hans-<br />

Joachim Preuß die Geschicke der <strong>GTZ</strong>. Respekt<br />

vor der neuen Aufgabe?<br />

CHRISTOPH BEIER: Natürlich. Einen Riesenrespekt.<br />

Schließlich weiß ich nach zehn Jahren an<br />

verantwortlicher Stelle im Unternehmen ziemlich<br />

genau, was hier an Gesamtverantwortung<br />

auf mich zukommt. Die <strong>GTZ</strong> ist ein ungewöhnlich<br />

komplexes Unternehmen in einem<br />

sehr komplexen Umfeld. Wir agieren auf sehr<br />

speziellen, politischen Märkten, bedienen eine<br />

große Vielfalt unterschiedlicher Kunden und<br />

sind stark dezentralisiert. Und es dreht sich bei<br />

uns schon lange nicht mehr „nur“ um klassische<br />

Armutsminderung: Tagtäglich stehen beispielsweise<br />

gute Regierungsführung, Korruptionsbekämpfung,<br />

Klima- und Umweltschutz, die Finanzsystementwicklung<br />

oder Reformen im Sicherheitssektor<br />

auf der Agenda. Dabei arbeiten<br />

wir häufig an Standorten mit schwierigen Rahmenbedingungen,<br />

was für unsere Mitarbeiter<br />

und das Unternehmen auch Risiken mit sich<br />

bringt. Gleichzeitig bieten sich für unsere Expertise<br />

laufend neue Opportunitäten, die es zu<br />

realisieren gilt. Als Geschäftsführer tragen wir<br />

die volle Verantwortung, die Risiken zu managen<br />

und die Chancen zu realisieren.<br />

Respekt habe ich aber nicht nur vor der neuen<br />

Verantwortung. Respekt habe ich vor allem vor<br />

den hervorragenden Leistungen, die unsere<br />

Mitarbeiter Tag für Tag mit großem Engagement<br />

erbringen, weil ich weiß, mit welch hohem<br />

Qualitätsanspruch und mit welcher Professionalität<br />

hier gearbeitet wird.<br />

Welche Ihrer in der <strong>GTZ</strong> gesammelten Erfahrungen<br />

helfen Ihnen bei der neuen Aufgabe<br />

besonders?<br />

Gerade die Vielfalt meiner bisherigen Rollen in<br />

der <strong>GTZ</strong> hilft mir heute, mich schnell in die<br />

verschiedenen Aufgabenbereiche im Haus hi -<br />

neinzudenken. Und ich meine damit nicht nur<br />

die vergangenen Jahre als Regionalbereichsleiter<br />

oder im Bereich Planung und Entwicklung.<br />

Ich denke auch viel weiter zurück, zum Beispiel<br />

an meine Zeit als Praktikant in der <strong>GTZ</strong>, als<br />

Gutachter von der Uni aus – oder an die Zeit als<br />

Auslandsmitarbeiter vor fast 15 Jahren: Damals<br />

haben wir das indonesische Innenministerium<br />

in Dezentralisierungsfragen beraten. Und wenn<br />

ich mich heute mit der spezifischen Nachfrage<br />

von Schwellenländern, mit innovativen Formen<br />

der Programmgestaltung oder der Geberharmonisierung<br />

beschäftige, profitiere ich noch immer<br />

von dem operativen Know-how, das ich dazu<br />

seinerzeit aufbauen konnte. Davon abgesehen<br />

hat es mich auch persönlich unglaublich bereichert,<br />

nah dran zu sein an den indonesischen<br />

Partnern und ihren Denk- und Arbeitsweisen<br />

und die Höhen und Tiefen der Beratungspraxis<br />

vor Ort selbst genau kennengelernt zu haben.<br />

Welches sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten<br />

Herausforderungen in den kommenden Jahren?<br />

Wir alle wissen, dass die Weltgemeinschaft vor<br />

enormen Herausforderungen steht. Denken Sie<br />

an den Klimawandel, die Welternährung, die<br />

internationale Migration, die Stabilität der Finanzmärkte,<br />

an Frieden und Sicherheit etc. Keines<br />

dieser Probleme lässt sich im nationalen Alleingang<br />

lösen, weshalb sich immer mehr<br />

Akteure international engagieren und die Nachfrage<br />

nach unseren Leistungen steigt. Das ist<br />

aus Unternehmenssicht erfreulich, bietet es<br />

doch die Möglichkeit, weitere Geschäftspotenziale<br />

zu erschließen. Dabei zeigt sich insbesondere<br />

im Drittgeschäft mit Auftraggebern außerhalb<br />

der Bundesregierung, wie marktgängig unsere<br />

Leistungen sind und wie gut wir uns im<br />

internationalen Wettbewerb behaupten. Wir<br />

müssen in Zukunft aber noch deutlicher machen,<br />

was unsere Arbeit bewirkt – wie wir also<br />

zur Lösung der komplexen Probleme beitragen.<br />

Und wir müssen unsere Beiträge laufend hinsichtlich<br />

ihrer Wirkungen überprüfen und weiterentwickeln.<br />

Die damit verbundene wachsende<br />

Komplexität innerhalb unserer Organisation<br />

müssen wir so managen, dass wir effizient,<br />

schnell und reaktionsfähig bleiben.<br />

Angesichts der Verschiedenheit der Auftraggeber<br />

klingt das nicht nach einer leichten Aufgabe<br />

...<br />

Durchaus nicht. Aber gerade die Diversifizierung<br />

der Auftraggeberstruktur ist aus meiner<br />

Sicht ein erfolgsentscheidender Faktor für die<br />

Zukunft eines Unternehmens, das in der internationalen<br />

Zusammenarbeit erfolgreich bleiben<br />

will. Wir haben in mehr als drei Jahrzehnten gemeinsam<br />

mit unseren Partnern und Auftraggebern<br />

weltweit ein enormes Know-how rund um<br />

die Gestaltung nachhaltiger Entwicklungsprozesse<br />

gesammelt. Diese Expertise wollen wir allen<br />

international agierenden Bundesministerien<br />

und internationalen Auftraggebern passgenau<br />

anbieten. Wir haben hier schon viel erreicht.<br />

Ausruhen dürfen wir uns auf diesem Erfolg jedoch<br />

nicht: Wir müssen die Innovationskraft<br />

bewahren, unser Angebot laufend an veränderte<br />

Rahmenbedingungen und eine sich rasch verändernde<br />

Nachfragesituation anpassen und stetig<br />

ausbauen. Dies bringt natürlich große Herausforderungen<br />

hinsichtlich der eigenen Flexibilität<br />

und Veränderungsbereitschaft mit sich.<br />

Aber angesichts der tiefen Verbundenheit der<br />

Kolleginnen und Kollegen mit der <strong>GTZ</strong> und<br />

bei all der Leidenschaft, die sie für ihre Arbeit<br />

haben, ist mir davor nicht bange. Im Gegenteil:<br />

Ich freue mich sehr darauf, den nötigen kontinuierlichen<br />

Wandel an einer entscheidenden Stelle<br />

im Unternehmen mitgestalten zu dürfen.<br />

> ZUR PERSON<br />

BEFRAGT<br />

Christoph Beier ist<br />

seit dem 1. Januar<br />

<strong>2010</strong> Geschäftsführer<br />

der <strong>GTZ</strong>. Ab 2000 gehörte<br />

er dem Oberen<br />

Führungskreis an: bis<br />

2003 als Leiter des<br />

Bereiches Planung und Entwicklung. Danach<br />

zeichnete er für den Bereich Mittelmeer, Europa,<br />

Zentralasien, ab 2007 für Asien/Pazifik<br />

und Lateinamerika/Karibik verantwortlich.<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong> 39


40<br />

PORTRÄTIERT<br />

Barbara Hess leitet das GT Z-Büro<br />

in Bogotá.<br />

44 Millionen Menschen<br />

leben in Kolumbien.<br />

Gewaltsame Konflikte<br />

und Drogenhandel bereiten<br />

dem enorm vielgestaltigen<br />

Land weiterhin große<br />

Probleme.<br />

MENSCHEN VERSTEHEN<br />

EIN PRAKTIKUM IN PERU stellte 1978 die Weichen für<br />

die Zukunft von Barbara Hess. „Die Begeisterung für<br />

Lateinamerika, die damals entstanden ist, hat mich nie<br />

mehr losgelassen“, erinnert sie sich. „Seitdem habe ich<br />

den größten Teil meines Berufs- und Privatlebens hier<br />

verbracht.“ Als Fachkraft des Centrums für internationale<br />

Migration und Entwicklung war die studierte Ethnologin<br />

in Ecuador, für die UNO arbeitete sie in Bolivien, als<br />

Leiterin eines Genderprojekts in Kolumbien. Die Liste<br />

an Einsatzländern und Projekten ließe sich noch weiter<br />

fortsetzen. „Sehr prägend war sicherlich meine Tätigkeit<br />

als <strong>GTZ</strong>-Büroleiterin in El Salvador“, erzählt Barbara<br />

Hess. „Ich war 2001 dort, als ein schweres Erdbeben<br />

das Land erschüttert hat, und wir mussten viel Not- und<br />

Aufbauhilfe leisten. Das war für mich eine ganz besondere<br />

Erfahrung.“ Von 2002 bis 2006 arbeitete die Kölnerin als<br />

Regionalleiterin in der <strong>GTZ</strong>-Zentrale in Eschborn. Doch dann<br />

zog es sie zurück nach Lateinamerika. Als aktuelle Leiterin<br />

des <strong>GTZ</strong>-Büros in Kolumbien ist Barbara Hess engagiert wie<br />

eh und je. „Ich arbeite an konkreten Projekten, zusammen<br />

mit den beteiligten Menschen“, so Barbara Hess. „Darum geht<br />

es für mich in diesem Job.“<br />

Anna-Lisa Ann Zug besuchte Barbara Hess in Bogotá.<br />

Barbara Hess und Anna-Lisa Zug im <strong>GTZ</strong>-Büro in Bogotá.<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

FOTOS: <strong>GTZ</strong>, ISTOCKPHOTO


ZUR PERSON<br />

Marie-Luise Haberberger<br />

arbeitet seit 1981 für<br />

die <strong>GTZ</strong>. Zurzeit ist<br />

die gelernte Betriebswirtin<br />

Leiterin des<br />

Programms Ländliche<br />

Finanzinstitutionen<br />

in Indien.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

FÜNF FRAGEN – ZWEI GESICHTER<br />

Für was lohnt es sich, sich einzusetzen?<br />

Marie-Luise Haberberger: Für die Gerechtigkeit<br />

und die Wahrheit – hohe Selbstmotivation<br />

und Mut gehören natürlich dazu.<br />

Was treibt Sie an?<br />

Immer wieder Neues zu ergründen und auszuprobieren<br />

in Zusammenarbeit mit Kollegen,<br />

Kolleginnen und Partnern. Erfolg spielt dabei<br />

auch eine Rolle.<br />

Galo Nina: Für Gerechtigkeit, Chancengleichheit<br />

und die gewaltfreie Austragung von Konflikten.<br />

Die Möglichkeit, ständig Neues zu erlernen<br />

sowie ein Stück dazu beizutragen, mein Umfeld<br />

gerechter zu gestalten.<br />

Welche Kompetenz ist für Ihre Arbeit besonders wichtig?<br />

Die Fähigkeit, Partner und Kunden zu verste- Es gibt mehrere, aber zu den wichtigsten gehen,<br />

mit ihnen gemeinsam Ideen und Vorgehören Anpassungsvermögen und Flexibilität.<br />

hensweisen zu entwickeln und umzusetzen. Diese Fähigkeiten sind unabdingbar, um unter<br />

ständig wechselnden Situationen immer<br />

den geeignetsten Weg zu finden.<br />

Was ist für Sie die größte Herausforderung?<br />

Komplizierte und komplexe Zusammenhänge<br />

zu erkennen, um dann daraus verständliche<br />

Lösungen und Wege aufzuzeigen. Ich lege viel<br />

Wert auf Klarheit und Einfachheit.<br />

Mein erstes Zusammentreffen 1985 mit<br />

Muhammad Yunus in Bangladesch hat mich<br />

überzeugt und bestärkt, dass Finanzdienstleistungen<br />

für die Armen und die Ärmsten<br />

eine Grundlage für Veränderung sind.<br />

Geduld zu haben: In diesem Job werden<br />

langfristige Prozesse vorangetrieben, deren<br />

positive – manchmal leider auch negative -<br />

Auswirkungen nicht sofort sichtbar sind.<br />

Welches Erlebnis hat Sie im Rahmen Ihrer Arbeit besonders beeindruckt?<br />

Der Besuch indigener ländlicher Gemeinden,<br />

wo ich die Kreativität, Lebensfreude, Solidarität<br />

und Lernbereitschaft der Menschen erleben<br />

konnte, die trotz schwieriger Bedingungen<br />

für bessere Umstände kämpfen.<br />

> ZUR PERSON<br />

Galo Nina ist als<br />

Fachassistent der Büroleitung<br />

und Öffentlichkeitsarbeitskoordinator<br />

für die <strong>GTZ</strong> in Quito tätig.<br />

Der ecuadorianische<br />

Politologe kam 2006 ins<br />

Unternehmen.<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong> 41


42<br />

ERKLÄRT<br />

WISSEN, WAS WIRKT<br />

Was bewirkt unsere Arbeit eigentlich konkret? Diese Frage müssen sich Unternehmen wie die<br />

<strong>GTZ</strong> kontinuierlich stellen – und sie schlüssig beantworten. Doch wie lassen sich Wirkungen<br />

messen, bewerten und belastbar nachweisen?<br />

Text Dagmar Puh<br />

Wiegen wird die Sau nicht fett“, lautet<br />

ein altes Sprichwort. Das ist zweifellos<br />

1Vom<br />

richtig. Dennoch lohnt sich der regelmäßige<br />

Blick auf die Waage. Zeigt er doch, ob sich<br />

ein Tier wunschgemäß entwickelt, welches Futter<br />

am besten ist und ob und wann man Neues<br />

ausprobieren muss, damit am Markttag das Gewicht<br />

stimmt. „Bei Evaluierungen geht es um<br />

ganz ähnliche Dinge“, sagt Martina Vahlhaus,<br />

Leiterin der Stabsstelle Evaluierung der <strong>GTZ</strong>.<br />

„Wir möchten wissen, welche Wirkungen unsere<br />

Arbeit tatsächlich hat, wie effizient und nachhaltig<br />

sie ist, damit wir unsere Konzepte und<br />

Strategien weiterentwickeln und Entwicklungsmaßnahmen<br />

steuern können. Mit belastbaren<br />

Zahlen und Daten können wir außerdem glaubwürdig<br />

Rechenschaft über das ablegen, was wir<br />

tun.“<br />

Die Frage, was Entwicklungsmaßnahmen<br />

konkret bewirken und wie sich diese Wirkung<br />

nachweisen lässt, ist in den letzten Jahren zu einer<br />

Leitfrage der Entwicklungs- und internationalen<br />

Zusammenarbeit geworden. Die <strong>GTZ</strong><br />

richtet ihre Arbeit – von der Planung über die<br />

Durchführung bis zum Projektabschluss – konsequent<br />

auf Wirkung aus. Ihren Erfolg misst sie<br />

an Grad und Qualität der Veränderungen, die<br />

„In allen Phasen unserer Arbeit beobachten wir<br />

kontinuierlich, was unser Handeln eigentlich<br />

bewirkt. So entsteht ein enormer Datenpool, aus<br />

dem die Evaluierer schöpfen können.“<br />

im Partnerland, bei den Menschen und Organisationen<br />

dort, durch gemeinsame Projekte oder<br />

Programme entstehen. Dabei geht es sowohl um<br />

direkte Wirkungen – Veränderungen also, die<br />

durch eine Entwicklungsmaßnahme erzielt<br />

wurden und ihr kausal zugeordnet werden<br />

können – als auch um den Beitrag zu übergeordneten<br />

Zielen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit,<br />

beispielsweise den Millenniumsentwicklungszielen.<br />

Internationale Standards gelten<br />

Doch wie lassen sich Entwicklungsmaßnahmen<br />

und ihre Wirkungen eigentlich messen und<br />

bewerten? Damit hat sich das Development<br />

Assistance Committee (DAC), der Entwicklungsausschuss<br />

der Organisation für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

(OECD), seit Anfang der 90er Jahre auseinandergesetzt<br />

und fünf Evaluierungskriterien<br />

entwickelt: Relevanz (wird das Richtige getan?),<br />

Effektivität (werden die direkten Ziele<br />

erreicht?), Effizienz (ist das Handeln wirtschaftlich?<br />

), Impact (wie sieht der Beitrag<br />

zu übergeordneten entwicklungspolitischen<br />

Zielen aus?) und Nachhaltigkeit (sind die<br />

Wirkungen von Dauer?). Außerdem hat das<br />

DAC Glaubwürdigkeit, Nützlichkeit, Partnerorientierung<br />

und das Vorhandensein eines<br />

funktionierenden Evaluierungsprogramms als<br />

wesentliche Evaluierungsprinzipien festgelegt.<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong>


WIE ERFOLGREICH IST DIE <strong>GTZ</strong>?<br />

IM ZEITRAUM 2006/2007 nahmen unabhängige<br />

Gutachter 115 <strong>GTZ</strong>-Vorhaben in allen<br />

Regionen, in denen das Unternehmen<br />

aktiv ist, unter die Lupe. Rund 58<br />

Prozent schnitten mit der Beurteilung<br />

„gut“ oder „sehr gut“ ab. Von den 115 Vorhaben<br />

wurden dabei 55 dezentral und 60 unabhängig<br />

evaluiert (zum Unterschied zwischen<br />

diesen beiden Evaluationsverfahren<br />

siehe Artikel auf dieser Seite).<br />

GESAMTERGEBNIS ALLER 115 VORHABEN<br />

6 (5,2 %)<br />

1 (0,9 %)<br />

QUELLE: <strong>GTZ</strong><br />

Die DAC-Kriterien und -prinzipien, an<br />

deren Erarbeitung das Bundesministerium für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

beteiligt war, sind für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit<br />

verbindlich. Auch<br />

das Evaluierungssystem der <strong>GTZ</strong> entspricht<br />

diesen internationalen Standards. Es ruht auf<br />

zwei Säulen: den dezentralen und den unabhängigen<br />

Evaluierungen.<br />

„Bei dezentralen Evaluierungen betrachtet<br />

die <strong>GTZ</strong> selbstkritisch ihre eigene Arbeit“, erklärt<br />

Martina Vahlhaus. „Dezentrale Evaluierungen<br />

werden vom operativen Bereich, der für<br />

das Vorhaben verantwortlich ist, initiiert und<br />

gesteuert. Dort werden auch der Umfang der<br />

Evaluierung festgelegt und in Abstimmung mit<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

34 (29,6 %)<br />

13 (11,3 %)<br />

61 (53,0 %)<br />

sehr gut<br />

gut<br />

zufriedenstellend<br />

5,2%<br />

nicht zufriedenstellend<br />

eindeutig unzureichend<br />

* DAC = DEVELOPMENT ASSISTANCE COMMITTEE ><br />

21 VORHA HABEN<br />

18,3 %<br />

Lateinamerika,<br />

Karibik<br />

9,6 %<br />

11 1 Ü ÜBERREGIONALE VORHABEN VORHABE<br />

DIE 5 DAC*-KRITERIEN<br />

29,6 %<br />

Afrika<br />

Mit ihrer Orientierung an den Kriterien<br />

des OECD/DAC verfügt die <strong>GTZ</strong> über<br />

ein Evaluierungssystem, das internationalen<br />

Standards entspricht. Den fünf<br />

DAC-Kriterien sind folgende Fragestellungen<br />

zuzuordnen:<br />

34 VORHAB ABEN EN<br />

den Partnern vor Ort die Gutachter ausgewählt.<br />

Die Gutachter, meist eine internationale und<br />

eine lokale Fachkraft, die beide vorher nichts<br />

mit der Maßnahme zu tun hatten, prüfen dann,<br />

wo das Vorhaben steht und in welchen Bereichen<br />

eventuell Optimierungsbedarf besteht.“<br />

Normalerweise finden dezentrale Evaluierungen<br />

gegen Ende einer Projektphase statt, damit<br />

aus den Ergebnissen für die Planung und<br />

Durchführung des nächsten Abschnitts gelernt<br />

werden kann.<br />

Unabhängige Evaluierungen, die zweite<br />

Säule des <strong>GTZ</strong>-Evaluierungssystems, dienen in<br />

erster Linie der Rechenschaftslegung gegenüber<br />

den Auftraggebern und der Öffentlichkeit,<br />

leisten aber auch einen wichtigen Beitrag<br />

REGIONALE GIONALE VERTE VER VERTEILUNG DER VORHABEN<br />

21,7 %<br />

25 VORHA HABEN<br />

Europa, Kaukasus<br />

4,3 % 5 VORHABEN<br />

Mittlerer Osten<br />

16,5 %<br />

Asien<br />

19 VO ORHABEN A<br />

1 Relevanz � Tun wir das Richtige?<br />

2 Effektivität � Erreichen wir die Ziele?<br />

3 Effizienz � Handeln wir wirtschaftlich?<br />

4 Impact � Tragen wir zu übergeordneten<br />

entwicklungspolitischen Wirkungen bei?<br />

5 Nachhaltigkeit � Sind die Wirkungen<br />

von Dauer?<br />

zum Lernen innerhalb des Unternehmens. Verantwortet<br />

und gesteuert werden sie von der<br />

Stabsstelle Evaluierung, die es seit 2006 gibt.<br />

Sie berichtet direkt an die Geschäftsführung<br />

und ist vom operativen Geschäft unabhängig –<br />

auch das entspricht den DAC-Standards. „Wir<br />

beauftragen unabhängige Forschungsinstitute<br />

oder Beratungsfirmen damit, die Arbeit der<br />

<strong>GTZ</strong> zu evaluieren“, skizziert Martina Vahlhaus<br />

eine der Aufgaben ihrer Organisationseinheit.<br />

„Außerdem stellen wir sicher, dass sie<br />

die Evaluierungen methodisch kompetent<br />

durchführen. Besonders wichtig ist beispielsweise,<br />

dass die Gutachter bei ihrer Beurteilung<br />

nicht vom Ziel einer Entwicklungsmaßnahme<br />

ausgehen, sondern sich zuerst anschauen, wel-<br />

43


ERKLÄRT<br />

che Veränderungen in ihrem Umfeld aufgetreten<br />

sind. So kommen auch unbeabsichtigte und<br />

unerwünschte Wirkungen in den Blick. Erst im<br />

zweiten Schritt geht es dann darum festzustellen,<br />

welche Veränderungen direkte oder indirekte<br />

Wirkungen des Vorhabens sind.“ Die Ergebnisse<br />

aller Evaluierungen werden veröffentlicht<br />

und stehen damit Auftraggebern und<br />

Partnern zur Verfügung.<br />

Pro Jahr wurden seit 2006 circa 30 unabhängige<br />

Evaluierungen durchgeführt: zehn<br />

Zwischenevaluierungen laufender Projekte oder<br />

Programme, zehn Schlussevaluierungen wenige<br />

Monate vor oder nach Programmende und zehn<br />

Ex-post-Evaluierungen zwei bis fünf Jahre nach<br />

Beendigung einer Maßnahme. Durch die drei<br />

Evaluierungstypen gewinnt die <strong>GTZ</strong> unter-<br />

BEISPIELE<br />

WENIGER MÜLL IN MAPUTO<br />

Anfang 2002 beauftragte das BMZ die <strong>GTZ</strong> damit, die Stadtverwaltung von Maputo bei der<br />

Abfallentsorgung zu unterstützen. Das war bitter nötig, denn in den Straßen der mosambikanischen<br />

Hauptstadt türmten sich die Müllberge. Sieben Jahre später sind die Wirkungen<br />

des Projektes, in dessen Rahmen unter anderem eine nach Einkommen gestaffelte<br />

Abfallgebühr eingeführt wurde, nicht nur im nun aufgeräumten Straßenbild augenfällig.<br />

Sie lassen sich auch mit Zahlen belegen: Waren 2002 nur 35.000 Haushalte an die Müllsammlung<br />

angeschlossen, sind es heute 450.000. 70 Prozent der Entsorgungskosten werden<br />

über die Müllgebühr gedeckt – im Vergleich zu 0 Prozent 2002. Nicht zuletzt sind<br />

neue Arbeitsplätze entstanden: 250 Menschen arbeiten nun in den Bereichen Müllsammlung<br />

und Recycling.<br />

GESUNDE SCHULKINDER AUF DEN PHILIPPINEN<br />

schiedliche Erkenntnisse über die tatsächlichen<br />

und längerfristigen Wirkungen ihrer Arbeit.<br />

Auf Basis der Schlussevaluierung lässt sich beurteilen,<br />

inwieweit ein Projekt seine Ziele erreicht<br />

hat. Ex-post-Evaluierungen geben insbesondere<br />

Aufschluss über die übergeordneten,<br />

entwicklungspolitischen Wirkungen und über<br />

die Nachhaltigkeit, das heißt darüber, ob die<br />

Wirkungen von Dauer sind.<br />

Thematische Schwerpunkte setzen<br />

Die Auswahl der Projekte, die die Gutachter genauer<br />

unter die Lupe nehmen, erfolgt stichprobenartig.<br />

„Wir ermitteln jedes Jahr zwei thematische<br />

Schwerpunkte, in denen dann die unabhängigen<br />

Evaluierungen stattfinden“, erläutert<br />

Jedes Jahr sterben 82.000 philippinische Schulkinder an vermeidbaren Krankheiten wie<br />

Durchfall- oder Atemwegserkrankungen. Im Auftrag des BMZ unterstützt die <strong>GTZ</strong> das philippinische<br />

Bildungsministerium dabei, ein nationales Vorsorgeprogramm in Schulen zu<br />

etablieren. Im Zuge des Projekts wurden seit 2008 rund 3.850 Schulen mit besseren sanitären<br />

Anlagen ausgestattet. Regelmäßiges Händewaschen und Zähneputzen unter Anleitung<br />

eines Lehrers ist für eine Million Kinder nun Teil des Schulalltags. Außerdem finden<br />

zweimal pro Jahr Entwurmungskuren statt. Schon nach kurzer Zeit zeigten die Maßnahmen<br />

positive Auswirkungen. Gegenwärtig setzen 24 Provinzen das Programm mit eigenen<br />

Ressourcen um. Es ist geplant, bis <strong>2010</strong> sechs Millionen Kinder – die Hälfte aller Grundschüler<br />

– mit dem Programm zu erreichen.<br />

Martina Vahlhaus. „<strong>2010</strong> sind das die Schwerpunkte<br />

‚Berufliche Bildung‘ und ‚Friedensentwicklung<br />

und Krisenprävention‘. Durch diese<br />

Konzentration auf zwei Themen können wir die<br />

Ergebnisse aussagekräftiger auswerten, als das<br />

bei einer Zufallsstichprobe aus dem Gesamtportfolio<br />

der <strong>GTZ</strong> möglich wäre.“<br />

Eine zentrale Datenquelle für alle Evaluierungen<br />

ist das wirkungsorientierte Monitoring,<br />

das in der <strong>GTZ</strong> als ein Standard gilt. „In allen<br />

Phasen unserer Arbeit – von der Planung eines<br />

Projekts bis zu seinem Ende – beobachten wir<br />

kontinuierlich, was unser Handeln eigentlich<br />

bewirkt“, sagt Oliver Haas, der bei der <strong>GTZ</strong> für<br />

die Koordination des Qualitätsmanagements<br />

zuständig ist. „So entsteht ein enormer und sehr<br />

aussagekräftiger Datenpool, aus dem die Evaluierer<br />

schöpfen können.“ Ergänzt werden die<br />

Monitoring-Daten sowohl bei den dezentralen<br />

als auch bei den unabhängigen Evaluierungen<br />

mit Hilfe des computergestützten Interviewverfahrens<br />

e-VAL, das die <strong>GTZ</strong> mitentwickelt hat.<br />

Das Besondere daran: Die befragten Personen<br />

antworten nicht auf vorher festgelegte, standardisierte<br />

Fragen, sondern können alle für sie relevanten<br />

Themen zur Sprache bringen und in eigenen<br />

Worten beschreiben, wie sie zum Beispiel<br />

Konzept, Verlauf und Wirkungen einer Entwicklungsmaßnahme<br />

einschätzen.<br />

„Unser Evaluierungssystem wird sich auch<br />

in Zukunft immer weiterentwickeln“, sagt Martina<br />

Vahlhaus. „Schon jetzt funktioniert es auf<br />

einem sehr hohen, internationalen Niveau. Es<br />

liefert wichtige Erkenntnisse nicht nur für die<br />

<strong>GTZ</strong>, sondern auch – ganz im Sinne der ‚Pariser<br />

Erklärung zur Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit‘<br />

– für unsere Partner.“<br />

Das Spitzenniveau wurde dem Unternehmen<br />

übrigens auch im Jahre 2008 von der Universität<br />

Saarbrücken und dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut<br />

bescheinigt, die die Evaluierungssysteme<br />

aller deutschen Vorfeldorganisationen<br />

unter die Lupe nahmen. Ihr Urteil über<br />

das Evaluierungssystem der <strong>GTZ</strong>: „Vorbildlich!“<br />

44 <strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong>


LITERATURTIPPS<br />

LITERATUR AUS ALLER WELT<br />

SÜFFISANT und von<br />

heiterer Melancholie<br />

ist die Geschichte von<br />

Dr. Wakankar, der unbeirrt<br />

versucht, als<br />

Arzt und Bürger eine<br />

Nische zu finden, abseits<br />

von Korruption<br />

und gepanschten Infusionen.<br />

Als ein junger<br />

Familienvater bei einer Demonstration erschossen<br />

wird, eskaliert die Situation. Dr. Wakankar<br />

gerät in die Fänge des Machtapparates<br />

und findet einen überraschenden Ausweg. Ein<br />

wunderbares Buch über schwierige Themen im<br />

heutigen Indien. Cornelia Zetzsche<br />

Uday Prakash. Doktor Wakankar [Indien]<br />

Aus dem Hindi von André Penz.<br />

Draupadi Verlag<br />

www.litprom.de<br />

<strong>GTZ</strong>-PUBLIKATIONEN<br />

Diese aktuellen Publikationen stehen<br />

im Internet kostenlos zum Download<br />

oder Bestellen bereit.<br />

www.gtz.de/publikationen<br />

>> Suchen und bestellen<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

Neue Ideen für mehr<br />

Beschäftigung – Dokumentation<br />

und Auswertung<br />

des Wettbewerbs.<br />

Von Tetyana<br />

Lutsyk. Als Printversion<br />

und PDF-Download<br />

in deutscher Sprache<br />

erhältlich.<br />

GLATZKOPF-LI ist<br />

ein geschäftstüchtiges<br />

Großmaul, sein Bruder<br />

Song Gang ein<br />

nachdenklicher Brillenträger.<br />

Die beiden<br />

gegensätzlichen Brüder<br />

erleben als Kinder<br />

gemeinsam die<br />

Kulturrevolution und<br />

als Erwachsene den unerhörten wirtschaftlichen<br />

Aufschwung Chinas. Ein hochpolitischer<br />

Roman, der im leichten unterhaltsamen Schelmengewand<br />

daherkommt. Selten habe ich bei<br />

einer Lektüre so gelacht, selten so geweint.<br />

Katharina Borchardt<br />

Yu Hua. Brüder [China]<br />

Aus dem Chinesischen von Ulrich Kautz.<br />

S. Fischer Verlag<br />

Getting Sensitive –<br />

Helping civil society<br />

groups gain funding for<br />

gender-sensitive HIV<br />

programmes. Von<br />

Juliette Papy und<br />

Marianthi Vezertzi. In<br />

englischer Sprache<br />

erhältlich.<br />

Steps for Action to promote<br />

gender equality.<br />

Von Jörg-Werner<br />

Haas. Die umfangreiche<br />

Broschüre ist<br />

nur als PDF-Download<br />

und ausschließlich in<br />

englischer Sprache erhältlich.<br />

SERVICE<br />

50 JAHRE nach seinem<br />

Erscheinen führt<br />

uns der Roman in die<br />

koloniale Vergangenheit<br />

Argentiniens im<br />

18. Jahrhundert und<br />

macht uns bekannt mit<br />

einem der wichtigsten<br />

Erneuerer der lateinamerikanischenLiteratur<br />

der Moderne. Ein nüchternes und lakonisches<br />

Buch, das bestechend universell ist und<br />

auch ein halbes Jahrhundert nach der Erstauflage<br />

nichts von seiner Spannung und Aktualität<br />

verloren hat.<br />

Anita Djafari<br />

Antonio di Benedetto. Zama wartet [Argentinien]<br />

Aus dem Spanischen von Maria Bamberg. Nachwort<br />

von Roland Spiller. Manesse Verlag<br />

litprom – Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika hat die Rezensionen für <strong>akzente</strong> bereitgestellt.<br />

Sie sind der Bestenliste „Weltempfänger“ von litprom entnommen.<br />

Umweltbilanz 2008. Diverse<br />

Autoren. Die Umweltbilanz<br />

der Deutschen<br />

Gesellschaft für<br />

Technische Zusammenarbeit<br />

ist in deutscher<br />

und englischer Sprache<br />

als PDF-Download erhältlich.<br />

Yemen Urban Water<br />

Supply and Sanitation<br />

Sector Reform.<br />

Von Barbara Gerhager,<br />

Anwer Sahooly<br />

und Safwan Salam.<br />

Als PDF-Download in<br />

englischer Sprache erhältlich.<br />

45


46<br />

SERVICE<br />

VORSCHAU<br />

<strong>akzente</strong>-Ausgabe 02/<strong>2010</strong><br />

ENTWICKLUNG braucht Vielfalt. Wo Vielfalt herrscht, gibt es Offenheit,<br />

Wahlmöglichkeiten und Wachstumschancen. Menschen entfalten ihre<br />

Kräfte und entwickeln Perspektiven: individuell, kulturell und politisch.<br />

Veränderungen werden möglich. Die <strong>GTZ</strong> fördert gezielt den gesellschaftlichen,<br />

politischen und kulturellen Pluralismus, damit möglichst<br />

viele Menschen die Möglichkeit erhalten, aktiv an der Gestaltung der<br />

Entwicklung ihres persönlichen und gesellschaftlichen Umfelds teilzuhaben.<br />

Die kommende Ausgabe unseres Magazins erscheint mit einem Essay<br />

und weiteren Beiträgen zum Thema „Vielfalt – Impuls für Entwicklung“<br />

im Juni <strong>2010</strong>.<br />

VIELFALT:<br />

DER KULTURFAKTOR<br />

AUF DEN ESCHBORNER FACHTAGEN <strong>2010</strong> beleuchtet die <strong>GTZ</strong> einen<br />

wichtigen Aspekt ihres Jahresthemas „Vielfalt“: den Stellenwert des Faktors<br />

Kultur für die internationale Zusammenarbeit und für die Arbeit<br />

des Unternehmens. Über 400 Experten aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft<br />

und der <strong>GTZ</strong> werden zum Wissens- und Erfahrungsaustausch<br />

in Podiumsdiskussionen und Workshops erwartet.<br />

Kulturelle Besonderheiten der Partnerländer spielen in der Beratungsarbeit<br />

der <strong>GTZ</strong> schon immer eine wichtige Rolle. Alle Beratungsansätze<br />

müssen sensibel gegenüber den gesellschaftlichen und kulturellen<br />

Gegebenheiten sein, denn nur wer bestehende örtliche Lebensauffassungen<br />

und Überzeugungen einbezieht, kann nachhaltige Lösungen entwickeln.<br />

Umgekehrt kann die gezielte Förderung kultureller Vielfalt<br />

wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Entwicklungen begünstigen<br />

und positiv beeinflussen.<br />

Die Eschborner Fachtage bieten Gelegenheit, die Arbeitspraxis in<br />

einzelnen Ländern in Bezug auf die besonderen Herausforderungen<br />

unterschiedlicher Kulturen und kultureller Vielfalt vergleichend zu betrachten.<br />

Die Eschborner Fachtage <strong>2010</strong> finden statt am 22. und 23. Juni <strong>2010</strong>.<br />

www.gtz.de/eschborner-fachtage<br />

KIRCHGESSNER<br />

Der Zugang zu vielen, oft widersprüchlichen Meinungen sorgt dafür, dass<br />

MARKUS<br />

Menschen eigene Positionen entwickeln können. FOTO:<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong>


AUTOREN UND FOTOGRAFEN DIESER AUSGABE<br />

<strong>akzente</strong> 01/<strong>2010</strong><br />

Jörg Böthling<br />

ist freier Fotojournalist. Für<br />

<strong>akzente</strong> dokumentierte er die<br />

Folgen der Gemeindereform in<br />

Mali. www.agenda-fototext.de<br />

Mira Gatermann<br />

arbeitet als Art Direktorin<br />

bei muehlhaus & moers<br />

kommunikation. Sie illustrierte<br />

die akzentuiert-Strecke.<br />

Paul Hahn<br />

ist als freier Fotograf weltweit<br />

tätig. Für dieses Heft porträtierte<br />

er Heike Faller.<br />

www.paulhahn.de<br />

Markus Kirchgessner<br />

ist freier Fotograf und hat<br />

u. a. den neuen Geschäftsführer<br />

Christoph Beier porträtiert.<br />

www.markus-kirchgessner.de<br />

Wolfgang Köhler<br />

ist freier Journalist und<br />

Buchautor mit Schwerpunkt<br />

Wirtschaft und Finanzen.<br />

www.redaktionkoehler.de<br />

Dagmar Puh<br />

ist Redakteurin bei muehlhaus<br />

& moers kommunikation.<br />

Sie erklärte das Evaluierungssystem<br />

der <strong>GTZ</strong>.<br />

Klaus Sieg<br />

reist für seine Reportagen um<br />

die Welt. Für <strong>akzente</strong> sah er<br />

sich in Mali um.<br />

www.agenda-fototext.de<br />

Lars Spilger<br />

ist Mitarbeiter der Unternehmenskommunikation<br />

der <strong>GTZ</strong>. Er<br />

sprach mit Christoph Beier.<br />

Beate Wörner<br />

ist freie Journalistin und<br />

Autorin. Sie arbeitet seit<br />

vielen Jahren im entwicklungspolitischen<br />

Bereich.<br />

Anna-Lisa Zug<br />

ist Mitarbeiterin der <strong>GTZ</strong> in<br />

Kolumbien. Für <strong>akzente</strong> porträtierte<br />

sie Barbara Hess.<br />

IMPRESSUM<br />

AKZENTE<br />

Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für<br />

Technische Zusammenarbeit (<strong>GTZ</strong>) GmbH,<br />

Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5, 65760 Eschborn,<br />

Dorothee Hutter, Leiterin Unternehmenskommunikation<br />

Telefon: +49 61 96 79-0<br />

Telefax: +49 61 96 79-11 15<br />

E-Mail: <strong>akzente</strong>@gtz.de<br />

Internet: www.gtz.de/<strong>akzente</strong><br />

Verantwortlich: Daniele Lovens, Leitung Öffentlichkeitsarbeit<br />

Inhaltliche Konzeption und Redaktion:<br />

Wolfgang Barina (verantwortlich), Daniele Lovens,<br />

Carola Ritzenhoff, Anne Wortberg; Karsten Fiehe,<br />

Dagmar Puh (muehlhaus & moers kommunikation)<br />

Gestalterische Konzeption: Karen Thümler,<br />

Claudia Becker<br />

Lektorat: textschrittmacher, Lübeck<br />

Art Direktion: Mira Gatermann<br />

Produktion: muehlhaus & moers kommunikation,<br />

Köln<br />

Lithografie: purpur, Köln<br />

Druck: Heinrich Fischer Rheinische Druckerei<br />

GmbH, Worms<br />

Papier: Arctic Volume, nach FSC-Standard zertifiziert<br />

Kartenmaterial: <strong>GTZ</strong>/Ira Olaleye<br />

Die kartografische Darstellung dient nur dem informativen<br />

Zweck und beinhaltet keine völkerrechtliche<br />

Anerkennung von Grenzen und Gebieten.<br />

Die <strong>GTZ</strong> übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität,<br />

Korrektheit oder Vollständigkeit des bereitgestellten<br />

Kartenmaterials. Jegliche Haftung für<br />

Schäden, die direkt oder indirekt aus der Benutzung<br />

entstehen, wird ausgeschlossen.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />

immer die Meinung des Herausgebers wieder.<br />

Alle nicht gekennzeichneten Bilder: <strong>GTZ</strong><br />

Erscheinungsweise: dreimal jährlich<br />

Erscheinungsdatum der vorliegenden Ausgabe:<br />

Februar <strong>2010</strong><br />

ISSN: 0945-4497<br />

47


Riskante Börsengeschäfte (im Bild die Tokioter Börse) und faule Kredite<br />

in Milliardenhöhe trieben die Weltwirtschaft in die Rezession. Die Folgen<br />

der Krise werden Industrie- und Entwicklungsländer noch lange spüren.<br />

www.gtz.de

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