5 R Max Liebermann 1847 – Berlin – 1935 „BLICK AUS DEM NUTZGARTEN NACH OSTEN AUF DEN EINGANG ZUM LANDHAUS“. 1919 (?) Öl auf Leinwand. 50,5 x 75,5 cm (19 ⅞ x 29 ¾ in.). Unten links signiert: M Liebermann. Eberle 1919/13. – [3064] Gerahmt. Provenienz: Galerie Paul Cassirer, Berlin / Privatsammlung, Saarland / Privatsammlung, Schweiz Literatur und Abbildung: 22. Kunst-Auktion: Kunstliteratur, Kunstwerke des 15.-20. Jahrhunderts. Stuttgart, Stuttgarter Kunstkabinett Roman Norbert Ketterer, 29.11.–1.12.1955, Kat.-Nr. 1570, Abb. Tf. 40 / Holly Prentiss Richardson: Landscape in the Work of Max Liebermann. Phil. Diss., 3 Bände. Ann Arbor, Brown University, 1991, Bd. II, S. 234, Nr. 666 / <strong>Grisebach</strong>. Das Journal. Zweite Ausgabe 2012, Abb. S. 22/23 € 300.000 – 400.000 $ 389,000 – 518,000 <strong>Grisebach</strong> 11/2012 Ein Spaziergang mit Alfred Lichtwark, dem Direktor der Hamburger Kunsthalle, durch die Bauerngärten der Hamburger Marsch geriet für Max Liebermann zum Schlüsselerlebnis. Der Maler war begeistert von den ländlichen Nutzgärten mit ihrer Verknüpfung von Blumen- und Gemüsegarten. Gerade die enge Verbindung zwischen Haus und Garten empfand Liebermann in ihrer „menschlichen“ Dimension als angenehm. Als Jahre später sein Landhaus am Wannsee fertiggestellt war, plante der auch als Gartenreformer tätige Lichtwark den an der Straße gelegenen Teil des Anwesens. Der Landschaftsgarten mit seinen auf Fernsicht angelegten Sichtachsen wurde zugunsten eines architektonischen Gartenideals aufgegeben. Gerade Wege, rechteckige Parterres und klar abgegrenzte Zonen verschiedenster Pflanzengruppen ließen abwechslungsreiche Räume entstehen. Mit wahrer Entdeckerfreude fand Liebermann hier immer wieder neue Blicke und Perspektiven, die er in Zeichnungen, Pastellen und Gemälden festhielt. Auf unserem Bild wird der Blick über den Hauptweg vom Nutzgarten zum Eingang des Hauses gelenkt. Die berühmte Lindenhochhecke spendet dem Obergeschoß Schatten, verstellt aber nicht den Blick in den Garten vom Erdgeschoß aus. Sie bildet einen zusätzlichen Rahmen, so daß die noble Fassade zurücktritt. Das grüne Blätterdach der Linden erzeugt eine besonders intime Stimmung. Im Staudenbeet steht neben einer Stockrose vor allem der Rittersporn, eine erklärte Lieblingsblume Liebermanns, in voller Blüte. Der Maler bemerkte gegenüber Karl Foerster, nachdem er in dessen Gärtnerei bei Potsdam wohl eine Stunde lang die unterschiedlichen Sorten Rittersporn begutachtet hatte: „Blau im Garten ist das malerisch Interessanteste, und nirgends ist die Hintergrund- und Nachbarschaftsfrage so bedeutsam“ (zit. nach: Ausst.-Kat. Im Garten von Max Liebermann, Berlin <strong>200</strong>4, S.63). Der pastose Farbauftrag verleiht den Blütendolden eine berückende Erscheinung. Helle Lichtreflexe lassen hier die Farben sprühen und vibrieren. Die prachtvolle Schönheit der Blumen vermag Liebermann durch den Kontrast zu den ruhig gefaßten architektonischen Elementen von Haus und Weg noch zu steigern. (OH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012