200 - Ausgewählte Werke - Villa Grisebach
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41 Rolf Szymanski<br />
Leipzig 1928 – lebt in Berlin<br />
„FIGUR IN GROSSER HÖHE I“. 1999<br />
Bronze mit grauschwarzer Patina.<br />
Höhe: 203 cm (79 ⅞ in.).<br />
Auf mittlerer Höhe mit dem Monogramm: Szy.<br />
Eines von 6 Exemplaren. Unten hinten<br />
der Gießerstempel: MARC KREPP BERLIN<br />
WERKSTATT FÜR KUNSTGUSS. [3171]<br />
Provenienz: Privatsammlung, Hessen<br />
€ 50.000 – 70.000<br />
$ 64,800 – 90,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Ein fast ungezügeltes Maß an Freiheit spricht den Betrachter<br />
dieser Skulptur an. Die bewegte Formgebung in Bronze gibt<br />
noch die Merkmale der Ausgangsmaterialien von Gips oder Ton<br />
wieder, die mit der modellierenden Kraft der Hände gestaltet<br />
wurden. Die Ausdrucksebene wird von Bewegungen, von Gesten<br />
des Körpers bestimmt, denen auch unmittelbare Handlungen<br />
zugeordnet sind.<br />
Unsere Figur konzentriert sich auf einen Amboß, der aus dem<br />
zylindrischen Sockel herauszuwachsen scheint. Die kraftvoll<br />
gespannte Körperhaltung, die Wucht und Spontaneität der<br />
Bewegung, läßt den Schmied vor unseren Augen erscheinen,<br />
kurz: den tätigen Menschen. Homo Faber ist ein Motiv, das die<br />
Kunstgeschichte auch in der Bildhauerei kennt: von Constantin<br />
Meuniers Sämann bis zum „Hammering Man“ von Jonathan<br />
Borofski. Sind diese von denkmalähnlicher Statuarik, gleichsam<br />
in Erz gegossene ruhende Standbilder, so ist Szymanskis „Figur<br />
in großer Höhe I“ ein spritziges Elixier von Stärke, Bewegung und<br />
Aufgeregtheit. Wie bei Rilkes Panther wirkt „der Tanz der Kraft<br />
um eine Mitte“, der unseren Blick fesselt und den modernen<br />
Hephaistos so anziehend macht.<br />
Szymanski, 1928 in Leipzig geboren, dort auf der Kunstgewerbeschule,<br />
später auf der Hochschule für Bildende Künste<br />
in Berlin bei Richard Scheibe und Bernhard Heiliger ausgebildet,<br />
hat schon in frühen Arbeiten die Gewalt der Formen, den<br />
vulkanischen Ausdruck zu seinem Kanon gemacht. Stille und<br />
Meditation, Einkehr und Besinnlichkeit sind nicht seine Modi,<br />
vielmehr teilt sich eine leidenschaftliche Haltung mit, die etwas<br />
Mitreißendes hat. Damit bildet die Skulptur auch den Prozeß des<br />
Schaffens sinnvoll ab. Szymanski ist ein stets Suchender, der<br />
auch in der fertigen Arbeit seine Findungen erfahrbar macht. In<br />
diesen Facetten des Themas Mensch spiegelt sich anschaulich<br />
die Ambivalenz der Existenz. (AH)