200 - Ausgewählte Werke - Villa Grisebach
200 - Ausgewählte Werke - Villa Grisebach
200 - Ausgewählte Werke - Villa Grisebach
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Ausgewählte</strong> <strong>Werke</strong> · Berlin, 29. November 2012
Karl Hofer · Los 31 (Ausschnitt)<br />
www.villa-grisebach.de<br />
3
Günther Uecker · Los 51<br />
<strong>Ausgewählte</strong> <strong>Werke</strong><br />
Auktion Nr. <strong>200</strong><br />
Donnerstag, 29. November 2012<br />
17.00 Uhr<br />
Selected Works<br />
Auction No. <strong>200</strong><br />
Thursday, 29 November 2012<br />
5.00 p.m.<br />
5
Anfragen<br />
Enquiries<br />
Anfragen zu Versteigerungsobjekten/Zustandsberichte<br />
Enquiries concerning this auction/condition reports<br />
Dr. Markus Krause +49-30-885 915-29<br />
Traute Meins +49-30-885 915-21<br />
Daniel von Schacky (Contemporary) +49-211-8629 2199<br />
Schriftliche Gebote<br />
Absentee bidding<br />
Laura von Bismarck +49-30-885 915-24<br />
Synje Ziegler +49-30-885 915-4414<br />
Telefonische Gebote<br />
Telephone bidding<br />
Micaela Kapitzky +49-30-885 915-32<br />
Rechnungslegung/Abrechnung<br />
Buyer’s/Seller’s accounts<br />
Friederike Cless +49-30-885 915-50<br />
Katalogbestellung/Abonnements<br />
Catalogue subscription<br />
Friederike Cless +49-30-885 915-50<br />
Versand/Versicherung<br />
Shipping/Insurance<br />
Norbert Stübner +49-30-885 915-30<br />
Ulf Zschommler +49-30-885 915-33<br />
Auktionsergebnisse<br />
Sale results +49-30-885 915-14<br />
6
Vorbesichtigung<br />
Sale Preview<br />
Vorbesichtigung aller <strong>Werke</strong><br />
23. bis 27. November 2012<br />
Viewing of all works<br />
23 to 27 November 2012<br />
Berlin<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen GmbH<br />
Fasanenstr. 25 und 73 · D-10719 Berlin<br />
Telefon +49-30-885 915-0, Fax: 882 41 45<br />
Freitag bis Montag 10 – 18.30 Uhr<br />
Dienstag 10 – 17 Uhr<br />
Sondervorbesichtigung<br />
Special Preview<br />
Benefit Auction for the<br />
Max Beckmann Distinguished Visitorship<br />
of the American Academy in Berlin<br />
Düsseldorf<br />
19. und 20. November 2012<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen<br />
Bilker Str. 4-6 · D-40213 Düsseldorf<br />
Montag und Dienstag 10 - 18 Uhr<br />
Daniel von Schacky<br />
Telefon +49-211-86 29 21 99<br />
Alle Kataloge im Internet unter<br />
www.villa-grisebach.de<br />
<strong>Ausgewählte</strong> <strong>Werke</strong><br />
Selected works<br />
München<br />
24. Oktober 2012<br />
Galerie Thomas<br />
Maximilianstr. 25 · D-80539 München<br />
Mittwoch 10 - 18 Uhr<br />
Dorothée Gutzeit<br />
Telefon +49-89-22 7632/33<br />
Dortmund<br />
25. bis 27. Oktober 2012<br />
Galerie Utermann<br />
Silberstr. 22 · D-44137 Dortmund<br />
Donnerstag und Freitag 10 - 18 Uhr<br />
Samstag 10 - 16 Uhr<br />
Wilfried Utermann<br />
Telefon +49-231-4764 3757<br />
Hamburg<br />
7. November 2012<br />
Galerie Commeter<br />
Bergstr. 11 · D-<strong>200</strong>95 Hamburg<br />
Mittwoch 10 - 18 Uhr<br />
Stefanie Busold<br />
Telefon +49-172-540 9073<br />
Düsseldorf<br />
10. und 11. November 2012<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen<br />
Bilker Str. 4-6 · D-40213 Düsseldorf<br />
Samstag und Sonntag 10 - 18 Uhr<br />
Daniel von Schacky<br />
Telefon +49-211-86 29 21 99<br />
Zürich<br />
13. bis 15. November 2012<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen AG<br />
Bahnhofstr. 14 · CH-8001 Zürich<br />
Dienstag 10 - 17 Uhr<br />
Mittwoch und Donnerstag 10 - 18 Uhr<br />
Verena Hartmann<br />
Telefon +41-44-212 8888<br />
Korr 7
Information für Bieter<br />
Information for Bidders<br />
Die Verteilung der Bieternummern erfolgt eine Stunde vor<br />
Beginn der Auktion. Wir bitten um rechtzeitige Registrierung.<br />
Nur unter dieser Nummer abgegebene Gebote werden auf der<br />
Auktion berücksichtigt. Von Bietern, die der <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong><br />
noch unbekannt sind, benötigt die <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> spätestens<br />
24 Stunden vor Beginn der Auktion eine schriftliche Anmeldung<br />
nebst einer beiliegenden aktuellen Bankreferenz.<br />
Sie haben die Möglichkeit, schriftliche Gebote an den<br />
Versteigerer zu richten. Ein entsprechendes Auftragsformular<br />
liegt dem Katalog bei. Wir bitten, schriftliche Gebote, ebenso<br />
wie Anmeldungen für telefonisches Bieten, spätestens bis<br />
zum 28. November 2012, 17.00 Uhr einzureichen.<br />
Die englische Übersetzung des Kataloges finden Sie unter<br />
www.villa-grisebach.de.<br />
Bidder numbers are available for collection one hour before<br />
the auction. Please register in advance.<br />
Only bids using this number will be included in the Auction.<br />
Bidders so far unknown to <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> have to submit a<br />
written application no later than 24 hours before the Auction,<br />
as well as a recent bank reference.<br />
We are pleased to accept written absentee bids on the<br />
enclosed bidding form. All written bids, as well as written<br />
requests to bid by telephone, must be registered no later<br />
than 5 p.m. on 28 November 2012.<br />
The English translation of the catalogue can be found at<br />
www.villa-grisebach.de<br />
8<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen ist Partner von Art Loss Register.<br />
Sämtliche Gegenstände in diesem Katalog, sofern sie<br />
eindeutig identifizierbar sind und einen Schätzwert von<br />
mind. EUR 2.500,– haben, wurden vor der Versteigerung mit<br />
dem Datenbankbestand des Registers individuell abgeglichen.<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> is a partner of the Art Loss Register.<br />
All objects in this catalogue which are uniquely identifiable<br />
and have an estimate of at least 2.500 Euro have been<br />
checked individually against the register’s database prior<br />
to the auction.<br />
Hiroshi Sugimoto · Los 62 (Ausschnitt)
1 Otto Modersohn<br />
Soest 1865 – 1943 Rotenburg<br />
„HERBST IM MOOR“. (Vor) 1921<br />
Öl auf Leinwand. 86 x 131,5 cm<br />
(33 ⅞ x 51 ¾ in.).<br />
Unten rechts signiert: O. Modersohn.<br />
Eigenhändige Wiederholung des gleichnamigen<br />
Gemäldes von 1895 in der Kunsthalle Bremen.<br />
Rückseitig eine verworfene Landschaft.<br />
[3172] Gerahmt.<br />
Provenienz: Kunsthandlung Walter Westfeld,<br />
Elberfeld (1921 vom Künstler erworben) /<br />
Privatsammlung, Hessen<br />
€ 30.000 – 40.000<br />
$ 38,900 – 51,800<br />
Wir danken Rainer Noeres, Otto Modersohn<br />
Museum, Fischerhude, für die Bestätigung<br />
der Authentizität des Gemäldes. Außerdem<br />
danken wir Dr. Monika Tatzkow, Berlin,<br />
für freundliche Hinweise zur Provenienz.<br />
„Oder man geht über die Heide hin, die sich bunt und brach<br />
stundenweit auszudehnen scheint, von gebückten Bäumen<br />
unterbrochen, deren Dasein in einsamer Vergessenheit vergeht.“<br />
(Rainer Maria Rilke: Worpswede. Monographie einer Landschaft<br />
und ihrer Maler, Bremen, Schünemann Verlag, 1977, S. 53)<br />
Wie in Rilkes Worten beschrieben, erscheint die herbstliche<br />
Heidelandschaft in unserem Gemälde. 1898 hatte er in Worpswede<br />
am Rande des Teufelsmoores gemeinsam mit Hans am Ende<br />
und Fritz Mackensen eine Künstlerkolonie gegründet. In bewußtem<br />
Gegensatz zur Tradition der akademischen Malerei machten sich<br />
die Künstler auf die Suche nach dem Erlebnis des „Ursprünglichen“,<br />
des einfachen Lebens im Einklang mit der Natur. Durch expressive<br />
Farbsteigerung sowie breiten und kräftigen Farbauftrag gelang es<br />
Modersohn, diese Naturerfahrung in sein Werk zu übertragen.<br />
1895 entstand „Herbst im Moor“, das für die Kunsthalle Bremen<br />
erworben wurde und bis heute im Worpswedesaal des Museums<br />
zu besichtigen ist. Unser Bild stellt eine Variation dar, die Modersohn<br />
vermutlich 1921 malte. Er hatte zu dieser Zeit bereits die<br />
Künstlervereinigung verlassen und war nach Fischerhude umgesiedelt.<br />
Die Wiedergabe von Stimmungen war nun zu Modersohns<br />
Hauptanliegen geworden. Das gleißende Licht der Abendsonne<br />
hüllt Landschaft und Bäuerin in gedecktes Rot und Orange, das<br />
kontrastiert wird von dem transzendent leuchtenden Blau von<br />
Wasser und Himmel sowie vom hellen Violett der Wolken. (NB)<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
2 Franz Nölken<br />
Hamburg 1884 – 1918 bei La Capelle (Westfront)<br />
„SITZENDER AKT BEIM ANKLEIDEN“. 1908<br />
Öl auf Leinwand. Doubliert. 78 x 78 cm<br />
(30 ¾ x 30 ¾ in.). Oben links signiert: Nölken.<br />
Nicht bei Meyer / Hans Suppl. 598. –<br />
Retuschen. [3194] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Norddeutschland<br />
Ausstellung: Franz Nölken, 1884–1918.<br />
Ein Künstler der „Brücke“. Berlin, Brücke-<br />
Museum, 1987, ganzseitige Farbabbildung<br />
Tf. 7 / Franz Nölken, 1884–1918. Hamburg,<br />
Ernst Barlach Haus, Stiftung Hermann F.<br />
Reemtsma, 1990/91 / Nolde im Dialog<br />
1905–1913. Karlsruhe, Städtische Galerie,<br />
<strong>200</strong>2/03, Kat.-Nr. 60, mit ganzs. Farbabb.<br />
€ 40.000 – 60.000<br />
$ 51,800 – 77,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Franz Nölken zählt zu den Malern, die in kurzer Zeit ein so vielfältiges<br />
Werk hinterlassen haben, daß es schwer fällt, sie einer<br />
kunstgeschichtlichen Kategorie zuzuordnen. 1884 und damit<br />
im selben Jahr wie Karl Schmidt-Rottluff in Hamburg geboren,<br />
begann Nölken als Realist Uhde’scher Prägung. Doch schon bald<br />
darauf sollte er den aktuellen internationalen Stil-Bewegungen<br />
seiner Zeit folgen. Obwohl Franz Nölken auf Anregung Schmidt-<br />
Rottluffs von 1908 bis 1912 Mitglied der Künstlervereinigung<br />
„Brücke“ war, lag der Mittelpunkt seines künstlerischen Interesses<br />
eindeutig in Paris. 1907 reiste er zum ersten Mal dorthin<br />
und schloß sich dem Künstlerkreis um das Café du Dôme an, zu<br />
dem unter anderen auch Amedeo Modigliani, Pablo Picasso und<br />
Wassily Kandinsky gehörten. Zwei Jahre später kam es zu einem<br />
zweiten längeren Aufenthalt, während dessen Nölken an der<br />
Académie Matisse eingeschrieben war.<br />
Den „Sitzenden Akt beim Ankleiden“ malte der Künstler<br />
zwischen diesen beiden Paris-Reisen. Später werden sich<br />
auch noch kubistische Elemente in seinem Schaffen finden,<br />
doch sein „Sitzender Akt“ ist Fauvismus reinsten Wassers.<br />
Nölken löst die Umrißlinien seines Motivs fast vollständig auf<br />
und brennt ein regelrechtes Feuerwerk der Farben ab. Während<br />
man das Inkarnat noch mit etwas Mühe als nackte Haut deuten<br />
kann, ist die Sitzende umgeben von gelben, grünen, roten, orange-<br />
farbenen und blauen Farbzonen ungewissen Ursprungs. Sicher<br />
ist es ein Bett, auf dem die junge Frau sitzt. Und auf diesem Bett<br />
mag womöglich eine stark farbige Decke gelegen haben. Doch<br />
Nölken ging es offenbar mehr um die Möglichkeit der Farben als<br />
um die Wirklichkeit der Decke: Die Abstraktion, um die ein Maler<br />
wie Wassily Kandinsky zu diesem Zeitpunkt noch heftig rang, ist<br />
hier zum Greifen nahe. (UC)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
3 R Lovis Corinth<br />
Tapiau/Ostpreußen 1858 – 1925 Zandvoort<br />
„HERBST“ (WALCHENSEE). 1921<br />
Aquarell auf leichtem Karton. 35,6 x 50,8 cm<br />
(14 x 20 in.). Unten rechts signiert und datiert:<br />
LOVIS CORINTH 1921. Rückseitig das vom<br />
Künstler mit Feder in Braun mit seiner<br />
Adresse bezeichnete und betitelte Etikett<br />
der Ausstellung Chicago 1922 (s.u.).<br />
[3098]<br />
Provenienz: Privatsammlung, USA<br />
Ausstellung: Second International Exhibition<br />
of Water Color Paintings. Chicago, The Art<br />
Institute of Chicago, 1922, Kat.-Nr. 297<br />
(„Autumn“)<br />
Literatur und Abbildung: Martin Walser:<br />
Herbstdrama am Walchensee. In: <strong>Grisebach</strong>.<br />
Das Journal. Zweite Ausgabe 2012, S. 46-47<br />
€ 80.000 – 120.000<br />
$ 103,600 – 155,000<br />
Wir danken Prof. Dr. Thomas Deecke,<br />
Berlin, für die freundliche Bestätigung<br />
der Authentizität des Aquarells.<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Im Jahr 1919 ließ Corinth für sich und seine Familie ein Haus<br />
oberhalb der Ortschaft Urfeld am Walchensee erbauen.<br />
Die Aussicht von der Terrasse des hoch am Hang gelegenen<br />
Anwesens war grandios: Dicht bewaldete Berghänge steigen<br />
von den Ufern des in der Tiefe liegenden Sees empor. Doch<br />
nicht nur die elementare Kraft der Natur mit ihren dramatischen<br />
Ausblicken faszinierte den Maler, auch die schnellen Wetterwechsel<br />
mit all ihren atmosphärischen Erscheinungen hielt der<br />
Künstler immer wieder fest. Und nicht zuletzt inspirierten Corinth<br />
die alten Mythen und düsteren Sagen, die sich um den Walchensee<br />
ranken.<br />
Corinth wendet sich in seinen letzten Lebensjahren verstärkt<br />
der Landschaft zu. Seine Arbeiten sind mehr denn je geprägt von<br />
einem leidenschaftlichen Ringen um Form und Farbe. Vor allem<br />
in den Aquarellen berührt seine Kunst die Grenze des Gegenständlichen.<br />
Sein Temperament und eine große Risikofreude<br />
machen Corinths späte Aquarelle zu Meisterwerken, in denen der<br />
Künstler existenzielle Fragen berührt. Bei den Walchenseebildern<br />
steht deshalb nicht das Abbild der Natur im Fokus. Die Bilder<br />
spiegeln vielmehr Corinths tiefe Gefühle, die ein Natureindruck<br />
in ihm auslöst.<br />
Durch eine Lücke zwischen zwei Bäumen blicken wir an einem<br />
lichtvollen Tag über den See auf das gegenüberliegende Ufer<br />
und die Berge. Gefangengenommen wird der Betrachter vom<br />
glühenden Rot eines Baumes im Vordergrund. Während die<br />
Motive der rechten Bildhälfte mit breiten und ruhigen Pinselzügen<br />
ausgebreitet sind, spürt man links die Erregung, die den Maler<br />
vor der Naturschönheit erfaßte. In flammendem Rot, kraftvoll<br />
und energisch auf das Papier gebracht, leuchten die Blätter<br />
am Baum. Es berührt, mit welcher Lust Corinth daranging, die<br />
Farbenpracht des Herbstes in seinem Aquarell festzuhalten. (OH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
4 Max Liebermann<br />
1847 – Berlin – 1935<br />
„SELBSTBILDNIS IM ANZUG,<br />
BÜSTE EN FACE“. 1922<br />
Öl auf Leinwand. 53 x 39 cm (20 ⅞ x 15 ⅜ in.).<br />
Oben rechts signiert: M Liebermann.<br />
Eberle 1922/8. –<br />
[3125]<br />
Provenienz: Ehemals Margarete Mauthner,<br />
Berlin/Südafrika / Privatsammlung, Berlin<br />
Ausstellung: Max Liebermann. Hamburg,<br />
Kunstverein, 1926, Kat.-Nr. 45 / Max<br />
Liebermann. Hundert <strong>Werke</strong> des Künstlers<br />
zu seinem 80. Geburtstage. Berlin, Preußische<br />
Akademie der Künste, 1927, Kat.-Nr. 86<br />
Literatur und Abbildung: Erich Hancke: Max<br />
Liebermann, Sein Leben und seine <strong>Werke</strong>.<br />
Berlin, Bruno Cassirer, 2. Auflage 1923, S. 524 /<br />
Max J. Friedländer: Max Liebermann. Berlin,<br />
Propyläen Verlag, o. J. (1924), Abb. 87 / Hans<br />
Ostwald: Das Liebermann-Buch. Berlin, Paul<br />
Franke Verlag, 1930, ganzseitige Abb. 145 /<br />
Karl Scheffler: Max Liebermann. Wiesbaden,<br />
Insel Verlag, 1953, Abb. 63 / Bernd Küster:<br />
Max Liebermann, Ein Maler-Leben. Hamburg,<br />
Ellert & Richter Verlag, 1988, Abb. S. 193 /<br />
Hermann Kunisch: Max Liebermanns Selbstbildnisse.<br />
In: Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz<br />
1987, Jg. XXIV, S. 333 – 372, hier S. 357 /<br />
<strong>Grisebach</strong>. Das Journal. Zweite Ausgabe 2012,<br />
Abb. S. 25<br />
€ 70.000 – 90.000<br />
$ 90,700 – 116,600<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
An entscheidenden Zeitpunkten seines Lebens ist für Max<br />
Liebermann das Selbstportrait Bestandsaufnahme seiner Person.<br />
Zwischen dem ersten dieser <strong>Werke</strong> (1873) und dem nächst-<br />
folgenden (1908) liegen mehr als drei Jahrzehnte. 1922, als<br />
unser Selbstbildnis entstand, war Liebermann als Künstler<br />
arriviert. Er war Präsident der Akademie und eine respektierte<br />
Autorität in der Kunstszene. Für ihn selbst war die kritische<br />
Überprüfung seiner Person weiterhin von Interesse. Wie in den<br />
Portraits seiner Zeitgenossen – Liebermann ist ein begehrter<br />
Bildnismaler gewesen – spürte er den Geheimnissen zwischen<br />
dem äußeren Erscheinungsbild und der inneren Verfassung<br />
auch bei sich selbst nach.<br />
Das Brustbild konzentriert sich auf die Gesichtszüge. Wie es<br />
für Liebermann die Regel ist, zeigt sich der Künstler auch bei<br />
der Arbeit im Habit eines großstädtischen Bürgers mit Weste,<br />
weißem Hemd und Krawatte. Die Palette ist von Brauntönen<br />
bestimmt, wenige weiße Akzente und die Inkarnatfarben verdeutlichen<br />
die reiche Malkunst Liebermanns. In der Nahsicht<br />
auf den eindrucksvollen Kopf ist jedem Quadratzentimeter der<br />
Komposition intensive Modellierung abzulesen, um zu gestalten,<br />
was wichtig war. Der konzentrierte Blick richtet sich auch auf<br />
die Innenwelt, nicht allein auf die bloße Physiognomie.<br />
Unter den zahlreichen Selbstportraits hebt der Liebermann-<br />
Biograph Erich Hancke gerade unser „Selbstbildnis im Anzug”<br />
hervor. Es sei, so schreibt er im Jahre 1923, „das eindringlichste,<br />
von einer Tiefe des Ausdrucks, der an die höchsten Vorbilder<br />
erinnert, und jugendlicher Kraft in der pastosen silbern getönten<br />
Malerei.“ (Erich Hancke: Max Liebermann. Sein Leben und seine<br />
<strong>Werke</strong>, Berlin, Bruno Cassirer, 2. Auflage 1923, S. 524) (EO)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
5 R Max Liebermann<br />
1847 – Berlin – 1935<br />
„BLICK AUS DEM NUTZGARTEN<br />
NACH OSTEN AUF DEN EINGANG<br />
ZUM LANDHAUS“. 1919 (?)<br />
Öl auf Leinwand.<br />
50,5 x 75,5 cm (19 ⅞ x 29 ¾ in.).<br />
Unten links signiert: M Liebermann.<br />
Eberle 1919/13. –<br />
[3064] Gerahmt.<br />
Provenienz: Galerie Paul Cassirer, Berlin /<br />
Privatsammlung, Saarland / Privatsammlung,<br />
Schweiz<br />
Literatur und Abbildung: 22. Kunst-Auktion:<br />
Kunstliteratur, Kunstwerke des 15.-20. Jahrhunderts.<br />
Stuttgart, Stuttgarter Kunstkabinett<br />
Roman Norbert Ketterer, 29.11.–1.12.1955,<br />
Kat.-Nr. 1570, Abb. Tf. 40 / Holly Prentiss<br />
Richardson: Landscape in the Work of Max<br />
Liebermann. Phil. Diss., 3 Bände. Ann Arbor,<br />
Brown University, 1991, Bd. II, S. 234, Nr. 666 /<br />
<strong>Grisebach</strong>. Das Journal. Zweite Ausgabe 2012,<br />
Abb. S. 22/23<br />
€ 300.000 – 400.000<br />
$ 389,000 – 518,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Ein Spaziergang mit Alfred Lichtwark, dem Direktor der<br />
Hamburger Kunsthalle, durch die Bauerngärten der Hamburger<br />
Marsch geriet für Max Liebermann zum Schlüsselerlebnis.<br />
Der Maler war begeistert von den ländlichen Nutzgärten mit<br />
ihrer Verknüpfung von Blumen- und Gemüsegarten. Gerade<br />
die enge Verbindung zwischen Haus und Garten empfand<br />
Liebermann in ihrer „menschlichen“ Dimension als angenehm.<br />
Als Jahre später sein Landhaus am Wannsee fertiggestellt war,<br />
plante der auch als Gartenreformer tätige Lichtwark den an<br />
der Straße gelegenen Teil des Anwesens. Der Landschaftsgarten<br />
mit seinen auf Fernsicht angelegten Sichtachsen wurde<br />
zugunsten eines architektonischen Gartenideals aufgegeben.<br />
Gerade Wege, rechteckige Parterres und klar abgegrenzte Zonen<br />
verschiedenster Pflanzengruppen ließen abwechslungsreiche<br />
Räume entstehen. Mit wahrer Entdeckerfreude fand Liebermann<br />
hier immer wieder neue Blicke und Perspektiven, die er in Zeichnungen,<br />
Pastellen und Gemälden festhielt.<br />
Auf unserem Bild wird der Blick über den Hauptweg vom Nutzgarten<br />
zum Eingang des Hauses gelenkt. Die berühmte Lindenhochhecke<br />
spendet dem Obergeschoß Schatten, verstellt aber<br />
nicht den Blick in den Garten vom Erdgeschoß aus. Sie bildet<br />
einen zusätzlichen Rahmen, so daß die noble Fassade zurücktritt.<br />
Das grüne Blätterdach der Linden erzeugt eine besonders intime<br />
Stimmung. Im Staudenbeet steht neben einer Stockrose vor<br />
allem der Rittersporn, eine erklärte Lieblingsblume Liebermanns,<br />
in voller Blüte. Der Maler bemerkte gegenüber Karl Foerster,<br />
nachdem er in dessen Gärtnerei bei Potsdam wohl eine Stunde<br />
lang die unterschiedlichen Sorten Rittersporn begutachtet hatte:<br />
„Blau im Garten ist das malerisch Interessanteste, und nirgends<br />
ist die Hintergrund- und Nachbarschaftsfrage so bedeutsam“<br />
(zit. nach: Ausst.-Kat. Im Garten von Max Liebermann, Berlin<br />
<strong>200</strong>4, S.63). Der pastose Farbauftrag verleiht den Blütendolden<br />
eine berückende Erscheinung. Helle Lichtreflexe lassen hier die<br />
Farben sprühen und vibrieren. Die prachtvolle Schönheit der<br />
Blumen vermag Liebermann durch den Kontrast zu den ruhig<br />
gefaßten architektonischen Elementen von Haus und Weg noch<br />
zu steigern. (OH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
6 Lovis Corinth<br />
Tapiau/Ostpreußen 1858 – 1925 Zandvoort<br />
„PARAPHRASE“ (CHARLOTTE CORINTH). 1907<br />
Öl auf Leinwand. 87,5 x 63,5 cm (34 ½ x 25 in.).<br />
Oben links signiert: LOVIS CORINTH.<br />
Berend-Corinth/Hernad 342. –<br />
[3437] Gerahmt.<br />
Provenienz: Dr. Oskar Pinner, Frankfurt a.M.<br />
(1926) / Privatsammlung, Spanien / Kunsthaus<br />
Bühler, Stuttgart / Privatsammlung, Berlin<br />
Ausstellung: Lovis Corinth, Ausstellung von<br />
Gemälden und Aquarellen zu seinem Gedächtnis.<br />
Berlin, Nationalgalerie, 1926, Kat.-Nr. 136<br />
(„Frau Charlotte Corinth“) / Lovis Corinth,<br />
Gedächtnis-Ausstellung. Gemälde, Aquarelle,<br />
Zeichnungen, Graphik. Dresden, Sächsischer<br />
Kunstverein, 1927, Kat.-Nr. 48 / Lovis Corinth.<br />
Stuttgart, Kunsthaus Bühler, 1983 / Orangerie<br />
’83. Berlin, Deutscher Kunsthandel im Schloß<br />
Charlottenburg, 1983, Kat.-Nr. 21/3, ganzs.<br />
Farbabb. S. 215 / Lovis Corinth, 1858-1925.<br />
Essen, Museum Folkwang, und München,<br />
Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, 1985/86,<br />
ganzs. Farbabb. 40 / Künstler in Deutschland<br />
1900-1945. Individualismus und Tradition.<br />
Stuttgart, Württembergischer Kunstverein, 1986,<br />
S. 346, ganzs. Farbabb. S. 68 / Lovis Corinth.<br />
München, Haus der Kunst; Berlin, Nationalgalerie,<br />
Staatliche Museen zu Berlin; Saint Louis, The<br />
Saint Louis Art Museum, und London, Tate<br />
Gallery, 1996/97, Kat.-Nr. 67, mit ganzs. Farbabb.<br />
Literatur und Abbildung: Rudolf Klein: Louis<br />
Corinth. Leipzig, E. Hedrich Nachf., o.J. (ca. 1908)<br />
(= International Art. A Review of the Art of All<br />
Countries, Nr. 3), m. Abb. (betitelt „Madame v.<br />
W.“) / Robert Bertrand: Lovis Corinth. Paris,<br />
Braun & Cie., 1940 (= Collection des Maîtres),<br />
Nr. 25 / Lovis Corinth. Bildnisse der Frau des<br />
Künstlers. Einführung von Carl Georg Heise.<br />
Erinnerungen an die Entstehung der Bilder von<br />
Charlotte Berend-Corinth. Stuttgart, Reclam, 1958<br />
(= Werkmonographien zur bildenden Kunst in<br />
Reclams Universal-Bibliothek, Bd. 26), Abb. 7 /<br />
Harald Behm: Lovis Corinth (Stuttgart, Kunsthaus<br />
Bühler). In: Weltkunst, Jg. 53, 1983, S. 2013 /<br />
Ausstellungskatalog: Lovis Corinth. Wien, Kunstforum<br />
der Bank Austria, und Hannover, Forum des<br />
Landesmuseums, 1992/93, S. 49, Abb. 16 (nicht<br />
ausgestellt, Bildlegende vertauscht mit Abb. 15)<br />
€ 400.000 – 600.000<br />
$ 518,000 – 777,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Lovis Corinth zählt zu den bedeutendsten Künstlern des<br />
deutschen Impressionismus – und an diesem Bildnis<br />
seiner Frau Charlotte kann man gut nachvollziehen,<br />
warum. Corinth, dem malerische Mittel zur Verfügung<br />
standen wie kaum einem Zweiten, entfacht hier einen<br />
regelrechten Sturm rasch dahingeworfener Farbkleckse<br />
und Pinselspuren, der sich – als immerwährendes<br />
Rätsel von Sehsinn und Wahrnehmungspsychologie –<br />
in seiner Summe mirakulös zu Körper, Kleid, transparentem<br />
Tuch und Baum formt. Lediglich das Antlitz hat<br />
Corinth offenbar mit einem kleineren Pinsel, aber<br />
dadurch nicht weniger kraftvoll behandelt.<br />
Der selbstbewußte Blick Charlottes aus dem Bild heraus<br />
zu ihrem Gegenüber ist das Zentrum der Komposition.<br />
Er ist der ruhende Gegenpol zur vibrierenden Virtuosität,<br />
mit der der Künstler seine um 22 Jahre jüngere Ehefrau<br />
portraitierte. Das Gemälde entstand 1907 während eines<br />
gemeinsamen Aufenthalts des Paares am Timmendorfer<br />
Strand. Lovis Corinth und Charlotte Behrend hatten<br />
vier Jahre zuvor geheiratet: Sie war die erste Schülerin,<br />
die sich in der von ihm 1901 gegründeten Malschule<br />
angemeldet hatte. Darzulegen, was er für sie empfunden<br />
haben muß, erübrigt sich fast angesichts der Hingabe,<br />
mit der er sich hier all seiner künstlerischen Fähigkeiten<br />
bedient. Erklärungsbedürftig bleibt nur der Titel des<br />
Bildes: „Paraphrase“. Er stammt vom Theaterkritiker<br />
Alfred Kerr, der Corinth im selben Jahr Modell stand.<br />
Wie Kerr darauf kam, ist nicht schwer zu erraten.<br />
Dieses Bild ist eine Paraphrase in zweifacher Hinsicht:<br />
der Liebe eines Mannes zu einer Frau – und des Glücks,<br />
dieser Liebe mit vollendeter Könnerschaft Ausdruck zu<br />
verleihen. (UC)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
7 Otto Dix<br />
Gera-Untermhaus 1891 – 1969 Singen<br />
„SONNENAUFGANG“. 1913<br />
Öl auf Papier auf Pappe. 50,5 x 66 cm<br />
(19 ⅞ x 26 in.). Unten rechts signiert und datiert:<br />
DIX 1913. Rückseitig oben links mit Bleistift<br />
betitelt: Sonnenaufgang. Darunter mit Bleistift<br />
(quer) die EK-Inv.-Nr. 16158 sowie der handschriftliche<br />
Besitzvermerk: Borst. Außerdem<br />
Stempel und Inv.-Beschriftung des Dresdner<br />
Stadtmuseums sowie Etiketten der Ausstellungen<br />
Los Angeles 1991 und London 1992 (s.u.).<br />
Löffler 1913/25 („Untergehende Sonne<br />
über Winterlandschaft“). –<br />
Linke obere Ecke wohl vom Künstler ergänzt.<br />
Kleine Retuschen. [3339] Gerahmt.<br />
Provenienz: Stadtmuseum, Dresden (Inv.-Nr.<br />
1920/1; als Geschenk des Künstlers 1920<br />
erworben, im Juli 1937 als „entartet“ beschlagnahmt)<br />
/ Berlin, Reichspropagandaministerium,<br />
Depot Schloß Schönhausen, Lagerung „inter-<br />
national verwertbarer“ Kunstwerke (EK Inv.-Nr.<br />
16158; 1938) / Bernhard A. Böhmer, Güstrow<br />
(um 1943) / Nachlaß Bernhard A. Böhmer (1945) /<br />
Privatsammlung, Stuttgart (um 1945/47 bis<br />
1951) / Hugo Borst, Stuttgart (1951–1967) /<br />
Dr. Helmut Beck, Stuttgart (erworben 1967<br />
von den Erben Hugo Borsts über die Galerie<br />
Wilhelm Grosshennig, Düsseldorf, bis <strong>200</strong>1) /<br />
Privatsammlung, Deutschland<br />
Ausstellungen: Entartete Kunst. Dresden, Lichthof des Neuen<br />
Rathauses, 1933 / Entartete Kunst. Nürnberg, Städtische<br />
Galerie, und Dortmund, Haus der Kunst, 1935 / Entartete<br />
Kunst. München, Hofgarten-Arkaden, 1937 / Otto Dix.<br />
Stuttgart, Galerie der Stadt, 1966, Kat.-Nr. 3, mit Abb. /<br />
Dix. Otto Dix zum 80. Geburtstag. Gemälde, Aquarelle,<br />
Gouachen, Zeichnungen und Radierfolge „Der Krieg“.<br />
Stuttgart, Galerie der Stadt Stuttgart, 1971, Kat.-Nr. 11,<br />
ganzs. Abb. S. 47 / Otto Dix. Paris, Musée d’Art moderne<br />
de la Ville de Paris, 1972, Kat.-Nr. 8, Abb. S. 17 / Otto Dix<br />
1891-1969. Brüssel, Palais des Beaux-Arts, 1985, S. 6,<br />
Kat.-Nr. 10, Abb. S. 36 / Otto Dix 1891–1969. München,<br />
Museum <strong>Villa</strong> Stuck, 1985, S. 201, Kat.-Nr. 354, Abb.<br />
S. 211 / Künstler in Deutschland 1900–1945. Individu-<br />
alismus und Tradition. Stuttgart, Württembergischer Kunstverein,<br />
1986, Abb. S. 227 / German Expressionism 1915-<br />
1925. The Second Generation / Expressionismus. Die<br />
zweite Generation. Los Angeles, County Museum of Art;<br />
Fort Worth, Art Museum; Düsseldorf, Kunstmuseum,<br />
und Halle, Staatliche Galerie Moritzburg, 1988/89 (außer<br />
Katalog) / “Degenerate Art“. The Fate of the Avant-Garde<br />
in Nazi Germany / „Entartete Kunst“. Das Schicksal der<br />
Avantgarde im Nazi-Deutschland. Los Angeles, County<br />
Museum of Art; Chicago, The Art Institute; Washington<br />
D. C., International Gallery, Smithsonian Institution, und<br />
Berlin, Deutsches Historisches Museum im Alten Museum,<br />
1991/92, S. 68 (Foto d. Ausst. München 1937), S. 101<br />
u. S. 227, Farbabb. 198 / Otto Dix. London, Tate Gallery,<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
1992, Kat.-Nr. 7, Abb. S. 71 / Dix avant Dix. Das Jugend- und<br />
Frühwerk 1903–1914. Gera, Kunstsammlung, in der Orangerie,<br />
und Albstadt, Städtische Galerie, <strong>200</strong>0/01, Abb. S. 60 / Otto Dix.<br />
Welt und Sinnlichkeit. Regensburg, Kunstforum Ostdeutsche<br />
Galerie, <strong>200</strong>5, S. 294, Abb. S. 297, Detail S. 292 / Neueröffnung<br />
des Stadtmuseums Dresden <strong>200</strong>6 (außer Katalog) / Vincent van<br />
Gogh und der Expressionismus. Amsterdam, Van Gogh Museum,<br />
<strong>200</strong>6/07, S. 132 u. S. 155, Abb. S. 135 / 1914! La Vanguardia y<br />
La Gran Guerra. Madrid, Museo Thyssen-Bornemisza und Fundación<br />
Caja Madrid, <strong>200</strong>8/09, S. 49 f., m. Abb., Kat.-Nr. 5, ganzs. Farbabb.<br />
S. 57 / Otto Dix retrospektiv zum 120. Geburtstag. Gemälde und<br />
Arbeiten auf Papier. Gera, Kunstsammlung, 2011/12, Kat.-Nr. 31,<br />
mit ganzs. Farbabb. S. 60<br />
Literatur und Abbildung: 14. Kunst-Auktion: Gemälde, Plastik,<br />
Graphik, Handzeichnungen, Aquarelle, Kunstliteratur. Stuttgart,<br />
Stuttgarter Kunstkabinett Roman Norbert Ketterer, 7.-9.11.1951,<br />
Kat.-Nr. 1473 / Otto Conzelmann: Otto Dix. Hannover, 1959,<br />
S. 12 / Fritz Löffler: Otto Dix. Leben und Werk. Dresden, Verlag<br />
der Kunst, 1. Aufl. 1960, S. 13, Abb. 4; 2. Aufl. 1967, S. 14, Abb.<br />
6; 3. Aufl. 1972, S. 14, Abb. 6; 4. Aufl. 1977, S. 14, Abb. 6 /<br />
Lagerkatalog: Moderne Kunst II. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen.<br />
Campione d’Italia, R. N. Ketterer, 1965, Kat.-Nr. 27, mit ganzs.<br />
Abb. S. 36 / Trude Fischer-Borst u. a. (Hg.): Die Sammlung Hugo<br />
Borst in Stuttgart, Dokumentation und Chronik. Bilder und<br />
Plastiken aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz von 1900<br />
bis 1933. Stuttgart, 1970, S. 40 u. S. 161 / Dietrich Schubert:<br />
Otto Dix mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek<br />
b. Hamburg, Rowohlt, 1980, S. 18 / Otto Conzelmann: Der andere<br />
Dix. Stuttgart 1983, S. 32 f., Abb. 35 / Eva Karcher: Otto Dix<br />
1891-1969. Leben und Werk. Köln, Taschen Verlag, 1988, S. 29,<br />
Abb. S. 19 / Ausst.-Kat.: Stationen der Moderne. Berlin, Berlinische<br />
Galerie, Museum für Moderne Kunst, Photographie und<br />
Architektur, Martin-Gropius-Bau, 1988/89, Abb. 9/11 (Foto der<br />
Ausst. München 1937) / Rainer Beck: Otto Dix 1891-1969. Zeit,<br />
Leben, Werk. Konstanz 1993, Abb. 37 / Christoph Zuschlag:<br />
„Entartete Kunst“. Ausstellungsstrategien im Nazi-Deutschland.<br />
Worms, Wernersche Verlagsgesellschaft, 1995 (= Heidelberger<br />
kunstgeschichtliche Abhandlungen, Neue Folge, Band 21), S. 125,<br />
S. 138 u. S. 141 (Liste oben links) / Rainer Beck: Otto Dix. Die<br />
kosmischen Bilder. Zwischen Sehnsucht und schwangerem Weib.<br />
Dresden, <strong>200</strong>3, S. 218, Abb. S. 219 / Christoph Zuschlag: Die<br />
Dresdner Ausstellung „Entartete Kunst“ 1933–1937. In: Dresdner<br />
Hefte 77, I/<strong>200</strong>4, S. 17-25, hier Abb. S. 23 (Foto der Ausstellung<br />
München 1937) / Rainer Beck: Symbolik als Widerspiegel der Zeit.<br />
Otto Dix’ Gemälde ,Sonnenaufgang‘, 1913. In: Ausst.-Kat.: Otto<br />
Dix: retrospektiv. Zum 120. Geburtstag. Gemälde und Arbeiten<br />
auf Papier. Gera, Kunstsammlung, 2011/12, S. 51-59, m. zahl-<br />
reichen Abb. / Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion<br />
„Entartete Kunst“, Forschungsstelle „Entartete Kunst“, FU Berlin,<br />
EK Inv.-Nr. 16158<br />
€ 300.000 – 400.000<br />
$ 389,000 – 518,000<br />
Für das Gemälde liegen Leihanfragen vor für die Ausstellungen:<br />
„1913: Bilder vor der Apokalypse“ im Franz-Marc-Museum, Kochel<br />
am See (13. Oktober 2013 bis 14. Januar 2014) sowie „Mythos<br />
Welt: Otto Dix und Max Beckmann” in der Kunsthalle Mannheim<br />
(22. November 2013 bis 23. März 2014) in Kooperation mit der<br />
Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München (11. April 2014 bis<br />
10. August 2014).
Die Raben<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Über den schwarzen Winkel hasten<br />
Am Mittag die Raben mit hartem Schrei.<br />
Ihr Schatten streift an der Hirschkuh vorbei<br />
Und manchmal sieht man sie mürrisch rasten.<br />
O wie sie die braune Stille stören,<br />
In der ein Acker sich verzückt,<br />
Wie ein Weib, das schwere Ahnung berückt,<br />
Und manchmal kann man sie keifen hören.<br />
Um ein Aas, das sie irgendwo wittern,<br />
Und plötzlich richten nach Nord sie den Flug<br />
Und schwinden wie ein Leichenzug<br />
In Lüften, die von Wollust zittern.<br />
Georg Trakl, 1913
SYMBOLIK ALS WIDERSPIEGEL DER ZEIT<br />
Otto Dix’ Gemälde „Sonnenaufgang“ aus dem Jahre 1913 –<br />
Eine apokalyptische Vorahnung?<br />
Von Rainer Beck, Dresden<br />
I. Rang und Rezeption des Bildes<br />
Der „Sonnenaufgang“ aus dem Jahre 1913 ist Dix’ erstes symbo-<br />
listisches Landschaftsbild. Das Gemälde ist nicht mehr wie bisher<br />
einfach nur Abbild des Gesehenen, sondern Landschaft als seelischer<br />
Innenraum, ursprünglich Widerspiegel seiner persönlichen Erwartungshaltung<br />
vor dem Ersten Weltkrieg.<br />
Obwohl diese Landschaft die erste im Œuvre von Otto Dix ist, die<br />
Natur zeichenhaft umformt und darüber hinaus den künstlerisch<br />
krönenden Abschluß seiner Landschaften vor dem Ersten Weltkrieg<br />
darstellt, verwundert es, daß sich die Forschung bisher<br />
kaum mit diesem Bild befaßt hat. Wenn einige Worte darüber<br />
verloren werden, dann grundsätzlich mit dem Hinweis auf den<br />
Einfluß Vincent van Goghs, dessen Kunst für Dix 1912 anläßlich<br />
einer Ausstellung von 41 Gemälden in der Dresdner Galerie Arnold<br />
zum Erlebnis wird. Auf dieser Ausstellung war auch das heute im<br />
van Gogh Museum zu Amsterdam befindliche Gemälde „Weizenfeld<br />
mit Krähen“, 1890, zu sehen, auf das Dix mit seiner Darstellung<br />
offensichtlich Bezug nimmt. Als erste haben Otto Conzelmann<br />
(1959) und Fritz Löffler (1960) in ihren ersten Monographien<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Verbindung Dix – van Gogh<br />
hingewiesen. Fritz Löffler betont dabei Dix’ Auseinandersetzung<br />
mit van Goghs Gegenlichtdarstellungen und konstatiert, Dix habe<br />
hier „das Problem des Gegenlichts in eigener Weise“ gelöst.<br />
Otto Conzelmann legt seinen Akzent eher auf eine durch das Bild<br />
hindurchscheinende Welthaltung des jungen Dix: „Mehr als der<br />
1912 sah Otto Dix dieses „Weizenfeld mit Krähen“ von Vincent van Gogh aus dem<br />
Jahre 1890 in der Dresdner Galerie Arnold – eine deutliche Inspirationsquelle für<br />
sein eigenes Gemälde „Sonnenaufgang“.<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
1905 entstandene Expressionismus der Brücke packen ihn sodann<br />
um 1913 die ersten Van-Gogh-Ausstellungen, die damals auch in<br />
Dresden zu sehen sind. Die kreisenden Sonnen des späten van Gogh<br />
finden sich auf seinen Bildern als Halos nächtlicher Gaslaternen;<br />
da ist eine ‚Winterlandschaft mit Raben’ vor der untergehenden<br />
(sic!) Sonne oder ein ‚Stilleben mit Totenkopf’. Jedoch, es ist<br />
weniger die vibrierende, in turbulente Schwingung geratene<br />
Landschaft van Goghs als eine bewußt störrisch-steife Komposition –<br />
eingefrorene Bewegung – und eine absichtlich primitive, unge-<br />
schlacht-barbareske Malweise.“ 1983 hat Conzelmann seinen<br />
Irrtum von der untergehenden Sonne (der auf eine falsche Kartei-<br />
bezeichnung im Dix-Archiv zurückgeht) korrigiert und das Werk<br />
noch stärker mit der Gedankenwelt von Nietzsche und van Gogh<br />
verzahnt: „Am Anfang des stärksten Bildes dieser Periode –<br />
’Sonnenaufgang über Winterlandschaft mit Raben’, 1913 – steht<br />
das schwarze, offensichtlich von van Gogh stammende Krähen-<br />
Motiv. Während jedoch dessen unheilverkündender schwarzer<br />
Schwarm im blauen Sommerhimmel über dem wogenden Getreide-<br />
feld bewußt auf Verfremdung angelegt ist, assoziiert er sich<br />
bei Dix stets mit Herbst und Winter, wozu sich bei dem<br />
jungen Nietzscheaner, der um diese Zeit für Nietzsches Lyrik<br />
schwärmt,die er noch im Alter auswendig rezitiert, eidetisch<br />
das sprachliche Bild einstellt: ’Die Krähen schrein und ziehen<br />
schwirren Flugs zur Stadt. Bald wird es schnein…’ – Aber die<br />
Bewegung wird nicht mehr bloß äußerlich von van Gogh über-<br />
nommen, sie durchpulst, ganz nach dessen Art, das ganze<br />
vom klirrenden Winterwind durchpflügte krause, weiße Schneefeld,<br />
in dem die auf und ab wimmelnden Krähen an aperen Stellen<br />
nach Futter suchen, während hinten, aus einer drohenden<br />
Wolkenwand, die frostige Sonne, wie ein blendendes Nordlicht<br />
aufstrahlt. Das Bild ist von einer Kälte, die Dix in keiner seiner<br />
ausgzeichneten späten Winterlandschaften in Randegg oder am<br />
Untersee überboten hat.“<br />
Jill Lloyd stellte das Dix-Gemälde im Jahre <strong>200</strong>6 im van Gogh<br />
Museum zu Amsterdam dann in der großen Ausstellung „Vincent<br />
Van Gogh und der Expressionismus“ neben van Goghs „Weizenfeld<br />
mit Krähen“ (1890) und einer „Apokalyptische Landschaft“<br />
Ludwig Meidners aus dem Jahre 1913 aus (vgl. unsere Abb.)<br />
und bemerkt: „Zur selben Zeit verstehen deutsche Maler wie<br />
Ludwig Meidner oder der junge Otto Dix die beunruhigende<br />
Dramatik von van Goghs späten Landschaften, etwa ’Weizenfeld<br />
mit Krähen’, als apokalyptische Vorahnung des Unheils, das<br />
über Europa heraufzieht.“
Ludwig Meidners berühmte „Apokalyptische Landschaften“ enstanden parallel zu<br />
Dix „Sonnenaufgang“ ab 1912/1913.<br />
II. Provenienzgeschichte des Werks<br />
Otto Dix hat das Gemälde 1920 dem Stadtmuseum Dresden geschenkt,<br />
dessen damaligem Direktor Paul Ferdinand Schmidt er freundschaft-<br />
lich verbunden war. Wie viele der Gemälde vor dem Ersten Weltkrieg<br />
ist das Bild in Öl auf Papier gemalt und dann von Dix auf Pappe<br />
aufgezogen worden. Praktisch bei allen dieser von Dix auf Pappe<br />
aufgezogenen Öl/Papier Arbeiten ergaben sich beim Vorgang des<br />
Kaschierens Beschädigungen in Form von Rissen. Bei dem durch seine<br />
pastose Malweise besonders schwierig aufzuziehenden Gemälde<br />
„Sonnenaufgang“ war dies nicht anders. 1933 wurde das Werk von<br />
den Nazis konfisziert und auf der Vorläuferschau „Entartete Kunst“<br />
(„Spiegelbilder des Verfalls“) im Lichthof des Dresdner Rathauses<br />
sowie auf weiteren sieben Stationen in ganz Deutschland gezeigt,<br />
bevor es dann auf der berühmt-berüchtigten Ausstellung „Entartete<br />
Kunst“ 1937 im Haus der Kunst München zu sehen war (vgl. unsere<br />
Abb.). Danach hat es wohl die weiteren Stationen dieser Ausstellung<br />
nicht mehr mitgemacht, sondern wurde im Depot des Reichspropa-<br />
gandaministeriums in Schloß Schönhausen eingelagert. Zweifelsfrei<br />
taucht das Bild auf dessen heute im Victoria and Albert Museum,<br />
London, aufbewahrten Bestandslisten auf und gehörte nicht zu den<br />
<strong>Werke</strong>n, die über die Galerie Fischer in Luzern versteigert wurden.<br />
Um oder kurz nach 1943 wurde es kriegsbedingt zusammen mit<br />
anderen <strong>Werke</strong>n zu dem mit den Nazis in Geschäftsverbindung<br />
stehenden und um die Rettung vieler <strong>Werke</strong> „Entarteter Kunst“<br />
bemühten Kunsthändler und Barlach-Freund Bernhard A. Boehmer<br />
nach Güstrow ausgelagert. Nach dessen Freitod 1945 hat Wilma<br />
Zelck, Vormund des Boehmer-Sohnes Peter, das Gemälde zwischen<br />
1945 und 1947 nach Westdeutschland überführt. Nach seiner<br />
Verlegung nach Westdeutschland wurde es von Wilma Zelck oder dem<br />
mit ihr damals zusammenlebenden Kunsthändler Albert Friedrich<br />
Daberkowan ein Stuttgarter Sammlerehepaar verkauft, das das<br />
Gemälde 1951 zur Auktion in das Stuttgarter Kunstkabinett von<br />
Roman Norbert Ketterer einlieferte. Vermutlich bei dieser Lieferung<br />
nach Stuttgart wurde das Bild in der oberen linken Ecke beschädigt.<br />
Es entstand ein Verlust in der Größe von ca. 20 x 18 cm. Bereits<br />
in nach Roentgenbefund wohl durch Otto Dix selbst ergänztem Zu-<br />
stand (zweiter Originalzustand) tauchte das Werk im November 1951<br />
auf der 14. Auktion des Stuttgarter Kunstkabinetts von Roman<br />
Norbert Ketterer auf und wurde unter der Losnummer 1437 für<br />
360. - DM an den Stuttgarter Sammler Dr. Hugo Borst versteigert.<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Die kreisenden Sonnen des späten van Gogh wie in der „Sternennacht“ von 1899<br />
aus dem Museum of Modern Art nimmt Dix in seiner kühnen Gegenlichtmalerei im<br />
„Sonnenaufgang“ auf.<br />
III. Zur inhaltlichen Deutung des Werks<br />
Von unten links nach rechts oben schneidet ein Weg als dynamisierendes<br />
Kompositionselement durch ein Feld rhythmisch-pastos<br />
geschichteter, schneebedeckter und vereister Ackerschollen, die im<br />
Farbakkord von blendendem Weiß und kühlem Blaugrau den Eindruck<br />
klirrender Kälte vermitteln. Darüber flattert, formal die wellenförmige<br />
Struktur der Ackerschollen aufnehmend, eine Schar von 13 schwarzen<br />
Krähen. Zum Horizont hin setzen die spitzen Zacken kleiner<br />
Fichtenwaldstücke zusätzliche Akzente. Über dieser Winterlandschaft<br />
steigt mittig die Sonne auf. Das Gelb der Sonne ist ein kaltes,<br />
gleichwohl von großer Strahlkraft.<br />
Zweifellos markiert dieses Gemälde im Stilpluralismus des heterogenen<br />
Frühwerks dessen expressionistischen Höhepunkt. Das bisher<br />
vor allem in der Gestaltung seiner Himmel zutage tretende Stakkato<br />
grober Pinselschläge legt sich jetzt – und das ist neu – in grob zeichnender<br />
und gleichzeitig rhythmisierender Faktur über die ganze<br />
Landschaft. In ihrer Starkfarbigkeit und ihrem Kontrastreichtum, vor<br />
allem aber in der pastos alla prima umgesetzten Leidenschaftlichkeit<br />
des Malvortrags hat diese Malweise in ihrer unverstellt grobschläch-<br />
tigen Direktheit etwas unkalkuliert Psychisch-Automatisches – spontane<br />
Malerei von Innen heraus, die einen von van Gogh stets noch<br />
bewahrten Rest von Schönlinigkeit endgültig verläßt.<br />
Und doch haben wir es andererseits mit einer sehr genau kalkulierten<br />
Bildsymbolik zu tun. Der das Bild in dynamischer Diagonale durchschneidende<br />
Weg führt nicht etwa zur Sonne, ins Licht, sondern direkt<br />
auf einen dreizackigen Wolkengreifarm, in die Bedrohung. Mit diesem<br />
Greifarm zitiert Dix in umformender Weise die himmlische<br />
Schicksalsfaust aus Blatt 5: „Verlassen“ in Max Klingers Radierfolge<br />
„Ein Leben“, Opus VIII, 1884. Klinger war für Dix zeitlebens eines<br />
seiner künstlerischen Idole. Später, Anfang der 1920er Jahre wird er<br />
sogar für einige graphische Blätter dieses Meisters ein Bild von Kurt<br />
Schwitters vertauschen. Das nächste Zitat von Symbolgehalt sind<br />
die van Gogh’schen Krähen, Unglücksbringer. Bei van Gogh fliegen<br />
sie über eben jenem Kornfeld, in dem er sich kurze Zeit später in<br />
die Brust schießen wird. Dix reduziert ihre Zahl auf die ominöse 13<br />
und übersetzt das warme Gelb van Goghs in das kalte der Wintersonne,<br />
die in der ersten Fassung erfolglos in der Kälte „blüht“, ja das<br />
Unglück in Form der Krähen an sich herankommen lassen muß. Erst
In der Ausstellung „Entartete Kunst“ 1937 in München hing der „Sonnenaufgang“<br />
links unten neben dem Türpfosten. Anschließend landete es im Depot des<br />
Reichspropagandaministeriums.<br />
in der zweiten Fassung entwickelt sie partiell die Kraft zum Ausblick.<br />
Wie schon von Conzelmann betont, verbindet Dix erstmals in dieser<br />
Landschaft und später, während des Dritten Reichs, immer wieder<br />
symbolhaft die Jahreszeit des Winters mit dem Unheil der Zeit.<br />
Das Symbol der erstarrten Winterlandschaft, die schicksalhafthimmlische<br />
Greifhand, das Todesmotiv der van Gogh’schen Krähen,<br />
die Zahl 13, die drohende Verdunkelung des Lichts – was konnte Dix<br />
1913 anderes meinen als einen drohenden Krieg angesichts der ständig<br />
zunehmenden Unruhen am Balkan und der überall schärfer werdenden<br />
Nationalismen vor dem Hintergrund internationaler Kämpfe<br />
um die Rohstoffreserven der Drittländer (Kolonien), die Zugänge zu<br />
den Weltmeeren, Verkehrswegen und Absatzmärkten? Man mußte<br />
damals keineswegs Hellseher sein und die den Ersten Weltkrieg aus-<br />
lösende Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers<br />
Franz Ferdinand und seiner Gattin am 28. Juni 1914 in Sarajewo<br />
voraussehen, um zu begreifen, daß es nur noch eines Funkens<br />
bedurfte, um das Pulverfaß in die Luft zu jagen. Warum aber wählt<br />
dann Dix bei all der unheilschwangeren Symbolik als Thema den<br />
Sonnenaufgang und nicht den Sonnenuntergang?<br />
Sonnenaufgang vermittelt als Bild die Erwartung des Kommenden,<br />
Sonnenuntergang das Verlöschen des Gewesenen. Und tatsächlich<br />
erwartete Dix wie ein Großteil seiner Generation den Krieg mit einer<br />
gewissen Erwartungshaltung. Die Künstler, zum Beispiel auch Ludwig<br />
Meidner mit seinen Apokalyptischen Landschaften, reagierten wie<br />
Seismographen auf das sich abzeichnende Ende einer Epoche.<br />
Stellvertretend für alle sprach damals im Jahre 1914 der französische<br />
Dichter Guillaume Apollinaire das „l’adieu à toute une époque“.<br />
Fast wie Bluthunde witterten die Künstler den Zusammenbruch<br />
und ein nicht unwesentlicher Teil unter ihnen, nämlich die Futuristen<br />
um Marinetti und Boccioni sahen gerade im Krieg den notwendigen<br />
Schlußpunkt und Neubeginn in einem, den Schmelztiegel<br />
für einen neuen Menschen, der der ungeheuren Dynamik des aufkommenden<br />
technischen Zeitalters gerecht würde. Krieg, das war für<br />
sie eine Art Selbstreinigung der Gesellschaft, „die einzige wichtige<br />
Hygiene der Welt.“<br />
Ohne Dix nun in die Nähe dieser Theorien stellen zu wollen, bleibt<br />
doch festzuhalten, daß ihn die Aufbruchstimmung zum Krieg, die in<br />
besonderer Weise vom Futurismus ausging, erfaßte. Die hier geübte<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Im „Sonnenaufgang“ von Dix drückt sich die Nietzsche-Lektüre des jungen Malers<br />
aus und seiner prophetischer Blick auf das Weltgeschehen.<br />
Dynamisierung der Welt, das Sichtbarmachen von Ton und Bewegung<br />
in wirbelnden Kraftlinien, faszinierte sein leidenschaftliches Tempera-<br />
ment und wird später von ihm in seinen Kriegsgouachen übernommen.<br />
Dix sah den Krieg als Teil dieses Welttheaters, als naturgegebenen<br />
Verschlingungsmechanismus, dem das Werden wieder folgen würde.<br />
Während der größten Materialschlacht des Ersten Weltkriegs an der<br />
Somme notiert er in seinem Kriegstagebuch: „Auch den Krieg muß<br />
man als ein Naturereignis betrachten.“ Dix wollte an diesem Welttheater<br />
unbedingt teilhaben und hat sich 1915 freiwillig an die Front gemeldet.<br />
So verkörpert das Gemälde „Sonnenaufgang” in seiner ersten Fassung<br />
gleichsam den Vorhang zum Welttheater des Krieges, der sich<br />
demnächst öffnen wird. Wie verhält es sich aber nun mit der zweiten<br />
Fassung? Man muß sich vor Augen halten, daß Dix die Ergänzung der<br />
linken oberen Ecke mit ihrem Ausblick in eine positiver gestimmte Weltlandschaft<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg gemalt hat, zu einer Zeit, da er<br />
sich nicht mehr in Erwartungshaltung vor dem Kriege befand, sondern<br />
den Ersten Weltkrieg in vollem Umfang und seiner ganzen Furchtbarkeit<br />
erlitten hatte, den Zweiten Weltkrieg noch ab dem 15.03.1945<br />
als Mitglied des Volkssturms. Aus der anschließenden französischen<br />
Kriegsgefangenschaft im Lager Colmar war er im Februar 1946 nach<br />
Hause zurückgekehrt. Schon während des Ersten Weltkrieges hatte<br />
er in seinem Kriegstagebuch vermerkt: „Läuse, Ratten, Drahtverhau,<br />
Flöhe, Granaten, Bomben, Höhlen, Leichen, Blut, Schnaps, Mäuse,<br />
Katzen, Gase, Kanonen, Dreck, Kugeln, Mörser, Feuer, Stahl, das ist der<br />
Krieg! Alles Teufelswerk.“ Die Realität des Krieges hatte ihn schnell<br />
geheilt, wiewohl er seine Einschätzung des Phänomens Krieg im<br />
Kontext der Philosophie Friedrich Nietzsches bis zu seinem Tode<br />
beibehielt. Aber die Lust an dieser Facette des Welttheaters war<br />
ihm gründlich vergangen. So hat er nach dem Februar 1946 nicht mehr<br />
seiner Stimmung vor sondern seiner Erwartung nach den Ereignissen<br />
auf eine bessere Zeit Ausdruck gegeben und seine Sonne die drohende<br />
Wolkenwand von 1913 durchstoßen lassen.<br />
Es trifft sich in diesem Bilde heute die Erwartungshaltung des jungen<br />
Otto Dix aus dem Jahre 1913 mit der Sehnsucht des nunmehr<br />
55jährigen nach Frieden. Anfang und Ende der beiden Kriege sind auf<br />
ihm in eigener Weise festgehalten.<br />
(Gekürzte Version des Katalogbeitrags zur Geraer Ausstellung 2011,<br />
mit freundlicher Genehmigung des Autors)
Das Jahr 1913 war für Otto Dix eines der permanenten Selbstbefragung: Es entstehen<br />
zahlreiche Selbstbildnisse in Öl, darunter dieses „Kleine Selbstbildnis“ aus der<br />
Staatsgalerie Stuttgart (Löffler 1913/1). Das Gemälde wirkt wie ein „Schnappschuß<br />
beim erschöpften Pausieren“ (Diether Schmidt) des jungen Malers. Frontal blickt<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
er den Betrachter an, ein schnelles Tremolo von Pinselstrichen entwirft einen Kopf und<br />
ein braunes Hemd. Die Signatur und die Jahreszahl sind in das Dunkel mit<br />
dem Holz des Pinsels geritzt wie eine Tätowierung. Es ist das Jahr, in dem er mit dem<br />
„Sonnenaufgang” sein frühestes symbolistisches Landschaftsbild malt.
7a R Emil Nolde<br />
Nolde 1867 – 1956 Seebüll<br />
„ZWEI BÄRTIGE MÄNNER (APOSTEL)“.<br />
Um 1931/35<br />
Aquarell und Tuschpinsel auf Japan.<br />
50,2 x 36,2 cm (19 ¾ x 14 ¼ in.).<br />
Am rechten Rand unterhalb der Mitte<br />
signiert: Nolde.<br />
Mit einer Expertise von Dr. Martin Urban,<br />
Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, vom<br />
29. Oktober 1974. –<br />
[3258] Gerahmt.<br />
Provenienz: Ehemals Siegfried Adler, Montagnola<br />
Literatur und Abbildung: Ausst.-Kat. Emil Nolde.<br />
Aquarelle und Handzeichnungen aus dem<br />
Besitz der Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde.<br />
Bremen, Kunsthalle Bremen, 1971, S. 10<br />
€ 300.000 – 400.000<br />
$ 389,000 – 518,000<br />
Im Herbst 1931 setzt mit der Werkreihe der „Phantasien“ eine<br />
neue, experimentelle Phase in Emil Noldes Aquarellmalerei ein:<br />
War bislang das Motiv entscheidend für Farbwahl, Komposition<br />
und Bildgestaltung, läßt sich der Maler nun allein von der Struktur<br />
der Farbe zu neuen Bildideen inspirieren. In den zunächst<br />
rein zufällig und intuitiv auf das Papier gebrachten Aquarell-<br />
farben, ihren wolkenartigen, fleckigen Strukturen, erkennt Nolde<br />
groteske Köpfe, Paare oder auch ganze Szenerien, die er in<br />
einem zweiten Arbeitsschritt mit Tuschpinsel oder -feder näher<br />
umreißt und sie so erst für den Betrachter sichtbar macht.<br />
Die von Nolde seit jeher angestrebte „Mitarbeit der Natur“ ist<br />
nun erstmals in seinem Schaffen von entscheidender Bedeutung,<br />
der Zufall maßgeblich an der Entstehung eines Bildes beteiligt.<br />
Der meditative Umgang mit den Farben bedingt ein häufiges<br />
Auftauchen grotesk-bizarrer Kreaturen und Szenen. In seinen<br />
„Phantasien“ begibt sich Emil Nolde ganz in seine eigene<br />
Imaginationswelt und verleiht den inneren Gesichten male-<br />
rische Gestalt. Er war, wie er selbst schrieb, „zum Kopisten<br />
der eigenen Vorstellung“ geworden, und sein Freund und<br />
Malerkollege Paul Klee bezeichnete ihn in Anerkennung<br />
hierfür als den „Vetter der Tiefe“.<br />
Unser großformatiges Blatt ist ein herausragendes Beispiel<br />
für Noldes neue Arbeitsweise in den 1930er Jahren. Die<br />
Köpfe der beiden bärtigen Männer sind allein aus der Farbe<br />
geboren. Die hellen Gelb-, Orange-, und Brauntöne im Zentrum<br />
der Komposition bilden Kopf und Haare des Mannes im Profil<br />
sowie die rechte Gesichtshälfte seines Nachbarn. Die Um-<br />
gebung ist bewußt in dunklen Farben gehalten, wobei das für<br />
Noldes Aquarellmalerei typische intensive Ultramarin-Blau im<br />
Hintergrund der Szene eine fast schon magische Atmosphäre<br />
verleiht. Ohne die klärende Tuschfederzeichnung hätten wir<br />
ein rein abstraktes Bild vor uns. Nolde selbst schrieb einmal:<br />
„Höchste Schönheit im Werk entsteht dem Künstler unbewußt,<br />
das sinnlich sehende Auge sie schaut, der Verstand braucht Zeit,<br />
bis er versteht.“ (Emil Nolde: Reisen, Ächtung, Befreiung. Köln<br />
1988, S.14) (AF)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
8 Hermann Max Pechstein<br />
Zwickau 1881 – 1955 Berlin<br />
„SONNENUNTERGANG AN DER SEE“. 1921<br />
Öl auf Leinwand. 80 x 101 cm (31 ½ x 39 ¾ in.).<br />
Unten links signiert (ligiert): HMPechstein.<br />
Rückseitig mit Pinsel in Schwarz bezeichnet,<br />
betitelt und signiert (ligiert): XI Sonnenuntergang<br />
an der See HMPechstein.<br />
Soika 1921/6. –<br />
Kleine Farbverluste am Rand. [3477]<br />
Rahmen: Leihgabe Olaf Lemke, Berlin.<br />
Provenienz: Carl Steinbart, Berlin (um 1921<br />
beim Künstler erworben, bis 1923) / Eva Beyer,<br />
geb. Steinbart (1923 durch Erbschaft erhalten) /<br />
Dr. Conrad und Elsa Doebbeke, Berlin (wohl<br />
direkt bei Eva Beyer erworben, bis 1959) /<br />
Privatsammlung, Saarland (1959–1965) /<br />
Privatsammlung, Berlin<br />
Literatur und Abbildung: 33. Auktion: Moderne<br />
Kunst. Stuttgart, Stuttgarter Kunstkabinett<br />
R. N. Ketterer, 29./30.5.1959, Kat.-Nr. 728<br />
€ 400.000 – 600.000<br />
$ 518,000 – 777,000<br />
Es war eine Erlösung für Max Pechstein, als er nach dem<br />
Ersten Weltkrieg wieder an seine geliebte Ostseeküste ziehen<br />
konnte – und er sich dort wieder dem „berauschenden,<br />
ewigen Rhythmus des Meeres“ hingeben konnte, von dem<br />
er in seinen Lebenserinnerungen erzählt. Unser leuchtender<br />
Sonnenuntergang gehört zu den ersten Gemälden, die<br />
in Leba entstanden sind. Es erzählt von der Freude, den<br />
Krieg hinter sich gelassen zu haben und sich ungehemmt<br />
der Kraft der Farben hinzugeben wie in der „Brücke“-Zeit<br />
vor 1913. Es ist eine frühabendliche Atmosphäre, ein<br />
kleines Boot treibt auf den Holzsteg zu, die Schatten sind<br />
schon schwarz. Doch dann entfaltet plötzlich die Sonne ihr<br />
Lichtspektakel, das Pechstein unmittelbar in flammenden<br />
Expressionismus umsetzt. Es ist das Gegenlicht aus den<br />
berühmten kreisenden Sonnen van Goghs, das uns hier<br />
blendet. Bei Pechstein jedoch verwandelt die Sonne alles in<br />
Farbe: Das Meer ist grün und gelb, und im feuchten Sand<br />
leuchten die späten Strahlen auf wie ein ewiger roter Teppich,<br />
der sich vom Horizont bis zum Betrachter rollt. (FI)<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
9 Emil Nolde<br />
Nolde 1867 – 1956 Seebüll<br />
„BOOTE IN DER MARSCHLANDSCHAFT”.<br />
Um 1920<br />
Aquarell und Tuschpinsel auf dünnem<br />
Japanbütten. 35 x 47,8 cm (13 ¾ x 18 ⅞ in.).<br />
Unten links mit Bleistift signiert: Nolde.<br />
Mit einer von Dr. Manfred Reuther bestätigten<br />
Zweitschrift einer Expertise von Prof. Dr. Martin<br />
Urban, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde,<br />
vom 19. November 1996. –<br />
Rückseitig unten rechts mit dem schwarzen<br />
Sammlerstempel Lugt <strong>200</strong>5a (verblaßt).<br />
[3448] Gerahmt.<br />
Provenienz: Otto Brill, Wien / Henry Roland,<br />
London / Anthony Roland, London / Privatsammlung,<br />
Norddeutschland / Privatsamm-<br />
lung, Schweiz / Privatsammlung, Berlin<br />
Ausstellung: The Roland Collection. York,<br />
Newcastle, Leicester und Brighton, 1950;<br />
Southhampton, 1952; Manchester und Leeds,<br />
1962; Cambridge, Fitzwilliam Museum, 1968;<br />
Bristol, 1969; Folkestone und London, Camden<br />
Arts Centre, 1975; Edinburgh, 1976 / Germany<br />
in ferment Festival. Art and Society in Germany<br />
1900-1935. Durham, Durham University; Sheffield,<br />
Graves Art Gallery; Leicester, Museum and Art<br />
Gallery, 1970 [laut rückseitigem Etikett] / Works<br />
from the Roland Collection. London, Courtauld<br />
Institute Galleries; Norwich, Sainsbury Centre;<br />
York, City Art Gallery; Oxford, Ashmolean<br />
Museum; Plymouth, City Museum; 1979, Kat.-<br />
Nr. 33 [„In the Marshes“] / One man’s choice.<br />
Edinburgh, Scottish National Gallery of Modern<br />
Art, 1985, Kat.-Nr. 73 [laut rückseitigem Etikett]<br />
€ 110.000 – 130.000<br />
$ 142,000 – 168,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
In der kalten Jahreszeit war in Emil Noldes Heimat Nordfriesland<br />
das Boot das wichtigste Verkehrsmittel. Wenn starke Regenfälle<br />
die Amphibienlandschaft unter Wasser setzten, war mit dem<br />
Leiterwagen auf dem Landwege kaum noch ein Durchkommen,<br />
man mußte mit speziellen Booten auf die zahlreichen Sielzüge<br />
und Abzugsgräben ausweichen. Auch das Ehepaar Nolde besaß<br />
ein solches Boot, das aufgrund seines geringen Tiefgangs selbst<br />
in flachstem Gewässer noch einsetzbar war. Der Antrieb erfolgte<br />
über eine Stak-Stange oder – bei Heubooten – mit Hilfe eines<br />
Segels. Wir wissen, daß der Umzug der Noldes von ihrem Hof<br />
Utenwarf in das benachbarte Seebüll im Jahr 1930 mit eben<br />
diesen Lastenbooten erfolgte.<br />
Doch auch in Phasen kreativer Ruhe leistete das Boot Nolde als<br />
Mensch und Künstler wertvolle Dienste, vor allem wenn er zum<br />
Fischen oder Entenjagen hinausfuhr oder sich in meditativer<br />
Ruhe von den Naturerscheinungen seiner Umgebung inspirieren<br />
ließ: „Wenn still der See war an milden Tagen, dann war es<br />
herrlich schön. […] Während der Nächte lag ich lange lauschend<br />
dem Plätschern der Wildenten im Wasser und dem Schmatzen<br />
der Fische; der Mond stand hoch, den Gottesfrieden spendend.“<br />
(Emil Nolde: Jahre der Kämpfe. Köln 1985, S.126f)<br />
Genau diese Stimmung erweckt unser Aquarell mit der Darstellung<br />
zweier friedlich im Schilf liegender Holzboote. Kühle<br />
Blau- und Grüntöne beherrschen das Bild, während ein hellgelber<br />
Streifen entlang der Horizontlinie durchbrechendes Sonnenlicht<br />
andeutet. Man spürt bei diesem Werk, daß der Maler mit sich<br />
und der Natur im reinen war. Dies ist der Ort seiner Herkunft, der<br />
ihn und seine Kunst zeit seines Lebens entscheidend prägte. (AF)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
10 R Erich Heckel<br />
Döbeln/Sachsen 1883 – 1970 Radolfzell/<br />
Bodensee<br />
„BLICK AUFS MEER“. 1920<br />
Tempera auf Leinwand. 67,5 x 74,5 cm<br />
(26 ⅝ x 29 ⅜ in.). Unten rechts signiert und<br />
datiert: Erich Heckel 20. Rückseitig auf der<br />
Leinwand in Schwarz signiert und datiert:<br />
Erich Heckel 20. Auf dem Keilrahmen erneut<br />
in Schwarz signiert, betitelt und datiert:<br />
Erich Heckel: Blick aufs Meer 20.<br />
Hüneke 1920-12 / Vogt 1920-12. –<br />
[3064] Gerahmt.<br />
Provenienz: Sammlung Antenrieth, Offenbach /<br />
Sammlung Brinckmann, Frankfurt a.M. / Privatsammlung,<br />
Frankfurt a.M. / Privatsammlung,<br />
Schweiz<br />
Ausstellung: Erich Heckel, Otto Mueller. Frankfurt<br />
a.M., Ludwig Schames, 1921, Kat.-Nr. 28 /<br />
Erich Heckel. <strong>Werke</strong> aus 4 Jahrzehnten.<br />
Hamburg, Galerie der Jugend, 1947, Kat.-Nr. 8<br />
Literatur und Abbildung: Wolfgang Büscher:<br />
Meine Jahre in der Niemandsbucht. In: <strong>Grisebach</strong>.<br />
Das Journal. Zweite Ausgabe 2012, S. 6-15<br />
€ 300.000 – 400.000<br />
$ 389,000 – 518,000<br />
Anders als Ernst Ludwig Kirchner, der im vorwärtsstürmenden<br />
Berlin zu seiner zweiten künstlerischen Bestimmung fand,<br />
flüchtete Erich Heckel so oft er konnte vor dem „Tam-Tam“<br />
der Millionenstadt an die Flensburger Förde. 1913 war er<br />
erstmals in Osterholz, 1920 kaufte er sich ein altes Bauernhaus<br />
und verbrachte dort bis 1938 jeden Sommer. Hier,<br />
abseits der Hauptschlagadern der Moderne, verewigte der<br />
zivilisationsmüde Heckel seine Vision des Paradieses.<br />
Unser Bild entstand in jenem Sommer 1920, als sich Heckel<br />
gerade sein Bauernhaus gekauft hatte und idyllische Wochen<br />
gemeinsam mit seiner Frau Siddi und dem ehemaligen Brücke-<br />
Kollegen Otto Mueller in Schleswig-Holstein verbrachte. Es<br />
ist ein Gemälde der Hoffnung. Die Horizontlinie krümmt sich<br />
oben, und unten bildet die Küstenlinie den zweiten Halbkreis<br />
- der Ausblick aufs Meer wird für Heckel zur ganzen Welt, die<br />
Förde wie ein Ozean.<br />
Vorne fällt der Hang steil hinab zum Wasser, links taucht<br />
der Küstenstreifen wieder auf, über allem türmen sich die<br />
Wolken zu kosmischen Gebilden. Oft, täglich, ist Heckel diese<br />
Wege gegangen, hinab zur Küste, an den Bäumen vorbei, den<br />
Wind um die Ohren. Diese ganz körperliche biographische<br />
Erfahrung legt Heckel in dieses Bild und lädt es mit einer unterschwelligen<br />
Energie auf. Sie ist so stark, daß der zentrale<br />
Baum im Vordergrund, verwurzelt im sichtbar abschüssigen<br />
Gelände, Äste hat wie ein Strahlengewitter. (FI)<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
11 Emil Nolde<br />
Nolde 1867 – 1956 Seebüll<br />
„MARSCHLANDSCHAFT“. Um 1930/40<br />
Aquarell auf Japan, auf Karton aufgezogen.<br />
14,7 x 19,5 cm (5 ¾ x 7 ⅝ in.). Unten links<br />
mit Feder in Schwarz signiert: Nolde.<br />
Mit einer Bestätigung von Dr. Martin Urban,<br />
Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, vom<br />
1. November 1965. –<br />
[3137] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Niedersachsen<br />
€ 40.000 – 60.000<br />
$ 51,800 – 77,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Im Sommer 1916 zog das Ehepaar Nolde von der Ostseeinsel<br />
Alsen nach Seebüll an die Nordee: „Alsen ist sehr schön, uns nur<br />
war des Milden, des Lieblichen und Idyllischen zu viel. Mich sehnte<br />
nach hoher, freier Luft, nach herber, starker Schönheit, so wie die<br />
Westküste mit ihrer weiten Himmelsspannung und den Wolken<br />
über Marschland und Wasser besonders in den rauhen Jahres-<br />
zeiten sie so verschwenderisch gibt.“ (Emil Nolde: Welt und<br />
Heimat. Köln 1965, S.147) Bedingt durch die Begeisterung<br />
des Malers für die einzigartige Naturlandschaft seiner neuen<br />
Heimat gewinnt in seinem künstlerischen Schaffen die Landschaftsmalerei<br />
zunehmend an Bedeutung. Dies schlägt sich<br />
in vielen Ölbildern aus den zwanziger und dreißiger Jahren<br />
nieder, vor allem jedoch in einer großen Zahl von Aquarellen<br />
mit Darstellungen des nordfriesischen Marschlandes.<br />
In diesen Blättern verschmelzen Land, Himmel, Wolken und<br />
Licht zu einer unlösbaren Einheit. Die Malerei erreicht oft einen<br />
hohen Abstraktionsgrad, wenngleich Nolde diese Grenze nie<br />
ganz überschritt. Immer verankerte er die Darstellung mittels<br />
kleiner Verweise in der Gegenständlichkeit, im vorliegenden Blatt<br />
etwa durch einen Weidezaun, der entlang eines Feldweges in<br />
die Tiefe führt. In der expressiven Farbgebung offenbart sich die<br />
souveräne Meisterschaft des großen Aquarellisten: Tiefe Violett-<br />
Töne beherrschen die Darstellung, sie changieren im freien Fluß<br />
der Farben ins Rot und Blau. Starke Akzente setzen zwei gelbe<br />
Bildzonen, die die Monochromie des Blattes geschickt aufbrechen.<br />
Die eigentümliche Stimmung eines aufziehenden Gewitters oder<br />
der anbrechenden Nacht wird in diesem Blatt auf eindrückliche<br />
Weise festgehalten. (AF)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
11a Otto Mueller<br />
Liebau/Schlesien 1874 – 1930 Breslau<br />
„LAGERNDE ZIGEUNERFAMILIE MIT ZIEGE“.<br />
1926/27<br />
Farblithographie auf Papier, partiell mit<br />
gelber Kreide überarbeitet. 70 x 50,4 cm<br />
(27 ½ x 19 ⅞ in.). Signiert. Rückseitig<br />
mit dem braunen Nachlaßstempel.<br />
Karsch 166. –<br />
Probeabzug vor der Auflage von 60 Exemplaren<br />
der 9 Farblithographien umfassenden Mappe:<br />
Zigeuner. Selbstverlag des Künstlers (Karsch<br />
160-168). [3323] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Berlin<br />
€ 25.000 – 35.000<br />
$ 32,400 – 45,300<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Otto Mueller hatte seit seiner Kindheit in Schlesien häufig Kontakt<br />
zu Roma Familien. Der Junge war fasziniert von den andersartig<br />
gekleideten, von Planwagen und Tieren umgebenen Menschen.<br />
Als Erwachsener widersprach er nie den Vermutungen, in seinen<br />
Adern fließe „Zigeunerblut“, auch wenn dies wohl nicht der Wahrheit<br />
entspricht. Ihm gefiel zweifellos die antibürgerliche Attitüde<br />
dieser Aussage, und er lebte mitunter längere Zeit mit den Roma<br />
zusammen. Allerdings vermied er Aussagen zur schwierigen<br />
wirtschaftlichen und sozialen Lage des Volkes. Er sah vielmehr<br />
in diesen Familien seine Vorstellungen von einer engen Verbindung<br />
des Menschen mit der Natur verwirklicht. Seine Arbeiten<br />
zu diesem Themenkreis sind idealisierte Darstellungen eines<br />
freien und ungebundenen Lebens. Seine Seelenverwandtschaft<br />
mit dem fahrenden Volk gipfelte in der „Zigeunermappe“ von<br />
1926/27, einer Sammlung von neun Lithographien, die Mueller<br />
für seine besten Arbeiten hielt.<br />
Auf unserer Lithographie lagert eine Familie unter einem Baum.<br />
Im Vordergrund sitzt die Mutter mit einer Tochter, rechts dahinter<br />
hält der Vater ein Kind schützend im Arm. Verbunden werden<br />
beide Figurengruppen durch eine im Gras liegende Ziege.<br />
Auch von dieser Graphik geht wie in vielen <strong>Werke</strong>n Muellers<br />
eine nahezu arkadische Stille aus. Nur wenige Akzente treten<br />
hervor. Die Figuren verschmelzen fast mit der umgebenden<br />
Natur. Großzügig und kraftvoll sind die Äste des Baumes<br />
gezeichnet. Die vom Stein abgezogenen Drucke hat der Künstler<br />
zuweilen überarbeitet, auch unsere Lithographie ist nachträglich<br />
in ihrer farblichen Wirkung mit gelber Kreide am Kleid des<br />
Zigeunermädchens verstärkt worden. (OH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
12 Karl Schmidt-Rottluff<br />
Rottluff 1884 – 1976 Berlin<br />
„FRAUEN AM MEER“. 1919<br />
Öl auf Leinwand. 73 x 65 cm (28 ¾ x 25 ⅝ in.).<br />
Unten rechts signiert und datiert: S. Rottluff<br />
1919. Auf dem Keilrahmen oben mit Pinsel in<br />
Braun signiert und betitelt: Schmidt-Rottluff<br />
„Frauen am Meer“.<br />
Grohmann S. 290, Abb. S. 265. –<br />
Das Ölbild wird aufgenommen in das Werk-<br />
verzeichnis der Gemälde Schmidt-Rottluffs<br />
von der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung,<br />
Berlin (bearbeitet von Dr. Christiane Remm)<br />
(in Vorbereitung). –<br />
[3157] Gerahmt.<br />
Provenienz: Sammlung Ferdinand Möller,<br />
Berlin–Köln (bis 1956) / Nachlaß Ferdinand<br />
Möller (1956–1974) / Privatsammlung,<br />
Norddeutschland<br />
Ausstellung: Sammlung Ferdinand Möller.<br />
Gedächtnisausstellung zu seinem 10. Todestag.<br />
Köln, Dom Galerie, 1966, mit ganzseitiger<br />
Abbildung<br />
Literatur und Abbildung: Auktion 199: Moderne<br />
Kunst. Hamburg, Dr. Ernst Hauswedell & Ernst<br />
Nolte, 6.-8.6.1974, Kat.-Nr. 1631, mit ganzs.<br />
Farbabbildung<br />
€ 400.000 – 600.000<br />
$ 518,000 – 777,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Die Ostsee war die Südsee der „Brücke“-Künstler: die Vision vom<br />
Paradies. Was Erich Heckel in Osterholz an der Flensburger Förde<br />
fand (siehe Los 10), Kirchner auf Fehmarn und Max Pechstein<br />
in Nidden und Leba (siehe Los 8), das war für Karl Schmidt-Rottluff<br />
erst Dangast und nach dem Ersten Weltkrieg die Gegend um<br />
Hohwacht. Unser Bild ist dort 1919 in jenem Jahr entstanden,<br />
in dem sich bei Schmidt-Rottluff die in der Kriegszeit angestaute<br />
Schaffenskraft entlädt. Grohmann nennt 36 Gemälde, Schapire<br />
27 Holzschnitte, die in diesem kurzen Zeitraum entstehen. Den<br />
ganzen Sommer über, von Anfang Juni bis Ende September,<br />
war der Künstler in Hohwacht. Schon Zeitgenossen wie Martin<br />
Gosebruch erkannten im Sommer 1919 die „feierliche Krönung<br />
des <strong>Werke</strong>s“.<br />
Auf einzigartige Weise gelingt es Schmidt-Rottluff hier, die<br />
explosive Farbigkeit des Expressionismus in seinen Kompo-<br />
sitionen zu beruhigen und sein skulpturales, grafisches und<br />
malerisches Werk unauflöslich miteinander zu verschränken.<br />
Die beiden Frauen am Strand unseres Gemäldes tragen eigentlich<br />
keine Menschenköpfe, sondern jene aus Holz geschnitzten<br />
Masken Schmidt-Rottluffs, die an die Kraft ihrer afrikanischen<br />
Vorbilder heranreichen. Die neue Rigidität, die Schmidt-Rottluff<br />
nach dem Krieg in seiner Kunst gefunden hat, verwandelt<br />
die Formationen von Menschen, Strand, Meer und Firmament<br />
in kantige Strukturen. Es sind die Gesichter aus seinen Holzschnitten,<br />
die hier durch Farben belebt werden. Doch trotz<br />
aller Reduktion wirkt die Mimik belebt, die Gesprächssituation<br />
festgehalten wie bei den versteinerten Figuren aus Pompeji.<br />
Die Frau im Hintergrund spricht gestenreich, die zweite Figur<br />
hört zu, senkt den Kopf beim Nachdenken. Das Thema ist ernst.<br />
Am 28. August schreibt der Künstler an einen Freund über die<br />
„Melancholie“, die über „diesem Sommer lastet“.<br />
Zwar wählt Schmidt-Rottluff weiter die kühnen Farben der<br />
„Brücke“-Aufbruchsjahre, malt den Strand rosa und die Haare<br />
blau – und doch hat sich die Temperatur abgekühlt, der Auftrag<br />
ist flächiger geworden, und man sieht kein Stakkato der Pinselstriche<br />
mehr über die Leinwand fegen. Stattdessen sind es fast<br />
abstrakte Farbfelder, die er übereinanderschichtet: in Rosa, Blau,<br />
Dunkelblau, Rot, Kobaltblau. Er stellt die beiden Figuren an den<br />
Strand, als würden sie wie Felsen im Abendsonnenschein vor<br />
dem blauen Wasser aufragen. „Die Versteinerung der Form, die<br />
sie zu Säulen erstarren läßt, mutet uns fremdartig an“, schrieb<br />
Martin Gosebruch, aber „es spricht daraus das männliche Gefühl<br />
für Wucht, das der Malerei des impressionistischen Zeitalters<br />
abhanden gekommen war.“ (FI)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
13 Karl Schmidt-Rottluff<br />
Rottluff 1884 – 1976 Berlin<br />
JERSHÖFT (POMMERN). 1921<br />
Aquarell und Tuschpinsel über Bleistift auf Velin.<br />
48 x 61,5 cm (18 ⅞ x 24 ¼ in.). Unten rechts<br />
signiert und datiert: S Rottluff 1921.<br />
Das Aquarell ist im Archiv der Karl und Emy<br />
Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin, registriert. –<br />
[3472] Gerahmt.<br />
Provenienz: Rosa Schapire, Hamburg-London /<br />
Privatsammlung, London / Privatsammlung,<br />
Schweiz (1983/84 als Leihgabe im Schleswig-<br />
Holsteinischen Landesmuseum, Schleswig) /<br />
Privatsammlung, Norddeutschland<br />
Ausstellung: Schmidt-Rottluff. Gemälde,<br />
Landschaften aus 7 Jahrzehnten. Aquarelle aus<br />
den Jahren 1909 bis 1969. Hamburg, Altonaer<br />
Museum (Gemälde) und BAT Cigaretten-Fabriken<br />
(Aquarelle, 55. BAT-Ausstellung), 1974, Kat.-<br />
Nr. 55, mit Abb. S. 147 und ganzs. Farbabb.<br />
S. 160 (außerdem als ganzs. Farbabb. auf der<br />
Einladungskarte) / Karl Schmidt-Rottluff zum<br />
100. Geburtstag, Verzeichnis der ausgestellten<br />
<strong>Werke</strong>. Schleswig, Schleswig-Holsteinisches<br />
Landesmuseum auf Schloß Gottorf, 1984,<br />
Kat.-Nr. 100, mit Abb. / Aquarelle der „Brücke“.<br />
Berlin, Brücke-Museum, 1995/96, Kat.-Nr. 46,<br />
mit ganzs. Farbabb.<br />
Literatur und Abbildung: Schleswig-Holsteinisches<br />
Landesmuseum Schloß Gottorf, Berichte 1983,<br />
mit Abb. („Neuerwerbungen“) / Gerhard Wietek:<br />
Schmidt-Rottluff in Hamburg und Schleswig-<br />
Holstein (= Kunst in Schleswig-Holstein, Bd. 25).<br />
Neumünster, Karl Wachholtz Verlag, 1984,<br />
S. 103, ganzs. Farbabb. 19 auf S. 147 /<br />
Ausstellungskatalog: Karl Schmidt-Rottluff,<br />
Aquarelle. Berlin, Brücke-Museum, 1991/92,<br />
S. 18 (erwähnt), Abb. 6<br />
€ 140.000 – 180.000<br />
$ 181,000 – 233,000<br />
Zufällig bei einer Wanderung im Jahr 1920 entdeckt, fühlte sich Karl<br />
Schmidt–Rottluff in dem Fischerdorf Jershöft an der Pommerschen<br />
Ostseeküste so wohl, daß er künftig regelmäßig im Sommer hierher<br />
reiste und vor Ort malte. In unserem Aquarell von 1921 richtet<br />
Schmidt-Rottluff den Blick auf niedrige Häuser mit kleinen Fenstern,<br />
die unter weit heruntergezogenem Dach dem Naturgeschehen<br />
trotzen. In fein abgestuften Brauntönen, in hellem Rot und Blau<br />
angelegt, spannt sich darüber der Himmel. Gelbe Formen sind ihm<br />
als schwungvolles Signal für plötzlich aufbrechende Helligkeit des<br />
Sonnenlichts eingezeichnet. Ruhe, Überschaubarkeit, die Nähe von<br />
Mensch und Elementen, das alles spricht aus diesem Bild und belegt<br />
die Verbundenheit des Künstlers mit dem Ort, wie sie auch die anderen<br />
Refugien seiner Ferien, zum Beispiel Dangast, Hohwacht oder<br />
später Sierksdorf auszeichnet. (EO)<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
14 R Ernst Ludwig Kirchner<br />
Aschaffenburg 1880 – 1938 Davos<br />
IM SERTIGTAL MIT BLICK AUF CLAVADEL. 1925<br />
Aquarell über Bleistift auf Papier. 33,8 x 45,9 cm<br />
(13 ¼ x 18 ⅛ in.). Rückseitig mit dem Basler<br />
Nachlaßstempel Lugt 1570b und der mit Feder<br />
in Schwarz eingetragenen Registriernummer:<br />
A Da/Aa 83.<br />
Das Aquarell steht in Zusammenhang mit dem<br />
Gemälde „Sertigweg; Sertig mit Kurhaus Clavadel”<br />
von 1925 (Gordon 796). – [3405] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Schweiz<br />
€ 80.000 – 120.000<br />
$ 103,600 – 155,000<br />
Im Herbst 1923 zog Kirchner von seinem Haus „In den Lärchen“ in<br />
Frauenkirch/Davos auf die andere Seite des Landwasser-Tals in das<br />
Wildboden-Haus am Eingang zum Sertigtal, das er bis zu seinem<br />
Lebensende bewohnte. In unmittelbarer Nähe ist das Landschaftsaquarell<br />
mit dem Blick in die Höhe auf die Häuser von Clavadel 1925<br />
entstanden. Das Motiv und die Komposition haben Kirchner animiert,<br />
das Aquarell noch im selben Jahr in ein Ölgemälde umzusetzen.<br />
Das Jahr 1925 bezeichnete Kirchner als einen Umbruch in seiner<br />
Kunstauffassung und Malerei. In den ersten Jahren in Frauenkirch<br />
hatte er sich noch nicht von seiner schweren Krankheit erholt, und die<br />
nervös-erregte Zeichensprache der Berliner Jahre setzte sich zunächst<br />
fort. Mitte der zwanziger Jahre trat eine Beruhigung gegenüber dem<br />
furiosen Gefühlsüberschwang der expressionistischen Phase ein, wie<br />
sie auch der allgemeinen kulturellen Tendenz in Europa entsprach.<br />
Kirchner war wieder im Vollbesitz seiner Kräfte und blickte mit Optimismus<br />
und Energie in die üppig wuchernde Natur. Wie es das Aquarell<br />
in seinen klaren und leuchtenden Farben widerspiegelt, glänzte alles<br />
in neuer Erscheinung. Er brauchte keine ausgefallenen Motive zu<br />
suchen, die nähere Umgebung seines Wildboden-Hauses war so reich<br />
an neuen Landschaftseindrücken, an Farben und Gestalten, daß er aus<br />
dem Vollen schöpfen konnte. Ganz lebensnah hielt er in seinen Bilder<br />
fest, was er sah; aber er unterwarf es der Disziplin der künstlerischen<br />
Gestaltung. Diese veränderte sich um 1925 zu einer großformigen<br />
Stilisierung in Richtung auf den sogenannten ornamentalen Teppichstil<br />
und von dort um 1928 in seine stärker abstrahierende Phase.<br />
Das Aquarell ist ein schönes Beispiel für diesen Wandel zur flächigen<br />
Darstellung in vereinfachten, zusammenfassenden Formen. Wie eine<br />
blaugrüne Woge, gegliedert in Farbbahnen, ergießt sich der Berghang<br />
von rechts ins Tal. Die Biegung des Sertigwegs fängt den Strom auf,<br />
und die Fichtengruppe lenkt die Bewegung in die Vertikale. Die flüssige<br />
Wasserfarbe unterstreicht den Eindruck des Fließens, und die satten<br />
Farben sind ein Abglanz der blühenden Alpenwiesen. Kirchner verbindet<br />
die gegenständliche Darstellung der Landschaft mit dekorativer<br />
Gestaltung. Er hat sich immer für das Ornament als notwendiges,<br />
schmückendes Element eines guten Bildes ausgesprochen. So<br />
schmückt das Aquarell in seiner Farbenpracht die Natur mit sich<br />
selbst, wie wir sie ohne die Kunst nicht sehen könnten. „Was die<br />
Natur vergebens möchte, vollbringen die Kunstwerke: sie schlagen<br />
die Augen auf“ (T.W. Adorno, Ästhetische Theorie).<br />
Günther Gercken, Lütjensee<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
15 Hermann Max Pechstein<br />
Zwickau 1881 – 1955 Berlin<br />
„SONNENBLUMEN“. 1931<br />
Öl auf Leinwand. 115 x 70,5 cm<br />
(45 ¼ x 27 ¾ in.). Unten in der Mitte signiert<br />
(ligiert) und datiert: HMPechstein 1931.<br />
Soika 1931/1. –<br />
[3216] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Berlin (direkt<br />
beim Künstler erworben) / Privatsammlung,<br />
Süddeutschland / Privatsammlung,<br />
Norddeutschland<br />
€ 250.000 – 350.000<br />
$ 324,000 – 453,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Die Sonnenblume als Motiv spielt in der Kunstgeschichte eine<br />
große Rolle – und das nicht nur bei van Gogh. Auch der aus<br />
Zwickau gebürtige Max Pechstein hat in seinem Künstlerleben<br />
oft Sonnenblumen gemalt, wild in den frühen expressionistischen<br />
Jahren, nüchterner in den 1920er Jahren, eher überwirklich<br />
gesteigert im darauffolgenden Jahrzehnt und schließlich ruhig im<br />
Alterswerk. Nach Studien an der Kunstgewerbeschule in Dresden<br />
und der Akademie ließ sich der Künstler, der sich 1906 der im<br />
Jahr zuvor gegründeten „Brücke“ anschloß, 1908 in Berlin nieder.<br />
Zwei Jahre später war er einer der Gründer der „Neuen Secession“.<br />
In Berlin wurde er, die bewegte Aufbruchszeit hinter sich<br />
lassend, zu einem gefragten Maler. Neben den deutlich expressiven<br />
Stilmitteln finden sich in seinem Werk auch realistische und<br />
eher sachliche Tendenzen.<br />
Bei unserem für ein Stilleben ungewöhnlich großen Hochformat<br />
plaziert der Maler 1931 Sonnenblumen vor einen lichtblauen<br />
Hintergrund. Zusammen mit den Gelbwerten der Blüten und dem<br />
Blattwerk ergibt sich ein reizvolles Farbenspiel, das die ‚Handschrift’<br />
des Pinsels zusätzlich belebt.Das Gemälde wirft einen<br />
ungewohnten Blick auf die Pflanze. Die Sonnenblumen stehen<br />
nicht als dekoratives Bukett in einem Innenraum und zieren nicht<br />
das Staudenbeet eines Gartens, sondern treten ‚unkultiviert’ auf,<br />
als Einzeldarstellung einer mächtigen Pflanze. Der Raum, der<br />
diese Pflanze umgibt, ist leer. Pechstein stellt ihn allein als blaue<br />
Fläche dar. Über ein vergleichbares großes Sonnenblumenbild<br />
hat Max Osborn in seiner frühen Monographie über den Maler<br />
geschrieben: „Lachend erzählt er, wie er von seinem Plan besessen,<br />
sich nachts die Pflanzen, riesenhafte Stämme mit Blattschilf-<br />
Pyramiden vom Felde stahl, um sie zu malen. Mit einem Schlage<br />
war ihm das Wesentliche aufgegangen. Wie im Rausch senkte er<br />
den Pinsel tief in die Farbe um die ganze Glut, die fremdartige<br />
Phantastik, die Hypertrophie der riesigen Blumen aus sich heraus<br />
neu zu schaffen.“ (Max Osborn: Max Pechstein, Berlin 1922,<br />
S. 43) (EO)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
16 Emil Nolde<br />
Nolde 1867 – 1956 Seebüll<br />
„BÄRTIGER ALTER MANN MIT BLAUEN<br />
AUGEN“. Um 1930<br />
Aquarell und Tuschfeder auf Japan.<br />
18,5 x 13,9 cm (7 ¼ x 5 ½ in.).<br />
Unten rechts signiert: Nolde.<br />
Eingebunden in das Buch (Halbledereinband)<br />
von Emil Nolde: Das eigene Leben. Im Selbstverlag<br />
1931, zwischen S. 10 u. S. 11.<br />
Auf dem Vakat mit Feder in Blau bezeichnet und<br />
datiert: Dir zum Weihnachtsfest im Festgewand<br />
das kleine Lebensbuch von Deinem A u E N.<br />
22.12.1931. Dort auch eine Widmung Hans<br />
Fehrs von 1958.<br />
Mit einer Bestätigung von Prof. Dr. Manfred<br />
Reuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde,<br />
vom 18. Juli 2012. –<br />
[3162]<br />
Provenienz: Hans Fehr, Bern (Geschenk<br />
des Künstlers zu Weihnachten 1931) /<br />
Privatsammlung, Berlin<br />
€ 40.000 – 60.000<br />
$ 51,800 – 77,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Der aus St. Gallen stammende Jurist Hans Fehr war Emil Noldes<br />
engster Freund und Vertrauter. Seit 1892 kannten sich die<br />
beiden (Fehr war Schüler in Noldes Zeichenklasse in St. Gallen),<br />
und die Freundschaft, die ein umfangreicher Briefwechsel<br />
im Archiv der Stiftung Seebüll dokumentiert, dauerte bis zu<br />
Noldes Tod im Jahr 1956. Als Emil Nolde Ende 1931 den ersten<br />
Band seiner Autobiographie mit dem Titel „Das eigene Leben“<br />
fertiggestellt hatte, schickte er seinen treuesten Wegbegleitern<br />
zum Weihnachtsfest ein Exemplar dieses Buches, nicht selten<br />
ausgestattet mit einem kleinformatigen Aquarell, welches auf<br />
das Vorsatzblatt geklebt war, und mit eigenhändiger Widmung;<br />
so auch in diesem Fall.<br />
Bemerkenswert ist, welches Motiv Nolde seinem besten<br />
Freund zugedacht hat: Ein bärtiger Mann mit auffallend blauen<br />
Augen schaut unbestimmt lächelnd in die Ferne, während eine<br />
Phantasiegestalt – ein Dämon oder Geisterwesen – ihm über<br />
die Schulter hinweg ins rechte Ohr flüstert. Es ist denkbar, daß<br />
Noldes sich selbst in dieser Figur des Bärtigen gesehen hat,<br />
der souverän und in der Gewißheit der eigenen inneren Stärke<br />
allen Versuchungen von außen widersteht. In den meisten seiner<br />
Selbstportraits stellt sich Nolde mit diesen tiefblauen Augen dar,<br />
Hinweis auf die eigene visionäre Gabe.<br />
Trotz seines kleinen Formats kann unser Aquarell Emil Noldes<br />
Werkreihe der „Phantasien“ zugerechnet werden, die als<br />
Vorläufer der späteren „Ungemalten Bilder“ aus der Zeit des<br />
Malverbots (1938–1945) angesehen werden und wie diese<br />
„entstanden ohne irgendwelches Vorbild oder Modell, auch<br />
ohne fest umrissene Vorstellung“ (Emil Nolde: Jahre der Kämpfe.<br />
Köln 1985, S.201). In einem Brief an Hans Fehr vom Dezember<br />
1932 bekräftigte der Maler: „Es sind besonders schöne Aquarelle,<br />
in einer Höhe, wie ich sie noch nicht hatte“. (AF)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
(Abbildung in Originalgröße)
17 Emil Nolde<br />
Nolde 1867 – 1956 Seebüll<br />
ALPENLANDSCHAFT (SCHWEIZ). 1930er Jahre<br />
Aquarell auf Japan. 36,9 x 46 cm<br />
(14 ½ x 18 ⅛ in.). Unten rechts mit Tuschfeder<br />
signiert: Nolde. Auf der Rückpappe ein Etikett<br />
des Kunsthauses Schaller, Stuttgart.<br />
Mit einer Bestätigung von Prof. Dr. Manfred<br />
Reuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde,<br />
vom 19. Oktober 2012. –<br />
[3237] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Baden-<br />
Württemberg<br />
€ 50.000 – 70.000<br />
$ 64,800 – 90,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Emil Noldes Bergaquarelle sind ein wenig bekannter Schatz. Bis<br />
heute bringt man den Namen des norddeutschen Malers eher<br />
mit Marschlandschaften, Blumen- und Meerbildern in Verbindung.<br />
Und doch gehören seine Darstellungen der Schweizer<br />
Bergwelt zu den Höhepunkten innerhalb seiner Aquarellkunst.<br />
Bereits 1892 lernt der junge Nolde, der damals noch seinen<br />
Geburtsnamen Hansen trägt, die Schönheit der Hochalpen<br />
kennen, als er fünf Jahre lang Lehrer für gewerbliches Zeichnen<br />
am Industrie- und Gewerbemuseum in St. Gallen war. In jugendlichem<br />
Ehrgeiz erklimmt er immer höhere Berggipfel, 1894<br />
das Jungfrauenmassiv (4158 m), im August 1896 den Monte<br />
Rosa (4634 m) und das Matterhorn (4478 m), 1897 den Ortler<br />
(3905 m) in Österreich. „Der Sohn der Ebene war allmählich ein<br />
bekannter Hochtourist geworden. Spannung und Verwegenheit<br />
trieben ihn. Aber auch die große Schönheit war ihm lieb“,<br />
schreibt der Maler in seinen Lebenserinnerungen (Emil Nolde:<br />
Das eigene Leben. Köln 1988, S.139).<br />
Immer wieder zieht es Nolde in die Schweizer Bergwelt, vermehrt,<br />
nachdem sich sein engster Freund Hans Fehr als habilitierter<br />
Jurist 1924 mit seiner Familie in Muri bei Bern dauerhaft<br />
niederläßt. Die unberührte und übermächtige Urnatur hat den<br />
Maler zeit seines Lebens bewegt und zu den ausdrucksstärksten<br />
Bildern inspiriert. Mit Demut und Ehrfurcht sucht er stets<br />
diese überwältigenden elementaren Naturereignisse bildlich zu<br />
erfassen und läßt hierbei seine tiefsten Empfindungen einfließen.<br />
Sieht man einmal von den religiösen Bildern ab, ist Nolde in<br />
keinem seiner <strong>Werke</strong> der Schöpfung näher als in diesen Landschaftsbildern.<br />
Unser Aquarell zeigt eine solche imposante Schweizer Bergkulisse:<br />
im Vordergrund zwei Häuser an einem bewaldeten Berghang,<br />
dahinter schneebedeckte Gipfel, die rechts in einer Wolkenbank<br />
verschwinden. Der Himmel ist schwarzgrau gefärbt, als stünde<br />
ein Unwetter bevor. Doch noch reflektieren die Schneeflächen<br />
das grelle Sonnenlicht, während der vordere Bergrücken bereits<br />
in blau-grünem Schatten liegt. Meisterhaft wird das Weiß des<br />
Papiergrundes in die Komposition mit einbezogen. Im freien Fluß<br />
der Farben entstand ein Werk, das in seiner expressiven Wucht<br />
fast den Rang eines Ölbildes erreicht. (AF)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
18 Otto Mueller<br />
Liebau/Schlesien 1874 – 1930 Breslau<br />
„ZWEI MÄDCHEN” („ZWEI MÄDCHENAKTE<br />
IN DREIVIERTELFIGUR”). Um 1924<br />
Leimfarbe auf Rupfen. Doubliert. 120 x 89,5 cm<br />
(47 ¼ x 35 ¼ in.). Unten links monogrammiert:<br />
O. M. Auf dem Keilrahmen oben Etiketten der<br />
Galerie Commeter, Hamburg, der Kunsthütte<br />
zu Chemnitz und der Galerie Alex Vömel,<br />
Düsseldorf.<br />
von Lüttichau/Pirsig 179. –<br />
[3049] Gerahmt.<br />
Provenienz: Karl Schmidt-Rottluff, Berlin (1928) /<br />
Hans Schröder, Garmisch-Partenkirchen (1965) /<br />
Privatsammlung, Deutschland<br />
Ausstellung: Neuere deutsche Kunst aus Berliner<br />
Privatbesitz. Berlin, Nationalgalerie, 1928,<br />
Kat.-Nr. 132 / Neun Maler, zwei Bildhauer.<br />
Alfred Hess dem Freunde deutscher Kunst<br />
zum Gedächtnis. Duisburg, Kunstmuseum,<br />
Kiel und Hamburg, 1932/33, Kat.-Nr. 45 (?)<br />
€ 800.000 – 1.<strong>200</strong>.000<br />
$ 1,036,000 – 1,550,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Dieses außergewöhnliche Gemälde Otto Muellers gehörte einst<br />
Karl Schmidt-Rottluff: Künstler sehen anders auf Kunstwerke<br />
anderer Maler, sie wissen, welche Klippen kompositorisch zu<br />
umschiffen waren. Wenn sich zwei Künstler so lange und so<br />
intensiv begleitet haben wie die beiden Mitglieder der „Brücke“<br />
Mueller und Schmidt-Rottluff, dann sind die Kriterien, nach<br />
denen die <strong>Werke</strong> des Kollegen beurteilt werden, noch schärfer.<br />
Und in der Tat stechen die „Zwei Mädchen“ aus dem Œuvre<br />
Muellers durch ihre besonders geglückte Komposition heraus.<br />
Immer wieder spielt der Künstler in seinem Werk mit gedämpfter<br />
Farbigkeit in Beige und Grüntönen das Thema Nacktheit und<br />
Natur durch, meist durch ein subtiles Wechselspiel aus den<br />
Diagonalen der Körper und der Baumstämme unterstützt.<br />
In unserem Bild aber verzichtet Mueller komplett auf den für<br />
ihn charakteristischen vegetativen Hintergrund – und setzt das<br />
Grün kühn als große abstrakte Fläche ein. Mueller konzentriert<br />
sich ganz auf die beiden Frauen. Seine große Kraft erhält das<br />
Bild allein aus diesem Dualismus. Während die Formen der<br />
jungen Frau im Hintergrund in einer Art Dämmerlicht verschleiert<br />
sind, scheint ein Lichtstrahl den Rücken der Frau vorne links zu<br />
treffen und ihren Körper zu konturieren. Die Frau hinten widmet<br />
sich introvertiert und konzentriert ihren Beinen – die vordere<br />
Frau hingegen wendet sich in einer extrovertierten Pose um,<br />
ihrer Schönheit und Verführungskraft gewiß.<br />
Das geheime Zentrum des Bildes ist der schwarze Strich der<br />
Rundung des Tisches vorn: Er wird erwidert von der Diagonalen<br />
des angewinkelten Beines hinten. Die beiden hochhackigen<br />
Schuhe am Boden schließlich nehmen subtil die beiden unterschiedlichen<br />
Kraftfelder des Gemäldes auf. Und das Dreieck,<br />
das sie bilden, spiegelt sich genau in dem gebeugten Arm der<br />
sitzenden Frau dahinter. Die ausgezogenen Schuhe strahlen<br />
eine größere Erotik und Eindeutigkeit aus als die unbekleidete<br />
Frau dahinter. So ist dieses scheinbar ruhige, konzentrierte<br />
Bild auf einer zweiten Ebene von einer großen inneren Dynamik<br />
durchzogen. Karl Schmidt-Rottluff war einer der ersten, der dies<br />
sehen konnte. (FI)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
18a Emil Nolde<br />
Nolde 1867 – 1956 Seebüll<br />
„VENEDIG (GONDEL VOR HÄUSERN)“. 1924<br />
Aquarell auf dünnem Japan.<br />
33,6 x 47 cm (13 ¼ x 18 ½ in.).<br />
Unten rechts mit Tuschfeder signiert: Nolde.<br />
Mit einer Bestätigung von Prof. Dr. Manfred<br />
Reuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde,<br />
vom 28. März <strong>200</strong>2. –<br />
Farben leicht geblichen, kleine Stockflecken.<br />
[3397] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Rheinland<br />
€ 60.000 – 80.000<br />
$ 77,700 – 103,600<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Nach einem ersten Italienaufenthalt im jahr 1905 reiste Emil<br />
Nolde 1924 zum zweiten Mal nach Italien und besuchte bei<br />
dieser Gelegenheit auch Venedig. Im Gegensatz zur ersten Reise<br />
war die künstlerische Ausbeute diesmal bedeutend ergiebiger,<br />
wenn auch keine Ölbilder mehr vor Ort entstanden. Für die<br />
Arbeit unterwegs schien dem Maler seit seiner einjährigen Reise<br />
in die Südsee in den Jahren 1913/14 das kleinere Format des<br />
Aquarells grundsätzlich besser geeignet. Unser Blatt mit der<br />
Darstellung einer typischen venezianischen Gondel auf einem<br />
Kanal zeugt von Noldes mittlerweile erworbenen Souveränität<br />
im Umgang mit Pinsel und Farben. Die ins Zentrum gesetzte<br />
schwarze Gondel erscheint vor einer in warmen Ocker- und<br />
Rottönen gehaltenen Häuserkulisse. Reizvoll sind die Lichtreflexe<br />
unterhalb des Bootes, die auf der spiegelglatten Wasserfläche<br />
kaum gebrochen werden und so das Farbenspiel nahezu bis<br />
zum unteren Bildrand fortführen. Allein der weiße Papiergrund<br />
verdeutlicht das gleißende Licht einer mediterranen Mittags-<br />
sonne. Aufgrund des kurzen Aufenthalts der Noldes in Venedig<br />
sind diese Aquarelle von großer Seltenheit. (AF)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
19 Gabriele Münter<br />
Berlin 1877 – 1962 Murnau<br />
„BLAUER KEGELBERG“. 1930<br />
Öl auf Leinwand. 45 x 38 cm (17 ¾ x 15 in.).<br />
Rückseitig zweimal mit dem Nachlaßstempel.<br />
Auf dem Keilrahmen ein Aufkleber mit der<br />
gestempelten Nr. L[andschaft] 341.<br />
Die Arbeit wird aufgenommen in das Werk-<br />
verzeichnis der Gemälde Gabriele Münters<br />
von Dr. Isabelle Jansen, Gabriele Münter-<br />
und Johannes Eichner-Stiftung, München<br />
(in Vorbereitung). –<br />
[3231] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland /<br />
Privatsammlung, Berlin<br />
€ 150.000 – <strong>200</strong>.000<br />
$ 194,000 – 259,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Einen frühen „Blauen Berg“ malte Gabriele Münter im September<br />
1908 während ihres ersten Aufenthaltes in Murnau. In einer<br />
rückblickenden Notiz schildert sie, wie sie „entzückt vom Anblick<br />
des blauen Bergmassivs im Abendlicht, diese Studie ganz rasch<br />
und in tiefer Versunkenheit gemalt habe: als sie von der fertigen<br />
Arbeit aufblickte, sei es ihr gewesen als ob ein Vogel ein Lied<br />
gesungen habe“ (zit. nach Ausst.-Kat. Lenbachhaus, München<br />
1993, S. 33). Damals war es die Kette der drei Hörnle-Gipfel gewesen,<br />
die ihre Aufmerksamkeit fesselte. Der „Blaue Kegelberg“<br />
ist nicht ohne weiteres geographisch zuzuordnen, erscheint<br />
doch die in einer einzigen großartigen Geste zusammengefaßte<br />
Schau des Natureindrucks als eigentliches Bildthema. Lange<br />
wurde Gabriele Münter als „naiver“ Gegenpol zum intellektuellen<br />
Wassily Kandinsky angesehen, als Künstlerin, die allein aus<br />
natürlichem Instinkt heraus agiere. Dem widerspricht schon ihre<br />
Arbeitsweise, denn die auf Spaziergängen und Wandertouren<br />
schnell und intuitiv entstandenen Studien dienten ihr zumeist<br />
als Ausgangsmaterial, um die als wesentlich erfaßten Form- und<br />
Farbeigenschaften der Landschaft im Bild herauszufiltern und<br />
malerisch zu steigern.<br />
Ein Werk wie „Blauer Kegelberg“ ist in Auffassung und Konzeption<br />
alles andere als naiv. In eng begrenztem Motivausschnitt wird<br />
die Landschaft mit bewußter Radikalität als ein fast abstraktes<br />
Gefüge wiedergegeben, wobei die räumliche Entfernung<br />
zwischen den Buckelwiesen und Hügeln im Vordergrund und der<br />
Alpenkulisse in der Ferne nahezu aufgehoben ist. Bekanntermaßen<br />
liebte Gabriele Münter die bei Föhn herrschende Stimmung,<br />
wenn die schwarzblauen Berge scheinbar nahe heranrückten<br />
und die Farben besonders intensiv leuchteten. Was die Malerin<br />
bei solchem Anblick empfand, bewahrt die ganz persönliche und<br />
intime Prägung ihrer konzentriert ausgearbeiteten Gemälde, die<br />
somit nichts an Frische und Spontaneität einbüßen, aber zusätzlich<br />
an Tiefe gewinnen. (sch)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
20 Gabriele Münter<br />
Berlin 1877 – 1962 Murnau<br />
„MURNAU WEST IM FRÜHLING“. 1960<br />
Öl auf Leinwand. 38,5 x 50,5 cm<br />
(15 ⅛ x 19 ⅞ in.). Unten links signiert: Münter.<br />
Auf dem Keilrahmen oben mit Feder in Schwarz<br />
über Kugelschreiber in Blau datiert, signiert und<br />
betitelt: März 1960 Ga.[briele] Münter Murnau<br />
West im Frühling.<br />
Die Arbeit wird aufgenommen in das Werk-<br />
verzeichnis der Gemälde Gabriele Münters<br />
von Dr. Isabelle Jansen, Gabriele Münter-<br />
und Johannes Eichner-Stiftung, München<br />
(in Vorbereitung). – [3231] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland<br />
(erworben von der Familie der Künstlerin) /<br />
Privatsammlung, Berlin<br />
€ 150.000 – <strong>200</strong>.000<br />
$ 194,000 – 259,000<br />
Als Gabriele Münter 1908 während eines Ausflugs zufällig<br />
in das kleine, oberbayrische Dorf Murnau gelangte,<br />
war sie sofort begeistert. An die grauen Mauern und<br />
hektischen Straßen der Stadt München gewöhnt, wirkten<br />
die stille Landschaft, die kleinen Häuser, die helle Dorfkirche<br />
wunderbar beruhigend und idyllisch auf sie. 1909<br />
kaufte sie ein Haus in Murnau, das für die nächsten Jahre<br />
ihre Heimat sein sollte. In der Abgelegenheit des Ortes,<br />
der Ursprünglichkeit der Natur und des Lebens fand<br />
Münter zu einer neuen Malerei. Klarheit und Einfachheit<br />
des Seins drückten sich gleichfalls in den sich radikal<br />
geänderten Bildern aus.<br />
Doch Murnau beeinflußte nicht nur Gabriele Münter.<br />
Wassily Kandinsky, ihr einstiger Lehrer und mittlerweile<br />
Lebensgefährte, war mit ihr nach Murnau gezogen. Sie<br />
lebten und arbeiteten intensiv in den Jahren auf dem<br />
Lande. Weitere Künstler kamen hinzu: Alexej Jawlensky<br />
und Marianne Werefkin, Franz Marc und Heinrich Campendonk.<br />
Für sie alle war es ein schöpferischer Ort, eine<br />
Inspirationsquelle, die sie ermutigte, altbekannte Pfade<br />
der Malerei zu verlassen, vorzudringen in neue, unbekannte<br />
Gebiete, zu eigenem Ausdruck und ungeahnten<br />
Ergebnissen zu finden.<br />
Unser 1960 entstandenes Bild „Murnau West im<br />
Frühling“ ist eines der späten <strong>Werke</strong> der Künstlerin.<br />
Doch es ist von derselben starken Ausdruckskraft wie<br />
jene Bilder aus ihrer ersten Zeit auf dem Lande. Es<br />
zählen noch immer dieselben Worte Münters vom Beginn<br />
ihrer Murnauer Zeit: „Von nun an bemühte ich mich nicht<br />
mehr um die nachrechenbare, ‚richtige’ Form der Dinge,<br />
und doch habe ich nie die Natur überwunden, zerschlagen<br />
oder gar verhöhnen wollen. Ich stellte die Welt dar,<br />
wie sie mir wesentlich schien, wie sie mich packte.“<br />
(Zit. nach: Gabriele Münter malt Murnau, Ausst.-<br />
Kat. Murnau 1996, S. 11) (Br)<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
21 Alexej von Jawlensky<br />
Torschok 1864 – 1941 Wiesbaden<br />
„GROSSES STILLEBEN: CHRYSANTHEMEN“.<br />
Um 1937<br />
Öl auf leinenstrukturiertem Karton.<br />
39,7 x 30,2 cm (15 ⅝ x 11 ⅞ in.). Unten links<br />
monogrammiert: A. J. Unten rechts undeutlich<br />
datiert (37?). Rückseitig oben von fremder<br />
Hand beschriftet: links mit rotem Farbstift:<br />
A. v. Jawlensky 1937; rechts mit blauem<br />
Farbstift: 1937.<br />
Nicht bei Jawlensky. – Mit einer Bestätigung<br />
des Alexej von Jawlensky-Archivs S. A., Locarno,<br />
vom 17. Januar <strong>200</strong>5. – [3363]<br />
Provenienz: Privatsammlung, Hessen<br />
€ 90.000 – 120.000<br />
$ 116,600 – 155,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Mehr als bei fast jedem anderen Maler seiner Zeit war die Farbe<br />
bei Jawlensky Symbol und Bedeutungsträger. In immer wieder<br />
neuen Farbklängen versuchte der Maler bei den landschaftlichen<br />
„Variationen“, den „Abstrakten Köpfen“ und schließlich<br />
bei den späten „Meditationen“ mithilfe der Farbe die Schranke<br />
des sinnlich Erfahrbaren zu überschreiten und eine geistige<br />
Ebene zu erschließen.<br />
In den 1930er Jahren zog sich Jawlensky, von den Nationalsozialisten<br />
mit einem Ausstellungsverbot belegt und vom zunehmenden<br />
Unverständnis seiner Zeitgenossen getroffen, ganz in seine<br />
innere Gefühlswelt zurück. Hinzu kam eine fortschreitende Lähmung<br />
der Hände, die ihm die Arbeit erschwerte und schließlich<br />
ganz unmöglich machte. In seinen Lebenserinnerungen spricht<br />
er davon, daß jede der kleinen „Meditationen“ für ihn wie ein<br />
Gebet sei, das ihm helfe sein Los zu tragen. Doch weiter heißt<br />
es: „Als ich etwas Erleichterung in meinen Händen fühlte, malte<br />
ich gleich große Bilder, nur Stilleben, meistens Blumen. Sie sind<br />
sehr schön in Farben und haben großen Erfolg bei den Menschen.“<br />
(Zit. nach: Alexej Jawlensky 1864–1941, Ausst.-Kat. Lenbachhaus<br />
München, 1983, S. 332)<br />
Das „Große Stilleben: Chrysanthemen“ zeigt in der vertikalen<br />
Ausrichtung der Striche, die den Hintergrund bilden, die enge<br />
Verwandtschaft zu den „Meditationen“. Vor dunkler Tiefe<br />
erglühen die Blütenköpfe in Gelb, Rot und Violett. In den<br />
Gelbtönen, schimmernd wie goldene Ikonen, offenbart sich<br />
die mystische Grundhaltung des Malers. Unser Bild mit den<br />
herbstlichen Chrysanthemen ist eines der letzten Bilder, die<br />
Jawlensky ausführen konnte. Die Arbeit wird hierdurch zu einem<br />
ergreifenden Zeugnis des Trostes und des sich ausdrückenden<br />
Könnens. (OH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
22 Ernst Barlach<br />
Wedel 1870 – 1938 Rostock<br />
„DER FLÖTENBLÄSER“. 1936<br />
Bronze mit brauner Patina. Höhe: 59,5 cm<br />
(23 ⅜ in.). Rückseitig unten signiert: E. Barlach.<br />
Rechts daneben der Gießerstempel: H.NOACK<br />
BERLIN.<br />
Laur 596. –<br />
Posthumer Guß aus den 1970er Jahren.<br />
Einer von 32 Güssen (davon 29 in Bronze<br />
und 3 in Zink). [3184]<br />
Provenienz: Privatsammlung, Berlin<br />
€ 50.000 – 70.000<br />
$ 64,800 – 90,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Wie zahlreiche seiner plastischen <strong>Werke</strong> hat Ernst Barlach auch<br />
den „Flötenbläser“ 1936 nach der Modellierung in Gips zuerst<br />
in Holz umgesetzt. Die Holzskulpturen haben Barlachs Rang<br />
als Bildhauer maßgeblich geprägt. Als Alfred Flechtheim 1926<br />
die Vertretung des Künstlers übernahm, entstand der Wunsch,<br />
die Kunstwerke im dauerhafteren Material Bronze umzusetzen.<br />
Barlach selbst stand dieser Idee zunächst skeptisch gegenüber,<br />
doch schließlich wurden rund zwanzig Skulpturen aus der Zeit<br />
zwischen 1907 und 1930 in Bronze gegossen.<br />
In sich versunken ist „Der Flötenbläser“ in einen Umhang<br />
gehüllt und mit einem flachen Hut auf dem Kopf sitzend wiedergegeben,<br />
so daß alle Konturen einer einheitlich geschlossenen<br />
Linie folgen. Die Figur tritt das erste Mal in einer Zeichnung für<br />
eine der beiden Holzskulpturen auf, die Barlach 1919/20 für das<br />
Haus von Leo Levin in Breslau entwarf. Sie wurden dort jedoch<br />
nicht realisiert. Die Arme, eng vor dem Oberkörper, halten das<br />
Instrument, wohl mehr eine Schalmei als eine Flöte, die Hände<br />
treten deutlich hervor. Der Gesichtsausdruck des jungen Mannes<br />
ist still, er scheint den Tönen nachzulauschen.<br />
Auch der „Flötenbläser“ berührt die Grundfragen menschlichen<br />
Seins. Seine Aussage wird intuitiv verstanden. „Bei keinem<br />
Künstler des Expressionismus sind wir so schnell mit dem Wort<br />
deutsch bei der Hand wie bei Barlach. [...] Formvereinfachung,<br />
Suche nach dem Kreatürlichen und Verzicht auf komplizierte<br />
intellektuelle Inhalte waren das Anliegen einer ganzen Generation.<br />
Barlach verband dies mit einer zunehmend religiösen Weltschau,<br />
und darin mögen wir das spezifisch Deutsche erkennen.“<br />
(Angela Schneider, in: Kunst des 20. Jahrhunderts, National-<br />
galerie Berlin, o.J., S. 22) (EO)
23 Albert Birkle<br />
Berlin 1900 – 1986 Ostermünchen<br />
„KREUZIGUNG“ („GROSSE KREUZIGUNG“).<br />
1921<br />
Öl auf Leinwand. Doubliert. 322 x <strong>200</strong> cm<br />
(126 ¾ x 78 ¾ in.). Unten rechts signiert:<br />
A. Birkle. Unten links nachträglich signiert und<br />
datiert: A. Birkle 1921.<br />
Die Malerei am Oberrand ergänzt. [3099]<br />
Provenienz: Privatsammlung, Österreich<br />
(direkt vom Künstler erworben)<br />
Ausstellung: Große Berliner Kunstausstellung<br />
1922. Berlin, Landesausstellungsgebäude am<br />
Lehrter Bahnhof, Kat.-Nr. 53, ganzs. Abb. 1 /<br />
Albert Birkle. Ölmalerei und Pastell. Salzburg.<br />
Museumspavillon im Mirabellgarten, Kulturamt<br />
der Stadt Salzburg und Salzburger Museum<br />
Carolino Augusteum, 1980, Abb. 3 / Albert<br />
Birkle. De profundis. Hof, Freiheitshalle, veranstaltet<br />
vom Kulturreferat der Stadt Hof und der<br />
Neuen Münchner Galerie, 1986 (ohne Kat.) /<br />
Albert Birkle. De profundis – aus der Tiefe.<br />
Gemälde, Zeichnungen, Glasfensterentwürfe.<br />
Schweinfurt, Städtische Sammlungen; München,<br />
Galerie der Bayerischen Landesbank;<br />
Schramberg, Kulturzentrum im Schloß; Salzburg,<br />
Museum Carolino Augusteum; 1990, außer Kat.<br />
(nur in Salzburg gezeigt), S. 11 (erwähnt) /<br />
Albert Birkle. Unter dem Kreuz. Schramberg-<br />
Sulgen, Alte St. Laurentius-Kirche und<br />
Lauterbach, Galerie Kimmich, veranstaltet vom<br />
Förderkreis Alte St. Laurentius Kirche, dem<br />
Kunstverein Wilhelm Kimmich und dem<br />
Landratsamt Rottweil, 2010 (ohne Kat.)<br />
Literatur und Abbildung: Hochland, 24. Jg.,<br />
Oktober 1926, S. 97 / Rudolf Pfefferkorn:<br />
Albert Birkle. Leben und Werk. Hans Christians<br />
Verlag, Hamburg 1983, S. 12 / Sylvia Kraker:<br />
Albert Birkle 1900-1986. Diss. phil., Universität<br />
Innsbruck, 1992, Kat.-Nr. 640, S. 268-271, Abb.<br />
Nr. 74, S. 267 / Wolfgang Huber: Das Licht als<br />
Vorbote des Lebens. In: <strong>Grisebach</strong>. Das Journal.<br />
Zweite Ausgabe 2012, S. 54/55<br />
€ 100.000 – 150.000<br />
$ 130,000 – 194,000<br />
Das Gemälde wurde vom Künstler zu Beginn des<br />
Zweiten Weltkriegs aus Berlin nach Süddeutschland<br />
gebracht und zu diesem Zweck abgespannt<br />
und gerollt. Erst 1983 wurde es auf Veranlassung<br />
des Künstlers restauriert und neu aufgespannt.<br />
Danach hat Birkle das Bild erneut signiert.<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Die nicht nur materiellen, sondern mehr noch psychischen Verheerungen,<br />
die der Erste Weltkrieg hinterlassen hatte, bewirkten<br />
einen tiefen Wandel im Menschenbild vieler Künstler, dem sie auf<br />
unterschiedliche Weise Ausdruck verliehen. Die einen suchten<br />
ihr Seelenheil in einer kühlen Sachlichkeit, um sich gegen die Art<br />
von falschen Versprechungen zu wappnen, die in die Katastrophe<br />
geführt hatten. Andere stellten in aggressiver antibürgerlicher<br />
Attitüde die Sinnhaftigkeit der Gesellschaftsordnung und ihrer<br />
Kultur generell in Frage. Und einige entdeckten christliche Bildmotive<br />
wieder, deren Ikonographie sie jenseits konfessioneller<br />
Bindungen als überzeitlichen Ausdruck des menschliche Daseins<br />
zwischen Leiden und Erlösung interpretierten und für ihre Gegenwart<br />
aktualisierten.<br />
Albert Birkle gehört mit seiner „Großen Kreuzigung“ in die letzte<br />
Gruppe. Noch im letzten Kriegsjahr 1918 eingezogen, erlebte<br />
er als blutjunger Soldat die Sinnlosigkeit des Massensterbens in<br />
den Materialschlachten moderner Kriegstechnik. Der Frage nach<br />
dem „Warum“ und „Wofür“ ist er dennoch nicht ausgewichen,<br />
sondern hat sie in seiner Kunst immer wieder aufs Neue thematisiert.<br />
Dem hochbegabten Studenten der Berliner Akademie<br />
wurde bereits 1921 ein Meisteratelier zugewiesen. Dort entstand<br />
die „Große Kreuzigung“.<br />
Bemerkenswert ist vieles an diesem Gemälde, zuallererst die<br />
Tatsache, daß es von einem 21jährigen geschaffen wurde, der<br />
damit eine Gedankentiefe offenbart, die über sein Alter weit<br />
hinausweist. Die an Matthias Grünewalds Isenheimer Altar<br />
erinnernde Farbgebung mit der mystischen Beleuchtung zeigt<br />
eine genaue Kenntnis des alten Meisters und den Willen, die<br />
Errungenschaften der früheren Malerei dem gegenwärtigen<br />
Kunstschaffen zunutze zu machen. Ganz ungewöhnlich und<br />
sinnfällig ist die Gestalt des Gekreuzigten, die der Künstler auf<br />
eine Höhe mit dem Betrachter bringt. Der im wahren Wortsinn<br />
tief hängende Leib mit dem Licht, das aus ihm strömt, verkörpert<br />
die Dualität von Entrückung und Gegenwärtigkeit. Dieses Licht<br />
ist gleißend und milde zugleich, es ist auf den Menschen gerichtet,<br />
der die Szene betrachtet. So ist trotz des schrecklichen<br />
Geschehnisses die Erlösung ganz nahe. Birkles große Kunst<br />
besteht hier wie auch in anderen seiner Bilder nicht nur christlicher<br />
Thematik darin, in all dem Schrecken und der Abgründigkeit<br />
dem Menschen eine Würde zu geben, die ihm als in die Welt<br />
Geworfenen unabhängig von Stand oder Rang zukommt. (MS)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
24 Otto Dix<br />
Gera-Untermhaus 1891 – 1969 Singen<br />
„LANDSCHAFT IM BÖHMISCHEN<br />
MITTELGEBIRGE“. 1942<br />
Mischtechnik auf Leinwand auf Holz.<br />
81 x 100 cm (31 ⅞ x 39 ⅜ in.).<br />
Unten rechts monogrammiert und<br />
datiert: 19 [Monogramm] 42.<br />
Löffler 1942/16. –<br />
Vereinzelte feine Risse in der Malschicht.<br />
[3382] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-<br />
Westfalen (während des Krieges erworben,<br />
seitdem in Familienbesitz)<br />
Literatur und Abbildung: Fritz Löffler: Otto Dix.<br />
Leben und Werk. Dresden, Verlag der Kunst,<br />
1. Aufl. 1960, S. 90/91, Abb. 136; 2. Aufl.<br />
1967, S. 101, Abb. 171; 3. Aufl. 1972, S. 103,<br />
Abb. 169<br />
€ 100.000 – 150.000<br />
$ 130,000 – 194,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Einen Blick aus der Vogelschau gewährt uns der Künstler hier<br />
auf die detailgenau festgehaltene Berglandschaft mit fruchtbaren,<br />
von der Sonne beschienenen Tälern. Es ist eine friedliche,<br />
bukolische Szenerie, in der sich, gleichsam hineingeduckt, ein<br />
Dorf mit wenigen Häusern an die grünen Hügel schmiegt. Wäre<br />
da nicht der spitz aufragende Fels im Vordergrund, der sich fast<br />
störend vor der beschaulichen Szenerie auftürmt. Auch er liegt<br />
im Sonnenlicht, was ihm etwas von seiner Bedrohlichkeit nimmt.<br />
Und doch ist er so ins Bild gesetzt, daß er uns den Blick auf die<br />
harmonische Welt in der Ferne verwehrt. Es ist eine ungewöhnliche<br />
Komposition, die das Element in den Mittelpunkt rückt,<br />
das sonst Ausgangspunkt unserer Betrachtung wäre: der Gipfel,<br />
der Aussichtspunkt, der das Schauen in die Weite erst möglich<br />
macht.<br />
Dix’ Beschäftigung mit der Landschaft hat ihre Ursachen in<br />
einer inneren Krise, die den politischen Repressalien der<br />
Nazi-Herrschaft geschuldet ist. Er galt als „entarteter“ Künstler.<br />
So entstanden in den Jahren während des Zweiten Weltkriegs<br />
ausschließlich Landschaften in akribisch ausgeführter Lasurtechnik.<br />
Seine Vorliebe für menschenleere, aus großer Fernsicht<br />
gezeigte Landschaftsansichten ist jedoch nicht als opportunistische<br />
Entscheidung anzusehen. Tatsächlich nutzte Dix den<br />
Spielraum einer mißverstandenen Romantik in der Nazi-Ästhetik<br />
für sich, durch eine auf die Spitze getriebene Technik und motivisch<br />
radikalisierte Darstellungen. Dabei wirkt die Natur bei Dix<br />
„keineswegs harmlos idyllisch und ,sauber’, sondern im Gegenteil<br />
unnahbar und unbewohnbar; sie ist Zufluchtsort nur noch für die<br />
Imagination“. (Zitiert nach: Eva Karcher: Landschaft, in: Otto Dix<br />
1891–1969, München, Museum <strong>Villa</strong> Stuck, 1985, S. 203) (AJ)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
25 R George Grosz<br />
1893 – Berlin – 1959<br />
„JOBLESS / ARBEITSLOS“. Um 1935<br />
Aquarell und Tuschfeder auf Papier.<br />
50 x 39,5 cm (19 ⅝ x 15 ½ in.).<br />
Unten rechts signiert: GROSZ.<br />
Unten links mit Bleistift bezeichnet: Three Men.<br />
Rückseitig mit Bleistift bezeichnet und<br />
betitelt: 4 Insel Zingler 4 Jobless Arbeitslos.<br />
Rückseitig mit dem Adreßstempel des Künstlers:<br />
GEORGE GROSZ The Cottage, Woodhall Road<br />
Huntington, New York.<br />
Mit einer Bestätigung von Ralph Jentsch,<br />
Rom, vom 9. Oktober 2012. –<br />
Das Aquarell wird aufgenommen in das<br />
Werkverzeichnis der Arbeiten auf Papier<br />
von George Grosz von Ralph Jentsch, Rom<br />
(in Vorbereitung). –<br />
Gefirnißt. [3206]<br />
Provenienz: Privatsammlung, USA<br />
Literatur und Abbildung: Auktionskatalog<br />
Wolfgang Ketterer, München, Auktion 33,<br />
28./29. Mai 1979, Nr. 491<br />
€ 50.000 – 70.000<br />
$ 64,800 – 90,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
George Grosz, 1893 unter dem Namen Georg Ehrenfried Groß<br />
als Sohn eines Gastwirtsehepaares geboren, war einer der<br />
Hauptvertreter des Berliner Dadaismus. Später hat man seine<br />
Kunst der Neuen Sachlichkeit zugerechnet, obwohl Grosz’<br />
Gemälde und Zeichnungen der 1920er Jahre, ähnlich wie bei<br />
Otto Dix, auch häufig veristische Züge aufweisen. Die Jugend in<br />
der späten Kaiserzeit (seine Mutter betrieb ein Offizierskasino<br />
in Stolp in Pommern) und das Erlebnis des Ersten Weltkrieges<br />
sollten Grosz nachhaltig prägen. Seine anfängliche Kriegsbegeisterung<br />
schlug bald um in deutliche Ablehnung. Ab 1916 wollten<br />
er und sein Freund Helmut Herzfeld deshalb keine deutschen<br />
Namen mehr tragen und nannten sich George Grosz und John<br />
Heartfield. Während letzterer sich nach dem Ersten Weltkrieg der<br />
Fotografie und Fotomontage zuwandte, blieb Grosz der Malerei<br />
treu. In den 1920er Jahren konzentrierte er sich auf gesellschaftskritische<br />
Bilder und schuf Gemälde, die heute zu Recht<br />
als Ikonen der „Roaring Twenties” gelten.<br />
Das Aquarell „Jobless / Arbeitslos“ entstand in den 1930er<br />
Jahren, als Grosz, der einen Lehrauftrag der New Yorker Art<br />
Students League erhalten hatte, bereits in die USA ausgewandert<br />
war. Man erkennt auf den ersten Blick, daß Grosz unmittelbar<br />
an die Bildmotive seiner Berliner Zeit anknüpft. Seine Malweise<br />
jedoch hat sich geändert – sie wirkt im Vergleich zu älteren<br />
<strong>Werke</strong>n nicht mehr grotesk und karikierend, sondern realistischer<br />
und besonders in ihrer kontrastreichen Farbgebung auffallend<br />
modern. Obwohl er in den USA nicht die erhoffte Resonanz wie<br />
in Deutschland fand, bedeutete die Übersiedlung nach New York<br />
für Grosz persönlich ohne Zweifel eine Befreiung. Im Kolorit, der<br />
ausgewogenen Komposition und der souveränen Linienführung<br />
von „Jobless / Arbeitslos“ wird klar, daß er hier nicht zuletzt die<br />
bis dahin gefühlte Enge hinter sich gelassen hat. (UC)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
26 Lotte Laserstein<br />
Preußisch-Holland 1898 – 1993 Kalmar<br />
RÜCKENAKT (TRAUTE ROSE). Um 1931<br />
Öl auf Leinwand. 70,5 x 55,8 cm (27 ¾ x 22 in.).<br />
Oben rechts signiert: Lotte Laserstein. Auf dem<br />
Keilrahmen mit Feder in Braun bezeichnet:<br />
Lotte Laserstein Berlin W 50 Nachodstr. 15.<br />
Nicht bei Krausse. – Das Gemälde ist im<br />
Archiv der <strong>Werke</strong> Lotte Lasersteins von<br />
Dr. Anna-Carola Krausse, Berlin, verzeichnet. –<br />
[3022] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Berlin (direkt<br />
von der Künstlerin erworben, seitdem in<br />
Familienbesitz)<br />
Literatur und Abbildung: Eva Menasse:<br />
Traute Einsamkeit. In: <strong>Grisebach</strong>. Das Journal.<br />
Zweite Ausgabe 2012, S. 48-53<br />
€ 40.000 – 60.000<br />
$ 51,800 – 77,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Es gibt eine Noblesse in der Malerei Lotte Lasersteins, eine<br />
Zurückhaltung, die singulär ist in der deutschen Malerei der<br />
späten zwanziger, frühen dreißiger Jahre. Die jüdische Künstlerin,<br />
die erst seit einigen Jahren nach dem Ankauf ihres Hauptwerkes<br />
„Abend über Potsdam“ durch die Berliner Nationalgalerie wieder<br />
ins allgemeine Bewußtsein gerückt ist, hat einen Stil entwickelt,<br />
dessen Menschenbild immer einige Grade wärmer ist als das<br />
der Neuen Sachlichkeit, selbst wenn Laserstein, wie in unserem<br />
Gemälde, ihr Modell nur von hinten zeigt.<br />
Der Rückenakt zeigt Traute Rose, die Muse der Künstlerin in<br />
ihren Berliner Jahren. Und in der Malerei drückt sich beides<br />
zugleich aus: Einerseits die Schutzlosigkeit des Modells, das<br />
nicht weiß, was hinter seinem Rücken geschieht und sich so<br />
im doppelten Sinne der Malerin ausliefert. Andererseits aber<br />
antwortet Laserstein mit einem Blick voller Zutrauen, sie hüllt<br />
Traute Rose mit ihrer Malerei ein wie in einen wärmenden Pelz.<br />
Am unteren Rücken, an den Armen, überhaupt an den dunklen<br />
Partien, bekommt der dünne Farbauftrag etwas sehr Haptisches,<br />
sie umschmeichelt den Körper der Freundin mit dem Pinsel,<br />
achtsam, konzentriert, souverän. Dargestellt ist ein intimer<br />
Moment: Traute Rose trocknet sich mit einem weißen Handtuch<br />
das Bein ab.<br />
Die rasche Hell-Dunkel-Malerei, die allein mit Braun- und<br />
Fleischtönen auskommt und sich ganz bewußt in die Tradition<br />
der Aktmalerei stellt, wird subtil kontrastiert mit dem blau-weiß<br />
gestreiften Handtuch, auf dem Traute Rose sitzt. Es ist, als<br />
wollte die Malerin mit diesem kleinen Detail die ganze Szenerie<br />
ganz bewußt in der Gegenwart verankern. (FI)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
27 Johannes Molzahn<br />
Duisburg 1892 – 1965 München<br />
„MIT DEM FLIEGENBUCH“ (RECTO) /<br />
„LIEGENDE FRAU“ (VERSO). 1931<br />
Jeweils Öl auf Leinwand.<br />
125 x 125 cm (49 ¼ x 49 ¼ in.).<br />
Vorderseitig am linken und rechten<br />
Bildrand oben jeweils signiert und datiert<br />
(in die nasse Farbe geritzt): Molzahn 31.<br />
Gries 186 A und 187 B. –<br />
[3037]<br />
Provenienz: Ehemals Prof. Dr. Erich Wiese,<br />
Darmstadt<br />
Ausstellung: Johannes Molzahn. Duisburg,<br />
Wilhelm Lehmbruck Museum, 1964, Kat.-Nr. 31 /<br />
Johannes Molzahn. Das malerische Werk.<br />
Wilhelm Lehmbruck Museum, 1988, Kat.-Nr. 44,<br />
Abb. S. 82 (Vorderseite) und S. 83 (Rückseite)<br />
Literatur und Abbildung: Herbert Schade:<br />
Johannes Molzahn. Einführung in das Werk und<br />
die Kunsttheorie des Malers. Schnell & Steiner,<br />
München und Zürich 1972, S. 8, 67, 118, ganzs.<br />
Abb. Nr. 39<br />
€ 80.000 – 120.000<br />
$ 103,600 – 155,000<br />
In der linken unteren Ecke des Bildes ist ein<br />
sogenanntes „Fliegenbuch“ dargestellt.<br />
Es handelt sich dabei um eine Schachtel<br />
mit künstlichen Nachbildungen von Insekten,<br />
die als Köder beim Forellenfischen dienen<br />
und mit Haken versehen sind.<br />
(Rückseite)<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Ohne daß er jemals dort gelehrt oder studiert hätte, entsprach<br />
Johannes Molzahn dem Idealtypus des Bauhaus-Künstlers. Er war<br />
sozial engagiert und - im Sinne von Laszlo Moholy-Nagy - radikal<br />
modern. Für Molzahn, der als junger Mann zunächst eine Ausbildung<br />
zum Fotografen absolviert hatte, bevor er sich der Malerei<br />
zuwandte, war der Ingenieur der wahre Künstler der Gegenwart.<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg unterstützte er den „Arbeitsrat für<br />
Kunst“, stellte in Herward Waldens Galerie „Der Sturm“ aus<br />
und arbeitete ab 1922 auf Vermittlung seines Freundes Walter<br />
Gropius unter anderen als Graphiker und Typograph für die<br />
Fagus-<strong>Werke</strong> im niedersächsischen Alfeld. Ab 1923 war er<br />
zudem als Lehrer tätig, erst an der Kunstgewerbeschule in<br />
Magdeburg, dann in Breslau. 1938 emigrierte er in die USA,<br />
nahm die amerikanische Staatsbürgerschaft an und kehrte<br />
erst über zwanzig Jahre später nach Deutschland zurück.<br />
Das Gemälde „Mit dem Fliegenbuch“ entstand in Molzahns<br />
Breslauer Zeit und ist beidseitig bemalt: Auf der Rückseite der<br />
Leinwand befindet sich eine „Liegende Frau“. Beide Bilder sind<br />
vollständig ausgeführt und zeigen Molzahns schematisierenden,<br />
visuell sehr reizvollen Stil der frühen 1930er Jahre in vollendeter<br />
Reife. Obgleich die Vorderseite eine Szene in der Natur darstellt<br />
(zwei Männer und zwei Frauen beim Fliegenfischen), lassen<br />
Formensprache und die Statik der Komposition eher an einen<br />
technischen Vorgang denken. Zur selben Zeit entstandene <strong>Werke</strong><br />
Fernand Légers kommen einem in den Sinn. Auch dort stehen in<br />
ihrer Physiognomie stark vereinfachte Figuren statuarisch im Bild<br />
und werden von ornamental geschwungenen Linien umspielt. Die<br />
Rückseite ist im Vergleich dazu insgesamt bewegter, emotionaler<br />
– vielleicht, weil es sich dabei um ein intimes Motiv handelt. (UC)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
28 Fritz Winter<br />
Altenbögge 1905 – 1976 Herrsching/Ammersee<br />
„TRIEBKRÄFTE DER ERDE“. 1944<br />
Öl auf dünnem Transparentpapier,<br />
an den Ecken fest ins Passepartout montiert.<br />
29,5 x 21 cm (11 ⅝ x 8 ¼ in.).<br />
Lohberg 804. –<br />
[3428] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-<br />
Westfalen<br />
Ausstellung: Fritz Winter. Frankfurt a.M.,<br />
Göppinger Galerie, 1959, ohne Nr., Abb. /<br />
Fritz Winter. Gemälde, Aquarelle und Handzeichnungen.<br />
Köln, Kunshaus Lempertz, 1960,<br />
Kat.-Nr. 56, Abb. / Eine Krise der Kunst.<br />
Entartete Kunst im Dritten Reich. Sendai,<br />
Sendai Museum, 1995, Kat.-Nr. 171<br />
[lt. rückseitigem Etikett]<br />
Literatur und Abbildung: Werner Haftmann:<br />
Fritz Winter – Triebkräfte der Erde. Piper Verlag,<br />
München 1957, Farbabbildung<br />
€ 50.000 – 70.000<br />
$ 64,800 – 90,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
In der abstrakten Kunst nach 1945 nehmen Fritz Winters <strong>Werke</strong><br />
eine ganz eigenständige Position ein. Seine Kriegserlebnisse -<br />
er wurde 1944 in Rußland verwundet - und die leidvollen<br />
Erfahrungen während des Nationalsozialismus (er wurde als<br />
’entarteter’ Künstler diffamiert) verarbeitete der Maler während<br />
eines Genesungsurlaubs in 46 kleinformatigen Blättern unter<br />
dem gemeinsamen Titel „Triebkräfte der Erde“. Die lebenspendende<br />
Energie der Natur wurde sein Thema. Jenseits aller Ideologien<br />
versuchte er zu beschreiben, woher der Mensch gekommen<br />
ist und welchen Platz er im Gefüge des Kosmos einnimmt. Winter<br />
bediente sich dabei einer ungegenständlichen Formensprache,<br />
die an seine Lehrer am Bauhaus in Dessau, Kandinsky und<br />
Klee erinnert. Der Betrachter sollte nicht auf eine bestimmte<br />
Darstellung festgelegt und sein Denken in keine vorgezeichnete<br />
Richtung beeinflußt werden.<br />
Die erdhaften Töne der Malerei, die Winter auf ölgetränktes<br />
Schreibmaschinenpapier setzte, das einzige für ihn damals<br />
verfügbare Material, wirken auf den ersten Blick rätselhaft und<br />
geheimnisvoll. Im Zusammenklang von verdunkelten Partien<br />
und helleren Lichtern, im Spiel der Kräfte zwischen amorphen<br />
Formationen und annähernd konstruktiven Linienverläufen<br />
gewinnt eine Geistwelt an Volumen. Aus diesem Gedanken-<br />
gebilde erwächst eine Dynamik, die neue Energien freisetzt.<br />
Mit der transzendierenden Umsetzung des Geistigen erreichte<br />
die frühe Nachkriegsmalerei Fritz Winters metaphysische<br />
Dimensionen, aus denen sich die informelle Malerei der 1950er<br />
Jahre auf dem Weg zu einer höheren Kunst unter Verzicht auf<br />
den Gegenstand gespeist hat. (EO)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
29 Oskar Schlemmer<br />
Stuttgart 1888 – 1943 Baden-Baden<br />
„FIGUR AUF GRAUEM GRUND“. 1928/29<br />
Öl und Tempera auf Leinwand, auf Leinwand<br />
aufgezogen. 58,5 x 23,6 cm (23 x 9 ¼ in.).<br />
Nicht bei von Maur (vgl. von Maur G 173). –<br />
Mit einer Bestätigung von Prof. Dr. Karin von<br />
Maur, Stuttgart, vom 17. November 1986<br />
(in Kopie). –<br />
Randretuschen. [3223] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Hessen<br />
Literatur und Abbildung: Ausstellungskatalog:<br />
Oskar Schlemmer. Der Folkwang-Zyklus. Malerei<br />
um 1930. Essen, Museum Folkwang, 1993/94,<br />
Kat.-Nr. 149a, Farbabbildung S. 167<br />
€ 300.000 – 400.000<br />
$ 389,000 – 518,000<br />
Bei unserem Gemälde handelt es sich um<br />
einen der Entwürfe des Künstlers zur Ausmalung<br />
der Rotunde im Museum Folkwang, Essen.<br />
Bei diesen Entwürfen war gelegentlich der<br />
Bruder des Künstlers an der Ausführung des<br />
grauen Hintergrundes beteiligt.<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Im Jahr 1928 begann Oskar Schlemmer mit den Entwürfen zur<br />
Ausmalung der Rotunde im Museum Folkwang in Essen, die<br />
das figürliche Brunnenmonument des belgischen Jugendstilbildhauers<br />
George Minne beherbergte. Das als Folkwang Zyklus<br />
berühmt gewordene Projekt, die insgesamt drei Fassungen für<br />
die neun Wandtafeln des Brunnenraumes, sollten den Maler drei<br />
Jahre lang in Atem halten. Die „Figur auf grauem Grund“ gehört<br />
zu den vorbereitenden Studien für die erste Fassung, in welcher<br />
fünf mehrfigurige Darstellungen und vier lebensgroße Jünglingsakte<br />
einander gegenübergestellt waren. Für einen bereits bestehenden<br />
Innenraum konzipiert, agiert die langgestreckte Gestalt<br />
nicht in einem perspektivisch definierten Umfeld, sondern ist in<br />
eine diffuse Grauschattierung eingebettet, aus der sie gleichsam<br />
stufenweise heraussteigt. Die aus dem Grau hervortretenden,<br />
hell erleuchteten Körperteile werden zu plastischen Volumen im<br />
Raum, ohne daß der Wandcharakter des Bildes in Frage gestellt<br />
wird. So zeigt das Gemälde deutlich die Intention des Künstlers,<br />
die Gesetze von Raum und Fläche mit dem Maß des menschlichen<br />
Körpers zu einem Ganzen zu verschmelzen.<br />
Die von Dr. Ernst Gosebruch, dem damaligen Direktor des<br />
Museum Folkwang, vorgegebene Thematik: „Die jungmännliche<br />
Bewegung unserer Zeit (Spiel und Sport)“ entsprach dem Zeitgeist<br />
der 1920er Jahre mit ihrem neuen Lebens- und Gemeinschaftsgefühl,<br />
zu dem auch Phänomene wie die Wandervogelbewegung,<br />
die Freikörperkultur oder die Reformpädagogik gehörten. Von<br />
diesem inhaltlichen Bezug löste sich Oskar Schlemmer zugunsten<br />
einer Kunst der Einfachheit und Zurückhaltung. „Ich habe der<br />
Versuchung widerstanden, hier eine Allegorie des Lebens, wie dies<br />
üblich oder sehr nahe liegend gewesen wäre, oder auch Themen<br />
wie Freude, Leid, Aufschwung, Schmerz usw. darzustelle. Die einfache<br />
Geste der Minne’schen Brunnenfiguren wollte ich erwidern<br />
durch die Darstellung des einfachen Daseins von Gestalten, ohne<br />
Pathos, ohne dramatische Bewegung, ohne Geschichten zu erzählen.<br />
Die menschliche Gestalt bietet in ihren einfachen Funktionen<br />
wie Neigen des Kopfes, Aufheben der Arme, Geste der Hand,<br />
Beinstellung usw. für den bildenden Künstler eine solche Fülle<br />
von Ausdruck, dass Themen wie das Stehen, Wenden, Kommen,<br />
Gehen genügen, ein Malerleben damit auszufüllen.“ (Zit. nach:<br />
Ausst.-Kat.: Oskar Schlemmer. Der Folkwang-Zyklus. Malerei<br />
um 1930. Essen, Museum Folkwang, 1993/94, S. 204) (sch)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
30 Lyonel Feininger<br />
1871 – New York – 1956<br />
„SARDINEN-FISCHER II“. 1932<br />
Aquarell und Tuschfeder auf Bütten.<br />
22,9 x 43,2 cm (30,9 x 46,7 cm) (9 x 17 in.<br />
(12 ⅛ x 18 ⅜ in.)). Unten links signiert<br />
und betitelt: Feininger: Sardinen-fischer II.<br />
Unten rechts datiert: 29 8 32.<br />
Unten links gewidmet.<br />
Leicht gebräunt. [3341] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland<br />
€ 40.000 – 60.000<br />
$ 51,800 – 77,700<br />
Lyonel Feininger, seit seiner Jugend in New York von<br />
Meer und Schiffen begeistert, hat dem Marinebild im<br />
20. Jahrhundert entscheidende Impulse gegeben.<br />
Die ungeheure Weite des Raumes bannte er in klar<br />
abgegrenzte Farbflächen, und die Takellage der oft altertümlichen<br />
Segelschiffe wurde auf Papier und Leinwand<br />
zu prismatischen Feldern. Besonders reizvoll sind die<br />
aquarellierten Tuschzeichnungen aus Feiningers Zeit<br />
am Bauhaus in Dessau. Angeregt durch ausgedehnte<br />
Sommeraufenthalte in Deep an der sich meist ruhig und<br />
unbewegt erstreckenden Ostsee, strahlen diese Arbeiten<br />
oft eine Atmosphäre tiefer Ruhe und Kontemplation aus.<br />
Unser Blatt überrascht durch einen für Feininger<br />
ungewöhnlich erzählerischen Ton. Von einem hohen<br />
Standpunkt blicken wir über ein weites Hafenbecken, das<br />
zum Meer hin von einer Mole geschützt wird. Eine große<br />
Anzahl kleiner, einmastiger Fischerboote macht sich<br />
bereit zum Auslaufen. Mole und Kai sind von Anglern<br />
und Spaziergängern bevölkert. Im Hintergrund sehen wir<br />
einen weit ausschwingenden Küstenverlauf und auf der<br />
Horizontlinie macht sich ein stattlicher Dreimaster auf<br />
weite Fahrt. Innerhalb des zeichnerischen Gerüstes aus<br />
schwarzen Linien werden Meer, Architektur und Schiffe<br />
lediglich durch Farbflächen gekennzeichnet. Das Aquarell<br />
erhält seine große Geschlossenheit durch den weitgehenden<br />
Verzicht auf eine Binnenzeichnung innerhalb<br />
des Abgebildeten. Die wenigen freien Linien setzt<br />
Feininger ein, um atmosphärische Erscheinungen wie<br />
Spiegelungen im Wasser und Wolken über der Küste<br />
wiederzugeben. Die Sardinen-Fischer sind ein besonders<br />
ausgewogenes Beispiel für Feiningers meisterliche<br />
Technik, aus dem Zusammenspiel von Farbwerten,<br />
Flächen und Linien zu Transparenz und Entmateria-<br />
lisierung zu gelangen. (OH)<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
31 Karl Hofer<br />
Karlsruhe 1878 – 1955 Berlin<br />
„MÄDCHEN SICH KÄMMEND“. 1938<br />
Öl auf Leinwand. 100 x 70 cm (39 ⅜ x 27 ½ in.).<br />
Unten rechts monogrammiert und datiert<br />
(ligiert): CH38. Auf dem Keilrahmen oben links<br />
mit Kreide betitelt: Mädchen sich kämmend.<br />
Oben in der Mitte ein Etikett der Ausstellung<br />
Winterthur 1939 (s.u.).<br />
Wohlert 1371. –<br />
[3194] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Norddeutschland<br />
Ausstellung: Karl Hofer zum 60. Geburtstage.<br />
Winterthur, Kunstverein, 1939, Kat.-Nr. 31<br />
Literatur und Abbildung: Versteigerungskatalog<br />
476: Kunst des XX. Jahrhunderts. Köln,<br />
Kunsthaus Math. Lempertz, 6./7.12.1963,<br />
Kat.-Nr. 278, Abb. Tf. 10 / 7. Auktion: Kunst<br />
der letzten 100 Jahre. München, Galerie<br />
Wolfgang Ketterer, 5./6.6.1972, Kat.-Nr.<br />
665, ganzseitige Abbildung S. 139<br />
€ 150.000 – <strong>200</strong>.000<br />
$ 194,000 – 259,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
„Der Mensch und das Menschliche war und ist immerdauerndes<br />
Objekt meiner Darstellungen“, äußerte Karl Hofer in seinem 1952<br />
entstandenen Traktat „Aus Leben und Kunst“. Die seelische Einfühlung<br />
in seine Mitmenschen, die für ihn als Modelle fungierten,<br />
stellte für Hofer ein wesentliches Motiv dar, zu dem er immer<br />
wieder zurückkehrte und das er geschickt zu nutzen wußte.<br />
Ab den 1920er Jahren schuf er meisterhafte Darstellungen,<br />
die auf die zunehmende Überreizung der Menschheit durch die<br />
Moderne und die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges verweisen.<br />
In vielen Bildern bediente sich Hofer der Chiffre in Form<br />
von Masken, Clowns und Gerippen, um das Zwiespältige und<br />
Abgründige dieser Epoche darzustellen. 1933 wurde gegen ihn<br />
von den Nationalsozialisten ein Mal- und Arbeitsverbot verhängt.<br />
Somit verlor er seine Tätigkeit als Hochschullehrer. Dennoch<br />
entstanden weiterhin zahlreiche Gemälde, vor allem Landschaftsdarstellungen<br />
und visionäre Vorausahnungen des Elends, das der<br />
Zweite Weltkrieg mit sich bringen sollte.<br />
Daneben hat Hofer die rein figürliche Darstellung nie vernachlässigt.<br />
Trotz der unheilvollen Realität, die sich in vielen seiner<br />
Bilder widerspiegelt, blieb die Sehnsucht nach Harmonie und<br />
klassischem Ideal im Schaffen Hofers stets erhalten. Unser<br />
Bild von 1938 gibt ein junges Mädchen als Halbakt wieder, das<br />
gewellte Haar zur Seite kämmend, die Augenlider gesenkt. In<br />
anmutiger Schönheit steht es dem Betrachter gegenüber, ohne<br />
diesen anzuschauen. Dennoch kann sich der Betrachter dem<br />
Bann der Dargestellten kaum entziehen. Er fühlt sich in die<br />
Intimität des Momentes aufgenommen, als stiller Beobachter<br />
wird er Teil der Komposition. Die kühlen Töne des Hintergrundes<br />
betonen die fast schon archaische Ruhe des Bildes. Die klaren<br />
und kantigen Umrißlinien wie auch der breitflächige und trockene<br />
Farbauftrag sind typisch für die Malweise Hofers, der, inspiriert<br />
von Expressionismus, Kubismus und Neuer Sachlichkeit, seine<br />
eigene künstlerische Formensprache fand. (NB)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
32 Maurice de Vlaminck<br />
Paris 1876 – 1958 Rueil-la-Gadelière<br />
„PAYSAGE“.<br />
Öl auf Leinwand. 59,5 x 72,5 cm<br />
(23 ⅜ x 28 ½ in.). Unten links signiert: Vlaminck.<br />
Mit einer Bestätigung vom Wildenstein Institute,<br />
Paris, vom 5. Juni <strong>200</strong>8. Das Gemälde wird in das<br />
Verzeichnis der <strong>Werke</strong> von Maurice de Vlaminck<br />
aufgenommen. –<br />
[3185] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Berlin<br />
€ 50.000 – 70.000<br />
$ 64,800 – 90,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
1905 hatte in Paris der Fauvismus seinen ersten Auftritt, ein Stil,<br />
der seinen Namen aus der Schmähung eines Kritikers erhielt.<br />
Wie die Wilden, les Fauves, fielen die Maler Derain, Matisse und<br />
Vlaminck damals in die Ausstellungen ein und beendeten mit<br />
ihrer Direktheit die ästhetische Raffinesse des Spät- und Postimpressionismus.<br />
Aber ihre heftige Attacke währte nur kurz.<br />
Der Kubismus, wie ihn Braque und Picasso in der Fortführung<br />
von Cézannes streng geordnetem, überschaubaren Bildaufbau<br />
vorantrieben, wurde bestimmend. Auch Maurice de Vlaminck<br />
eiferte in den folgenden Jahren in Stilleben und Landschaften<br />
dem Vorbild Cézanne nach. Seine Palette beruhigte sich,<br />
und sein ungestümer Drang, Szenen oder Gegenstände mit<br />
ungemischter Farbe direkt auf die Leinwand zu werfen, wurde<br />
gezügelt.<br />
Diesen verhalteneren Umgang mit den Malmitteln veranschaulicht<br />
„Paysage“. Eine Birke im Vordergrund rechts eröffnet dem<br />
Betrachter den Blick auf einen Weg. Links findet sich ein weißes<br />
Haus mit Ziegeldach, weitere ähnliche Gebäude schließen sich<br />
im Mittelgrund an. Ein bewölkter Himmel mit Abstufungen von<br />
Hellblau bis Grau überspannt die Szene. Eine lockere Pinselführung<br />
hat den schweren, pastosen Farbauftrag der frühen Jahre<br />
abgelöst. Vlaminck bedient sich einfacher Formen und eines<br />
sparsamen, aber ausdrucksstarken Kolorits. Nicht zuletzt durch<br />
die kontrollierte Farbwahl ist das Bild der Kunst von Cézanne<br />
nahe. Das Grün der flächig angedeuteten Vegetation steht zum<br />
Ziegelrot auf dem Hausdach in Kontrast zueinander. Mit Farbe<br />
und Pinsel ist das Bildgefüge errichtet, „die äußerste Form eines<br />
Expressionismus, der dem französischen Geiste möglich war“, wie<br />
sich Werner Haftmann über den Maler einmal geäußert hat. (EO)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
33 Hans Purrmann<br />
Speyer 1880 – 1966 Basel<br />
„TÜRKENBUND UND NELKEN IN<br />
BIEDERMEIERVASE“. 1946<br />
Öl auf Leinwand. 73 x 60 cm (28 ¾ x 23 ⅝ in.).<br />
Unten rechts signiert: H.Purrmann.<br />
Rückseitig auf der Leinwand mit einer<br />
Widmung des Künstlers vom 27.4.1954.<br />
Billeter 1946/16. –<br />
[3233] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Berlin<br />
Ausstellung: Hans Purrmann. Kaiserslautern,<br />
Pfälzische Landesgewerbeanstalt, 1950<br />
(Wanderausstellung), Kat.-Nr. 69<br />
€ 40.000 – 60.000<br />
$ 51,800 – 77,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Den künstlerischen Zielen Hans Purrmanns kommt die Gattung<br />
des Blumenstillebens in besonderer Weise entgegen. Seine<br />
Bildgestaltung hat ihren Ausgangspunkt im Naturerlebnis, in der<br />
Form- und Farbanalyse des konkreten Gegenstandes, weshalb<br />
das mit Bedacht vorgenommene Arrangement der verschiedenen<br />
Pflanzen, der Vasen und des räumlichen Umfeldes stets Teil<br />
des malerischen Prozesses ist. Den Grundakkord bildet hier das<br />
zentrale plastische Element der Vase, deren kühles Blau sich<br />
in der Farbstruktur des Hintergrundes wiederfindet. Mit dem<br />
in Blau- und Grüntönen modulierten Grund schafft der Maler<br />
ein koloristisches Meisterstück. Blau verstärkt die Leuchtkraft<br />
der orangefarbenen Türkenbundlilien, während Blattgrün sie<br />
wieder in die Fläche einbindet. Der Lichtwert der weißen Nelken,<br />
kombiniert mit warmen Rottönen, balanciert die Komposition<br />
auf der Gegenseite aus. Im Dekor der Vase sammeln sich erneut<br />
alle Valeurs, einen abschließenden Clou setzt der Maler mit den<br />
gelben Akzenten, die die beiden Hälften des Bildes tragen und<br />
verbinden.<br />
Hans Purrmanns Bestreben galt der malerischen Bildordnung,<br />
den Gesetzen der Farbe und dem Zusammenwirken aller, auch<br />
der gegensätzlichen Elemente in einem Ensemble. Seit seiner<br />
Begegnung mit der französischen Moderne im Paris des<br />
beginnenden 20. Jahrhunderts hat er die fest gefügte Bildstruktur<br />
eines Paul Cézanne und die Farbkraft eines Henri Matisse<br />
konsequent und auf eigenem Wege weiterentwickelt. Anders als<br />
etwa die Requisiten in den Stilleben Cézannes, strahlen die von<br />
Purrmann gemalten Objekten persönliche Nähe aus. Die Intimität<br />
im Blick des Künstlers zeugt von seiner Intention, die Schönheit<br />
auch der einfachen und kleinen Dinge in Farben auszudrücken<br />
und zum Leben zu erwecken. (sch
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
34 Karl Schmidt-Rottluff<br />
Rottluff 1884 – 1976 Berlin<br />
„STILLEBEN MIT FLASCHEN UND<br />
BLATTPFLANZE“. 1952<br />
Öl auf Leinwand. 90,5 x 76 cm (35 ⅝ x 29 ⅞ in.).<br />
Oben links signiert: S. Rottluff.<br />
Auf dem Keilrahmen signiert, betitelt und mit<br />
Werknummer versehen: Schmidt=Rottluff<br />
„Stilleben mit Flaschen u. Blattpflanze ((522)).<br />
Nicht bei Grohmann. – Das Ölbild wird<br />
aufgenommen in das Werkverzeichnis der<br />
Gemälde Schmidt-Rottluffs von der Karl<br />
und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin<br />
(bearbeitet von Dr. Christiane Remm)<br />
(in Vorbereitung). –<br />
[3264] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-<br />
Westfalen (1979 erworben)<br />
€ 140.000 – 180.000<br />
$ 181,000 – 233,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Karl Schmidt-Rottluff wurde 1947 als Professor an die neu gegründete<br />
Hochschule für Bildende Künste in Berlin berufen. Was<br />
bewog wohl den 63 Jahre alten Künstler, den Ruf anzunehmen,<br />
stand er doch den aufkommenden abstrakten Tendenzen in der<br />
Malerei distanziert gegenüber? Es ging um nicht weniger als die<br />
Behauptung seiner künstlerischen Haltung. Schmidt-Rottluff,<br />
Gründungsmitglied der „Brücke“, war einer der bedeutendsten<br />
Maler des Expressionismus. In den Zeiten der nationalsozialistischen<br />
Herrschaft diffamiert, war der Künstler nach dem Krieg<br />
in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation und von vertrauten<br />
Orten des Schaffens abgeschnitten. Die ersten Arbeiten<br />
nach dem Krieg sind geprägt von Fragen der Identitätsfindung.<br />
Die vielen Stilleben jener Zeit sind intim und introvertiert.<br />
Doch nun, 1952, ein solches Werk: eine großformatige,<br />
vielschichtige Komposition, das Kolorit überaus kraftvoll.<br />
Schmidt-Rottluff weiß sich mit dieser Arbeit gegenüber der<br />
nichtfigurativen Malerei zu behaupten. Die Gegenstände auf dem<br />
Bild behalten ihre Abbildhaftigkeit und werden doch zu Objekten,<br />
mit denen der Maler Linie, Farbe und Form analysiert. Fragen<br />
von Volumen und Fläche behandeln beispielsweise die Flaschen<br />
und die hinter ihnen aufgeschichteten Schachteln. Mit der farblich<br />
kontrastierenden Umrißlinie erhalten die Gegenstände nicht<br />
nur ihre große Festigkeit, sondern werden kompositorisch aufeinander<br />
bezogen. Hierdurch gewinnt die Arbeit ihre faszinierende<br />
Geschlossenheit.<br />
Das Relief vor der großen Topfpflanze hat Schmidt-Rottluff selbst<br />
gefertigt: „Steinrelief mit hockendem Paar“ von 1952 (Wietek 98,<br />
siehe Abb.) Mit vergleichbaren plastischen <strong>Werke</strong>n beschäftigte<br />
sich der Künstler ab 1950 während seiner Sommeraufenthalte<br />
an der Ostsee. In einem Brief vom Februar 1953 schreibt Lyonel<br />
Feininger euphorisch: „Alter Junge, die Steine sind ganz famos,<br />
ganz und gar, wie sie von Dir gemacht sein sollten. Ich bin ganz<br />
begeistert von ihnen, ich meine auch, Du hast damit wieder<br />
einmal eine eigene Form gefunden. Auch die Kleinsten unter<br />
den Abgebildeten sind groß im Wurf und ganz lapidar im Stil.“<br />
(Zit. n. Ausst.-Kat: Karl Schmidt-Rottluff. Der Maler. Städtische<br />
Kunsthalle Düsseldorf, Städtische Kunstsammlung, Chemnitz<br />
und Brücke Museum, Berlin 1992/1993, S. 272). Und so strahlt<br />
unser Bild nicht nur Stärke und Gewißheit aus, sondern zeigt mit<br />
dem Relief auch die ständige Suche nach neuen künstlerischen<br />
Ausdruckmöglichkeiten. (OH)<br />
Karl Schmidt-Rottluff. „Steinrelief mit hockendem Paar”. 1952<br />
(Brücke Museum, Berlin)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
35 Pablo Picasso<br />
Malaga 1881 – 1973 Mougins<br />
„PORTRAIT DE FEMME AU CHAPEAU A<br />
POMPONS ET AU CORSAGE IMPRIMÉ“. 1962<br />
Farblinolschnitt auf Arches-Velin.<br />
62,6 x 53 cm (74,8 x 61,7 cm)<br />
(24 ⅝ x 20 ⅞ in. (29 ½ x 24 ¼ in.)). Signiert.<br />
Baer 1318 V.B.a. (von V.B.b.) / Bloch 1072. –<br />
Einer von 50 numerierten Abzügen des<br />
5. Zustands. Edition Galerie Louise Leiris,<br />
Paris 1963.<br />
Lichtrand. [3262] Gerahmt.<br />
€ 100.000 – 150.000<br />
$ 130,000 – 194,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Der Jahrhundertmaler Pablo Picasso wurde von großen künstlerischen<br />
Kräften angetrieben, doch im Rückblick scheint es,<br />
als hätten ihn Frauen weitaus am stärksten inspiriert. Das hier<br />
dargestellte Portrait „Buste de femme au chapeau“ ist zwar<br />
namenlos, doch Vergleiche mit namentlich bezeichneten <strong>Werke</strong>n<br />
aus der Zeit legen nahe, daß es sich um ein Bildnis von Jacqueline<br />
Roque handeln muß, der letzten Lebensgefährtin des Malers.<br />
Jacqueline Roque hatte dunkle lange Haare, die sie am Hinterkopf<br />
oft zusammenband, schöne, klare Gesichtszüge, dunkle<br />
Augen und eine feine Nase mit schmalem, langem Nasenrücken.<br />
Picasso lernte die junge Frau 1953 in der Manufaktur Madoura in<br />
Vallauris kennen. Sie war die Cousine des Besitzers, Picasso ließ<br />
bei Madoura seit den späten 1940er Jahren Tonfiguren brennen.<br />
Erst kurz zuvor war der Künstler von Françoise Gilot verlassen<br />
worden – Jacqueline, damals 27, mußte dem um fast ein halbes<br />
Jahrhundert älteren Picasso deshalb wie ein Geschenk des<br />
Himmels vorgekommen sein. Keine seiner Lebenspartnerinnen<br />
portraitierte er öfter als Jacqueline, 1961 heirateten die beiden.<br />
Das Portrait „Buste de femme au chapeau“ entstand im Jahr<br />
darauf.<br />
Wer sich ein wenig einsieht in Picassos Abstraktion, wird<br />
feststellen, daß der Maler sein Modell auf besonders zarte<br />
Art wiedergegeben hat. Die großen Augen, die schmale, lange<br />
Nase, die ovale Gesichtsform mit dem spitzen Kinn, die schulterlangen<br />
dunklen Haare – alles Merkmale, die auf Jacqueline<br />
deuten, ausgeführt in einer Weise, durch welche die Zuneigung<br />
und Bewunderung des Künstlers fast körperlich greifbar wird.<br />
Picasso hat viele Frauen gemalt, aber selten waren sie so schön<br />
wie diese. (UC)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
36 Willi Baumeister<br />
1889 – Stuttgart – 1955<br />
„KESSAUA STATUARISCH“. 1954<br />
Öl mit Kunstharz auf Hartfaser. 65 x 81 cm<br />
(25 ⅝ x 31 ⅞ in.). Oben rechts mit Bleistift<br />
signiert und datiert: Baumeister 2 54.<br />
Rückseitig mit Kreide in Schwarz betitelt,<br />
datiert, bezeichnet und signiert: Kessaua<br />
statuarisch 2.54 65 x 81 Fingerle-Verlag<br />
Postkarte Baumeister. Rückseitig ein Etikett<br />
der Ausstellung Hannover 1956 (s.u.).<br />
Beye/Baumeister 1900 / Grohmann 1443. –<br />
[3428] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Hannover /<br />
Galerie Gunzenhauser, München /<br />
Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen<br />
(1996 erworben)<br />
Ausstellung: 116. Frühjahrsausstellung.<br />
Hannover, Kunstverein Hannover, 1954,<br />
Kat.-Nr. 12 / Willi Baumeister. Hannover,<br />
Kestner-Gesellschaft, 1956, Kat.-Nr. 64 /<br />
Willi Baumeister. Ölbilder, Handzeichnungen.<br />
München, Galerie Gunzenhauser, 1986, Kat.-<br />
Nr. 23, Farbabb. auf dem Umschlag / Deutsche<br />
Kunst in den 50er und 60er Jahren. Essen,<br />
Galerie Neher, 1988, S. 24, Farbabb. S. 25<br />
Literatur und Abbildung: Lagerkatalog 3.<br />
München, Galerie Gunzenhauser, 1979,<br />
S. 54 mit Farbabbildung<br />
€ 250.000 – 300.000<br />
$ 324,000 – 389,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
„’Die Lust, eine Form oder Formen entstehen zu lassen, bildet<br />
den unerklärlichen Grund zur Kunst”: Aus dieser Aussage Willi<br />
Baumeisters spricht nicht nur seine lebenslange Suche nach<br />
dem Ursprung des Schöpferischen, sie weist auch den Weg zu<br />
einem geistigen und künstlerischen Neubeginn in den frühen<br />
Nachkriegsjahren. Indem er individuelle Formen der Abstraktion<br />
aufzeigt, die nicht nur auf bildinternen Gesetzmäßigkeiten,<br />
sondern auch auf persönlichem Empfinden beruhen, wird<br />
Baumeister zum wichtigen Vorbild und zur Leitfigur einer neuen<br />
Künstlergeneration. Ungeachtet seiner Rolle als Fürsprecher<br />
der Abstrakten, hat er selbst die Brücke zur Figuration nie völlig<br />
abgebrochen: „Dem Maler steht es ganz frei, was er als Figur<br />
bezeichnen will. [...] Auch einzelne Bestandteile, Gliedmaße,<br />
ihre Umrisse oder ihre Schatten. [...] So erscheint der Körper<br />
zerbröckelt, zerlegt. [...] Aber auch umgekehrt können wir versuchen,<br />
ihn als Ganzes abzulesen. Das Auge fasst ihn z.B. in<br />
einem Linienzug zusammen. So kommt es zu Formen, die ihre<br />
eigene lebendige Bedeutung haben und keineswegs abstrakt sind.“<br />
(Zit. nach: Karin von Maur, in: Ausst.-Kat. Württembergischer<br />
Kunstverein Stuttgart, 1979, S. 16)<br />
Den Schritt zum sogenannten „Informel“ oder zum impulsiven<br />
„Action Painting“ hat Baumeister nie vollzogen, das „Formlose“<br />
war seine Sache nicht. Die Grenzen des Bildes bleiben gewahrt,<br />
um den lebendigen Dialog der Rhythmen und Farbklänge,<br />
der verdichteten, durchbrochenen, ineinander verzahnten,<br />
schwebenden und verwehenden Elemente zu ermöglichen.<br />
Assoziationen auf Seiten des Betrachters sind erwünscht und<br />
kennzeichnend für Baumeisters Bildsprache. So kann „Kessaua<br />
statuarisch“ nicht nur als Flächenkomposition, sondern auch als<br />
Figurenlandschaft gesehen werden, in welcher der Maler das für<br />
seinen Abstraktionsbegriff maßgebliche Konzept der Metamorphose,<br />
der Formfindung durch Verwandlung entfaltet. In einem<br />
zart hingetupften blauen Raum formieren sich die Bildelemente<br />
zu freundlich skurrilen Urwesen, die in Gestaltungen wie der<br />
archaischen Zeichenwelt der „Gilgamesch“-Reihe wurzeln und<br />
zugleich von einer neuen Zeit künden. (sch)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
37 Ernst Wilhelm Nay<br />
Berlin 1902 – 1968 Köln<br />
„MOTION“. 1962<br />
Öl auf Leinwand. 150 x <strong>200</strong> cm (59 x 78 ¾ in.).<br />
Unten rechts signiert und datiert: Nay 62.<br />
Auf dem Keilrahmen signiert, betitelt und<br />
datiert: NAY „MOTION“ – 1962.<br />
Auf dem Keilrahmen je ein Etikett des<br />
Frankfurter Kunstvereins und der<br />
Galerie Günther Franke, München (s.u).<br />
Scheibler 1028. –<br />
[3428] Gerahmt.<br />
Provenienz: Sammlung Günther Franke,<br />
München / Privatsammlung, Hessen /<br />
Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen<br />
Ausstellung: E.W. Nay. Sechzehn große Bilder.<br />
München, Galerie Günther Franke, 1962,<br />
Kat.-Nr. 14 / Ernst WIlhelm Nay. Gemälde<br />
1955-1964. Hamburg, Kunstverein in Hamburg;<br />
Karlsruhe, Badischer Kunstverein; Frankfurt<br />
a.M., Frankfurter Kunstverein Steinernes Haus;<br />
1964/65, Kat.-Nr. 35 , Farbabb. Tf. 15 /<br />
50 Jahre Galerie Günther Franke. Nay – Bilder,<br />
Aquarelle, Gouachen, Zeichnungen, Graphik<br />
aus der Sammlung und Galerie Günther Franke.<br />
München, Galerie Günther Franke, 1973,<br />
Kat.-Nr. 11, Farbabb. S. 89<br />
Literatur und Abbildung: Süddeutsche Zeitung,<br />
München, 25. September 1963, Abbildung<br />
€ 300.000 – 400.000<br />
$ 389,000 – 518,000<br />
Nach seiner Formfindung der Scheibe im Jahr 1956 widmete<br />
sich Ernst Wilhelm Nay in den folgenden Jahren ausgiebig diesem<br />
Motiv und unterzog es allen denkbaren Prüfungen. Anfang der<br />
1960er Jahre erfährt die Scheibe zunehmend Veränderungen,<br />
sie wird etwa aufgefaltet, zu einem Stern oder zu einem Fächer.<br />
Angesichts neu aufgekommener Strömungen wie Tachismus oder<br />
Action Painting besann Nay sich auf eigene Erfahrungen: lyrische<br />
Erzählstrukturen im Ungegenständlichen etwa oder die Heftigkeit<br />
des Pinsels. „Motion“ veranschaulicht diese Werkphase. Das<br />
Bild ist ein Musterbeispiel für die „eigentümlich lockere, geradezu<br />
atmosphärische Equilibristik“, (a.a.O. S. 240), ein Bild voller<br />
Bewegung und zugleich von beruhigender Konzentration.<br />
In das dominierende Blau sind Rot, Gelb und Schwarz eingearbeitet.<br />
Die Farben haben zumeist noch die Form der Scheibe,<br />
doch ist sie vielfach durch Schraffuren und Kreise geöffnet,<br />
manchmal sogar durch Pinselzüge nur angelegt, nicht aber<br />
vollbracht. In lockerer „Schrift“ liegt eine Kette aus schwarzen<br />
Ringen über der Komposition, ein kleiner grüner Ring rechts<br />
nimmt den Dialog mit dem gelb gerahmten grünen Tupfen in der<br />
Mitte auf. Kontemplative Gedankenklarheit fängt die ungestümen<br />
Pinselschraffuren auf. Daraus wächst fest die Kraft, die bald zur<br />
nächsten Stufe im Schaffen von Nay führen sollte: die Scheiben<br />
werden durchkreuzt, es entwickelt sich die Augenform. (EO)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
38 Emil Schumacher<br />
Hagen 1912 – 1999 San José/Ibiza<br />
KOSSOLID. 1957<br />
Öl und Sand auf Leinwand. 140 x 95,5 cm<br />
(55 ⅛ x 37 ⅝ in.). Unten rechts signiert und<br />
datiert (in die feuchte Malmaterie geritzt):<br />
Schumacher 57.<br />
Auf dem Keilrahmen ein Etikett der Ausstellung<br />
Venedig 1961 (s.u.).<br />
Das Gemälde ist im Archiv der Emil Schumacher<br />
Stiftung Hagen, unter der Nr. 0/4.181 registriert. –<br />
[3221] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland<br />
Ausstellung: Arte e Contemplazione. Venedig,<br />
Palazzo Grassi, 1961 [laut Etikett]<br />
Literatur und Abbildung: Manfred de la Motte<br />
(Hrsg.): Dokumente zum deutschen Informel.<br />
Galerie Hennemann, Bonn 1976, ganzs.<br />
Farbabbildung S. 201 [=Katalogreihe Galerie<br />
Hennemann, Nr. 9]<br />
€ 100.000 – 150.000<br />
$ 130,000 – 194,000<br />
Aus der Tiefe des Hintergrunds treten farbige Nebel hervor,<br />
blaue, grüne, braune, gelbe und weiße Schwaden, die – selbst<br />
wenn sie für den Augenblick angehalten wurden – permanent in<br />
Bewegung zu sein scheinen, wie etwas, das einen Ursprung hat,<br />
aber kein Ziel. Man hat die Kunst des Informel oft als Ausdruck<br />
kosmischer Energien interpretiert. Das paßte in den 1950er<br />
Jahren ins Bild. Der Kosmos war damals ein verbreiteter Topos:<br />
der physische, in dem die Supermächte ihren Wettlauf ums All<br />
veranstalteten, und der geistige, den die Intellektuellen in den immer<br />
populärer werdenden fernasiatischen Religionen entdeckten.<br />
Auf Emil Schumachers Gemälde „Kossolid“ hat aber offenkundig<br />
noch eine andere Dynamik Einfluß ausgeübt. Über der Schicht<br />
aus Farbräumen unterschiedlicher Intensität und Dichte liegt<br />
eine zweite Bildebene mit Flecken und Spritzern, Skripturen<br />
und Eingekratztem. Sie wirken wie Temperamentsausbrüche<br />
des Malers beim Malen, wie Gesten oder Spuren eines vor der<br />
Leinwand im richtigen Moment aufgeführten Tanzes. Das ganze<br />
Bild bebt vor künstlerischem Schwung. Dieser Kraft verdankt<br />
Schumacher eine Sonderstellung im europäischen Informel. In<br />
seinem Schaffen läßt sich nachverfolgen, daß die allgemeine<br />
Befreiung nach dem Ende der Nazi-Diktatur Schumacher auch<br />
ganz persönlich betraf. Wie entfesselt bricht sich bei ihm in den<br />
1950er Jahren eine besondere schöpferische Macht Bahn. Sie ist<br />
es, die ihm zunehmend internationale Anerkennung verschafft.<br />
In Gemälden wie dem 1957 entstandenen „Kossolid“ erreicht<br />
sie nicht nur einen vorläufigen Höhepunkt, sondern legt auch die<br />
Basis für alles, was in den Jahrzehnten seiner langen Laufbahn<br />
noch kommen sollte. (UC)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
39 Gerhard Hoehme<br />
Greppin bei Dessau 1920 – 1989 Neuss-Selikum<br />
„ZWISCHEN MATERIAL UND ZAHL“. 1958/59<br />
Öl auf Holz. 120 x 110 cm (47 ¼ x 43 ¼ in.).<br />
Unten links signiert und datiert: G. Höhme[!]<br />
58/59. Rückseitig mit Kreide signiert, betitelt,<br />
datiert und bezeichnet: G. Hoehme „zwischen<br />
Material und Zahl 1958/59 121 x 111 cm<br />
Borkenbild-Fragment.<br />
Hoehme 59-12. –<br />
Unten links einige Borken vom Künstler<br />
neu plaziert. [3097] Gerahmt.<br />
Provenienz: Galerie Nothelfer, Berlin /<br />
Privatsammlung, Hessen<br />
Ausstellung: Gerhard Hoehme 1957. Stuttgart,<br />
Württembergischer Kunstverein, 1985, mit<br />
Abbildung / Gerhard Hoehme. Die Energie<br />
der Farbe. Bonn, Kunstmuseum, 1998, Farbabb.<br />
S. 53 / Action Painting. Riehen/Basel,<br />
Fondation Beyeler, <strong>200</strong>8, Farbabb. 99, S. 160<br />
Literatur und Abbildung: Giulio Carlo Argan und<br />
Hans-Peter Thurn: Gerhard Hoehme. Werk und<br />
Zeit 1948-1983. Stuttgart–Zürich, Belser Verlag,<br />
1983, Farbabbildung S. 34 / Sigrid Nebelung:<br />
Die Farbe sprengt das Format. In: Art, 1998,<br />
H. 8, Farbabb. S. 86<br />
€ 50.000 – 70.000<br />
$ 64,800 – 90,700<br />
Wir danken Johannes Hasselmann,<br />
Gerhard Hoehme Archiv, Neuss,<br />
für freundliche Hinweise.<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Eine pastose Oberfläche in weiß-grauen Tönen, darin oben<br />
rechts ein schwarzes Rechteck, wird links durch eine zweite,<br />
kleinere Rechteckform erweitert. Die gesamte Malschicht ist<br />
vielfältig bearbeitet, es gibt skripturale Einritzungen, zur Seite<br />
geschobene Farbschichten, und manchmal wirkt die Materie<br />
wie mit den Fingern geknetet, besonders in dem angesetzten<br />
Stück. Farbschollen und Borken, wie sie in der Malerei Gerhard<br />
Hoehmes zwischen 1957 und1959 häufig anzutreffen sind,<br />
lagern hier übereinander.<br />
Hoehme war einer der wichtigen Vertreter der ungegenständ-<br />
lichen Kunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nach<br />
Studien an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein übersiedelte<br />
er 1952 in den Westen und gehörte in Düsseldorf zu den<br />
Gründern der „Gruppe 53“. Wie Karl Otto Götz, Peter Brüning<br />
und Winfred Gaul setzte er sich mit dem französischen Tachismus<br />
und dem Amerikanischen Expressionismus auseinander.<br />
Hier sah Hoehme, wie die Farbe im Bild zur Energie wurde. Für<br />
Hoehmes zurückhaltende Kunst war es nicht immer leicht, ihr<br />
Publikum zu erreichen. Die Teilnahme an der II. documenta ’59,<br />
im Entstehungsjahr von „Zwischen Material und Zahl“, sollte<br />
dem Künstler den Weg bahnen, wenngleich das Informel auch<br />
in Kassel in Konkurrenz zu den großen „Altmeistern“ Bacon,<br />
Picasso oder Rouault stand.<br />
Im Verlauf der 1970/80er Jahre, als die „Gruppe 53“ schon<br />
lange nicht mehr bestand und Hoehme an der Düsseldorfer<br />
Kunstakademie lehrte (dort gehörte der große Spiritist in der<br />
deutschen Kunstszene, Sigmar Polke, zu seinen Schülern), fanden<br />
seine <strong>Werke</strong> größeren Zuspruch bei Menschen, die für minimalistische<br />
Farbverläufe, kaum entzifferbare Zeichen und die stille<br />
Schönheit dieser Malerei sensibilisiert waren. Die Malerei birgt<br />
innere Bewegtheit und bringt Momente voller Überraschung<br />
hervor. Ihre lebendigen Impulse führen auf bislang unentdeckte<br />
Wege, dem Wunsch des Künstlers folgend: „Meine Bilder sollen<br />
gelesen, nicht betrachtet werden.“ (EO)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
40 Emil Schumacher<br />
Hagen 1912 – 1999 San José/Ibiza<br />
„HEPHATOS“. 1959<br />
Öl auf Leinwand. 170 x 132 cm (66 ⅞ x 52 in.).<br />
Oben links in Schwarz datiert und signiert:<br />
Schumacher 59 (über der ursprünglichen<br />
eingeritzten Signatur und Datierung).<br />
Auf dem Keilrahmen oben mit Pinsel in<br />
Schwarz signiert, datiert und betitelt:<br />
Schumacher 59 Hephatos.<br />
Auf der mittleren Keilrahmenleiste<br />
bezeichnet: Galerie van de Loo.<br />
Das Gemälde ist im Archiv der Emil Schumacher<br />
Stiftung Hagen, unter der Nr. 0/328 registriert. –<br />
[3428] Gerahmt.<br />
Provenienz: Galerie van de Loo, München /<br />
Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen<br />
Ausstellung: II. documenta. Kassel, Museum<br />
Fridericianum, Orangerie und Bellevueschloß,<br />
1959, Kat. S. 39 (Schumacher, Nr. 3), ganzs.<br />
Abb. S. 357 im Katalogband „Malerei“ [frühere<br />
Fassung, dort auf dem Kopf stehend abgebildet] /<br />
Emil Schumacher. Retrospektive. Paris, Galerie<br />
nationale du Jeu de Paume; Hamburg, Hamburger<br />
Kunsthalle; München, Haus der Kunst; 1998,<br />
Kat.-Nr. 9, ganzs. Farbabb. S. 57 [auf dem Kopf<br />
stehend abgebildet]<br />
€ 220.000 – 280.000<br />
$ 285,000 – 363,000<br />
Emil Schumacher hat das Gemälde nach 1959<br />
partiell überarbeitet und um 180° gedreht.<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Als Emil Schumacher 1959 das Bild „Hephatos“ malte, hatte der<br />
Mitbegründer der Gruppe „Junger Westen“ ein gutes Jahrzehnt<br />
höchst ergiebiger künstlerischer Entwicklung hinter sich. Preise<br />
und Auszeichnungen stellten sich ein, im Jahr zuvor war ihm<br />
der Guggenheim Award zugesprochen worden, außerdem hatte<br />
er eine Professur an der Hamburger Hochschule für Bildende<br />
Künste angetreten. Die Arbeit an „Hephatos“ fiel also in eine<br />
für ihn besonders wichtige Phase. 1959 sollte er an der zweiten<br />
Documenta teilnehmen, sein internationaler Durchbruch auf<br />
der Biennale von Venedig 1961 stand kurz bevor. In den zurückliegenden<br />
Jahren hatte sich der Maler, beeinflußt von den<br />
Künstlern der École de Paris, in seinen Arbeiten zunehmend auf<br />
das wirkungsvolle Zusammenspiel von Farbe und dem Relief der<br />
pastosen Oberfläche konzentriert.<br />
In „Hephatos“ treibt er dieses Prinzip zu einer frühen Vollendung:<br />
Farbauftrag und mechanische Einwirkung durch Ritzungen und<br />
ähnliche, einer unleserlichen Schrift gleichende Bewegungen halten<br />
sich hier kompositorisch die Waage. Spätere Werkkomplexe<br />
wie etwa die sogenannten „Hammerbilder“, die ab 1966 entstehen,<br />
kündigen sich bereits an. Schumacher ist dabei, daraus<br />
einen ganz eigenen, genuin malerischen Ansatz zu schöpfen. Die<br />
Kunstwissenschaft hat die Ausstrahlung der Gemälde jener Jahre<br />
zu Recht mit Phänomenen aus der Natur verglichen – mit Zerklüftungen<br />
der Erdkruste durch Wind und Wassergewalt. In ihrem<br />
Beitrag zum Katalog der großen Schumacher-Retrospektive 1997<br />
in der Hamburger Kunsthalle weist Monika Wagner aber auch<br />
darauf hin, daß sich diese Spuren als Kommentare zu zivilisatorischen<br />
Eingriffen wie Industrie oder Krieg lesen lassen. Es ist<br />
diese Vielschichtigkeit, durch die ein Bild wie „Hephatos“ über<br />
den abstrakten Zeitgeschmack hinaus eine allgemeine, aktuelle<br />
Gültigkeit erlangt. (UC)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
41 Rolf Szymanski<br />
Leipzig 1928 – lebt in Berlin<br />
„FIGUR IN GROSSER HÖHE I“. 1999<br />
Bronze mit grauschwarzer Patina.<br />
Höhe: 203 cm (79 ⅞ in.).<br />
Auf mittlerer Höhe mit dem Monogramm: Szy.<br />
Eines von 6 Exemplaren. Unten hinten<br />
der Gießerstempel: MARC KREPP BERLIN<br />
WERKSTATT FÜR KUNSTGUSS. [3171]<br />
Provenienz: Privatsammlung, Hessen<br />
€ 50.000 – 70.000<br />
$ 64,800 – 90,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Ein fast ungezügeltes Maß an Freiheit spricht den Betrachter<br />
dieser Skulptur an. Die bewegte Formgebung in Bronze gibt<br />
noch die Merkmale der Ausgangsmaterialien von Gips oder Ton<br />
wieder, die mit der modellierenden Kraft der Hände gestaltet<br />
wurden. Die Ausdrucksebene wird von Bewegungen, von Gesten<br />
des Körpers bestimmt, denen auch unmittelbare Handlungen<br />
zugeordnet sind.<br />
Unsere Figur konzentriert sich auf einen Amboß, der aus dem<br />
zylindrischen Sockel herauszuwachsen scheint. Die kraftvoll<br />
gespannte Körperhaltung, die Wucht und Spontaneität der<br />
Bewegung, läßt den Schmied vor unseren Augen erscheinen,<br />
kurz: den tätigen Menschen. Homo Faber ist ein Motiv, das die<br />
Kunstgeschichte auch in der Bildhauerei kennt: von Constantin<br />
Meuniers Sämann bis zum „Hammering Man“ von Jonathan<br />
Borofski. Sind diese von denkmalähnlicher Statuarik, gleichsam<br />
in Erz gegossene ruhende Standbilder, so ist Szymanskis „Figur<br />
in großer Höhe I“ ein spritziges Elixier von Stärke, Bewegung und<br />
Aufgeregtheit. Wie bei Rilkes Panther wirkt „der Tanz der Kraft<br />
um eine Mitte“, der unseren Blick fesselt und den modernen<br />
Hephaistos so anziehend macht.<br />
Szymanski, 1928 in Leipzig geboren, dort auf der Kunstgewerbeschule,<br />
später auf der Hochschule für Bildende Künste<br />
in Berlin bei Richard Scheibe und Bernhard Heiliger ausgebildet,<br />
hat schon in frühen Arbeiten die Gewalt der Formen, den<br />
vulkanischen Ausdruck zu seinem Kanon gemacht. Stille und<br />
Meditation, Einkehr und Besinnlichkeit sind nicht seine Modi,<br />
vielmehr teilt sich eine leidenschaftliche Haltung mit, die etwas<br />
Mitreißendes hat. Damit bildet die Skulptur auch den Prozeß des<br />
Schaffens sinnvoll ab. Szymanski ist ein stets Suchender, der<br />
auch in der fertigen Arbeit seine Findungen erfahrbar macht. In<br />
diesen Facetten des Themas Mensch spiegelt sich anschaulich<br />
die Ambivalenz der Existenz. (AH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
42 Horst Antes<br />
Heppenheim 1936 – lebt in Berlin und Karlsruhe<br />
„GRÜNE FIGUR“. 1963<br />
Mischtechnik auf Papier.<br />
65,5 x 51,2 cm (25 ¾ x 20 ⅛ in.).<br />
Unten links mit Bleistift signiert: Antes.<br />
[3337] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland<br />
€ 25.000 – 35.000<br />
$ 32,400 – 45,300<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
In der Geschichte der deutschen Malerei der Nachkriegszeit<br />
beeindruckt Horst Antes mit der kontinuierlichen Entwicklung<br />
seiner Kunst aus einem Grundprinzip. Die menschliche Figur war<br />
über Jahrzehnte sein Thema, beeinflußt durch seinen Lehrer HAP<br />
Grieshaber. Mit dem „Kopffüßler“ ist Antes berühmt geworden,<br />
mit ihm erforschte er die Innen- und Außenwelt in ihrem ganzen<br />
Spektrum, sie wurde ihm Projektionsfläche für seine Malerei. In<br />
ihr spielt sich ab, was den Künstler beschäftigt, welche Fragen<br />
sich ihm stellen und welche Lösungsmöglichkeiten er entwickelt.<br />
Er füllt das Bildformat, sprengt es zuweilen gar, er kann blockhaft<br />
und streng reglementiert auftreten. Irgendwann erobert er, aus<br />
mannigfachen Verschiebungen heraustretend, den Raum. Der<br />
„Kopffüßler“ begibt sich in die Landschaft.<br />
In unserem frühen Bild von 1963 erscheint eine doppeläugige<br />
Strichfigur mit ausladender Gestik vor einer ungestüm mit Farbe<br />
gefüllten Bühne. Blau, Rot und sehr viel Weiß liegen in Schichten<br />
übereinander, schwarze Kreise und Schraffuren wirken wie eingeritzt.<br />
„Ich belade und entlade meine Figur symbolisch, sentimental,<br />
organisch, geschichtlich, ich fülle sie an und entleere sie mit<br />
Anspielungen, Gesten, Gedanken, Spekulationen, Wünschen und<br />
Ängstlichkeiten. Ich mache mir ein Bild, ich mache mir jemand<br />
als Gleichnis, Partner, Spiegel. Ich vervielfache mich, behaupte<br />
mich, nehme in Besitz, erkenne mich und durch mich etwas –<br />
in Momentaufnahmen von langer Dauer.“ (Horst Antes, zit. nach:<br />
Ausst.–Kat. 1945-1985, Kunst in der Bundesrepublik Deutschland,<br />
Nationalgalerie Berlin, S. 190) (EO)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
43 Joannis Avramidis<br />
Batum (SU) 1922 – lebt in Wien<br />
HALBTORSO. 1962<br />
Bronze mit hellbrauner Patina.<br />
Höhe: 107 cm (42 ⅛ in.).<br />
Auf der Plinthe signiert: AVRAMIDIS.<br />
Einer von 4 numerierten Güssen. [3171]<br />
Provenienz: Privatsammlung, Hessen<br />
€ 50.000 – 70.000<br />
$ 64,800 – 90,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
„Sind es zwei, die sich erlesen, daß man sie als Eines kennt?“,<br />
dichtete Goethe über den Gingko im West-östlichen Divan. Die<br />
zwei Wesen erscheinen beim „Halbtorso” von Avramidis als<br />
menschliche Figuren, die zu einer Einheit zusammenwachsen.<br />
Über einer viereckigen Plinthe entwickelt sich, gleich einem<br />
Baum oder einer aufstrebenden Säule, eine vielgliedrige Gruppierung<br />
von Körpern, die sich um eine imaginäre Mittelachse formieren.<br />
Rundum sind die verschiedensten Ansichten zu erfahren.<br />
Die Schwellkraft der einzelnen Elemente evoziert den Eindruck<br />
von Aktbildern, die miteinander kommunizieren, ohne dabei zu<br />
verschmelzen. Sie sind eines und gleichzeitig auch anderes,<br />
Individuum und Gesellschaft, „Polis“, wie die große Gruppe des<br />
Künstlers vor der Neuen Nationalgalerie in Berlin heißt.<br />
Der Grieche Avramidis lebt seit 1943 in Wien, er war dort Schüler<br />
von Fritz Wotruba in der Bildhauerklasse der Akademie und<br />
hat sich von Beginn an immer wieder analytisch und formend mit<br />
der menschlichen Figur auseinandergesetzt. In einer Fülle von<br />
Zeichnungen vorbereitet, konnte er das Menschenbild auf das<br />
Essentielle reduzieren und in strenger Linearität von Profilen eine<br />
Figuration von Einzelteilen schaffen, die sich schließlich zu einer<br />
einheitlichen Komposition zusammenfügen. Dabei sind die Beine,<br />
an denen man den klassischen Kontrapost von Stand und Spiel<br />
ablesen kann, höchst realistisch dargestellt. Sie leiten uns zum<br />
Rumpf, dem Zentrum des Körpers, dessen Kopf der Betrachter<br />
ergänzend hinzufügt.<br />
Die meisten Arbeiten im Œuvre von Joannis Avramidis zeigen<br />
auch Hals und Kopf und erinnern in starker Abstraktion an antike<br />
Vorbilder. Dorthin, zur klassischen Bildhauerkunst, wie auch zur<br />
italienischen Frührenaissance eines Piero della Francesca, fühlt<br />
sich der Hellene hingezogen. So gleichen seine Figuren oft den<br />
griechischen Kouroi der archaischen Periode, den apollinischen<br />
Erscheinungen, die den höchsten Sinn unseres Daseins darstellen.<br />
(AH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
44 R Fernando Botero<br />
Medellin 1932 – lebt in Paris u. Pietrasanta<br />
„UN CARDENAL“. 1966<br />
Öl auf Leinwand. 51 x 51,3 cm (20 ⅛ x 20 ¼ in.).<br />
Unten rechts signiert und datiert: Botero 66.<br />
Rückseitig mit Pinsel in Schwarz betitelt, signiert<br />
und datiert: ”UN CARDENAL” BOTERO 66.<br />
[3053] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, USA<br />
Literatur und Abbildung: <strong>Grisebach</strong>. Das Journal.<br />
Zweite Ausgabe 2012, Abb. S. 37<br />
€ 85.000 – 100.000<br />
$ 110,100 – 130,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Die katholische Tradition ist Teil des lateinamerikanischen<br />
Alltagslebens, und in seiner charakteristischen Fomensprache<br />
erzählt der Kolumbianer Fernando Botero auch von dem Glauben<br />
und der Frömmigkeit der einfachen Leute. Volkstümliche<br />
Madonnenfiguren und Andachtsbilder gehören ebenso zu seiner<br />
Bildwelt wie die kirchlichen Würdenträger mit ihren eindrucksvollen<br />
Gewändern, die für den Maler eine willkommene Gelegenheit<br />
boten, Volumen durch Farbe darzustellen. Sein „Cardenal“ trägt<br />
den Camauro, die rote Haube mit Hermelinbesatz, die eigentlich<br />
dem Papst vorbehalten ist, und steht damit in der Nachfolge der<br />
bekannten Papstbildnisse von Raffael oder Diego Velazquez. Bewußt<br />
appelliert Botero an unser kollektives Bildgedächtnis, denn<br />
nur so kann die Verwandlung der übermächtigen Gestalten aus<br />
Renaissance und Barock in einen „echten Botero“ funktionieren.<br />
In seinem Essay „Die üppige Pracht“ vergleicht der peruanische<br />
Schriftsteller Mario Vargas Llosa die gutmütigen Geistlichen<br />
Boteros mit den Papstserien von Francis Bacon aus den 1950er<br />
Jahren: „Bacon zeigt uns den letzten Schrecken menschlicher<br />
Wracks, kurz bevor sie wieder ins Nichts zurückfallen. Dagegen<br />
sind Boteros Geistliche vollkommene, gelassene Wesen. Stolz<br />
posieren sie in ihrem Ornat [...] mit dem stets gleich bleibenden<br />
Ausdruck von jemandem, der sich vor Gefahren geschützt weiß<br />
und auf sicherem Boden steht. Sie wühlen uns nicht auf, konfrontieren<br />
uns nicht mit dem Elend der menschlichen Existenz wie<br />
bei Bacon; im Gegenteil, sie rühren uns durch ihre Unschuld und<br />
lassen uns einen illusorischen Augenblick lang von einem Leben<br />
ohne Schmutz und Unglück, ohne die Erschütterungen und die<br />
Verletzbarkeit unserer Existenz träumen“. (Zit. nach: Fernando<br />
Botero. Ausstellungskatalog der Kunsthalle Würth, Schwäbisch<br />
Hall <strong>200</strong>5/<strong>200</strong>6, S. 32). (sch)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
45 R Fernando Botero<br />
Medellin 1932 – lebt in Paris u. Pietrasanta<br />
„PERROS“. 1966<br />
Öl auf Leinwand. 130 x 139 cm<br />
(51 ⅛ x 54 ¾ in.). Unten rechts signiert und<br />
datiert: Botero 66. Rückseitig mit Pinsel in<br />
Schwarz signiert und datiert: Botero 66.<br />
Auf dem Keilrahmen oben betitelt: perros.<br />
[3052]<br />
Provenienz: Privatsammlung, USA<br />
Ausstellung: Fernando Botero – Recent Works.<br />
Milwaukee, Milwaukee Art Center, 1967, Kat.-Nr. 6<br />
(„Dogs“) / Fernando Botero: „Der umgekehrte<br />
Kolumbus“. Berlin, Galerie Brusberg, 1996,<br />
Kat.-Nr. 12, ganzseitige Farbabb. S. 86<br />
Literatur und Abbildung: Sibylle Lewitscharoff:<br />
Liebe Möpse, darf ich zum Spaziergang bitten?<br />
In: <strong>Grisebach</strong>. Das Journal. Zweite Ausgabe<br />
2012, S. 34-36<br />
€ 160.000 – <strong>200</strong>.000<br />
$ 207,000 – 259,000<br />
Als Fernando Botero 1956 eine Mandoline zeichnete, setzte<br />
er anstelle der Schallöffnung einen winzigen Punkt. Die<br />
kleine, eher zufällige Veränderung bewirkte Außerordentliches,<br />
die Form erschien plötzlich monumental und von<br />
sinnlicher Plastizität – Botero hatte den Schlüssel zu seiner<br />
Kunst gefunden. Im freien Umgang mit den Bildelementen,<br />
mit Proportionen und Perspektive erschafft der Maler sein<br />
eigenes Universum, das von Musikanten und Matadoren,<br />
Priestern und Generälen, Spaziergängern und Liebespaaren<br />
bevölkert wird. Die fröhliche Naivität dieses Welt-Panoramas<br />
wird zuweilen von mildem Spott begleitet, ist lustvoll oder<br />
anrührend, manchmal rätselhaft. Die Gesetze der Logik und<br />
des Rationalen sind außer Kraft gesetzt, wenn zwergenhafte<br />
Menschen in riesigen Betten liegen, Honoratioren<br />
vor gigantischen Bananenstauden posieren oder rundliche<br />
Schoßhündchen sich zum Familienbild aufstellen.<br />
Ähnlich den frühen Meistern der italienischen Renaissance<br />
organisiert Botero hier einen symbolischen Raum in klarem<br />
schattenlosen Licht, arrangiert die voluminösen Formen<br />
wie üppige Früchte auf einem Teller. Zugleich stehen die<br />
„Perros“ in der Tradition des repräsentativen Gruppenportraits.<br />
Persönlichkeiten und Rangordnungen sind vom Maler<br />
mit einfachen Mitteln treffsicher charakterisiert, ein zartes<br />
rosafarbenes Schleifchen betont die Rolle des Familienoberhauptes<br />
ebenso wie es seine Würde untergräbt. In Gestalt<br />
der Tiere läßt Botero uns Menschliches erkennen, gleichzeitig<br />
verändert er subtil, was wir zu kennen glauben, verbirgt<br />
in der Hundewelt auch Fremdes, Katzenartiges. Was sich<br />
der Analyse des Verstandes entzieht, wirkt umso kraftvoller<br />
und betörender, denn Boteros Erfindungsreichtum, seine<br />
Kunst der Formgebung ist zugleich eine Kunst der Verführung,<br />
die zur Reise in eine andere Wirklichkeit einlädt. (sch)<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
109
46 R Friedensreich Hundertwasser (d.i. Fritz Stowasser)<br />
Wien 1928 – <strong>200</strong>0 auf dem Seeweg vor Australien<br />
„THE SAILOR“. 1968<br />
Öl, Eitempera, Aquarell und Lack auf Papier,<br />
vom Künstler auf Leinwand aufgezogen.<br />
80 x 50 cm (31 ½ x 19 ⅝ in.). Unten links<br />
mit Werknummer versehen, signiert, datiert<br />
und bezeichnet: 678 Friedensreich 1968<br />
© DALMATIA–VENEZIA. Rückseitig mit Pinsel in<br />
Schwarz bezeichnet: © BY HUNDERTWASSER.<br />
Dort auf einem Etikett mit der Werknummer<br />
versehen, signiert und betitelt: 678 HUNDERT-<br />
WASSER ”THE SAILOR”.<br />
Schmied/Fürst 678. – [3206]<br />
Provenienz: Joachim Jean Aberbach, New York /<br />
Privatsammlung, USA<br />
Ausstellung: Hundertwasser. New York, Aberbach<br />
Fine Art, 1973, S. 51 / Mysterious and Magical<br />
Realism. Ridgefield, Connecticut, Aldrich<br />
Museum of Contemporary Art, 1980 / European<br />
Trends in Modern Art 1950-1980. One Hundred<br />
Paintings. New York, Pierre Cardin Buildings,<br />
1980<br />
Literatur und Abbildung: Mizue, August 1969,<br />
Tokyo / To the point international, Jg. 2, Nr. 13,<br />
28. Juni 1975, S. 50 / Auktion 277. Hamburg,<br />
Hauswedell & Nolte, 9./10.6.1989, Nr. 531,<br />
ganzs. Farbabb. Tf. 58<br />
€ 140.000 – 180.000<br />
$ 181,000 – 233,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Friedensreich Hundertwasser war davon überzeugt, daß die<br />
Menschen sich auf zweifache Weise mit sich selbst und der<br />
Umwelt versöhnen könnten. Erstens forderte er eine große<br />
Nähe zur Natur und den verantwortungsbewußten Umgang mit<br />
ihr. Zum anderen meinte er, der Mensch solle die Dinge, die<br />
er hervorbringt, schmücken, sie mit Farben und Ornamenten<br />
verschönern. Und so zog er in die Welt und suchte nach Orten,<br />
an denen sich diese Gedanken verwirklichen ließen. Auf einer<br />
dieser Reisen entdeckte er 1968 in Palermo einen alten Salzfrachter,<br />
kaufte ihn und segelte nach Venedig, wo das Schiff in<br />
der Werft von Pellestrina hochseetüchtig gemacht wurde. Und<br />
hier entstand auch unser Bild. Der „Sailor“ ist also ein Alter Ego<br />
des Künstlers. Er erwarb das Kapitänspatent, lebte monatelang<br />
auf dem Schiff, das er „Regentag“ taufte, und reiste einige Jahre<br />
später auf ihm nach Neuseeland. Hundertwasser fand hier eine<br />
neue Heimat.<br />
In unserem Bild verdichten sich alle künstlerisch-ästhetischen<br />
und lebensphilosphischen Gedanken Hundertwassers. Das naivoptimistische<br />
Gesicht erinnert an Formulierungen Paul Klees,<br />
dessen Idee einer kindlich vorraussetzungslosen künstlerischen<br />
Äußerung den Künstler tief beeindruckte. Im oberen Bereich<br />
klingt in den kleinteiligen Ornamenten der Wiener Jugendstil von<br />
Gustav Klimt an. Hundertwasser liebte den Regen, „da er die<br />
Farben leuchten lasse“. Das Antlitz des Seemanns ist benetzt<br />
von den zerfließenden Tropfen eines bunten, farbigen Regens.<br />
Die in das Gesicht eingeschriebenen grünlichen Linien lassen an<br />
die Adern eines Blattes denken. Das Bild der Pflanze ist im Werk<br />
Hundertwassers allgegenwärtig. Ebenso erinnert die Nase an<br />
den Kiel und Steven eines Schiffes, die Linien ergeben dann die<br />
Planken. Schiff und Mensch verschmelzen, sind eine originäre<br />
Einheit. Das Bild eines Matrosen wird hier zum gültigen Ausdruck<br />
für das Unterwegssein, das Schiff ein Ort, auf dem man überall<br />
und nirgends zu Hause ist. Und der rote Knopf auf der Matrosenmütze<br />
wird zur Insel inmitten eines weiten Meeres. (OH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
47 Arnulf Rainer<br />
Baden b. Wien 1929 – lebt in Wien u. Vornbach/Inn<br />
ÜBERMALUNG. 1960<br />
Öl auf Leinwand. 104,5 x 82,5 cm<br />
(41 ⅛ x 32 ½ in.). Rückseitig mit<br />
Kreide in Blau zweifach signiert<br />
und einmal datiert: Rainer 60.<br />
Auf dem Keilrahmen signiert: Rainer.<br />
Stellenweise leichtes Craquelé.<br />
[3353] Im Künstlerrahmen.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland<br />
€ 70.000 – 90.000<br />
$ 90,700 – 116,600<br />
Wir danken Clara Ditz, Enzenkirchen, für die<br />
freundliche Bestätigung der Authentizität des<br />
Gemäldes.<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
In der Kunst der 1950er Jahre ist der Wunsch nach einer<br />
Vereinheitlichung und Vereinfachung des Bildes spürbar. Viele<br />
Künstler – Yves Klein, Antoni Tàpies, Robert Ryman – arbeiten<br />
an monochromen Bildern. In der Auseinandersetzung mit dieser<br />
Strömung entstanden die ersten Übermalungen Arnulf Rainers.<br />
Und doch steht die kühl-analytische Komponente einfarbiger<br />
Malerei in starkem Gegensatz zu den tiefgründigen und geheimnisvollen<br />
<strong>Werke</strong>n des Österreichers. Rainer war seiner Arbeit<br />
und den <strong>Werke</strong>n anderer gegenüber ungemein kritisch. Er<br />
begann Ende der 1950er Jahre, eigene und fremde Arbeiten oder<br />
Photographien mit Farben zu überstreichen. Die Übermalungen<br />
sollten diese <strong>Werke</strong> verbessern und vervollkommnen, nicht<br />
zerstören. Werner Hofmann sprach in diesem Zusammenhang<br />
von Rainers „Annäherung an das Bild aller Bilder“. Rainer selbst<br />
sagte: „Ich wollte das ausgebreitete Dunkel, das fast verschlossene<br />
schwarze Bild. Entexpressionierung, permanente Verhüllung,<br />
kontemplative Ruhe sind die Prinzipien meiner Arbeiten zwischen<br />
1953 und 1965.“ (Arnulf Rainer, zit. nach: Ausst.-Kat. Historisches<br />
Museum Wien, 1989, S. 49)<br />
Rainers Annäherung erfolgte langsam, Schicht um Schicht.<br />
In einem mitunter Jahre dauernden Malprozess versuchte der<br />
Künstler sein Ideal von vollkommener Ausgewogenheit zu verwirklichen.<br />
Auf den meisten Übermalungen, so auch auf unserem<br />
Bild, bleibt ein winziger Rest des Grundes, der ursprünglichen<br />
Bildoberfläche, erhalten. Dieser Rest wird zum Zeichen des Unfertigen.<br />
Die winzige Spur des weißen Grundes verhindert nicht<br />
nur das hermetische Verschlossenwerden der stark verdichteten<br />
Oberfläche, sie kündet auch von der suchenden und zögernden<br />
Vorsicht, mit der Rainer arbeitet. Einige Schichten hinterließen<br />
Spuren, wie glänzende Flecken oder zarte Verläufe, andere sind<br />
durch leicht veränderte Farbnuancen erfahrbar. Die undurchdringlich<br />
erscheinende Oberfläche ist in Wahrheit voller Leben. In<br />
ihr sind die Anspannung und Erregung des Malprozesses spürbar.<br />
Die blauschwarze Übermalung tritt uns mit beredtem Schweigen<br />
gegenüber. (OH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
48 Victor Vasarely<br />
Pècs 1908 – 1997 Paris<br />
„BETTEL-2“. 1957/64<br />
Tempera auf Holz. 46,1 x 67,5 cm<br />
(18 ⅛ x 26 ⅝ in.). Unten rechts mit<br />
Kugelschreiber in Schwarz signiert: vasarely.<br />
Rückseitig mit Filzstift in Schwarz signiert,<br />
betitelt, bezeichnet und datiert: VASARELY<br />
“Bettel-2” 47 x 68 1957/64 vasarely.<br />
[3418] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, Frankreich<br />
€ 35.000 – 45.000<br />
$ 45,300 – 58,300<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Betrachtet man das Kunstwerk aus einem gewissen Abstand,<br />
stellt sich das von Vasarely erwünschte Resultat ein. Das Auge<br />
ist irritiert, springt zwischen Gitterstruktur und Kreisform hin und<br />
her. Einige Kreise beginnen sich zu drehen, andere weichen in<br />
die Tiefe zurück. Mehrere „Plätze“ werden unerwartet von Quadraten<br />
oder winzigen Punkten belegt. All dies ist unmittelbar durch<br />
die objektiven Strukturen zu erleben. Ein kulturelles Vorwissen<br />
erscheint unnötig, da allein der visuelle Reflex angesprochen<br />
wird. Dies ist die Grundidee der Op-Art, als deren führender<br />
Vertreter Vasarely gelten muß. Der gebürtige Ungar kam in<br />
Budapest mit den Ideen des Bauhauses in Berührung. Die Vorstellung<br />
einer geometrischen Abstraktion, die gänzlich auf Mittel<br />
des Malerischen, ja sogar ganz auf die Handschrift des Künstlers<br />
verzichten wollte, faszinierte ihn. Er strebte das automatisierte,<br />
seriell hergestellte Bild an. Und so ist sein Weg vom Maler zum<br />
Planer großräumlicher dreidimensionaler Strukturen folgerichtig.<br />
Im späteren Verlauf seines Schaffens konzipierte er Skulpturen<br />
und in Architektur integrierte Objekte, die sich alle auf eine<br />
einzige, geometrische Form gründen.<br />
Tritt man näher an das Bild heran, offenbart sich auf bemerkenswerte<br />
Weise die minutiöse Arbeit des Künstlers. In der rechten<br />
Bildhälfte werden beispielsweise dünne Linien erkennbar, in<br />
deren Schnittpunkten Vasarely mit einem Zirkel in die Leinwand<br />
stach und so die Kreise geometrisch exakt fixieren konnte.<br />
Anschließend malte er die umgebene schwarze Gitterstruktur,<br />
wobei die Pinselführung in der Temperamalerei erkennbar bleibt.<br />
Die Idee, die der Künstler von der Kunst hat, tritt überwältigend<br />
deutlich in der Komposition zu Tage. Doch erst die Einmaligkeit<br />
des handwerklichen Herstellungsprozesses schafft die Aura<br />
dieses Kunstwerkes. Der Einbruch des Subjektiven in strenge<br />
Objektivität der Bildfläche eröffnet in der heutigen Zeit einen<br />
spannenden Dialog mit den Absichten des Künstlers. (OH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
49 R George Rickey<br />
South Bend/Indiana 1907 – <strong>200</strong>2 St. Paul/Minnesota<br />
„TWO UP – ONE DOWN“. 1966<br />
Kinetische Edelstahlskulptur mit 3 beweglichen<br />
Nadeln. Maße variabel.<br />
Maximale Höhe: 240 cm.<br />
Maximale Breite: ca. <strong>200</strong> cm<br />
(maximum height: 94 ½ in.<br />
maximum width: ca. 78 ¾ in.).<br />
Unikat. Auf temporäre Beton-Verankerungskonstruktion<br />
montiert. [3206]<br />
Provenienz: Privatsammlung, USA<br />
€ 140.000 – 180.000<br />
$ 181,000 – 233,000<br />
Wir danken Birgit Mieschonz, The Estate<br />
of George Rickey, East Chatham, New York,<br />
für freundliche Hinweise.<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Die <strong>Werke</strong> George Rickeys vermitteln eine andere Auffassung<br />
von Skulptur, als jahrhundertelang üblich war. Standfestigkeit<br />
und Ruhe werden von Veränderung und Abwechslung abgelöst.<br />
Sind das überhaupt Plastiken? Nichts Körperhaftes, aus Materie<br />
Geformtes haftet ihnen an. In England und Frankreich ausgebildet,<br />
kehrte Rickey 1930 nach Amerika zurück und arbeitete<br />
zunächst als Geschichtslehrer. In den vierziger Jahren war er als<br />
Maler tätig; in Chicago beschäftigte er sich mit der Bauhauslehre<br />
und begann 1949 als Künstler zu arbeiten. Neben Alexander<br />
Calder, Naum Gabo und David Smith war er einer der Pioniere<br />
der amerikanischen Bildhauerkunst.<br />
An einem Metallständer sind drei lange, fein zulaufende Ausleger<br />
angebracht, zwei davon parallel, der dritte entgegengesetzt. Im<br />
Hauch der Luft gehen ihre Nadelspitzen auf und nieder, kreuzen<br />
sich, fliehen einander oder schwingen parallel. Dabei ergeben<br />
sich offene Strukturen, flüchtige Zeichen und sogar geometrische<br />
Figuren, die sich ebenso schnell auflösen wie sie sich gefügt<br />
haben. Die Faszination von Rickeys Kunst besteht in der absichtsvollen<br />
Zufälligkeit. Ein Motor würde, triebe er die Stäbe an,<br />
eintönig ohne Unterlaß einem vorgegebenen Ablauf folgen. Die<br />
Natur ist unvorhersehbar und wechselvoll. Rickey erforscht die<br />
Möglichkeiten seiner Gebilde unter dem Wind und in der Thermik.<br />
Mit diesem Ansatz steht er der konzeptionell arbeitenden<br />
Kunst näher als der abbildenden. In der Reduzierung des Volumens,<br />
in der Abstraktion eines möglichen Naturvorbildes und in<br />
der Verwendung des Materials Stahl erweist er sich als Vertreter<br />
der jüngsten Moderne. Sein Œuvre zeichnet eine intellektuell fordernde<br />
Position aus. Wie die Linien schwingen, sind sie Sinnbild<br />
des Lebens, des Weiblichen und Männlichen, des Positiven und<br />
Negativen, von Gut und Böse. Mühelos läßt sich Rickeys Werk,<br />
das so spröde und nüchtern auftritt und doch voller poetischer<br />
Geheimnisse steckt, mit Inhalt füllen. Die blitzenden Klingen<br />
fechten weiter, alle Gedanken nicht achtend, sie sind frei. (EO)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
50 R Antoni Tàpies<br />
1923 – Barcelona – 2012<br />
„SABATA SOBRE BLANC“. 1989<br />
Kreidegrund mit Marmormehl, Tempera<br />
und Graphit auf lackierter Sperrholzplatte.<br />
175 x 100 cm (68 ⅞ x 39 ⅜ in.).<br />
Rückseitig oben links mit Filzstift<br />
in Schwarz signiert: Tàpies.<br />
Agustí 5828. – [3412] Gerahmt.<br />
Ausstellung: Tàpies. Paris und New York, Galerie<br />
Lelong, 1990, Kat.-Nr. 37, Farbabbildung S. 41 /<br />
Tàpies. Peintures récentes. Zürich, Galerie<br />
Lelong, 1991, Kat.-Nr. 1 / Antoni Tàpies. Tokio,<br />
Fuji Television Gallery, 1991, Kat.-Nr. 11, mit<br />
Farbabbildung / Antoni Tàpies. Locarno,<br />
Pinacoteca Comunale, Casa Rusca, 1998,<br />
Farbabbildung S. 171 / Antoni Tàpies, Musée<br />
Jurassien des Arts Moutie, <strong>200</strong>5 / Tàpies.<br />
Toulon, Hotel des Arts, Centre Méditerranéen<br />
d’Art, <strong>200</strong>6, Farbabb. S. 96<br />
€ 90.000 – 120.000<br />
$ 116,600 – 155,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Antoni Tàpies, Anfang des Jahres 2012 im Alter von 88 Jahren<br />
in seiner Geburtsstadt Barcelona verstorben, war einer der<br />
wichtigsten Künstler unserer Zeit in Spanien. Von einem kurzen<br />
Studium an der Acadèmia Valls in Barcelona abgesehen, begann<br />
Tàpies seine künstlerische Laufbahn als Autodidakt. 1948<br />
gründete er gemeinsam mit befreundeten Künstler und Literaten<br />
die Gruppe Dau al Set, die auch eine Kunstzeitschrift herausgab.<br />
Zwei Jahre später erhielt er ein Stipendium in Paris, wo er bald<br />
Anschluß an die lebendige Kunstszene der Stadt fand. Hier lernte<br />
Tàpies nicht nur die Maler des französischen Informel kennen,<br />
sondern auch Jean Dubuffet, dessen Art Brut ihn stark beeindruckte.<br />
Tàpies erste Ausstellung in Deutschland richtete ihm<br />
1957 Alfred Schmela in seiner Düsseldorfer Galerie aus, auch<br />
Werner Schmalenbach gehörte früh zu Tàpies’ Förderern.<br />
Der Kontakt zu Jean Dubuffet führte dazu, daß Tàpies anfing, für<br />
ihn in der Folgezeit typische Materialien wie Sand und Alltagsgegenstände<br />
in seine Kompositionen zu integrieren. Die daraus<br />
resultierenden schroffen und schrundigen Oberflächen seiner<br />
Gemälde weisen deutlich über die malerischen Ansätze der<br />
1950er Jahre hinaus. So ist es nicht überraschend, daß Tàpies,<br />
der als Anhänger des Zen-Buddhismus zwar die spirituellen<br />
Interessen der Künstler des Informel teilte, sich selber aber nicht<br />
als abstrakten, sondern als realistischen Maler verstand. Ging es<br />
ihm in seiner Kunst vor allem um die unmittelbare Wirkung von<br />
Farbauftrag und Materialbeschaffenheit, so zeigt ein Gemälde<br />
wie das großformatige „Sabata sobre blanc“ von 1989, daß<br />
Tàpies dabei auch über eine Menge Humor verfügte. Der als<br />
Umriß in den Malgrund eingeritzte Frauenschuh weckt einerseits<br />
Erinnerungen an die Art Brut Dubuffets – und wirkt andererseits<br />
in seiner Apotheose eines auratischen, aber gleichzeitig eben<br />
auch banalen Gegenstandes auf bezaubernde Weise kurios. (UC)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
51 Günther Uecker<br />
Wendorf/Mecklenburg 1930 – lebt in Düsseldorf<br />
„HOMMAGE A FONTANA IV“. 1989<br />
Nägel, Farbe und Bleistift auf Leinwand auf Holz.<br />
110 x 80 cm (43 ¼ x 31 ½ in.).<br />
Unten rechts mit Bleistift signiert und datiert:<br />
Uecker 89. Rückseitig mit Pinsel in Schwarz<br />
betitelt, datiert und signiert: HOMMAGE A<br />
FONTANA IV 89 Uecker.<br />
Nicht mehr bei Honisch. –<br />
[3292]<br />
Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-<br />
Westfalen<br />
€ 100.000 – 150.000<br />
$ 130,000 – 194,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Selten ist eine Hommage weder Selbsterniedrigung noch Selbsterhöhung.<br />
Wenn aber Günther Uecker dem italienischen Maler<br />
und Konzeptkünstler Lucio Fontana huldigt, dann geschieht dies<br />
auf Augenhöhe, denn sie sind die beiden Künstler, die in den<br />
1950er Jahren die Leinwand als Darstellungsgrund mit ihren<br />
<strong>Werke</strong>n fundamental in Frage stellten. Schon 1964 auf der<br />
documenta III in Kassel widmeten die Künstler der Düsseldorfer<br />
Künstlergruppe ZERO, also Günther Uecker, Otto Piene und Heinz<br />
Mack, dem italienischen Geistesverwandten, der nicht zur documenta<br />
eingeladen war, den „Lichtraum – Hommage à Fontana“.<br />
Genau 25 Jahre später huldigt Uecker Fontana zum vierten Mal –<br />
doch es nicht das Leinwandaufschlitzen, dem er seine Reverenz<br />
erweist. Stattdessen setzt er sein ureigenes Mittel der Leinwanddurchdringung,<br />
den Nagel, ein. Sein Nagelfeld nimmt die Ovalform<br />
von Fontanas <strong>Werke</strong>n aus seinen letzten Lebensjahren auf,<br />
die „Fine di Dio“ heißen, also „Das Ende Gottes“ beschwören.<br />
Und dann zieht Uecker mit dem Stift um sein Nagelfeld noch ein<br />
zweite Ovalform, ganz im Stile Fontanas – und diese Form legt<br />
sich nun um Ueckers Nagelfeld wie eine schützende Hülle. Man<br />
kann sich so noch aufmerksamer den ästhetischen Sensationen<br />
widmen, die aus dem Kraftakt des Hämmerns entstanden sind:<br />
Die Nägel wirken einmal angriffslustig wie ein aufgestelltes<br />
Igelfell und dann wieder sanft wie ein Kornfeld im Wind. In der<br />
Hommage an das große Vorbild kann Uecker so die ganze Kraft<br />
und den Dualismus seiner eigenen künstlerischen Sprache<br />
entfalten. (FI)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
52 R Andy Warhol<br />
Pittsburgh 1928 – 1987 New York<br />
FRIEDRICH DER GROSSE. 1986<br />
Acryl und Farbserigraphie auf Leinwand.<br />
213 x 184 cm (83 ⅞ x 72 ½ in.).<br />
[3142] Gerahmt.<br />
Provenienz: Galerie Hans Mayer, Düsseldorf<br />
(1997) / Daimler Kunst Sammlung, Stuttgart/<br />
Berlin<br />
Ausstellung: DaimlerChrysler Collection.<br />
Private Corporate III. <strong>Werke</strong> aus der Samm-<br />
lung DaimlerChrysler und aus der Sammlung<br />
Spiekermann. Ein Dialog. Berlin, DaimlerChrysler<br />
Contemporary, <strong>200</strong>5, ganzs. Farbabb. S. 79<br />
€ 700.000 – 1.000.000<br />
$ 907,000 – 1,300,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Das Ende des 20. Jahrhunderts ist geprägt von einem neuen<br />
historischen Denken. Es wird zum bestimmenden Merkmal der<br />
Postmoderne, mit Rückgriffen auf die Vergangenheit nach dem<br />
Wohin in der Gegenwart zu fragen. Gesellschaften vergewissern<br />
sich mit dem Begehen aller möglichen Jahrestage ihrer Rolle und<br />
Position im Weltgefüge. Alles Geschichtliche und Kunstgeschichtliche<br />
steht ganz selbstverständlich in einer visuellen Datenbank<br />
zur Verfügung. Schon deutlich früher reagierten Künstler wie<br />
Andy Warhol, befeuert durch eine rasante Entwicklung moderner<br />
Medien, auf die Umwandlung des Weltgedächtnisses von einer<br />
eher schriftlich geprägten hin zu einer fast rein bildlichen Form.<br />
Behandelte Warhol in den 1960er Jahren noch hauptsächlich<br />
zeitgenössische Themen, blickte er in den 1980ern anhaltend<br />
zurück in die Vergangenheit. Und so schuf er, rechtzeitig zum<br />
<strong>200</strong>. Todestag von Friedrich II., dieses Werk in verschiedenen<br />
Farbvariationen.<br />
Wir stehen vor einem typisch amerikanischen Kunstwerk der<br />
Pop Art, dessen Sujet gleichwohl preußischer und deutscher<br />
nicht sein kann. Amerikanisch ist die Frische des Zugriffs, die<br />
Größe und Farbigkeit, die scheinbare Unbekümmertheit vor den<br />
Schichten der vergangenen Jahrhunderte. Und doch ist Warhols<br />
Portrait tief und ernst. Grundlage ist das 1781 von Anton Graff<br />
geschaffene Bildnis des Königs. Interessanterweise ist auch<br />
Graffs Gemälde eine Bearbeitung der Wirklichkeit: aus dem zu<br />
dieser Zeit schon greisenhaften Herrscher wird das überzeitliche,<br />
ikonische Bild von Friedrich dem Großen, das nach Menzel<br />
und anderen Künstlern des 19. Jahrhunderts nun auch Warhol<br />
als Vorlage diente. Die vergrößerte Reproduktion des Gemäldes<br />
wurde mittels eines Siebes auf die Leinwand übertragen. Ein<br />
weiteres Sieb druckte eine ebenfalls vergrößerte Zeichnung<br />
Warhols, mit der er Umrisse und Binnenstrukturen hervorhob.<br />
Bemerkenswert, weil ungewohnt „handschriftlich“, ist die sich<br />
heiter und „barock“ aufschwingende Arabeske hinter der Figur<br />
des Königs. Die Farbwahl der vorliegenden Arbeit gehört zweifellos<br />
zu den schönsten dieser Motivreihe: aus der Medaillonform<br />
der Graff’schen Vorlage ergibt sich wie zufällig die Würdeformel<br />
des schwarzen Bogens, von kräftigem Rot gefaßt. Rock und<br />
Arabeske bilden einen schönen Farbklang. Durch die über der<br />
Figur liegende Zeichnung in kräftigem Pink und Türkis erhält<br />
das Bild eine große Transparenz. Hierin besteht die große<br />
Kunst Andy Warhols: ihm gelingt es, Zitate aus jeder möglichen<br />
historischen Epoche in einen heutigen Kontext zu transferieren:<br />
Friedrich der Große ist auch im Jahr seines 300. Geburtstages<br />
ein Zeitgenosse. (OH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
53 R Anselm Kiefer<br />
Donaueschingen 1945 – lebt in Frankreich<br />
„ODIN AND THE WORLD-ASH“. 1981<br />
Öl über Holzschnitt auf Velin auf Rupfen.<br />
170,5 x 190,2 cm (67 ⅛ x 74 ⅞ in.).<br />
Am Oberrand betitelt: Odin and the World-Ash.<br />
Rückseitig mit Kohle betitelt, signiert und datiert:<br />
Odin and the World-Ash Anselm Kiefer 1981.<br />
Craquelé. [3465] Gerahmt.<br />
Provenienz: Privatsammlung, USA<br />
Ausstellung: With You I Want to Live.<br />
Fort Lauderdale, Museum of Art, <strong>200</strong>9/10,<br />
Abb. S. 54<br />
€ 400.000 – 600.000<br />
$ 518,000 – 777,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
„Odin and the World-Ash” steht oben am Rand in Schreibschrift:<br />
Der Titel, den Anselm Kiefer diesem 1981 entstandenen<br />
Kunstwerk gegeben hat. Es bleibt wenig Raum, so sehr füllen die<br />
zwei Hauptmotive das Bild, ein wie skelettiert wirkendes Pferd<br />
und ein diagonal darüber liegender, wuchtiger Baumstamm. Hier<br />
trifft Archaisches aufeinander: Die grob in Holz geschnittene, auf<br />
mehrere Blätter gedruckte schwarze Pferdefigur und die schrundig<br />
in Erdfarben bemalte Großform des abgesägten Stammes.<br />
Doch beide sind vereint, in einer Tragödie, die beim näheren Betrachten<br />
erkennbar wird. Unten rechts sind aufgeschichtete Äste<br />
zu sehen, die mit gelblichem Schellack wie mit Öl übergossen zu<br />
lodern scheinen, wie der Stapel Holzscheite links. Es ist eine Verbrennung,<br />
die hier stattfindet, zum wiederholten Male. Wagners<br />
„Ring des Nibelungen“ erzählt von Odin/ Wotan, der aus dem<br />
unter der Weltesche entspringenden Weisheitsquell trank und<br />
sich aus dem Holz einen herrschaftssichernden Speer schnitzte.<br />
Im letzten Akt des Opernzyklus „Götterdämmerung“, läßt Wotan<br />
die Esche fällen und in Brand setzen. Seine Tochter Brünhilde<br />
ergibt sich mit ihrem Pferd Grane den Flammen eines Scheiterhaufens.<br />
Eine der größten deutschen Mythen, popularisiert im<br />
19. Jahrhundert, im 20. Jahrhundert durch die Nationalsozialisten<br />
diskreditiert und nun langsam rehabilitiert, endet tragisch, mit<br />
dem Untergang der alten Ordnung.<br />
Bevor sich Kiefer nach einer Israelreise 1984 neuen Themenkreisen<br />
zuwandte, waren es die Mythen und schicksalhaften Ereignisse<br />
der deutschen Geschichte, die er in seinem Œuvre wie kein<br />
anderer Künstler der Nachkriegsgeneration mit großer Direktheit<br />
und neuer, bildgewaltiger Sprache behandelte. Aufgrund seines<br />
Beitrages für den deutschen Pavillon für die Venedig Biennale<br />
1980 hatte Kiefer dafür zunächst schärfste Kritik erfahren. Während<br />
einheimische Kommentatoren anspielungsreich von „Lust<br />
an der Angst” und „deutschem Holzweg” sprachen, gelang ihm<br />
international der Durchbruch. 1982, im Jahr nach der Entstehung<br />
von „Odin and the World-Ash“, erhielt Kiefer drei große Galerieausstellungen<br />
in New York, womit der englische Titel unseres<br />
Bildes zusammenhängen könnte.<br />
Der Holzschnitt als die einzige Drucktechnik, mit der sich Kiefer<br />
beschäftigt hat, blieb für seine deutschen Themen reserviert.<br />
Die besondere Ausdruckskraft des Holzschnitts erfährt in den<br />
monumentalen, aus einer Vielzahl von Blättern zusammensetzten<br />
und oft dramatisch mit Farbe und anderen Materialien überarbeiteten<br />
Kompositionen einen Höhepunkt im umfangreichen Werk<br />
des Künstlers. Allein sechs sehr unterschiedliche Varianten des<br />
unserem Bild zugrunde liegenden Holzschnitts (1978-81) fanden<br />
über die Jahre hinweg Eingang in bedeutende amerikanische<br />
Museums- und Privatsammlungen (Museum of Modern Art;<br />
Metropolitan Museum; Sammlung Sonnabend, New York;<br />
Sammlung Susan and Lewis Manilow, Chicago; University of<br />
Iowa Museum of Art, ehemals Dorothy Schramm, und Museum<br />
of Modern Art, San Francisco (siehe Abb.)). (MSF)<br />
Anselm Kiefer. „Brünhilde Grane”. 1990<br />
(Museum of Modern Art, San Francisco)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
54 Günther Uecker<br />
Wendorf/Mecklenburg 1930 – lebt in Düsseldorf<br />
„ENERGIEFELD“. 1986<br />
Nägel, Farbe und Quarzsand auf Leinwand<br />
auf Holz. Ca. 93 x 93 cm (36 ⅝ x 36 ⅝ in.).<br />
Rückseitig mit Pinsel in Schwarz betitelt,<br />
signiert und datiert: ENERGIEFELD Uecker 86.<br />
Nicht mehr bei Honisch. –<br />
[3207]<br />
Provenienz: Privatsammlung, Hessen<br />
€ 80.000 – 120.000<br />
$ 103,600 – 155,000<br />
Diese Arbeit mit silbrig glänzenden Nägeln, die durch eine<br />
schwarze Leinwand in eine quadratische Holzplatte geschlagen<br />
sind, wird niemand mehr als ein Tafelbild bezeichnen. In der Tat<br />
war die Überwindung dieser tradierten Vorstellung von einem<br />
Gemälde das Hauptanliegen der internationalen Künstleravantgarde<br />
nach dem Krieg. So wie Jackson Pollock in den USA, Lucio<br />
Fontana in Italien und Yves Klein in Frankreich forderten auch<br />
Uecker und seine Düsseldorfer Mitstreiter der Gruppe Zero,<br />
Piene und Mack, die Kunstgeschichte heraus, indem sie sich<br />
vom Gegenstand befreiten und neue Prozesse auf der Leinwand<br />
in Gang setzten. Uecker, an der Düsseldorfer Akademie von<br />
Otto Pankok ausgebildet, hat nach seinen ersten Übungen mit<br />
abstrakter Fingermalerei seit 1957 in die Strukturen seiner Bilder<br />
die Elemente der Nägel eingefügt, die sich auf dem Bildkörper in<br />
Formationen gruppierten. Damit erhielten die Arbeiten eine neue<br />
Dimension, die auch in der Optik durch die Spiele von Licht und<br />
Schatten und in der Materialität eine Bereicherung der Eindrücke<br />
erzeugte. Quadrate, Ovale, Kreise formierten die Grenzen der<br />
Kompositionen, in denen die Nägel sich in energiegeladenen<br />
Arrangements, einem Magnetfeld gleich, konzentrierten.<br />
Im „Energiefeld“ scheint die Oberfläche wie von einem gewaltigen<br />
Sturm aufgerissen, der die Nägel aus ihrer Gruppierung<br />
mit Kraft umgebogen und sogar über den Bildrand gerückt hat.<br />
Gleichzeitig assoziiert der Betrachter einen Blick in den schwarzen<br />
Nachthimmel, in dem glänzende Raketen aufscheinen. Die<br />
Wirkung des Bildes gibt auch die Kraft und Anstrengung wieder,<br />
mit der Uecker das Werk geschaffen hat. Schlag auf Schlag, in<br />
der Breite seiner Finger gesetzt, entsteht es mit großem Aufwand<br />
im Einsatz des Körpers. Ebenso ist die Zerstörungsgewalt<br />
deutlich zu empfinden. Gerade stand alles aufrecht, jetzt liegt es<br />
danieder. Das Unwetter hat sich verzogen. Auch nach dem Sturm<br />
herrscht keine Ruhe. (AH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
55 R Anselm Kiefer<br />
Donaueschingen 1945 – lebt in Frankreich<br />
„ARARAT“. <strong>200</strong>7<br />
Graphit über Collage aus 10 Schwarzweiß-<br />
photographie-Fragmenten.<br />
160,5 x 87,5 cm (63 ¼ x 34 ½ in.).<br />
Oben links mit Kohle betitelt: Ararat.<br />
[3271] Gerahmt.<br />
Provenienz: Ehemals Gagosian Gallery, New York<br />
€ 100.000 – 150.000<br />
$ 130,000 – 194,000<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Die Kunstwerke von Anselm Kiefer sind häufig so groß wie die<br />
geschichtsträchtigen Themen, die sie behandeln: riesige Bilder,<br />
ganze Wände bedeckend, Installationen mit Flugzeugen oder<br />
Bibliotheken, hoch übereinandergestapelte Bücher beherbergend.<br />
Schwere, gewichtige Materialien: Blei, Ziegel, dunkle<br />
Farben. Andererseits leichte, fast flüchtige Güter: Stoffbahnen,<br />
Asche, getrocknete Blüten, Gräser, Papier. Monumental und<br />
brüchig zugleich erscheint Kiefers Kunst. Einer seiner Lehrer war<br />
Joseph Beuys, dessen Universum ihn zu eigenen Expeditionen<br />
inspirierte. Sie beginnen auf den Schlachtfeldern der deutschen<br />
Geschichte und erstrecken sich bis in die biblische Geschichte,<br />
den nordischen Sagenkreis, zu den Mythen der griechischen<br />
Antike, aber auch in die Literatur.<br />
„Ararat“ heißt unsere großformatige Graphitzeichnung über<br />
Collage. Auf den Photofragmenten sind geriffelte Betoncontainer<br />
aufgetürmt. Auf diesem fragilen Gebilde – es hat einmal in Kiefers<br />
zeitweiligem Atelier „La Ribaute“, einer ehemaligen Seidenspinnerei<br />
bei Nîmes gestanden – ist zuoberst ein Kriegsschiff ‚gelandet’.<br />
Einst flog von der „Arche“ auf dem Berg Ararat die Taube auf der<br />
Suche nach Land aus. Sie kam mit einem Ölzweig zurück, und die<br />
Zukunft der Flüchtenden schien gesichert. Kiefers „Ararat“ läßt<br />
wenig Hoffnung spüren, die Verlassenheit und Menschenleere ist<br />
direkt faßbar. Die Katastrophe hat alles mit sich genommen und<br />
nur dieses wacklige Bauwerk übriggelassen. „Kiefer ist der Maler<br />
der Leere aus abhanden gekommener Bedeutung. Seine Trauer-<br />
arbeit fördert nicht verschütteten Sinn zutage; sie läßt vielmehr<br />
den Verlust von Sinn aufdringlich spürbar werden.“ (Günter Metken:<br />
In Künstlers Lande gehen, Schirmer/Mosel, München 1988,<br />
S. 354) (EO)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
56 R A.R. Penck (d.i. Ralf Winkler)<br />
Dresden 1939 – lebt in Dublin und Düsseldorf<br />
„ABSCHIED VON EINEM TRAUM“. 1982<br />
Kunstharz auf Leinwand. 300 x <strong>200</strong> cm<br />
(118 ⅛ x 78 ¾ in.). Unten links mit<br />
Kugelschreiber in Schwarz betitelt und<br />
monogrammiert: Abschied von einem Traum a.r.<br />
[3412]<br />
Ausstellung: A.R. Penck. London, Waddington<br />
Galleries, 1982, mit Abb. / A.R. Penck.<br />
Kraftfeldauseinandersetzung. Zürich, Galerie<br />
Lelong, 1997, ohne Katalog<br />
€ 80.000 – 100.000<br />
$ 103,600 – 130,000<br />
Wir danken Tobias Bäumer, Galerie Michael<br />
Werner, Märkisch Wilmersdorf, für freundliche<br />
Hinweise.<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
„Übergang“ nannte Penck seine erzwungene Übersiedlung von<br />
Ost nach West. Natürlich drängt sich die Frage auf, wie sich<br />
diese einschneidende Veränderung der Lebensumstände in<br />
seinem Werk niederschlug. Penck hat die ständige Reibung mit<br />
der Diktatur in der DDR künstlerisch verarbeitet. Die frühen<br />
„Weltbilder“ beispielsweise nehmen als moderne Historienbilder<br />
direkten Bezug auf politische Ereignisse. Doch schon in der DDR<br />
spielten bald die verallgemeinerbaren Erfahrungen des Individuums<br />
eine stärkere Rolle. Angeregt wurde diese Wandlung durch<br />
Pencks Wunsch, die Möglichkeit der Rezeption seiner Arbeit zu<br />
vereinfachen. Hinzu kam der Versuch, eine Bildsprache zu entwickeln,<br />
die auf wenigen, eindeutigen Zeichen beruht. Erkennbar<br />
ist: Die Grundprinzipien seiner Arbeit haben sich auch im Westen<br />
nicht verändert. Fragen zur Stellung des Einzelnen in seinem<br />
Umfeld und in der Gesellschaft haben in beiden Gesellschaftsformen<br />
Gültigkeit und Berechtigung. Verändert hat sich allerdings<br />
die Farbigkeit. Überraschend, weil zum Klischee geronnen, hat<br />
Penck selbst immer wieder betont, welche neue Erfahrung ihm<br />
die Farbe nach seiner Ankunft im Westen geworden ist. Und so<br />
dringt diese Farbigkeit in seine Bilder ein, die zu einer neuen<br />
malerischen Virtuosität führt.<br />
Der „Abschied von einem Traum“ besitzt eine große erzählerische<br />
Qualität. Dominiert wird unser Bild von zwei großen Figuren<br />
in Blau und Rot, die sich gegenüberstehen. Mit ausgreifenden<br />
Gesten treten sie miteinander in Kontakt. Doch ein von unten<br />
aufragender Keil verhindert eine unmittelbare Konfrontation und<br />
Begegnung. In den Keil ist eine weitere Figur eingeschrieben,<br />
die an typische Formulierungen Pencks erinnert. Zwischen den<br />
Figuren bilden weitere Zeichen eine zweite Erzählebene. Bemerkenswert<br />
ist die Vitalität der Malerei auf der riesigen Leinwand.<br />
Neben der graphischen Präzision der Figuren und Zeichen fallen<br />
Vermischungen der Farbe in den Binnenstrukturen ins Auge.<br />
In dieser Arbeit verbindet sich so Reflexion der Wirklichkeit mit<br />
großer bildnerischer Kraft. (OH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
57 R A.R. Penck (d.i. Ralf Winkler)<br />
Dresden 1939 – lebt in Dublin und<br />
Düsseldorf<br />
„ZWEI IM WESTEN“. 1985<br />
Dispersionsfarbe auf Nessel. <strong>200</strong> x 250 cm<br />
(78 ¾ x 98 ⅜ in.). Oben rechts mit Bleistift<br />
signiert und bezeichnet: ar.penck KR.<br />
Rückseitig auf dem Keilrahmen mit Kugel-<br />
schreiber in Schwarz betitelt: zwei im westen.<br />
[3412]<br />
Ausstellung: A.R. Penck. New York, Mary Boone/<br />
Michael Werner, 1985 (Abb.) / A.R. Penck.<br />
Kraftfeldauseinandersetzung. Zürich, Galerie<br />
Lelong, 1997, ohne Katalog<br />
€ 100.000 – 150.000<br />
$ 130,000 – 194,000<br />
Wir danken Tobias Bäumer, Galerie Michael<br />
Werner, Märkisch Wilmersdorf, für freundliche<br />
Hinweise.<br />
A.R. Penck wollte die Kunst als empirische Wissenschaft verstanden<br />
wissen. Deshalb wählte er als Pseudonym den Namen eines<br />
Naturwissenschaftlers, der nicht durch Spekulation zu Erkenntnissen<br />
kam, sondern durch nachprüfbare Forschungen. Mathematik<br />
und Informationsverarbeitung faszinierten den Maler, sah er doch<br />
hier Zeichensysteme, die verbindlich, sachlich und eindeutig<br />
waren. Aus diesen Überlegungen heraus entwickelte Penck im<br />
Laufe der Zeit ein System von Chiffren, mit denen er die Malerei<br />
objektivieren und letztlich auch demokratisieren wollte. Grundlage<br />
wurden einfachste Symbole, Strichmännchen, Buchstaben und<br />
Ziffern. Er selbst brachte immer wieder die Assoziation seiner<br />
Strichmännchen zu steinzeitlichen Höhlenzeichnungen ins<br />
Gespräch. Die Verbindung entsteht hierbei aber nicht über die<br />
ähnliche Abstraktion des Bildgegenstandes, sondern vielmehr<br />
dadurch, daß es eine Gruppe von Menschen gibt, die die hinter<br />
dem Offensichtlichen liegende Bedeutungsebene lesen können.<br />
Das erklärt auch die oft lapidare, graphische Gestalt der Zeichen.<br />
„Zwei im Westen“ wirkt aus der Ferne wie eine Landkarte oder<br />
ein Schaltplan. Schwarze Objekte überziehen den weißen Grund.<br />
Alle Strichmännchen, Tiere und Gegenstände verdeutlichen in<br />
ihrer Haltung und Anordnung ein Geschehen, haben Beziehungen<br />
zueinander, liegen in einem Kräftefeld. Nichts ist nur aus graphischen<br />
Überlegungen an seinem Platz. Und dennoch ist die Arbeit<br />
kein Bilderrätsel, auch wenn einige Dinge lesbar sind. So steht<br />
das typische Strichmännchen mit den erhobenen Händen am<br />
linken Bildrand für die Dualität aus der Präsenz des Subjekts in der<br />
Gesellschaft und seiner nackten Schutzlosigkeit. Pencks Arbeiten<br />
lassen sich nur als Bilder verstehen, die „aus bildnerischem Denken<br />
und aus malerischem Handeln erwachsen sind und nicht aus<br />
verbaler Argumentation oder Agitation“ (Lucius <strong>Grisebach</strong>, zit. nach<br />
Ausst.-Kat. a.r. penck, Nationalgalerie, Berlin, 1988, S. 77). (OH)<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
58 Stephan Balkenhol<br />
Fritzlar 1957 – lebt in Meisenthal/Frankreich<br />
MANN MIT TÄTOWIERUNG. 1997<br />
Libanonzeder, bemalt, auf Holzsockel (Tisch).<br />
Höhe (mit Sockel): 217 cm (85 ⅜ in.).<br />
[3158]<br />
Provenienz: Privatsammlung, Rheinland<br />
Ausstellung: See History <strong>200</strong>3. Eine Sammlung<br />
wird ausgestellt. Kiel, Kunsthalle, <strong>200</strong>3/04,<br />
ohne Kat.-Nr., Farbabb. S. 4<br />
€ 40.000 – 60.000<br />
$ 51,800 – 77,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Stephan Balkenhol ist einer der international angesehensten<br />
deutschen Bildhauer der letzten Jahrzehnte. Im Gegensatz zur<br />
Generation seines Lehrers Ulrich Rückriem arbeitet Balkenhol<br />
figurativ, wobei man konstatieren kann, daß seinen stoisch<br />
dastehenden, in die Ferne oder ins Nirgendwo blickenden Frauen<br />
und Männer in ihrer entrückten Unbewegtheit auch ein gewisser<br />
Grad an Abstraktion zu eigen ist. Neben Arbeiten für Museen<br />
und Privatsammler hat Stefan Balkenhol auch etliche Skulpturen<br />
im öffentlichen Raum platziert, so in Rom am historischen<br />
Caesarforum, ferner in Sevilla, Amiens und Salzburg. Zu seinen<br />
bekanntesten <strong>Werke</strong>n gehören die „Vier Männer auf Bojen“ im<br />
Hamburger Hafen.<br />
Balkenhols seit jeher bevorzugtes Material ist relativ weiches<br />
Pappel-, Zedern oder Wawaholz, wodurch er trotz der von<br />
Nahem deutlich sichtbaren Bearbeitungsspuren in der Fernsicht<br />
erstaunlich realistische Effekte erzielt. Meistens gehen Balkenhols<br />
Figuren nahtlos in einen ebenfalls vom Künstler bearbeiteten<br />
Sockel über. Unsere Skulptur ’Mann mit Tätowierung’ aus dem<br />
Jahr 1997 steht auf einer Art Hocker – eine Sockelform, die<br />
Balkenhol damals neu entwickelte und noch heute für seine<br />
neuesten <strong>Werke</strong> verwendet.<br />
Die Tendenz, die menschliche Erscheinung zu einer Chiffre zu<br />
vereinheitlichen, hat bei Balkenhol oft dazu geführt, Männer<br />
stereotyp in weißen Oberhemden und dunklen Hosen und Frauen<br />
in knielangen Kleidern darzustellen. Beim ’Mann mit Tätowierung’<br />
variiert der Bildhauer dieses Prinzip und läßt den Tätowierten<br />
ein ärmelloses Unterhemd tragen. „Meine Skulpturen“, hat der<br />
Künstler einmal gesagt, „erzählen keine Geschichten.“ In ihnen<br />
verstecke sich „etwas Geheimnisvolles“, das zu entdecken dem<br />
Zuschauer überlassen bleibe. Hier versteckt sich, so scheint es,<br />
neben dem Geheimnis noch etwas anderes: Womöglich kann<br />
man es Humor nennen. (UC)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
59 R David Salle<br />
Norman/Oklahoma 1952 –<br />
lebt in Sagaponack/New York<br />
TO BE TITLED #1. 1998<br />
Triptychon: Öl und Acryl auf Leinwand,<br />
der mittlere Teil mit eingesetzter Leinwand.<br />
Jeweils 230 x 153,5 cm (gesamt: 230 x 461,5 cm)<br />
(90 ½ x 60 ⅜ in. ( 90 ½ x 181 ¾ in.)).<br />
[3142]<br />
Provenienz: Daimler Kunst Sammlung, Stuttgart/<br />
Berlin (1998 direkt vom Künstler erworben)<br />
Ausstellung: Private Corporate IV. <strong>Werke</strong> aus der<br />
Daimler Kunst Sammlung und aus der Sammlung<br />
Lekha and Anupam Poddar. Ein Dialog. Berlin,<br />
Daimler Kunst Sammlung, <strong>200</strong>7<br />
Literatur und Abbildung: Renate Wiehager (Hrsg):<br />
Blitzen-Benz Bang. Daimler Art Collection.<br />
Mixed Media, Sculptures, Commissioned Works.<br />
Ostfildern, Hatje-Cantz, <strong>200</strong>9, S.154, Farbabb.<br />
S.155<br />
€ 80.000 – 120.000<br />
$ 103,600 – 155,000<br />
Das Triptychon entstand als Auftragsarbeit<br />
für den Sitzungssaal des von Renzo Piano<br />
entworfenen Sitzes der debis AG (heute<br />
Daimler Financial Services) am Potsdamer<br />
Platz in Berlin.<br />
Noch heute erinnert man sich in Berlin an die spektakuläre<br />
Ausstellung „Zeitgeist“ im Jahr 1982. Auch David Salle war<br />
dort vertreten und malte „live“ im Martin-Gropius-Bau.<br />
Das 1998 entstandene „To be titled #1“ enthält wie sein<br />
Pendant #2 Erinnerungen an Berlin. Gemeinsam bilden sie<br />
ein von gerafften Vorhängen wie im barocken Illusionismus<br />
freigegebenes Breitwandpanorama der Metropole.<br />
Viele Einzelheiten der auf drei großen Tafeln ausgebreiteten<br />
Malerei beziehen sich auf die deutsche Hauptstadt. Die einzelnen<br />
Bildelemente sind für den Betrachter leicht zu lesen. Ihre Bedeutung<br />
für den Künstler ist schwerer zu beantworten. Salle ist einer<br />
der Hauptvertreter einer neuen Figuration in den Vereinigten<br />
Staaten, die sich wieder farbiger Darstellung widmete, nach<br />
Abstract Expressionism und den spröden Reduktionen des<br />
Minimalismus, aber auch nach der Eruption von Pop Art. Nach<br />
dem Studium bei John Baldessari Anfang der 1970er Jahre<br />
arbeitete Salle zunächst mit Photographie. Sein Werk umfaßt<br />
darüber hinaus Malerei, Zeichnungen, Filme, Installationen<br />
sowie Performances und Bühnenbilder. (EO)<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
60 Matthias Weischer<br />
Elte/Westfalen 1973 – lebt in Leipzig<br />
„GEHEGE“. <strong>200</strong>5<br />
Öl auf Leinwand. 62 x 83,8 cm (24 ⅜ x 33 in.).<br />
Rückseitig mit Kohle signiert und datiert.<br />
M. Weischer 05.<br />
Stegmann S. 142. –<br />
Auf dem Keilrahmen ein Etikett zur Ausstellung<br />
Den Haag <strong>200</strong>7/08 (s.u.). [3225]<br />
Provenienz: Privatsammlung, Belgien<br />
Ausstellung: Matthias Weischer. Leipzig, Museum<br />
der bildenden Künste, und Aachen, Ludwig<br />
Forum für internationale Kunst, <strong>200</strong>5/06,<br />
ohne Kat.-Nr., ganzs. Farbabb. S. 87 / Matthias<br />
Weischer. Malerei – Painting. Schaffhausen,<br />
Museum zu Allerheiligen; Mannheim, Kunsthalle;<br />
Den Haag, Gemeentemuseum, <strong>200</strong>7/<strong>200</strong>8,<br />
ohne Kat.-Nr., S. 142, ganzs. Farbabb. S. 105<br />
€ 50.000 – 70.000<br />
$ 64,800 – 90,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
„In einem Zimmer meiner Wohnung habe ich eine schmale Bühne<br />
von circa 4 x 2 Metern eingerichtet, deren Dimensionen von<br />
den Gehegen inspiriert sind. Ich bin gerade dabei, Gegenstände<br />
zu arrangieren und male große Stilleben. Die Idee einer Bühne<br />
ist schon lange da, deshalb habe ich auch eine große Wohnung<br />
genommen. Ich fange ganz langsam an [...]. Ich habe mit kleinen<br />
Gegenständen begonnen, zum Beispiel mit einer Hand voll Laub.<br />
Ich habe ein paar Decken aus dem Kindergarten, die ich eigentlich<br />
waschen sollte, einfach mal hingeschmissen und zeichne sie.<br />
Komischerweise schlagen die Bilder jetzt zurück. Wie diese braunen<br />
Bilder, die du aus der Leipziger Ausstellung kennst. Es sind ja<br />
größtenteils Atelierszenen aus dem 19. Jahrhundert, ausgehend<br />
von Fotografien der Malerateliers. Das hat mich gereizt. Weg von<br />
diesem weiß gestrichenen, geweißelten Raum, der wirklich nur<br />
Produktionsstätte ist, hin zu einem Raum, der mir als Motiv dient.<br />
Das ist die Idee dieser Bühne und natürlich auch die Begrenzung.<br />
Ich versuche, mich selbst einzugrenzen, weg von diesem ganzen<br />
Wust aus Bildern, hin zu einer konzentrierten Form.“<br />
(Matthias Weischer, zit. nach: Ausst.-Kat. Matthias Weischer.<br />
Museum zu Allerheiligen Schaffhausen, Kunsthalle Mannheim,<br />
Gemeentemuseum Den Haag <strong>200</strong>7/<strong>200</strong>8, S. 72)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
61 Thomas Scheibitz<br />
Radeberg 1968 – lebt in Berlin<br />
„CAPITAL“. <strong>200</strong>6<br />
Öl und Pigmentmarker auf Leinwand.<br />
300 x 190 cm (118 ⅛ x 74 ¾ in.). Auf dem<br />
Überspann mit schwarzem Marker betitelt,<br />
signiert, datiert und bezeichnet: ”Capital”<br />
Scheibitz 06 414. Auf dem Keilrahmen mit<br />
schwarzem Marker betitelt, bezeichnet und<br />
signiert: ”Capital” 414 Scheibitz.<br />
[3225]<br />
Provenienz: Privatsammlung, Belgien<br />
Ausstellung: Low SWEETIE#OMEGA Haus.<br />
Hamburg, Produzentengalerie, <strong>200</strong>6/07,<br />
ohne Kat.-Nr., ganzs. Farbabb. S. 37<br />
€ 50.000 – 70.000<br />
$ 64,800 – 90,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Im Werk von Thomas Scheibitz tauchen immer wieder Motive und<br />
Zeichen auf, die aus dem ungeheuren visuellen Bildarchiv stammen,<br />
das jeder von uns unbewußt in sich trägt. Hierzu gehören<br />
Kugeln, Sterne, Buchstaben oder Fragmente von Architekturen.<br />
Mithilfe dieses Vokabulars stellt der Künstler Versuchsanordnungen<br />
auf, in denen er diese aufgeladenen Symbole durch<br />
Variationen ihrer ursprünglichen Bedeutung beraubt oder diese<br />
zumindest verändert. Das Medium dieser Umdeutung ist seine<br />
Kunst, ist Malerei, Photographie und Plastik. Durch die eigene<br />
künstlerische Sprache stiftet Scheibitz mit der Wiedereingliederung<br />
der gefundenen Prototypen in seine Bildkompositionen neue<br />
Sinnzusammenhänge. Diese Erweiterung von Deutungsschemata<br />
eröffnet dem Künstler und dem Betrachter die Chance, die Möglichkeiten<br />
der Wahrnehmung zu verändern.<br />
Dennoch kann „Capital“ nicht vollständig ausgelesen oder<br />
gedeutet werden. Das Gemälde wirkt als sinnliche Malerei aus<br />
ihren bildnerischen Zusammenhängen heraus. Auffallend ist<br />
die betonte Flächigkeit der Komposition. Im großen Gegensatz<br />
hierzu steht die starke Präsenz der an einem festen Gerüst aufgerichteten<br />
Figuren. Im unteren Bereich des hoch aufragenden<br />
„Stabes“ und im Bereich der „Faltungen“ in der Mitte des Bildes<br />
erweitert der Maler das Bild in die Tiefe. Einige Objekte sind klar<br />
und statisch definiert, anderen scheinen einem Bewegungsimpuls<br />
ausgesetzt. Der Bildtitel verweist auf das Hauptwerk von<br />
Karl Marx’ politischer Ökonomie, das sich der Analyse und den<br />
Zirkulationsprozessen des Geldes widmet. Der Titel kann als<br />
Dialogangebot gelten, sich mit den Wandlungen von erlebter und<br />
gespeicherter Realität zu beschäftigen, die in den Versatzstücken<br />
aufscheint. (OH)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
62 R Hiroshi Sugimoto<br />
Tokio 1948 – lebt in New York und Tokio<br />
„S.C. JOHNSON BUILDING“. <strong>200</strong>1<br />
Silbergelatineabzug im Aluminium-Künstlerrahmen.<br />
149 x 119 cm (Rahmen:<br />
183,5 x 153 cm) (58 ⅝ x 46 ⅞ in.<br />
(Frame: 72 ¼ x 60 ¼ in.)).<br />
Rückseitig auf einem Aufkleber des Sugimoto<br />
Ateliers signiert: H Sugimoto. Ebenda ein<br />
Aufkleber der Ausstellung Chicago (s.u.).<br />
Eines von 5 numerierten Exemplaren.<br />
[3271] Gerahmt.<br />
Provenienz: Ehemals Sonnabend Gallery,<br />
New York<br />
Ausstellung: Hiroshi Sugimoto. Architecture.<br />
Chicago, Museum of Contemporary Art,<br />
<strong>200</strong>3, S. 76<br />
€ 50.000 – 70.000<br />
$ 64,800 – 90,700<br />
<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />
Monumental ins Bild gesetzt und zugleich unwirklich wie eine<br />
Fata Morgana zeichnet sich die Form eines Turmes ab, die<br />
Umrisse verschwommen wie durch einen Dunstschleier gesehen<br />
– eine Skulptur aus Licht und Schatten. Den nüchternen<br />
Bestandsaufnahmen eines Thomas Struth wie auch den minutiös<br />
durchkomponierten Panoramen Andreas Gurskys setzt Hiroshi<br />
Sugimoto schemenhafte Visionen von Architektur entgegen.<br />
In photographischen Serien wie „Wax Museums“ (seit 1976),<br />
„Theaters“ (seit 1978), „Seascapes“ (seit 1980) und „Architecture“<br />
(seit 1997) verbindet der Japaner minimalistische Formensprache<br />
mit konzeptueller Komplexität. Seine ebenso konzentrierten<br />
wie poetischen Reflexionen über Wahrnehmung, Gedächtnis und<br />
Realität, Geschichte und Zeit machen ihn zu einem der herausragenden<br />
Photokünstler der Gegenwart.<br />
Die Serie „Architecture“ zeigt Bauwerke, die in die Architekturgeschichte<br />
des 20. Jahrhunderts eingegangen sind wie etwa die<br />
AEG Turbinenhalle von Peter Behrens, die Wallfahrtskirche Nôtre<br />
Dame du Haut von Le Corbusier oder, wie in vorliegender Arbeit,<br />
den „Research Tower“ der Firma S. C. Johnson & Son (Racine,<br />
Wisconsin) von Frank Lloyd Wright. Es sind Ikonen der Moderne,<br />
die wir wiedererkennen, obwohl ihre charakteristischen Elemente,<br />
ihre räumliche Position, Konturen und Materialien bis hin zur<br />
Abstraktion verwischt sind. Sugimoto sieht sie als Wahrzeichen<br />
und kulturelle Symbole, die er aus ihrem historischen Rahmen<br />
herauslöst und in den Zustand ihrer ursprünglichen, noch<br />
unscharfen Idee zurückführt. Indem das Vertraute entrückt<br />
erscheint und geltende Definitionen ihre Bedeutung verlieren,<br />
kann etwas Neues entstehen. Das Bild erhält eine eigenständige,<br />
vom realen Objekt unabhängige Existenz, die Erinnerung und<br />
Utopie sein kann. Auf einzigartige Weise nutzt Sugimoto das<br />
Medium der Photographie, um uns vor Augen zu führen, daß nicht<br />
von Belang ist, was wir sehen, sondern wie wir es sehen. (sch)
<strong>Grisebach</strong> 11/2012
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong><br />
Auktionen<br />
Berlin<br />
Bernd Schultz / Micaela Kapitzky<br />
Florian Illies / Dr. Markus Krause<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong><br />
Fasanenstraße 25, D-10719 Berlin<br />
Telefon: +49-30-885 915-0<br />
Telefax: +49-30-882 41 45<br />
auktionen@villa-grisebach.de<br />
www.villa-grisebach.de<br />
Dortmund<br />
Wilfried Utermann<br />
Galerie Utermann<br />
Silberstraße 22, D-44137 Dortmund<br />
Telefon: +49-231-4764 3757<br />
Telefax: +49-231-4764 3747<br />
w.utermann@villa-grisebach.de<br />
144<br />
Repräsentanzen<br />
Representatives<br />
Norddeutschland<br />
Stefanie Busold<br />
Sierichstraße 157 · D-22299 Hamburg<br />
Telefon: +49-40-4600 9010 · Telefax: +49-40-4600 9010<br />
Mobil: +49-172-540 9073 · busold@villa-grisebach.de<br />
Rheinland/Ruhrgebiet/Benelux<br />
Daniel von Schacky<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen<br />
Bilker Straße 4-6 · D-40213 Düsseldorf<br />
Telefon: +49-211-8629 2199 · Telefax: +49-211-8629 2198<br />
Mobil: +49-151-1907 7721 · schacky@villa-grisebach.de<br />
Baden-Württemberg<br />
Dr. Annegret Funk<br />
Im Buchrain 15 · D-70184 Stuttgart<br />
Telefon: +49-711-248 4857 · Telefax: +49-711-248 4404<br />
Mobil: +49-172-765 2365 · funk@villa-grisebach.de<br />
Bayern<br />
Dorothée Gutzeit<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen<br />
Prannerstraße 13 · D-80333 München<br />
Telefon: +49-89-22 7632/33 · Telefax: +49-89-22 3761<br />
Mobil: +49-172-381 5640 · gutzeit@villa-grisebach.de<br />
Hessen<br />
Dr. Arnulf Herbst<br />
Aystettstraße 4 · D-60322 Frankfurt am Main<br />
Telefon: +49-69-97 699 484 · Telefax: +49-69-9769 9486<br />
Mobil: +49-172-101 2430 · herbst@villa-grisebach.de<br />
Schweiz<br />
Verena Hartmann<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen AG · Bahnhofstr. 14 · CH-8001 Zürich<br />
Telefon: +41-44-212 8888 · Telefax: +41-44-212 8886<br />
Mobil: +41-79-221 3519 · auktionen@villa-grisebach.ch<br />
USA/Kanada<br />
Monika Stump Finane<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auctions Inc.<br />
120 East 56th Street, Suite 635, USA-New York, NY 10022<br />
Telefon: +1-212-308 0762 · Telefax: +1-212-308 0655<br />
Mobil: +1-917- 981 1147 · auctions@villa-grisebach.com<br />
Auktionatoren<br />
öffentlich bestellt und vereidigt:<br />
Peter Graf zu Eltz, Salzburg<br />
Bernd Schultz, Berlin<br />
Dr. Markus Krause, Berlin
<strong>200</strong>. Auktion in Berlin<br />
28. November bis 1. Dezember 2012<br />
Kunst des 19. Jahrhunderts<br />
Mittwoch, 28. November 2012<br />
14.30 Uhr<br />
Klassische Moderne<br />
Freitag, 30. November 2012<br />
11 Uhr<br />
Vorbesichtigung in Berlin · 23. bis 27. November 2012<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> · Freitag bis Montag 10 bis 18.30 Uhr · Dienstag 10 bis 17 Uhr<br />
Weitere Informationen und alle Termine unter www.villa-grisebach.de<br />
Fasanenstraße 25 · D-10719 Berlin<br />
Telefon: +49-30-885 915-0<br />
www.villa-grisebach.de<br />
Photographie<br />
Mittwoch, 28. November 2012<br />
17 Uhr<br />
Kunst nach 1945<br />
Freitag, 30. November 2012<br />
14.30 Uhr<br />
ORANGERIE<br />
Donnerstag, 29. November 2012<br />
11 Uhr<br />
Third Floor<br />
Samstag, 1. Dezember 2012<br />
11 Uhr / 14.30 Uhr<br />
145
Hinweise<br />
zum Katalog<br />
1. Alle Katalogbeschreibungen sind online und auf Anfrage in<br />
Englisch erhältlich.<br />
2. Basis für die Umrechnung der EUR-Schätzpreise:<br />
1 US $ = EUR 0,772 (Kurs vom 4. Oktober 2012)<br />
3. Bei den Katalogangaben sind Titel und Datierung, wenn<br />
vorhanden, vom Künstler bzw. aus den Werkverzeichnissen<br />
übernommen. Diese Titel sind durch Anführungszeichen<br />
gekennzeichnet. Undatierte <strong>Werke</strong> haben wir anhand der<br />
Literatur oder stilistisch begründbar zeitlich zugeordnet.<br />
4. Alle <strong>Werke</strong> wurden neu vermessen, ohne die Angaben in<br />
Werkverzeichnissen zu übernehmen. Die Maßangaben sind<br />
in Zentimetern und Inch aufgeführt. Es gilt Höhe vor Breite,<br />
wobei bei Originalen die Blattgröße, bei Drucken die Darstel-<br />
lungsgröße bzw. Plattengröße angegeben wird. Wenn Papier-<br />
und Darstellungsmaß nicht annähernd gleich sind, ist die<br />
Papiergröße in runden Klammern angegeben. Signaturen,<br />
Bezeichnungen und Gießerstempel sind aufgeführt.<br />
„Bezeichnung“ bedeutet eine eigenhändige Aufschrift des<br />
Künstlers, im Gegensatz zu einer „Beschriftung“ von fremder<br />
Hand. Bei druckgraphischen <strong>Werke</strong>n wurde auf Angabe der<br />
gedruckten Bezeichnungen verzichtet.<br />
5. Bei den Papieren meint „Büttenpapier“ ein Maschinenpapier<br />
mit Büttenstruktur. Ergänzende Angaben wie „JW Zanders“<br />
oder „BFK Rives“ beziehen sich auf Wasserzeichen.<br />
Der Begriff „Japanpapier“ bezeichnet sowohl echtes wie<br />
auch maschinell hergestelltes Japanpapier.<br />
KORR146<br />
6. Sämtliche zur Versteigerung gelangenden Gegenstände<br />
können vor der Versteigerung besichtigt und geprüft<br />
werden; sie sind gebraucht. Der Erhaltungszustand der<br />
Kunstwerke ist ihrem Alter entsprechend; Mängel werden<br />
in den Katalogbeschreibungen nur erwähnt, wenn sie den<br />
optischen Gesamteindruck der Arbeiten beeinträchtigen.<br />
Für jedes Kunstwerk liegt ein Zustandsbericht vor, der<br />
angefordert werden kann.<br />
7. Die in eckigen Klammern gesetzten Zeichen beziehen sich<br />
auf die Einlieferer, wobei [E] die Eigenware kennzeichnet.<br />
8. Es werden nur die <strong>Werke</strong> gerahmt versteigert, die gerahmt<br />
eingeliefert wurden.<br />
9. Die Kunstwerke, die mit R hinter der Losnummer<br />
gekennzeichnet sind, unterliegen der Regelbesteuerung<br />
(§ 4 der Versteigerungsbedingungen).
Catalogue<br />
Instructions<br />
1. Descriptions in English of each item included in this<br />
catalogue are available online or upon request.<br />
2. The basis for the conversion of the EUR-estimates:<br />
1 US $ = EUR 0,772 (rate of exchange 4 October 2012)<br />
3. The titles and dates of works of art provided in quotation<br />
marks originate from the artist or are taken from the<br />
catalogue raisonné. These titles are printed within quotation<br />
marks. Undated works have been assigned approximate<br />
dates by <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> based on stylistic grounds and<br />
available literature.<br />
4. Dimensions given in the catalogue are measurements taken<br />
in centimeters and inches (height by width) from the actual<br />
works. For originals, the size given is that of the sheet; for<br />
prints, the size refers to the plate or block image. Where that<br />
differs from the size of the sheet on which it is printed, the<br />
dimensions of the sheet follow in parentheses ( ). Special<br />
print marks or designations for these works are not noted in<br />
the catalogue. “Bezeichnung” (“inscription”) means an<br />
inscription from the artist’s own hand, in contrast to<br />
“Beschriftung” (“designation”) which indicates an inscription<br />
from the hand of another.<br />
5. When describing paper, „Bütten paper” denotes machine-<br />
made paper manufactured with the texture and finish of<br />
„Bütten”. Other designations of paper such as „JW Zanders”<br />
or „BFK Rives” refer to respective watermarks. The term<br />
„Japan paper” refers to both hand and machine-made<br />
Japan paper.<br />
6. All sale objects may be viewed and examined before the<br />
auction; they are sold as is. The condition of the works<br />
corresponds to their age. The catalogues list only such<br />
defects in condition as impair the overall impression of the<br />
art work. For every lot there is a condition report which<br />
can be requested.<br />
7. Those numbers printed in brackets [ ] refer to the consignors<br />
listed in the Consignor Index, with [E] referring to property<br />
owned by <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen.<br />
8. Only works already framed at the time of consignment<br />
will be sold framed.<br />
9. For those works of art with R following the lot number<br />
the standard VAT is applicable (§ 4 Conditions of Auction).<br />
KORR147
Werkverzeichnisse<br />
Catalogues raisonnés<br />
Barlach, Ernst<br />
Laur, Elisabeth: Ernst Barlach. Das plastische Werk.<br />
Werkverzeichnis 2. Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, <strong>200</strong>6<br />
(Das bildnerische Werk. Plastik, Zeichnung, Druckgraphik,<br />
Band 2, gleichzeitig Band 11 des Gesamtwerks)<br />
Baumeister, Willi<br />
Beye, Peter und Baumeister, Felicitas: Willi Baumeister.<br />
Werkkatalog der Gemälde. Band I und II. Ostfildern,<br />
Hatje Cantz Verlag, <strong>200</strong>2<br />
Corinth, Lovis<br />
Berend-Corinth, Charlotte und Hernad, Béatrice: Lovis Corinth.<br />
Die Gemälde. Werkverzeichnis. München, Verlag F. Bruckmann,<br />
1992<br />
Dix, Otto<br />
Löffler, Fritz: Otto Dix 1891–1969. Œuvre der<br />
Gemälde. Recklinghausen, Verlag Aurel Bongers, 1981<br />
Heckel, Erich<br />
Hüneke, Andreas: Erich Heckel. Werkverzeichnis der<br />
Ölgemälde Band 1: Von den Anfängen bis 1918.<br />
Band 2: 1919–1970. München, Hirmer Verlag, (erscheint 2013)<br />
Vogt, Paul: Erich Heckel. Recklinghausen, Verlag Aurel<br />
Bongers, 1965<br />
Hoehme, Gerhard<br />
Hoehme, Margarete und Kunstmuseum Bonn, Ronte, Dieter<br />
und Schreier, Christoph (Hrsg.) Gerhard Hoehme. Catalogue<br />
Raisonné. Ostfildern-Ruit, Verlag Gerd Hatje, 1998<br />
Hofer, Karl<br />
Wohlert, Karl Bernhard: Karl Hofer, Werkverzeichnis der<br />
Gemälde. Band 1–3. Köln, Van Ham Art Publications, <strong>200</strong>7<br />
Hundertwasser, Friedensreich<br />
Schmied, Wieland und Fürst, Andrea Christa:<br />
Friedensreich Hundertwasser. Catalogue Raisonné 1928–<strong>200</strong>0.<br />
Volume I: Persönlichkeit, Leben, Werk Volume II: Werkverzeichnis.<br />
Köln u.a., Taschen Verlag, <strong>200</strong>2<br />
148 KORR<br />
Jawlensky, Alexej von<br />
Jawlensky, Maria, Pieroni-Jawlensky, Lucia und Jawlensky,<br />
Angelica: Alexej von Jawlensky. Catalogue Raisonné of the<br />
Oil Paintings. Band 1: 1890–1914. Band 2: 1914–1933.<br />
Band 3: 1934–1937. Band 4: The Watercolours and Drawings<br />
1890–1938, with addenda to the Catalogue of the Oil<br />
Paintings. München, Verlag C. H. Beck, 1991–1998<br />
Laserstein, Lotte<br />
Krausse, Anna-Carola: Werkverzeichnis der Gemälde,<br />
Zeichnungen und Druckgraphiken, 1910–1937 (CD-ROM)<br />
In: Lotte Laserstein. My Only Reality. Meine einzige Wirklichkeit.<br />
Anläßlich der Ausstellung Museum Ephraim-Palais Berlin <strong>200</strong>3–<br />
<strong>200</strong>4. Berlin, Das verborgene Museum, <strong>200</strong>3<br />
Liebermann, Max<br />
Eberle, Matthias: Max Liebermann 1847–1935. Werkverzeichnis<br />
der Gemälde und Ölstudien. Band 1: 1865–1899.<br />
Band 2: 1900–1935. München, Hirmer Verlag, 1995–1996<br />
Molzahn, Johannes<br />
Gries, Christian: Johannes Molzahn (1892-1965) und der Kampf<br />
um die Kunst im Deutschland der Weimarer Republik. Mit einem<br />
Werkverzeichnis der Gemälde. Augsburg, Univ., Diss., 1996<br />
Mueller, Otto<br />
Karsch, Florian: Otto Mueller zum hundertsten Geburtstag.<br />
Das graphische Gesamtwerk. Holzschnitte, Radierungen,<br />
Lithographien, Farblithographien. Berlin, Galerie Nierendorf, 1974<br />
von Lüttichau, Mario-Andreas und Pirsig, Tanja: Otto Mueller.<br />
Werkverzeichnis der Gemälde und Zeichnungen. CD-ROM. o.O.,<br />
<strong>200</strong>8<br />
Nay, Ernst Wilhelm<br />
Scheibler, Aurel: Ernst Wilhelm Nay. Werkverzeichnis der<br />
Ölgemälde. Band 1: 1922–1951 Band 2: 1952–1968. Köln,<br />
DuMont Verlag, 1990
Nölken, Franz<br />
Meyer, Carsten: Werkverzeichnis der Gemälde und Pastelle.<br />
In: Franz Nölken 1884–1918. Mit Werkverzeichnis der<br />
Gemälde und Graphik. Hrsg. Galerie Herold anläßlich der<br />
Gedenkausstellung zum 100. Geburtstag des Künstlers.<br />
Soest, Westfälische Verlags-buchhandlung Mocker & Jahn, 1984<br />
Hans, Mathias F.: Franz Nölken. Gemälde und Zeichnungen<br />
(unpublizierter Supplementband zum Werkverzeichnis von<br />
Carsten Meyer).<br />
Pechstein, Hermann Max<br />
Krüger, Günter: Das druckgraphische Werk Max<br />
Pechsteins. Tökendorf, R.C. Pechstein-Verlag, 1988<br />
Soika, Aya: Max Pechstein. Das Werkverzeichnis der<br />
Ölgemälde. Band 1: Von 1905 bis 1918.<br />
Band 2: Von 1919 bis 1954. München, Hirmer Verlag, 2011<br />
Picasso, Pablo<br />
Baer, Brigitte: Picasso. Peintre-Graveur. Catalogue raisonné de<br />
l’œuvre gravé et des monotypes. Band III: 1935–1945.<br />
Band IV: 1946–1958. Band V: 1959–1965<br />
Band VI: 1966–1968 Band VII: 1969–1972<br />
Addendum 1899–1972. Bern, Éditions Kornfeld, 1986–1996<br />
Bloch, Georges: Pablo Picasso. Katalog des graphischen<br />
<strong>Werke</strong>s. Band I: 1904–1967. Band II: 1966–1969.<br />
Band III: Katalog des graphischen Keramikwerkes 1949–1971.<br />
Band IV: 1970–1972. Nachträge Band I und II. Bern, Verlag<br />
Kornfeld und Klipstein, 1968–1979<br />
Purrmann, Hans<br />
Billeter, Felix: Hans Purrmann. Die Gemälde.<br />
Hrsg. Christian Lenz. Band I: 1895–1934. Band II: 1935–1966.<br />
Werkverzeichnis. München, Hirmer Verlag, <strong>200</strong>4<br />
Schlemmer, Oskar<br />
von Maur, Karin: Oskar Schlemmer. Band II: Œuvrekatalog<br />
der Gemälde, Aquarelle, Pastelle und Plastiken. München,<br />
Prestel-Verlag, 1979<br />
Schmidt-Rottluff, Karl<br />
Grohmann, Will: Karl Schmidt-Rottluff. Stuttgart,<br />
Verlag W. Kohlhammer, 1956<br />
Tàpies, Antoni<br />
Agustí, Anna: Tàpies. The Complete Works.<br />
Band 1: 1943–1960. Band 2: 1961–1968.<br />
Band 3: 1969–1975. Band 4: 1976–1981.<br />
Band 5: 1982–1985. Band 6: 1986–1990.<br />
Band 7: 1991–1997. Band 8: 1998–<strong>200</strong>4.<br />
Barcelona, Edicions Polígrafa, 1988–<strong>200</strong>5<br />
Uecker, Günther<br />
Haedecke, Marion: Catalogue. In: Uecker.<br />
Hrsg. Dieter Honisch. New York, Harry N. Abrams, 1986.<br />
Nachdruck Stuttgart, 1983<br />
Weischer, Matthias<br />
Stegmann, Markus: Matthias Weischer. Malerei.<br />
Painting.<br />
Mit einem Werkverzeichnis der Gemälde von <strong>200</strong>1<br />
bis Februar <strong>200</strong>7. Ostfildern, Hatje Cantz Verlag, <strong>200</strong>7<br />
Winter, Fritz<br />
Lohberg, Gabriele: Fritz Winter. Leben und Werk.<br />
München, Bruckmann Verlag, 1986<br />
Schneider, Andreas: Fritz Winter. Das graphische Werk<br />
von 1950–1975. Ahlen, Fritz Winter Haus, <strong>200</strong>4<br />
KORR 149
Benefit Auction for the Max Beckmann Distinguished Visitorship of the American Academy 205<br />
KORR150<br />
Benefit Auction for the<br />
Max Beckmann Distinguished Visitorship<br />
of the American Academy in Berlin<br />
30. November 2012 · 19 Uhr · <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> in Berlin<br />
Benefit Auction for the Max Beckmann Distinguished Visitorship<br />
of the American Academy in Berlin<br />
30 November 2012<br />
Vorbesichtigung · 23. bis 27. November 2012 in Berlin<br />
Viewing · 23 to 27 November 2012<br />
Berlin · <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> · Fasanenstr. 25 · D-10719 Berlin<br />
Telefon +49-30-885 915-0 · Fax: +49-30-882 41 45<br />
Freitag bis Montag 10 – 18.30 Uhr, Dienstag 10 – 17 Uhr
www.villa-grisebach.de<br />
Möchten Sie in Zukunft diese<br />
Funktionen online nutzen,<br />
können Sie sich über unsere<br />
Homepage als Interessent oder<br />
als Bieter mit <strong>Grisebach</strong>-Karte<br />
registrieren!<br />
KORR151
KORR152
Otto Mueller · Los 18<br />
Versteigerungsbedingungen<br />
der <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen GmbH<br />
§ 1 Der Versteigerer<br />
1. Die Versteigerung erfolgt im Namen der <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen GmbH –<br />
nachfolgend: „<strong>Grisebach</strong>“ genannt. Der Auktionator handelt als deren<br />
Vertreter. Er ist gem. § 34b Abs. 5 GewO öffentlich bestellt. Die<br />
Versteigerung ist somit eine öffentliche Versteigerung i.S. § 474 Abs. 1 S. 2<br />
und § 383 Abs. 3 BGB.<br />
2. Die Versteigerung erfolgt in der Regel für Rechnung des Einlieferers,<br />
der unbenannt bleibt. Nur die im Eigentum von <strong>Grisebach</strong> befindlichen<br />
Kunstgegenstände werden für eigene Rechnung versteigert. Sie sind<br />
im Katalog mit „E“ gekennzeichnet.<br />
3. Die Versteigerung erfolgt auf der Grundlage dieser Versteigerungsbedingungen.<br />
Die Versteigerungsbedingungen sind im Auktionskatalog,<br />
im Internet und durch deutlich sichtbaren Aushang in den Räumen von<br />
<strong>Grisebach</strong> veröffentlicht. Durch Abgabe eines Gebots erkennt der Käufer<br />
diese Versteigerungsbedingungen als verbindlich an.<br />
§ 2 Katalog, Besichtigung und Versteigerungstermin<br />
1. Katalog<br />
Vor der Versteigerung erscheint ein Auktionskatalog. Darin werden zur<br />
allgemeinen Orientierung die zur Versteigerung kommenden Kunst gegenstände<br />
abgebildet und beschrieben. Der Katalog enthält zusätz lich Angaben<br />
über Urheberschaft, Technik und Signatur des Kunst gegen standes. Nur sie<br />
bestimmen die Beschaffenheit des Kunst gegen standes. Im übrigen ist der<br />
Katalog weder für die Beschaffenheit des Kunstgegenstandes noch für<br />
dessen Erscheinungsbild (Farbe) maß gebend. Der Katalog weist einen<br />
Schätzpreis in Euro aus, der jedoch lediglich als Anhaltspunkt für den<br />
Verkehrswert des Kunst gegen stan des dient, ebenso wie etwaige Angaben<br />
in anderen Währungen.<br />
Der Katalog wird von <strong>Grisebach</strong> nach bestem Wissen und Gewissen<br />
und mit großer Sorgfalt erstellt. Er beruht auf den bis zum Zeitpunkt<br />
der Versteigerung veröffentlichten oder sonst allgemein zugänglichen<br />
Erkenntnissen sowie auf den Angaben des Einlieferers.<br />
Für jeden der zur Versteigerung kommenden Kunstgegenstände kann bei<br />
ernstlichem Interesse ein Zustandsbericht von <strong>Grisebach</strong> angefordert und<br />
es können etwaige von <strong>Grisebach</strong> eingeholte Expertisen eingesehen werden.<br />
Die im Katalog, im Zustandsbericht oder in Expertisen enthaltenen Angaben<br />
und Beschreibungen sind Einschätzungen, keine Garantien im Sinne des<br />
§ 443 BGB für die Beschaffenheit des Kunstgegenstandes.<br />
<strong>Grisebach</strong> ist berechtigt, Katalogangaben durch Aushang am Ort der<br />
Versteigerung und unmittelbar vor der Versteigerung des betreffen den<br />
Kunstgegenstandes mündlich durch den Auktionator zu berichtigen<br />
oder zu ergänzen.<br />
2. Besichtigung<br />
Alle zur Versteigerung kommenden Kunstgegenstände werden vor der<br />
Versteigerung zur Vorbesichtigung ausgestellt und können besichtigt<br />
und geprüft werden. Ort und Zeit der Besichtigung, die <strong>Grisebach</strong> fest legt,<br />
sind im Katalog angegeben. Die Kunstgegenstände sind gebraucht und<br />
werden in der Beschaffenheit versteigert, in der sie sich im Zeit punkt<br />
der Versteigerung befinden.<br />
3. <strong>Grisebach</strong> bestimmt Ort und Zeitpunkt der Versteigerung. Sie ist berechtigt,<br />
Ort oder Zeitpunkt zu ändern, auch wenn der Auktions katalog bereits<br />
versandt worden ist.<br />
§ 3 Durchführung der Versteigerung<br />
1. Bieternummer<br />
Jeder Bieter erhält von <strong>Grisebach</strong> eine Bieternummer. Er hat die<br />
Versteigerungsbedingungen als verbindlich anzuerkennen.<br />
Von unbekannten Bietern benötigt <strong>Grisebach</strong> zur Erteilung der Bieternummer<br />
spätestens 24 Stunden vor Beginn der Versteigerung eine schriftliche<br />
Anmeldung mit beigefügter zeitnaher Bankreferenz.<br />
Nur unter einer Bieternummer abgegebene Gebote werden auf der<br />
Versteigerung berücksichtigt.<br />
2. Aufruf<br />
Die Versteigerung des einzelnen Kunstgegenstandes beginnt mit dessen<br />
Aufruf durch den Auktionator. Er ist berechtigt, bei Aufruf von der im<br />
Katalog vorgesehenen Reihenfolge abzuweichen, Los-Nummern zu<br />
verbinden oder zu trennen oder eine Los-Nummer zurückzuziehen.<br />
Der Preis wird bei Aufruf vom Auktionator festgelegt, und zwar in Euro.<br />
Gesteigert wird um jeweils 10 % des vorangegangenen Gebots, sofern<br />
der Auktionator nicht etwas anderes bestimmt.<br />
3. Gebote<br />
a) Gebote im Saal<br />
Gebote im Saal werden unter Verwendung der Bieternummer abgegeben.<br />
Ein Vertrag kommt durch Zuschlag des Auktionators zustande.<br />
Will ein Bieter Gebote im Namen eines Dritten abgeben, hat er dies<br />
mindestens 24 Stunden vor Beginn der Versteigerung von <strong>Grisebach</strong><br />
unter Vorlage einer Vollmacht des Dritten anzuzeigen. Anderenfalls<br />
kommt bei Zuschlag der Vertrag mit ihm selbst zustande.<br />
b) Schriftliche Gebote<br />
Mit Zustimmung von <strong>Grisebach</strong> können Gebote auf einem dafür vorgesehenen<br />
Formular auch schriftlich abgegeben werden. Sie müssen vom Bieter<br />
unterzeichnet sein und unter Angabe der Los-Nummer, des Künstlers und<br />
des Titels den für den Kunstgegenstand gebotenen Hammerpreis nennen.<br />
Der Bieter muss die Versteigerungsbedingungen als verbindlich anerkennen.<br />
Mit dem schriftlichen Gebot beauftragt der Bieter <strong>Grisebach</strong>, seine Gebote<br />
unter Berücksichtigung seiner Weisungen abzugeben. Das schriftliche<br />
Gebot wird von <strong>Grisebach</strong> nur mit dem Betrag in Anspruch genommen,<br />
der erforderlich ist, um ein anderes Gebot zu überbieten.<br />
Ein Vertrag auf der Grundlage eines schriftlichen Gebots kommt<br />
mit dem Bieter durch den Zuschlag des Auktionators zustande.<br />
Gehen mehrere gleich hohe schriftliche Gebote für denselben Kunstgegenstand<br />
ein, erhält das zuerst eingetroffene Gebot den Zuschlag,<br />
wenn kein höheres Gebot vorliegt oder abgegeben wird.<br />
c) Telefonische Gebote<br />
Telefonische Gebote sind zulässig, wenn der Bieter mindestens 24 Stunden<br />
vor Beginn der Versteigerung dies schriftlich beantragt und <strong>Grisebach</strong><br />
zugestimmt hat. Der Bieter muss die Versteigerungs bedingungen als<br />
verbindlich anerkennen.<br />
Die telefonischen Gebote werden von einem während der Verstei gerung im<br />
Saal anwesenden Mitarbeiter von <strong>Grisebach</strong> entgegen genommen und unter<br />
Berücksichtigung der Weisungen des Bieters während der Versteigerung<br />
abgegeben. Das von dem Bieter genannte Gebot bezieht sich ausschließlich<br />
auf den Hammerpreis, umfasst also nicht Aufgeld, etwaige Umlagen und<br />
Umsatzsteuer, die hinzukommen. Das Gebot muss den Kunstgegenstand,<br />
auf den es sich bezieht, zweifelsfrei und möglichst unter Nennung der<br />
Los-Nummer, des Künstlers und des Titels, benennen.<br />
KORR153
Telefonische Gebote können von <strong>Grisebach</strong> aufgezeichnet werden.<br />
Mit dem Antrag zum telefonischen Bieten erklärt sich der Bieter mit der<br />
Aufzeichnung einverstanden. Die Aufzeichnung wird spätestens nach drei<br />
Monaten gelöscht, sofern sie nicht zu Beweiszwecken benötigt wird.<br />
d) Gebote über das Internet<br />
Gebote über das Internet sind nur zulässig, wenn der Bieter von <strong>Grisebach</strong><br />
zum Bieten über das Internet unter Verwendung eines Benutzernamens und<br />
eines Passwortes zugelassen worden ist und die Versteigerungsbedingungen<br />
als verbindlich anerkennt. Die Zulassung erfolgt ausschließlich für die Person<br />
des Zugelassenen, ist also höchst persönlich. Der Benutzer ist verpflichtet,<br />
seinen Benutzernamen und sein Passwort Dritten nicht zugänglich zu<br />
machen. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung haftet er <strong>Grisebach</strong> für daraus<br />
entstandene Schäden.<br />
Gebote über das Internet sind nur rechtswirksam, wenn sie hinreichend<br />
bestimmt sind und durch Benutzernamen und Passwort zweifelsfrei dem<br />
Bieter zuzuordnen sind. Die über das Internet übertragenen Gebote werden<br />
elektronisch protokolliert. Die Richtigkeit der Protokolle wird vom Käufer<br />
anerkannt, dem jedoch der Nachweis ihrer Unrichtig keit offensteht.<br />
<strong>Grisebach</strong> behandelt Gebote, die vor der Versteigerung über das Inter net<br />
abgegeben werden, rechtlich wie schriftliche Gebote. Internetgebote<br />
während einer laufenden Versteigerung werden wie Gebote aus dem Saal<br />
berücksichtigt.<br />
4. Der Zuschlag<br />
a) Der Zuschlag wird erteilt, wenn nach dreimaligem Aufruf eines Gebots kein<br />
höheres Gebot abgegeben wird. Der Zuschlag verpflichtet den Bieter, der<br />
unbenannt bleibt, zur Abnahme des Kunstgegenstandes und zur Zahlung<br />
des Kaufpreises (§ 4 Ziff. 1).<br />
b) Der Auktionator kann bei Nichterreichen des Limits einen Zuschlag unter<br />
Vorbehalt erteilen. Ein Zuschlag unter Vorbehalt wird nur wirk sam, wenn<br />
<strong>Grisebach</strong> das Gebot innerhalb von drei Wochen nach dem Tag der<br />
Versteigerung schriftlich bestätigt. Sollte in der Zwischenzeit ein anderer<br />
Bieter mindestens das Limit bieten, erhält dieser ohne Rücksprache mit<br />
dem Bieter, der den Zuschlag unter Vorbehalt erhalten hat, den Zuschlag.<br />
c) Der Auktionator hat das Recht, ohne Begründung ein Gebot abzulehnen<br />
oder den Zuschlag zu verweigern. Wird ein Gebot abgelehnt oder der<br />
Zuschlag verweigert, bleibt das vorangegangene Gebot wirksam.<br />
d) Der Auktionator kann einen Zuschlag zurücknehmen und den Kunstgegenstand<br />
innerhalb der Auktion neu ausbieten,<br />
– wenn ein rechtzeitig abgegebenes höheres Gebot von ihm übersehen<br />
und dies von dem übersehenen Bieter unverzüglich beanstandet<br />
worden ist,<br />
– wenn ein Bieter sein Gebot nicht gelten lassen will oder<br />
– wenn sonst Zweifel über den Zuschlag bestehen.<br />
Übt der Auktionator dieses Recht aus, wird ein bereits erteilter Zuschlag<br />
unwirksam.<br />
e) Der Auktionator ist berechtigt, ohne dies anzeigen zu müssen, bis zum<br />
Erreichen eines mit dem Einlieferer vereinbarten Limits auch Gebote für<br />
den Einlieferer abzugeben und den Kunstgegenstand dem Einlieferer unter<br />
Benennung der Einlieferungsnummer zuzuschlagen. Der Kunstgegenstand<br />
bleibt dann unverkauft.<br />
§ 4 Kaufpreis, Zahlung, Verzug<br />
1. Kaufpreis<br />
Der Kaufpreis besteht aus dem Hammerpreis zuzüglich Aufgeld. Hinzukommen<br />
können pauschale Gebühren sowie die gesetzliche Umsatz steuer.<br />
A. Bei im Katalog mit dem Buchstaben „R“ hinter der Losnummer gekenn-<br />
zeichneten Kunstgegenständen berechnet sich der Kaufpreis wie folgt:<br />
a) Aufgeld<br />
Auf den Hammerpreis berechnet <strong>Grisebach</strong> ein Aufgeld von 22 %.<br />
Auf den Teil des Hammerpreises, der 1.000.000 EUR übersteigt<br />
wird ein Aufgeld von 15 % berechnet.<br />
b) Pauschale Gebühr für Folgerecht<br />
Auf alle Originalwerke der bildenden Kunst und der Photographie,<br />
deren Urheber noch nicht 70 Jahre vor dem Ende des Kalenderjahres<br />
des Verkaufs verstorben ist, erhebt <strong>Grisebach</strong> eine pauschale Gebühr<br />
in Höhe von 1,5 % des Hammerpreises, maximal 6.250,00 EUR.<br />
c) Umsatzsteuer<br />
Auf den Hammerpreis, das Aufgeld und die pauschale Gebühr für<br />
das Folgerecht wird die jeweils gültige gesetzliche Umsatzsteuer<br />
erhoben (Regelbesteuerung, mit „R“ gekennzeichnet). Sie beträgt<br />
für Originalwerke der bildenden Kunst derzeit 7 %, bei Photographien<br />
sowie Bild- und Siebdrucken 19 %.<br />
154 KORR<br />
d) Umsatzsteuerbefreiung<br />
Keine Umsatzsteuer wird für den Verkauf von Kunstgegenständen<br />
berechnet, die in Staaten innerhalb des Gemeinschaftsgebietes<br />
der Europäischen Union (EU) von Unternehmen er worben und aus<br />
Deutschland exportiert werden, wenn diese bei Beantragung und<br />
Erhalt ihrer Bieter nummer ihre Umsatzsteuer-Identifikations nummer<br />
angegeben haben. Eine nachträgliche Be rücksichtigung, insbesondere<br />
eine Korrektur nach Rechnungs stellung, ist nicht möglich.<br />
Keine Umsatzsteuer wird für den Verkauf von Kunstgegen ständen<br />
berechnet, die gemäß § 6 Abs. 4 UStG in Staaten außerhalb des<br />
Gemeinschaftsgebietes der EU geliefert werden und deren Käufer<br />
als ausländische Abnehmer gelten und dies entsprechend § 6<br />
Abs. 2 UStG nachgewiesen haben. Im Ausland anfallende Einfuhrumsatz<br />
steuer und Zölle trägt der Käufer.<br />
Die vorgenannten Regelungen zur Umsatzsteuer entsprechen dem<br />
Stand der Gesetzgebung und der Praxis der Finanzverwaltung.<br />
Änderungen sind nicht ausgeschlossen.<br />
B. Bei Kunstgegenständen ohne besondere Kennzeichnung im Katalog<br />
berechnet sich der Kaufpreis wie folgt:<br />
Bei Käufern mit Wohnsitz innerhalb der EU berechnet <strong>Grisebach</strong> auf den<br />
Hammerpreis ein Aufgeld von 30 %. Auf den Teil des Hammer preises, der<br />
1.000.000 EUR übersteigt wird ein Aufgeld von 20 % berechnet. In diesem<br />
Aufgeld sind alle pauschalen Gebühren sowie die gesetzliche Umsatzsteuer<br />
enthalten (Differenzbesteuerung nach § 25a UStG). Sie werden bei der<br />
Rechnungstellung nicht einzeln ausgewiesen.<br />
Käufern, denen nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) im Inland geliefert<br />
wird und die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, kann auf Wunsch die<br />
Rechnung nach der Regelbesteuerung gemäß Absatz A ausgestellt werden.<br />
Dieser Wunsch ist bei Beantragung der Bieter nummer anzugeben.<br />
Eine Korrektur nach Rechnungstellung ist nicht möglich.<br />
2. Fälligkeit und Zahlung<br />
Der Kaufpreis ist mit dem Zuschlag fällig.<br />
Der Kaufpreis ist in Euro an <strong>Grisebach</strong> zu entrichten. Schecks und<br />
andere unbare Zahlungen werden nur erfüllungshalber angenommen.<br />
Eine Begleichung des Kaufpreises durch Aufrechnung ist nur mit<br />
un bestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässig.<br />
Bei Zahlung in ausländischer Währung gehen ein etwaiges Kursrisiko<br />
sowie alle Bankspesen zulasten des Käufers.<br />
3. Verzug<br />
Ist der Kaufpreis innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Rechnung<br />
noch nicht beglichen, tritt Verzug ein.<br />
Ab Eintritt des Verzuges verzinst sich der Kaufpreis mit 1 % monatlich,<br />
unbeschadet weiterer Schadensersatzansprüche.<br />
Zwei Monate nach Eintritt des Verzuges ist <strong>Grisebach</strong> berechtigt und auf<br />
Verlangen des Einlieferers verpflichtet, diesem Name und Anschrift des<br />
Käufers zu nennen.<br />
Ist der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug, kann Grise bach<br />
nach Setzung einer Nachfrist von zwei Wochen vom Vertrag zurücktreten.<br />
Damit erlöschen alle Rechte des Käufers an dem erstei gerten<br />
Kunstgegenstand.<br />
<strong>Grisebach</strong> ist nach Erklärung des Rücktritts berechtigt, vom Käufer<br />
Schadensersatz zu verlangen. Der Schadensersatz umfasst insbe sondere<br />
das <strong>Grisebach</strong> entgangene Entgelt (Einliefererkommission und Aufgeld),<br />
sowie angefallene Kosten für Katalogabbildungen und die bis zur Rückgabe<br />
oder bis zur erneuten Versteigerung des Kunst gegen standes anfallenden<br />
Transport-, Lager- und Versicherungs kosten.<br />
Wird der Kunstgegenstand an einen Unterbieter verkauft oder in der nächsten<br />
oder übernächsten Auktion versteigert, haftet der Käufer außerdem<br />
für jeglichen Mindererlös.<br />
<strong>Grisebach</strong> hat das Recht, den säumigen Käufer von künftigen Versteigerungen<br />
auszuschließen und seinen Namen und seine Adresse zu<br />
Sperrzwecken an andere Auktionshäuser weiterzugeben.<br />
§ 5 Nachverkauf<br />
Während eines Zeitraums von zwei Monaten nach der Auktion können nicht<br />
versteigerte Kunstgegenstände im Wege des Nachverkaufs erworben werden.<br />
Der Nachverkauf gilt als Teil der Versteigerung. Der Interessent hat persönlich,<br />
telefonisch, schriftlich oder über das Internet ein Gebot mit einem bestimmten<br />
Betrag abzugeben und die Versteigerungsbedingungen als verbindlich anzu-<br />
erkennen. Der Vertrag kommt zustande, wenn <strong>Grisebach</strong> das Gebot innerhalb<br />
von drei Wochen nach Eingang schriftlich annimmt.<br />
Die Bestimmungen über Kaufpreis, Zahlung, Verzug, Abholung und Haftung für<br />
in der Versteigerung erworbene Kunstgegenstände gelten entsprechend.
§ 6 Entgegennahme des ersteigerten Kunstgegenstandes<br />
1. Abholung<br />
Der Käufer ist verpflichtet, den ersteigerten Kunstgegenstand spätestens<br />
einen Monat nach Zuschlag abzuholen.<br />
<strong>Grisebach</strong> ist jedoch nicht verpflichtet, den ersteigerten Kunst gegen stand<br />
vor vollständiger Bezahlung des in der Rechnung ausgewiesenen Betrages<br />
an den Käufer herauszugeben.<br />
Das Eigentum geht auf den Käufer erst nach vollständiger Begleichung des<br />
Kaufpreises über.<br />
2. Lagerung<br />
Bis zur Abholung lagert <strong>Grisebach</strong> für die Dauer eines Monats, gerech net<br />
ab Zuschlag, den ersteigerten Kunstgegenstand und versichert ihn auf<br />
eigene Kosten in Höhe des Kaufpreises. Danach hat <strong>Grisebach</strong> das Recht,<br />
den Kunstgegenstand für Rechnung des Käufers bei einer Kunst spedition<br />
einzulagern und versichern zu lassen. Wahlweise kann Grise bach statt<br />
dessen den Kunstgegenstand in den eigenen Räumen ein lagern gegen<br />
Berechnung einer monatlichen Pauschale von 0,1 % des Kaufpreises für<br />
Lager- und Versicherungskosten.<br />
3. Versand<br />
Beauftragt der Käufer <strong>Grisebach</strong> schriftlich, den Transport des ersteigerten<br />
Kunstgegenstandes durchzuführen, sorgt <strong>Grisebach</strong>, sofern der Kaufpreis<br />
vollständig bezahlt ist, für einen sachgerechten Transport des <strong>Werke</strong>s zum<br />
Käufer oder dem von ihm benannten Em pfän ger durch eine Kunstspedition<br />
und schließt eine entsprechende Transportversicherung ab. Die Kosten für<br />
Verpackung, Versand und Versicherung trägt der Käufer.<br />
4. Annahmeverzug<br />
Holt der Käufer den Kunstgegenstand nicht innerhalb von einem Monat<br />
ab (Ziffer 1) und erteilt er innerhalb dieser Frist auch keinen Auftrag zur<br />
Versendung des Kunstgegenstandes (Ziffer 3), gerät er in Annahme verzug.<br />
5. Anderweitige Veräußerung<br />
Veräußert der Käufer den ersteigerten Kunstgegenstand seinerseits, bevor<br />
er den Kaufpreis vollständig bezahlt hat, tritt er bereits jetzt erfüllungs-<br />
halber sämtliche Forderungen, die ihm aus dem Weiter verkauf zustehen,<br />
an <strong>Grisebach</strong> ab, welche die Abtretung hiermit annimmt. Soweit die<br />
abgetretenen Forderungen die <strong>Grisebach</strong> zuste henden Ansprüche über-<br />
steigen, ist <strong>Grisebach</strong> verpflichtet, den zur Erfüllung nicht benötigten Teil<br />
der abgetretenen Forderung unverzüglich an den Käufer abzutreten.<br />
§ 7 Haftung<br />
1. Beschaffenheit des Kunstgegenstandes<br />
Der Kunstgegenstand wird in der Beschaffenheit veräußert, in der er sich<br />
bei Erteilung des Zuschlags befindet und vor der Versteigerung besichtigt<br />
und geprüft werden konnte. Ergänzt wird diese Beschaffen heit durch die<br />
Angaben im Katalog (§ 2 Ziff. 1) über Urheberschaft, Technik und Signatur<br />
des Kunstgegenstandes. Sie beruhen auf den bis zum Zeitpunkt der<br />
Versteigerung veröffentlichten oder sonst allgemein zugänglichen<br />
Erkenntnissen sowie auf den Angaben des Einlieferers. Weitere<br />
Beschaffenheitsmerkmale sind nicht verein bart, auch wenn sie im<br />
Katalog beschrieben oder erwähnt sind oder sich aus schriftlichen<br />
oder mündlichen Auskünften, aus einem Zustands bericht, Expertisen<br />
oder aus den Abbildungen des Katalogs ergeben sollten. Eine Garantie<br />
(§ 443 BGB) für die vereinbarte Beschaffenheit des Kunstgegenstandes<br />
wird nicht übernommen.<br />
2. Rechte des Käufers bei einem Rechtsmangel (§ 435 BGB)<br />
Weist der erworbene Kunstgegenstand einen Rechtsmangel auf, weil an<br />
ihm Rechte Dritter bestehen, kann der Käufer innerhalb einer Frist von<br />
zwei Jahren (§ 438 Abs. 4 und 5 BGB) wegen dieses Rechts man gels vom<br />
Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern (§ 437 Nr. 2 BGB).<br />
Im übrigen werden die Rechte des Käufers aus § 437 BGB, also das<br />
Recht auf Nacherfüllung, auf Schadenersatz oder auf Ersatz ver geblicher<br />
Aufwendungen ausgeschlossen, es sei denn, der Rechts mangel ist arglistig<br />
verschwiegen worden.<br />
3. Rechte des Käufers bei Sachmängeln (§ 434 BGB)<br />
Weicht der Kunstgegenstand von der vereinbarten Beschaffenheit<br />
(Urheberschaft, Technik, Signatur) ab, ist der Käufer berech tigt,<br />
innerhalb von zwei Jahren ab Zuschlag (§ 438 Abs. 4 BGB) vom Vertrag<br />
zurückzutreten. Er erhält den von ihm gezahlten Kaufpreis (§ 4 Ziff. 1<br />
der Versteigerungsbedingungen) zurück, Zug um Zug gegen Rückgabe<br />
des Kaufgegenstandes in unverändertem Zustand am Sitz von <strong>Grisebach</strong>.<br />
Ansprüche auf Minderung des Kaufpreises (§ 437 Nr. 2 BGB), auf<br />
Schadensersatz oder auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§ 437<br />
Nr. 3 BGB) sind ausgeschlossen. Dieser Haftungsausschluss gilt nicht,<br />
soweit <strong>Grisebach</strong> den Mangel arglistig verschwiegen hat.<br />
Das Rücktrittsrecht wegen Sachmangels ist ausgeschlossen, sofern<br />
<strong>Grisebach</strong> den Kunstgegenstand für Rechnung des Einlieferers ver äußert<br />
hat und die größte ihr mögliche Sorgfalt bei Ermittlung der im Katalog<br />
genannten Urheberschaft, Technik und Signatur des Kunst gegenstandes<br />
aufgewandt hat und keine Gründe vorlagen, an der Richtigkeit dieser<br />
Angaben zu zweifeln. In diesem Falle verpflichtet sich <strong>Grisebach</strong>, dem<br />
Käufer das Aufgeld, etwaige Umlagen und die Umsatz steuer zu erstatten.<br />
Außerdem tritt <strong>Grisebach</strong> dem Käufer alle ihr gegen den Einlieferer, dessen<br />
Name und Anschrift sie dem Käufer mitteilt, zustehenden Ansprüche wegen<br />
der Mängel des Kunstgegenstandes ab. Sie wird ihn in jeder zulässigen und<br />
ihr möglichen Weise bei der Geltendmachung dieser Ansprüche gegen den<br />
Einlieferer unterstützen.<br />
4. Fehler im Versteigerungsverfahren<br />
<strong>Grisebach</strong> haftet nicht für Schäden im Zusammenhang mit der Abgabe<br />
von mündlichen, schriftlichen, telefonischen oder Internetgeboten,<br />
soweit ihr nicht Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Dies gilt<br />
insbesondere für das Zustandekommen oder den Bestand von Telefon-,<br />
Fax- oder Datenleitungen sowie für Übermittlungs-, Über tragungs- oder<br />
Übersetzungsfehler im Rahmen der eingesetzten Kommunikationsmittel oder<br />
seitens der für die Entgegennahme und Weitergabe eingesetzten Mitarbeiter.<br />
Für Missbrauch durch unbefugte Dritte wird nicht gehaftet. Die Haftungsbeschränkung<br />
gilt nicht für Schäden an der Verletzung von Leben, Körper<br />
oder Gesundheit.<br />
5. Verjährung<br />
Für die Verjährung der Mängelansprüche gelten die gesetzlichen<br />
Verjährungsfristen des § 438 Abs. 1 Ziffer 3 BGB (2 Jahre).<br />
§ 8 Schlussbestimmungen<br />
1. Nebenabreden<br />
Änderungen dieser Versteigerungsbedingungen im Einzelfall oder<br />
Nebenabreden bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform.<br />
2. Fremdsprachige Fassung der Versteigerungsbedingungen<br />
Soweit die Versteigerungsbedingungen in anderen Sprachen als der<br />
deutschen Sprache vorliegen, ist stets die deutsche Fassung maßgebend.<br />
3. Anwendbares Recht<br />
Es gilt ausschließlich das Recht der Bundesrepublik Deutschland.<br />
Das Abkommen der Vereinten Nationen über Verträge des internationalen<br />
Warenkaufs (CISG) findet keine Anwendung.<br />
4. Erfüllungsort<br />
Erfüllungsort und Gerichtsstand ist, soweit dies rechtlich vereinbart<br />
werden kann, Berlin.<br />
5. Salvatorische Klausel<br />
Sollte eine oder mehrere Bestimmungen dieser Versteigerungsbedingungen<br />
unwirksam sein oder werden, bleibt die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen<br />
davon unberührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gelten die entsprechenden<br />
gesetzlichen Vorschriften.<br />
KORR 155
Conditions of Sale<br />
of <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen GmbH<br />
Section 1 The Auction House<br />
1. The auction will be implemented on behalf of <strong>Grisebach</strong> Auktionen GmbH –<br />
referred to hereinbelow as “<strong>Grisebach</strong>”. The auctioneer will be acting as<br />
<strong>Grisebach</strong>’s representative. The auctioneer is an expert who has been publicly<br />
appointed in accordance with Section 34b paragraph 5 of the Gewerbeordnung<br />
(GewO, German Industrial Code). Accordingly, the auction is a public auction<br />
as defined by Section 474 paragraph 1 second sentence and Section 383<br />
paragraph 3 of the Bürgerliches Gesetzbuch (BGB, German Civil Code).<br />
2. As a general rule, the auction will be performed on behalf of the Consignor,<br />
who will not be named. Solely those works of art owned by <strong>Grisebach</strong> shall<br />
be sold at auction for the account of <strong>Grisebach</strong>. Such items will be marked<br />
by an “E” in the catalogue.<br />
3. The auction shall be performed on the basis of the present Conditions of Sale.<br />
The Conditions of Sale are published in the catalogue of the auction and on the<br />
internet; furthermore, they are posted in an easily accessible location in the<br />
<strong>Grisebach</strong> spaces. By submitting a bid, the buyer acknowledges the Conditions<br />
of Sale as being binding upon it.<br />
Section 2 Catalogue, Pre-Sale Exhibition and Date of the Auction<br />
1. Catalogue<br />
Prior to the auction date, an auction catalogue will be published. This provides<br />
general orientation in that it shows images of the works of art to be sold at auction<br />
and describes them. Additionally, the catalogue will provide information on the<br />
work’s creator(s), technique, and signature. These factors alone will define the<br />
characteristic features of the work of art. In all other regards, the catalogue will<br />
not govern as far as the characteristics of the work of art or its appearance are<br />
concerned (color). The catalogue will provide estimated prices in EUR amounts,<br />
which, however, serve solely as an indication of the fair market value of the work<br />
of art, as does any such information that may be provided in other currencies.<br />
<strong>Grisebach</strong> will prepare the catalogue to the best of its knowledge and belief, and<br />
will exercise the greatest of care in doing so. The catalogue will be based on the<br />
scholarly knowledge published up until the date of the auction, or otherwise<br />
generally accessible, and on the information provided by the Consignor.<br />
Seriously interested buyers have the opportunity to request that <strong>Grisebach</strong><br />
provide them with a report outlining the condition of the work of art (condition<br />
report), and they may also review any expert appraisals that <strong>Grisebach</strong> may<br />
have obtained.<br />
The information and descriptions contained in the catalogue, in the condition<br />
report or in expert appraisals are estimates; they do not constitute any<br />
guarantees, in the sense as defined by Section 443 of the Bürgerliches<br />
Gesetzbuch (BGB, German Civil Code), for the characteristics of the work of art.<br />
<strong>Grisebach</strong> is entitled to correct or amend any information provided in the<br />
catalogue by posting a notice at the auction venue and by having the auctioneer<br />
make a corresponding statement immediately prior to calling the bids for the<br />
work of art concerned.<br />
2. Pre-sale exhibition<br />
All of the works of art that are to be sold at auction will be exhibited prior to<br />
the sale and may be viewed and inspected. The time and date of the pre-sale<br />
exhibition, which will be determined by <strong>Grisebach</strong>, will be set out in the<br />
catalogue. The works of art are used and will be sold “as is”, in other words<br />
in the condition they are in at the time of the auction.<br />
3. <strong>Grisebach</strong> will determine the venue and time at which the auction is to<br />
be held. It is entitled to modify the venue and the time of the auction,<br />
also in those cases in which the auction catalogue has already been sent out.<br />
156 KORR<br />
Section 3 Calling the Auction<br />
1. Bidder number<br />
<strong>Grisebach</strong> will issue a bidder number to each bidder. Each bidder is to<br />
acknowledge the Conditions of Sale as being binding upon it.<br />
At the latest twenty-four (24) hours prior to the start of the auction, bidders as<br />
yet unknown to <strong>Grisebach</strong> must register in writing, providing a written bank<br />
reference letter of recent date, so as to enable <strong>Grisebach</strong> to issue a bidder<br />
number to them.<br />
At the auction, only the bids submitted using a bidder number will be considered.<br />
2. Item call-up<br />
The auction of the individual work of art begins by its being called up by the<br />
auctioneer. The auctioneer is entitled to call up the works of art in a different<br />
sequence than that published in the catalogue, to join catalogue items to form a<br />
lot, to separate a lot into individual items, and to pull an item from the auction<br />
that has been given a lot number.<br />
When the work of art is called up, its price will be determined by the auctioneer,<br />
denominated in euros. Unless otherwise determined by the auctioneer, the bid<br />
increments will amount to 10% of the respective previous bid.<br />
3. Bids<br />
a) Floor bids<br />
Floor bids will be submitted using the bidder number. A sale and purchase<br />
agreement will be concluded by the auctioneer bringing down the hammer to<br />
end the bidding process.<br />
Where a bidder wishes to submit bids in the name of a third party, it must<br />
notify <strong>Grisebach</strong> of this fact at the latest twenty-four (24) hours prior to the<br />
auction commencing, submitting a corresponding power of attorney from that<br />
third party. In all other cases, once the work of art has been knocked down,<br />
the sale and purchase agreement will be concluded with the person who has<br />
placed the bid.<br />
b) Written absentee bids<br />
Subject to <strong>Grisebach</strong> consenting to this being done, bids may also be<br />
submitted in writing using a specific form developed for this purpose.<br />
The bidder must sign the form and must provide the lot number, the name<br />
of the artist, the title of the work of art and the hammer price it wishes to<br />
bid therefor. The bidder must acknowledge the Conditions of Sale as being<br />
binding upon it.<br />
By placing a written bid, the bidder instructs <strong>Grisebach</strong> to submit such bid in<br />
accordance with its instructions. <strong>Grisebach</strong> shall use the amount specified in<br />
the written bid only up to whatever amount may be required to outbid another<br />
bidder.<br />
Upon the auctioneer knocking down the work of art to a written bid, a sale<br />
and purchase agreement shall be concluded on that basis with the bidder<br />
who has submitted such written bid.<br />
Where several written bids have been submitted in the same amount for the<br />
same work of art, the bid received first shall be the winning bid, provided<br />
that no higher bid has been otherwise submitted or is placed as a floor bid.<br />
c) Phoned-in absentee bids<br />
Bids may permissibly be phoned in, provided that the bidder applies in writing<br />
to be admitted as a telephone bidder, and does so at the latest twenty-four<br />
(24) hours prior to the auction commencing, and furthermore provided that<br />
<strong>Grisebach</strong> has consented. The bidder must acknowledge the Conditions of<br />
Sale as being binding upon it.<br />
Bids phoned in will be taken by a <strong>Grisebach</strong> employee present at the auction<br />
on the floor, and will be submitted in the course of the auction in keeping with<br />
the instructions issued by the bidder. The bid so submitted by the bidder shall
cover exclusively the hammer price, and thus shall not comprise the buyer’s<br />
premium, any allocated costs that may be charged, or turnover tax. The bid<br />
must unambiguously designate the work of art to which it refers, and must<br />
wherever possible provide the lot number, the artist and the title of the work.<br />
<strong>Grisebach</strong> may make a recording of bids submitted by telephone. By filing the<br />
application to be admitted as a telephone bidder, the bidder declares its<br />
consent to the telephone conversation being recorded. Unless it is required<br />
as evidence, the recording shall be deleted at the latest following the expiry<br />
of three (3) months.<br />
d) Absentee bids submitted via the internet<br />
Bids may be admissibly submitted via the internet only if <strong>Grisebach</strong> has<br />
registered the bidder for internet bidding, giving him a user name and<br />
password, and if the bidder has acknowledged the Conditions of Sale as<br />
being binding upon it. The registration shall be non-transferable and shall<br />
apply exclusively to the registered party; it is thus entirely personal and<br />
private. The user is under obligation to not disclose to third parties its user<br />
name or password. Should the user culpably violate this obligation, it shall<br />
be held liable by <strong>Grisebach</strong> for any damages resulting from such violation.<br />
Bids submitted via the internet shall have legal validity only if they are<br />
sufficiently determinate and if they can be traced back to the bidder by its<br />
user name and password beyond any reasonable doubt. The bids transmitted<br />
via the internet will be recorded electronically. The buyer acknowledges that<br />
these records are correct, but it does have the option to prove that they are<br />
incorrect.<br />
In legal terms, <strong>Grisebach</strong> shall treat bids submitted via the internet at a point<br />
in time prior to the auction as if they were bids submitted in writing. Bids<br />
submitted via the internet while an auction is ongoing shall be taken into<br />
account as if they were floor bids.<br />
4. Knock down<br />
a) The work of art is knocked down to the winning bidder if, following three calls<br />
for a higher bid, no such higher bid is submitted. Upon the item being<br />
knocked down to it, this will place the bidder under obligation to accept the<br />
work of art and to pay the purchase price (Section 4 Clause 1). The bidder<br />
shall not be named.<br />
b) Should the bids not reach the reserve price set by the Consignor, the<br />
auctioneer will knock down the work of art at a conditional hammer price.<br />
This conditional hammer price shall be effective only if <strong>Grisebach</strong> confirms<br />
this bid in writing within three (3) weeks of the day of the auction. Should<br />
another bidder submit a bid in the meantime that is at least in the amount<br />
of the reserve price, the work of art shall go to that bidder; there will be no<br />
consultations with the bidder to whom the work of art has been knocked<br />
down at a conditional hammer price.<br />
c) The auctioneer is entitled to refuse to accept a bid, without providing any<br />
reasons therefor, or to refuse to knock down a work of art to a bidder.<br />
Where a bid is refused, or where a work of art is not knocked down to a<br />
bidder, the prior bid shall continue to be valid.<br />
d) The auctioneer may revoke any knock-down and may once again call up the<br />
work of art in the course of the auction to ask for bids; the auctioneer may<br />
do so in all cases in which<br />
– The auctioneer has overlooked a higher bid that was submitted in a timely<br />
fashion, provided the bidder so overlooked has immediately objected to this<br />
oversight;<br />
– A bidder does not wish to be bound by the bid submitted; or<br />
– There are any other doubts regarding the knock-down of the work of art<br />
concerned.<br />
Where the auctioneer exercises this right, any knock-down of a work of art<br />
that has occurred previously shall cease to be effective.<br />
e) The auctioneer is authorized, without being under obligation of giving notice<br />
thereof, to also submit bids on behalf of the Consignor until the reserve<br />
price agreed with the Consignor has been reached, and the auctioneer is<br />
furthermore authorized to knock down the work of art to the Consignor,<br />
citing the consignment number. In such event, the work of art shall go unsold.<br />
Section 4 Purchase Price, Payment, Default<br />
1. Purchase price<br />
The purchase price consists of the hammer price plus buyer’s premium.<br />
Additionally, lump sum fees may be charged along with statutory turnover tax.<br />
A. For works of art marked in the catalogue by the letter “R” behind the lot number,<br />
the purchase price is calculated as follows:<br />
a) Buyer’s premium<br />
<strong>Grisebach</strong> will add a buyer’s premium of 22% to the hammer price. A buyer’s<br />
premium of 15 % will be added to that part of the hammer price that is in<br />
excess of EUR 1,000,000.<br />
b) Lump sum fee for resale royalties<br />
For all original works of art or photographs the creators of which have not<br />
been dead for seventy (70) years prior to the end of that calendar year in<br />
which the sale is made, <strong>Grisebach</strong> will charge a lump sum fee of 1.5% of<br />
the hammer price, such fee being capped at EUR 6,250.00.<br />
c) Turnover tax<br />
The hammer price, the buyer’s premium and the lump sum fee for resale<br />
royalties will all be subject to the statutory turnover tax in the respectively<br />
applicable amount (standard taxation provisions, marked by the letter “R”).<br />
For original works of art, the tax rate is currently 7 %, for photographs,<br />
prints and screenprints, it is 19%.<br />
d) Exemption from turnover tax<br />
No turnover tax will be charged where works of art are sold that are<br />
acquired in states within the community territory of the European Union<br />
by corporations and exported outside of Germany, provided that such<br />
corporations have provided their turnover tax ID number in applying for and<br />
obtaining their bidder number. It is not possible to register this status after<br />
the invoice has been issued, and more particularly, it is not possible to<br />
perform a correction retroactively.<br />
No turnover tax shall be charged for the sale of works of art that are<br />
delivered, pursuant to Section 6 paragraph 4 of the Umsatzsteuer-<br />
gesetz (UStG, German Turnover Tax Act), to destinations located in states<br />
that are not a Member State of the EU, provided that their buyers are deemed<br />
to be foreign purchasers and have proved this fact in accordance with Section<br />
6 paragraph 2 of the German Turnover Tax Act. The buyer shall bear any<br />
import turnover tax or duties that may accrue abroad.<br />
The above provisions on turnover tax correspond to the legislative status quo<br />
and are in line with the practice of the Tax and Revenue Authorities. They are<br />
subject to change without notice.<br />
B. For works of art that have not been specially marked in the catalogue, the<br />
purchase price will be calculated as follows:<br />
For buyers having their residence in states within the community territory of the<br />
European Union, <strong>Grisebach</strong> will add a buyer’s premium of 30 % to the hammer<br />
price. A buyer’s premium of 20 % will be added to that part of the hammer price<br />
that is in excess of EUR 1,000,000. This buyer’s premium will include all lump<br />
sum fees as well as the statutory turnover tax (margin scheme pursuant to<br />
Section 25a of the German Turnover Tax Act). These taxes and fees will not be<br />
itemized separately in the invoice.<br />
Buyers to whom delivery is made within Germany, as defined by the German<br />
Turnover Tax Act, and who are entitled to deduct input taxes, may have an<br />
invoice issued to them that complies with the standard taxation provisions as<br />
provided for hereinabove in paragraph A. Such invoice is to be requested when<br />
applying for a bidder number. It is not possible to perform any correction<br />
retroactively after the invoice has been issued.<br />
2. Due date and payment<br />
The purchase price shall be due for payment upon the work of art being<br />
knocked down to the buyer.<br />
The purchase price shall be paid in euros to <strong>Grisebach</strong>. Cheques and any other<br />
forms of non-cash payment are accepted only on account of performance.<br />
Payment of the purchase price by set-off is an option only where the claims<br />
are not disputed or have been finally and conclusively determined by a court’s<br />
declaratory judgment.<br />
Where payment is made in a foreign currency, any exchange rate risk and any<br />
and all bank charges shall be borne by the buyer.<br />
3. Default<br />
In cases in which the purchase price has not been paid within two (2) weeks of<br />
the invoice having been received, the buyer shall be deemed to be defaulting on<br />
the payment.<br />
Upon the occurrence of such default, the purchase price shall accrue interest at<br />
1% per month, notwithstanding any other claims to compensation of damages<br />
that may exist.<br />
Two (2) months after the buyer has defaulted on the purchase price, <strong>Grisebach</strong><br />
shall be entitled – and shall be under obligation to do so upon the Consignor’s<br />
corresponding demand – to provide to the Consignor the buyer’s name and<br />
address.<br />
Where the buyer has defaulted on the purchase price, <strong>Grisebach</strong> may rescind<br />
the agreement after having set a period of grace of two (2) weeks. Once<br />
<strong>Grisebach</strong> has so rescinded the agreement, all rights of the buyer to the work<br />
of art acquired at auction shall expire.<br />
Upon having declared its rescission of the agreement, <strong>Grisebach</strong> shall be entitled<br />
to demand that the buyer compensate it for its damages. Such compensation of<br />
damages shall comprise in particular the remuneration that <strong>Grisebach</strong> has lost<br />
(commission to be paid by the Consignor and buyer’s premium), as well as the<br />
costs of picturing the work of art in the catalogue and the costs of shipping,<br />
storing and insuring the work of art until it is returned or until it is once again<br />
offered for sale at auction.<br />
KORR 157
Where the work of art is sold to a bidder who has submitted a lower bid, or<br />
where it is sold at the next auction or the auction after that, the original buyer<br />
moreover shall be held liable for any amount by which the proceeds achieved<br />
at that subsequent auction are lower than the price it had bid originally.<br />
<strong>Grisebach</strong> has the right to exclude the defaulting buyer from future auctions and<br />
to forward the name and address of that buyer to other auction houses so as to<br />
enable them to exclude him from their auctions as well.<br />
Section 5 Post Auction Sale<br />
In the course of a two-month period following the auction, works of art that have gone<br />
unsold at the auction may be acquired through post auction sales. The post auction<br />
sale will be deemed to be part of the auction. The party interested in acquiring the<br />
work of art is to submit a bid either in person, by telephone, in writing or via the<br />
internet, citing a specific amount, and is to acknowledge the Conditions of Sale as<br />
being binding upon it. The sale and purchase agreement shall come about if<br />
<strong>Grisebach</strong> accepts the bid in writing within three weeks of its having been received.<br />
The provisions regarding the purchase price, payment, default, pick-up and liability<br />
for works of art acquired at auction shall apply mutatis mutandis.<br />
Section 6 Acceptance of the Work of Art Purchased at Auction<br />
1. Pick-up<br />
The buyer is under obligation to pick up the work of art at the latest one (1)<br />
month after it has been knocked down to the buyer.<br />
However, <strong>Grisebach</strong> is not under obligation to surrender to the buyer the work of<br />
art acquired at auction prior to the purchase price set out in the invoice having<br />
been paid in full.<br />
Title to the work of art shall devolve to the buyer only upon the purchase price<br />
having been paid in full.<br />
2. Storage<br />
<strong>Grisebach</strong> shall store the work of art acquired at auction until it is picked up,<br />
doing so at the longest for one (1) month, and shall insure it at its own cost, the<br />
amount insured being equal to the purchase price. Thereafter, <strong>Grisebach</strong> shall<br />
have the right to store the work of art with a specialized fine art shipping agent<br />
and to insure it there. At its choice, <strong>Grisebach</strong> may instead store the work of art<br />
in its own premises, charging a monthly lump-sum fee of 0.1 % of the purchase<br />
price for the costs of storage and insurance.<br />
3. Shipping<br />
Where the buyer instructs <strong>Grisebach</strong> in writing to ship to it the work of art<br />
acquired at auction, subject to the proviso that the purchase price has been paid<br />
in full, <strong>Grisebach</strong> shall procure the appropriate shipment of the work of art to the<br />
buyer, or to any recipient the buyer may specify, such shipment being performed<br />
by a specialized fine art shipping agent; <strong>Grisebach</strong> shall take out corresponding<br />
shipping insurance. The buyer shall bear the costs of packaging and shipping the<br />
work of art as well as the insurance premium.<br />
4. Default of acceptance<br />
Where the buyer fails to pick up the work of art within one (1) month (Clause 1)<br />
and fails to issue instructions for the work of art to be<br />
shipped to it (Clause 3), it shall be deemed to be defaulting on acceptance.<br />
5. Sale to other parties<br />
Should the buyer, prior to having paid the purchase price in full, sell the work of<br />
art it has acquired at auction, it hereby assigns to <strong>Grisebach</strong>, as early as at the<br />
present time and on account of performance, the entirety of all claims to which<br />
it is entitled under such onward sale, and <strong>Grisebach</strong> accepts such assignment.<br />
Insofar as the claims so assigned are in excess of the claims to which <strong>Grisebach</strong><br />
is entitled, <strong>Grisebach</strong> shall be under obligation to immediately reassign to the<br />
buyer that part of the claim assigned to it that is not required for meeting its claim.<br />
Section 7 Liability<br />
1. Characteristics of the work of art<br />
The work of art is sold in the condition it is in at the time it is knocked down to<br />
the buyer, and in which it was viewed and inspected. The other characteristic<br />
features of the work of art are comprised of the statements made in the<br />
catalogue (Section 2 Clause 1) regarding the work’s creator(s), technique and<br />
signature. These statements are based on the scholarly knowledge published<br />
up until the date of the auction, or otherwise generally accessible, and on the<br />
information provided by the Consignor. No further characteristic features are<br />
agreed among the parties, in spite of the fact that such features may be<br />
described or mentioned in the catalogue, or that they may garnered from<br />
information provided in writing or orally, from a condition report, an expert<br />
appraisal or the images shown in the catalogue. No guarantee (Section 443<br />
of the Bürgerliches Gesetzbuch (BGB, German Civil Code)) is provided for the<br />
work of art having any characteristic features.<br />
158 KORR<br />
2. Buyer’s rights in the event of a defect of title being given (Section 435 of the<br />
German Civil Code)<br />
Should the work of art acquired be impaired by a defect of title because it is<br />
encumbered by rights of third parties, the buyer may, within a period of two (2)<br />
years (Section 438 paragraph 4 and 5 of the Bürgerliches Gesetzbuch (BGB,<br />
German Civil Code)), rescind the agreement based on such defect of title, or it<br />
may reduce the purchase price (Section 437 no. 2 of the German Civil Code).<br />
In all other regards, the buyer’s rights as stipulated by Section 437 of the<br />
German Civil Code are hereby contracted out, these being the right to demand<br />
the retroactive performance of the agreement, the compensation of damages,<br />
or the reimbursement of futile expenditure, unless the defect of title has been<br />
fraudulently concealed.<br />
3. Buyer’s rights in the event of a material defect being given (Section 434 of the<br />
German Civil Code)<br />
Should the work of art deviate from the characteristic features agreed (work’s<br />
creator(s), technique, signature), the buyer shall be entitled to rescind the<br />
agreement within a period of two (2) years after the work of art has been<br />
knocked down to it (Section 438 paragraph 4 of the Bürgerliches Gesetzbuch<br />
(BGB, German Civil Code)). The buyer shall be reimbursed for the purchase<br />
price it has paid (Section 4 Clause 1 of the Conditions of Sale), concurrently<br />
with the return of the purchased object in unaltered condition, such return<br />
being effected at the registered seat of <strong>Grisebach</strong>.<br />
Claims to any reduction of the purchase price (Section 437 no. 2 of the German<br />
Civil Code), to the compensation of damages or the reimbursement of futile<br />
expenditure (Section 437 no. 3 of the German Civil Code) are hereby contracted<br />
out. This exclusion of liability shall not apply should <strong>Grisebach</strong> have fraudulently<br />
concealed the defect.<br />
The right to rescind the agreement for material defects shall be contracted out<br />
wherever <strong>Grisebach</strong> has sold the work of art for the account of the Consignor<br />
and has exercised, to the best of its ability, the greatest possible care in<br />
identifying the work’s creator(s), technique and signature listed in the catalogue,<br />
provided there was no cause to doubt these statements’ being correct. In such<br />
event, <strong>Grisebach</strong> enters into obligation to reimburse the buyer for the buyer’s<br />
premium, any allocated costs that may have been charged, and turnover tax.<br />
Moreover, <strong>Grisebach</strong> shall assign to the buyer all of the claims vis-à-vis the<br />
Consignor to which it is entitled as a result of the defects of the work of art,<br />
providing the Consignor’s name and address to the buyer. <strong>Grisebach</strong> shall<br />
support the buyer in any manner that is legally available to it and that it is<br />
able to apply in enforcing such claims against the Consignor.<br />
4. Errors in the auction proceedings<br />
<strong>Grisebach</strong> shall not be held liable for any damages arising in connection with<br />
bids that are submitted orally, in writing, by telephone or via the internet, unless<br />
<strong>Grisebach</strong> is culpable of having acted with intent or grossly negligently. This shall<br />
apply in particular to the telephone, fax or data connections being established<br />
or continuing in service, as well as to any errors of transmission, transfer or<br />
translation in the context of the means of communications used, or any errors<br />
committed by the employees responsible for accepting and forwarding any<br />
instructions. <strong>Grisebach</strong> shall not be held liable for any misuse by unauthorized<br />
third parties. This limitation of liability shall not apply to any loss of life, limb or<br />
health.<br />
5. Statute of limitations<br />
The statutory periods of limitation provided for by Section 438 paragraph 1<br />
Clause 3 of the Bürgerliches Gesetzbuch (BGB, German Civil Code) (two years)<br />
shall apply where the statute of limitations of claims for defects is concerned.<br />
Section 8 Final provisions<br />
1. Collateral agreements<br />
Any modifications of the present Conditions of Sale that may be made in an<br />
individual case, or any collateral agreements, must be made in writing in order<br />
to be effective.<br />
2. Translations of the Conditions of Sale<br />
Insofar as the Conditions of Sale are available in other languages besides<br />
German, the German version shall govern in each case.<br />
3. Governing law<br />
The laws of the Federal Republic of Germany shall exclusively apply. The United<br />
Nations Convention on the International Sale of Goods shall not apply.<br />
4. Place of performance<br />
Insofar as it is possible to agree under law on the place of performance and<br />
the place of jurisdiction, this shall be Berlin.<br />
5. Severability clause<br />
Should one or several provisions of the present Conditions of Sale be or become<br />
invalid, this shall not affect the validity of the other provisions. Instead of the<br />
invalid provision, the corresponding statutory regulations shall apply.
Einliefererverzeichnis<br />
Consignor Index<br />
[3022] 26 [3037] 27 [3049] 18 [3052] 45 [3053] 44 [3064] 5, 10<br />
[3097] 39 [3098] 3 [3099] 23 [3125] 4 [3137] 11 [3142] 52, 59<br />
[3157] 12 [3158] 58 [3162] 16 [3171] 41, 43 [3172] 1 [3184] 22<br />
[3185] 32 [3194] 2, 31 [3206] 25, 46, 49 [3207] 54 [3216] 15<br />
[3221] 38 [3223] 29 [3225] 60, 61 [3231] 19, 20 [3233] 33<br />
[3237] 17 [3258] 7a [3262] 35 [3264] 34 [3271] 55, 62 [3292] 51<br />
[3323] 11a [3337] 42 [3339] 7 [3341] 30 [3353] 47 [3363] 21<br />
[3382] 24 [3397] 18a [3405] 14 [3412] 50, 56, 57 [3418] 48<br />
[3428] 28, 36, 37, 40 [3437] 6 [3448] 9 [3465] 53 [3472] 13<br />
[3477] 8<br />
Impressum<br />
Imprint<br />
Herausgegeben von:<br />
<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen GmbH,<br />
Fasanenstraße 25, D-10719 Berlin<br />
Geschäftsführer:<br />
Bernd Schultz, Micaela Kapitzky, Florian Illies,<br />
Dr. Markus Krause, Daniel von Schacky, Rigmor Stüssel<br />
HRB 25 552, Erfüllungsort und Gerichtsstand Berlin<br />
Katalogbearbeitung:<br />
Dr. Markus Krause, Traute Meins, Stefan Pucks,<br />
Daniel von Schacky, Dr. Martin Schmidt<br />
Research: Miriam Klug<br />
Provenienzrecherche: Dr. Sibylle Ehringhaus<br />
Textbeiträge: NB (Nina Barge), Br (Maike Brüggen),<br />
UC (Ulrich Clewing), AF (Dr. Andreas Fluck),<br />
OH (Oliver Hell), FI (Florian Illies), AJ (Dr. Andrea Jahn),<br />
EO (Dr. Elke Ostländer), sch (Susanne Schmid),<br />
(MS) Dr. Martin Schmidt, MSF (Monika Stump Finane)<br />
Photos: Photostudio Bartsch, Karen Bartsch<br />
Photobearbeitung: Ulf Zschommler<br />
© VG Bildkunst, Bonn 2012 (für vertretene Künstler)<br />
© Los 7: van Gogh Museum, Amsterdam /<br />
Museum of Modern Art, New York / Staatsgalerie Stuttgart<br />
Trotz intensiver Recherche war es nicht in allen Fällen möglich,<br />
die Rechteinhaber ausfindig zu machen.<br />
Graphik-Design: BOROS, Wuppertal<br />
Produktion/DTP: Daniel Lamprecht<br />
Database-Publishing: Digitale Werkstatt, J. Grützkau, Berlin<br />
Herstellung & Lithographie: Königsdruck GmbH<br />
Gedruckt auf Maxisatin, 150 g/qm<br />
Schrift: Didot und Corporate S<br />
Abbildungen auf dem Umschlag:<br />
Vorderseite: Emil Nolde · Los 8<br />
(Ausschnitt) © Nolde Stiftung Seebüll<br />
Rückseite: Andy Warhol · Los 52<br />
(Ausschnitt) © ARS USA 2012<br />
Doppelseite vorn: Victor Vasarely · Los 48<br />
(Ausschnitt) © VG Bildkunst, Bonn 2012<br />
Doppelseite hinten: Otto Dix · Los 7<br />
(Ausschnitt) © VG Bildkunst, Bonn 2012<br />
Korr 159