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200 - Ausgewählte Werke - Villa Grisebach

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<strong>Ausgewählte</strong> <strong>Werke</strong> · Berlin, 29. November 2012


Karl Hofer · Los 31 (Ausschnitt)<br />

www.villa-grisebach.de<br />

3


Günther Uecker · Los 51<br />

<strong>Ausgewählte</strong> <strong>Werke</strong><br />

Auktion Nr. <strong>200</strong><br />

Donnerstag, 29. November 2012<br />

17.00 Uhr<br />

Selected Works<br />

Auction No. <strong>200</strong><br />

Thursday, 29 November 2012<br />

5.00 p.m.<br />

5


Anfragen<br />

Enquiries<br />

Anfragen zu Versteigerungsobjekten/Zustandsberichte<br />

Enquiries concerning this auction/condition reports<br />

Dr. Markus Krause +49-30-885 915-29<br />

Traute Meins +49-30-885 915-21<br />

Daniel von Schacky (Contemporary) +49-211-8629 2199<br />

Schriftliche Gebote<br />

Absentee bidding<br />

Laura von Bismarck +49-30-885 915-24<br />

Synje Ziegler +49-30-885 915-4414<br />

Telefonische Gebote<br />

Telephone bidding<br />

Micaela Kapitzky +49-30-885 915-32<br />

Rechnungslegung/Abrechnung<br />

Buyer’s/Seller’s accounts<br />

Friederike Cless +49-30-885 915-50<br />

Katalogbestellung/Abonnements<br />

Catalogue subscription<br />

Friederike Cless +49-30-885 915-50<br />

Versand/Versicherung<br />

Shipping/Insurance<br />

Norbert Stübner +49-30-885 915-30<br />

Ulf Zschommler +49-30-885 915-33<br />

Auktionsergebnisse<br />

Sale results +49-30-885 915-14<br />

6


Vorbesichtigung<br />

Sale Preview<br />

Vorbesichtigung aller <strong>Werke</strong><br />

23. bis 27. November 2012<br />

Viewing of all works<br />

23 to 27 November 2012<br />

Berlin<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen GmbH<br />

Fasanenstr. 25 und 73 · D-10719 Berlin<br />

Telefon +49-30-885 915-0, Fax: 882 41 45<br />

Freitag bis Montag 10 – 18.30 Uhr<br />

Dienstag 10 – 17 Uhr<br />

Sondervorbesichtigung<br />

Special Preview<br />

Benefit Auction for the<br />

Max Beckmann Distinguished Visitorship<br />

of the American Academy in Berlin<br />

Düsseldorf<br />

19. und 20. November 2012<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen<br />

Bilker Str. 4-6 · D-40213 Düsseldorf<br />

Montag und Dienstag 10 - 18 Uhr<br />

Daniel von Schacky<br />

Telefon +49-211-86 29 21 99<br />

Alle Kataloge im Internet unter<br />

www.villa-grisebach.de<br />

<strong>Ausgewählte</strong> <strong>Werke</strong><br />

Selected works<br />

München<br />

24. Oktober 2012<br />

Galerie Thomas<br />

Maximilianstr. 25 · D-80539 München<br />

Mittwoch 10 - 18 Uhr<br />

Dorothée Gutzeit<br />

Telefon +49-89-22 7632/33<br />

Dortmund<br />

25. bis 27. Oktober 2012<br />

Galerie Utermann<br />

Silberstr. 22 · D-44137 Dortmund<br />

Donnerstag und Freitag 10 - 18 Uhr<br />

Samstag 10 - 16 Uhr<br />

Wilfried Utermann<br />

Telefon +49-231-4764 3757<br />

Hamburg<br />

7. November 2012<br />

Galerie Commeter<br />

Bergstr. 11 · D-<strong>200</strong>95 Hamburg<br />

Mittwoch 10 - 18 Uhr<br />

Stefanie Busold<br />

Telefon +49-172-540 9073<br />

Düsseldorf<br />

10. und 11. November 2012<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen<br />

Bilker Str. 4-6 · D-40213 Düsseldorf<br />

Samstag und Sonntag 10 - 18 Uhr<br />

Daniel von Schacky<br />

Telefon +49-211-86 29 21 99<br />

Zürich<br />

13. bis 15. November 2012<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen AG<br />

Bahnhofstr. 14 · CH-8001 Zürich<br />

Dienstag 10 - 17 Uhr<br />

Mittwoch und Donnerstag 10 - 18 Uhr<br />

Verena Hartmann<br />

Telefon +41-44-212 8888<br />

Korr 7


Information für Bieter<br />

Information for Bidders<br />

Die Verteilung der Bieternummern erfolgt eine Stunde vor<br />

Beginn der Auktion. Wir bitten um rechtzeitige Registrierung.<br />

Nur unter dieser Nummer abgegebene Gebote werden auf der<br />

Auktion berücksichtigt. Von Bietern, die der <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong><br />

noch unbekannt sind, benötigt die <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> spätestens<br />

24 Stunden vor Beginn der Auktion eine schriftliche Anmeldung<br />

nebst einer beiliegenden aktuellen Bankreferenz.<br />

Sie haben die Möglichkeit, schriftliche Gebote an den<br />

Versteigerer zu richten. Ein entsprechendes Auftragsformular<br />

liegt dem Katalog bei. Wir bitten, schriftliche Gebote, ebenso<br />

wie Anmeldungen für telefonisches Bieten, spätestens bis<br />

zum 28. November 2012, 17.00 Uhr einzureichen.<br />

Die englische Übersetzung des Kataloges finden Sie unter<br />

www.villa-grisebach.de.<br />

Bidder numbers are available for collection one hour before<br />

the auction. Please register in advance.<br />

Only bids using this number will be included in the Auction.<br />

Bidders so far unknown to <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> have to submit a<br />

written application no later than 24 hours before the Auction,<br />

as well as a recent bank reference.<br />

We are pleased to accept written absentee bids on the<br />

enclosed bidding form. All written bids, as well as written<br />

requests to bid by telephone, must be registered no later<br />

than 5 p.m. on 28 November 2012.<br />

The English translation of the catalogue can be found at<br />

www.villa-grisebach.de<br />

8<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen ist Partner von Art Loss Register.<br />

Sämtliche Gegenstände in diesem Katalog, sofern sie<br />

eindeutig identifizierbar sind und einen Schätzwert von<br />

mind. EUR 2.500,– haben, wurden vor der Versteigerung mit<br />

dem Datenbankbestand des Registers individuell abgeglichen.<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> is a partner of the Art Loss Register.<br />

All objects in this catalogue which are uniquely identifiable<br />

and have an estimate of at least 2.500 Euro have been<br />

checked individually against the register’s database prior<br />

to the auction.<br />

Hiroshi Sugimoto · Los 62 (Ausschnitt)


1 Otto Modersohn<br />

Soest 1865 – 1943 Rotenburg<br />

„HERBST IM MOOR“. (Vor) 1921<br />

Öl auf Leinwand. 86 x 131,5 cm<br />

(33 ⅞ x 51 ¾ in.).<br />

Unten rechts signiert: O. Modersohn.<br />

Eigenhändige Wiederholung des gleichnamigen<br />

Gemäldes von 1895 in der Kunsthalle Bremen.<br />

Rückseitig eine verworfene Landschaft.<br />

[3172] Gerahmt.<br />

Provenienz: Kunsthandlung Walter Westfeld,<br />

Elberfeld (1921 vom Künstler erworben) /<br />

Privatsammlung, Hessen<br />

€ 30.000 – 40.000<br />

$ 38,900 – 51,800<br />

Wir danken Rainer Noeres, Otto Modersohn<br />

Museum, Fischerhude, für die Bestätigung<br />

der Authentizität des Gemäldes. Außerdem<br />

danken wir Dr. Monika Tatzkow, Berlin,<br />

für freundliche Hinweise zur Provenienz.<br />

„Oder man geht über die Heide hin, die sich bunt und brach<br />

stundenweit auszudehnen scheint, von gebückten Bäumen<br />

unterbrochen, deren Dasein in einsamer Vergessenheit vergeht.“<br />

(Rainer Maria Rilke: Worpswede. Monographie einer Landschaft<br />

und ihrer Maler, Bremen, Schünemann Verlag, 1977, S. 53)<br />

Wie in Rilkes Worten beschrieben, erscheint die herbstliche<br />

Heidelandschaft in unserem Gemälde. 1898 hatte er in Worpswede<br />

am Rande des Teufelsmoores gemeinsam mit Hans am Ende<br />

und Fritz Mackensen eine Künstlerkolonie gegründet. In bewußtem<br />

Gegensatz zur Tradition der akademischen Malerei machten sich<br />

die Künstler auf die Suche nach dem Erlebnis des „Ursprünglichen“,<br />

des einfachen Lebens im Einklang mit der Natur. Durch expressive<br />

Farbsteigerung sowie breiten und kräftigen Farbauftrag gelang es<br />

Modersohn, diese Naturerfahrung in sein Werk zu übertragen.<br />

1895 entstand „Herbst im Moor“, das für die Kunsthalle Bremen<br />

erworben wurde und bis heute im Worpswedesaal des Museums<br />

zu besichtigen ist. Unser Bild stellt eine Variation dar, die Modersohn<br />

vermutlich 1921 malte. Er hatte zu dieser Zeit bereits die<br />

Künstlervereinigung verlassen und war nach Fischerhude umgesiedelt.<br />

Die Wiedergabe von Stimmungen war nun zu Modersohns<br />

Hauptanliegen geworden. Das gleißende Licht der Abendsonne<br />

hüllt Landschaft und Bäuerin in gedecktes Rot und Orange, das<br />

kontrastiert wird von dem transzendent leuchtenden Blau von<br />

Wasser und Himmel sowie vom hellen Violett der Wolken. (NB)<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


2 Franz Nölken<br />

Hamburg 1884 – 1918 bei La Capelle (Westfront)<br />

„SITZENDER AKT BEIM ANKLEIDEN“. 1908<br />

Öl auf Leinwand. Doubliert. 78 x 78 cm<br />

(30 ¾ x 30 ¾ in.). Oben links signiert: Nölken.<br />

Nicht bei Meyer / Hans Suppl. 598. –<br />

Retuschen. [3194] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Norddeutschland<br />

Ausstellung: Franz Nölken, 1884–1918.<br />

Ein Künstler der „Brücke“. Berlin, Brücke-<br />

Museum, 1987, ganzseitige Farbabbildung<br />

Tf. 7 / Franz Nölken, 1884–1918. Hamburg,<br />

Ernst Barlach Haus, Stiftung Hermann F.<br />

Reemtsma, 1990/91 / Nolde im Dialog<br />

1905–1913. Karlsruhe, Städtische Galerie,<br />

<strong>200</strong>2/03, Kat.-Nr. 60, mit ganzs. Farbabb.<br />

€ 40.000 – 60.000<br />

$ 51,800 – 77,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Franz Nölken zählt zu den Malern, die in kurzer Zeit ein so vielfältiges<br />

Werk hinterlassen haben, daß es schwer fällt, sie einer<br />

kunstgeschichtlichen Kategorie zuzuordnen. 1884 und damit<br />

im selben Jahr wie Karl Schmidt-Rottluff in Hamburg geboren,<br />

begann Nölken als Realist Uhde’scher Prägung. Doch schon bald<br />

darauf sollte er den aktuellen internationalen Stil-Bewegungen<br />

seiner Zeit folgen. Obwohl Franz Nölken auf Anregung Schmidt-<br />

Rottluffs von 1908 bis 1912 Mitglied der Künstlervereinigung<br />

„Brücke“ war, lag der Mittelpunkt seines künstlerischen Interesses<br />

eindeutig in Paris. 1907 reiste er zum ersten Mal dorthin<br />

und schloß sich dem Künstlerkreis um das Café du Dôme an, zu<br />

dem unter anderen auch Amedeo Modigliani, Pablo Picasso und<br />

Wassily Kandinsky gehörten. Zwei Jahre später kam es zu einem<br />

zweiten längeren Aufenthalt, während dessen Nölken an der<br />

Académie Matisse eingeschrieben war.<br />

Den „Sitzenden Akt beim Ankleiden“ malte der Künstler<br />

zwischen diesen beiden Paris-Reisen. Später werden sich<br />

auch noch kubistische Elemente in seinem Schaffen finden,<br />

doch sein „Sitzender Akt“ ist Fauvismus reinsten Wassers.<br />

Nölken löst die Umrißlinien seines Motivs fast vollständig auf<br />

und brennt ein regelrechtes Feuerwerk der Farben ab. Während<br />

man das Inkarnat noch mit etwas Mühe als nackte Haut deuten<br />

kann, ist die Sitzende umgeben von gelben, grünen, roten, orange-<br />

farbenen und blauen Farbzonen ungewissen Ursprungs. Sicher<br />

ist es ein Bett, auf dem die junge Frau sitzt. Und auf diesem Bett<br />

mag womöglich eine stark farbige Decke gelegen haben. Doch<br />

Nölken ging es offenbar mehr um die Möglichkeit der Farben als<br />

um die Wirklichkeit der Decke: Die Abstraktion, um die ein Maler<br />

wie Wassily Kandinsky zu diesem Zeitpunkt noch heftig rang, ist<br />

hier zum Greifen nahe. (UC)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


3 R Lovis Corinth<br />

Tapiau/Ostpreußen 1858 – 1925 Zandvoort<br />

„HERBST“ (WALCHENSEE). 1921<br />

Aquarell auf leichtem Karton. 35,6 x 50,8 cm<br />

(14 x 20 in.). Unten rechts signiert und datiert:<br />

LOVIS CORINTH 1921. Rückseitig das vom<br />

Künstler mit Feder in Braun mit seiner<br />

Adresse bezeichnete und betitelte Etikett<br />

der Ausstellung Chicago 1922 (s.u.).<br />

[3098]<br />

Provenienz: Privatsammlung, USA<br />

Ausstellung: Second International Exhibition<br />

of Water Color Paintings. Chicago, The Art<br />

Institute of Chicago, 1922, Kat.-Nr. 297<br />

(„Autumn“)<br />

Literatur und Abbildung: Martin Walser:<br />

Herbstdrama am Walchensee. In: <strong>Grisebach</strong>.<br />

Das Journal. Zweite Ausgabe 2012, S. 46-47<br />

€ 80.000 – 120.000<br />

$ 103,600 – 155,000<br />

Wir danken Prof. Dr. Thomas Deecke,<br />

Berlin, für die freundliche Bestätigung<br />

der Authentizität des Aquarells.<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Im Jahr 1919 ließ Corinth für sich und seine Familie ein Haus<br />

oberhalb der Ortschaft Urfeld am Walchensee erbauen.<br />

Die Aussicht von der Terrasse des hoch am Hang gelegenen<br />

Anwesens war grandios: Dicht bewaldete Berghänge steigen<br />

von den Ufern des in der Tiefe liegenden Sees empor. Doch<br />

nicht nur die elementare Kraft der Natur mit ihren dramatischen<br />

Ausblicken faszinierte den Maler, auch die schnellen Wetterwechsel<br />

mit all ihren atmosphärischen Erscheinungen hielt der<br />

Künstler immer wieder fest. Und nicht zuletzt inspirierten Corinth<br />

die alten Mythen und düsteren Sagen, die sich um den Walchensee<br />

ranken.<br />

Corinth wendet sich in seinen letzten Lebensjahren verstärkt<br />

der Landschaft zu. Seine Arbeiten sind mehr denn je geprägt von<br />

einem leidenschaftlichen Ringen um Form und Farbe. Vor allem<br />

in den Aquarellen berührt seine Kunst die Grenze des Gegenständlichen.<br />

Sein Temperament und eine große Risikofreude<br />

machen Corinths späte Aquarelle zu Meisterwerken, in denen der<br />

Künstler existenzielle Fragen berührt. Bei den Walchenseebildern<br />

steht deshalb nicht das Abbild der Natur im Fokus. Die Bilder<br />

spiegeln vielmehr Corinths tiefe Gefühle, die ein Natureindruck<br />

in ihm auslöst.<br />

Durch eine Lücke zwischen zwei Bäumen blicken wir an einem<br />

lichtvollen Tag über den See auf das gegenüberliegende Ufer<br />

und die Berge. Gefangengenommen wird der Betrachter vom<br />

glühenden Rot eines Baumes im Vordergrund. Während die<br />

Motive der rechten Bildhälfte mit breiten und ruhigen Pinselzügen<br />

ausgebreitet sind, spürt man links die Erregung, die den Maler<br />

vor der Naturschönheit erfaßte. In flammendem Rot, kraftvoll<br />

und energisch auf das Papier gebracht, leuchten die Blätter<br />

am Baum. Es berührt, mit welcher Lust Corinth daranging, die<br />

Farbenpracht des Herbstes in seinem Aquarell festzuhalten. (OH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


4 Max Liebermann<br />

1847 – Berlin – 1935<br />

„SELBSTBILDNIS IM ANZUG,<br />

BÜSTE EN FACE“. 1922<br />

Öl auf Leinwand. 53 x 39 cm (20 ⅞ x 15 ⅜ in.).<br />

Oben rechts signiert: M Liebermann.<br />

Eberle 1922/8. –<br />

[3125]<br />

Provenienz: Ehemals Margarete Mauthner,<br />

Berlin/Südafrika / Privatsammlung, Berlin<br />

Ausstellung: Max Liebermann. Hamburg,<br />

Kunstverein, 1926, Kat.-Nr. 45 / Max<br />

Liebermann. Hundert <strong>Werke</strong> des Künstlers<br />

zu seinem 80. Geburtstage. Berlin, Preußische<br />

Akademie der Künste, 1927, Kat.-Nr. 86<br />

Literatur und Abbildung: Erich Hancke: Max<br />

Liebermann, Sein Leben und seine <strong>Werke</strong>.<br />

Berlin, Bruno Cassirer, 2. Auflage 1923, S. 524 /<br />

Max J. Friedländer: Max Liebermann. Berlin,<br />

Propyläen Verlag, o. J. (1924), Abb. 87 / Hans<br />

Ostwald: Das Liebermann-Buch. Berlin, Paul<br />

Franke Verlag, 1930, ganzseitige Abb. 145 /<br />

Karl Scheffler: Max Liebermann. Wiesbaden,<br />

Insel Verlag, 1953, Abb. 63 / Bernd Küster:<br />

Max Liebermann, Ein Maler-Leben. Hamburg,<br />

Ellert & Richter Verlag, 1988, Abb. S. 193 /<br />

Hermann Kunisch: Max Liebermanns Selbstbildnisse.<br />

In: Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz<br />

1987, Jg. XXIV, S. 333 – 372, hier S. 357 /<br />

<strong>Grisebach</strong>. Das Journal. Zweite Ausgabe 2012,<br />

Abb. S. 25<br />

€ 70.000 – 90.000<br />

$ 90,700 – 116,600<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

An entscheidenden Zeitpunkten seines Lebens ist für Max<br />

Liebermann das Selbstportrait Bestandsaufnahme seiner Person.<br />

Zwischen dem ersten dieser <strong>Werke</strong> (1873) und dem nächst-<br />

folgenden (1908) liegen mehr als drei Jahrzehnte. 1922, als<br />

unser Selbstbildnis entstand, war Liebermann als Künstler<br />

arriviert. Er war Präsident der Akademie und eine respektierte<br />

Autorität in der Kunstszene. Für ihn selbst war die kritische<br />

Überprüfung seiner Person weiterhin von Interesse. Wie in den<br />

Portraits seiner Zeitgenossen – Liebermann ist ein begehrter<br />

Bildnismaler gewesen – spürte er den Geheimnissen zwischen<br />

dem äußeren Erscheinungsbild und der inneren Verfassung<br />

auch bei sich selbst nach.<br />

Das Brustbild konzentriert sich auf die Gesichtszüge. Wie es<br />

für Liebermann die Regel ist, zeigt sich der Künstler auch bei<br />

der Arbeit im Habit eines großstädtischen Bürgers mit Weste,<br />

weißem Hemd und Krawatte. Die Palette ist von Brauntönen<br />

bestimmt, wenige weiße Akzente und die Inkarnatfarben verdeutlichen<br />

die reiche Malkunst Liebermanns. In der Nahsicht<br />

auf den eindrucksvollen Kopf ist jedem Quadratzentimeter der<br />

Komposition intensive Modellierung abzulesen, um zu gestalten,<br />

was wichtig war. Der konzentrierte Blick richtet sich auch auf<br />

die Innenwelt, nicht allein auf die bloße Physiognomie.<br />

Unter den zahlreichen Selbstportraits hebt der Liebermann-<br />

Biograph Erich Hancke gerade unser „Selbstbildnis im Anzug”<br />

hervor. Es sei, so schreibt er im Jahre 1923, „das eindringlichste,<br />

von einer Tiefe des Ausdrucks, der an die höchsten Vorbilder<br />

erinnert, und jugendlicher Kraft in der pastosen silbern getönten<br />

Malerei.“ (Erich Hancke: Max Liebermann. Sein Leben und seine<br />

<strong>Werke</strong>, Berlin, Bruno Cassirer, 2. Auflage 1923, S. 524) (EO)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


5 R Max Liebermann<br />

1847 – Berlin – 1935<br />

„BLICK AUS DEM NUTZGARTEN<br />

NACH OSTEN AUF DEN EINGANG<br />

ZUM LANDHAUS“. 1919 (?)<br />

Öl auf Leinwand.<br />

50,5 x 75,5 cm (19 ⅞ x 29 ¾ in.).<br />

Unten links signiert: M Liebermann.<br />

Eberle 1919/13. –<br />

[3064] Gerahmt.<br />

Provenienz: Galerie Paul Cassirer, Berlin /<br />

Privatsammlung, Saarland / Privatsammlung,<br />

Schweiz<br />

Literatur und Abbildung: 22. Kunst-Auktion:<br />

Kunstliteratur, Kunstwerke des 15.-20. Jahrhunderts.<br />

Stuttgart, Stuttgarter Kunstkabinett<br />

Roman Norbert Ketterer, 29.11.–1.12.1955,<br />

Kat.-Nr. 1570, Abb. Tf. 40 / Holly Prentiss<br />

Richardson: Landscape in the Work of Max<br />

Liebermann. Phil. Diss., 3 Bände. Ann Arbor,<br />

Brown University, 1991, Bd. II, S. 234, Nr. 666 /<br />

<strong>Grisebach</strong>. Das Journal. Zweite Ausgabe 2012,<br />

Abb. S. 22/23<br />

€ 300.000 – 400.000<br />

$ 389,000 – 518,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Ein Spaziergang mit Alfred Lichtwark, dem Direktor der<br />

Hamburger Kunsthalle, durch die Bauerngärten der Hamburger<br />

Marsch geriet für Max Liebermann zum Schlüsselerlebnis.<br />

Der Maler war begeistert von den ländlichen Nutzgärten mit<br />

ihrer Verknüpfung von Blumen- und Gemüsegarten. Gerade<br />

die enge Verbindung zwischen Haus und Garten empfand<br />

Liebermann in ihrer „menschlichen“ Dimension als angenehm.<br />

Als Jahre später sein Landhaus am Wannsee fertiggestellt war,<br />

plante der auch als Gartenreformer tätige Lichtwark den an<br />

der Straße gelegenen Teil des Anwesens. Der Landschaftsgarten<br />

mit seinen auf Fernsicht angelegten Sichtachsen wurde<br />

zugunsten eines architektonischen Gartenideals aufgegeben.<br />

Gerade Wege, rechteckige Parterres und klar abgegrenzte Zonen<br />

verschiedenster Pflanzengruppen ließen abwechslungsreiche<br />

Räume entstehen. Mit wahrer Entdeckerfreude fand Liebermann<br />

hier immer wieder neue Blicke und Perspektiven, die er in Zeichnungen,<br />

Pastellen und Gemälden festhielt.<br />

Auf unserem Bild wird der Blick über den Hauptweg vom Nutzgarten<br />

zum Eingang des Hauses gelenkt. Die berühmte Lindenhochhecke<br />

spendet dem Obergeschoß Schatten, verstellt aber<br />

nicht den Blick in den Garten vom Erdgeschoß aus. Sie bildet<br />

einen zusätzlichen Rahmen, so daß die noble Fassade zurücktritt.<br />

Das grüne Blätterdach der Linden erzeugt eine besonders intime<br />

Stimmung. Im Staudenbeet steht neben einer Stockrose vor<br />

allem der Rittersporn, eine erklärte Lieblingsblume Liebermanns,<br />

in voller Blüte. Der Maler bemerkte gegenüber Karl Foerster,<br />

nachdem er in dessen Gärtnerei bei Potsdam wohl eine Stunde<br />

lang die unterschiedlichen Sorten Rittersporn begutachtet hatte:<br />

„Blau im Garten ist das malerisch Interessanteste, und nirgends<br />

ist die Hintergrund- und Nachbarschaftsfrage so bedeutsam“<br />

(zit. nach: Ausst.-Kat. Im Garten von Max Liebermann, Berlin<br />

<strong>200</strong>4, S.63). Der pastose Farbauftrag verleiht den Blütendolden<br />

eine berückende Erscheinung. Helle Lichtreflexe lassen hier die<br />

Farben sprühen und vibrieren. Die prachtvolle Schönheit der<br />

Blumen vermag Liebermann durch den Kontrast zu den ruhig<br />

gefaßten architektonischen Elementen von Haus und Weg noch<br />

zu steigern. (OH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


6 Lovis Corinth<br />

Tapiau/Ostpreußen 1858 – 1925 Zandvoort<br />

„PARAPHRASE“ (CHARLOTTE CORINTH). 1907<br />

Öl auf Leinwand. 87,5 x 63,5 cm (34 ½ x 25 in.).<br />

Oben links signiert: LOVIS CORINTH.<br />

Berend-Corinth/Hernad 342. –<br />

[3437] Gerahmt.<br />

Provenienz: Dr. Oskar Pinner, Frankfurt a.M.<br />

(1926) / Privatsammlung, Spanien / Kunsthaus<br />

Bühler, Stuttgart / Privatsammlung, Berlin<br />

Ausstellung: Lovis Corinth, Ausstellung von<br />

Gemälden und Aquarellen zu seinem Gedächtnis.<br />

Berlin, Nationalgalerie, 1926, Kat.-Nr. 136<br />

(„Frau Charlotte Corinth“) / Lovis Corinth,<br />

Gedächtnis-Ausstellung. Gemälde, Aquarelle,<br />

Zeichnungen, Graphik. Dresden, Sächsischer<br />

Kunstverein, 1927, Kat.-Nr. 48 / Lovis Corinth.<br />

Stuttgart, Kunsthaus Bühler, 1983 / Orangerie<br />

’83. Berlin, Deutscher Kunsthandel im Schloß<br />

Charlottenburg, 1983, Kat.-Nr. 21/3, ganzs.<br />

Farbabb. S. 215 / Lovis Corinth, 1858-1925.<br />

Essen, Museum Folkwang, und München,<br />

Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, 1985/86,<br />

ganzs. Farbabb. 40 / Künstler in Deutschland<br />

1900-1945. Individualismus und Tradition.<br />

Stuttgart, Württembergischer Kunstverein, 1986,<br />

S. 346, ganzs. Farbabb. S. 68 / Lovis Corinth.<br />

München, Haus der Kunst; Berlin, Nationalgalerie,<br />

Staatliche Museen zu Berlin; Saint Louis, The<br />

Saint Louis Art Museum, und London, Tate<br />

Gallery, 1996/97, Kat.-Nr. 67, mit ganzs. Farbabb.<br />

Literatur und Abbildung: Rudolf Klein: Louis<br />

Corinth. Leipzig, E. Hedrich Nachf., o.J. (ca. 1908)<br />

(= International Art. A Review of the Art of All<br />

Countries, Nr. 3), m. Abb. (betitelt „Madame v.<br />

W.“) / Robert Bertrand: Lovis Corinth. Paris,<br />

Braun & Cie., 1940 (= Collection des Maîtres),<br />

Nr. 25 / Lovis Corinth. Bildnisse der Frau des<br />

Künstlers. Einführung von Carl Georg Heise.<br />

Erinnerungen an die Entstehung der Bilder von<br />

Charlotte Berend-Corinth. Stuttgart, Reclam, 1958<br />

(= Werkmonographien zur bildenden Kunst in<br />

Reclams Universal-Bibliothek, Bd. 26), Abb. 7 /<br />

Harald Behm: Lovis Corinth (Stuttgart, Kunsthaus<br />

Bühler). In: Weltkunst, Jg. 53, 1983, S. 2013 /<br />

Ausstellungskatalog: Lovis Corinth. Wien, Kunstforum<br />

der Bank Austria, und Hannover, Forum des<br />

Landesmuseums, 1992/93, S. 49, Abb. 16 (nicht<br />

ausgestellt, Bildlegende vertauscht mit Abb. 15)<br />

€ 400.000 – 600.000<br />

$ 518,000 – 777,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Lovis Corinth zählt zu den bedeutendsten Künstlern des<br />

deutschen Impressionismus – und an diesem Bildnis<br />

seiner Frau Charlotte kann man gut nachvollziehen,<br />

warum. Corinth, dem malerische Mittel zur Verfügung<br />

standen wie kaum einem Zweiten, entfacht hier einen<br />

regelrechten Sturm rasch dahingeworfener Farbkleckse<br />

und Pinselspuren, der sich – als immerwährendes<br />

Rätsel von Sehsinn und Wahrnehmungspsychologie –<br />

in seiner Summe mirakulös zu Körper, Kleid, transparentem<br />

Tuch und Baum formt. Lediglich das Antlitz hat<br />

Corinth offenbar mit einem kleineren Pinsel, aber<br />

dadurch nicht weniger kraftvoll behandelt.<br />

Der selbstbewußte Blick Charlottes aus dem Bild heraus<br />

zu ihrem Gegenüber ist das Zentrum der Komposition.<br />

Er ist der ruhende Gegenpol zur vibrierenden Virtuosität,<br />

mit der der Künstler seine um 22 Jahre jüngere Ehefrau<br />

portraitierte. Das Gemälde entstand 1907 während eines<br />

gemeinsamen Aufenthalts des Paares am Timmendorfer<br />

Strand. Lovis Corinth und Charlotte Behrend hatten<br />

vier Jahre zuvor geheiratet: Sie war die erste Schülerin,<br />

die sich in der von ihm 1901 gegründeten Malschule<br />

angemeldet hatte. Darzulegen, was er für sie empfunden<br />

haben muß, erübrigt sich fast angesichts der Hingabe,<br />

mit der er sich hier all seiner künstlerischen Fähigkeiten<br />

bedient. Erklärungsbedürftig bleibt nur der Titel des<br />

Bildes: „Paraphrase“. Er stammt vom Theaterkritiker<br />

Alfred Kerr, der Corinth im selben Jahr Modell stand.<br />

Wie Kerr darauf kam, ist nicht schwer zu erraten.<br />

Dieses Bild ist eine Paraphrase in zweifacher Hinsicht:<br />

der Liebe eines Mannes zu einer Frau – und des Glücks,<br />

dieser Liebe mit vollendeter Könnerschaft Ausdruck zu<br />

verleihen. (UC)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


7 Otto Dix<br />

Gera-Untermhaus 1891 – 1969 Singen<br />

„SONNENAUFGANG“. 1913<br />

Öl auf Papier auf Pappe. 50,5 x 66 cm<br />

(19 ⅞ x 26 in.). Unten rechts signiert und datiert:<br />

DIX 1913. Rückseitig oben links mit Bleistift<br />

betitelt: Sonnenaufgang. Darunter mit Bleistift<br />

(quer) die EK-Inv.-Nr. 16158 sowie der handschriftliche<br />

Besitzvermerk: Borst. Außerdem<br />

Stempel und Inv.-Beschriftung des Dresdner<br />

Stadtmuseums sowie Etiketten der Ausstellungen<br />

Los Angeles 1991 und London 1992 (s.u.).<br />

Löffler 1913/25 („Untergehende Sonne<br />

über Winterlandschaft“). –<br />

Linke obere Ecke wohl vom Künstler ergänzt.<br />

Kleine Retuschen. [3339] Gerahmt.<br />

Provenienz: Stadtmuseum, Dresden (Inv.-Nr.<br />

1920/1; als Geschenk des Künstlers 1920<br />

erworben, im Juli 1937 als „entartet“ beschlagnahmt)<br />

/ Berlin, Reichspropagandaministerium,<br />

Depot Schloß Schönhausen, Lagerung „inter-<br />

national verwertbarer“ Kunstwerke (EK Inv.-Nr.<br />

16158; 1938) / Bernhard A. Böhmer, Güstrow<br />

(um 1943) / Nachlaß Bernhard A. Böhmer (1945) /<br />

Privatsammlung, Stuttgart (um 1945/47 bis<br />

1951) / Hugo Borst, Stuttgart (1951–1967) /<br />

Dr. Helmut Beck, Stuttgart (erworben 1967<br />

von den Erben Hugo Borsts über die Galerie<br />

Wilhelm Grosshennig, Düsseldorf, bis <strong>200</strong>1) /<br />

Privatsammlung, Deutschland<br />

Ausstellungen: Entartete Kunst. Dresden, Lichthof des Neuen<br />

Rathauses, 1933 / Entartete Kunst. Nürnberg, Städtische<br />

Galerie, und Dortmund, Haus der Kunst, 1935 / Entartete<br />

Kunst. München, Hofgarten-Arkaden, 1937 / Otto Dix.<br />

Stuttgart, Galerie der Stadt, 1966, Kat.-Nr. 3, mit Abb. /<br />

Dix. Otto Dix zum 80. Geburtstag. Gemälde, Aquarelle,<br />

Gouachen, Zeichnungen und Radierfolge „Der Krieg“.<br />

Stuttgart, Galerie der Stadt Stuttgart, 1971, Kat.-Nr. 11,<br />

ganzs. Abb. S. 47 / Otto Dix. Paris, Musée d’Art moderne<br />

de la Ville de Paris, 1972, Kat.-Nr. 8, Abb. S. 17 / Otto Dix<br />

1891-1969. Brüssel, Palais des Beaux-Arts, 1985, S. 6,<br />

Kat.-Nr. 10, Abb. S. 36 / Otto Dix 1891–1969. München,<br />

Museum <strong>Villa</strong> Stuck, 1985, S. 201, Kat.-Nr. 354, Abb.<br />

S. 211 / Künstler in Deutschland 1900–1945. Individu-<br />

alismus und Tradition. Stuttgart, Württembergischer Kunstverein,<br />

1986, Abb. S. 227 / German Expressionism 1915-<br />

1925. The Second Generation / Expressionismus. Die<br />

zweite Generation. Los Angeles, County Museum of Art;<br />

Fort Worth, Art Museum; Düsseldorf, Kunstmuseum,<br />

und Halle, Staatliche Galerie Moritzburg, 1988/89 (außer<br />

Katalog) / “Degenerate Art“. The Fate of the Avant-Garde<br />

in Nazi Germany / „Entartete Kunst“. Das Schicksal der<br />

Avantgarde im Nazi-Deutschland. Los Angeles, County<br />

Museum of Art; Chicago, The Art Institute; Washington<br />

D. C., International Gallery, Smithsonian Institution, und<br />

Berlin, Deutsches Historisches Museum im Alten Museum,<br />

1991/92, S. 68 (Foto d. Ausst. München 1937), S. 101<br />

u. S. 227, Farbabb. 198 / Otto Dix. London, Tate Gallery,<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

1992, Kat.-Nr. 7, Abb. S. 71 / Dix avant Dix. Das Jugend- und<br />

Frühwerk 1903–1914. Gera, Kunstsammlung, in der Orangerie,<br />

und Albstadt, Städtische Galerie, <strong>200</strong>0/01, Abb. S. 60 / Otto Dix.<br />

Welt und Sinnlichkeit. Regensburg, Kunstforum Ostdeutsche<br />

Galerie, <strong>200</strong>5, S. 294, Abb. S. 297, Detail S. 292 / Neueröffnung<br />

des Stadtmuseums Dresden <strong>200</strong>6 (außer Katalog) / Vincent van<br />

Gogh und der Expressionismus. Amsterdam, Van Gogh Museum,<br />

<strong>200</strong>6/07, S. 132 u. S. 155, Abb. S. 135 / 1914! La Vanguardia y<br />

La Gran Guerra. Madrid, Museo Thyssen-Bornemisza und Fundación<br />

Caja Madrid, <strong>200</strong>8/09, S. 49 f., m. Abb., Kat.-Nr. 5, ganzs. Farbabb.<br />

S. 57 / Otto Dix retrospektiv zum 120. Geburtstag. Gemälde und<br />

Arbeiten auf Papier. Gera, Kunstsammlung, 2011/12, Kat.-Nr. 31,<br />

mit ganzs. Farbabb. S. 60<br />

Literatur und Abbildung: 14. Kunst-Auktion: Gemälde, Plastik,<br />

Graphik, Handzeichnungen, Aquarelle, Kunstliteratur. Stuttgart,<br />

Stuttgarter Kunstkabinett Roman Norbert Ketterer, 7.-9.11.1951,<br />

Kat.-Nr. 1473 / Otto Conzelmann: Otto Dix. Hannover, 1959,<br />

S. 12 / Fritz Löffler: Otto Dix. Leben und Werk. Dresden, Verlag<br />

der Kunst, 1. Aufl. 1960, S. 13, Abb. 4; 2. Aufl. 1967, S. 14, Abb.<br />

6; 3. Aufl. 1972, S. 14, Abb. 6; 4. Aufl. 1977, S. 14, Abb. 6 /<br />

Lagerkatalog: Moderne Kunst II. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen.<br />

Campione d’Italia, R. N. Ketterer, 1965, Kat.-Nr. 27, mit ganzs.<br />

Abb. S. 36 / Trude Fischer-Borst u. a. (Hg.): Die Sammlung Hugo<br />

Borst in Stuttgart, Dokumentation und Chronik. Bilder und<br />

Plastiken aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz von 1900<br />

bis 1933. Stuttgart, 1970, S. 40 u. S. 161 / Dietrich Schubert:<br />

Otto Dix mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek<br />

b. Hamburg, Rowohlt, 1980, S. 18 / Otto Conzelmann: Der andere<br />

Dix. Stuttgart 1983, S. 32 f., Abb. 35 / Eva Karcher: Otto Dix<br />

1891-1969. Leben und Werk. Köln, Taschen Verlag, 1988, S. 29,<br />

Abb. S. 19 / Ausst.-Kat.: Stationen der Moderne. Berlin, Berlinische<br />

Galerie, Museum für Moderne Kunst, Photographie und<br />

Architektur, Martin-Gropius-Bau, 1988/89, Abb. 9/11 (Foto der<br />

Ausst. München 1937) / Rainer Beck: Otto Dix 1891-1969. Zeit,<br />

Leben, Werk. Konstanz 1993, Abb. 37 / Christoph Zuschlag:<br />

„Entartete Kunst“. Ausstellungsstrategien im Nazi-Deutschland.<br />

Worms, Wernersche Verlagsgesellschaft, 1995 (= Heidelberger<br />

kunstgeschichtliche Abhandlungen, Neue Folge, Band 21), S. 125,<br />

S. 138 u. S. 141 (Liste oben links) / Rainer Beck: Otto Dix. Die<br />

kosmischen Bilder. Zwischen Sehnsucht und schwangerem Weib.<br />

Dresden, <strong>200</strong>3, S. 218, Abb. S. 219 / Christoph Zuschlag: Die<br />

Dresdner Ausstellung „Entartete Kunst“ 1933–1937. In: Dresdner<br />

Hefte 77, I/<strong>200</strong>4, S. 17-25, hier Abb. S. 23 (Foto der Ausstellung<br />

München 1937) / Rainer Beck: Symbolik als Widerspiegel der Zeit.<br />

Otto Dix’ Gemälde ,Sonnenaufgang‘, 1913. In: Ausst.-Kat.: Otto<br />

Dix: retrospektiv. Zum 120. Geburtstag. Gemälde und Arbeiten<br />

auf Papier. Gera, Kunstsammlung, 2011/12, S. 51-59, m. zahl-<br />

reichen Abb. / Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion<br />

„Entartete Kunst“, Forschungsstelle „Entartete Kunst“, FU Berlin,<br />

EK Inv.-Nr. 16158<br />

€ 300.000 – 400.000<br />

$ 389,000 – 518,000<br />

Für das Gemälde liegen Leihanfragen vor für die Ausstellungen:<br />

„1913: Bilder vor der Apokalypse“ im Franz-Marc-Museum, Kochel<br />

am See (13. Oktober 2013 bis 14. Januar 2014) sowie „Mythos<br />

Welt: Otto Dix und Max Beckmann” in der Kunsthalle Mannheim<br />

(22. November 2013 bis 23. März 2014) in Kooperation mit der<br />

Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München (11. April 2014 bis<br />

10. August 2014).


Die Raben<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Über den schwarzen Winkel hasten<br />

Am Mittag die Raben mit hartem Schrei.<br />

Ihr Schatten streift an der Hirschkuh vorbei<br />

Und manchmal sieht man sie mürrisch rasten.<br />

O wie sie die braune Stille stören,<br />

In der ein Acker sich verzückt,<br />

Wie ein Weib, das schwere Ahnung berückt,<br />

Und manchmal kann man sie keifen hören.<br />

Um ein Aas, das sie irgendwo wittern,<br />

Und plötzlich richten nach Nord sie den Flug<br />

Und schwinden wie ein Leichenzug<br />

In Lüften, die von Wollust zittern.<br />

Georg Trakl, 1913


SYMBOLIK ALS WIDERSPIEGEL DER ZEIT<br />

Otto Dix’ Gemälde „Sonnenaufgang“ aus dem Jahre 1913 –<br />

Eine apokalyptische Vorahnung?<br />

Von Rainer Beck, Dresden<br />

I. Rang und Rezeption des Bildes<br />

Der „Sonnenaufgang“ aus dem Jahre 1913 ist Dix’ erstes symbo-<br />

listisches Landschaftsbild. Das Gemälde ist nicht mehr wie bisher<br />

einfach nur Abbild des Gesehenen, sondern Landschaft als seelischer<br />

Innenraum, ursprünglich Widerspiegel seiner persönlichen Erwartungshaltung<br />

vor dem Ersten Weltkrieg.<br />

Obwohl diese Landschaft die erste im Œuvre von Otto Dix ist, die<br />

Natur zeichenhaft umformt und darüber hinaus den künstlerisch<br />

krönenden Abschluß seiner Landschaften vor dem Ersten Weltkrieg<br />

darstellt, verwundert es, daß sich die Forschung bisher<br />

kaum mit diesem Bild befaßt hat. Wenn einige Worte darüber<br />

verloren werden, dann grundsätzlich mit dem Hinweis auf den<br />

Einfluß Vincent van Goghs, dessen Kunst für Dix 1912 anläßlich<br />

einer Ausstellung von 41 Gemälden in der Dresdner Galerie Arnold<br />

zum Erlebnis wird. Auf dieser Ausstellung war auch das heute im<br />

van Gogh Museum zu Amsterdam befindliche Gemälde „Weizenfeld<br />

mit Krähen“, 1890, zu sehen, auf das Dix mit seiner Darstellung<br />

offensichtlich Bezug nimmt. Als erste haben Otto Conzelmann<br />

(1959) und Fritz Löffler (1960) in ihren ersten Monographien<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Verbindung Dix – van Gogh<br />

hingewiesen. Fritz Löffler betont dabei Dix’ Auseinandersetzung<br />

mit van Goghs Gegenlichtdarstellungen und konstatiert, Dix habe<br />

hier „das Problem des Gegenlichts in eigener Weise“ gelöst.<br />

Otto Conzelmann legt seinen Akzent eher auf eine durch das Bild<br />

hindurchscheinende Welthaltung des jungen Dix: „Mehr als der<br />

1912 sah Otto Dix dieses „Weizenfeld mit Krähen“ von Vincent van Gogh aus dem<br />

Jahre 1890 in der Dresdner Galerie Arnold – eine deutliche Inspirationsquelle für<br />

sein eigenes Gemälde „Sonnenaufgang“.<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

1905 entstandene Expressionismus der Brücke packen ihn sodann<br />

um 1913 die ersten Van-Gogh-Ausstellungen, die damals auch in<br />

Dresden zu sehen sind. Die kreisenden Sonnen des späten van Gogh<br />

finden sich auf seinen Bildern als Halos nächtlicher Gaslaternen;<br />

da ist eine ‚Winterlandschaft mit Raben’ vor der untergehenden<br />

(sic!) Sonne oder ein ‚Stilleben mit Totenkopf’. Jedoch, es ist<br />

weniger die vibrierende, in turbulente Schwingung geratene<br />

Landschaft van Goghs als eine bewußt störrisch-steife Komposition –<br />

eingefrorene Bewegung – und eine absichtlich primitive, unge-<br />

schlacht-barbareske Malweise.“ 1983 hat Conzelmann seinen<br />

Irrtum von der untergehenden Sonne (der auf eine falsche Kartei-<br />

bezeichnung im Dix-Archiv zurückgeht) korrigiert und das Werk<br />

noch stärker mit der Gedankenwelt von Nietzsche und van Gogh<br />

verzahnt: „Am Anfang des stärksten Bildes dieser Periode –<br />

’Sonnenaufgang über Winterlandschaft mit Raben’, 1913 – steht<br />

das schwarze, offensichtlich von van Gogh stammende Krähen-<br />

Motiv. Während jedoch dessen unheilverkündender schwarzer<br />

Schwarm im blauen Sommerhimmel über dem wogenden Getreide-<br />

feld bewußt auf Verfremdung angelegt ist, assoziiert er sich<br />

bei Dix stets mit Herbst und Winter, wozu sich bei dem<br />

jungen Nietzscheaner, der um diese Zeit für Nietzsches Lyrik<br />

schwärmt,die er noch im Alter auswendig rezitiert, eidetisch<br />

das sprachliche Bild einstellt: ’Die Krähen schrein und ziehen<br />

schwirren Flugs zur Stadt. Bald wird es schnein…’ – Aber die<br />

Bewegung wird nicht mehr bloß äußerlich von van Gogh über-<br />

nommen, sie durchpulst, ganz nach dessen Art, das ganze<br />

vom klirrenden Winterwind durchpflügte krause, weiße Schneefeld,<br />

in dem die auf und ab wimmelnden Krähen an aperen Stellen<br />

nach Futter suchen, während hinten, aus einer drohenden<br />

Wolkenwand, die frostige Sonne, wie ein blendendes Nordlicht<br />

aufstrahlt. Das Bild ist von einer Kälte, die Dix in keiner seiner<br />

ausgzeichneten späten Winterlandschaften in Randegg oder am<br />

Untersee überboten hat.“<br />

Jill Lloyd stellte das Dix-Gemälde im Jahre <strong>200</strong>6 im van Gogh<br />

Museum zu Amsterdam dann in der großen Ausstellung „Vincent<br />

Van Gogh und der Expressionismus“ neben van Goghs „Weizenfeld<br />

mit Krähen“ (1890) und einer „Apokalyptische Landschaft“<br />

Ludwig Meidners aus dem Jahre 1913 aus (vgl. unsere Abb.)<br />

und bemerkt: „Zur selben Zeit verstehen deutsche Maler wie<br />

Ludwig Meidner oder der junge Otto Dix die beunruhigende<br />

Dramatik von van Goghs späten Landschaften, etwa ’Weizenfeld<br />

mit Krähen’, als apokalyptische Vorahnung des Unheils, das<br />

über Europa heraufzieht.“


Ludwig Meidners berühmte „Apokalyptische Landschaften“ enstanden parallel zu<br />

Dix „Sonnenaufgang“ ab 1912/1913.<br />

II. Provenienzgeschichte des Werks<br />

Otto Dix hat das Gemälde 1920 dem Stadtmuseum Dresden geschenkt,<br />

dessen damaligem Direktor Paul Ferdinand Schmidt er freundschaft-<br />

lich verbunden war. Wie viele der Gemälde vor dem Ersten Weltkrieg<br />

ist das Bild in Öl auf Papier gemalt und dann von Dix auf Pappe<br />

aufgezogen worden. Praktisch bei allen dieser von Dix auf Pappe<br />

aufgezogenen Öl/Papier Arbeiten ergaben sich beim Vorgang des<br />

Kaschierens Beschädigungen in Form von Rissen. Bei dem durch seine<br />

pastose Malweise besonders schwierig aufzuziehenden Gemälde<br />

„Sonnenaufgang“ war dies nicht anders. 1933 wurde das Werk von<br />

den Nazis konfisziert und auf der Vorläuferschau „Entartete Kunst“<br />

(„Spiegelbilder des Verfalls“) im Lichthof des Dresdner Rathauses<br />

sowie auf weiteren sieben Stationen in ganz Deutschland gezeigt,<br />

bevor es dann auf der berühmt-berüchtigten Ausstellung „Entartete<br />

Kunst“ 1937 im Haus der Kunst München zu sehen war (vgl. unsere<br />

Abb.). Danach hat es wohl die weiteren Stationen dieser Ausstellung<br />

nicht mehr mitgemacht, sondern wurde im Depot des Reichspropa-<br />

gandaministeriums in Schloß Schönhausen eingelagert. Zweifelsfrei<br />

taucht das Bild auf dessen heute im Victoria and Albert Museum,<br />

London, aufbewahrten Bestandslisten auf und gehörte nicht zu den<br />

<strong>Werke</strong>n, die über die Galerie Fischer in Luzern versteigert wurden.<br />

Um oder kurz nach 1943 wurde es kriegsbedingt zusammen mit<br />

anderen <strong>Werke</strong>n zu dem mit den Nazis in Geschäftsverbindung<br />

stehenden und um die Rettung vieler <strong>Werke</strong> „Entarteter Kunst“<br />

bemühten Kunsthändler und Barlach-Freund Bernhard A. Boehmer<br />

nach Güstrow ausgelagert. Nach dessen Freitod 1945 hat Wilma<br />

Zelck, Vormund des Boehmer-Sohnes Peter, das Gemälde zwischen<br />

1945 und 1947 nach Westdeutschland überführt. Nach seiner<br />

Verlegung nach Westdeutschland wurde es von Wilma Zelck oder dem<br />

mit ihr damals zusammenlebenden Kunsthändler Albert Friedrich<br />

Daberkowan ein Stuttgarter Sammlerehepaar verkauft, das das<br />

Gemälde 1951 zur Auktion in das Stuttgarter Kunstkabinett von<br />

Roman Norbert Ketterer einlieferte. Vermutlich bei dieser Lieferung<br />

nach Stuttgart wurde das Bild in der oberen linken Ecke beschädigt.<br />

Es entstand ein Verlust in der Größe von ca. 20 x 18 cm. Bereits<br />

in nach Roentgenbefund wohl durch Otto Dix selbst ergänztem Zu-<br />

stand (zweiter Originalzustand) tauchte das Werk im November 1951<br />

auf der 14. Auktion des Stuttgarter Kunstkabinetts von Roman<br />

Norbert Ketterer auf und wurde unter der Losnummer 1437 für<br />

360. - DM an den Stuttgarter Sammler Dr. Hugo Borst versteigert.<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Die kreisenden Sonnen des späten van Gogh wie in der „Sternennacht“ von 1899<br />

aus dem Museum of Modern Art nimmt Dix in seiner kühnen Gegenlichtmalerei im<br />

„Sonnenaufgang“ auf.<br />

III. Zur inhaltlichen Deutung des Werks<br />

Von unten links nach rechts oben schneidet ein Weg als dynamisierendes<br />

Kompositionselement durch ein Feld rhythmisch-pastos<br />

geschichteter, schneebedeckter und vereister Ackerschollen, die im<br />

Farbakkord von blendendem Weiß und kühlem Blaugrau den Eindruck<br />

klirrender Kälte vermitteln. Darüber flattert, formal die wellenförmige<br />

Struktur der Ackerschollen aufnehmend, eine Schar von 13 schwarzen<br />

Krähen. Zum Horizont hin setzen die spitzen Zacken kleiner<br />

Fichtenwaldstücke zusätzliche Akzente. Über dieser Winterlandschaft<br />

steigt mittig die Sonne auf. Das Gelb der Sonne ist ein kaltes,<br />

gleichwohl von großer Strahlkraft.<br />

Zweifellos markiert dieses Gemälde im Stilpluralismus des heterogenen<br />

Frühwerks dessen expressionistischen Höhepunkt. Das bisher<br />

vor allem in der Gestaltung seiner Himmel zutage tretende Stakkato<br />

grober Pinselschläge legt sich jetzt – und das ist neu – in grob zeichnender<br />

und gleichzeitig rhythmisierender Faktur über die ganze<br />

Landschaft. In ihrer Starkfarbigkeit und ihrem Kontrastreichtum, vor<br />

allem aber in der pastos alla prima umgesetzten Leidenschaftlichkeit<br />

des Malvortrags hat diese Malweise in ihrer unverstellt grobschläch-<br />

tigen Direktheit etwas unkalkuliert Psychisch-Automatisches – spontane<br />

Malerei von Innen heraus, die einen von van Gogh stets noch<br />

bewahrten Rest von Schönlinigkeit endgültig verläßt.<br />

Und doch haben wir es andererseits mit einer sehr genau kalkulierten<br />

Bildsymbolik zu tun. Der das Bild in dynamischer Diagonale durchschneidende<br />

Weg führt nicht etwa zur Sonne, ins Licht, sondern direkt<br />

auf einen dreizackigen Wolkengreifarm, in die Bedrohung. Mit diesem<br />

Greifarm zitiert Dix in umformender Weise die himmlische<br />

Schicksalsfaust aus Blatt 5: „Verlassen“ in Max Klingers Radierfolge<br />

„Ein Leben“, Opus VIII, 1884. Klinger war für Dix zeitlebens eines<br />

seiner künstlerischen Idole. Später, Anfang der 1920er Jahre wird er<br />

sogar für einige graphische Blätter dieses Meisters ein Bild von Kurt<br />

Schwitters vertauschen. Das nächste Zitat von Symbolgehalt sind<br />

die van Gogh’schen Krähen, Unglücksbringer. Bei van Gogh fliegen<br />

sie über eben jenem Kornfeld, in dem er sich kurze Zeit später in<br />

die Brust schießen wird. Dix reduziert ihre Zahl auf die ominöse 13<br />

und übersetzt das warme Gelb van Goghs in das kalte der Wintersonne,<br />

die in der ersten Fassung erfolglos in der Kälte „blüht“, ja das<br />

Unglück in Form der Krähen an sich herankommen lassen muß. Erst


In der Ausstellung „Entartete Kunst“ 1937 in München hing der „Sonnenaufgang“<br />

links unten neben dem Türpfosten. Anschließend landete es im Depot des<br />

Reichspropagandaministeriums.<br />

in der zweiten Fassung entwickelt sie partiell die Kraft zum Ausblick.<br />

Wie schon von Conzelmann betont, verbindet Dix erstmals in dieser<br />

Landschaft und später, während des Dritten Reichs, immer wieder<br />

symbolhaft die Jahreszeit des Winters mit dem Unheil der Zeit.<br />

Das Symbol der erstarrten Winterlandschaft, die schicksalhafthimmlische<br />

Greifhand, das Todesmotiv der van Gogh’schen Krähen,<br />

die Zahl 13, die drohende Verdunkelung des Lichts – was konnte Dix<br />

1913 anderes meinen als einen drohenden Krieg angesichts der ständig<br />

zunehmenden Unruhen am Balkan und der überall schärfer werdenden<br />

Nationalismen vor dem Hintergrund internationaler Kämpfe<br />

um die Rohstoffreserven der Drittländer (Kolonien), die Zugänge zu<br />

den Weltmeeren, Verkehrswegen und Absatzmärkten? Man mußte<br />

damals keineswegs Hellseher sein und die den Ersten Weltkrieg aus-<br />

lösende Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers<br />

Franz Ferdinand und seiner Gattin am 28. Juni 1914 in Sarajewo<br />

voraussehen, um zu begreifen, daß es nur noch eines Funkens<br />

bedurfte, um das Pulverfaß in die Luft zu jagen. Warum aber wählt<br />

dann Dix bei all der unheilschwangeren Symbolik als Thema den<br />

Sonnenaufgang und nicht den Sonnenuntergang?<br />

Sonnenaufgang vermittelt als Bild die Erwartung des Kommenden,<br />

Sonnenuntergang das Verlöschen des Gewesenen. Und tatsächlich<br />

erwartete Dix wie ein Großteil seiner Generation den Krieg mit einer<br />

gewissen Erwartungshaltung. Die Künstler, zum Beispiel auch Ludwig<br />

Meidner mit seinen Apokalyptischen Landschaften, reagierten wie<br />

Seismographen auf das sich abzeichnende Ende einer Epoche.<br />

Stellvertretend für alle sprach damals im Jahre 1914 der französische<br />

Dichter Guillaume Apollinaire das „l’adieu à toute une époque“.<br />

Fast wie Bluthunde witterten die Künstler den Zusammenbruch<br />

und ein nicht unwesentlicher Teil unter ihnen, nämlich die Futuristen<br />

um Marinetti und Boccioni sahen gerade im Krieg den notwendigen<br />

Schlußpunkt und Neubeginn in einem, den Schmelztiegel<br />

für einen neuen Menschen, der der ungeheuren Dynamik des aufkommenden<br />

technischen Zeitalters gerecht würde. Krieg, das war für<br />

sie eine Art Selbstreinigung der Gesellschaft, „die einzige wichtige<br />

Hygiene der Welt.“<br />

Ohne Dix nun in die Nähe dieser Theorien stellen zu wollen, bleibt<br />

doch festzuhalten, daß ihn die Aufbruchstimmung zum Krieg, die in<br />

besonderer Weise vom Futurismus ausging, erfaßte. Die hier geübte<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Im „Sonnenaufgang“ von Dix drückt sich die Nietzsche-Lektüre des jungen Malers<br />

aus und seiner prophetischer Blick auf das Weltgeschehen.<br />

Dynamisierung der Welt, das Sichtbarmachen von Ton und Bewegung<br />

in wirbelnden Kraftlinien, faszinierte sein leidenschaftliches Tempera-<br />

ment und wird später von ihm in seinen Kriegsgouachen übernommen.<br />

Dix sah den Krieg als Teil dieses Welttheaters, als naturgegebenen<br />

Verschlingungsmechanismus, dem das Werden wieder folgen würde.<br />

Während der größten Materialschlacht des Ersten Weltkriegs an der<br />

Somme notiert er in seinem Kriegstagebuch: „Auch den Krieg muß<br />

man als ein Naturereignis betrachten.“ Dix wollte an diesem Welttheater<br />

unbedingt teilhaben und hat sich 1915 freiwillig an die Front gemeldet.<br />

So verkörpert das Gemälde „Sonnenaufgang” in seiner ersten Fassung<br />

gleichsam den Vorhang zum Welttheater des Krieges, der sich<br />

demnächst öffnen wird. Wie verhält es sich aber nun mit der zweiten<br />

Fassung? Man muß sich vor Augen halten, daß Dix die Ergänzung der<br />

linken oberen Ecke mit ihrem Ausblick in eine positiver gestimmte Weltlandschaft<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg gemalt hat, zu einer Zeit, da er<br />

sich nicht mehr in Erwartungshaltung vor dem Kriege befand, sondern<br />

den Ersten Weltkrieg in vollem Umfang und seiner ganzen Furchtbarkeit<br />

erlitten hatte, den Zweiten Weltkrieg noch ab dem 15.03.1945<br />

als Mitglied des Volkssturms. Aus der anschließenden französischen<br />

Kriegsgefangenschaft im Lager Colmar war er im Februar 1946 nach<br />

Hause zurückgekehrt. Schon während des Ersten Weltkrieges hatte<br />

er in seinem Kriegstagebuch vermerkt: „Läuse, Ratten, Drahtverhau,<br />

Flöhe, Granaten, Bomben, Höhlen, Leichen, Blut, Schnaps, Mäuse,<br />

Katzen, Gase, Kanonen, Dreck, Kugeln, Mörser, Feuer, Stahl, das ist der<br />

Krieg! Alles Teufelswerk.“ Die Realität des Krieges hatte ihn schnell<br />

geheilt, wiewohl er seine Einschätzung des Phänomens Krieg im<br />

Kontext der Philosophie Friedrich Nietzsches bis zu seinem Tode<br />

beibehielt. Aber die Lust an dieser Facette des Welttheaters war<br />

ihm gründlich vergangen. So hat er nach dem Februar 1946 nicht mehr<br />

seiner Stimmung vor sondern seiner Erwartung nach den Ereignissen<br />

auf eine bessere Zeit Ausdruck gegeben und seine Sonne die drohende<br />

Wolkenwand von 1913 durchstoßen lassen.<br />

Es trifft sich in diesem Bilde heute die Erwartungshaltung des jungen<br />

Otto Dix aus dem Jahre 1913 mit der Sehnsucht des nunmehr<br />

55jährigen nach Frieden. Anfang und Ende der beiden Kriege sind auf<br />

ihm in eigener Weise festgehalten.<br />

(Gekürzte Version des Katalogbeitrags zur Geraer Ausstellung 2011,<br />

mit freundlicher Genehmigung des Autors)


Das Jahr 1913 war für Otto Dix eines der permanenten Selbstbefragung: Es entstehen<br />

zahlreiche Selbstbildnisse in Öl, darunter dieses „Kleine Selbstbildnis“ aus der<br />

Staatsgalerie Stuttgart (Löffler 1913/1). Das Gemälde wirkt wie ein „Schnappschuß<br />

beim erschöpften Pausieren“ (Diether Schmidt) des jungen Malers. Frontal blickt<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

er den Betrachter an, ein schnelles Tremolo von Pinselstrichen entwirft einen Kopf und<br />

ein braunes Hemd. Die Signatur und die Jahreszahl sind in das Dunkel mit<br />

dem Holz des Pinsels geritzt wie eine Tätowierung. Es ist das Jahr, in dem er mit dem<br />

„Sonnenaufgang” sein frühestes symbolistisches Landschaftsbild malt.


7a R Emil Nolde<br />

Nolde 1867 – 1956 Seebüll<br />

„ZWEI BÄRTIGE MÄNNER (APOSTEL)“.<br />

Um 1931/35<br />

Aquarell und Tuschpinsel auf Japan.<br />

50,2 x 36,2 cm (19 ¾ x 14 ¼ in.).<br />

Am rechten Rand unterhalb der Mitte<br />

signiert: Nolde.<br />

Mit einer Expertise von Dr. Martin Urban,<br />

Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, vom<br />

29. Oktober 1974. –<br />

[3258] Gerahmt.<br />

Provenienz: Ehemals Siegfried Adler, Montagnola<br />

Literatur und Abbildung: Ausst.-Kat. Emil Nolde.<br />

Aquarelle und Handzeichnungen aus dem<br />

Besitz der Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde.<br />

Bremen, Kunsthalle Bremen, 1971, S. 10<br />

€ 300.000 – 400.000<br />

$ 389,000 – 518,000<br />

Im Herbst 1931 setzt mit der Werkreihe der „Phantasien“ eine<br />

neue, experimentelle Phase in Emil Noldes Aquarellmalerei ein:<br />

War bislang das Motiv entscheidend für Farbwahl, Komposition<br />

und Bildgestaltung, läßt sich der Maler nun allein von der Struktur<br />

der Farbe zu neuen Bildideen inspirieren. In den zunächst<br />

rein zufällig und intuitiv auf das Papier gebrachten Aquarell-<br />

farben, ihren wolkenartigen, fleckigen Strukturen, erkennt Nolde<br />

groteske Köpfe, Paare oder auch ganze Szenerien, die er in<br />

einem zweiten Arbeitsschritt mit Tuschpinsel oder -feder näher<br />

umreißt und sie so erst für den Betrachter sichtbar macht.<br />

Die von Nolde seit jeher angestrebte „Mitarbeit der Natur“ ist<br />

nun erstmals in seinem Schaffen von entscheidender Bedeutung,<br />

der Zufall maßgeblich an der Entstehung eines Bildes beteiligt.<br />

Der meditative Umgang mit den Farben bedingt ein häufiges<br />

Auftauchen grotesk-bizarrer Kreaturen und Szenen. In seinen<br />

„Phantasien“ begibt sich Emil Nolde ganz in seine eigene<br />

Imaginationswelt und verleiht den inneren Gesichten male-<br />

rische Gestalt. Er war, wie er selbst schrieb, „zum Kopisten<br />

der eigenen Vorstellung“ geworden, und sein Freund und<br />

Malerkollege Paul Klee bezeichnete ihn in Anerkennung<br />

hierfür als den „Vetter der Tiefe“.<br />

Unser großformatiges Blatt ist ein herausragendes Beispiel<br />

für Noldes neue Arbeitsweise in den 1930er Jahren. Die<br />

Köpfe der beiden bärtigen Männer sind allein aus der Farbe<br />

geboren. Die hellen Gelb-, Orange-, und Brauntöne im Zentrum<br />

der Komposition bilden Kopf und Haare des Mannes im Profil<br />

sowie die rechte Gesichtshälfte seines Nachbarn. Die Um-<br />

gebung ist bewußt in dunklen Farben gehalten, wobei das für<br />

Noldes Aquarellmalerei typische intensive Ultramarin-Blau im<br />

Hintergrund der Szene eine fast schon magische Atmosphäre<br />

verleiht. Ohne die klärende Tuschfederzeichnung hätten wir<br />

ein rein abstraktes Bild vor uns. Nolde selbst schrieb einmal:<br />

„Höchste Schönheit im Werk entsteht dem Künstler unbewußt,<br />

das sinnlich sehende Auge sie schaut, der Verstand braucht Zeit,<br />

bis er versteht.“ (Emil Nolde: Reisen, Ächtung, Befreiung. Köln<br />

1988, S.14) (AF)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


8 Hermann Max Pechstein<br />

Zwickau 1881 – 1955 Berlin<br />

„SONNENUNTERGANG AN DER SEE“. 1921<br />

Öl auf Leinwand. 80 x 101 cm (31 ½ x 39 ¾ in.).<br />

Unten links signiert (ligiert): HMPechstein.<br />

Rückseitig mit Pinsel in Schwarz bezeichnet,<br />

betitelt und signiert (ligiert): XI Sonnenuntergang<br />

an der See HMPechstein.<br />

Soika 1921/6. –<br />

Kleine Farbverluste am Rand. [3477]<br />

Rahmen: Leihgabe Olaf Lemke, Berlin.<br />

Provenienz: Carl Steinbart, Berlin (um 1921<br />

beim Künstler erworben, bis 1923) / Eva Beyer,<br />

geb. Steinbart (1923 durch Erbschaft erhalten) /<br />

Dr. Conrad und Elsa Doebbeke, Berlin (wohl<br />

direkt bei Eva Beyer erworben, bis 1959) /<br />

Privatsammlung, Saarland (1959–1965) /<br />

Privatsammlung, Berlin<br />

Literatur und Abbildung: 33. Auktion: Moderne<br />

Kunst. Stuttgart, Stuttgarter Kunstkabinett<br />

R. N. Ketterer, 29./30.5.1959, Kat.-Nr. 728<br />

€ 400.000 – 600.000<br />

$ 518,000 – 777,000<br />

Es war eine Erlösung für Max Pechstein, als er nach dem<br />

Ersten Weltkrieg wieder an seine geliebte Ostseeküste ziehen<br />

konnte – und er sich dort wieder dem „berauschenden,<br />

ewigen Rhythmus des Meeres“ hingeben konnte, von dem<br />

er in seinen Lebenserinnerungen erzählt. Unser leuchtender<br />

Sonnenuntergang gehört zu den ersten Gemälden, die<br />

in Leba entstanden sind. Es erzählt von der Freude, den<br />

Krieg hinter sich gelassen zu haben und sich ungehemmt<br />

der Kraft der Farben hinzugeben wie in der „Brücke“-Zeit<br />

vor 1913. Es ist eine frühabendliche Atmosphäre, ein<br />

kleines Boot treibt auf den Holzsteg zu, die Schatten sind<br />

schon schwarz. Doch dann entfaltet plötzlich die Sonne ihr<br />

Lichtspektakel, das Pechstein unmittelbar in flammenden<br />

Expressionismus umsetzt. Es ist das Gegenlicht aus den<br />

berühmten kreisenden Sonnen van Goghs, das uns hier<br />

blendet. Bei Pechstein jedoch verwandelt die Sonne alles in<br />

Farbe: Das Meer ist grün und gelb, und im feuchten Sand<br />

leuchten die späten Strahlen auf wie ein ewiger roter Teppich,<br />

der sich vom Horizont bis zum Betrachter rollt. (FI)<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


9 Emil Nolde<br />

Nolde 1867 – 1956 Seebüll<br />

„BOOTE IN DER MARSCHLANDSCHAFT”.<br />

Um 1920<br />

Aquarell und Tuschpinsel auf dünnem<br />

Japanbütten. 35 x 47,8 cm (13 ¾ x 18 ⅞ in.).<br />

Unten links mit Bleistift signiert: Nolde.<br />

Mit einer von Dr. Manfred Reuther bestätigten<br />

Zweitschrift einer Expertise von Prof. Dr. Martin<br />

Urban, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde,<br />

vom 19. November 1996. –<br />

Rückseitig unten rechts mit dem schwarzen<br />

Sammlerstempel Lugt <strong>200</strong>5a (verblaßt).<br />

[3448] Gerahmt.<br />

Provenienz: Otto Brill, Wien / Henry Roland,<br />

London / Anthony Roland, London / Privatsammlung,<br />

Norddeutschland / Privatsamm-<br />

lung, Schweiz / Privatsammlung, Berlin<br />

Ausstellung: The Roland Collection. York,<br />

Newcastle, Leicester und Brighton, 1950;<br />

Southhampton, 1952; Manchester und Leeds,<br />

1962; Cambridge, Fitzwilliam Museum, 1968;<br />

Bristol, 1969; Folkestone und London, Camden<br />

Arts Centre, 1975; Edinburgh, 1976 / Germany<br />

in ferment Festival. Art and Society in Germany<br />

1900-1935. Durham, Durham University; Sheffield,<br />

Graves Art Gallery; Leicester, Museum and Art<br />

Gallery, 1970 [laut rückseitigem Etikett] / Works<br />

from the Roland Collection. London, Courtauld<br />

Institute Galleries; Norwich, Sainsbury Centre;<br />

York, City Art Gallery; Oxford, Ashmolean<br />

Museum; Plymouth, City Museum; 1979, Kat.-<br />

Nr. 33 [„In the Marshes“] / One man’s choice.<br />

Edinburgh, Scottish National Gallery of Modern<br />

Art, 1985, Kat.-Nr. 73 [laut rückseitigem Etikett]<br />

€ 110.000 – 130.000<br />

$ 142,000 – 168,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

In der kalten Jahreszeit war in Emil Noldes Heimat Nordfriesland<br />

das Boot das wichtigste Verkehrsmittel. Wenn starke Regenfälle<br />

die Amphibienlandschaft unter Wasser setzten, war mit dem<br />

Leiterwagen auf dem Landwege kaum noch ein Durchkommen,<br />

man mußte mit speziellen Booten auf die zahlreichen Sielzüge<br />

und Abzugsgräben ausweichen. Auch das Ehepaar Nolde besaß<br />

ein solches Boot, das aufgrund seines geringen Tiefgangs selbst<br />

in flachstem Gewässer noch einsetzbar war. Der Antrieb erfolgte<br />

über eine Stak-Stange oder – bei Heubooten – mit Hilfe eines<br />

Segels. Wir wissen, daß der Umzug der Noldes von ihrem Hof<br />

Utenwarf in das benachbarte Seebüll im Jahr 1930 mit eben<br />

diesen Lastenbooten erfolgte.<br />

Doch auch in Phasen kreativer Ruhe leistete das Boot Nolde als<br />

Mensch und Künstler wertvolle Dienste, vor allem wenn er zum<br />

Fischen oder Entenjagen hinausfuhr oder sich in meditativer<br />

Ruhe von den Naturerscheinungen seiner Umgebung inspirieren<br />

ließ: „Wenn still der See war an milden Tagen, dann war es<br />

herrlich schön. […] Während der Nächte lag ich lange lauschend<br />

dem Plätschern der Wildenten im Wasser und dem Schmatzen<br />

der Fische; der Mond stand hoch, den Gottesfrieden spendend.“<br />

(Emil Nolde: Jahre der Kämpfe. Köln 1985, S.126f)<br />

Genau diese Stimmung erweckt unser Aquarell mit der Darstellung<br />

zweier friedlich im Schilf liegender Holzboote. Kühle<br />

Blau- und Grüntöne beherrschen das Bild, während ein hellgelber<br />

Streifen entlang der Horizontlinie durchbrechendes Sonnenlicht<br />

andeutet. Man spürt bei diesem Werk, daß der Maler mit sich<br />

und der Natur im reinen war. Dies ist der Ort seiner Herkunft, der<br />

ihn und seine Kunst zeit seines Lebens entscheidend prägte. (AF)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


10 R Erich Heckel<br />

Döbeln/Sachsen 1883 – 1970 Radolfzell/<br />

Bodensee<br />

„BLICK AUFS MEER“. 1920<br />

Tempera auf Leinwand. 67,5 x 74,5 cm<br />

(26 ⅝ x 29 ⅜ in.). Unten rechts signiert und<br />

datiert: Erich Heckel 20. Rückseitig auf der<br />

Leinwand in Schwarz signiert und datiert:<br />

Erich Heckel 20. Auf dem Keilrahmen erneut<br />

in Schwarz signiert, betitelt und datiert:<br />

Erich Heckel: Blick aufs Meer 20.<br />

Hüneke 1920-12 / Vogt 1920-12. –<br />

[3064] Gerahmt.<br />

Provenienz: Sammlung Antenrieth, Offenbach /<br />

Sammlung Brinckmann, Frankfurt a.M. / Privatsammlung,<br />

Frankfurt a.M. / Privatsammlung,<br />

Schweiz<br />

Ausstellung: Erich Heckel, Otto Mueller. Frankfurt<br />

a.M., Ludwig Schames, 1921, Kat.-Nr. 28 /<br />

Erich Heckel. <strong>Werke</strong> aus 4 Jahrzehnten.<br />

Hamburg, Galerie der Jugend, 1947, Kat.-Nr. 8<br />

Literatur und Abbildung: Wolfgang Büscher:<br />

Meine Jahre in der Niemandsbucht. In: <strong>Grisebach</strong>.<br />

Das Journal. Zweite Ausgabe 2012, S. 6-15<br />

€ 300.000 – 400.000<br />

$ 389,000 – 518,000<br />

Anders als Ernst Ludwig Kirchner, der im vorwärtsstürmenden<br />

Berlin zu seiner zweiten künstlerischen Bestimmung fand,<br />

flüchtete Erich Heckel so oft er konnte vor dem „Tam-Tam“<br />

der Millionenstadt an die Flensburger Förde. 1913 war er<br />

erstmals in Osterholz, 1920 kaufte er sich ein altes Bauernhaus<br />

und verbrachte dort bis 1938 jeden Sommer. Hier,<br />

abseits der Hauptschlagadern der Moderne, verewigte der<br />

zivilisationsmüde Heckel seine Vision des Paradieses.<br />

Unser Bild entstand in jenem Sommer 1920, als sich Heckel<br />

gerade sein Bauernhaus gekauft hatte und idyllische Wochen<br />

gemeinsam mit seiner Frau Siddi und dem ehemaligen Brücke-<br />

Kollegen Otto Mueller in Schleswig-Holstein verbrachte. Es<br />

ist ein Gemälde der Hoffnung. Die Horizontlinie krümmt sich<br />

oben, und unten bildet die Küstenlinie den zweiten Halbkreis<br />

- der Ausblick aufs Meer wird für Heckel zur ganzen Welt, die<br />

Förde wie ein Ozean.<br />

Vorne fällt der Hang steil hinab zum Wasser, links taucht<br />

der Küstenstreifen wieder auf, über allem türmen sich die<br />

Wolken zu kosmischen Gebilden. Oft, täglich, ist Heckel diese<br />

Wege gegangen, hinab zur Küste, an den Bäumen vorbei, den<br />

Wind um die Ohren. Diese ganz körperliche biographische<br />

Erfahrung legt Heckel in dieses Bild und lädt es mit einer unterschwelligen<br />

Energie auf. Sie ist so stark, daß der zentrale<br />

Baum im Vordergrund, verwurzelt im sichtbar abschüssigen<br />

Gelände, Äste hat wie ein Strahlengewitter. (FI)<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


11 Emil Nolde<br />

Nolde 1867 – 1956 Seebüll<br />

„MARSCHLANDSCHAFT“. Um 1930/40<br />

Aquarell auf Japan, auf Karton aufgezogen.<br />

14,7 x 19,5 cm (5 ¾ x 7 ⅝ in.). Unten links<br />

mit Feder in Schwarz signiert: Nolde.<br />

Mit einer Bestätigung von Dr. Martin Urban,<br />

Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, vom<br />

1. November 1965. –<br />

[3137] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Niedersachsen<br />

€ 40.000 – 60.000<br />

$ 51,800 – 77,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Im Sommer 1916 zog das Ehepaar Nolde von der Ostseeinsel<br />

Alsen nach Seebüll an die Nordee: „Alsen ist sehr schön, uns nur<br />

war des Milden, des Lieblichen und Idyllischen zu viel. Mich sehnte<br />

nach hoher, freier Luft, nach herber, starker Schönheit, so wie die<br />

Westküste mit ihrer weiten Himmelsspannung und den Wolken<br />

über Marschland und Wasser besonders in den rauhen Jahres-<br />

zeiten sie so verschwenderisch gibt.“ (Emil Nolde: Welt und<br />

Heimat. Köln 1965, S.147) Bedingt durch die Begeisterung<br />

des Malers für die einzigartige Naturlandschaft seiner neuen<br />

Heimat gewinnt in seinem künstlerischen Schaffen die Landschaftsmalerei<br />

zunehmend an Bedeutung. Dies schlägt sich<br />

in vielen Ölbildern aus den zwanziger und dreißiger Jahren<br />

nieder, vor allem jedoch in einer großen Zahl von Aquarellen<br />

mit Darstellungen des nordfriesischen Marschlandes.<br />

In diesen Blättern verschmelzen Land, Himmel, Wolken und<br />

Licht zu einer unlösbaren Einheit. Die Malerei erreicht oft einen<br />

hohen Abstraktionsgrad, wenngleich Nolde diese Grenze nie<br />

ganz überschritt. Immer verankerte er die Darstellung mittels<br />

kleiner Verweise in der Gegenständlichkeit, im vorliegenden Blatt<br />

etwa durch einen Weidezaun, der entlang eines Feldweges in<br />

die Tiefe führt. In der expressiven Farbgebung offenbart sich die<br />

souveräne Meisterschaft des großen Aquarellisten: Tiefe Violett-<br />

Töne beherrschen die Darstellung, sie changieren im freien Fluß<br />

der Farben ins Rot und Blau. Starke Akzente setzen zwei gelbe<br />

Bildzonen, die die Monochromie des Blattes geschickt aufbrechen.<br />

Die eigentümliche Stimmung eines aufziehenden Gewitters oder<br />

der anbrechenden Nacht wird in diesem Blatt auf eindrückliche<br />

Weise festgehalten. (AF)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


11a Otto Mueller<br />

Liebau/Schlesien 1874 – 1930 Breslau<br />

„LAGERNDE ZIGEUNERFAMILIE MIT ZIEGE“.<br />

1926/27<br />

Farblithographie auf Papier, partiell mit<br />

gelber Kreide überarbeitet. 70 x 50,4 cm<br />

(27 ½ x 19 ⅞ in.). Signiert. Rückseitig<br />

mit dem braunen Nachlaßstempel.<br />

Karsch 166. –<br />

Probeabzug vor der Auflage von 60 Exemplaren<br />

der 9 Farblithographien umfassenden Mappe:<br />

Zigeuner. Selbstverlag des Künstlers (Karsch<br />

160-168). [3323] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Berlin<br />

€ 25.000 – 35.000<br />

$ 32,400 – 45,300<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Otto Mueller hatte seit seiner Kindheit in Schlesien häufig Kontakt<br />

zu Roma Familien. Der Junge war fasziniert von den andersartig<br />

gekleideten, von Planwagen und Tieren umgebenen Menschen.<br />

Als Erwachsener widersprach er nie den Vermutungen, in seinen<br />

Adern fließe „Zigeunerblut“, auch wenn dies wohl nicht der Wahrheit<br />

entspricht. Ihm gefiel zweifellos die antibürgerliche Attitüde<br />

dieser Aussage, und er lebte mitunter längere Zeit mit den Roma<br />

zusammen. Allerdings vermied er Aussagen zur schwierigen<br />

wirtschaftlichen und sozialen Lage des Volkes. Er sah vielmehr<br />

in diesen Familien seine Vorstellungen von einer engen Verbindung<br />

des Menschen mit der Natur verwirklicht. Seine Arbeiten<br />

zu diesem Themenkreis sind idealisierte Darstellungen eines<br />

freien und ungebundenen Lebens. Seine Seelenverwandtschaft<br />

mit dem fahrenden Volk gipfelte in der „Zigeunermappe“ von<br />

1926/27, einer Sammlung von neun Lithographien, die Mueller<br />

für seine besten Arbeiten hielt.<br />

Auf unserer Lithographie lagert eine Familie unter einem Baum.<br />

Im Vordergrund sitzt die Mutter mit einer Tochter, rechts dahinter<br />

hält der Vater ein Kind schützend im Arm. Verbunden werden<br />

beide Figurengruppen durch eine im Gras liegende Ziege.<br />

Auch von dieser Graphik geht wie in vielen <strong>Werke</strong>n Muellers<br />

eine nahezu arkadische Stille aus. Nur wenige Akzente treten<br />

hervor. Die Figuren verschmelzen fast mit der umgebenden<br />

Natur. Großzügig und kraftvoll sind die Äste des Baumes<br />

gezeichnet. Die vom Stein abgezogenen Drucke hat der Künstler<br />

zuweilen überarbeitet, auch unsere Lithographie ist nachträglich<br />

in ihrer farblichen Wirkung mit gelber Kreide am Kleid des<br />

Zigeunermädchens verstärkt worden. (OH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


12 Karl Schmidt-Rottluff<br />

Rottluff 1884 – 1976 Berlin<br />

„FRAUEN AM MEER“. 1919<br />

Öl auf Leinwand. 73 x 65 cm (28 ¾ x 25 ⅝ in.).<br />

Unten rechts signiert und datiert: S. Rottluff<br />

1919. Auf dem Keilrahmen oben mit Pinsel in<br />

Braun signiert und betitelt: Schmidt-Rottluff<br />

„Frauen am Meer“.<br />

Grohmann S. 290, Abb. S. 265. –<br />

Das Ölbild wird aufgenommen in das Werk-<br />

verzeichnis der Gemälde Schmidt-Rottluffs<br />

von der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung,<br />

Berlin (bearbeitet von Dr. Christiane Remm)<br />

(in Vorbereitung). –<br />

[3157] Gerahmt.<br />

Provenienz: Sammlung Ferdinand Möller,<br />

Berlin–Köln (bis 1956) / Nachlaß Ferdinand<br />

Möller (1956–1974) / Privatsammlung,<br />

Norddeutschland<br />

Ausstellung: Sammlung Ferdinand Möller.<br />

Gedächtnisausstellung zu seinem 10. Todestag.<br />

Köln, Dom Galerie, 1966, mit ganzseitiger<br />

Abbildung<br />

Literatur und Abbildung: Auktion 199: Moderne<br />

Kunst. Hamburg, Dr. Ernst Hauswedell & Ernst<br />

Nolte, 6.-8.6.1974, Kat.-Nr. 1631, mit ganzs.<br />

Farbabbildung<br />

€ 400.000 – 600.000<br />

$ 518,000 – 777,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Die Ostsee war die Südsee der „Brücke“-Künstler: die Vision vom<br />

Paradies. Was Erich Heckel in Osterholz an der Flensburger Förde<br />

fand (siehe Los 10), Kirchner auf Fehmarn und Max Pechstein<br />

in Nidden und Leba (siehe Los 8), das war für Karl Schmidt-Rottluff<br />

erst Dangast und nach dem Ersten Weltkrieg die Gegend um<br />

Hohwacht. Unser Bild ist dort 1919 in jenem Jahr entstanden,<br />

in dem sich bei Schmidt-Rottluff die in der Kriegszeit angestaute<br />

Schaffenskraft entlädt. Grohmann nennt 36 Gemälde, Schapire<br />

27 Holzschnitte, die in diesem kurzen Zeitraum entstehen. Den<br />

ganzen Sommer über, von Anfang Juni bis Ende September,<br />

war der Künstler in Hohwacht. Schon Zeitgenossen wie Martin<br />

Gosebruch erkannten im Sommer 1919 die „feierliche Krönung<br />

des <strong>Werke</strong>s“.<br />

Auf einzigartige Weise gelingt es Schmidt-Rottluff hier, die<br />

explosive Farbigkeit des Expressionismus in seinen Kompo-<br />

sitionen zu beruhigen und sein skulpturales, grafisches und<br />

malerisches Werk unauflöslich miteinander zu verschränken.<br />

Die beiden Frauen am Strand unseres Gemäldes tragen eigentlich<br />

keine Menschenköpfe, sondern jene aus Holz geschnitzten<br />

Masken Schmidt-Rottluffs, die an die Kraft ihrer afrikanischen<br />

Vorbilder heranreichen. Die neue Rigidität, die Schmidt-Rottluff<br />

nach dem Krieg in seiner Kunst gefunden hat, verwandelt<br />

die Formationen von Menschen, Strand, Meer und Firmament<br />

in kantige Strukturen. Es sind die Gesichter aus seinen Holzschnitten,<br />

die hier durch Farben belebt werden. Doch trotz<br />

aller Reduktion wirkt die Mimik belebt, die Gesprächssituation<br />

festgehalten wie bei den versteinerten Figuren aus Pompeji.<br />

Die Frau im Hintergrund spricht gestenreich, die zweite Figur<br />

hört zu, senkt den Kopf beim Nachdenken. Das Thema ist ernst.<br />

Am 28. August schreibt der Künstler an einen Freund über die<br />

„Melancholie“, die über „diesem Sommer lastet“.<br />

Zwar wählt Schmidt-Rottluff weiter die kühnen Farben der<br />

„Brücke“-Aufbruchsjahre, malt den Strand rosa und die Haare<br />

blau – und doch hat sich die Temperatur abgekühlt, der Auftrag<br />

ist flächiger geworden, und man sieht kein Stakkato der Pinselstriche<br />

mehr über die Leinwand fegen. Stattdessen sind es fast<br />

abstrakte Farbfelder, die er übereinanderschichtet: in Rosa, Blau,<br />

Dunkelblau, Rot, Kobaltblau. Er stellt die beiden Figuren an den<br />

Strand, als würden sie wie Felsen im Abendsonnenschein vor<br />

dem blauen Wasser aufragen. „Die Versteinerung der Form, die<br />

sie zu Säulen erstarren läßt, mutet uns fremdartig an“, schrieb<br />

Martin Gosebruch, aber „es spricht daraus das männliche Gefühl<br />

für Wucht, das der Malerei des impressionistischen Zeitalters<br />

abhanden gekommen war.“ (FI)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


13 Karl Schmidt-Rottluff<br />

Rottluff 1884 – 1976 Berlin<br />

JERSHÖFT (POMMERN). 1921<br />

Aquarell und Tuschpinsel über Bleistift auf Velin.<br />

48 x 61,5 cm (18 ⅞ x 24 ¼ in.). Unten rechts<br />

signiert und datiert: S Rottluff 1921.<br />

Das Aquarell ist im Archiv der Karl und Emy<br />

Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin, registriert. –<br />

[3472] Gerahmt.<br />

Provenienz: Rosa Schapire, Hamburg-London /<br />

Privatsammlung, London / Privatsammlung,<br />

Schweiz (1983/84 als Leihgabe im Schleswig-<br />

Holsteinischen Landesmuseum, Schleswig) /<br />

Privatsammlung, Norddeutschland<br />

Ausstellung: Schmidt-Rottluff. Gemälde,<br />

Landschaften aus 7 Jahrzehnten. Aquarelle aus<br />

den Jahren 1909 bis 1969. Hamburg, Altonaer<br />

Museum (Gemälde) und BAT Cigaretten-Fabriken<br />

(Aquarelle, 55. BAT-Ausstellung), 1974, Kat.-<br />

Nr. 55, mit Abb. S. 147 und ganzs. Farbabb.<br />

S. 160 (außerdem als ganzs. Farbabb. auf der<br />

Einladungskarte) / Karl Schmidt-Rottluff zum<br />

100. Geburtstag, Verzeichnis der ausgestellten<br />

<strong>Werke</strong>. Schleswig, Schleswig-Holsteinisches<br />

Landesmuseum auf Schloß Gottorf, 1984,<br />

Kat.-Nr. 100, mit Abb. / Aquarelle der „Brücke“.<br />

Berlin, Brücke-Museum, 1995/96, Kat.-Nr. 46,<br />

mit ganzs. Farbabb.<br />

Literatur und Abbildung: Schleswig-Holsteinisches<br />

Landesmuseum Schloß Gottorf, Berichte 1983,<br />

mit Abb. („Neuerwerbungen“) / Gerhard Wietek:<br />

Schmidt-Rottluff in Hamburg und Schleswig-<br />

Holstein (= Kunst in Schleswig-Holstein, Bd. 25).<br />

Neumünster, Karl Wachholtz Verlag, 1984,<br />

S. 103, ganzs. Farbabb. 19 auf S. 147 /<br />

Ausstellungskatalog: Karl Schmidt-Rottluff,<br />

Aquarelle. Berlin, Brücke-Museum, 1991/92,<br />

S. 18 (erwähnt), Abb. 6<br />

€ 140.000 – 180.000<br />

$ 181,000 – 233,000<br />

Zufällig bei einer Wanderung im Jahr 1920 entdeckt, fühlte sich Karl<br />

Schmidt–Rottluff in dem Fischerdorf Jershöft an der Pommerschen<br />

Ostseeküste so wohl, daß er künftig regelmäßig im Sommer hierher<br />

reiste und vor Ort malte. In unserem Aquarell von 1921 richtet<br />

Schmidt-Rottluff den Blick auf niedrige Häuser mit kleinen Fenstern,<br />

die unter weit heruntergezogenem Dach dem Naturgeschehen<br />

trotzen. In fein abgestuften Brauntönen, in hellem Rot und Blau<br />

angelegt, spannt sich darüber der Himmel. Gelbe Formen sind ihm<br />

als schwungvolles Signal für plötzlich aufbrechende Helligkeit des<br />

Sonnenlichts eingezeichnet. Ruhe, Überschaubarkeit, die Nähe von<br />

Mensch und Elementen, das alles spricht aus diesem Bild und belegt<br />

die Verbundenheit des Künstlers mit dem Ort, wie sie auch die anderen<br />

Refugien seiner Ferien, zum Beispiel Dangast, Hohwacht oder<br />

später Sierksdorf auszeichnet. (EO)<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


14 R Ernst Ludwig Kirchner<br />

Aschaffenburg 1880 – 1938 Davos<br />

IM SERTIGTAL MIT BLICK AUF CLAVADEL. 1925<br />

Aquarell über Bleistift auf Papier. 33,8 x 45,9 cm<br />

(13 ¼ x 18 ⅛ in.). Rückseitig mit dem Basler<br />

Nachlaßstempel Lugt 1570b und der mit Feder<br />

in Schwarz eingetragenen Registriernummer:<br />

A Da/Aa 83.<br />

Das Aquarell steht in Zusammenhang mit dem<br />

Gemälde „Sertigweg; Sertig mit Kurhaus Clavadel”<br />

von 1925 (Gordon 796). – [3405] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Schweiz<br />

€ 80.000 – 120.000<br />

$ 103,600 – 155,000<br />

Im Herbst 1923 zog Kirchner von seinem Haus „In den Lärchen“ in<br />

Frauenkirch/Davos auf die andere Seite des Landwasser-Tals in das<br />

Wildboden-Haus am Eingang zum Sertigtal, das er bis zu seinem<br />

Lebensende bewohnte. In unmittelbarer Nähe ist das Landschaftsaquarell<br />

mit dem Blick in die Höhe auf die Häuser von Clavadel 1925<br />

entstanden. Das Motiv und die Komposition haben Kirchner animiert,<br />

das Aquarell noch im selben Jahr in ein Ölgemälde umzusetzen.<br />

Das Jahr 1925 bezeichnete Kirchner als einen Umbruch in seiner<br />

Kunstauffassung und Malerei. In den ersten Jahren in Frauenkirch<br />

hatte er sich noch nicht von seiner schweren Krankheit erholt, und die<br />

nervös-erregte Zeichensprache der Berliner Jahre setzte sich zunächst<br />

fort. Mitte der zwanziger Jahre trat eine Beruhigung gegenüber dem<br />

furiosen Gefühlsüberschwang der expressionistischen Phase ein, wie<br />

sie auch der allgemeinen kulturellen Tendenz in Europa entsprach.<br />

Kirchner war wieder im Vollbesitz seiner Kräfte und blickte mit Optimismus<br />

und Energie in die üppig wuchernde Natur. Wie es das Aquarell<br />

in seinen klaren und leuchtenden Farben widerspiegelt, glänzte alles<br />

in neuer Erscheinung. Er brauchte keine ausgefallenen Motive zu<br />

suchen, die nähere Umgebung seines Wildboden-Hauses war so reich<br />

an neuen Landschaftseindrücken, an Farben und Gestalten, daß er aus<br />

dem Vollen schöpfen konnte. Ganz lebensnah hielt er in seinen Bilder<br />

fest, was er sah; aber er unterwarf es der Disziplin der künstlerischen<br />

Gestaltung. Diese veränderte sich um 1925 zu einer großformigen<br />

Stilisierung in Richtung auf den sogenannten ornamentalen Teppichstil<br />

und von dort um 1928 in seine stärker abstrahierende Phase.<br />

Das Aquarell ist ein schönes Beispiel für diesen Wandel zur flächigen<br />

Darstellung in vereinfachten, zusammenfassenden Formen. Wie eine<br />

blaugrüne Woge, gegliedert in Farbbahnen, ergießt sich der Berghang<br />

von rechts ins Tal. Die Biegung des Sertigwegs fängt den Strom auf,<br />

und die Fichtengruppe lenkt die Bewegung in die Vertikale. Die flüssige<br />

Wasserfarbe unterstreicht den Eindruck des Fließens, und die satten<br />

Farben sind ein Abglanz der blühenden Alpenwiesen. Kirchner verbindet<br />

die gegenständliche Darstellung der Landschaft mit dekorativer<br />

Gestaltung. Er hat sich immer für das Ornament als notwendiges,<br />

schmückendes Element eines guten Bildes ausgesprochen. So<br />

schmückt das Aquarell in seiner Farbenpracht die Natur mit sich<br />

selbst, wie wir sie ohne die Kunst nicht sehen könnten. „Was die<br />

Natur vergebens möchte, vollbringen die Kunstwerke: sie schlagen<br />

die Augen auf“ (T.W. Adorno, Ästhetische Theorie).<br />

Günther Gercken, Lütjensee<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


15 Hermann Max Pechstein<br />

Zwickau 1881 – 1955 Berlin<br />

„SONNENBLUMEN“. 1931<br />

Öl auf Leinwand. 115 x 70,5 cm<br />

(45 ¼ x 27 ¾ in.). Unten in der Mitte signiert<br />

(ligiert) und datiert: HMPechstein 1931.<br />

Soika 1931/1. –<br />

[3216] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Berlin (direkt<br />

beim Künstler erworben) / Privatsammlung,<br />

Süddeutschland / Privatsammlung,<br />

Norddeutschland<br />

€ 250.000 – 350.000<br />

$ 324,000 – 453,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Die Sonnenblume als Motiv spielt in der Kunstgeschichte eine<br />

große Rolle – und das nicht nur bei van Gogh. Auch der aus<br />

Zwickau gebürtige Max Pechstein hat in seinem Künstlerleben<br />

oft Sonnenblumen gemalt, wild in den frühen expressionistischen<br />

Jahren, nüchterner in den 1920er Jahren, eher überwirklich<br />

gesteigert im darauffolgenden Jahrzehnt und schließlich ruhig im<br />

Alterswerk. Nach Studien an der Kunstgewerbeschule in Dresden<br />

und der Akademie ließ sich der Künstler, der sich 1906 der im<br />

Jahr zuvor gegründeten „Brücke“ anschloß, 1908 in Berlin nieder.<br />

Zwei Jahre später war er einer der Gründer der „Neuen Secession“.<br />

In Berlin wurde er, die bewegte Aufbruchszeit hinter sich<br />

lassend, zu einem gefragten Maler. Neben den deutlich expressiven<br />

Stilmitteln finden sich in seinem Werk auch realistische und<br />

eher sachliche Tendenzen.<br />

Bei unserem für ein Stilleben ungewöhnlich großen Hochformat<br />

plaziert der Maler 1931 Sonnenblumen vor einen lichtblauen<br />

Hintergrund. Zusammen mit den Gelbwerten der Blüten und dem<br />

Blattwerk ergibt sich ein reizvolles Farbenspiel, das die ‚Handschrift’<br />

des Pinsels zusätzlich belebt.Das Gemälde wirft einen<br />

ungewohnten Blick auf die Pflanze. Die Sonnenblumen stehen<br />

nicht als dekoratives Bukett in einem Innenraum und zieren nicht<br />

das Staudenbeet eines Gartens, sondern treten ‚unkultiviert’ auf,<br />

als Einzeldarstellung einer mächtigen Pflanze. Der Raum, der<br />

diese Pflanze umgibt, ist leer. Pechstein stellt ihn allein als blaue<br />

Fläche dar. Über ein vergleichbares großes Sonnenblumenbild<br />

hat Max Osborn in seiner frühen Monographie über den Maler<br />

geschrieben: „Lachend erzählt er, wie er von seinem Plan besessen,<br />

sich nachts die Pflanzen, riesenhafte Stämme mit Blattschilf-<br />

Pyramiden vom Felde stahl, um sie zu malen. Mit einem Schlage<br />

war ihm das Wesentliche aufgegangen. Wie im Rausch senkte er<br />

den Pinsel tief in die Farbe um die ganze Glut, die fremdartige<br />

Phantastik, die Hypertrophie der riesigen Blumen aus sich heraus<br />

neu zu schaffen.“ (Max Osborn: Max Pechstein, Berlin 1922,<br />

S. 43) (EO)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


16 Emil Nolde<br />

Nolde 1867 – 1956 Seebüll<br />

„BÄRTIGER ALTER MANN MIT BLAUEN<br />

AUGEN“. Um 1930<br />

Aquarell und Tuschfeder auf Japan.<br />

18,5 x 13,9 cm (7 ¼ x 5 ½ in.).<br />

Unten rechts signiert: Nolde.<br />

Eingebunden in das Buch (Halbledereinband)<br />

von Emil Nolde: Das eigene Leben. Im Selbstverlag<br />

1931, zwischen S. 10 u. S. 11.<br />

Auf dem Vakat mit Feder in Blau bezeichnet und<br />

datiert: Dir zum Weihnachtsfest im Festgewand<br />

das kleine Lebensbuch von Deinem A u E N.<br />

22.12.1931. Dort auch eine Widmung Hans<br />

Fehrs von 1958.<br />

Mit einer Bestätigung von Prof. Dr. Manfred<br />

Reuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde,<br />

vom 18. Juli 2012. –<br />

[3162]<br />

Provenienz: Hans Fehr, Bern (Geschenk<br />

des Künstlers zu Weihnachten 1931) /<br />

Privatsammlung, Berlin<br />

€ 40.000 – 60.000<br />

$ 51,800 – 77,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Der aus St. Gallen stammende Jurist Hans Fehr war Emil Noldes<br />

engster Freund und Vertrauter. Seit 1892 kannten sich die<br />

beiden (Fehr war Schüler in Noldes Zeichenklasse in St. Gallen),<br />

und die Freundschaft, die ein umfangreicher Briefwechsel<br />

im Archiv der Stiftung Seebüll dokumentiert, dauerte bis zu<br />

Noldes Tod im Jahr 1956. Als Emil Nolde Ende 1931 den ersten<br />

Band seiner Autobiographie mit dem Titel „Das eigene Leben“<br />

fertiggestellt hatte, schickte er seinen treuesten Wegbegleitern<br />

zum Weihnachtsfest ein Exemplar dieses Buches, nicht selten<br />

ausgestattet mit einem kleinformatigen Aquarell, welches auf<br />

das Vorsatzblatt geklebt war, und mit eigenhändiger Widmung;<br />

so auch in diesem Fall.<br />

Bemerkenswert ist, welches Motiv Nolde seinem besten<br />

Freund zugedacht hat: Ein bärtiger Mann mit auffallend blauen<br />

Augen schaut unbestimmt lächelnd in die Ferne, während eine<br />

Phantasiegestalt – ein Dämon oder Geisterwesen – ihm über<br />

die Schulter hinweg ins rechte Ohr flüstert. Es ist denkbar, daß<br />

Noldes sich selbst in dieser Figur des Bärtigen gesehen hat,<br />

der souverän und in der Gewißheit der eigenen inneren Stärke<br />

allen Versuchungen von außen widersteht. In den meisten seiner<br />

Selbstportraits stellt sich Nolde mit diesen tiefblauen Augen dar,<br />

Hinweis auf die eigene visionäre Gabe.<br />

Trotz seines kleinen Formats kann unser Aquarell Emil Noldes<br />

Werkreihe der „Phantasien“ zugerechnet werden, die als<br />

Vorläufer der späteren „Ungemalten Bilder“ aus der Zeit des<br />

Malverbots (1938–1945) angesehen werden und wie diese<br />

„entstanden ohne irgendwelches Vorbild oder Modell, auch<br />

ohne fest umrissene Vorstellung“ (Emil Nolde: Jahre der Kämpfe.<br />

Köln 1985, S.201). In einem Brief an Hans Fehr vom Dezember<br />

1932 bekräftigte der Maler: „Es sind besonders schöne Aquarelle,<br />

in einer Höhe, wie ich sie noch nicht hatte“. (AF)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

(Abbildung in Originalgröße)


17 Emil Nolde<br />

Nolde 1867 – 1956 Seebüll<br />

ALPENLANDSCHAFT (SCHWEIZ). 1930er Jahre<br />

Aquarell auf Japan. 36,9 x 46 cm<br />

(14 ½ x 18 ⅛ in.). Unten rechts mit Tuschfeder<br />

signiert: Nolde. Auf der Rückpappe ein Etikett<br />

des Kunsthauses Schaller, Stuttgart.<br />

Mit einer Bestätigung von Prof. Dr. Manfred<br />

Reuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde,<br />

vom 19. Oktober 2012. –<br />

[3237] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Baden-<br />

Württemberg<br />

€ 50.000 – 70.000<br />

$ 64,800 – 90,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Emil Noldes Bergaquarelle sind ein wenig bekannter Schatz. Bis<br />

heute bringt man den Namen des norddeutschen Malers eher<br />

mit Marschlandschaften, Blumen- und Meerbildern in Verbindung.<br />

Und doch gehören seine Darstellungen der Schweizer<br />

Bergwelt zu den Höhepunkten innerhalb seiner Aquarellkunst.<br />

Bereits 1892 lernt der junge Nolde, der damals noch seinen<br />

Geburtsnamen Hansen trägt, die Schönheit der Hochalpen<br />

kennen, als er fünf Jahre lang Lehrer für gewerbliches Zeichnen<br />

am Industrie- und Gewerbemuseum in St. Gallen war. In jugendlichem<br />

Ehrgeiz erklimmt er immer höhere Berggipfel, 1894<br />

das Jungfrauenmassiv (4158 m), im August 1896 den Monte<br />

Rosa (4634 m) und das Matterhorn (4478 m), 1897 den Ortler<br />

(3905 m) in Österreich. „Der Sohn der Ebene war allmählich ein<br />

bekannter Hochtourist geworden. Spannung und Verwegenheit<br />

trieben ihn. Aber auch die große Schönheit war ihm lieb“,<br />

schreibt der Maler in seinen Lebenserinnerungen (Emil Nolde:<br />

Das eigene Leben. Köln 1988, S.139).<br />

Immer wieder zieht es Nolde in die Schweizer Bergwelt, vermehrt,<br />

nachdem sich sein engster Freund Hans Fehr als habilitierter<br />

Jurist 1924 mit seiner Familie in Muri bei Bern dauerhaft<br />

niederläßt. Die unberührte und übermächtige Urnatur hat den<br />

Maler zeit seines Lebens bewegt und zu den ausdrucksstärksten<br />

Bildern inspiriert. Mit Demut und Ehrfurcht sucht er stets<br />

diese überwältigenden elementaren Naturereignisse bildlich zu<br />

erfassen und läßt hierbei seine tiefsten Empfindungen einfließen.<br />

Sieht man einmal von den religiösen Bildern ab, ist Nolde in<br />

keinem seiner <strong>Werke</strong> der Schöpfung näher als in diesen Landschaftsbildern.<br />

Unser Aquarell zeigt eine solche imposante Schweizer Bergkulisse:<br />

im Vordergrund zwei Häuser an einem bewaldeten Berghang,<br />

dahinter schneebedeckte Gipfel, die rechts in einer Wolkenbank<br />

verschwinden. Der Himmel ist schwarzgrau gefärbt, als stünde<br />

ein Unwetter bevor. Doch noch reflektieren die Schneeflächen<br />

das grelle Sonnenlicht, während der vordere Bergrücken bereits<br />

in blau-grünem Schatten liegt. Meisterhaft wird das Weiß des<br />

Papiergrundes in die Komposition mit einbezogen. Im freien Fluß<br />

der Farben entstand ein Werk, das in seiner expressiven Wucht<br />

fast den Rang eines Ölbildes erreicht. (AF)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


18 Otto Mueller<br />

Liebau/Schlesien 1874 – 1930 Breslau<br />

„ZWEI MÄDCHEN” („ZWEI MÄDCHENAKTE<br />

IN DREIVIERTELFIGUR”). Um 1924<br />

Leimfarbe auf Rupfen. Doubliert. 120 x 89,5 cm<br />

(47 ¼ x 35 ¼ in.). Unten links monogrammiert:<br />

O. M. Auf dem Keilrahmen oben Etiketten der<br />

Galerie Commeter, Hamburg, der Kunsthütte<br />

zu Chemnitz und der Galerie Alex Vömel,<br />

Düsseldorf.<br />

von Lüttichau/Pirsig 179. –<br />

[3049] Gerahmt.<br />

Provenienz: Karl Schmidt-Rottluff, Berlin (1928) /<br />

Hans Schröder, Garmisch-Partenkirchen (1965) /<br />

Privatsammlung, Deutschland<br />

Ausstellung: Neuere deutsche Kunst aus Berliner<br />

Privatbesitz. Berlin, Nationalgalerie, 1928,<br />

Kat.-Nr. 132 / Neun Maler, zwei Bildhauer.<br />

Alfred Hess dem Freunde deutscher Kunst<br />

zum Gedächtnis. Duisburg, Kunstmuseum,<br />

Kiel und Hamburg, 1932/33, Kat.-Nr. 45 (?)<br />

€ 800.000 – 1.<strong>200</strong>.000<br />

$ 1,036,000 – 1,550,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Dieses außergewöhnliche Gemälde Otto Muellers gehörte einst<br />

Karl Schmidt-Rottluff: Künstler sehen anders auf Kunstwerke<br />

anderer Maler, sie wissen, welche Klippen kompositorisch zu<br />

umschiffen waren. Wenn sich zwei Künstler so lange und so<br />

intensiv begleitet haben wie die beiden Mitglieder der „Brücke“<br />

Mueller und Schmidt-Rottluff, dann sind die Kriterien, nach<br />

denen die <strong>Werke</strong> des Kollegen beurteilt werden, noch schärfer.<br />

Und in der Tat stechen die „Zwei Mädchen“ aus dem Œuvre<br />

Muellers durch ihre besonders geglückte Komposition heraus.<br />

Immer wieder spielt der Künstler in seinem Werk mit gedämpfter<br />

Farbigkeit in Beige und Grüntönen das Thema Nacktheit und<br />

Natur durch, meist durch ein subtiles Wechselspiel aus den<br />

Diagonalen der Körper und der Baumstämme unterstützt.<br />

In unserem Bild aber verzichtet Mueller komplett auf den für<br />

ihn charakteristischen vegetativen Hintergrund – und setzt das<br />

Grün kühn als große abstrakte Fläche ein. Mueller konzentriert<br />

sich ganz auf die beiden Frauen. Seine große Kraft erhält das<br />

Bild allein aus diesem Dualismus. Während die Formen der<br />

jungen Frau im Hintergrund in einer Art Dämmerlicht verschleiert<br />

sind, scheint ein Lichtstrahl den Rücken der Frau vorne links zu<br />

treffen und ihren Körper zu konturieren. Die Frau hinten widmet<br />

sich introvertiert und konzentriert ihren Beinen – die vordere<br />

Frau hingegen wendet sich in einer extrovertierten Pose um,<br />

ihrer Schönheit und Verführungskraft gewiß.<br />

Das geheime Zentrum des Bildes ist der schwarze Strich der<br />

Rundung des Tisches vorn: Er wird erwidert von der Diagonalen<br />

des angewinkelten Beines hinten. Die beiden hochhackigen<br />

Schuhe am Boden schließlich nehmen subtil die beiden unterschiedlichen<br />

Kraftfelder des Gemäldes auf. Und das Dreieck,<br />

das sie bilden, spiegelt sich genau in dem gebeugten Arm der<br />

sitzenden Frau dahinter. Die ausgezogenen Schuhe strahlen<br />

eine größere Erotik und Eindeutigkeit aus als die unbekleidete<br />

Frau dahinter. So ist dieses scheinbar ruhige, konzentrierte<br />

Bild auf einer zweiten Ebene von einer großen inneren Dynamik<br />

durchzogen. Karl Schmidt-Rottluff war einer der ersten, der dies<br />

sehen konnte. (FI)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


18a Emil Nolde<br />

Nolde 1867 – 1956 Seebüll<br />

„VENEDIG (GONDEL VOR HÄUSERN)“. 1924<br />

Aquarell auf dünnem Japan.<br />

33,6 x 47 cm (13 ¼ x 18 ½ in.).<br />

Unten rechts mit Tuschfeder signiert: Nolde.<br />

Mit einer Bestätigung von Prof. Dr. Manfred<br />

Reuther, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde,<br />

vom 28. März <strong>200</strong>2. –<br />

Farben leicht geblichen, kleine Stockflecken.<br />

[3397] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Rheinland<br />

€ 60.000 – 80.000<br />

$ 77,700 – 103,600<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Nach einem ersten Italienaufenthalt im jahr 1905 reiste Emil<br />

Nolde 1924 zum zweiten Mal nach Italien und besuchte bei<br />

dieser Gelegenheit auch Venedig. Im Gegensatz zur ersten Reise<br />

war die künstlerische Ausbeute diesmal bedeutend ergiebiger,<br />

wenn auch keine Ölbilder mehr vor Ort entstanden. Für die<br />

Arbeit unterwegs schien dem Maler seit seiner einjährigen Reise<br />

in die Südsee in den Jahren 1913/14 das kleinere Format des<br />

Aquarells grundsätzlich besser geeignet. Unser Blatt mit der<br />

Darstellung einer typischen venezianischen Gondel auf einem<br />

Kanal zeugt von Noldes mittlerweile erworbenen Souveränität<br />

im Umgang mit Pinsel und Farben. Die ins Zentrum gesetzte<br />

schwarze Gondel erscheint vor einer in warmen Ocker- und<br />

Rottönen gehaltenen Häuserkulisse. Reizvoll sind die Lichtreflexe<br />

unterhalb des Bootes, die auf der spiegelglatten Wasserfläche<br />

kaum gebrochen werden und so das Farbenspiel nahezu bis<br />

zum unteren Bildrand fortführen. Allein der weiße Papiergrund<br />

verdeutlicht das gleißende Licht einer mediterranen Mittags-<br />

sonne. Aufgrund des kurzen Aufenthalts der Noldes in Venedig<br />

sind diese Aquarelle von großer Seltenheit. (AF)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


19 Gabriele Münter<br />

Berlin 1877 – 1962 Murnau<br />

„BLAUER KEGELBERG“. 1930<br />

Öl auf Leinwand. 45 x 38 cm (17 ¾ x 15 in.).<br />

Rückseitig zweimal mit dem Nachlaßstempel.<br />

Auf dem Keilrahmen ein Aufkleber mit der<br />

gestempelten Nr. L[andschaft] 341.<br />

Die Arbeit wird aufgenommen in das Werk-<br />

verzeichnis der Gemälde Gabriele Münters<br />

von Dr. Isabelle Jansen, Gabriele Münter-<br />

und Johannes Eichner-Stiftung, München<br />

(in Vorbereitung). –<br />

[3231] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland /<br />

Privatsammlung, Berlin<br />

€ 150.000 – <strong>200</strong>.000<br />

$ 194,000 – 259,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Einen frühen „Blauen Berg“ malte Gabriele Münter im September<br />

1908 während ihres ersten Aufenthaltes in Murnau. In einer<br />

rückblickenden Notiz schildert sie, wie sie „entzückt vom Anblick<br />

des blauen Bergmassivs im Abendlicht, diese Studie ganz rasch<br />

und in tiefer Versunkenheit gemalt habe: als sie von der fertigen<br />

Arbeit aufblickte, sei es ihr gewesen als ob ein Vogel ein Lied<br />

gesungen habe“ (zit. nach Ausst.-Kat. Lenbachhaus, München<br />

1993, S. 33). Damals war es die Kette der drei Hörnle-Gipfel gewesen,<br />

die ihre Aufmerksamkeit fesselte. Der „Blaue Kegelberg“<br />

ist nicht ohne weiteres geographisch zuzuordnen, erscheint<br />

doch die in einer einzigen großartigen Geste zusammengefaßte<br />

Schau des Natureindrucks als eigentliches Bildthema. Lange<br />

wurde Gabriele Münter als „naiver“ Gegenpol zum intellektuellen<br />

Wassily Kandinsky angesehen, als Künstlerin, die allein aus<br />

natürlichem Instinkt heraus agiere. Dem widerspricht schon ihre<br />

Arbeitsweise, denn die auf Spaziergängen und Wandertouren<br />

schnell und intuitiv entstandenen Studien dienten ihr zumeist<br />

als Ausgangsmaterial, um die als wesentlich erfaßten Form- und<br />

Farbeigenschaften der Landschaft im Bild herauszufiltern und<br />

malerisch zu steigern.<br />

Ein Werk wie „Blauer Kegelberg“ ist in Auffassung und Konzeption<br />

alles andere als naiv. In eng begrenztem Motivausschnitt wird<br />

die Landschaft mit bewußter Radikalität als ein fast abstraktes<br />

Gefüge wiedergegeben, wobei die räumliche Entfernung<br />

zwischen den Buckelwiesen und Hügeln im Vordergrund und der<br />

Alpenkulisse in der Ferne nahezu aufgehoben ist. Bekanntermaßen<br />

liebte Gabriele Münter die bei Föhn herrschende Stimmung,<br />

wenn die schwarzblauen Berge scheinbar nahe heranrückten<br />

und die Farben besonders intensiv leuchteten. Was die Malerin<br />

bei solchem Anblick empfand, bewahrt die ganz persönliche und<br />

intime Prägung ihrer konzentriert ausgearbeiteten Gemälde, die<br />

somit nichts an Frische und Spontaneität einbüßen, aber zusätzlich<br />

an Tiefe gewinnen. (sch)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


20 Gabriele Münter<br />

Berlin 1877 – 1962 Murnau<br />

„MURNAU WEST IM FRÜHLING“. 1960<br />

Öl auf Leinwand. 38,5 x 50,5 cm<br />

(15 ⅛ x 19 ⅞ in.). Unten links signiert: Münter.<br />

Auf dem Keilrahmen oben mit Feder in Schwarz<br />

über Kugelschreiber in Blau datiert, signiert und<br />

betitelt: März 1960 Ga.[briele] Münter Murnau<br />

West im Frühling.<br />

Die Arbeit wird aufgenommen in das Werk-<br />

verzeichnis der Gemälde Gabriele Münters<br />

von Dr. Isabelle Jansen, Gabriele Münter-<br />

und Johannes Eichner-Stiftung, München<br />

(in Vorbereitung). – [3231] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland<br />

(erworben von der Familie der Künstlerin) /<br />

Privatsammlung, Berlin<br />

€ 150.000 – <strong>200</strong>.000<br />

$ 194,000 – 259,000<br />

Als Gabriele Münter 1908 während eines Ausflugs zufällig<br />

in das kleine, oberbayrische Dorf Murnau gelangte,<br />

war sie sofort begeistert. An die grauen Mauern und<br />

hektischen Straßen der Stadt München gewöhnt, wirkten<br />

die stille Landschaft, die kleinen Häuser, die helle Dorfkirche<br />

wunderbar beruhigend und idyllisch auf sie. 1909<br />

kaufte sie ein Haus in Murnau, das für die nächsten Jahre<br />

ihre Heimat sein sollte. In der Abgelegenheit des Ortes,<br />

der Ursprünglichkeit der Natur und des Lebens fand<br />

Münter zu einer neuen Malerei. Klarheit und Einfachheit<br />

des Seins drückten sich gleichfalls in den sich radikal<br />

geänderten Bildern aus.<br />

Doch Murnau beeinflußte nicht nur Gabriele Münter.<br />

Wassily Kandinsky, ihr einstiger Lehrer und mittlerweile<br />

Lebensgefährte, war mit ihr nach Murnau gezogen. Sie<br />

lebten und arbeiteten intensiv in den Jahren auf dem<br />

Lande. Weitere Künstler kamen hinzu: Alexej Jawlensky<br />

und Marianne Werefkin, Franz Marc und Heinrich Campendonk.<br />

Für sie alle war es ein schöpferischer Ort, eine<br />

Inspirationsquelle, die sie ermutigte, altbekannte Pfade<br />

der Malerei zu verlassen, vorzudringen in neue, unbekannte<br />

Gebiete, zu eigenem Ausdruck und ungeahnten<br />

Ergebnissen zu finden.<br />

Unser 1960 entstandenes Bild „Murnau West im<br />

Frühling“ ist eines der späten <strong>Werke</strong> der Künstlerin.<br />

Doch es ist von derselben starken Ausdruckskraft wie<br />

jene Bilder aus ihrer ersten Zeit auf dem Lande. Es<br />

zählen noch immer dieselben Worte Münters vom Beginn<br />

ihrer Murnauer Zeit: „Von nun an bemühte ich mich nicht<br />

mehr um die nachrechenbare, ‚richtige’ Form der Dinge,<br />

und doch habe ich nie die Natur überwunden, zerschlagen<br />

oder gar verhöhnen wollen. Ich stellte die Welt dar,<br />

wie sie mir wesentlich schien, wie sie mich packte.“<br />

(Zit. nach: Gabriele Münter malt Murnau, Ausst.-<br />

Kat. Murnau 1996, S. 11) (Br)<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


21 Alexej von Jawlensky<br />

Torschok 1864 – 1941 Wiesbaden<br />

„GROSSES STILLEBEN: CHRYSANTHEMEN“.<br />

Um 1937<br />

Öl auf leinenstrukturiertem Karton.<br />

39,7 x 30,2 cm (15 ⅝ x 11 ⅞ in.). Unten links<br />

monogrammiert: A. J. Unten rechts undeutlich<br />

datiert (37?). Rückseitig oben von fremder<br />

Hand beschriftet: links mit rotem Farbstift:<br />

A. v. Jawlensky 1937; rechts mit blauem<br />

Farbstift: 1937.<br />

Nicht bei Jawlensky. – Mit einer Bestätigung<br />

des Alexej von Jawlensky-Archivs S. A., Locarno,<br />

vom 17. Januar <strong>200</strong>5. – [3363]<br />

Provenienz: Privatsammlung, Hessen<br />

€ 90.000 – 120.000<br />

$ 116,600 – 155,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Mehr als bei fast jedem anderen Maler seiner Zeit war die Farbe<br />

bei Jawlensky Symbol und Bedeutungsträger. In immer wieder<br />

neuen Farbklängen versuchte der Maler bei den landschaftlichen<br />

„Variationen“, den „Abstrakten Köpfen“ und schließlich<br />

bei den späten „Meditationen“ mithilfe der Farbe die Schranke<br />

des sinnlich Erfahrbaren zu überschreiten und eine geistige<br />

Ebene zu erschließen.<br />

In den 1930er Jahren zog sich Jawlensky, von den Nationalsozialisten<br />

mit einem Ausstellungsverbot belegt und vom zunehmenden<br />

Unverständnis seiner Zeitgenossen getroffen, ganz in seine<br />

innere Gefühlswelt zurück. Hinzu kam eine fortschreitende Lähmung<br />

der Hände, die ihm die Arbeit erschwerte und schließlich<br />

ganz unmöglich machte. In seinen Lebenserinnerungen spricht<br />

er davon, daß jede der kleinen „Meditationen“ für ihn wie ein<br />

Gebet sei, das ihm helfe sein Los zu tragen. Doch weiter heißt<br />

es: „Als ich etwas Erleichterung in meinen Händen fühlte, malte<br />

ich gleich große Bilder, nur Stilleben, meistens Blumen. Sie sind<br />

sehr schön in Farben und haben großen Erfolg bei den Menschen.“<br />

(Zit. nach: Alexej Jawlensky 1864–1941, Ausst.-Kat. Lenbachhaus<br />

München, 1983, S. 332)<br />

Das „Große Stilleben: Chrysanthemen“ zeigt in der vertikalen<br />

Ausrichtung der Striche, die den Hintergrund bilden, die enge<br />

Verwandtschaft zu den „Meditationen“. Vor dunkler Tiefe<br />

erglühen die Blütenköpfe in Gelb, Rot und Violett. In den<br />

Gelbtönen, schimmernd wie goldene Ikonen, offenbart sich<br />

die mystische Grundhaltung des Malers. Unser Bild mit den<br />

herbstlichen Chrysanthemen ist eines der letzten Bilder, die<br />

Jawlensky ausführen konnte. Die Arbeit wird hierdurch zu einem<br />

ergreifenden Zeugnis des Trostes und des sich ausdrückenden<br />

Könnens. (OH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


22 Ernst Barlach<br />

Wedel 1870 – 1938 Rostock<br />

„DER FLÖTENBLÄSER“. 1936<br />

Bronze mit brauner Patina. Höhe: 59,5 cm<br />

(23 ⅜ in.). Rückseitig unten signiert: E. Barlach.<br />

Rechts daneben der Gießerstempel: H.NOACK<br />

BERLIN.<br />

Laur 596. –<br />

Posthumer Guß aus den 1970er Jahren.<br />

Einer von 32 Güssen (davon 29 in Bronze<br />

und 3 in Zink). [3184]<br />

Provenienz: Privatsammlung, Berlin<br />

€ 50.000 – 70.000<br />

$ 64,800 – 90,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Wie zahlreiche seiner plastischen <strong>Werke</strong> hat Ernst Barlach auch<br />

den „Flötenbläser“ 1936 nach der Modellierung in Gips zuerst<br />

in Holz umgesetzt. Die Holzskulpturen haben Barlachs Rang<br />

als Bildhauer maßgeblich geprägt. Als Alfred Flechtheim 1926<br />

die Vertretung des Künstlers übernahm, entstand der Wunsch,<br />

die Kunstwerke im dauerhafteren Material Bronze umzusetzen.<br />

Barlach selbst stand dieser Idee zunächst skeptisch gegenüber,<br />

doch schließlich wurden rund zwanzig Skulpturen aus der Zeit<br />

zwischen 1907 und 1930 in Bronze gegossen.<br />

In sich versunken ist „Der Flötenbläser“ in einen Umhang<br />

gehüllt und mit einem flachen Hut auf dem Kopf sitzend wiedergegeben,<br />

so daß alle Konturen einer einheitlich geschlossenen<br />

Linie folgen. Die Figur tritt das erste Mal in einer Zeichnung für<br />

eine der beiden Holzskulpturen auf, die Barlach 1919/20 für das<br />

Haus von Leo Levin in Breslau entwarf. Sie wurden dort jedoch<br />

nicht realisiert. Die Arme, eng vor dem Oberkörper, halten das<br />

Instrument, wohl mehr eine Schalmei als eine Flöte, die Hände<br />

treten deutlich hervor. Der Gesichtsausdruck des jungen Mannes<br />

ist still, er scheint den Tönen nachzulauschen.<br />

Auch der „Flötenbläser“ berührt die Grundfragen menschlichen<br />

Seins. Seine Aussage wird intuitiv verstanden. „Bei keinem<br />

Künstler des Expressionismus sind wir so schnell mit dem Wort<br />

deutsch bei der Hand wie bei Barlach. [...] Formvereinfachung,<br />

Suche nach dem Kreatürlichen und Verzicht auf komplizierte<br />

intellektuelle Inhalte waren das Anliegen einer ganzen Generation.<br />

Barlach verband dies mit einer zunehmend religiösen Weltschau,<br />

und darin mögen wir das spezifisch Deutsche erkennen.“<br />

(Angela Schneider, in: Kunst des 20. Jahrhunderts, National-<br />

galerie Berlin, o.J., S. 22) (EO)


23 Albert Birkle<br />

Berlin 1900 – 1986 Ostermünchen<br />

„KREUZIGUNG“ („GROSSE KREUZIGUNG“).<br />

1921<br />

Öl auf Leinwand. Doubliert. 322 x <strong>200</strong> cm<br />

(126 ¾ x 78 ¾ in.). Unten rechts signiert:<br />

A. Birkle. Unten links nachträglich signiert und<br />

datiert: A. Birkle 1921.<br />

Die Malerei am Oberrand ergänzt. [3099]<br />

Provenienz: Privatsammlung, Österreich<br />

(direkt vom Künstler erworben)<br />

Ausstellung: Große Berliner Kunstausstellung<br />

1922. Berlin, Landesausstellungsgebäude am<br />

Lehrter Bahnhof, Kat.-Nr. 53, ganzs. Abb. 1 /<br />

Albert Birkle. Ölmalerei und Pastell. Salzburg.<br />

Museumspavillon im Mirabellgarten, Kulturamt<br />

der Stadt Salzburg und Salzburger Museum<br />

Carolino Augusteum, 1980, Abb. 3 / Albert<br />

Birkle. De profundis. Hof, Freiheitshalle, veranstaltet<br />

vom Kulturreferat der Stadt Hof und der<br />

Neuen Münchner Galerie, 1986 (ohne Kat.) /<br />

Albert Birkle. De profundis – aus der Tiefe.<br />

Gemälde, Zeichnungen, Glasfensterentwürfe.<br />

Schweinfurt, Städtische Sammlungen; München,<br />

Galerie der Bayerischen Landesbank;<br />

Schramberg, Kulturzentrum im Schloß; Salzburg,<br />

Museum Carolino Augusteum; 1990, außer Kat.<br />

(nur in Salzburg gezeigt), S. 11 (erwähnt) /<br />

Albert Birkle. Unter dem Kreuz. Schramberg-<br />

Sulgen, Alte St. Laurentius-Kirche und<br />

Lauterbach, Galerie Kimmich, veranstaltet vom<br />

Förderkreis Alte St. Laurentius Kirche, dem<br />

Kunstverein Wilhelm Kimmich und dem<br />

Landratsamt Rottweil, 2010 (ohne Kat.)<br />

Literatur und Abbildung: Hochland, 24. Jg.,<br />

Oktober 1926, S. 97 / Rudolf Pfefferkorn:<br />

Albert Birkle. Leben und Werk. Hans Christians<br />

Verlag, Hamburg 1983, S. 12 / Sylvia Kraker:<br />

Albert Birkle 1900-1986. Diss. phil., Universität<br />

Innsbruck, 1992, Kat.-Nr. 640, S. 268-271, Abb.<br />

Nr. 74, S. 267 / Wolfgang Huber: Das Licht als<br />

Vorbote des Lebens. In: <strong>Grisebach</strong>. Das Journal.<br />

Zweite Ausgabe 2012, S. 54/55<br />

€ 100.000 – 150.000<br />

$ 130,000 – 194,000<br />

Das Gemälde wurde vom Künstler zu Beginn des<br />

Zweiten Weltkriegs aus Berlin nach Süddeutschland<br />

gebracht und zu diesem Zweck abgespannt<br />

und gerollt. Erst 1983 wurde es auf Veranlassung<br />

des Künstlers restauriert und neu aufgespannt.<br />

Danach hat Birkle das Bild erneut signiert.<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Die nicht nur materiellen, sondern mehr noch psychischen Verheerungen,<br />

die der Erste Weltkrieg hinterlassen hatte, bewirkten<br />

einen tiefen Wandel im Menschenbild vieler Künstler, dem sie auf<br />

unterschiedliche Weise Ausdruck verliehen. Die einen suchten<br />

ihr Seelenheil in einer kühlen Sachlichkeit, um sich gegen die Art<br />

von falschen Versprechungen zu wappnen, die in die Katastrophe<br />

geführt hatten. Andere stellten in aggressiver antibürgerlicher<br />

Attitüde die Sinnhaftigkeit der Gesellschaftsordnung und ihrer<br />

Kultur generell in Frage. Und einige entdeckten christliche Bildmotive<br />

wieder, deren Ikonographie sie jenseits konfessioneller<br />

Bindungen als überzeitlichen Ausdruck des menschliche Daseins<br />

zwischen Leiden und Erlösung interpretierten und für ihre Gegenwart<br />

aktualisierten.<br />

Albert Birkle gehört mit seiner „Großen Kreuzigung“ in die letzte<br />

Gruppe. Noch im letzten Kriegsjahr 1918 eingezogen, erlebte<br />

er als blutjunger Soldat die Sinnlosigkeit des Massensterbens in<br />

den Materialschlachten moderner Kriegstechnik. Der Frage nach<br />

dem „Warum“ und „Wofür“ ist er dennoch nicht ausgewichen,<br />

sondern hat sie in seiner Kunst immer wieder aufs Neue thematisiert.<br />

Dem hochbegabten Studenten der Berliner Akademie<br />

wurde bereits 1921 ein Meisteratelier zugewiesen. Dort entstand<br />

die „Große Kreuzigung“.<br />

Bemerkenswert ist vieles an diesem Gemälde, zuallererst die<br />

Tatsache, daß es von einem 21jährigen geschaffen wurde, der<br />

damit eine Gedankentiefe offenbart, die über sein Alter weit<br />

hinausweist. Die an Matthias Grünewalds Isenheimer Altar<br />

erinnernde Farbgebung mit der mystischen Beleuchtung zeigt<br />

eine genaue Kenntnis des alten Meisters und den Willen, die<br />

Errungenschaften der früheren Malerei dem gegenwärtigen<br />

Kunstschaffen zunutze zu machen. Ganz ungewöhnlich und<br />

sinnfällig ist die Gestalt des Gekreuzigten, die der Künstler auf<br />

eine Höhe mit dem Betrachter bringt. Der im wahren Wortsinn<br />

tief hängende Leib mit dem Licht, das aus ihm strömt, verkörpert<br />

die Dualität von Entrückung und Gegenwärtigkeit. Dieses Licht<br />

ist gleißend und milde zugleich, es ist auf den Menschen gerichtet,<br />

der die Szene betrachtet. So ist trotz des schrecklichen<br />

Geschehnisses die Erlösung ganz nahe. Birkles große Kunst<br />

besteht hier wie auch in anderen seiner Bilder nicht nur christlicher<br />

Thematik darin, in all dem Schrecken und der Abgründigkeit<br />

dem Menschen eine Würde zu geben, die ihm als in die Welt<br />

Geworfenen unabhängig von Stand oder Rang zukommt. (MS)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


24 Otto Dix<br />

Gera-Untermhaus 1891 – 1969 Singen<br />

„LANDSCHAFT IM BÖHMISCHEN<br />

MITTELGEBIRGE“. 1942<br />

Mischtechnik auf Leinwand auf Holz.<br />

81 x 100 cm (31 ⅞ x 39 ⅜ in.).<br />

Unten rechts monogrammiert und<br />

datiert: 19 [Monogramm] 42.<br />

Löffler 1942/16. –<br />

Vereinzelte feine Risse in der Malschicht.<br />

[3382] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-<br />

Westfalen (während des Krieges erworben,<br />

seitdem in Familienbesitz)<br />

Literatur und Abbildung: Fritz Löffler: Otto Dix.<br />

Leben und Werk. Dresden, Verlag der Kunst,<br />

1. Aufl. 1960, S. 90/91, Abb. 136; 2. Aufl.<br />

1967, S. 101, Abb. 171; 3. Aufl. 1972, S. 103,<br />

Abb. 169<br />

€ 100.000 – 150.000<br />

$ 130,000 – 194,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Einen Blick aus der Vogelschau gewährt uns der Künstler hier<br />

auf die detailgenau festgehaltene Berglandschaft mit fruchtbaren,<br />

von der Sonne beschienenen Tälern. Es ist eine friedliche,<br />

bukolische Szenerie, in der sich, gleichsam hineingeduckt, ein<br />

Dorf mit wenigen Häusern an die grünen Hügel schmiegt. Wäre<br />

da nicht der spitz aufragende Fels im Vordergrund, der sich fast<br />

störend vor der beschaulichen Szenerie auftürmt. Auch er liegt<br />

im Sonnenlicht, was ihm etwas von seiner Bedrohlichkeit nimmt.<br />

Und doch ist er so ins Bild gesetzt, daß er uns den Blick auf die<br />

harmonische Welt in der Ferne verwehrt. Es ist eine ungewöhnliche<br />

Komposition, die das Element in den Mittelpunkt rückt,<br />

das sonst Ausgangspunkt unserer Betrachtung wäre: der Gipfel,<br />

der Aussichtspunkt, der das Schauen in die Weite erst möglich<br />

macht.<br />

Dix’ Beschäftigung mit der Landschaft hat ihre Ursachen in<br />

einer inneren Krise, die den politischen Repressalien der<br />

Nazi-Herrschaft geschuldet ist. Er galt als „entarteter“ Künstler.<br />

So entstanden in den Jahren während des Zweiten Weltkriegs<br />

ausschließlich Landschaften in akribisch ausgeführter Lasurtechnik.<br />

Seine Vorliebe für menschenleere, aus großer Fernsicht<br />

gezeigte Landschaftsansichten ist jedoch nicht als opportunistische<br />

Entscheidung anzusehen. Tatsächlich nutzte Dix den<br />

Spielraum einer mißverstandenen Romantik in der Nazi-Ästhetik<br />

für sich, durch eine auf die Spitze getriebene Technik und motivisch<br />

radikalisierte Darstellungen. Dabei wirkt die Natur bei Dix<br />

„keineswegs harmlos idyllisch und ,sauber’, sondern im Gegenteil<br />

unnahbar und unbewohnbar; sie ist Zufluchtsort nur noch für die<br />

Imagination“. (Zitiert nach: Eva Karcher: Landschaft, in: Otto Dix<br />

1891–1969, München, Museum <strong>Villa</strong> Stuck, 1985, S. 203) (AJ)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


25 R George Grosz<br />

1893 – Berlin – 1959<br />

„JOBLESS / ARBEITSLOS“. Um 1935<br />

Aquarell und Tuschfeder auf Papier.<br />

50 x 39,5 cm (19 ⅝ x 15 ½ in.).<br />

Unten rechts signiert: GROSZ.<br />

Unten links mit Bleistift bezeichnet: Three Men.<br />

Rückseitig mit Bleistift bezeichnet und<br />

betitelt: 4 Insel Zingler 4 Jobless Arbeitslos.<br />

Rückseitig mit dem Adreßstempel des Künstlers:<br />

GEORGE GROSZ The Cottage, Woodhall Road<br />

Huntington, New York.<br />

Mit einer Bestätigung von Ralph Jentsch,<br />

Rom, vom 9. Oktober 2012. –<br />

Das Aquarell wird aufgenommen in das<br />

Werkverzeichnis der Arbeiten auf Papier<br />

von George Grosz von Ralph Jentsch, Rom<br />

(in Vorbereitung). –<br />

Gefirnißt. [3206]<br />

Provenienz: Privatsammlung, USA<br />

Literatur und Abbildung: Auktionskatalog<br />

Wolfgang Ketterer, München, Auktion 33,<br />

28./29. Mai 1979, Nr. 491<br />

€ 50.000 – 70.000<br />

$ 64,800 – 90,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

George Grosz, 1893 unter dem Namen Georg Ehrenfried Groß<br />

als Sohn eines Gastwirtsehepaares geboren, war einer der<br />

Hauptvertreter des Berliner Dadaismus. Später hat man seine<br />

Kunst der Neuen Sachlichkeit zugerechnet, obwohl Grosz’<br />

Gemälde und Zeichnungen der 1920er Jahre, ähnlich wie bei<br />

Otto Dix, auch häufig veristische Züge aufweisen. Die Jugend in<br />

der späten Kaiserzeit (seine Mutter betrieb ein Offizierskasino<br />

in Stolp in Pommern) und das Erlebnis des Ersten Weltkrieges<br />

sollten Grosz nachhaltig prägen. Seine anfängliche Kriegsbegeisterung<br />

schlug bald um in deutliche Ablehnung. Ab 1916 wollten<br />

er und sein Freund Helmut Herzfeld deshalb keine deutschen<br />

Namen mehr tragen und nannten sich George Grosz und John<br />

Heartfield. Während letzterer sich nach dem Ersten Weltkrieg der<br />

Fotografie und Fotomontage zuwandte, blieb Grosz der Malerei<br />

treu. In den 1920er Jahren konzentrierte er sich auf gesellschaftskritische<br />

Bilder und schuf Gemälde, die heute zu Recht<br />

als Ikonen der „Roaring Twenties” gelten.<br />

Das Aquarell „Jobless / Arbeitslos“ entstand in den 1930er<br />

Jahren, als Grosz, der einen Lehrauftrag der New Yorker Art<br />

Students League erhalten hatte, bereits in die USA ausgewandert<br />

war. Man erkennt auf den ersten Blick, daß Grosz unmittelbar<br />

an die Bildmotive seiner Berliner Zeit anknüpft. Seine Malweise<br />

jedoch hat sich geändert – sie wirkt im Vergleich zu älteren<br />

<strong>Werke</strong>n nicht mehr grotesk und karikierend, sondern realistischer<br />

und besonders in ihrer kontrastreichen Farbgebung auffallend<br />

modern. Obwohl er in den USA nicht die erhoffte Resonanz wie<br />

in Deutschland fand, bedeutete die Übersiedlung nach New York<br />

für Grosz persönlich ohne Zweifel eine Befreiung. Im Kolorit, der<br />

ausgewogenen Komposition und der souveränen Linienführung<br />

von „Jobless / Arbeitslos“ wird klar, daß er hier nicht zuletzt die<br />

bis dahin gefühlte Enge hinter sich gelassen hat. (UC)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


26 Lotte Laserstein<br />

Preußisch-Holland 1898 – 1993 Kalmar<br />

RÜCKENAKT (TRAUTE ROSE). Um 1931<br />

Öl auf Leinwand. 70,5 x 55,8 cm (27 ¾ x 22 in.).<br />

Oben rechts signiert: Lotte Laserstein. Auf dem<br />

Keilrahmen mit Feder in Braun bezeichnet:<br />

Lotte Laserstein Berlin W 50 Nachodstr. 15.<br />

Nicht bei Krausse. – Das Gemälde ist im<br />

Archiv der <strong>Werke</strong> Lotte Lasersteins von<br />

Dr. Anna-Carola Krausse, Berlin, verzeichnet. –<br />

[3022] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Berlin (direkt<br />

von der Künstlerin erworben, seitdem in<br />

Familienbesitz)<br />

Literatur und Abbildung: Eva Menasse:<br />

Traute Einsamkeit. In: <strong>Grisebach</strong>. Das Journal.<br />

Zweite Ausgabe 2012, S. 48-53<br />

€ 40.000 – 60.000<br />

$ 51,800 – 77,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Es gibt eine Noblesse in der Malerei Lotte Lasersteins, eine<br />

Zurückhaltung, die singulär ist in der deutschen Malerei der<br />

späten zwanziger, frühen dreißiger Jahre. Die jüdische Künstlerin,<br />

die erst seit einigen Jahren nach dem Ankauf ihres Hauptwerkes<br />

„Abend über Potsdam“ durch die Berliner Nationalgalerie wieder<br />

ins allgemeine Bewußtsein gerückt ist, hat einen Stil entwickelt,<br />

dessen Menschenbild immer einige Grade wärmer ist als das<br />

der Neuen Sachlichkeit, selbst wenn Laserstein, wie in unserem<br />

Gemälde, ihr Modell nur von hinten zeigt.<br />

Der Rückenakt zeigt Traute Rose, die Muse der Künstlerin in<br />

ihren Berliner Jahren. Und in der Malerei drückt sich beides<br />

zugleich aus: Einerseits die Schutzlosigkeit des Modells, das<br />

nicht weiß, was hinter seinem Rücken geschieht und sich so<br />

im doppelten Sinne der Malerin ausliefert. Andererseits aber<br />

antwortet Laserstein mit einem Blick voller Zutrauen, sie hüllt<br />

Traute Rose mit ihrer Malerei ein wie in einen wärmenden Pelz.<br />

Am unteren Rücken, an den Armen, überhaupt an den dunklen<br />

Partien, bekommt der dünne Farbauftrag etwas sehr Haptisches,<br />

sie umschmeichelt den Körper der Freundin mit dem Pinsel,<br />

achtsam, konzentriert, souverän. Dargestellt ist ein intimer<br />

Moment: Traute Rose trocknet sich mit einem weißen Handtuch<br />

das Bein ab.<br />

Die rasche Hell-Dunkel-Malerei, die allein mit Braun- und<br />

Fleischtönen auskommt und sich ganz bewußt in die Tradition<br />

der Aktmalerei stellt, wird subtil kontrastiert mit dem blau-weiß<br />

gestreiften Handtuch, auf dem Traute Rose sitzt. Es ist, als<br />

wollte die Malerin mit diesem kleinen Detail die ganze Szenerie<br />

ganz bewußt in der Gegenwart verankern. (FI)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


27 Johannes Molzahn<br />

Duisburg 1892 – 1965 München<br />

„MIT DEM FLIEGENBUCH“ (RECTO) /<br />

„LIEGENDE FRAU“ (VERSO). 1931<br />

Jeweils Öl auf Leinwand.<br />

125 x 125 cm (49 ¼ x 49 ¼ in.).<br />

Vorderseitig am linken und rechten<br />

Bildrand oben jeweils signiert und datiert<br />

(in die nasse Farbe geritzt): Molzahn 31.<br />

Gries 186 A und 187 B. –<br />

[3037]<br />

Provenienz: Ehemals Prof. Dr. Erich Wiese,<br />

Darmstadt<br />

Ausstellung: Johannes Molzahn. Duisburg,<br />

Wilhelm Lehmbruck Museum, 1964, Kat.-Nr. 31 /<br />

Johannes Molzahn. Das malerische Werk.<br />

Wilhelm Lehmbruck Museum, 1988, Kat.-Nr. 44,<br />

Abb. S. 82 (Vorderseite) und S. 83 (Rückseite)<br />

Literatur und Abbildung: Herbert Schade:<br />

Johannes Molzahn. Einführung in das Werk und<br />

die Kunsttheorie des Malers. Schnell & Steiner,<br />

München und Zürich 1972, S. 8, 67, 118, ganzs.<br />

Abb. Nr. 39<br />

€ 80.000 – 120.000<br />

$ 103,600 – 155,000<br />

In der linken unteren Ecke des Bildes ist ein<br />

sogenanntes „Fliegenbuch“ dargestellt.<br />

Es handelt sich dabei um eine Schachtel<br />

mit künstlichen Nachbildungen von Insekten,<br />

die als Köder beim Forellenfischen dienen<br />

und mit Haken versehen sind.<br />

(Rückseite)<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Ohne daß er jemals dort gelehrt oder studiert hätte, entsprach<br />

Johannes Molzahn dem Idealtypus des Bauhaus-Künstlers. Er war<br />

sozial engagiert und - im Sinne von Laszlo Moholy-Nagy - radikal<br />

modern. Für Molzahn, der als junger Mann zunächst eine Ausbildung<br />

zum Fotografen absolviert hatte, bevor er sich der Malerei<br />

zuwandte, war der Ingenieur der wahre Künstler der Gegenwart.<br />

Nach dem Ersten Weltkrieg unterstützte er den „Arbeitsrat für<br />

Kunst“, stellte in Herward Waldens Galerie „Der Sturm“ aus<br />

und arbeitete ab 1922 auf Vermittlung seines Freundes Walter<br />

Gropius unter anderen als Graphiker und Typograph für die<br />

Fagus-<strong>Werke</strong> im niedersächsischen Alfeld. Ab 1923 war er<br />

zudem als Lehrer tätig, erst an der Kunstgewerbeschule in<br />

Magdeburg, dann in Breslau. 1938 emigrierte er in die USA,<br />

nahm die amerikanische Staatsbürgerschaft an und kehrte<br />

erst über zwanzig Jahre später nach Deutschland zurück.<br />

Das Gemälde „Mit dem Fliegenbuch“ entstand in Molzahns<br />

Breslauer Zeit und ist beidseitig bemalt: Auf der Rückseite der<br />

Leinwand befindet sich eine „Liegende Frau“. Beide Bilder sind<br />

vollständig ausgeführt und zeigen Molzahns schematisierenden,<br />

visuell sehr reizvollen Stil der frühen 1930er Jahre in vollendeter<br />

Reife. Obgleich die Vorderseite eine Szene in der Natur darstellt<br />

(zwei Männer und zwei Frauen beim Fliegenfischen), lassen<br />

Formensprache und die Statik der Komposition eher an einen<br />

technischen Vorgang denken. Zur selben Zeit entstandene <strong>Werke</strong><br />

Fernand Légers kommen einem in den Sinn. Auch dort stehen in<br />

ihrer Physiognomie stark vereinfachte Figuren statuarisch im Bild<br />

und werden von ornamental geschwungenen Linien umspielt. Die<br />

Rückseite ist im Vergleich dazu insgesamt bewegter, emotionaler<br />

– vielleicht, weil es sich dabei um ein intimes Motiv handelt. (UC)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


28 Fritz Winter<br />

Altenbögge 1905 – 1976 Herrsching/Ammersee<br />

„TRIEBKRÄFTE DER ERDE“. 1944<br />

Öl auf dünnem Transparentpapier,<br />

an den Ecken fest ins Passepartout montiert.<br />

29,5 x 21 cm (11 ⅝ x 8 ¼ in.).<br />

Lohberg 804. –<br />

[3428] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-<br />

Westfalen<br />

Ausstellung: Fritz Winter. Frankfurt a.M.,<br />

Göppinger Galerie, 1959, ohne Nr., Abb. /<br />

Fritz Winter. Gemälde, Aquarelle und Handzeichnungen.<br />

Köln, Kunshaus Lempertz, 1960,<br />

Kat.-Nr. 56, Abb. / Eine Krise der Kunst.<br />

Entartete Kunst im Dritten Reich. Sendai,<br />

Sendai Museum, 1995, Kat.-Nr. 171<br />

[lt. rückseitigem Etikett]<br />

Literatur und Abbildung: Werner Haftmann:<br />

Fritz Winter – Triebkräfte der Erde. Piper Verlag,<br />

München 1957, Farbabbildung<br />

€ 50.000 – 70.000<br />

$ 64,800 – 90,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

In der abstrakten Kunst nach 1945 nehmen Fritz Winters <strong>Werke</strong><br />

eine ganz eigenständige Position ein. Seine Kriegserlebnisse -<br />

er wurde 1944 in Rußland verwundet - und die leidvollen<br />

Erfahrungen während des Nationalsozialismus (er wurde als<br />

’entarteter’ Künstler diffamiert) verarbeitete der Maler während<br />

eines Genesungsurlaubs in 46 kleinformatigen Blättern unter<br />

dem gemeinsamen Titel „Triebkräfte der Erde“. Die lebenspendende<br />

Energie der Natur wurde sein Thema. Jenseits aller Ideologien<br />

versuchte er zu beschreiben, woher der Mensch gekommen<br />

ist und welchen Platz er im Gefüge des Kosmos einnimmt. Winter<br />

bediente sich dabei einer ungegenständlichen Formensprache,<br />

die an seine Lehrer am Bauhaus in Dessau, Kandinsky und<br />

Klee erinnert. Der Betrachter sollte nicht auf eine bestimmte<br />

Darstellung festgelegt und sein Denken in keine vorgezeichnete<br />

Richtung beeinflußt werden.<br />

Die erdhaften Töne der Malerei, die Winter auf ölgetränktes<br />

Schreibmaschinenpapier setzte, das einzige für ihn damals<br />

verfügbare Material, wirken auf den ersten Blick rätselhaft und<br />

geheimnisvoll. Im Zusammenklang von verdunkelten Partien<br />

und helleren Lichtern, im Spiel der Kräfte zwischen amorphen<br />

Formationen und annähernd konstruktiven Linienverläufen<br />

gewinnt eine Geistwelt an Volumen. Aus diesem Gedanken-<br />

gebilde erwächst eine Dynamik, die neue Energien freisetzt.<br />

Mit der transzendierenden Umsetzung des Geistigen erreichte<br />

die frühe Nachkriegsmalerei Fritz Winters metaphysische<br />

Dimensionen, aus denen sich die informelle Malerei der 1950er<br />

Jahre auf dem Weg zu einer höheren Kunst unter Verzicht auf<br />

den Gegenstand gespeist hat. (EO)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


29 Oskar Schlemmer<br />

Stuttgart 1888 – 1943 Baden-Baden<br />

„FIGUR AUF GRAUEM GRUND“. 1928/29<br />

Öl und Tempera auf Leinwand, auf Leinwand<br />

aufgezogen. 58,5 x 23,6 cm (23 x 9 ¼ in.).<br />

Nicht bei von Maur (vgl. von Maur G 173). –<br />

Mit einer Bestätigung von Prof. Dr. Karin von<br />

Maur, Stuttgart, vom 17. November 1986<br />

(in Kopie). –<br />

Randretuschen. [3223] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Hessen<br />

Literatur und Abbildung: Ausstellungskatalog:<br />

Oskar Schlemmer. Der Folkwang-Zyklus. Malerei<br />

um 1930. Essen, Museum Folkwang, 1993/94,<br />

Kat.-Nr. 149a, Farbabbildung S. 167<br />

€ 300.000 – 400.000<br />

$ 389,000 – 518,000<br />

Bei unserem Gemälde handelt es sich um<br />

einen der Entwürfe des Künstlers zur Ausmalung<br />

der Rotunde im Museum Folkwang, Essen.<br />

Bei diesen Entwürfen war gelegentlich der<br />

Bruder des Künstlers an der Ausführung des<br />

grauen Hintergrundes beteiligt.<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Im Jahr 1928 begann Oskar Schlemmer mit den Entwürfen zur<br />

Ausmalung der Rotunde im Museum Folkwang in Essen, die<br />

das figürliche Brunnenmonument des belgischen Jugendstilbildhauers<br />

George Minne beherbergte. Das als Folkwang Zyklus<br />

berühmt gewordene Projekt, die insgesamt drei Fassungen für<br />

die neun Wandtafeln des Brunnenraumes, sollten den Maler drei<br />

Jahre lang in Atem halten. Die „Figur auf grauem Grund“ gehört<br />

zu den vorbereitenden Studien für die erste Fassung, in welcher<br />

fünf mehrfigurige Darstellungen und vier lebensgroße Jünglingsakte<br />

einander gegenübergestellt waren. Für einen bereits bestehenden<br />

Innenraum konzipiert, agiert die langgestreckte Gestalt<br />

nicht in einem perspektivisch definierten Umfeld, sondern ist in<br />

eine diffuse Grauschattierung eingebettet, aus der sie gleichsam<br />

stufenweise heraussteigt. Die aus dem Grau hervortretenden,<br />

hell erleuchteten Körperteile werden zu plastischen Volumen im<br />

Raum, ohne daß der Wandcharakter des Bildes in Frage gestellt<br />

wird. So zeigt das Gemälde deutlich die Intention des Künstlers,<br />

die Gesetze von Raum und Fläche mit dem Maß des menschlichen<br />

Körpers zu einem Ganzen zu verschmelzen.<br />

Die von Dr. Ernst Gosebruch, dem damaligen Direktor des<br />

Museum Folkwang, vorgegebene Thematik: „Die jungmännliche<br />

Bewegung unserer Zeit (Spiel und Sport)“ entsprach dem Zeitgeist<br />

der 1920er Jahre mit ihrem neuen Lebens- und Gemeinschaftsgefühl,<br />

zu dem auch Phänomene wie die Wandervogelbewegung,<br />

die Freikörperkultur oder die Reformpädagogik gehörten. Von<br />

diesem inhaltlichen Bezug löste sich Oskar Schlemmer zugunsten<br />

einer Kunst der Einfachheit und Zurückhaltung. „Ich habe der<br />

Versuchung widerstanden, hier eine Allegorie des Lebens, wie dies<br />

üblich oder sehr nahe liegend gewesen wäre, oder auch Themen<br />

wie Freude, Leid, Aufschwung, Schmerz usw. darzustelle. Die einfache<br />

Geste der Minne’schen Brunnenfiguren wollte ich erwidern<br />

durch die Darstellung des einfachen Daseins von Gestalten, ohne<br />

Pathos, ohne dramatische Bewegung, ohne Geschichten zu erzählen.<br />

Die menschliche Gestalt bietet in ihren einfachen Funktionen<br />

wie Neigen des Kopfes, Aufheben der Arme, Geste der Hand,<br />

Beinstellung usw. für den bildenden Künstler eine solche Fülle<br />

von Ausdruck, dass Themen wie das Stehen, Wenden, Kommen,<br />

Gehen genügen, ein Malerleben damit auszufüllen.“ (Zit. nach:<br />

Ausst.-Kat.: Oskar Schlemmer. Der Folkwang-Zyklus. Malerei<br />

um 1930. Essen, Museum Folkwang, 1993/94, S. 204) (sch)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


30 Lyonel Feininger<br />

1871 – New York – 1956<br />

„SARDINEN-FISCHER II“. 1932<br />

Aquarell und Tuschfeder auf Bütten.<br />

22,9 x 43,2 cm (30,9 x 46,7 cm) (9 x 17 in.<br />

(12 ⅛ x 18 ⅜ in.)). Unten links signiert<br />

und betitelt: Feininger: Sardinen-fischer II.<br />

Unten rechts datiert: 29 8 32.<br />

Unten links gewidmet.<br />

Leicht gebräunt. [3341] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland<br />

€ 40.000 – 60.000<br />

$ 51,800 – 77,700<br />

Lyonel Feininger, seit seiner Jugend in New York von<br />

Meer und Schiffen begeistert, hat dem Marinebild im<br />

20. Jahrhundert entscheidende Impulse gegeben.<br />

Die ungeheure Weite des Raumes bannte er in klar<br />

abgegrenzte Farbflächen, und die Takellage der oft altertümlichen<br />

Segelschiffe wurde auf Papier und Leinwand<br />

zu prismatischen Feldern. Besonders reizvoll sind die<br />

aquarellierten Tuschzeichnungen aus Feiningers Zeit<br />

am Bauhaus in Dessau. Angeregt durch ausgedehnte<br />

Sommeraufenthalte in Deep an der sich meist ruhig und<br />

unbewegt erstreckenden Ostsee, strahlen diese Arbeiten<br />

oft eine Atmosphäre tiefer Ruhe und Kontemplation aus.<br />

Unser Blatt überrascht durch einen für Feininger<br />

ungewöhnlich erzählerischen Ton. Von einem hohen<br />

Standpunkt blicken wir über ein weites Hafenbecken, das<br />

zum Meer hin von einer Mole geschützt wird. Eine große<br />

Anzahl kleiner, einmastiger Fischerboote macht sich<br />

bereit zum Auslaufen. Mole und Kai sind von Anglern<br />

und Spaziergängern bevölkert. Im Hintergrund sehen wir<br />

einen weit ausschwingenden Küstenverlauf und auf der<br />

Horizontlinie macht sich ein stattlicher Dreimaster auf<br />

weite Fahrt. Innerhalb des zeichnerischen Gerüstes aus<br />

schwarzen Linien werden Meer, Architektur und Schiffe<br />

lediglich durch Farbflächen gekennzeichnet. Das Aquarell<br />

erhält seine große Geschlossenheit durch den weitgehenden<br />

Verzicht auf eine Binnenzeichnung innerhalb<br />

des Abgebildeten. Die wenigen freien Linien setzt<br />

Feininger ein, um atmosphärische Erscheinungen wie<br />

Spiegelungen im Wasser und Wolken über der Küste<br />

wiederzugeben. Die Sardinen-Fischer sind ein besonders<br />

ausgewogenes Beispiel für Feiningers meisterliche<br />

Technik, aus dem Zusammenspiel von Farbwerten,<br />

Flächen und Linien zu Transparenz und Entmateria-<br />

lisierung zu gelangen. (OH)<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


31 Karl Hofer<br />

Karlsruhe 1878 – 1955 Berlin<br />

„MÄDCHEN SICH KÄMMEND“. 1938<br />

Öl auf Leinwand. 100 x 70 cm (39 ⅜ x 27 ½ in.).<br />

Unten rechts monogrammiert und datiert<br />

(ligiert): CH38. Auf dem Keilrahmen oben links<br />

mit Kreide betitelt: Mädchen sich kämmend.<br />

Oben in der Mitte ein Etikett der Ausstellung<br />

Winterthur 1939 (s.u.).<br />

Wohlert 1371. –<br />

[3194] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Norddeutschland<br />

Ausstellung: Karl Hofer zum 60. Geburtstage.<br />

Winterthur, Kunstverein, 1939, Kat.-Nr. 31<br />

Literatur und Abbildung: Versteigerungskatalog<br />

476: Kunst des XX. Jahrhunderts. Köln,<br />

Kunsthaus Math. Lempertz, 6./7.12.1963,<br />

Kat.-Nr. 278, Abb. Tf. 10 / 7. Auktion: Kunst<br />

der letzten 100 Jahre. München, Galerie<br />

Wolfgang Ketterer, 5./6.6.1972, Kat.-Nr.<br />

665, ganzseitige Abbildung S. 139<br />

€ 150.000 – <strong>200</strong>.000<br />

$ 194,000 – 259,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

„Der Mensch und das Menschliche war und ist immerdauerndes<br />

Objekt meiner Darstellungen“, äußerte Karl Hofer in seinem 1952<br />

entstandenen Traktat „Aus Leben und Kunst“. Die seelische Einfühlung<br />

in seine Mitmenschen, die für ihn als Modelle fungierten,<br />

stellte für Hofer ein wesentliches Motiv dar, zu dem er immer<br />

wieder zurückkehrte und das er geschickt zu nutzen wußte.<br />

Ab den 1920er Jahren schuf er meisterhafte Darstellungen,<br />

die auf die zunehmende Überreizung der Menschheit durch die<br />

Moderne und die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges verweisen.<br />

In vielen Bildern bediente sich Hofer der Chiffre in Form<br />

von Masken, Clowns und Gerippen, um das Zwiespältige und<br />

Abgründige dieser Epoche darzustellen. 1933 wurde gegen ihn<br />

von den Nationalsozialisten ein Mal- und Arbeitsverbot verhängt.<br />

Somit verlor er seine Tätigkeit als Hochschullehrer. Dennoch<br />

entstanden weiterhin zahlreiche Gemälde, vor allem Landschaftsdarstellungen<br />

und visionäre Vorausahnungen des Elends, das der<br />

Zweite Weltkrieg mit sich bringen sollte.<br />

Daneben hat Hofer die rein figürliche Darstellung nie vernachlässigt.<br />

Trotz der unheilvollen Realität, die sich in vielen seiner<br />

Bilder widerspiegelt, blieb die Sehnsucht nach Harmonie und<br />

klassischem Ideal im Schaffen Hofers stets erhalten. Unser<br />

Bild von 1938 gibt ein junges Mädchen als Halbakt wieder, das<br />

gewellte Haar zur Seite kämmend, die Augenlider gesenkt. In<br />

anmutiger Schönheit steht es dem Betrachter gegenüber, ohne<br />

diesen anzuschauen. Dennoch kann sich der Betrachter dem<br />

Bann der Dargestellten kaum entziehen. Er fühlt sich in die<br />

Intimität des Momentes aufgenommen, als stiller Beobachter<br />

wird er Teil der Komposition. Die kühlen Töne des Hintergrundes<br />

betonen die fast schon archaische Ruhe des Bildes. Die klaren<br />

und kantigen Umrißlinien wie auch der breitflächige und trockene<br />

Farbauftrag sind typisch für die Malweise Hofers, der, inspiriert<br />

von Expressionismus, Kubismus und Neuer Sachlichkeit, seine<br />

eigene künstlerische Formensprache fand. (NB)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


32 Maurice de Vlaminck<br />

Paris 1876 – 1958 Rueil-la-Gadelière<br />

„PAYSAGE“.<br />

Öl auf Leinwand. 59,5 x 72,5 cm<br />

(23 ⅜ x 28 ½ in.). Unten links signiert: Vlaminck.<br />

Mit einer Bestätigung vom Wildenstein Institute,<br />

Paris, vom 5. Juni <strong>200</strong>8. Das Gemälde wird in das<br />

Verzeichnis der <strong>Werke</strong> von Maurice de Vlaminck<br />

aufgenommen. –<br />

[3185] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Berlin<br />

€ 50.000 – 70.000<br />

$ 64,800 – 90,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

1905 hatte in Paris der Fauvismus seinen ersten Auftritt, ein Stil,<br />

der seinen Namen aus der Schmähung eines Kritikers erhielt.<br />

Wie die Wilden, les Fauves, fielen die Maler Derain, Matisse und<br />

Vlaminck damals in die Ausstellungen ein und beendeten mit<br />

ihrer Direktheit die ästhetische Raffinesse des Spät- und Postimpressionismus.<br />

Aber ihre heftige Attacke währte nur kurz.<br />

Der Kubismus, wie ihn Braque und Picasso in der Fortführung<br />

von Cézannes streng geordnetem, überschaubaren Bildaufbau<br />

vorantrieben, wurde bestimmend. Auch Maurice de Vlaminck<br />

eiferte in den folgenden Jahren in Stilleben und Landschaften<br />

dem Vorbild Cézanne nach. Seine Palette beruhigte sich,<br />

und sein ungestümer Drang, Szenen oder Gegenstände mit<br />

ungemischter Farbe direkt auf die Leinwand zu werfen, wurde<br />

gezügelt.<br />

Diesen verhalteneren Umgang mit den Malmitteln veranschaulicht<br />

„Paysage“. Eine Birke im Vordergrund rechts eröffnet dem<br />

Betrachter den Blick auf einen Weg. Links findet sich ein weißes<br />

Haus mit Ziegeldach, weitere ähnliche Gebäude schließen sich<br />

im Mittelgrund an. Ein bewölkter Himmel mit Abstufungen von<br />

Hellblau bis Grau überspannt die Szene. Eine lockere Pinselführung<br />

hat den schweren, pastosen Farbauftrag der frühen Jahre<br />

abgelöst. Vlaminck bedient sich einfacher Formen und eines<br />

sparsamen, aber ausdrucksstarken Kolorits. Nicht zuletzt durch<br />

die kontrollierte Farbwahl ist das Bild der Kunst von Cézanne<br />

nahe. Das Grün der flächig angedeuteten Vegetation steht zum<br />

Ziegelrot auf dem Hausdach in Kontrast zueinander. Mit Farbe<br />

und Pinsel ist das Bildgefüge errichtet, „die äußerste Form eines<br />

Expressionismus, der dem französischen Geiste möglich war“, wie<br />

sich Werner Haftmann über den Maler einmal geäußert hat. (EO)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


33 Hans Purrmann<br />

Speyer 1880 – 1966 Basel<br />

„TÜRKENBUND UND NELKEN IN<br />

BIEDERMEIERVASE“. 1946<br />

Öl auf Leinwand. 73 x 60 cm (28 ¾ x 23 ⅝ in.).<br />

Unten rechts signiert: H.Purrmann.<br />

Rückseitig auf der Leinwand mit einer<br />

Widmung des Künstlers vom 27.4.1954.<br />

Billeter 1946/16. –<br />

[3233] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Berlin<br />

Ausstellung: Hans Purrmann. Kaiserslautern,<br />

Pfälzische Landesgewerbeanstalt, 1950<br />

(Wanderausstellung), Kat.-Nr. 69<br />

€ 40.000 – 60.000<br />

$ 51,800 – 77,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Den künstlerischen Zielen Hans Purrmanns kommt die Gattung<br />

des Blumenstillebens in besonderer Weise entgegen. Seine<br />

Bildgestaltung hat ihren Ausgangspunkt im Naturerlebnis, in der<br />

Form- und Farbanalyse des konkreten Gegenstandes, weshalb<br />

das mit Bedacht vorgenommene Arrangement der verschiedenen<br />

Pflanzen, der Vasen und des räumlichen Umfeldes stets Teil<br />

des malerischen Prozesses ist. Den Grundakkord bildet hier das<br />

zentrale plastische Element der Vase, deren kühles Blau sich<br />

in der Farbstruktur des Hintergrundes wiederfindet. Mit dem<br />

in Blau- und Grüntönen modulierten Grund schafft der Maler<br />

ein koloristisches Meisterstück. Blau verstärkt die Leuchtkraft<br />

der orangefarbenen Türkenbundlilien, während Blattgrün sie<br />

wieder in die Fläche einbindet. Der Lichtwert der weißen Nelken,<br />

kombiniert mit warmen Rottönen, balanciert die Komposition<br />

auf der Gegenseite aus. Im Dekor der Vase sammeln sich erneut<br />

alle Valeurs, einen abschließenden Clou setzt der Maler mit den<br />

gelben Akzenten, die die beiden Hälften des Bildes tragen und<br />

verbinden.<br />

Hans Purrmanns Bestreben galt der malerischen Bildordnung,<br />

den Gesetzen der Farbe und dem Zusammenwirken aller, auch<br />

der gegensätzlichen Elemente in einem Ensemble. Seit seiner<br />

Begegnung mit der französischen Moderne im Paris des<br />

beginnenden 20. Jahrhunderts hat er die fest gefügte Bildstruktur<br />

eines Paul Cézanne und die Farbkraft eines Henri Matisse<br />

konsequent und auf eigenem Wege weiterentwickelt. Anders als<br />

etwa die Requisiten in den Stilleben Cézannes, strahlen die von<br />

Purrmann gemalten Objekten persönliche Nähe aus. Die Intimität<br />

im Blick des Künstlers zeugt von seiner Intention, die Schönheit<br />

auch der einfachen und kleinen Dinge in Farben auszudrücken<br />

und zum Leben zu erwecken. (sch


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


34 Karl Schmidt-Rottluff<br />

Rottluff 1884 – 1976 Berlin<br />

„STILLEBEN MIT FLASCHEN UND<br />

BLATTPFLANZE“. 1952<br />

Öl auf Leinwand. 90,5 x 76 cm (35 ⅝ x 29 ⅞ in.).<br />

Oben links signiert: S. Rottluff.<br />

Auf dem Keilrahmen signiert, betitelt und mit<br />

Werknummer versehen: Schmidt=Rottluff<br />

„Stilleben mit Flaschen u. Blattpflanze ((522)).<br />

Nicht bei Grohmann. – Das Ölbild wird<br />

aufgenommen in das Werkverzeichnis der<br />

Gemälde Schmidt-Rottluffs von der Karl<br />

und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin<br />

(bearbeitet von Dr. Christiane Remm)<br />

(in Vorbereitung). –<br />

[3264] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-<br />

Westfalen (1979 erworben)<br />

€ 140.000 – 180.000<br />

$ 181,000 – 233,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Karl Schmidt-Rottluff wurde 1947 als Professor an die neu gegründete<br />

Hochschule für Bildende Künste in Berlin berufen. Was<br />

bewog wohl den 63 Jahre alten Künstler, den Ruf anzunehmen,<br />

stand er doch den aufkommenden abstrakten Tendenzen in der<br />

Malerei distanziert gegenüber? Es ging um nicht weniger als die<br />

Behauptung seiner künstlerischen Haltung. Schmidt-Rottluff,<br />

Gründungsmitglied der „Brücke“, war einer der bedeutendsten<br />

Maler des Expressionismus. In den Zeiten der nationalsozialistischen<br />

Herrschaft diffamiert, war der Künstler nach dem Krieg<br />

in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation und von vertrauten<br />

Orten des Schaffens abgeschnitten. Die ersten Arbeiten<br />

nach dem Krieg sind geprägt von Fragen der Identitätsfindung.<br />

Die vielen Stilleben jener Zeit sind intim und introvertiert.<br />

Doch nun, 1952, ein solches Werk: eine großformatige,<br />

vielschichtige Komposition, das Kolorit überaus kraftvoll.<br />

Schmidt-Rottluff weiß sich mit dieser Arbeit gegenüber der<br />

nichtfigurativen Malerei zu behaupten. Die Gegenstände auf dem<br />

Bild behalten ihre Abbildhaftigkeit und werden doch zu Objekten,<br />

mit denen der Maler Linie, Farbe und Form analysiert. Fragen<br />

von Volumen und Fläche behandeln beispielsweise die Flaschen<br />

und die hinter ihnen aufgeschichteten Schachteln. Mit der farblich<br />

kontrastierenden Umrißlinie erhalten die Gegenstände nicht<br />

nur ihre große Festigkeit, sondern werden kompositorisch aufeinander<br />

bezogen. Hierdurch gewinnt die Arbeit ihre faszinierende<br />

Geschlossenheit.<br />

Das Relief vor der großen Topfpflanze hat Schmidt-Rottluff selbst<br />

gefertigt: „Steinrelief mit hockendem Paar“ von 1952 (Wietek 98,<br />

siehe Abb.) Mit vergleichbaren plastischen <strong>Werke</strong>n beschäftigte<br />

sich der Künstler ab 1950 während seiner Sommeraufenthalte<br />

an der Ostsee. In einem Brief vom Februar 1953 schreibt Lyonel<br />

Feininger euphorisch: „Alter Junge, die Steine sind ganz famos,<br />

ganz und gar, wie sie von Dir gemacht sein sollten. Ich bin ganz<br />

begeistert von ihnen, ich meine auch, Du hast damit wieder<br />

einmal eine eigene Form gefunden. Auch die Kleinsten unter<br />

den Abgebildeten sind groß im Wurf und ganz lapidar im Stil.“<br />

(Zit. n. Ausst.-Kat: Karl Schmidt-Rottluff. Der Maler. Städtische<br />

Kunsthalle Düsseldorf, Städtische Kunstsammlung, Chemnitz<br />

und Brücke Museum, Berlin 1992/1993, S. 272). Und so strahlt<br />

unser Bild nicht nur Stärke und Gewißheit aus, sondern zeigt mit<br />

dem Relief auch die ständige Suche nach neuen künstlerischen<br />

Ausdruckmöglichkeiten. (OH)<br />

Karl Schmidt-Rottluff. „Steinrelief mit hockendem Paar”. 1952<br />

(Brücke Museum, Berlin)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


35 Pablo Picasso<br />

Malaga 1881 – 1973 Mougins<br />

„PORTRAIT DE FEMME AU CHAPEAU A<br />

POMPONS ET AU CORSAGE IMPRIMÉ“. 1962<br />

Farblinolschnitt auf Arches-Velin.<br />

62,6 x 53 cm (74,8 x 61,7 cm)<br />

(24 ⅝ x 20 ⅞ in. (29 ½ x 24 ¼ in.)). Signiert.<br />

Baer 1318 V.B.a. (von V.B.b.) / Bloch 1072. –<br />

Einer von 50 numerierten Abzügen des<br />

5. Zustands. Edition Galerie Louise Leiris,<br />

Paris 1963.<br />

Lichtrand. [3262] Gerahmt.<br />

€ 100.000 – 150.000<br />

$ 130,000 – 194,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Der Jahrhundertmaler Pablo Picasso wurde von großen künstlerischen<br />

Kräften angetrieben, doch im Rückblick scheint es,<br />

als hätten ihn Frauen weitaus am stärksten inspiriert. Das hier<br />

dargestellte Portrait „Buste de femme au chapeau“ ist zwar<br />

namenlos, doch Vergleiche mit namentlich bezeichneten <strong>Werke</strong>n<br />

aus der Zeit legen nahe, daß es sich um ein Bildnis von Jacqueline<br />

Roque handeln muß, der letzten Lebensgefährtin des Malers.<br />

Jacqueline Roque hatte dunkle lange Haare, die sie am Hinterkopf<br />

oft zusammenband, schöne, klare Gesichtszüge, dunkle<br />

Augen und eine feine Nase mit schmalem, langem Nasenrücken.<br />

Picasso lernte die junge Frau 1953 in der Manufaktur Madoura in<br />

Vallauris kennen. Sie war die Cousine des Besitzers, Picasso ließ<br />

bei Madoura seit den späten 1940er Jahren Tonfiguren brennen.<br />

Erst kurz zuvor war der Künstler von Françoise Gilot verlassen<br />

worden – Jacqueline, damals 27, mußte dem um fast ein halbes<br />

Jahrhundert älteren Picasso deshalb wie ein Geschenk des<br />

Himmels vorgekommen sein. Keine seiner Lebenspartnerinnen<br />

portraitierte er öfter als Jacqueline, 1961 heirateten die beiden.<br />

Das Portrait „Buste de femme au chapeau“ entstand im Jahr<br />

darauf.<br />

Wer sich ein wenig einsieht in Picassos Abstraktion, wird<br />

feststellen, daß der Maler sein Modell auf besonders zarte<br />

Art wiedergegeben hat. Die großen Augen, die schmale, lange<br />

Nase, die ovale Gesichtsform mit dem spitzen Kinn, die schulterlangen<br />

dunklen Haare – alles Merkmale, die auf Jacqueline<br />

deuten, ausgeführt in einer Weise, durch welche die Zuneigung<br />

und Bewunderung des Künstlers fast körperlich greifbar wird.<br />

Picasso hat viele Frauen gemalt, aber selten waren sie so schön<br />

wie diese. (UC)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


36 Willi Baumeister<br />

1889 – Stuttgart – 1955<br />

„KESSAUA STATUARISCH“. 1954<br />

Öl mit Kunstharz auf Hartfaser. 65 x 81 cm<br />

(25 ⅝ x 31 ⅞ in.). Oben rechts mit Bleistift<br />

signiert und datiert: Baumeister 2 54.<br />

Rückseitig mit Kreide in Schwarz betitelt,<br />

datiert, bezeichnet und signiert: Kessaua<br />

statuarisch 2.54 65 x 81 Fingerle-Verlag<br />

Postkarte Baumeister. Rückseitig ein Etikett<br />

der Ausstellung Hannover 1956 (s.u.).<br />

Beye/Baumeister 1900 / Grohmann 1443. –<br />

[3428] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Hannover /<br />

Galerie Gunzenhauser, München /<br />

Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen<br />

(1996 erworben)<br />

Ausstellung: 116. Frühjahrsausstellung.<br />

Hannover, Kunstverein Hannover, 1954,<br />

Kat.-Nr. 12 / Willi Baumeister. Hannover,<br />

Kestner-Gesellschaft, 1956, Kat.-Nr. 64 /<br />

Willi Baumeister. Ölbilder, Handzeichnungen.<br />

München, Galerie Gunzenhauser, 1986, Kat.-<br />

Nr. 23, Farbabb. auf dem Umschlag / Deutsche<br />

Kunst in den 50er und 60er Jahren. Essen,<br />

Galerie Neher, 1988, S. 24, Farbabb. S. 25<br />

Literatur und Abbildung: Lagerkatalog 3.<br />

München, Galerie Gunzenhauser, 1979,<br />

S. 54 mit Farbabbildung<br />

€ 250.000 – 300.000<br />

$ 324,000 – 389,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

„’Die Lust, eine Form oder Formen entstehen zu lassen, bildet<br />

den unerklärlichen Grund zur Kunst”: Aus dieser Aussage Willi<br />

Baumeisters spricht nicht nur seine lebenslange Suche nach<br />

dem Ursprung des Schöpferischen, sie weist auch den Weg zu<br />

einem geistigen und künstlerischen Neubeginn in den frühen<br />

Nachkriegsjahren. Indem er individuelle Formen der Abstraktion<br />

aufzeigt, die nicht nur auf bildinternen Gesetzmäßigkeiten,<br />

sondern auch auf persönlichem Empfinden beruhen, wird<br />

Baumeister zum wichtigen Vorbild und zur Leitfigur einer neuen<br />

Künstlergeneration. Ungeachtet seiner Rolle als Fürsprecher<br />

der Abstrakten, hat er selbst die Brücke zur Figuration nie völlig<br />

abgebrochen: „Dem Maler steht es ganz frei, was er als Figur<br />

bezeichnen will. [...] Auch einzelne Bestandteile, Gliedmaße,<br />

ihre Umrisse oder ihre Schatten. [...] So erscheint der Körper<br />

zerbröckelt, zerlegt. [...] Aber auch umgekehrt können wir versuchen,<br />

ihn als Ganzes abzulesen. Das Auge fasst ihn z.B. in<br />

einem Linienzug zusammen. So kommt es zu Formen, die ihre<br />

eigene lebendige Bedeutung haben und keineswegs abstrakt sind.“<br />

(Zit. nach: Karin von Maur, in: Ausst.-Kat. Württembergischer<br />

Kunstverein Stuttgart, 1979, S. 16)<br />

Den Schritt zum sogenannten „Informel“ oder zum impulsiven<br />

„Action Painting“ hat Baumeister nie vollzogen, das „Formlose“<br />

war seine Sache nicht. Die Grenzen des Bildes bleiben gewahrt,<br />

um den lebendigen Dialog der Rhythmen und Farbklänge,<br />

der verdichteten, durchbrochenen, ineinander verzahnten,<br />

schwebenden und verwehenden Elemente zu ermöglichen.<br />

Assoziationen auf Seiten des Betrachters sind erwünscht und<br />

kennzeichnend für Baumeisters Bildsprache. So kann „Kessaua<br />

statuarisch“ nicht nur als Flächenkomposition, sondern auch als<br />

Figurenlandschaft gesehen werden, in welcher der Maler das für<br />

seinen Abstraktionsbegriff maßgebliche Konzept der Metamorphose,<br />

der Formfindung durch Verwandlung entfaltet. In einem<br />

zart hingetupften blauen Raum formieren sich die Bildelemente<br />

zu freundlich skurrilen Urwesen, die in Gestaltungen wie der<br />

archaischen Zeichenwelt der „Gilgamesch“-Reihe wurzeln und<br />

zugleich von einer neuen Zeit künden. (sch)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


37 Ernst Wilhelm Nay<br />

Berlin 1902 – 1968 Köln<br />

„MOTION“. 1962<br />

Öl auf Leinwand. 150 x <strong>200</strong> cm (59 x 78 ¾ in.).<br />

Unten rechts signiert und datiert: Nay 62.<br />

Auf dem Keilrahmen signiert, betitelt und<br />

datiert: NAY „MOTION“ – 1962.<br />

Auf dem Keilrahmen je ein Etikett des<br />

Frankfurter Kunstvereins und der<br />

Galerie Günther Franke, München (s.u).<br />

Scheibler 1028. –<br />

[3428] Gerahmt.<br />

Provenienz: Sammlung Günther Franke,<br />

München / Privatsammlung, Hessen /<br />

Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen<br />

Ausstellung: E.W. Nay. Sechzehn große Bilder.<br />

München, Galerie Günther Franke, 1962,<br />

Kat.-Nr. 14 / Ernst WIlhelm Nay. Gemälde<br />

1955-1964. Hamburg, Kunstverein in Hamburg;<br />

Karlsruhe, Badischer Kunstverein; Frankfurt<br />

a.M., Frankfurter Kunstverein Steinernes Haus;<br />

1964/65, Kat.-Nr. 35 , Farbabb. Tf. 15 /<br />

50 Jahre Galerie Günther Franke. Nay – Bilder,<br />

Aquarelle, Gouachen, Zeichnungen, Graphik<br />

aus der Sammlung und Galerie Günther Franke.<br />

München, Galerie Günther Franke, 1973,<br />

Kat.-Nr. 11, Farbabb. S. 89<br />

Literatur und Abbildung: Süddeutsche Zeitung,<br />

München, 25. September 1963, Abbildung<br />

€ 300.000 – 400.000<br />

$ 389,000 – 518,000<br />

Nach seiner Formfindung der Scheibe im Jahr 1956 widmete<br />

sich Ernst Wilhelm Nay in den folgenden Jahren ausgiebig diesem<br />

Motiv und unterzog es allen denkbaren Prüfungen. Anfang der<br />

1960er Jahre erfährt die Scheibe zunehmend Veränderungen,<br />

sie wird etwa aufgefaltet, zu einem Stern oder zu einem Fächer.<br />

Angesichts neu aufgekommener Strömungen wie Tachismus oder<br />

Action Painting besann Nay sich auf eigene Erfahrungen: lyrische<br />

Erzählstrukturen im Ungegenständlichen etwa oder die Heftigkeit<br />

des Pinsels. „Motion“ veranschaulicht diese Werkphase. Das<br />

Bild ist ein Musterbeispiel für die „eigentümlich lockere, geradezu<br />

atmosphärische Equilibristik“, (a.a.O. S. 240), ein Bild voller<br />

Bewegung und zugleich von beruhigender Konzentration.<br />

In das dominierende Blau sind Rot, Gelb und Schwarz eingearbeitet.<br />

Die Farben haben zumeist noch die Form der Scheibe,<br />

doch ist sie vielfach durch Schraffuren und Kreise geöffnet,<br />

manchmal sogar durch Pinselzüge nur angelegt, nicht aber<br />

vollbracht. In lockerer „Schrift“ liegt eine Kette aus schwarzen<br />

Ringen über der Komposition, ein kleiner grüner Ring rechts<br />

nimmt den Dialog mit dem gelb gerahmten grünen Tupfen in der<br />

Mitte auf. Kontemplative Gedankenklarheit fängt die ungestümen<br />

Pinselschraffuren auf. Daraus wächst fest die Kraft, die bald zur<br />

nächsten Stufe im Schaffen von Nay führen sollte: die Scheiben<br />

werden durchkreuzt, es entwickelt sich die Augenform. (EO)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


38 Emil Schumacher<br />

Hagen 1912 – 1999 San José/Ibiza<br />

KOSSOLID. 1957<br />

Öl und Sand auf Leinwand. 140 x 95,5 cm<br />

(55 ⅛ x 37 ⅝ in.). Unten rechts signiert und<br />

datiert (in die feuchte Malmaterie geritzt):<br />

Schumacher 57.<br />

Auf dem Keilrahmen ein Etikett der Ausstellung<br />

Venedig 1961 (s.u.).<br />

Das Gemälde ist im Archiv der Emil Schumacher<br />

Stiftung Hagen, unter der Nr. 0/4.181 registriert. –<br />

[3221] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland<br />

Ausstellung: Arte e Contemplazione. Venedig,<br />

Palazzo Grassi, 1961 [laut Etikett]<br />

Literatur und Abbildung: Manfred de la Motte<br />

(Hrsg.): Dokumente zum deutschen Informel.<br />

Galerie Hennemann, Bonn 1976, ganzs.<br />

Farbabbildung S. 201 [=Katalogreihe Galerie<br />

Hennemann, Nr. 9]<br />

€ 100.000 – 150.000<br />

$ 130,000 – 194,000<br />

Aus der Tiefe des Hintergrunds treten farbige Nebel hervor,<br />

blaue, grüne, braune, gelbe und weiße Schwaden, die – selbst<br />

wenn sie für den Augenblick angehalten wurden – permanent in<br />

Bewegung zu sein scheinen, wie etwas, das einen Ursprung hat,<br />

aber kein Ziel. Man hat die Kunst des Informel oft als Ausdruck<br />

kosmischer Energien interpretiert. Das paßte in den 1950er<br />

Jahren ins Bild. Der Kosmos war damals ein verbreiteter Topos:<br />

der physische, in dem die Supermächte ihren Wettlauf ums All<br />

veranstalteten, und der geistige, den die Intellektuellen in den immer<br />

populärer werdenden fernasiatischen Religionen entdeckten.<br />

Auf Emil Schumachers Gemälde „Kossolid“ hat aber offenkundig<br />

noch eine andere Dynamik Einfluß ausgeübt. Über der Schicht<br />

aus Farbräumen unterschiedlicher Intensität und Dichte liegt<br />

eine zweite Bildebene mit Flecken und Spritzern, Skripturen<br />

und Eingekratztem. Sie wirken wie Temperamentsausbrüche<br />

des Malers beim Malen, wie Gesten oder Spuren eines vor der<br />

Leinwand im richtigen Moment aufgeführten Tanzes. Das ganze<br />

Bild bebt vor künstlerischem Schwung. Dieser Kraft verdankt<br />

Schumacher eine Sonderstellung im europäischen Informel. In<br />

seinem Schaffen läßt sich nachverfolgen, daß die allgemeine<br />

Befreiung nach dem Ende der Nazi-Diktatur Schumacher auch<br />

ganz persönlich betraf. Wie entfesselt bricht sich bei ihm in den<br />

1950er Jahren eine besondere schöpferische Macht Bahn. Sie ist<br />

es, die ihm zunehmend internationale Anerkennung verschafft.<br />

In Gemälden wie dem 1957 entstandenen „Kossolid“ erreicht<br />

sie nicht nur einen vorläufigen Höhepunkt, sondern legt auch die<br />

Basis für alles, was in den Jahrzehnten seiner langen Laufbahn<br />

noch kommen sollte. (UC)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


39 Gerhard Hoehme<br />

Greppin bei Dessau 1920 – 1989 Neuss-Selikum<br />

„ZWISCHEN MATERIAL UND ZAHL“. 1958/59<br />

Öl auf Holz. 120 x 110 cm (47 ¼ x 43 ¼ in.).<br />

Unten links signiert und datiert: G. Höhme[!]<br />

58/59. Rückseitig mit Kreide signiert, betitelt,<br />

datiert und bezeichnet: G. Hoehme „zwischen<br />

Material und Zahl 1958/59 121 x 111 cm<br />

Borkenbild-Fragment.<br />

Hoehme 59-12. –<br />

Unten links einige Borken vom Künstler<br />

neu plaziert. [3097] Gerahmt.<br />

Provenienz: Galerie Nothelfer, Berlin /<br />

Privatsammlung, Hessen<br />

Ausstellung: Gerhard Hoehme 1957. Stuttgart,<br />

Württembergischer Kunstverein, 1985, mit<br />

Abbildung / Gerhard Hoehme. Die Energie<br />

der Farbe. Bonn, Kunstmuseum, 1998, Farbabb.<br />

S. 53 / Action Painting. Riehen/Basel,<br />

Fondation Beyeler, <strong>200</strong>8, Farbabb. 99, S. 160<br />

Literatur und Abbildung: Giulio Carlo Argan und<br />

Hans-Peter Thurn: Gerhard Hoehme. Werk und<br />

Zeit 1948-1983. Stuttgart–Zürich, Belser Verlag,<br />

1983, Farbabbildung S. 34 / Sigrid Nebelung:<br />

Die Farbe sprengt das Format. In: Art, 1998,<br />

H. 8, Farbabb. S. 86<br />

€ 50.000 – 70.000<br />

$ 64,800 – 90,700<br />

Wir danken Johannes Hasselmann,<br />

Gerhard Hoehme Archiv, Neuss,<br />

für freundliche Hinweise.<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Eine pastose Oberfläche in weiß-grauen Tönen, darin oben<br />

rechts ein schwarzes Rechteck, wird links durch eine zweite,<br />

kleinere Rechteckform erweitert. Die gesamte Malschicht ist<br />

vielfältig bearbeitet, es gibt skripturale Einritzungen, zur Seite<br />

geschobene Farbschichten, und manchmal wirkt die Materie<br />

wie mit den Fingern geknetet, besonders in dem angesetzten<br />

Stück. Farbschollen und Borken, wie sie in der Malerei Gerhard<br />

Hoehmes zwischen 1957 und1959 häufig anzutreffen sind,<br />

lagern hier übereinander.<br />

Hoehme war einer der wichtigen Vertreter der ungegenständ-<br />

lichen Kunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nach<br />

Studien an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein übersiedelte<br />

er 1952 in den Westen und gehörte in Düsseldorf zu den<br />

Gründern der „Gruppe 53“. Wie Karl Otto Götz, Peter Brüning<br />

und Winfred Gaul setzte er sich mit dem französischen Tachismus<br />

und dem Amerikanischen Expressionismus auseinander.<br />

Hier sah Hoehme, wie die Farbe im Bild zur Energie wurde. Für<br />

Hoehmes zurückhaltende Kunst war es nicht immer leicht, ihr<br />

Publikum zu erreichen. Die Teilnahme an der II. documenta ’59,<br />

im Entstehungsjahr von „Zwischen Material und Zahl“, sollte<br />

dem Künstler den Weg bahnen, wenngleich das Informel auch<br />

in Kassel in Konkurrenz zu den großen „Altmeistern“ Bacon,<br />

Picasso oder Rouault stand.<br />

Im Verlauf der 1970/80er Jahre, als die „Gruppe 53“ schon<br />

lange nicht mehr bestand und Hoehme an der Düsseldorfer<br />

Kunstakademie lehrte (dort gehörte der große Spiritist in der<br />

deutschen Kunstszene, Sigmar Polke, zu seinen Schülern), fanden<br />

seine <strong>Werke</strong> größeren Zuspruch bei Menschen, die für minimalistische<br />

Farbverläufe, kaum entzifferbare Zeichen und die stille<br />

Schönheit dieser Malerei sensibilisiert waren. Die Malerei birgt<br />

innere Bewegtheit und bringt Momente voller Überraschung<br />

hervor. Ihre lebendigen Impulse führen auf bislang unentdeckte<br />

Wege, dem Wunsch des Künstlers folgend: „Meine Bilder sollen<br />

gelesen, nicht betrachtet werden.“ (EO)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


40 Emil Schumacher<br />

Hagen 1912 – 1999 San José/Ibiza<br />

„HEPHATOS“. 1959<br />

Öl auf Leinwand. 170 x 132 cm (66 ⅞ x 52 in.).<br />

Oben links in Schwarz datiert und signiert:<br />

Schumacher 59 (über der ursprünglichen<br />

eingeritzten Signatur und Datierung).<br />

Auf dem Keilrahmen oben mit Pinsel in<br />

Schwarz signiert, datiert und betitelt:<br />

Schumacher 59 Hephatos.<br />

Auf der mittleren Keilrahmenleiste<br />

bezeichnet: Galerie van de Loo.<br />

Das Gemälde ist im Archiv der Emil Schumacher<br />

Stiftung Hagen, unter der Nr. 0/328 registriert. –<br />

[3428] Gerahmt.<br />

Provenienz: Galerie van de Loo, München /<br />

Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen<br />

Ausstellung: II. documenta. Kassel, Museum<br />

Fridericianum, Orangerie und Bellevueschloß,<br />

1959, Kat. S. 39 (Schumacher, Nr. 3), ganzs.<br />

Abb. S. 357 im Katalogband „Malerei“ [frühere<br />

Fassung, dort auf dem Kopf stehend abgebildet] /<br />

Emil Schumacher. Retrospektive. Paris, Galerie<br />

nationale du Jeu de Paume; Hamburg, Hamburger<br />

Kunsthalle; München, Haus der Kunst; 1998,<br />

Kat.-Nr. 9, ganzs. Farbabb. S. 57 [auf dem Kopf<br />

stehend abgebildet]<br />

€ 220.000 – 280.000<br />

$ 285,000 – 363,000<br />

Emil Schumacher hat das Gemälde nach 1959<br />

partiell überarbeitet und um 180° gedreht.<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Als Emil Schumacher 1959 das Bild „Hephatos“ malte, hatte der<br />

Mitbegründer der Gruppe „Junger Westen“ ein gutes Jahrzehnt<br />

höchst ergiebiger künstlerischer Entwicklung hinter sich. Preise<br />

und Auszeichnungen stellten sich ein, im Jahr zuvor war ihm<br />

der Guggenheim Award zugesprochen worden, außerdem hatte<br />

er eine Professur an der Hamburger Hochschule für Bildende<br />

Künste angetreten. Die Arbeit an „Hephatos“ fiel also in eine<br />

für ihn besonders wichtige Phase. 1959 sollte er an der zweiten<br />

Documenta teilnehmen, sein internationaler Durchbruch auf<br />

der Biennale von Venedig 1961 stand kurz bevor. In den zurückliegenden<br />

Jahren hatte sich der Maler, beeinflußt von den<br />

Künstlern der École de Paris, in seinen Arbeiten zunehmend auf<br />

das wirkungsvolle Zusammenspiel von Farbe und dem Relief der<br />

pastosen Oberfläche konzentriert.<br />

In „Hephatos“ treibt er dieses Prinzip zu einer frühen Vollendung:<br />

Farbauftrag und mechanische Einwirkung durch Ritzungen und<br />

ähnliche, einer unleserlichen Schrift gleichende Bewegungen halten<br />

sich hier kompositorisch die Waage. Spätere Werkkomplexe<br />

wie etwa die sogenannten „Hammerbilder“, die ab 1966 entstehen,<br />

kündigen sich bereits an. Schumacher ist dabei, daraus<br />

einen ganz eigenen, genuin malerischen Ansatz zu schöpfen. Die<br />

Kunstwissenschaft hat die Ausstrahlung der Gemälde jener Jahre<br />

zu Recht mit Phänomenen aus der Natur verglichen – mit Zerklüftungen<br />

der Erdkruste durch Wind und Wassergewalt. In ihrem<br />

Beitrag zum Katalog der großen Schumacher-Retrospektive 1997<br />

in der Hamburger Kunsthalle weist Monika Wagner aber auch<br />

darauf hin, daß sich diese Spuren als Kommentare zu zivilisatorischen<br />

Eingriffen wie Industrie oder Krieg lesen lassen. Es ist<br />

diese Vielschichtigkeit, durch die ein Bild wie „Hephatos“ über<br />

den abstrakten Zeitgeschmack hinaus eine allgemeine, aktuelle<br />

Gültigkeit erlangt. (UC)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


41 Rolf Szymanski<br />

Leipzig 1928 – lebt in Berlin<br />

„FIGUR IN GROSSER HÖHE I“. 1999<br />

Bronze mit grauschwarzer Patina.<br />

Höhe: 203 cm (79 ⅞ in.).<br />

Auf mittlerer Höhe mit dem Monogramm: Szy.<br />

Eines von 6 Exemplaren. Unten hinten<br />

der Gießerstempel: MARC KREPP BERLIN<br />

WERKSTATT FÜR KUNSTGUSS. [3171]<br />

Provenienz: Privatsammlung, Hessen<br />

€ 50.000 – 70.000<br />

$ 64,800 – 90,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Ein fast ungezügeltes Maß an Freiheit spricht den Betrachter<br />

dieser Skulptur an. Die bewegte Formgebung in Bronze gibt<br />

noch die Merkmale der Ausgangsmaterialien von Gips oder Ton<br />

wieder, die mit der modellierenden Kraft der Hände gestaltet<br />

wurden. Die Ausdrucksebene wird von Bewegungen, von Gesten<br />

des Körpers bestimmt, denen auch unmittelbare Handlungen<br />

zugeordnet sind.<br />

Unsere Figur konzentriert sich auf einen Amboß, der aus dem<br />

zylindrischen Sockel herauszuwachsen scheint. Die kraftvoll<br />

gespannte Körperhaltung, die Wucht und Spontaneität der<br />

Bewegung, läßt den Schmied vor unseren Augen erscheinen,<br />

kurz: den tätigen Menschen. Homo Faber ist ein Motiv, das die<br />

Kunstgeschichte auch in der Bildhauerei kennt: von Constantin<br />

Meuniers Sämann bis zum „Hammering Man“ von Jonathan<br />

Borofski. Sind diese von denkmalähnlicher Statuarik, gleichsam<br />

in Erz gegossene ruhende Standbilder, so ist Szymanskis „Figur<br />

in großer Höhe I“ ein spritziges Elixier von Stärke, Bewegung und<br />

Aufgeregtheit. Wie bei Rilkes Panther wirkt „der Tanz der Kraft<br />

um eine Mitte“, der unseren Blick fesselt und den modernen<br />

Hephaistos so anziehend macht.<br />

Szymanski, 1928 in Leipzig geboren, dort auf der Kunstgewerbeschule,<br />

später auf der Hochschule für Bildende Künste<br />

in Berlin bei Richard Scheibe und Bernhard Heiliger ausgebildet,<br />

hat schon in frühen Arbeiten die Gewalt der Formen, den<br />

vulkanischen Ausdruck zu seinem Kanon gemacht. Stille und<br />

Meditation, Einkehr und Besinnlichkeit sind nicht seine Modi,<br />

vielmehr teilt sich eine leidenschaftliche Haltung mit, die etwas<br />

Mitreißendes hat. Damit bildet die Skulptur auch den Prozeß des<br />

Schaffens sinnvoll ab. Szymanski ist ein stets Suchender, der<br />

auch in der fertigen Arbeit seine Findungen erfahrbar macht. In<br />

diesen Facetten des Themas Mensch spiegelt sich anschaulich<br />

die Ambivalenz der Existenz. (AH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


42 Horst Antes<br />

Heppenheim 1936 – lebt in Berlin und Karlsruhe<br />

„GRÜNE FIGUR“. 1963<br />

Mischtechnik auf Papier.<br />

65,5 x 51,2 cm (25 ¾ x 20 ⅛ in.).<br />

Unten links mit Bleistift signiert: Antes.<br />

[3337] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland<br />

€ 25.000 – 35.000<br />

$ 32,400 – 45,300<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

In der Geschichte der deutschen Malerei der Nachkriegszeit<br />

beeindruckt Horst Antes mit der kontinuierlichen Entwicklung<br />

seiner Kunst aus einem Grundprinzip. Die menschliche Figur war<br />

über Jahrzehnte sein Thema, beeinflußt durch seinen Lehrer HAP<br />

Grieshaber. Mit dem „Kopffüßler“ ist Antes berühmt geworden,<br />

mit ihm erforschte er die Innen- und Außenwelt in ihrem ganzen<br />

Spektrum, sie wurde ihm Projektionsfläche für seine Malerei. In<br />

ihr spielt sich ab, was den Künstler beschäftigt, welche Fragen<br />

sich ihm stellen und welche Lösungsmöglichkeiten er entwickelt.<br />

Er füllt das Bildformat, sprengt es zuweilen gar, er kann blockhaft<br />

und streng reglementiert auftreten. Irgendwann erobert er, aus<br />

mannigfachen Verschiebungen heraustretend, den Raum. Der<br />

„Kopffüßler“ begibt sich in die Landschaft.<br />

In unserem frühen Bild von 1963 erscheint eine doppeläugige<br />

Strichfigur mit ausladender Gestik vor einer ungestüm mit Farbe<br />

gefüllten Bühne. Blau, Rot und sehr viel Weiß liegen in Schichten<br />

übereinander, schwarze Kreise und Schraffuren wirken wie eingeritzt.<br />

„Ich belade und entlade meine Figur symbolisch, sentimental,<br />

organisch, geschichtlich, ich fülle sie an und entleere sie mit<br />

Anspielungen, Gesten, Gedanken, Spekulationen, Wünschen und<br />

Ängstlichkeiten. Ich mache mir ein Bild, ich mache mir jemand<br />

als Gleichnis, Partner, Spiegel. Ich vervielfache mich, behaupte<br />

mich, nehme in Besitz, erkenne mich und durch mich etwas –<br />

in Momentaufnahmen von langer Dauer.“ (Horst Antes, zit. nach:<br />

Ausst.–Kat. 1945-1985, Kunst in der Bundesrepublik Deutschland,<br />

Nationalgalerie Berlin, S. 190) (EO)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


43 Joannis Avramidis<br />

Batum (SU) 1922 – lebt in Wien<br />

HALBTORSO. 1962<br />

Bronze mit hellbrauner Patina.<br />

Höhe: 107 cm (42 ⅛ in.).<br />

Auf der Plinthe signiert: AVRAMIDIS.<br />

Einer von 4 numerierten Güssen. [3171]<br />

Provenienz: Privatsammlung, Hessen<br />

€ 50.000 – 70.000<br />

$ 64,800 – 90,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

„Sind es zwei, die sich erlesen, daß man sie als Eines kennt?“,<br />

dichtete Goethe über den Gingko im West-östlichen Divan. Die<br />

zwei Wesen erscheinen beim „Halbtorso” von Avramidis als<br />

menschliche Figuren, die zu einer Einheit zusammenwachsen.<br />

Über einer viereckigen Plinthe entwickelt sich, gleich einem<br />

Baum oder einer aufstrebenden Säule, eine vielgliedrige Gruppierung<br />

von Körpern, die sich um eine imaginäre Mittelachse formieren.<br />

Rundum sind die verschiedensten Ansichten zu erfahren.<br />

Die Schwellkraft der einzelnen Elemente evoziert den Eindruck<br />

von Aktbildern, die miteinander kommunizieren, ohne dabei zu<br />

verschmelzen. Sie sind eines und gleichzeitig auch anderes,<br />

Individuum und Gesellschaft, „Polis“, wie die große Gruppe des<br />

Künstlers vor der Neuen Nationalgalerie in Berlin heißt.<br />

Der Grieche Avramidis lebt seit 1943 in Wien, er war dort Schüler<br />

von Fritz Wotruba in der Bildhauerklasse der Akademie und<br />

hat sich von Beginn an immer wieder analytisch und formend mit<br />

der menschlichen Figur auseinandergesetzt. In einer Fülle von<br />

Zeichnungen vorbereitet, konnte er das Menschenbild auf das<br />

Essentielle reduzieren und in strenger Linearität von Profilen eine<br />

Figuration von Einzelteilen schaffen, die sich schließlich zu einer<br />

einheitlichen Komposition zusammenfügen. Dabei sind die Beine,<br />

an denen man den klassischen Kontrapost von Stand und Spiel<br />

ablesen kann, höchst realistisch dargestellt. Sie leiten uns zum<br />

Rumpf, dem Zentrum des Körpers, dessen Kopf der Betrachter<br />

ergänzend hinzufügt.<br />

Die meisten Arbeiten im Œuvre von Joannis Avramidis zeigen<br />

auch Hals und Kopf und erinnern in starker Abstraktion an antike<br />

Vorbilder. Dorthin, zur klassischen Bildhauerkunst, wie auch zur<br />

italienischen Frührenaissance eines Piero della Francesca, fühlt<br />

sich der Hellene hingezogen. So gleichen seine Figuren oft den<br />

griechischen Kouroi der archaischen Periode, den apollinischen<br />

Erscheinungen, die den höchsten Sinn unseres Daseins darstellen.<br />

(AH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


44 R Fernando Botero<br />

Medellin 1932 – lebt in Paris u. Pietrasanta<br />

„UN CARDENAL“. 1966<br />

Öl auf Leinwand. 51 x 51,3 cm (20 ⅛ x 20 ¼ in.).<br />

Unten rechts signiert und datiert: Botero 66.<br />

Rückseitig mit Pinsel in Schwarz betitelt, signiert<br />

und datiert: ”UN CARDENAL” BOTERO 66.<br />

[3053] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, USA<br />

Literatur und Abbildung: <strong>Grisebach</strong>. Das Journal.<br />

Zweite Ausgabe 2012, Abb. S. 37<br />

€ 85.000 – 100.000<br />

$ 110,100 – 130,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Die katholische Tradition ist Teil des lateinamerikanischen<br />

Alltagslebens, und in seiner charakteristischen Fomensprache<br />

erzählt der Kolumbianer Fernando Botero auch von dem Glauben<br />

und der Frömmigkeit der einfachen Leute. Volkstümliche<br />

Madonnenfiguren und Andachtsbilder gehören ebenso zu seiner<br />

Bildwelt wie die kirchlichen Würdenträger mit ihren eindrucksvollen<br />

Gewändern, die für den Maler eine willkommene Gelegenheit<br />

boten, Volumen durch Farbe darzustellen. Sein „Cardenal“ trägt<br />

den Camauro, die rote Haube mit Hermelinbesatz, die eigentlich<br />

dem Papst vorbehalten ist, und steht damit in der Nachfolge der<br />

bekannten Papstbildnisse von Raffael oder Diego Velazquez. Bewußt<br />

appelliert Botero an unser kollektives Bildgedächtnis, denn<br />

nur so kann die Verwandlung der übermächtigen Gestalten aus<br />

Renaissance und Barock in einen „echten Botero“ funktionieren.<br />

In seinem Essay „Die üppige Pracht“ vergleicht der peruanische<br />

Schriftsteller Mario Vargas Llosa die gutmütigen Geistlichen<br />

Boteros mit den Papstserien von Francis Bacon aus den 1950er<br />

Jahren: „Bacon zeigt uns den letzten Schrecken menschlicher<br />

Wracks, kurz bevor sie wieder ins Nichts zurückfallen. Dagegen<br />

sind Boteros Geistliche vollkommene, gelassene Wesen. Stolz<br />

posieren sie in ihrem Ornat [...] mit dem stets gleich bleibenden<br />

Ausdruck von jemandem, der sich vor Gefahren geschützt weiß<br />

und auf sicherem Boden steht. Sie wühlen uns nicht auf, konfrontieren<br />

uns nicht mit dem Elend der menschlichen Existenz wie<br />

bei Bacon; im Gegenteil, sie rühren uns durch ihre Unschuld und<br />

lassen uns einen illusorischen Augenblick lang von einem Leben<br />

ohne Schmutz und Unglück, ohne die Erschütterungen und die<br />

Verletzbarkeit unserer Existenz träumen“. (Zit. nach: Fernando<br />

Botero. Ausstellungskatalog der Kunsthalle Würth, Schwäbisch<br />

Hall <strong>200</strong>5/<strong>200</strong>6, S. 32). (sch)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


45 R Fernando Botero<br />

Medellin 1932 – lebt in Paris u. Pietrasanta<br />

„PERROS“. 1966<br />

Öl auf Leinwand. 130 x 139 cm<br />

(51 ⅛ x 54 ¾ in.). Unten rechts signiert und<br />

datiert: Botero 66. Rückseitig mit Pinsel in<br />

Schwarz signiert und datiert: Botero 66.<br />

Auf dem Keilrahmen oben betitelt: perros.<br />

[3052]<br />

Provenienz: Privatsammlung, USA<br />

Ausstellung: Fernando Botero – Recent Works.<br />

Milwaukee, Milwaukee Art Center, 1967, Kat.-Nr. 6<br />

(„Dogs“) / Fernando Botero: „Der umgekehrte<br />

Kolumbus“. Berlin, Galerie Brusberg, 1996,<br />

Kat.-Nr. 12, ganzseitige Farbabb. S. 86<br />

Literatur und Abbildung: Sibylle Lewitscharoff:<br />

Liebe Möpse, darf ich zum Spaziergang bitten?<br />

In: <strong>Grisebach</strong>. Das Journal. Zweite Ausgabe<br />

2012, S. 34-36<br />

€ 160.000 – <strong>200</strong>.000<br />

$ 207,000 – 259,000<br />

Als Fernando Botero 1956 eine Mandoline zeichnete, setzte<br />

er anstelle der Schallöffnung einen winzigen Punkt. Die<br />

kleine, eher zufällige Veränderung bewirkte Außerordentliches,<br />

die Form erschien plötzlich monumental und von<br />

sinnlicher Plastizität – Botero hatte den Schlüssel zu seiner<br />

Kunst gefunden. Im freien Umgang mit den Bildelementen,<br />

mit Proportionen und Perspektive erschafft der Maler sein<br />

eigenes Universum, das von Musikanten und Matadoren,<br />

Priestern und Generälen, Spaziergängern und Liebespaaren<br />

bevölkert wird. Die fröhliche Naivität dieses Welt-Panoramas<br />

wird zuweilen von mildem Spott begleitet, ist lustvoll oder<br />

anrührend, manchmal rätselhaft. Die Gesetze der Logik und<br />

des Rationalen sind außer Kraft gesetzt, wenn zwergenhafte<br />

Menschen in riesigen Betten liegen, Honoratioren<br />

vor gigantischen Bananenstauden posieren oder rundliche<br />

Schoßhündchen sich zum Familienbild aufstellen.<br />

Ähnlich den frühen Meistern der italienischen Renaissance<br />

organisiert Botero hier einen symbolischen Raum in klarem<br />

schattenlosen Licht, arrangiert die voluminösen Formen<br />

wie üppige Früchte auf einem Teller. Zugleich stehen die<br />

„Perros“ in der Tradition des repräsentativen Gruppenportraits.<br />

Persönlichkeiten und Rangordnungen sind vom Maler<br />

mit einfachen Mitteln treffsicher charakterisiert, ein zartes<br />

rosafarbenes Schleifchen betont die Rolle des Familienoberhauptes<br />

ebenso wie es seine Würde untergräbt. In Gestalt<br />

der Tiere läßt Botero uns Menschliches erkennen, gleichzeitig<br />

verändert er subtil, was wir zu kennen glauben, verbirgt<br />

in der Hundewelt auch Fremdes, Katzenartiges. Was sich<br />

der Analyse des Verstandes entzieht, wirkt umso kraftvoller<br />

und betörender, denn Boteros Erfindungsreichtum, seine<br />

Kunst der Formgebung ist zugleich eine Kunst der Verführung,<br />

die zur Reise in eine andere Wirklichkeit einlädt. (sch)<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012


<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

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46 R Friedensreich Hundertwasser (d.i. Fritz Stowasser)<br />

Wien 1928 – <strong>200</strong>0 auf dem Seeweg vor Australien<br />

„THE SAILOR“. 1968<br />

Öl, Eitempera, Aquarell und Lack auf Papier,<br />

vom Künstler auf Leinwand aufgezogen.<br />

80 x 50 cm (31 ½ x 19 ⅝ in.). Unten links<br />

mit Werknummer versehen, signiert, datiert<br />

und bezeichnet: 678 Friedensreich 1968<br />

© DALMATIA–VENEZIA. Rückseitig mit Pinsel in<br />

Schwarz bezeichnet: © BY HUNDERTWASSER.<br />

Dort auf einem Etikett mit der Werknummer<br />

versehen, signiert und betitelt: 678 HUNDERT-<br />

WASSER ”THE SAILOR”.<br />

Schmied/Fürst 678. – [3206]<br />

Provenienz: Joachim Jean Aberbach, New York /<br />

Privatsammlung, USA<br />

Ausstellung: Hundertwasser. New York, Aberbach<br />

Fine Art, 1973, S. 51 / Mysterious and Magical<br />

Realism. Ridgefield, Connecticut, Aldrich<br />

Museum of Contemporary Art, 1980 / European<br />

Trends in Modern Art 1950-1980. One Hundred<br />

Paintings. New York, Pierre Cardin Buildings,<br />

1980<br />

Literatur und Abbildung: Mizue, August 1969,<br />

Tokyo / To the point international, Jg. 2, Nr. 13,<br />

28. Juni 1975, S. 50 / Auktion 277. Hamburg,<br />

Hauswedell & Nolte, 9./10.6.1989, Nr. 531,<br />

ganzs. Farbabb. Tf. 58<br />

€ 140.000 – 180.000<br />

$ 181,000 – 233,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Friedensreich Hundertwasser war davon überzeugt, daß die<br />

Menschen sich auf zweifache Weise mit sich selbst und der<br />

Umwelt versöhnen könnten. Erstens forderte er eine große<br />

Nähe zur Natur und den verantwortungsbewußten Umgang mit<br />

ihr. Zum anderen meinte er, der Mensch solle die Dinge, die<br />

er hervorbringt, schmücken, sie mit Farben und Ornamenten<br />

verschönern. Und so zog er in die Welt und suchte nach Orten,<br />

an denen sich diese Gedanken verwirklichen ließen. Auf einer<br />

dieser Reisen entdeckte er 1968 in Palermo einen alten Salzfrachter,<br />

kaufte ihn und segelte nach Venedig, wo das Schiff in<br />

der Werft von Pellestrina hochseetüchtig gemacht wurde. Und<br />

hier entstand auch unser Bild. Der „Sailor“ ist also ein Alter Ego<br />

des Künstlers. Er erwarb das Kapitänspatent, lebte monatelang<br />

auf dem Schiff, das er „Regentag“ taufte, und reiste einige Jahre<br />

später auf ihm nach Neuseeland. Hundertwasser fand hier eine<br />

neue Heimat.<br />

In unserem Bild verdichten sich alle künstlerisch-ästhetischen<br />

und lebensphilosphischen Gedanken Hundertwassers. Das naivoptimistische<br />

Gesicht erinnert an Formulierungen Paul Klees,<br />

dessen Idee einer kindlich vorraussetzungslosen künstlerischen<br />

Äußerung den Künstler tief beeindruckte. Im oberen Bereich<br />

klingt in den kleinteiligen Ornamenten der Wiener Jugendstil von<br />

Gustav Klimt an. Hundertwasser liebte den Regen, „da er die<br />

Farben leuchten lasse“. Das Antlitz des Seemanns ist benetzt<br />

von den zerfließenden Tropfen eines bunten, farbigen Regens.<br />

Die in das Gesicht eingeschriebenen grünlichen Linien lassen an<br />

die Adern eines Blattes denken. Das Bild der Pflanze ist im Werk<br />

Hundertwassers allgegenwärtig. Ebenso erinnert die Nase an<br />

den Kiel und Steven eines Schiffes, die Linien ergeben dann die<br />

Planken. Schiff und Mensch verschmelzen, sind eine originäre<br />

Einheit. Das Bild eines Matrosen wird hier zum gültigen Ausdruck<br />

für das Unterwegssein, das Schiff ein Ort, auf dem man überall<br />

und nirgends zu Hause ist. Und der rote Knopf auf der Matrosenmütze<br />

wird zur Insel inmitten eines weiten Meeres. (OH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


47 Arnulf Rainer<br />

Baden b. Wien 1929 – lebt in Wien u. Vornbach/Inn<br />

ÜBERMALUNG. 1960<br />

Öl auf Leinwand. 104,5 x 82,5 cm<br />

(41 ⅛ x 32 ½ in.). Rückseitig mit<br />

Kreide in Blau zweifach signiert<br />

und einmal datiert: Rainer 60.<br />

Auf dem Keilrahmen signiert: Rainer.<br />

Stellenweise leichtes Craquelé.<br />

[3353] Im Künstlerrahmen.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Süddeutschland<br />

€ 70.000 – 90.000<br />

$ 90,700 – 116,600<br />

Wir danken Clara Ditz, Enzenkirchen, für die<br />

freundliche Bestätigung der Authentizität des<br />

Gemäldes.<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

In der Kunst der 1950er Jahre ist der Wunsch nach einer<br />

Vereinheitlichung und Vereinfachung des Bildes spürbar. Viele<br />

Künstler – Yves Klein, Antoni Tàpies, Robert Ryman – arbeiten<br />

an monochromen Bildern. In der Auseinandersetzung mit dieser<br />

Strömung entstanden die ersten Übermalungen Arnulf Rainers.<br />

Und doch steht die kühl-analytische Komponente einfarbiger<br />

Malerei in starkem Gegensatz zu den tiefgründigen und geheimnisvollen<br />

<strong>Werke</strong>n des Österreichers. Rainer war seiner Arbeit<br />

und den <strong>Werke</strong>n anderer gegenüber ungemein kritisch. Er<br />

begann Ende der 1950er Jahre, eigene und fremde Arbeiten oder<br />

Photographien mit Farben zu überstreichen. Die Übermalungen<br />

sollten diese <strong>Werke</strong> verbessern und vervollkommnen, nicht<br />

zerstören. Werner Hofmann sprach in diesem Zusammenhang<br />

von Rainers „Annäherung an das Bild aller Bilder“. Rainer selbst<br />

sagte: „Ich wollte das ausgebreitete Dunkel, das fast verschlossene<br />

schwarze Bild. Entexpressionierung, permanente Verhüllung,<br />

kontemplative Ruhe sind die Prinzipien meiner Arbeiten zwischen<br />

1953 und 1965.“ (Arnulf Rainer, zit. nach: Ausst.-Kat. Historisches<br />

Museum Wien, 1989, S. 49)<br />

Rainers Annäherung erfolgte langsam, Schicht um Schicht.<br />

In einem mitunter Jahre dauernden Malprozess versuchte der<br />

Künstler sein Ideal von vollkommener Ausgewogenheit zu verwirklichen.<br />

Auf den meisten Übermalungen, so auch auf unserem<br />

Bild, bleibt ein winziger Rest des Grundes, der ursprünglichen<br />

Bildoberfläche, erhalten. Dieser Rest wird zum Zeichen des Unfertigen.<br />

Die winzige Spur des weißen Grundes verhindert nicht<br />

nur das hermetische Verschlossenwerden der stark verdichteten<br />

Oberfläche, sie kündet auch von der suchenden und zögernden<br />

Vorsicht, mit der Rainer arbeitet. Einige Schichten hinterließen<br />

Spuren, wie glänzende Flecken oder zarte Verläufe, andere sind<br />

durch leicht veränderte Farbnuancen erfahrbar. Die undurchdringlich<br />

erscheinende Oberfläche ist in Wahrheit voller Leben. In<br />

ihr sind die Anspannung und Erregung des Malprozesses spürbar.<br />

Die blauschwarze Übermalung tritt uns mit beredtem Schweigen<br />

gegenüber. (OH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


48 Victor Vasarely<br />

Pècs 1908 – 1997 Paris<br />

„BETTEL-2“. 1957/64<br />

Tempera auf Holz. 46,1 x 67,5 cm<br />

(18 ⅛ x 26 ⅝ in.). Unten rechts mit<br />

Kugelschreiber in Schwarz signiert: vasarely.<br />

Rückseitig mit Filzstift in Schwarz signiert,<br />

betitelt, bezeichnet und datiert: VASARELY<br />

“Bettel-2” 47 x 68 1957/64 vasarely.<br />

[3418] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Frankreich<br />

€ 35.000 – 45.000<br />

$ 45,300 – 58,300<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Betrachtet man das Kunstwerk aus einem gewissen Abstand,<br />

stellt sich das von Vasarely erwünschte Resultat ein. Das Auge<br />

ist irritiert, springt zwischen Gitterstruktur und Kreisform hin und<br />

her. Einige Kreise beginnen sich zu drehen, andere weichen in<br />

die Tiefe zurück. Mehrere „Plätze“ werden unerwartet von Quadraten<br />

oder winzigen Punkten belegt. All dies ist unmittelbar durch<br />

die objektiven Strukturen zu erleben. Ein kulturelles Vorwissen<br />

erscheint unnötig, da allein der visuelle Reflex angesprochen<br />

wird. Dies ist die Grundidee der Op-Art, als deren führender<br />

Vertreter Vasarely gelten muß. Der gebürtige Ungar kam in<br />

Budapest mit den Ideen des Bauhauses in Berührung. Die Vorstellung<br />

einer geometrischen Abstraktion, die gänzlich auf Mittel<br />

des Malerischen, ja sogar ganz auf die Handschrift des Künstlers<br />

verzichten wollte, faszinierte ihn. Er strebte das automatisierte,<br />

seriell hergestellte Bild an. Und so ist sein Weg vom Maler zum<br />

Planer großräumlicher dreidimensionaler Strukturen folgerichtig.<br />

Im späteren Verlauf seines Schaffens konzipierte er Skulpturen<br />

und in Architektur integrierte Objekte, die sich alle auf eine<br />

einzige, geometrische Form gründen.<br />

Tritt man näher an das Bild heran, offenbart sich auf bemerkenswerte<br />

Weise die minutiöse Arbeit des Künstlers. In der rechten<br />

Bildhälfte werden beispielsweise dünne Linien erkennbar, in<br />

deren Schnittpunkten Vasarely mit einem Zirkel in die Leinwand<br />

stach und so die Kreise geometrisch exakt fixieren konnte.<br />

Anschließend malte er die umgebene schwarze Gitterstruktur,<br />

wobei die Pinselführung in der Temperamalerei erkennbar bleibt.<br />

Die Idee, die der Künstler von der Kunst hat, tritt überwältigend<br />

deutlich in der Komposition zu Tage. Doch erst die Einmaligkeit<br />

des handwerklichen Herstellungsprozesses schafft die Aura<br />

dieses Kunstwerkes. Der Einbruch des Subjektiven in strenge<br />

Objektivität der Bildfläche eröffnet in der heutigen Zeit einen<br />

spannenden Dialog mit den Absichten des Künstlers. (OH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


49 R George Rickey<br />

South Bend/Indiana 1907 – <strong>200</strong>2 St. Paul/Minnesota<br />

„TWO UP – ONE DOWN“. 1966<br />

Kinetische Edelstahlskulptur mit 3 beweglichen<br />

Nadeln. Maße variabel.<br />

Maximale Höhe: 240 cm.<br />

Maximale Breite: ca. <strong>200</strong> cm<br />

(maximum height: 94 ½ in.<br />

maximum width: ca. 78 ¾ in.).<br />

Unikat. Auf temporäre Beton-Verankerungskonstruktion<br />

montiert. [3206]<br />

Provenienz: Privatsammlung, USA<br />

€ 140.000 – 180.000<br />

$ 181,000 – 233,000<br />

Wir danken Birgit Mieschonz, The Estate<br />

of George Rickey, East Chatham, New York,<br />

für freundliche Hinweise.<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Die <strong>Werke</strong> George Rickeys vermitteln eine andere Auffassung<br />

von Skulptur, als jahrhundertelang üblich war. Standfestigkeit<br />

und Ruhe werden von Veränderung und Abwechslung abgelöst.<br />

Sind das überhaupt Plastiken? Nichts Körperhaftes, aus Materie<br />

Geformtes haftet ihnen an. In England und Frankreich ausgebildet,<br />

kehrte Rickey 1930 nach Amerika zurück und arbeitete<br />

zunächst als Geschichtslehrer. In den vierziger Jahren war er als<br />

Maler tätig; in Chicago beschäftigte er sich mit der Bauhauslehre<br />

und begann 1949 als Künstler zu arbeiten. Neben Alexander<br />

Calder, Naum Gabo und David Smith war er einer der Pioniere<br />

der amerikanischen Bildhauerkunst.<br />

An einem Metallständer sind drei lange, fein zulaufende Ausleger<br />

angebracht, zwei davon parallel, der dritte entgegengesetzt. Im<br />

Hauch der Luft gehen ihre Nadelspitzen auf und nieder, kreuzen<br />

sich, fliehen einander oder schwingen parallel. Dabei ergeben<br />

sich offene Strukturen, flüchtige Zeichen und sogar geometrische<br />

Figuren, die sich ebenso schnell auflösen wie sie sich gefügt<br />

haben. Die Faszination von Rickeys Kunst besteht in der absichtsvollen<br />

Zufälligkeit. Ein Motor würde, triebe er die Stäbe an,<br />

eintönig ohne Unterlaß einem vorgegebenen Ablauf folgen. Die<br />

Natur ist unvorhersehbar und wechselvoll. Rickey erforscht die<br />

Möglichkeiten seiner Gebilde unter dem Wind und in der Thermik.<br />

Mit diesem Ansatz steht er der konzeptionell arbeitenden<br />

Kunst näher als der abbildenden. In der Reduzierung des Volumens,<br />

in der Abstraktion eines möglichen Naturvorbildes und in<br />

der Verwendung des Materials Stahl erweist er sich als Vertreter<br />

der jüngsten Moderne. Sein Œuvre zeichnet eine intellektuell fordernde<br />

Position aus. Wie die Linien schwingen, sind sie Sinnbild<br />

des Lebens, des Weiblichen und Männlichen, des Positiven und<br />

Negativen, von Gut und Böse. Mühelos läßt sich Rickeys Werk,<br />

das so spröde und nüchtern auftritt und doch voller poetischer<br />

Geheimnisse steckt, mit Inhalt füllen. Die blitzenden Klingen<br />

fechten weiter, alle Gedanken nicht achtend, sie sind frei. (EO)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


50 R Antoni Tàpies<br />

1923 – Barcelona – 2012<br />

„SABATA SOBRE BLANC“. 1989<br />

Kreidegrund mit Marmormehl, Tempera<br />

und Graphit auf lackierter Sperrholzplatte.<br />

175 x 100 cm (68 ⅞ x 39 ⅜ in.).<br />

Rückseitig oben links mit Filzstift<br />

in Schwarz signiert: Tàpies.<br />

Agustí 5828. – [3412] Gerahmt.<br />

Ausstellung: Tàpies. Paris und New York, Galerie<br />

Lelong, 1990, Kat.-Nr. 37, Farbabbildung S. 41 /<br />

Tàpies. Peintures récentes. Zürich, Galerie<br />

Lelong, 1991, Kat.-Nr. 1 / Antoni Tàpies. Tokio,<br />

Fuji Television Gallery, 1991, Kat.-Nr. 11, mit<br />

Farbabbildung / Antoni Tàpies. Locarno,<br />

Pinacoteca Comunale, Casa Rusca, 1998,<br />

Farbabbildung S. 171 / Antoni Tàpies, Musée<br />

Jurassien des Arts Moutie, <strong>200</strong>5 / Tàpies.<br />

Toulon, Hotel des Arts, Centre Méditerranéen<br />

d’Art, <strong>200</strong>6, Farbabb. S. 96<br />

€ 90.000 – 120.000<br />

$ 116,600 – 155,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Antoni Tàpies, Anfang des Jahres 2012 im Alter von 88 Jahren<br />

in seiner Geburtsstadt Barcelona verstorben, war einer der<br />

wichtigsten Künstler unserer Zeit in Spanien. Von einem kurzen<br />

Studium an der Acadèmia Valls in Barcelona abgesehen, begann<br />

Tàpies seine künstlerische Laufbahn als Autodidakt. 1948<br />

gründete er gemeinsam mit befreundeten Künstler und Literaten<br />

die Gruppe Dau al Set, die auch eine Kunstzeitschrift herausgab.<br />

Zwei Jahre später erhielt er ein Stipendium in Paris, wo er bald<br />

Anschluß an die lebendige Kunstszene der Stadt fand. Hier lernte<br />

Tàpies nicht nur die Maler des französischen Informel kennen,<br />

sondern auch Jean Dubuffet, dessen Art Brut ihn stark beeindruckte.<br />

Tàpies erste Ausstellung in Deutschland richtete ihm<br />

1957 Alfred Schmela in seiner Düsseldorfer Galerie aus, auch<br />

Werner Schmalenbach gehörte früh zu Tàpies’ Förderern.<br />

Der Kontakt zu Jean Dubuffet führte dazu, daß Tàpies anfing, für<br />

ihn in der Folgezeit typische Materialien wie Sand und Alltagsgegenstände<br />

in seine Kompositionen zu integrieren. Die daraus<br />

resultierenden schroffen und schrundigen Oberflächen seiner<br />

Gemälde weisen deutlich über die malerischen Ansätze der<br />

1950er Jahre hinaus. So ist es nicht überraschend, daß Tàpies,<br />

der als Anhänger des Zen-Buddhismus zwar die spirituellen<br />

Interessen der Künstler des Informel teilte, sich selber aber nicht<br />

als abstrakten, sondern als realistischen Maler verstand. Ging es<br />

ihm in seiner Kunst vor allem um die unmittelbare Wirkung von<br />

Farbauftrag und Materialbeschaffenheit, so zeigt ein Gemälde<br />

wie das großformatige „Sabata sobre blanc“ von 1989, daß<br />

Tàpies dabei auch über eine Menge Humor verfügte. Der als<br />

Umriß in den Malgrund eingeritzte Frauenschuh weckt einerseits<br />

Erinnerungen an die Art Brut Dubuffets – und wirkt andererseits<br />

in seiner Apotheose eines auratischen, aber gleichzeitig eben<br />

auch banalen Gegenstandes auf bezaubernde Weise kurios. (UC)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


51 Günther Uecker<br />

Wendorf/Mecklenburg 1930 – lebt in Düsseldorf<br />

„HOMMAGE A FONTANA IV“. 1989<br />

Nägel, Farbe und Bleistift auf Leinwand auf Holz.<br />

110 x 80 cm (43 ¼ x 31 ½ in.).<br />

Unten rechts mit Bleistift signiert und datiert:<br />

Uecker 89. Rückseitig mit Pinsel in Schwarz<br />

betitelt, datiert und signiert: HOMMAGE A<br />

FONTANA IV 89 Uecker.<br />

Nicht mehr bei Honisch. –<br />

[3292]<br />

Provenienz: Privatsammlung, Nordrhein-<br />

Westfalen<br />

€ 100.000 – 150.000<br />

$ 130,000 – 194,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Selten ist eine Hommage weder Selbsterniedrigung noch Selbsterhöhung.<br />

Wenn aber Günther Uecker dem italienischen Maler<br />

und Konzeptkünstler Lucio Fontana huldigt, dann geschieht dies<br />

auf Augenhöhe, denn sie sind die beiden Künstler, die in den<br />

1950er Jahren die Leinwand als Darstellungsgrund mit ihren<br />

<strong>Werke</strong>n fundamental in Frage stellten. Schon 1964 auf der<br />

documenta III in Kassel widmeten die Künstler der Düsseldorfer<br />

Künstlergruppe ZERO, also Günther Uecker, Otto Piene und Heinz<br />

Mack, dem italienischen Geistesverwandten, der nicht zur documenta<br />

eingeladen war, den „Lichtraum – Hommage à Fontana“.<br />

Genau 25 Jahre später huldigt Uecker Fontana zum vierten Mal –<br />

doch es nicht das Leinwandaufschlitzen, dem er seine Reverenz<br />

erweist. Stattdessen setzt er sein ureigenes Mittel der Leinwanddurchdringung,<br />

den Nagel, ein. Sein Nagelfeld nimmt die Ovalform<br />

von Fontanas <strong>Werke</strong>n aus seinen letzten Lebensjahren auf,<br />

die „Fine di Dio“ heißen, also „Das Ende Gottes“ beschwören.<br />

Und dann zieht Uecker mit dem Stift um sein Nagelfeld noch ein<br />

zweite Ovalform, ganz im Stile Fontanas – und diese Form legt<br />

sich nun um Ueckers Nagelfeld wie eine schützende Hülle. Man<br />

kann sich so noch aufmerksamer den ästhetischen Sensationen<br />

widmen, die aus dem Kraftakt des Hämmerns entstanden sind:<br />

Die Nägel wirken einmal angriffslustig wie ein aufgestelltes<br />

Igelfell und dann wieder sanft wie ein Kornfeld im Wind. In der<br />

Hommage an das große Vorbild kann Uecker so die ganze Kraft<br />

und den Dualismus seiner eigenen künstlerischen Sprache<br />

entfalten. (FI)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


52 R Andy Warhol<br />

Pittsburgh 1928 – 1987 New York<br />

FRIEDRICH DER GROSSE. 1986<br />

Acryl und Farbserigraphie auf Leinwand.<br />

213 x 184 cm (83 ⅞ x 72 ½ in.).<br />

[3142] Gerahmt.<br />

Provenienz: Galerie Hans Mayer, Düsseldorf<br />

(1997) / Daimler Kunst Sammlung, Stuttgart/<br />

Berlin<br />

Ausstellung: DaimlerChrysler Collection.<br />

Private Corporate III. <strong>Werke</strong> aus der Samm-<br />

lung DaimlerChrysler und aus der Sammlung<br />

Spiekermann. Ein Dialog. Berlin, DaimlerChrysler<br />

Contemporary, <strong>200</strong>5, ganzs. Farbabb. S. 79<br />

€ 700.000 – 1.000.000<br />

$ 907,000 – 1,300,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Das Ende des 20. Jahrhunderts ist geprägt von einem neuen<br />

historischen Denken. Es wird zum bestimmenden Merkmal der<br />

Postmoderne, mit Rückgriffen auf die Vergangenheit nach dem<br />

Wohin in der Gegenwart zu fragen. Gesellschaften vergewissern<br />

sich mit dem Begehen aller möglichen Jahrestage ihrer Rolle und<br />

Position im Weltgefüge. Alles Geschichtliche und Kunstgeschichtliche<br />

steht ganz selbstverständlich in einer visuellen Datenbank<br />

zur Verfügung. Schon deutlich früher reagierten Künstler wie<br />

Andy Warhol, befeuert durch eine rasante Entwicklung moderner<br />

Medien, auf die Umwandlung des Weltgedächtnisses von einer<br />

eher schriftlich geprägten hin zu einer fast rein bildlichen Form.<br />

Behandelte Warhol in den 1960er Jahren noch hauptsächlich<br />

zeitgenössische Themen, blickte er in den 1980ern anhaltend<br />

zurück in die Vergangenheit. Und so schuf er, rechtzeitig zum<br />

<strong>200</strong>. Todestag von Friedrich II., dieses Werk in verschiedenen<br />

Farbvariationen.<br />

Wir stehen vor einem typisch amerikanischen Kunstwerk der<br />

Pop Art, dessen Sujet gleichwohl preußischer und deutscher<br />

nicht sein kann. Amerikanisch ist die Frische des Zugriffs, die<br />

Größe und Farbigkeit, die scheinbare Unbekümmertheit vor den<br />

Schichten der vergangenen Jahrhunderte. Und doch ist Warhols<br />

Portrait tief und ernst. Grundlage ist das 1781 von Anton Graff<br />

geschaffene Bildnis des Königs. Interessanterweise ist auch<br />

Graffs Gemälde eine Bearbeitung der Wirklichkeit: aus dem zu<br />

dieser Zeit schon greisenhaften Herrscher wird das überzeitliche,<br />

ikonische Bild von Friedrich dem Großen, das nach Menzel<br />

und anderen Künstlern des 19. Jahrhunderts nun auch Warhol<br />

als Vorlage diente. Die vergrößerte Reproduktion des Gemäldes<br />

wurde mittels eines Siebes auf die Leinwand übertragen. Ein<br />

weiteres Sieb druckte eine ebenfalls vergrößerte Zeichnung<br />

Warhols, mit der er Umrisse und Binnenstrukturen hervorhob.<br />

Bemerkenswert, weil ungewohnt „handschriftlich“, ist die sich<br />

heiter und „barock“ aufschwingende Arabeske hinter der Figur<br />

des Königs. Die Farbwahl der vorliegenden Arbeit gehört zweifellos<br />

zu den schönsten dieser Motivreihe: aus der Medaillonform<br />

der Graff’schen Vorlage ergibt sich wie zufällig die Würdeformel<br />

des schwarzen Bogens, von kräftigem Rot gefaßt. Rock und<br />

Arabeske bilden einen schönen Farbklang. Durch die über der<br />

Figur liegende Zeichnung in kräftigem Pink und Türkis erhält<br />

das Bild eine große Transparenz. Hierin besteht die große<br />

Kunst Andy Warhols: ihm gelingt es, Zitate aus jeder möglichen<br />

historischen Epoche in einen heutigen Kontext zu transferieren:<br />

Friedrich der Große ist auch im Jahr seines 300. Geburtstages<br />

ein Zeitgenosse. (OH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


53 R Anselm Kiefer<br />

Donaueschingen 1945 – lebt in Frankreich<br />

„ODIN AND THE WORLD-ASH“. 1981<br />

Öl über Holzschnitt auf Velin auf Rupfen.<br />

170,5 x 190,2 cm (67 ⅛ x 74 ⅞ in.).<br />

Am Oberrand betitelt: Odin and the World-Ash.<br />

Rückseitig mit Kohle betitelt, signiert und datiert:<br />

Odin and the World-Ash Anselm Kiefer 1981.<br />

Craquelé. [3465] Gerahmt.<br />

Provenienz: Privatsammlung, USA<br />

Ausstellung: With You I Want to Live.<br />

Fort Lauderdale, Museum of Art, <strong>200</strong>9/10,<br />

Abb. S. 54<br />

€ 400.000 – 600.000<br />

$ 518,000 – 777,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

„Odin and the World-Ash” steht oben am Rand in Schreibschrift:<br />

Der Titel, den Anselm Kiefer diesem 1981 entstandenen<br />

Kunstwerk gegeben hat. Es bleibt wenig Raum, so sehr füllen die<br />

zwei Hauptmotive das Bild, ein wie skelettiert wirkendes Pferd<br />

und ein diagonal darüber liegender, wuchtiger Baumstamm. Hier<br />

trifft Archaisches aufeinander: Die grob in Holz geschnittene, auf<br />

mehrere Blätter gedruckte schwarze Pferdefigur und die schrundig<br />

in Erdfarben bemalte Großform des abgesägten Stammes.<br />

Doch beide sind vereint, in einer Tragödie, die beim näheren Betrachten<br />

erkennbar wird. Unten rechts sind aufgeschichtete Äste<br />

zu sehen, die mit gelblichem Schellack wie mit Öl übergossen zu<br />

lodern scheinen, wie der Stapel Holzscheite links. Es ist eine Verbrennung,<br />

die hier stattfindet, zum wiederholten Male. Wagners<br />

„Ring des Nibelungen“ erzählt von Odin/ Wotan, der aus dem<br />

unter der Weltesche entspringenden Weisheitsquell trank und<br />

sich aus dem Holz einen herrschaftssichernden Speer schnitzte.<br />

Im letzten Akt des Opernzyklus „Götterdämmerung“, läßt Wotan<br />

die Esche fällen und in Brand setzen. Seine Tochter Brünhilde<br />

ergibt sich mit ihrem Pferd Grane den Flammen eines Scheiterhaufens.<br />

Eine der größten deutschen Mythen, popularisiert im<br />

19. Jahrhundert, im 20. Jahrhundert durch die Nationalsozialisten<br />

diskreditiert und nun langsam rehabilitiert, endet tragisch, mit<br />

dem Untergang der alten Ordnung.<br />

Bevor sich Kiefer nach einer Israelreise 1984 neuen Themenkreisen<br />

zuwandte, waren es die Mythen und schicksalhaften Ereignisse<br />

der deutschen Geschichte, die er in seinem Œuvre wie kein<br />

anderer Künstler der Nachkriegsgeneration mit großer Direktheit<br />

und neuer, bildgewaltiger Sprache behandelte. Aufgrund seines<br />

Beitrages für den deutschen Pavillon für die Venedig Biennale<br />

1980 hatte Kiefer dafür zunächst schärfste Kritik erfahren. Während<br />

einheimische Kommentatoren anspielungsreich von „Lust<br />

an der Angst” und „deutschem Holzweg” sprachen, gelang ihm<br />

international der Durchbruch. 1982, im Jahr nach der Entstehung<br />

von „Odin and the World-Ash“, erhielt Kiefer drei große Galerieausstellungen<br />

in New York, womit der englische Titel unseres<br />

Bildes zusammenhängen könnte.<br />

Der Holzschnitt als die einzige Drucktechnik, mit der sich Kiefer<br />

beschäftigt hat, blieb für seine deutschen Themen reserviert.<br />

Die besondere Ausdruckskraft des Holzschnitts erfährt in den<br />

monumentalen, aus einer Vielzahl von Blättern zusammensetzten<br />

und oft dramatisch mit Farbe und anderen Materialien überarbeiteten<br />

Kompositionen einen Höhepunkt im umfangreichen Werk<br />

des Künstlers. Allein sechs sehr unterschiedliche Varianten des<br />

unserem Bild zugrunde liegenden Holzschnitts (1978-81) fanden<br />

über die Jahre hinweg Eingang in bedeutende amerikanische<br />

Museums- und Privatsammlungen (Museum of Modern Art;<br />

Metropolitan Museum; Sammlung Sonnabend, New York;<br />

Sammlung Susan and Lewis Manilow, Chicago; University of<br />

Iowa Museum of Art, ehemals Dorothy Schramm, und Museum<br />

of Modern Art, San Francisco (siehe Abb.)). (MSF)<br />

Anselm Kiefer. „Brünhilde Grane”. 1990<br />

(Museum of Modern Art, San Francisco)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


54 Günther Uecker<br />

Wendorf/Mecklenburg 1930 – lebt in Düsseldorf<br />

„ENERGIEFELD“. 1986<br />

Nägel, Farbe und Quarzsand auf Leinwand<br />

auf Holz. Ca. 93 x 93 cm (36 ⅝ x 36 ⅝ in.).<br />

Rückseitig mit Pinsel in Schwarz betitelt,<br />

signiert und datiert: ENERGIEFELD Uecker 86.<br />

Nicht mehr bei Honisch. –<br />

[3207]<br />

Provenienz: Privatsammlung, Hessen<br />

€ 80.000 – 120.000<br />

$ 103,600 – 155,000<br />

Diese Arbeit mit silbrig glänzenden Nägeln, die durch eine<br />

schwarze Leinwand in eine quadratische Holzplatte geschlagen<br />

sind, wird niemand mehr als ein Tafelbild bezeichnen. In der Tat<br />

war die Überwindung dieser tradierten Vorstellung von einem<br />

Gemälde das Hauptanliegen der internationalen Künstleravantgarde<br />

nach dem Krieg. So wie Jackson Pollock in den USA, Lucio<br />

Fontana in Italien und Yves Klein in Frankreich forderten auch<br />

Uecker und seine Düsseldorfer Mitstreiter der Gruppe Zero,<br />

Piene und Mack, die Kunstgeschichte heraus, indem sie sich<br />

vom Gegenstand befreiten und neue Prozesse auf der Leinwand<br />

in Gang setzten. Uecker, an der Düsseldorfer Akademie von<br />

Otto Pankok ausgebildet, hat nach seinen ersten Übungen mit<br />

abstrakter Fingermalerei seit 1957 in die Strukturen seiner Bilder<br />

die Elemente der Nägel eingefügt, die sich auf dem Bildkörper in<br />

Formationen gruppierten. Damit erhielten die Arbeiten eine neue<br />

Dimension, die auch in der Optik durch die Spiele von Licht und<br />

Schatten und in der Materialität eine Bereicherung der Eindrücke<br />

erzeugte. Quadrate, Ovale, Kreise formierten die Grenzen der<br />

Kompositionen, in denen die Nägel sich in energiegeladenen<br />

Arrangements, einem Magnetfeld gleich, konzentrierten.<br />

Im „Energiefeld“ scheint die Oberfläche wie von einem gewaltigen<br />

Sturm aufgerissen, der die Nägel aus ihrer Gruppierung<br />

mit Kraft umgebogen und sogar über den Bildrand gerückt hat.<br />

Gleichzeitig assoziiert der Betrachter einen Blick in den schwarzen<br />

Nachthimmel, in dem glänzende Raketen aufscheinen. Die<br />

Wirkung des Bildes gibt auch die Kraft und Anstrengung wieder,<br />

mit der Uecker das Werk geschaffen hat. Schlag auf Schlag, in<br />

der Breite seiner Finger gesetzt, entsteht es mit großem Aufwand<br />

im Einsatz des Körpers. Ebenso ist die Zerstörungsgewalt<br />

deutlich zu empfinden. Gerade stand alles aufrecht, jetzt liegt es<br />

danieder. Das Unwetter hat sich verzogen. Auch nach dem Sturm<br />

herrscht keine Ruhe. (AH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


55 R Anselm Kiefer<br />

Donaueschingen 1945 – lebt in Frankreich<br />

„ARARAT“. <strong>200</strong>7<br />

Graphit über Collage aus 10 Schwarzweiß-<br />

photographie-Fragmenten.<br />

160,5 x 87,5 cm (63 ¼ x 34 ½ in.).<br />

Oben links mit Kohle betitelt: Ararat.<br />

[3271] Gerahmt.<br />

Provenienz: Ehemals Gagosian Gallery, New York<br />

€ 100.000 – 150.000<br />

$ 130,000 – 194,000<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Die Kunstwerke von Anselm Kiefer sind häufig so groß wie die<br />

geschichtsträchtigen Themen, die sie behandeln: riesige Bilder,<br />

ganze Wände bedeckend, Installationen mit Flugzeugen oder<br />

Bibliotheken, hoch übereinandergestapelte Bücher beherbergend.<br />

Schwere, gewichtige Materialien: Blei, Ziegel, dunkle<br />

Farben. Andererseits leichte, fast flüchtige Güter: Stoffbahnen,<br />

Asche, getrocknete Blüten, Gräser, Papier. Monumental und<br />

brüchig zugleich erscheint Kiefers Kunst. Einer seiner Lehrer war<br />

Joseph Beuys, dessen Universum ihn zu eigenen Expeditionen<br />

inspirierte. Sie beginnen auf den Schlachtfeldern der deutschen<br />

Geschichte und erstrecken sich bis in die biblische Geschichte,<br />

den nordischen Sagenkreis, zu den Mythen der griechischen<br />

Antike, aber auch in die Literatur.<br />

„Ararat“ heißt unsere großformatige Graphitzeichnung über<br />

Collage. Auf den Photofragmenten sind geriffelte Betoncontainer<br />

aufgetürmt. Auf diesem fragilen Gebilde – es hat einmal in Kiefers<br />

zeitweiligem Atelier „La Ribaute“, einer ehemaligen Seidenspinnerei<br />

bei Nîmes gestanden – ist zuoberst ein Kriegsschiff ‚gelandet’.<br />

Einst flog von der „Arche“ auf dem Berg Ararat die Taube auf der<br />

Suche nach Land aus. Sie kam mit einem Ölzweig zurück, und die<br />

Zukunft der Flüchtenden schien gesichert. Kiefers „Ararat“ läßt<br />

wenig Hoffnung spüren, die Verlassenheit und Menschenleere ist<br />

direkt faßbar. Die Katastrophe hat alles mit sich genommen und<br />

nur dieses wacklige Bauwerk übriggelassen. „Kiefer ist der Maler<br />

der Leere aus abhanden gekommener Bedeutung. Seine Trauer-<br />

arbeit fördert nicht verschütteten Sinn zutage; sie läßt vielmehr<br />

den Verlust von Sinn aufdringlich spürbar werden.“ (Günter Metken:<br />

In Künstlers Lande gehen, Schirmer/Mosel, München 1988,<br />

S. 354) (EO)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


56 R A.R. Penck (d.i. Ralf Winkler)<br />

Dresden 1939 – lebt in Dublin und Düsseldorf<br />

„ABSCHIED VON EINEM TRAUM“. 1982<br />

Kunstharz auf Leinwand. 300 x <strong>200</strong> cm<br />

(118 ⅛ x 78 ¾ in.). Unten links mit<br />

Kugelschreiber in Schwarz betitelt und<br />

monogrammiert: Abschied von einem Traum a.r.<br />

[3412]<br />

Ausstellung: A.R. Penck. London, Waddington<br />

Galleries, 1982, mit Abb. / A.R. Penck.<br />

Kraftfeldauseinandersetzung. Zürich, Galerie<br />

Lelong, 1997, ohne Katalog<br />

€ 80.000 – 100.000<br />

$ 103,600 – 130,000<br />

Wir danken Tobias Bäumer, Galerie Michael<br />

Werner, Märkisch Wilmersdorf, für freundliche<br />

Hinweise.<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

„Übergang“ nannte Penck seine erzwungene Übersiedlung von<br />

Ost nach West. Natürlich drängt sich die Frage auf, wie sich<br />

diese einschneidende Veränderung der Lebensumstände in<br />

seinem Werk niederschlug. Penck hat die ständige Reibung mit<br />

der Diktatur in der DDR künstlerisch verarbeitet. Die frühen<br />

„Weltbilder“ beispielsweise nehmen als moderne Historienbilder<br />

direkten Bezug auf politische Ereignisse. Doch schon in der DDR<br />

spielten bald die verallgemeinerbaren Erfahrungen des Individuums<br />

eine stärkere Rolle. Angeregt wurde diese Wandlung durch<br />

Pencks Wunsch, die Möglichkeit der Rezeption seiner Arbeit zu<br />

vereinfachen. Hinzu kam der Versuch, eine Bildsprache zu entwickeln,<br />

die auf wenigen, eindeutigen Zeichen beruht. Erkennbar<br />

ist: Die Grundprinzipien seiner Arbeit haben sich auch im Westen<br />

nicht verändert. Fragen zur Stellung des Einzelnen in seinem<br />

Umfeld und in der Gesellschaft haben in beiden Gesellschaftsformen<br />

Gültigkeit und Berechtigung. Verändert hat sich allerdings<br />

die Farbigkeit. Überraschend, weil zum Klischee geronnen, hat<br />

Penck selbst immer wieder betont, welche neue Erfahrung ihm<br />

die Farbe nach seiner Ankunft im Westen geworden ist. Und so<br />

dringt diese Farbigkeit in seine Bilder ein, die zu einer neuen<br />

malerischen Virtuosität führt.<br />

Der „Abschied von einem Traum“ besitzt eine große erzählerische<br />

Qualität. Dominiert wird unser Bild von zwei großen Figuren<br />

in Blau und Rot, die sich gegenüberstehen. Mit ausgreifenden<br />

Gesten treten sie miteinander in Kontakt. Doch ein von unten<br />

aufragender Keil verhindert eine unmittelbare Konfrontation und<br />

Begegnung. In den Keil ist eine weitere Figur eingeschrieben,<br />

die an typische Formulierungen Pencks erinnert. Zwischen den<br />

Figuren bilden weitere Zeichen eine zweite Erzählebene. Bemerkenswert<br />

ist die Vitalität der Malerei auf der riesigen Leinwand.<br />

Neben der graphischen Präzision der Figuren und Zeichen fallen<br />

Vermischungen der Farbe in den Binnenstrukturen ins Auge.<br />

In dieser Arbeit verbindet sich so Reflexion der Wirklichkeit mit<br />

großer bildnerischer Kraft. (OH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


57 R A.R. Penck (d.i. Ralf Winkler)<br />

Dresden 1939 – lebt in Dublin und<br />

Düsseldorf<br />

„ZWEI IM WESTEN“. 1985<br />

Dispersionsfarbe auf Nessel. <strong>200</strong> x 250 cm<br />

(78 ¾ x 98 ⅜ in.). Oben rechts mit Bleistift<br />

signiert und bezeichnet: ar.penck KR.<br />

Rückseitig auf dem Keilrahmen mit Kugel-<br />

schreiber in Schwarz betitelt: zwei im westen.<br />

[3412]<br />

Ausstellung: A.R. Penck. New York, Mary Boone/<br />

Michael Werner, 1985 (Abb.) / A.R. Penck.<br />

Kraftfeldauseinandersetzung. Zürich, Galerie<br />

Lelong, 1997, ohne Katalog<br />

€ 100.000 – 150.000<br />

$ 130,000 – 194,000<br />

Wir danken Tobias Bäumer, Galerie Michael<br />

Werner, Märkisch Wilmersdorf, für freundliche<br />

Hinweise.<br />

A.R. Penck wollte die Kunst als empirische Wissenschaft verstanden<br />

wissen. Deshalb wählte er als Pseudonym den Namen eines<br />

Naturwissenschaftlers, der nicht durch Spekulation zu Erkenntnissen<br />

kam, sondern durch nachprüfbare Forschungen. Mathematik<br />

und Informationsverarbeitung faszinierten den Maler, sah er doch<br />

hier Zeichensysteme, die verbindlich, sachlich und eindeutig<br />

waren. Aus diesen Überlegungen heraus entwickelte Penck im<br />

Laufe der Zeit ein System von Chiffren, mit denen er die Malerei<br />

objektivieren und letztlich auch demokratisieren wollte. Grundlage<br />

wurden einfachste Symbole, Strichmännchen, Buchstaben und<br />

Ziffern. Er selbst brachte immer wieder die Assoziation seiner<br />

Strichmännchen zu steinzeitlichen Höhlenzeichnungen ins<br />

Gespräch. Die Verbindung entsteht hierbei aber nicht über die<br />

ähnliche Abstraktion des Bildgegenstandes, sondern vielmehr<br />

dadurch, daß es eine Gruppe von Menschen gibt, die die hinter<br />

dem Offensichtlichen liegende Bedeutungsebene lesen können.<br />

Das erklärt auch die oft lapidare, graphische Gestalt der Zeichen.<br />

„Zwei im Westen“ wirkt aus der Ferne wie eine Landkarte oder<br />

ein Schaltplan. Schwarze Objekte überziehen den weißen Grund.<br />

Alle Strichmännchen, Tiere und Gegenstände verdeutlichen in<br />

ihrer Haltung und Anordnung ein Geschehen, haben Beziehungen<br />

zueinander, liegen in einem Kräftefeld. Nichts ist nur aus graphischen<br />

Überlegungen an seinem Platz. Und dennoch ist die Arbeit<br />

kein Bilderrätsel, auch wenn einige Dinge lesbar sind. So steht<br />

das typische Strichmännchen mit den erhobenen Händen am<br />

linken Bildrand für die Dualität aus der Präsenz des Subjekts in der<br />

Gesellschaft und seiner nackten Schutzlosigkeit. Pencks Arbeiten<br />

lassen sich nur als Bilder verstehen, die „aus bildnerischem Denken<br />

und aus malerischem Handeln erwachsen sind und nicht aus<br />

verbaler Argumentation oder Agitation“ (Lucius <strong>Grisebach</strong>, zit. nach<br />

Ausst.-Kat. a.r. penck, Nationalgalerie, Berlin, 1988, S. 77). (OH)<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


58 Stephan Balkenhol<br />

Fritzlar 1957 – lebt in Meisenthal/Frankreich<br />

MANN MIT TÄTOWIERUNG. 1997<br />

Libanonzeder, bemalt, auf Holzsockel (Tisch).<br />

Höhe (mit Sockel): 217 cm (85 ⅜ in.).<br />

[3158]<br />

Provenienz: Privatsammlung, Rheinland<br />

Ausstellung: See History <strong>200</strong>3. Eine Sammlung<br />

wird ausgestellt. Kiel, Kunsthalle, <strong>200</strong>3/04,<br />

ohne Kat.-Nr., Farbabb. S. 4<br />

€ 40.000 – 60.000<br />

$ 51,800 – 77,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Stephan Balkenhol ist einer der international angesehensten<br />

deutschen Bildhauer der letzten Jahrzehnte. Im Gegensatz zur<br />

Generation seines Lehrers Ulrich Rückriem arbeitet Balkenhol<br />

figurativ, wobei man konstatieren kann, daß seinen stoisch<br />

dastehenden, in die Ferne oder ins Nirgendwo blickenden Frauen<br />

und Männer in ihrer entrückten Unbewegtheit auch ein gewisser<br />

Grad an Abstraktion zu eigen ist. Neben Arbeiten für Museen<br />

und Privatsammler hat Stefan Balkenhol auch etliche Skulpturen<br />

im öffentlichen Raum platziert, so in Rom am historischen<br />

Caesarforum, ferner in Sevilla, Amiens und Salzburg. Zu seinen<br />

bekanntesten <strong>Werke</strong>n gehören die „Vier Männer auf Bojen“ im<br />

Hamburger Hafen.<br />

Balkenhols seit jeher bevorzugtes Material ist relativ weiches<br />

Pappel-, Zedern oder Wawaholz, wodurch er trotz der von<br />

Nahem deutlich sichtbaren Bearbeitungsspuren in der Fernsicht<br />

erstaunlich realistische Effekte erzielt. Meistens gehen Balkenhols<br />

Figuren nahtlos in einen ebenfalls vom Künstler bearbeiteten<br />

Sockel über. Unsere Skulptur ’Mann mit Tätowierung’ aus dem<br />

Jahr 1997 steht auf einer Art Hocker – eine Sockelform, die<br />

Balkenhol damals neu entwickelte und noch heute für seine<br />

neuesten <strong>Werke</strong> verwendet.<br />

Die Tendenz, die menschliche Erscheinung zu einer Chiffre zu<br />

vereinheitlichen, hat bei Balkenhol oft dazu geführt, Männer<br />

stereotyp in weißen Oberhemden und dunklen Hosen und Frauen<br />

in knielangen Kleidern darzustellen. Beim ’Mann mit Tätowierung’<br />

variiert der Bildhauer dieses Prinzip und läßt den Tätowierten<br />

ein ärmelloses Unterhemd tragen. „Meine Skulpturen“, hat der<br />

Künstler einmal gesagt, „erzählen keine Geschichten.“ In ihnen<br />

verstecke sich „etwas Geheimnisvolles“, das zu entdecken dem<br />

Zuschauer überlassen bleibe. Hier versteckt sich, so scheint es,<br />

neben dem Geheimnis noch etwas anderes: Womöglich kann<br />

man es Humor nennen. (UC)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


59 R David Salle<br />

Norman/Oklahoma 1952 –<br />

lebt in Sagaponack/New York<br />

TO BE TITLED #1. 1998<br />

Triptychon: Öl und Acryl auf Leinwand,<br />

der mittlere Teil mit eingesetzter Leinwand.<br />

Jeweils 230 x 153,5 cm (gesamt: 230 x 461,5 cm)<br />

(90 ½ x 60 ⅜ in. ( 90 ½ x 181 ¾ in.)).<br />

[3142]<br />

Provenienz: Daimler Kunst Sammlung, Stuttgart/<br />

Berlin (1998 direkt vom Künstler erworben)<br />

Ausstellung: Private Corporate IV. <strong>Werke</strong> aus der<br />

Daimler Kunst Sammlung und aus der Sammlung<br />

Lekha and Anupam Poddar. Ein Dialog. Berlin,<br />

Daimler Kunst Sammlung, <strong>200</strong>7<br />

Literatur und Abbildung: Renate Wiehager (Hrsg):<br />

Blitzen-Benz Bang. Daimler Art Collection.<br />

Mixed Media, Sculptures, Commissioned Works.<br />

Ostfildern, Hatje-Cantz, <strong>200</strong>9, S.154, Farbabb.<br />

S.155<br />

€ 80.000 – 120.000<br />

$ 103,600 – 155,000<br />

Das Triptychon entstand als Auftragsarbeit<br />

für den Sitzungssaal des von Renzo Piano<br />

entworfenen Sitzes der debis AG (heute<br />

Daimler Financial Services) am Potsdamer<br />

Platz in Berlin.<br />

Noch heute erinnert man sich in Berlin an die spektakuläre<br />

Ausstellung „Zeitgeist“ im Jahr 1982. Auch David Salle war<br />

dort vertreten und malte „live“ im Martin-Gropius-Bau.<br />

Das 1998 entstandene „To be titled #1“ enthält wie sein<br />

Pendant #2 Erinnerungen an Berlin. Gemeinsam bilden sie<br />

ein von gerafften Vorhängen wie im barocken Illusionismus<br />

freigegebenes Breitwandpanorama der Metropole.<br />

Viele Einzelheiten der auf drei großen Tafeln ausgebreiteten<br />

Malerei beziehen sich auf die deutsche Hauptstadt. Die einzelnen<br />

Bildelemente sind für den Betrachter leicht zu lesen. Ihre Bedeutung<br />

für den Künstler ist schwerer zu beantworten. Salle ist einer<br />

der Hauptvertreter einer neuen Figuration in den Vereinigten<br />

Staaten, die sich wieder farbiger Darstellung widmete, nach<br />

Abstract Expressionism und den spröden Reduktionen des<br />

Minimalismus, aber auch nach der Eruption von Pop Art. Nach<br />

dem Studium bei John Baldessari Anfang der 1970er Jahre<br />

arbeitete Salle zunächst mit Photographie. Sein Werk umfaßt<br />

darüber hinaus Malerei, Zeichnungen, Filme, Installationen<br />

sowie Performances und Bühnenbilder. (EO)<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


60 Matthias Weischer<br />

Elte/Westfalen 1973 – lebt in Leipzig<br />

„GEHEGE“. <strong>200</strong>5<br />

Öl auf Leinwand. 62 x 83,8 cm (24 ⅜ x 33 in.).<br />

Rückseitig mit Kohle signiert und datiert.<br />

M. Weischer 05.<br />

Stegmann S. 142. –<br />

Auf dem Keilrahmen ein Etikett zur Ausstellung<br />

Den Haag <strong>200</strong>7/08 (s.u.). [3225]<br />

Provenienz: Privatsammlung, Belgien<br />

Ausstellung: Matthias Weischer. Leipzig, Museum<br />

der bildenden Künste, und Aachen, Ludwig<br />

Forum für internationale Kunst, <strong>200</strong>5/06,<br />

ohne Kat.-Nr., ganzs. Farbabb. S. 87 / Matthias<br />

Weischer. Malerei – Painting. Schaffhausen,<br />

Museum zu Allerheiligen; Mannheim, Kunsthalle;<br />

Den Haag, Gemeentemuseum, <strong>200</strong>7/<strong>200</strong>8,<br />

ohne Kat.-Nr., S. 142, ganzs. Farbabb. S. 105<br />

€ 50.000 – 70.000<br />

$ 64,800 – 90,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

„In einem Zimmer meiner Wohnung habe ich eine schmale Bühne<br />

von circa 4 x 2 Metern eingerichtet, deren Dimensionen von<br />

den Gehegen inspiriert sind. Ich bin gerade dabei, Gegenstände<br />

zu arrangieren und male große Stilleben. Die Idee einer Bühne<br />

ist schon lange da, deshalb habe ich auch eine große Wohnung<br />

genommen. Ich fange ganz langsam an [...]. Ich habe mit kleinen<br />

Gegenständen begonnen, zum Beispiel mit einer Hand voll Laub.<br />

Ich habe ein paar Decken aus dem Kindergarten, die ich eigentlich<br />

waschen sollte, einfach mal hingeschmissen und zeichne sie.<br />

Komischerweise schlagen die Bilder jetzt zurück. Wie diese braunen<br />

Bilder, die du aus der Leipziger Ausstellung kennst. Es sind ja<br />

größtenteils Atelierszenen aus dem 19. Jahrhundert, ausgehend<br />

von Fotografien der Malerateliers. Das hat mich gereizt. Weg von<br />

diesem weiß gestrichenen, geweißelten Raum, der wirklich nur<br />

Produktionsstätte ist, hin zu einem Raum, der mir als Motiv dient.<br />

Das ist die Idee dieser Bühne und natürlich auch die Begrenzung.<br />

Ich versuche, mich selbst einzugrenzen, weg von diesem ganzen<br />

Wust aus Bildern, hin zu einer konzentrierten Form.“<br />

(Matthias Weischer, zit. nach: Ausst.-Kat. Matthias Weischer.<br />

Museum zu Allerheiligen Schaffhausen, Kunsthalle Mannheim,<br />

Gemeentemuseum Den Haag <strong>200</strong>7/<strong>200</strong>8, S. 72)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


61 Thomas Scheibitz<br />

Radeberg 1968 – lebt in Berlin<br />

„CAPITAL“. <strong>200</strong>6<br />

Öl und Pigmentmarker auf Leinwand.<br />

300 x 190 cm (118 ⅛ x 74 ¾ in.). Auf dem<br />

Überspann mit schwarzem Marker betitelt,<br />

signiert, datiert und bezeichnet: ”Capital”<br />

Scheibitz 06 414. Auf dem Keilrahmen mit<br />

schwarzem Marker betitelt, bezeichnet und<br />

signiert: ”Capital” 414 Scheibitz.<br />

[3225]<br />

Provenienz: Privatsammlung, Belgien<br />

Ausstellung: Low SWEETIE#OMEGA Haus.<br />

Hamburg, Produzentengalerie, <strong>200</strong>6/07,<br />

ohne Kat.-Nr., ganzs. Farbabb. S. 37<br />

€ 50.000 – 70.000<br />

$ 64,800 – 90,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Im Werk von Thomas Scheibitz tauchen immer wieder Motive und<br />

Zeichen auf, die aus dem ungeheuren visuellen Bildarchiv stammen,<br />

das jeder von uns unbewußt in sich trägt. Hierzu gehören<br />

Kugeln, Sterne, Buchstaben oder Fragmente von Architekturen.<br />

Mithilfe dieses Vokabulars stellt der Künstler Versuchsanordnungen<br />

auf, in denen er diese aufgeladenen Symbole durch<br />

Variationen ihrer ursprünglichen Bedeutung beraubt oder diese<br />

zumindest verändert. Das Medium dieser Umdeutung ist seine<br />

Kunst, ist Malerei, Photographie und Plastik. Durch die eigene<br />

künstlerische Sprache stiftet Scheibitz mit der Wiedereingliederung<br />

der gefundenen Prototypen in seine Bildkompositionen neue<br />

Sinnzusammenhänge. Diese Erweiterung von Deutungsschemata<br />

eröffnet dem Künstler und dem Betrachter die Chance, die Möglichkeiten<br />

der Wahrnehmung zu verändern.<br />

Dennoch kann „Capital“ nicht vollständig ausgelesen oder<br />

gedeutet werden. Das Gemälde wirkt als sinnliche Malerei aus<br />

ihren bildnerischen Zusammenhängen heraus. Auffallend ist<br />

die betonte Flächigkeit der Komposition. Im großen Gegensatz<br />

hierzu steht die starke Präsenz der an einem festen Gerüst aufgerichteten<br />

Figuren. Im unteren Bereich des hoch aufragenden<br />

„Stabes“ und im Bereich der „Faltungen“ in der Mitte des Bildes<br />

erweitert der Maler das Bild in die Tiefe. Einige Objekte sind klar<br />

und statisch definiert, anderen scheinen einem Bewegungsimpuls<br />

ausgesetzt. Der Bildtitel verweist auf das Hauptwerk von<br />

Karl Marx’ politischer Ökonomie, das sich der Analyse und den<br />

Zirkulationsprozessen des Geldes widmet. Der Titel kann als<br />

Dialogangebot gelten, sich mit den Wandlungen von erlebter und<br />

gespeicherter Realität zu beschäftigen, die in den Versatzstücken<br />

aufscheint. (OH)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


62 R Hiroshi Sugimoto<br />

Tokio 1948 – lebt in New York und Tokio<br />

„S.C. JOHNSON BUILDING“. <strong>200</strong>1<br />

Silbergelatineabzug im Aluminium-Künstlerrahmen.<br />

149 x 119 cm (Rahmen:<br />

183,5 x 153 cm) (58 ⅝ x 46 ⅞ in.<br />

(Frame: 72 ¼ x 60 ¼ in.)).<br />

Rückseitig auf einem Aufkleber des Sugimoto<br />

Ateliers signiert: H Sugimoto. Ebenda ein<br />

Aufkleber der Ausstellung Chicago (s.u.).<br />

Eines von 5 numerierten Exemplaren.<br />

[3271] Gerahmt.<br />

Provenienz: Ehemals Sonnabend Gallery,<br />

New York<br />

Ausstellung: Hiroshi Sugimoto. Architecture.<br />

Chicago, Museum of Contemporary Art,<br />

<strong>200</strong>3, S. 76<br />

€ 50.000 – 70.000<br />

$ 64,800 – 90,700<br />

<strong>Grisebach</strong> 11/2012<br />

Monumental ins Bild gesetzt und zugleich unwirklich wie eine<br />

Fata Morgana zeichnet sich die Form eines Turmes ab, die<br />

Umrisse verschwommen wie durch einen Dunstschleier gesehen<br />

– eine Skulptur aus Licht und Schatten. Den nüchternen<br />

Bestandsaufnahmen eines Thomas Struth wie auch den minutiös<br />

durchkomponierten Panoramen Andreas Gurskys setzt Hiroshi<br />

Sugimoto schemenhafte Visionen von Architektur entgegen.<br />

In photographischen Serien wie „Wax Museums“ (seit 1976),<br />

„Theaters“ (seit 1978), „Seascapes“ (seit 1980) und „Architecture“<br />

(seit 1997) verbindet der Japaner minimalistische Formensprache<br />

mit konzeptueller Komplexität. Seine ebenso konzentrierten<br />

wie poetischen Reflexionen über Wahrnehmung, Gedächtnis und<br />

Realität, Geschichte und Zeit machen ihn zu einem der herausragenden<br />

Photokünstler der Gegenwart.<br />

Die Serie „Architecture“ zeigt Bauwerke, die in die Architekturgeschichte<br />

des 20. Jahrhunderts eingegangen sind wie etwa die<br />

AEG Turbinenhalle von Peter Behrens, die Wallfahrtskirche Nôtre<br />

Dame du Haut von Le Corbusier oder, wie in vorliegender Arbeit,<br />

den „Research Tower“ der Firma S. C. Johnson & Son (Racine,<br />

Wisconsin) von Frank Lloyd Wright. Es sind Ikonen der Moderne,<br />

die wir wiedererkennen, obwohl ihre charakteristischen Elemente,<br />

ihre räumliche Position, Konturen und Materialien bis hin zur<br />

Abstraktion verwischt sind. Sugimoto sieht sie als Wahrzeichen<br />

und kulturelle Symbole, die er aus ihrem historischen Rahmen<br />

herauslöst und in den Zustand ihrer ursprünglichen, noch<br />

unscharfen Idee zurückführt. Indem das Vertraute entrückt<br />

erscheint und geltende Definitionen ihre Bedeutung verlieren,<br />

kann etwas Neues entstehen. Das Bild erhält eine eigenständige,<br />

vom realen Objekt unabhängige Existenz, die Erinnerung und<br />

Utopie sein kann. Auf einzigartige Weise nutzt Sugimoto das<br />

Medium der Photographie, um uns vor Augen zu führen, daß nicht<br />

von Belang ist, was wir sehen, sondern wie wir es sehen. (sch)


<strong>Grisebach</strong> 11/2012


<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong><br />

Auktionen<br />

Berlin<br />

Bernd Schultz / Micaela Kapitzky<br />

Florian Illies / Dr. Markus Krause<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong><br />

Fasanenstraße 25, D-10719 Berlin<br />

Telefon: +49-30-885 915-0<br />

Telefax: +49-30-882 41 45<br />

auktionen@villa-grisebach.de<br />

www.villa-grisebach.de<br />

Dortmund<br />

Wilfried Utermann<br />

Galerie Utermann<br />

Silberstraße 22, D-44137 Dortmund<br />

Telefon: +49-231-4764 3757<br />

Telefax: +49-231-4764 3747<br />

w.utermann@villa-grisebach.de<br />

144<br />

Repräsentanzen<br />

Representatives<br />

Norddeutschland<br />

Stefanie Busold<br />

Sierichstraße 157 · D-22299 Hamburg<br />

Telefon: +49-40-4600 9010 · Telefax: +49-40-4600 9010<br />

Mobil: +49-172-540 9073 · busold@villa-grisebach.de<br />

Rheinland/Ruhrgebiet/Benelux<br />

Daniel von Schacky<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen<br />

Bilker Straße 4-6 · D-40213 Düsseldorf<br />

Telefon: +49-211-8629 2199 · Telefax: +49-211-8629 2198<br />

Mobil: +49-151-1907 7721 · schacky@villa-grisebach.de<br />

Baden-Württemberg<br />

Dr. Annegret Funk<br />

Im Buchrain 15 · D-70184 Stuttgart<br />

Telefon: +49-711-248 4857 · Telefax: +49-711-248 4404<br />

Mobil: +49-172-765 2365 · funk@villa-grisebach.de<br />

Bayern<br />

Dorothée Gutzeit<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen<br />

Prannerstraße 13 · D-80333 München<br />

Telefon: +49-89-22 7632/33 · Telefax: +49-89-22 3761<br />

Mobil: +49-172-381 5640 · gutzeit@villa-grisebach.de<br />

Hessen<br />

Dr. Arnulf Herbst<br />

Aystettstraße 4 · D-60322 Frankfurt am Main<br />

Telefon: +49-69-97 699 484 · Telefax: +49-69-9769 9486<br />

Mobil: +49-172-101 2430 · herbst@villa-grisebach.de<br />

Schweiz<br />

Verena Hartmann<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen AG · Bahnhofstr. 14 · CH-8001 Zürich<br />

Telefon: +41-44-212 8888 · Telefax: +41-44-212 8886<br />

Mobil: +41-79-221 3519 · auktionen@villa-grisebach.ch<br />

USA/Kanada<br />

Monika Stump Finane<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auctions Inc.<br />

120 East 56th Street, Suite 635, USA-New York, NY 10022<br />

Telefon: +1-212-308 0762 · Telefax: +1-212-308 0655<br />

Mobil: +1-917- 981 1147 · auctions@villa-grisebach.com<br />

Auktionatoren<br />

öffentlich bestellt und vereidigt:<br />

Peter Graf zu Eltz, Salzburg<br />

Bernd Schultz, Berlin<br />

Dr. Markus Krause, Berlin


<strong>200</strong>. Auktion in Berlin<br />

28. November bis 1. Dezember 2012<br />

Kunst des 19. Jahrhunderts<br />

Mittwoch, 28. November 2012<br />

14.30 Uhr<br />

Klassische Moderne<br />

Freitag, 30. November 2012<br />

11 Uhr<br />

Vorbesichtigung in Berlin · 23. bis 27. November 2012<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> · Freitag bis Montag 10 bis 18.30 Uhr · Dienstag 10 bis 17 Uhr<br />

Weitere Informationen und alle Termine unter www.villa-grisebach.de<br />

Fasanenstraße 25 · D-10719 Berlin<br />

Telefon: +49-30-885 915-0<br />

www.villa-grisebach.de<br />

Photographie<br />

Mittwoch, 28. November 2012<br />

17 Uhr<br />

Kunst nach 1945<br />

Freitag, 30. November 2012<br />

14.30 Uhr<br />

ORANGERIE<br />

Donnerstag, 29. November 2012<br />

11 Uhr<br />

Third Floor<br />

Samstag, 1. Dezember 2012<br />

11 Uhr / 14.30 Uhr<br />

145


Hinweise<br />

zum Katalog<br />

1. Alle Katalogbeschreibungen sind online und auf Anfrage in<br />

Englisch erhältlich.<br />

2. Basis für die Umrechnung der EUR-Schätzpreise:<br />

1 US $ = EUR 0,772 (Kurs vom 4. Oktober 2012)<br />

3. Bei den Katalogangaben sind Titel und Datierung, wenn<br />

vorhanden, vom Künstler bzw. aus den Werkverzeichnissen<br />

übernommen. Diese Titel sind durch Anführungszeichen<br />

gekennzeichnet. Undatierte <strong>Werke</strong> haben wir anhand der<br />

Literatur oder stilistisch begründbar zeitlich zugeordnet.<br />

4. Alle <strong>Werke</strong> wurden neu vermessen, ohne die Angaben in<br />

Werkverzeichnissen zu übernehmen. Die Maßangaben sind<br />

in Zentimetern und Inch aufgeführt. Es gilt Höhe vor Breite,<br />

wobei bei Originalen die Blattgröße, bei Drucken die Darstel-<br />

lungsgröße bzw. Plattengröße angegeben wird. Wenn Papier-<br />

und Darstellungsmaß nicht annähernd gleich sind, ist die<br />

Papiergröße in runden Klammern angegeben. Signaturen,<br />

Bezeichnungen und Gießerstempel sind aufgeführt.<br />

„Bezeichnung“ bedeutet eine eigenhändige Aufschrift des<br />

Künstlers, im Gegensatz zu einer „Beschriftung“ von fremder<br />

Hand. Bei druckgraphischen <strong>Werke</strong>n wurde auf Angabe der<br />

gedruckten Bezeichnungen verzichtet.<br />

5. Bei den Papieren meint „Büttenpapier“ ein Maschinenpapier<br />

mit Büttenstruktur. Ergänzende Angaben wie „JW Zanders“<br />

oder „BFK Rives“ beziehen sich auf Wasserzeichen.<br />

Der Begriff „Japanpapier“ bezeichnet sowohl echtes wie<br />

auch maschinell hergestelltes Japanpapier.<br />

KORR146<br />

6. Sämtliche zur Versteigerung gelangenden Gegenstände<br />

können vor der Versteigerung besichtigt und geprüft<br />

werden; sie sind gebraucht. Der Erhaltungszustand der<br />

Kunstwerke ist ihrem Alter entsprechend; Mängel werden<br />

in den Katalogbeschreibungen nur erwähnt, wenn sie den<br />

optischen Gesamteindruck der Arbeiten beeinträchtigen.<br />

Für jedes Kunstwerk liegt ein Zustandsbericht vor, der<br />

angefordert werden kann.<br />

7. Die in eckigen Klammern gesetzten Zeichen beziehen sich<br />

auf die Einlieferer, wobei [E] die Eigenware kennzeichnet.<br />

8. Es werden nur die <strong>Werke</strong> gerahmt versteigert, die gerahmt<br />

eingeliefert wurden.<br />

9. Die Kunstwerke, die mit R hinter der Losnummer<br />

gekennzeichnet sind, unterliegen der Regelbesteuerung<br />

(§ 4 der Versteigerungsbedingungen).


Catalogue<br />

Instructions<br />

1. Descriptions in English of each item included in this<br />

catalogue are available online or upon request.<br />

2. The basis for the conversion of the EUR-estimates:<br />

1 US $ = EUR 0,772 (rate of exchange 4 October 2012)<br />

3. The titles and dates of works of art provided in quotation<br />

marks originate from the artist or are taken from the<br />

catalogue raisonné. These titles are printed within quotation<br />

marks. Undated works have been assigned approximate<br />

dates by <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> based on stylistic grounds and<br />

available literature.<br />

4. Dimensions given in the catalogue are measurements taken<br />

in centimeters and inches (height by width) from the actual<br />

works. For originals, the size given is that of the sheet; for<br />

prints, the size refers to the plate or block image. Where that<br />

differs from the size of the sheet on which it is printed, the<br />

dimensions of the sheet follow in parentheses ( ). Special<br />

print marks or designations for these works are not noted in<br />

the catalogue. “Bezeichnung” (“inscription”) means an<br />

inscription from the artist’s own hand, in contrast to<br />

“Beschriftung” (“designation”) which indicates an inscription<br />

from the hand of another.<br />

5. When describing paper, „Bütten paper” denotes machine-<br />

made paper manufactured with the texture and finish of<br />

„Bütten”. Other designations of paper such as „JW Zanders”<br />

or „BFK Rives” refer to respective watermarks. The term<br />

„Japan paper” refers to both hand and machine-made<br />

Japan paper.<br />

6. All sale objects may be viewed and examined before the<br />

auction; they are sold as is. The condition of the works<br />

corresponds to their age. The catalogues list only such<br />

defects in condition as impair the overall impression of the<br />

art work. For every lot there is a condition report which<br />

can be requested.<br />

7. Those numbers printed in brackets [ ] refer to the consignors<br />

listed in the Consignor Index, with [E] referring to property<br />

owned by <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen.<br />

8. Only works already framed at the time of consignment<br />

will be sold framed.<br />

9. For those works of art with R following the lot number<br />

the standard VAT is applicable (§ 4 Conditions of Auction).<br />

KORR147


Werkverzeichnisse<br />

Catalogues raisonnés<br />

Barlach, Ernst<br />

Laur, Elisabeth: Ernst Barlach. Das plastische Werk.<br />

Werkverzeichnis 2. Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, <strong>200</strong>6<br />

(Das bildnerische Werk. Plastik, Zeichnung, Druckgraphik,<br />

Band 2, gleichzeitig Band 11 des Gesamtwerks)<br />

Baumeister, Willi<br />

Beye, Peter und Baumeister, Felicitas: Willi Baumeister.<br />

Werkkatalog der Gemälde. Band I und II. Ostfildern,<br />

Hatje Cantz Verlag, <strong>200</strong>2<br />

Corinth, Lovis<br />

Berend-Corinth, Charlotte und Hernad, Béatrice: Lovis Corinth.<br />

Die Gemälde. Werkverzeichnis. München, Verlag F. Bruckmann,<br />

1992<br />

Dix, Otto<br />

Löffler, Fritz: Otto Dix 1891–1969. Œuvre der<br />

Gemälde. Recklinghausen, Verlag Aurel Bongers, 1981<br />

Heckel, Erich<br />

Hüneke, Andreas: Erich Heckel. Werkverzeichnis der<br />

Ölgemälde Band 1: Von den Anfängen bis 1918.<br />

Band 2: 1919–1970. München, Hirmer Verlag, (erscheint 2013)<br />

Vogt, Paul: Erich Heckel. Recklinghausen, Verlag Aurel<br />

Bongers, 1965<br />

Hoehme, Gerhard<br />

Hoehme, Margarete und Kunstmuseum Bonn, Ronte, Dieter<br />

und Schreier, Christoph (Hrsg.) Gerhard Hoehme. Catalogue<br />

Raisonné. Ostfildern-Ruit, Verlag Gerd Hatje, 1998<br />

Hofer, Karl<br />

Wohlert, Karl Bernhard: Karl Hofer, Werkverzeichnis der<br />

Gemälde. Band 1–3. Köln, Van Ham Art Publications, <strong>200</strong>7<br />

Hundertwasser, Friedensreich<br />

Schmied, Wieland und Fürst, Andrea Christa:<br />

Friedensreich Hundertwasser. Catalogue Raisonné 1928–<strong>200</strong>0.<br />

Volume I: Persönlichkeit, Leben, Werk Volume II: Werkverzeichnis.<br />

Köln u.a., Taschen Verlag, <strong>200</strong>2<br />

148 KORR<br />

Jawlensky, Alexej von<br />

Jawlensky, Maria, Pieroni-Jawlensky, Lucia und Jawlensky,<br />

Angelica: Alexej von Jawlensky. Catalogue Raisonné of the<br />

Oil Paintings. Band 1: 1890–1914. Band 2: 1914–1933.<br />

Band 3: 1934–1937. Band 4: The Watercolours and Drawings<br />

1890–1938, with addenda to the Catalogue of the Oil<br />

Paintings. München, Verlag C. H. Beck, 1991–1998<br />

Laserstein, Lotte<br />

Krausse, Anna-Carola: Werkverzeichnis der Gemälde,<br />

Zeichnungen und Druckgraphiken, 1910–1937 (CD-ROM)<br />

In: Lotte Laserstein. My Only Reality. Meine einzige Wirklichkeit.<br />

Anläßlich der Ausstellung Museum Ephraim-Palais Berlin <strong>200</strong>3–<br />

<strong>200</strong>4. Berlin, Das verborgene Museum, <strong>200</strong>3<br />

Liebermann, Max<br />

Eberle, Matthias: Max Liebermann 1847–1935. Werkverzeichnis<br />

der Gemälde und Ölstudien. Band 1: 1865–1899.<br />

Band 2: 1900–1935. München, Hirmer Verlag, 1995–1996<br />

Molzahn, Johannes<br />

Gries, Christian: Johannes Molzahn (1892-1965) und der Kampf<br />

um die Kunst im Deutschland der Weimarer Republik. Mit einem<br />

Werkverzeichnis der Gemälde. Augsburg, Univ., Diss., 1996<br />

Mueller, Otto<br />

Karsch, Florian: Otto Mueller zum hundertsten Geburtstag.<br />

Das graphische Gesamtwerk. Holzschnitte, Radierungen,<br />

Lithographien, Farblithographien. Berlin, Galerie Nierendorf, 1974<br />

von Lüttichau, Mario-Andreas und Pirsig, Tanja: Otto Mueller.<br />

Werkverzeichnis der Gemälde und Zeichnungen. CD-ROM. o.O.,<br />

<strong>200</strong>8<br />

Nay, Ernst Wilhelm<br />

Scheibler, Aurel: Ernst Wilhelm Nay. Werkverzeichnis der<br />

Ölgemälde. Band 1: 1922–1951 Band 2: 1952–1968. Köln,<br />

DuMont Verlag, 1990


Nölken, Franz<br />

Meyer, Carsten: Werkverzeichnis der Gemälde und Pastelle.<br />

In: Franz Nölken 1884–1918. Mit Werkverzeichnis der<br />

Gemälde und Graphik. Hrsg. Galerie Herold anläßlich der<br />

Gedenkausstellung zum 100. Geburtstag des Künstlers.<br />

Soest, Westfälische Verlags-buchhandlung Mocker & Jahn, 1984<br />

Hans, Mathias F.: Franz Nölken. Gemälde und Zeichnungen<br />

(unpublizierter Supplementband zum Werkverzeichnis von<br />

Carsten Meyer).<br />

Pechstein, Hermann Max<br />

Krüger, Günter: Das druckgraphische Werk Max<br />

Pechsteins. Tökendorf, R.C. Pechstein-Verlag, 1988<br />

Soika, Aya: Max Pechstein. Das Werkverzeichnis der<br />

Ölgemälde. Band 1: Von 1905 bis 1918.<br />

Band 2: Von 1919 bis 1954. München, Hirmer Verlag, 2011<br />

Picasso, Pablo<br />

Baer, Brigitte: Picasso. Peintre-Graveur. Catalogue raisonné de<br />

l’œuvre gravé et des monotypes. Band III: 1935–1945.<br />

Band IV: 1946–1958. Band V: 1959–1965<br />

Band VI: 1966–1968 Band VII: 1969–1972<br />

Addendum 1899–1972. Bern, Éditions Kornfeld, 1986–1996<br />

Bloch, Georges: Pablo Picasso. Katalog des graphischen<br />

<strong>Werke</strong>s. Band I: 1904–1967. Band II: 1966–1969.<br />

Band III: Katalog des graphischen Keramikwerkes 1949–1971.<br />

Band IV: 1970–1972. Nachträge Band I und II. Bern, Verlag<br />

Kornfeld und Klipstein, 1968–1979<br />

Purrmann, Hans<br />

Billeter, Felix: Hans Purrmann. Die Gemälde.<br />

Hrsg. Christian Lenz. Band I: 1895–1934. Band II: 1935–1966.<br />

Werkverzeichnis. München, Hirmer Verlag, <strong>200</strong>4<br />

Schlemmer, Oskar<br />

von Maur, Karin: Oskar Schlemmer. Band II: Œuvrekatalog<br />

der Gemälde, Aquarelle, Pastelle und Plastiken. München,<br />

Prestel-Verlag, 1979<br />

Schmidt-Rottluff, Karl<br />

Grohmann, Will: Karl Schmidt-Rottluff. Stuttgart,<br />

Verlag W. Kohlhammer, 1956<br />

Tàpies, Antoni<br />

Agustí, Anna: Tàpies. The Complete Works.<br />

Band 1: 1943–1960. Band 2: 1961–1968.<br />

Band 3: 1969–1975. Band 4: 1976–1981.<br />

Band 5: 1982–1985. Band 6: 1986–1990.<br />

Band 7: 1991–1997. Band 8: 1998–<strong>200</strong>4.<br />

Barcelona, Edicions Polígrafa, 1988–<strong>200</strong>5<br />

Uecker, Günther<br />

Haedecke, Marion: Catalogue. In: Uecker.<br />

Hrsg. Dieter Honisch. New York, Harry N. Abrams, 1986.<br />

Nachdruck Stuttgart, 1983<br />

Weischer, Matthias<br />

Stegmann, Markus: Matthias Weischer. Malerei.<br />

Painting.<br />

Mit einem Werkverzeichnis der Gemälde von <strong>200</strong>1<br />

bis Februar <strong>200</strong>7. Ostfildern, Hatje Cantz Verlag, <strong>200</strong>7<br />

Winter, Fritz<br />

Lohberg, Gabriele: Fritz Winter. Leben und Werk.<br />

München, Bruckmann Verlag, 1986<br />

Schneider, Andreas: Fritz Winter. Das graphische Werk<br />

von 1950–1975. Ahlen, Fritz Winter Haus, <strong>200</strong>4<br />

KORR 149


Benefit Auction for the Max Beckmann Distinguished Visitorship of the American Academy 205<br />

KORR150<br />

Benefit Auction for the<br />

Max Beckmann Distinguished Visitorship<br />

of the American Academy in Berlin<br />

30. November 2012 · 19 Uhr · <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> in Berlin<br />

Benefit Auction for the Max Beckmann Distinguished Visitorship<br />

of the American Academy in Berlin<br />

30 November 2012<br />

Vorbesichtigung · 23. bis 27. November 2012 in Berlin<br />

Viewing · 23 to 27 November 2012<br />

Berlin · <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> · Fasanenstr. 25 · D-10719 Berlin<br />

Telefon +49-30-885 915-0 · Fax: +49-30-882 41 45<br />

Freitag bis Montag 10 – 18.30 Uhr, Dienstag 10 – 17 Uhr


www.villa-grisebach.de<br />

Möchten Sie in Zukunft diese<br />

Funktionen online nutzen,<br />

können Sie sich über unsere<br />

Homepage als Interessent oder<br />

als Bieter mit <strong>Grisebach</strong>-Karte<br />

registrieren!<br />

KORR151


KORR152


Otto Mueller · Los 18<br />

Versteigerungsbedingungen<br />

der <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen GmbH<br />

§ 1 Der Versteigerer<br />

1. Die Versteigerung erfolgt im Namen der <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen GmbH –<br />

nachfolgend: „<strong>Grisebach</strong>“ genannt. Der Auktionator handelt als deren<br />

Vertreter. Er ist gem. § 34b Abs. 5 GewO öffentlich bestellt. Die<br />

Versteigerung ist somit eine öffentliche Versteigerung i.S. § 474 Abs. 1 S. 2<br />

und § 383 Abs. 3 BGB.<br />

2. Die Versteigerung erfolgt in der Regel für Rechnung des Einlieferers,<br />

der unbenannt bleibt. Nur die im Eigentum von <strong>Grisebach</strong> befindlichen<br />

Kunstgegenstände werden für eigene Rechnung versteigert. Sie sind<br />

im Katalog mit „E“ gekennzeichnet.<br />

3. Die Versteigerung erfolgt auf der Grundlage dieser Versteigerungsbedingungen.<br />

Die Versteigerungsbedingungen sind im Auktionskatalog,<br />

im Internet und durch deutlich sichtbaren Aushang in den Räumen von<br />

<strong>Grisebach</strong> veröffentlicht. Durch Abgabe eines Gebots erkennt der Käufer<br />

diese Versteigerungsbedingungen als verbindlich an.<br />

§ 2 Katalog, Besichtigung und Versteigerungstermin<br />

1. Katalog<br />

Vor der Versteigerung erscheint ein Auktionskatalog. Darin werden zur<br />

allgemeinen Orientierung die zur Versteigerung kommenden Kunst gegenstände<br />

abgebildet und beschrieben. Der Katalog enthält zusätz lich Angaben<br />

über Urheberschaft, Technik und Signatur des Kunst gegen standes. Nur sie<br />

bestimmen die Beschaffenheit des Kunst gegen standes. Im übrigen ist der<br />

Katalog weder für die Beschaffenheit des Kunstgegenstandes noch für<br />

dessen Erscheinungsbild (Farbe) maß gebend. Der Katalog weist einen<br />

Schätzpreis in Euro aus, der jedoch lediglich als Anhaltspunkt für den<br />

Verkehrswert des Kunst gegen stan des dient, ebenso wie etwaige Angaben<br />

in anderen Währungen.<br />

Der Katalog wird von <strong>Grisebach</strong> nach bestem Wissen und Gewissen<br />

und mit großer Sorgfalt erstellt. Er beruht auf den bis zum Zeitpunkt<br />

der Versteigerung veröffentlichten oder sonst allgemein zugänglichen<br />

Erkenntnissen sowie auf den Angaben des Einlieferers.<br />

Für jeden der zur Versteigerung kommenden Kunstgegenstände kann bei<br />

ernstlichem Interesse ein Zustandsbericht von <strong>Grisebach</strong> angefordert und<br />

es können etwaige von <strong>Grisebach</strong> eingeholte Expertisen eingesehen werden.<br />

Die im Katalog, im Zustandsbericht oder in Expertisen enthaltenen Angaben<br />

und Beschreibungen sind Einschätzungen, keine Garantien im Sinne des<br />

§ 443 BGB für die Beschaffenheit des Kunstgegenstandes.<br />

<strong>Grisebach</strong> ist berechtigt, Katalogangaben durch Aushang am Ort der<br />

Versteigerung und unmittelbar vor der Versteigerung des betreffen den<br />

Kunstgegenstandes mündlich durch den Auktionator zu berichtigen<br />

oder zu ergänzen.<br />

2. Besichtigung<br />

Alle zur Versteigerung kommenden Kunstgegenstände werden vor der<br />

Versteigerung zur Vorbesichtigung ausgestellt und können besichtigt<br />

und geprüft werden. Ort und Zeit der Besichtigung, die <strong>Grisebach</strong> fest legt,<br />

sind im Katalog angegeben. Die Kunstgegenstände sind gebraucht und<br />

werden in der Beschaffenheit versteigert, in der sie sich im Zeit punkt<br />

der Versteigerung befinden.<br />

3. <strong>Grisebach</strong> bestimmt Ort und Zeitpunkt der Versteigerung. Sie ist berechtigt,<br />

Ort oder Zeitpunkt zu ändern, auch wenn der Auktions katalog bereits<br />

versandt worden ist.<br />

§ 3 Durchführung der Versteigerung<br />

1. Bieternummer<br />

Jeder Bieter erhält von <strong>Grisebach</strong> eine Bieternummer. Er hat die<br />

Versteigerungsbedingungen als verbindlich anzuerkennen.<br />

Von unbekannten Bietern benötigt <strong>Grisebach</strong> zur Erteilung der Bieternummer<br />

spätestens 24 Stunden vor Beginn der Versteigerung eine schriftliche<br />

Anmeldung mit beigefügter zeitnaher Bankreferenz.<br />

Nur unter einer Bieternummer abgegebene Gebote werden auf der<br />

Versteigerung berücksichtigt.<br />

2. Aufruf<br />

Die Versteigerung des einzelnen Kunstgegenstandes beginnt mit dessen<br />

Aufruf durch den Auktionator. Er ist berechtigt, bei Aufruf von der im<br />

Katalog vorgesehenen Reihenfolge abzuweichen, Los-Nummern zu<br />

verbinden oder zu trennen oder eine Los-Nummer zurückzuziehen.<br />

Der Preis wird bei Aufruf vom Auktionator festgelegt, und zwar in Euro.<br />

Gesteigert wird um jeweils 10 % des vorangegangenen Gebots, sofern<br />

der Auktionator nicht etwas anderes bestimmt.<br />

3. Gebote<br />

a) Gebote im Saal<br />

Gebote im Saal werden unter Verwendung der Bieternummer abgegeben.<br />

Ein Vertrag kommt durch Zuschlag des Auktionators zustande.<br />

Will ein Bieter Gebote im Namen eines Dritten abgeben, hat er dies<br />

mindestens 24 Stunden vor Beginn der Versteigerung von <strong>Grisebach</strong><br />

unter Vorlage einer Vollmacht des Dritten anzuzeigen. Anderenfalls<br />

kommt bei Zuschlag der Vertrag mit ihm selbst zustande.<br />

b) Schriftliche Gebote<br />

Mit Zustimmung von <strong>Grisebach</strong> können Gebote auf einem dafür vorgesehenen<br />

Formular auch schriftlich abgegeben werden. Sie müssen vom Bieter<br />

unterzeichnet sein und unter Angabe der Los-Nummer, des Künstlers und<br />

des Titels den für den Kunstgegenstand gebotenen Hammerpreis nennen.<br />

Der Bieter muss die Versteigerungsbedingungen als verbindlich anerkennen.<br />

Mit dem schriftlichen Gebot beauftragt der Bieter <strong>Grisebach</strong>, seine Gebote<br />

unter Berücksichtigung seiner Weisungen abzugeben. Das schriftliche<br />

Gebot wird von <strong>Grisebach</strong> nur mit dem Betrag in Anspruch genommen,<br />

der erforderlich ist, um ein anderes Gebot zu überbieten.<br />

Ein Vertrag auf der Grundlage eines schriftlichen Gebots kommt<br />

mit dem Bieter durch den Zuschlag des Auktionators zustande.<br />

Gehen mehrere gleich hohe schriftliche Gebote für denselben Kunstgegenstand<br />

ein, erhält das zuerst eingetroffene Gebot den Zuschlag,<br />

wenn kein höheres Gebot vorliegt oder abgegeben wird.<br />

c) Telefonische Gebote<br />

Telefonische Gebote sind zulässig, wenn der Bieter mindestens 24 Stunden<br />

vor Beginn der Versteigerung dies schriftlich beantragt und <strong>Grisebach</strong><br />

zugestimmt hat. Der Bieter muss die Versteigerungs bedingungen als<br />

verbindlich anerkennen.<br />

Die telefonischen Gebote werden von einem während der Verstei gerung im<br />

Saal anwesenden Mitarbeiter von <strong>Grisebach</strong> entgegen genommen und unter<br />

Berücksichtigung der Weisungen des Bieters während der Versteigerung<br />

abgegeben. Das von dem Bieter genannte Gebot bezieht sich ausschließlich<br />

auf den Hammerpreis, umfasst also nicht Aufgeld, etwaige Umlagen und<br />

Umsatzsteuer, die hinzukommen. Das Gebot muss den Kunstgegenstand,<br />

auf den es sich bezieht, zweifelsfrei und möglichst unter Nennung der<br />

Los-Nummer, des Künstlers und des Titels, benennen.<br />

KORR153


Telefonische Gebote können von <strong>Grisebach</strong> aufgezeichnet werden.<br />

Mit dem Antrag zum telefonischen Bieten erklärt sich der Bieter mit der<br />

Aufzeichnung einverstanden. Die Aufzeichnung wird spätestens nach drei<br />

Monaten gelöscht, sofern sie nicht zu Beweiszwecken benötigt wird.<br />

d) Gebote über das Internet<br />

Gebote über das Internet sind nur zulässig, wenn der Bieter von <strong>Grisebach</strong><br />

zum Bieten über das Internet unter Verwendung eines Benutzernamens und<br />

eines Passwortes zugelassen worden ist und die Versteigerungsbedingungen<br />

als verbindlich anerkennt. Die Zulassung erfolgt ausschließlich für die Person<br />

des Zugelassenen, ist also höchst persönlich. Der Benutzer ist verpflichtet,<br />

seinen Benutzernamen und sein Passwort Dritten nicht zugänglich zu<br />

machen. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung haftet er <strong>Grisebach</strong> für daraus<br />

entstandene Schäden.<br />

Gebote über das Internet sind nur rechtswirksam, wenn sie hinreichend<br />

bestimmt sind und durch Benutzernamen und Passwort zweifelsfrei dem<br />

Bieter zuzuordnen sind. Die über das Internet übertragenen Gebote werden<br />

elektronisch protokolliert. Die Richtigkeit der Protokolle wird vom Käufer<br />

anerkannt, dem jedoch der Nachweis ihrer Unrichtig keit offensteht.<br />

<strong>Grisebach</strong> behandelt Gebote, die vor der Versteigerung über das Inter net<br />

abgegeben werden, rechtlich wie schriftliche Gebote. Internetgebote<br />

während einer laufenden Versteigerung werden wie Gebote aus dem Saal<br />

berücksichtigt.<br />

4. Der Zuschlag<br />

a) Der Zuschlag wird erteilt, wenn nach dreimaligem Aufruf eines Gebots kein<br />

höheres Gebot abgegeben wird. Der Zuschlag verpflichtet den Bieter, der<br />

unbenannt bleibt, zur Abnahme des Kunstgegenstandes und zur Zahlung<br />

des Kaufpreises (§ 4 Ziff. 1).<br />

b) Der Auktionator kann bei Nichterreichen des Limits einen Zuschlag unter<br />

Vorbehalt erteilen. Ein Zuschlag unter Vorbehalt wird nur wirk sam, wenn<br />

<strong>Grisebach</strong> das Gebot innerhalb von drei Wochen nach dem Tag der<br />

Versteigerung schriftlich bestätigt. Sollte in der Zwischenzeit ein anderer<br />

Bieter mindestens das Limit bieten, erhält dieser ohne Rücksprache mit<br />

dem Bieter, der den Zuschlag unter Vorbehalt erhalten hat, den Zuschlag.<br />

c) Der Auktionator hat das Recht, ohne Begründung ein Gebot abzulehnen<br />

oder den Zuschlag zu verweigern. Wird ein Gebot abgelehnt oder der<br />

Zuschlag verweigert, bleibt das vorangegangene Gebot wirksam.<br />

d) Der Auktionator kann einen Zuschlag zurücknehmen und den Kunstgegenstand<br />

innerhalb der Auktion neu ausbieten,<br />

– wenn ein rechtzeitig abgegebenes höheres Gebot von ihm übersehen<br />

und dies von dem übersehenen Bieter unverzüglich beanstandet<br />

worden ist,<br />

– wenn ein Bieter sein Gebot nicht gelten lassen will oder<br />

– wenn sonst Zweifel über den Zuschlag bestehen.<br />

Übt der Auktionator dieses Recht aus, wird ein bereits erteilter Zuschlag<br />

unwirksam.<br />

e) Der Auktionator ist berechtigt, ohne dies anzeigen zu müssen, bis zum<br />

Erreichen eines mit dem Einlieferer vereinbarten Limits auch Gebote für<br />

den Einlieferer abzugeben und den Kunstgegenstand dem Einlieferer unter<br />

Benennung der Einlieferungsnummer zuzuschlagen. Der Kunstgegenstand<br />

bleibt dann unverkauft.<br />

§ 4 Kaufpreis, Zahlung, Verzug<br />

1. Kaufpreis<br />

Der Kaufpreis besteht aus dem Hammerpreis zuzüglich Aufgeld. Hinzukommen<br />

können pauschale Gebühren sowie die gesetzliche Umsatz steuer.<br />

A. Bei im Katalog mit dem Buchstaben „R“ hinter der Losnummer gekenn-<br />

zeichneten Kunstgegenständen berechnet sich der Kaufpreis wie folgt:<br />

a) Aufgeld<br />

Auf den Hammerpreis berechnet <strong>Grisebach</strong> ein Aufgeld von 22 %.<br />

Auf den Teil des Hammerpreises, der 1.000.000 EUR übersteigt<br />

wird ein Aufgeld von 15 % berechnet.<br />

b) Pauschale Gebühr für Folgerecht<br />

Auf alle Originalwerke der bildenden Kunst und der Photographie,<br />

deren Urheber noch nicht 70 Jahre vor dem Ende des Kalenderjahres<br />

des Verkaufs verstorben ist, erhebt <strong>Grisebach</strong> eine pauschale Gebühr<br />

in Höhe von 1,5 % des Hammerpreises, maximal 6.250,00 EUR.<br />

c) Umsatzsteuer<br />

Auf den Hammerpreis, das Aufgeld und die pauschale Gebühr für<br />

das Folgerecht wird die jeweils gültige gesetzliche Umsatzsteuer<br />

erhoben (Regelbesteuerung, mit „R“ gekennzeichnet). Sie beträgt<br />

für Originalwerke der bildenden Kunst derzeit 7 %, bei Photographien<br />

sowie Bild- und Siebdrucken 19 %.<br />

154 KORR<br />

d) Umsatzsteuerbefreiung<br />

Keine Umsatzsteuer wird für den Verkauf von Kunstgegenständen<br />

berechnet, die in Staaten innerhalb des Gemeinschaftsgebietes<br />

der Europäischen Union (EU) von Unternehmen er worben und aus<br />

Deutschland exportiert werden, wenn diese bei Beantragung und<br />

Erhalt ihrer Bieter nummer ihre Umsatzsteuer-Identifikations nummer<br />

angegeben haben. Eine nachträgliche Be rücksichtigung, insbesondere<br />

eine Korrektur nach Rechnungs stellung, ist nicht möglich.<br />

Keine Umsatzsteuer wird für den Verkauf von Kunstgegen ständen<br />

berechnet, die gemäß § 6 Abs. 4 UStG in Staaten außerhalb des<br />

Gemeinschaftsgebietes der EU geliefert werden und deren Käufer<br />

als ausländische Abnehmer gelten und dies entsprechend § 6<br />

Abs. 2 UStG nachgewiesen haben. Im Ausland anfallende Einfuhrumsatz<br />

steuer und Zölle trägt der Käufer.<br />

Die vorgenannten Regelungen zur Umsatzsteuer entsprechen dem<br />

Stand der Gesetzgebung und der Praxis der Finanzverwaltung.<br />

Änderungen sind nicht ausgeschlossen.<br />

B. Bei Kunstgegenständen ohne besondere Kennzeichnung im Katalog<br />

berechnet sich der Kaufpreis wie folgt:<br />

Bei Käufern mit Wohnsitz innerhalb der EU berechnet <strong>Grisebach</strong> auf den<br />

Hammerpreis ein Aufgeld von 30 %. Auf den Teil des Hammer preises, der<br />

1.000.000 EUR übersteigt wird ein Aufgeld von 20 % berechnet. In diesem<br />

Aufgeld sind alle pauschalen Gebühren sowie die gesetzliche Umsatzsteuer<br />

enthalten (Differenzbesteuerung nach § 25a UStG). Sie werden bei der<br />

Rechnungstellung nicht einzeln ausgewiesen.<br />

Käufern, denen nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) im Inland geliefert<br />

wird und die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, kann auf Wunsch die<br />

Rechnung nach der Regelbesteuerung gemäß Absatz A ausgestellt werden.<br />

Dieser Wunsch ist bei Beantragung der Bieter nummer anzugeben.<br />

Eine Korrektur nach Rechnungstellung ist nicht möglich.<br />

2. Fälligkeit und Zahlung<br />

Der Kaufpreis ist mit dem Zuschlag fällig.<br />

Der Kaufpreis ist in Euro an <strong>Grisebach</strong> zu entrichten. Schecks und<br />

andere unbare Zahlungen werden nur erfüllungshalber angenommen.<br />

Eine Begleichung des Kaufpreises durch Aufrechnung ist nur mit<br />

un bestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässig.<br />

Bei Zahlung in ausländischer Währung gehen ein etwaiges Kursrisiko<br />

sowie alle Bankspesen zulasten des Käufers.<br />

3. Verzug<br />

Ist der Kaufpreis innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Rechnung<br />

noch nicht beglichen, tritt Verzug ein.<br />

Ab Eintritt des Verzuges verzinst sich der Kaufpreis mit 1 % monatlich,<br />

unbeschadet weiterer Schadensersatzansprüche.<br />

Zwei Monate nach Eintritt des Verzuges ist <strong>Grisebach</strong> berechtigt und auf<br />

Verlangen des Einlieferers verpflichtet, diesem Name und Anschrift des<br />

Käufers zu nennen.<br />

Ist der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug, kann Grise bach<br />

nach Setzung einer Nachfrist von zwei Wochen vom Vertrag zurücktreten.<br />

Damit erlöschen alle Rechte des Käufers an dem erstei gerten<br />

Kunstgegenstand.<br />

<strong>Grisebach</strong> ist nach Erklärung des Rücktritts berechtigt, vom Käufer<br />

Schadensersatz zu verlangen. Der Schadensersatz umfasst insbe sondere<br />

das <strong>Grisebach</strong> entgangene Entgelt (Einliefererkommission und Aufgeld),<br />

sowie angefallene Kosten für Katalogabbildungen und die bis zur Rückgabe<br />

oder bis zur erneuten Versteigerung des Kunst gegen standes anfallenden<br />

Transport-, Lager- und Versicherungs kosten.<br />

Wird der Kunstgegenstand an einen Unterbieter verkauft oder in der nächsten<br />

oder übernächsten Auktion versteigert, haftet der Käufer außerdem<br />

für jeglichen Mindererlös.<br />

<strong>Grisebach</strong> hat das Recht, den säumigen Käufer von künftigen Versteigerungen<br />

auszuschließen und seinen Namen und seine Adresse zu<br />

Sperrzwecken an andere Auktionshäuser weiterzugeben.<br />

§ 5 Nachverkauf<br />

Während eines Zeitraums von zwei Monaten nach der Auktion können nicht<br />

versteigerte Kunstgegenstände im Wege des Nachverkaufs erworben werden.<br />

Der Nachverkauf gilt als Teil der Versteigerung. Der Interessent hat persönlich,<br />

telefonisch, schriftlich oder über das Internet ein Gebot mit einem bestimmten<br />

Betrag abzugeben und die Versteigerungsbedingungen als verbindlich anzu-<br />

erkennen. Der Vertrag kommt zustande, wenn <strong>Grisebach</strong> das Gebot innerhalb<br />

von drei Wochen nach Eingang schriftlich annimmt.<br />

Die Bestimmungen über Kaufpreis, Zahlung, Verzug, Abholung und Haftung für<br />

in der Versteigerung erworbene Kunstgegenstände gelten entsprechend.


§ 6 Entgegennahme des ersteigerten Kunstgegenstandes<br />

1. Abholung<br />

Der Käufer ist verpflichtet, den ersteigerten Kunstgegenstand spätestens<br />

einen Monat nach Zuschlag abzuholen.<br />

<strong>Grisebach</strong> ist jedoch nicht verpflichtet, den ersteigerten Kunst gegen stand<br />

vor vollständiger Bezahlung des in der Rechnung ausgewiesenen Betrages<br />

an den Käufer herauszugeben.<br />

Das Eigentum geht auf den Käufer erst nach vollständiger Begleichung des<br />

Kaufpreises über.<br />

2. Lagerung<br />

Bis zur Abholung lagert <strong>Grisebach</strong> für die Dauer eines Monats, gerech net<br />

ab Zuschlag, den ersteigerten Kunstgegenstand und versichert ihn auf<br />

eigene Kosten in Höhe des Kaufpreises. Danach hat <strong>Grisebach</strong> das Recht,<br />

den Kunstgegenstand für Rechnung des Käufers bei einer Kunst spedition<br />

einzulagern und versichern zu lassen. Wahlweise kann Grise bach statt<br />

dessen den Kunstgegenstand in den eigenen Räumen ein lagern gegen<br />

Berechnung einer monatlichen Pauschale von 0,1 % des Kaufpreises für<br />

Lager- und Versicherungskosten.<br />

3. Versand<br />

Beauftragt der Käufer <strong>Grisebach</strong> schriftlich, den Transport des ersteigerten<br />

Kunstgegenstandes durchzuführen, sorgt <strong>Grisebach</strong>, sofern der Kaufpreis<br />

vollständig bezahlt ist, für einen sachgerechten Transport des <strong>Werke</strong>s zum<br />

Käufer oder dem von ihm benannten Em pfän ger durch eine Kunstspedition<br />

und schließt eine entsprechende Transportversicherung ab. Die Kosten für<br />

Verpackung, Versand und Versicherung trägt der Käufer.<br />

4. Annahmeverzug<br />

Holt der Käufer den Kunstgegenstand nicht innerhalb von einem Monat<br />

ab (Ziffer 1) und erteilt er innerhalb dieser Frist auch keinen Auftrag zur<br />

Versendung des Kunstgegenstandes (Ziffer 3), gerät er in Annahme verzug.<br />

5. Anderweitige Veräußerung<br />

Veräußert der Käufer den ersteigerten Kunstgegenstand seinerseits, bevor<br />

er den Kaufpreis vollständig bezahlt hat, tritt er bereits jetzt erfüllungs-<br />

halber sämtliche Forderungen, die ihm aus dem Weiter verkauf zustehen,<br />

an <strong>Grisebach</strong> ab, welche die Abtretung hiermit annimmt. Soweit die<br />

abgetretenen Forderungen die <strong>Grisebach</strong> zuste henden Ansprüche über-<br />

steigen, ist <strong>Grisebach</strong> verpflichtet, den zur Erfüllung nicht benötigten Teil<br />

der abgetretenen Forderung unverzüglich an den Käufer abzutreten.<br />

§ 7 Haftung<br />

1. Beschaffenheit des Kunstgegenstandes<br />

Der Kunstgegenstand wird in der Beschaffenheit veräußert, in der er sich<br />

bei Erteilung des Zuschlags befindet und vor der Versteigerung besichtigt<br />

und geprüft werden konnte. Ergänzt wird diese Beschaffen heit durch die<br />

Angaben im Katalog (§ 2 Ziff. 1) über Urheberschaft, Technik und Signatur<br />

des Kunstgegenstandes. Sie beruhen auf den bis zum Zeitpunkt der<br />

Versteigerung veröffentlichten oder sonst allgemein zugänglichen<br />

Erkenntnissen sowie auf den Angaben des Einlieferers. Weitere<br />

Beschaffenheitsmerkmale sind nicht verein bart, auch wenn sie im<br />

Katalog beschrieben oder erwähnt sind oder sich aus schriftlichen<br />

oder mündlichen Auskünften, aus einem Zustands bericht, Expertisen<br />

oder aus den Abbildungen des Katalogs ergeben sollten. Eine Garantie<br />

(§ 443 BGB) für die vereinbarte Beschaffenheit des Kunstgegenstandes<br />

wird nicht übernommen.<br />

2. Rechte des Käufers bei einem Rechtsmangel (§ 435 BGB)<br />

Weist der erworbene Kunstgegenstand einen Rechtsmangel auf, weil an<br />

ihm Rechte Dritter bestehen, kann der Käufer innerhalb einer Frist von<br />

zwei Jahren (§ 438 Abs. 4 und 5 BGB) wegen dieses Rechts man gels vom<br />

Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern (§ 437 Nr. 2 BGB).<br />

Im übrigen werden die Rechte des Käufers aus § 437 BGB, also das<br />

Recht auf Nacherfüllung, auf Schadenersatz oder auf Ersatz ver geblicher<br />

Aufwendungen ausgeschlossen, es sei denn, der Rechts mangel ist arglistig<br />

verschwiegen worden.<br />

3. Rechte des Käufers bei Sachmängeln (§ 434 BGB)<br />

Weicht der Kunstgegenstand von der vereinbarten Beschaffenheit<br />

(Urheberschaft, Technik, Signatur) ab, ist der Käufer berech tigt,<br />

innerhalb von zwei Jahren ab Zuschlag (§ 438 Abs. 4 BGB) vom Vertrag<br />

zurückzutreten. Er erhält den von ihm gezahlten Kaufpreis (§ 4 Ziff. 1<br />

der Versteigerungsbedingungen) zurück, Zug um Zug gegen Rückgabe<br />

des Kaufgegenstandes in unverändertem Zustand am Sitz von <strong>Grisebach</strong>.<br />

Ansprüche auf Minderung des Kaufpreises (§ 437 Nr. 2 BGB), auf<br />

Schadensersatz oder auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§ 437<br />

Nr. 3 BGB) sind ausgeschlossen. Dieser Haftungsausschluss gilt nicht,<br />

soweit <strong>Grisebach</strong> den Mangel arglistig verschwiegen hat.<br />

Das Rücktrittsrecht wegen Sachmangels ist ausgeschlossen, sofern<br />

<strong>Grisebach</strong> den Kunstgegenstand für Rechnung des Einlieferers ver äußert<br />

hat und die größte ihr mögliche Sorgfalt bei Ermittlung der im Katalog<br />

genannten Urheberschaft, Technik und Signatur des Kunst gegenstandes<br />

aufgewandt hat und keine Gründe vorlagen, an der Richtigkeit dieser<br />

Angaben zu zweifeln. In diesem Falle verpflichtet sich <strong>Grisebach</strong>, dem<br />

Käufer das Aufgeld, etwaige Umlagen und die Umsatz steuer zu erstatten.<br />

Außerdem tritt <strong>Grisebach</strong> dem Käufer alle ihr gegen den Einlieferer, dessen<br />

Name und Anschrift sie dem Käufer mitteilt, zustehenden Ansprüche wegen<br />

der Mängel des Kunstgegenstandes ab. Sie wird ihn in jeder zulässigen und<br />

ihr möglichen Weise bei der Geltendmachung dieser Ansprüche gegen den<br />

Einlieferer unterstützen.<br />

4. Fehler im Versteigerungsverfahren<br />

<strong>Grisebach</strong> haftet nicht für Schäden im Zusammenhang mit der Abgabe<br />

von mündlichen, schriftlichen, telefonischen oder Internetgeboten,<br />

soweit ihr nicht Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Dies gilt<br />

insbesondere für das Zustandekommen oder den Bestand von Telefon-,<br />

Fax- oder Datenleitungen sowie für Übermittlungs-, Über tragungs- oder<br />

Übersetzungsfehler im Rahmen der eingesetzten Kommunikationsmittel oder<br />

seitens der für die Entgegennahme und Weitergabe eingesetzten Mitarbeiter.<br />

Für Missbrauch durch unbefugte Dritte wird nicht gehaftet. Die Haftungsbeschränkung<br />

gilt nicht für Schäden an der Verletzung von Leben, Körper<br />

oder Gesundheit.<br />

5. Verjährung<br />

Für die Verjährung der Mängelansprüche gelten die gesetzlichen<br />

Verjährungsfristen des § 438 Abs. 1 Ziffer 3 BGB (2 Jahre).<br />

§ 8 Schlussbestimmungen<br />

1. Nebenabreden<br />

Änderungen dieser Versteigerungsbedingungen im Einzelfall oder<br />

Nebenabreden bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform.<br />

2. Fremdsprachige Fassung der Versteigerungsbedingungen<br />

Soweit die Versteigerungsbedingungen in anderen Sprachen als der<br />

deutschen Sprache vorliegen, ist stets die deutsche Fassung maßgebend.<br />

3. Anwendbares Recht<br />

Es gilt ausschließlich das Recht der Bundesrepublik Deutschland.<br />

Das Abkommen der Vereinten Nationen über Verträge des internationalen<br />

Warenkaufs (CISG) findet keine Anwendung.<br />

4. Erfüllungsort<br />

Erfüllungsort und Gerichtsstand ist, soweit dies rechtlich vereinbart<br />

werden kann, Berlin.<br />

5. Salvatorische Klausel<br />

Sollte eine oder mehrere Bestimmungen dieser Versteigerungsbedingungen<br />

unwirksam sein oder werden, bleibt die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen<br />

davon unberührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gelten die entsprechenden<br />

gesetzlichen Vorschriften.<br />

KORR 155


Conditions of Sale<br />

of <strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen GmbH<br />

Section 1 The Auction House<br />

1. The auction will be implemented on behalf of <strong>Grisebach</strong> Auktionen GmbH –<br />

referred to hereinbelow as “<strong>Grisebach</strong>”. The auctioneer will be acting as<br />

<strong>Grisebach</strong>’s representative. The auctioneer is an expert who has been publicly<br />

appointed in accordance with Section 34b paragraph 5 of the Gewerbeordnung<br />

(GewO, German Industrial Code). Accordingly, the auction is a public auction<br />

as defined by Section 474 paragraph 1 second sentence and Section 383<br />

paragraph 3 of the Bürgerliches Gesetzbuch (BGB, German Civil Code).<br />

2. As a general rule, the auction will be performed on behalf of the Consignor,<br />

who will not be named. Solely those works of art owned by <strong>Grisebach</strong> shall<br />

be sold at auction for the account of <strong>Grisebach</strong>. Such items will be marked<br />

by an “E” in the catalogue.<br />

3. The auction shall be performed on the basis of the present Conditions of Sale.<br />

The Conditions of Sale are published in the catalogue of the auction and on the<br />

internet; furthermore, they are posted in an easily accessible location in the<br />

<strong>Grisebach</strong> spaces. By submitting a bid, the buyer acknowledges the Conditions<br />

of Sale as being binding upon it.<br />

Section 2 Catalogue, Pre-Sale Exhibition and Date of the Auction<br />

1. Catalogue<br />

Prior to the auction date, an auction catalogue will be published. This provides<br />

general orientation in that it shows images of the works of art to be sold at auction<br />

and describes them. Additionally, the catalogue will provide information on the<br />

work’s creator(s), technique, and signature. These factors alone will define the<br />

characteristic features of the work of art. In all other regards, the catalogue will<br />

not govern as far as the characteristics of the work of art or its appearance are<br />

concerned (color). The catalogue will provide estimated prices in EUR amounts,<br />

which, however, serve solely as an indication of the fair market value of the work<br />

of art, as does any such information that may be provided in other currencies.<br />

<strong>Grisebach</strong> will prepare the catalogue to the best of its knowledge and belief, and<br />

will exercise the greatest of care in doing so. The catalogue will be based on the<br />

scholarly knowledge published up until the date of the auction, or otherwise<br />

generally accessible, and on the information provided by the Consignor.<br />

Seriously interested buyers have the opportunity to request that <strong>Grisebach</strong><br />

provide them with a report outlining the condition of the work of art (condition<br />

report), and they may also review any expert appraisals that <strong>Grisebach</strong> may<br />

have obtained.<br />

The information and descriptions contained in the catalogue, in the condition<br />

report or in expert appraisals are estimates; they do not constitute any<br />

guarantees, in the sense as defined by Section 443 of the Bürgerliches<br />

Gesetzbuch (BGB, German Civil Code), for the characteristics of the work of art.<br />

<strong>Grisebach</strong> is entitled to correct or amend any information provided in the<br />

catalogue by posting a notice at the auction venue and by having the auctioneer<br />

make a corresponding statement immediately prior to calling the bids for the<br />

work of art concerned.<br />

2. Pre-sale exhibition<br />

All of the works of art that are to be sold at auction will be exhibited prior to<br />

the sale and may be viewed and inspected. The time and date of the pre-sale<br />

exhibition, which will be determined by <strong>Grisebach</strong>, will be set out in the<br />

catalogue. The works of art are used and will be sold “as is”, in other words<br />

in the condition they are in at the time of the auction.<br />

3. <strong>Grisebach</strong> will determine the venue and time at which the auction is to<br />

be held. It is entitled to modify the venue and the time of the auction,<br />

also in those cases in which the auction catalogue has already been sent out.<br />

156 KORR<br />

Section 3 Calling the Auction<br />

1. Bidder number<br />

<strong>Grisebach</strong> will issue a bidder number to each bidder. Each bidder is to<br />

acknowledge the Conditions of Sale as being binding upon it.<br />

At the latest twenty-four (24) hours prior to the start of the auction, bidders as<br />

yet unknown to <strong>Grisebach</strong> must register in writing, providing a written bank<br />

reference letter of recent date, so as to enable <strong>Grisebach</strong> to issue a bidder<br />

number to them.<br />

At the auction, only the bids submitted using a bidder number will be considered.<br />

2. Item call-up<br />

The auction of the individual work of art begins by its being called up by the<br />

auctioneer. The auctioneer is entitled to call up the works of art in a different<br />

sequence than that published in the catalogue, to join catalogue items to form a<br />

lot, to separate a lot into individual items, and to pull an item from the auction<br />

that has been given a lot number.<br />

When the work of art is called up, its price will be determined by the auctioneer,<br />

denominated in euros. Unless otherwise determined by the auctioneer, the bid<br />

increments will amount to 10% of the respective previous bid.<br />

3. Bids<br />

a) Floor bids<br />

Floor bids will be submitted using the bidder number. A sale and purchase<br />

agreement will be concluded by the auctioneer bringing down the hammer to<br />

end the bidding process.<br />

Where a bidder wishes to submit bids in the name of a third party, it must<br />

notify <strong>Grisebach</strong> of this fact at the latest twenty-four (24) hours prior to the<br />

auction commencing, submitting a corresponding power of attorney from that<br />

third party. In all other cases, once the work of art has been knocked down,<br />

the sale and purchase agreement will be concluded with the person who has<br />

placed the bid.<br />

b) Written absentee bids<br />

Subject to <strong>Grisebach</strong> consenting to this being done, bids may also be<br />

submitted in writing using a specific form developed for this purpose.<br />

The bidder must sign the form and must provide the lot number, the name<br />

of the artist, the title of the work of art and the hammer price it wishes to<br />

bid therefor. The bidder must acknowledge the Conditions of Sale as being<br />

binding upon it.<br />

By placing a written bid, the bidder instructs <strong>Grisebach</strong> to submit such bid in<br />

accordance with its instructions. <strong>Grisebach</strong> shall use the amount specified in<br />

the written bid only up to whatever amount may be required to outbid another<br />

bidder.<br />

Upon the auctioneer knocking down the work of art to a written bid, a sale<br />

and purchase agreement shall be concluded on that basis with the bidder<br />

who has submitted such written bid.<br />

Where several written bids have been submitted in the same amount for the<br />

same work of art, the bid received first shall be the winning bid, provided<br />

that no higher bid has been otherwise submitted or is placed as a floor bid.<br />

c) Phoned-in absentee bids<br />

Bids may permissibly be phoned in, provided that the bidder applies in writing<br />

to be admitted as a telephone bidder, and does so at the latest twenty-four<br />

(24) hours prior to the auction commencing, and furthermore provided that<br />

<strong>Grisebach</strong> has consented. The bidder must acknowledge the Conditions of<br />

Sale as being binding upon it.<br />

Bids phoned in will be taken by a <strong>Grisebach</strong> employee present at the auction<br />

on the floor, and will be submitted in the course of the auction in keeping with<br />

the instructions issued by the bidder. The bid so submitted by the bidder shall


cover exclusively the hammer price, and thus shall not comprise the buyer’s<br />

premium, any allocated costs that may be charged, or turnover tax. The bid<br />

must unambiguously designate the work of art to which it refers, and must<br />

wherever possible provide the lot number, the artist and the title of the work.<br />

<strong>Grisebach</strong> may make a recording of bids submitted by telephone. By filing the<br />

application to be admitted as a telephone bidder, the bidder declares its<br />

consent to the telephone conversation being recorded. Unless it is required<br />

as evidence, the recording shall be deleted at the latest following the expiry<br />

of three (3) months.<br />

d) Absentee bids submitted via the internet<br />

Bids may be admissibly submitted via the internet only if <strong>Grisebach</strong> has<br />

registered the bidder for internet bidding, giving him a user name and<br />

password, and if the bidder has acknowledged the Conditions of Sale as<br />

being binding upon it. The registration shall be non-transferable and shall<br />

apply exclusively to the registered party; it is thus entirely personal and<br />

private. The user is under obligation to not disclose to third parties its user<br />

name or password. Should the user culpably violate this obligation, it shall<br />

be held liable by <strong>Grisebach</strong> for any damages resulting from such violation.<br />

Bids submitted via the internet shall have legal validity only if they are<br />

sufficiently determinate and if they can be traced back to the bidder by its<br />

user name and password beyond any reasonable doubt. The bids transmitted<br />

via the internet will be recorded electronically. The buyer acknowledges that<br />

these records are correct, but it does have the option to prove that they are<br />

incorrect.<br />

In legal terms, <strong>Grisebach</strong> shall treat bids submitted via the internet at a point<br />

in time prior to the auction as if they were bids submitted in writing. Bids<br />

submitted via the internet while an auction is ongoing shall be taken into<br />

account as if they were floor bids.<br />

4. Knock down<br />

a) The work of art is knocked down to the winning bidder if, following three calls<br />

for a higher bid, no such higher bid is submitted. Upon the item being<br />

knocked down to it, this will place the bidder under obligation to accept the<br />

work of art and to pay the purchase price (Section 4 Clause 1). The bidder<br />

shall not be named.<br />

b) Should the bids not reach the reserve price set by the Consignor, the<br />

auctioneer will knock down the work of art at a conditional hammer price.<br />

This conditional hammer price shall be effective only if <strong>Grisebach</strong> confirms<br />

this bid in writing within three (3) weeks of the day of the auction. Should<br />

another bidder submit a bid in the meantime that is at least in the amount<br />

of the reserve price, the work of art shall go to that bidder; there will be no<br />

consultations with the bidder to whom the work of art has been knocked<br />

down at a conditional hammer price.<br />

c) The auctioneer is entitled to refuse to accept a bid, without providing any<br />

reasons therefor, or to refuse to knock down a work of art to a bidder.<br />

Where a bid is refused, or where a work of art is not knocked down to a<br />

bidder, the prior bid shall continue to be valid.<br />

d) The auctioneer may revoke any knock-down and may once again call up the<br />

work of art in the course of the auction to ask for bids; the auctioneer may<br />

do so in all cases in which<br />

– The auctioneer has overlooked a higher bid that was submitted in a timely<br />

fashion, provided the bidder so overlooked has immediately objected to this<br />

oversight;<br />

– A bidder does not wish to be bound by the bid submitted; or<br />

– There are any other doubts regarding the knock-down of the work of art<br />

concerned.<br />

Where the auctioneer exercises this right, any knock-down of a work of art<br />

that has occurred previously shall cease to be effective.<br />

e) The auctioneer is authorized, without being under obligation of giving notice<br />

thereof, to also submit bids on behalf of the Consignor until the reserve<br />

price agreed with the Consignor has been reached, and the auctioneer is<br />

furthermore authorized to knock down the work of art to the Consignor,<br />

citing the consignment number. In such event, the work of art shall go unsold.<br />

Section 4 Purchase Price, Payment, Default<br />

1. Purchase price<br />

The purchase price consists of the hammer price plus buyer’s premium.<br />

Additionally, lump sum fees may be charged along with statutory turnover tax.<br />

A. For works of art marked in the catalogue by the letter “R” behind the lot number,<br />

the purchase price is calculated as follows:<br />

a) Buyer’s premium<br />

<strong>Grisebach</strong> will add a buyer’s premium of 22% to the hammer price. A buyer’s<br />

premium of 15 % will be added to that part of the hammer price that is in<br />

excess of EUR 1,000,000.<br />

b) Lump sum fee for resale royalties<br />

For all original works of art or photographs the creators of which have not<br />

been dead for seventy (70) years prior to the end of that calendar year in<br />

which the sale is made, <strong>Grisebach</strong> will charge a lump sum fee of 1.5% of<br />

the hammer price, such fee being capped at EUR 6,250.00.<br />

c) Turnover tax<br />

The hammer price, the buyer’s premium and the lump sum fee for resale<br />

royalties will all be subject to the statutory turnover tax in the respectively<br />

applicable amount (standard taxation provisions, marked by the letter “R”).<br />

For original works of art, the tax rate is currently 7 %, for photographs,<br />

prints and screenprints, it is 19%.<br />

d) Exemption from turnover tax<br />

No turnover tax will be charged where works of art are sold that are<br />

acquired in states within the community territory of the European Union<br />

by corporations and exported outside of Germany, provided that such<br />

corporations have provided their turnover tax ID number in applying for and<br />

obtaining their bidder number. It is not possible to register this status after<br />

the invoice has been issued, and more particularly, it is not possible to<br />

perform a correction retroactively.<br />

No turnover tax shall be charged for the sale of works of art that are<br />

delivered, pursuant to Section 6 paragraph 4 of the Umsatzsteuer-<br />

gesetz (UStG, German Turnover Tax Act), to destinations located in states<br />

that are not a Member State of the EU, provided that their buyers are deemed<br />

to be foreign purchasers and have proved this fact in accordance with Section<br />

6 paragraph 2 of the German Turnover Tax Act. The buyer shall bear any<br />

import turnover tax or duties that may accrue abroad.<br />

The above provisions on turnover tax correspond to the legislative status quo<br />

and are in line with the practice of the Tax and Revenue Authorities. They are<br />

subject to change without notice.<br />

B. For works of art that have not been specially marked in the catalogue, the<br />

purchase price will be calculated as follows:<br />

For buyers having their residence in states within the community territory of the<br />

European Union, <strong>Grisebach</strong> will add a buyer’s premium of 30 % to the hammer<br />

price. A buyer’s premium of 20 % will be added to that part of the hammer price<br />

that is in excess of EUR 1,000,000. This buyer’s premium will include all lump<br />

sum fees as well as the statutory turnover tax (margin scheme pursuant to<br />

Section 25a of the German Turnover Tax Act). These taxes and fees will not be<br />

itemized separately in the invoice.<br />

Buyers to whom delivery is made within Germany, as defined by the German<br />

Turnover Tax Act, and who are entitled to deduct input taxes, may have an<br />

invoice issued to them that complies with the standard taxation provisions as<br />

provided for hereinabove in paragraph A. Such invoice is to be requested when<br />

applying for a bidder number. It is not possible to perform any correction<br />

retroactively after the invoice has been issued.<br />

2. Due date and payment<br />

The purchase price shall be due for payment upon the work of art being<br />

knocked down to the buyer.<br />

The purchase price shall be paid in euros to <strong>Grisebach</strong>. Cheques and any other<br />

forms of non-cash payment are accepted only on account of performance.<br />

Payment of the purchase price by set-off is an option only where the claims<br />

are not disputed or have been finally and conclusively determined by a court’s<br />

declaratory judgment.<br />

Where payment is made in a foreign currency, any exchange rate risk and any<br />

and all bank charges shall be borne by the buyer.<br />

3. Default<br />

In cases in which the purchase price has not been paid within two (2) weeks of<br />

the invoice having been received, the buyer shall be deemed to be defaulting on<br />

the payment.<br />

Upon the occurrence of such default, the purchase price shall accrue interest at<br />

1% per month, notwithstanding any other claims to compensation of damages<br />

that may exist.<br />

Two (2) months after the buyer has defaulted on the purchase price, <strong>Grisebach</strong><br />

shall be entitled – and shall be under obligation to do so upon the Consignor’s<br />

corresponding demand – to provide to the Consignor the buyer’s name and<br />

address.<br />

Where the buyer has defaulted on the purchase price, <strong>Grisebach</strong> may rescind<br />

the agreement after having set a period of grace of two (2) weeks. Once<br />

<strong>Grisebach</strong> has so rescinded the agreement, all rights of the buyer to the work<br />

of art acquired at auction shall expire.<br />

Upon having declared its rescission of the agreement, <strong>Grisebach</strong> shall be entitled<br />

to demand that the buyer compensate it for its damages. Such compensation of<br />

damages shall comprise in particular the remuneration that <strong>Grisebach</strong> has lost<br />

(commission to be paid by the Consignor and buyer’s premium), as well as the<br />

costs of picturing the work of art in the catalogue and the costs of shipping,<br />

storing and insuring the work of art until it is returned or until it is once again<br />

offered for sale at auction.<br />

KORR 157


Where the work of art is sold to a bidder who has submitted a lower bid, or<br />

where it is sold at the next auction or the auction after that, the original buyer<br />

moreover shall be held liable for any amount by which the proceeds achieved<br />

at that subsequent auction are lower than the price it had bid originally.<br />

<strong>Grisebach</strong> has the right to exclude the defaulting buyer from future auctions and<br />

to forward the name and address of that buyer to other auction houses so as to<br />

enable them to exclude him from their auctions as well.<br />

Section 5 Post Auction Sale<br />

In the course of a two-month period following the auction, works of art that have gone<br />

unsold at the auction may be acquired through post auction sales. The post auction<br />

sale will be deemed to be part of the auction. The party interested in acquiring the<br />

work of art is to submit a bid either in person, by telephone, in writing or via the<br />

internet, citing a specific amount, and is to acknowledge the Conditions of Sale as<br />

being binding upon it. The sale and purchase agreement shall come about if<br />

<strong>Grisebach</strong> accepts the bid in writing within three weeks of its having been received.<br />

The provisions regarding the purchase price, payment, default, pick-up and liability<br />

for works of art acquired at auction shall apply mutatis mutandis.<br />

Section 6 Acceptance of the Work of Art Purchased at Auction<br />

1. Pick-up<br />

The buyer is under obligation to pick up the work of art at the latest one (1)<br />

month after it has been knocked down to the buyer.<br />

However, <strong>Grisebach</strong> is not under obligation to surrender to the buyer the work of<br />

art acquired at auction prior to the purchase price set out in the invoice having<br />

been paid in full.<br />

Title to the work of art shall devolve to the buyer only upon the purchase price<br />

having been paid in full.<br />

2. Storage<br />

<strong>Grisebach</strong> shall store the work of art acquired at auction until it is picked up,<br />

doing so at the longest for one (1) month, and shall insure it at its own cost, the<br />

amount insured being equal to the purchase price. Thereafter, <strong>Grisebach</strong> shall<br />

have the right to store the work of art with a specialized fine art shipping agent<br />

and to insure it there. At its choice, <strong>Grisebach</strong> may instead store the work of art<br />

in its own premises, charging a monthly lump-sum fee of 0.1 % of the purchase<br />

price for the costs of storage and insurance.<br />

3. Shipping<br />

Where the buyer instructs <strong>Grisebach</strong> in writing to ship to it the work of art<br />

acquired at auction, subject to the proviso that the purchase price has been paid<br />

in full, <strong>Grisebach</strong> shall procure the appropriate shipment of the work of art to the<br />

buyer, or to any recipient the buyer may specify, such shipment being performed<br />

by a specialized fine art shipping agent; <strong>Grisebach</strong> shall take out corresponding<br />

shipping insurance. The buyer shall bear the costs of packaging and shipping the<br />

work of art as well as the insurance premium.<br />

4. Default of acceptance<br />

Where the buyer fails to pick up the work of art within one (1) month (Clause 1)<br />

and fails to issue instructions for the work of art to be<br />

shipped to it (Clause 3), it shall be deemed to be defaulting on acceptance.<br />

5. Sale to other parties<br />

Should the buyer, prior to having paid the purchase price in full, sell the work of<br />

art it has acquired at auction, it hereby assigns to <strong>Grisebach</strong>, as early as at the<br />

present time and on account of performance, the entirety of all claims to which<br />

it is entitled under such onward sale, and <strong>Grisebach</strong> accepts such assignment.<br />

Insofar as the claims so assigned are in excess of the claims to which <strong>Grisebach</strong><br />

is entitled, <strong>Grisebach</strong> shall be under obligation to immediately reassign to the<br />

buyer that part of the claim assigned to it that is not required for meeting its claim.<br />

Section 7 Liability<br />

1. Characteristics of the work of art<br />

The work of art is sold in the condition it is in at the time it is knocked down to<br />

the buyer, and in which it was viewed and inspected. The other characteristic<br />

features of the work of art are comprised of the statements made in the<br />

catalogue (Section 2 Clause 1) regarding the work’s creator(s), technique and<br />

signature. These statements are based on the scholarly knowledge published<br />

up until the date of the auction, or otherwise generally accessible, and on the<br />

information provided by the Consignor. No further characteristic features are<br />

agreed among the parties, in spite of the fact that such features may be<br />

described or mentioned in the catalogue, or that they may garnered from<br />

information provided in writing or orally, from a condition report, an expert<br />

appraisal or the images shown in the catalogue. No guarantee (Section 443<br />

of the Bürgerliches Gesetzbuch (BGB, German Civil Code)) is provided for the<br />

work of art having any characteristic features.<br />

158 KORR<br />

2. Buyer’s rights in the event of a defect of title being given (Section 435 of the<br />

German Civil Code)<br />

Should the work of art acquired be impaired by a defect of title because it is<br />

encumbered by rights of third parties, the buyer may, within a period of two (2)<br />

years (Section 438 paragraph 4 and 5 of the Bürgerliches Gesetzbuch (BGB,<br />

German Civil Code)), rescind the agreement based on such defect of title, or it<br />

may reduce the purchase price (Section 437 no. 2 of the German Civil Code).<br />

In all other regards, the buyer’s rights as stipulated by Section 437 of the<br />

German Civil Code are hereby contracted out, these being the right to demand<br />

the retroactive performance of the agreement, the compensation of damages,<br />

or the reimbursement of futile expenditure, unless the defect of title has been<br />

fraudulently concealed.<br />

3. Buyer’s rights in the event of a material defect being given (Section 434 of the<br />

German Civil Code)<br />

Should the work of art deviate from the characteristic features agreed (work’s<br />

creator(s), technique, signature), the buyer shall be entitled to rescind the<br />

agreement within a period of two (2) years after the work of art has been<br />

knocked down to it (Section 438 paragraph 4 of the Bürgerliches Gesetzbuch<br />

(BGB, German Civil Code)). The buyer shall be reimbursed for the purchase<br />

price it has paid (Section 4 Clause 1 of the Conditions of Sale), concurrently<br />

with the return of the purchased object in unaltered condition, such return<br />

being effected at the registered seat of <strong>Grisebach</strong>.<br />

Claims to any reduction of the purchase price (Section 437 no. 2 of the German<br />

Civil Code), to the compensation of damages or the reimbursement of futile<br />

expenditure (Section 437 no. 3 of the German Civil Code) are hereby contracted<br />

out. This exclusion of liability shall not apply should <strong>Grisebach</strong> have fraudulently<br />

concealed the defect.<br />

The right to rescind the agreement for material defects shall be contracted out<br />

wherever <strong>Grisebach</strong> has sold the work of art for the account of the Consignor<br />

and has exercised, to the best of its ability, the greatest possible care in<br />

identifying the work’s creator(s), technique and signature listed in the catalogue,<br />

provided there was no cause to doubt these statements’ being correct. In such<br />

event, <strong>Grisebach</strong> enters into obligation to reimburse the buyer for the buyer’s<br />

premium, any allocated costs that may have been charged, and turnover tax.<br />

Moreover, <strong>Grisebach</strong> shall assign to the buyer all of the claims vis-à-vis the<br />

Consignor to which it is entitled as a result of the defects of the work of art,<br />

providing the Consignor’s name and address to the buyer. <strong>Grisebach</strong> shall<br />

support the buyer in any manner that is legally available to it and that it is<br />

able to apply in enforcing such claims against the Consignor.<br />

4. Errors in the auction proceedings<br />

<strong>Grisebach</strong> shall not be held liable for any damages arising in connection with<br />

bids that are submitted orally, in writing, by telephone or via the internet, unless<br />

<strong>Grisebach</strong> is culpable of having acted with intent or grossly negligently. This shall<br />

apply in particular to the telephone, fax or data connections being established<br />

or continuing in service, as well as to any errors of transmission, transfer or<br />

translation in the context of the means of communications used, or any errors<br />

committed by the employees responsible for accepting and forwarding any<br />

instructions. <strong>Grisebach</strong> shall not be held liable for any misuse by unauthorized<br />

third parties. This limitation of liability shall not apply to any loss of life, limb or<br />

health.<br />

5. Statute of limitations<br />

The statutory periods of limitation provided for by Section 438 paragraph 1<br />

Clause 3 of the Bürgerliches Gesetzbuch (BGB, German Civil Code) (two years)<br />

shall apply where the statute of limitations of claims for defects is concerned.<br />

Section 8 Final provisions<br />

1. Collateral agreements<br />

Any modifications of the present Conditions of Sale that may be made in an<br />

individual case, or any collateral agreements, must be made in writing in order<br />

to be effective.<br />

2. Translations of the Conditions of Sale<br />

Insofar as the Conditions of Sale are available in other languages besides<br />

German, the German version shall govern in each case.<br />

3. Governing law<br />

The laws of the Federal Republic of Germany shall exclusively apply. The United<br />

Nations Convention on the International Sale of Goods shall not apply.<br />

4. Place of performance<br />

Insofar as it is possible to agree under law on the place of performance and<br />

the place of jurisdiction, this shall be Berlin.<br />

5. Severability clause<br />

Should one or several provisions of the present Conditions of Sale be or become<br />

invalid, this shall not affect the validity of the other provisions. Instead of the<br />

invalid provision, the corresponding statutory regulations shall apply.


Einliefererverzeichnis<br />

Consignor Index<br />

[3022] 26 [3037] 27 [3049] 18 [3052] 45 [3053] 44 [3064] 5, 10<br />

[3097] 39 [3098] 3 [3099] 23 [3125] 4 [3137] 11 [3142] 52, 59<br />

[3157] 12 [3158] 58 [3162] 16 [3171] 41, 43 [3172] 1 [3184] 22<br />

[3185] 32 [3194] 2, 31 [3206] 25, 46, 49 [3207] 54 [3216] 15<br />

[3221] 38 [3223] 29 [3225] 60, 61 [3231] 19, 20 [3233] 33<br />

[3237] 17 [3258] 7a [3262] 35 [3264] 34 [3271] 55, 62 [3292] 51<br />

[3323] 11a [3337] 42 [3339] 7 [3341] 30 [3353] 47 [3363] 21<br />

[3382] 24 [3397] 18a [3405] 14 [3412] 50, 56, 57 [3418] 48<br />

[3428] 28, 36, 37, 40 [3437] 6 [3448] 9 [3465] 53 [3472] 13<br />

[3477] 8<br />

Impressum<br />

Imprint<br />

Herausgegeben von:<br />

<strong>Villa</strong> <strong>Grisebach</strong> Auktionen GmbH,<br />

Fasanenstraße 25, D-10719 Berlin<br />

Geschäftsführer:<br />

Bernd Schultz, Micaela Kapitzky, Florian Illies,<br />

Dr. Markus Krause, Daniel von Schacky, Rigmor Stüssel<br />

HRB 25 552, Erfüllungsort und Gerichtsstand Berlin<br />

Katalogbearbeitung:<br />

Dr. Markus Krause, Traute Meins, Stefan Pucks,<br />

Daniel von Schacky, Dr. Martin Schmidt<br />

Research: Miriam Klug<br />

Provenienzrecherche: Dr. Sibylle Ehringhaus<br />

Textbeiträge: NB (Nina Barge), Br (Maike Brüggen),<br />

UC (Ulrich Clewing), AF (Dr. Andreas Fluck),<br />

OH (Oliver Hell), FI (Florian Illies), AJ (Dr. Andrea Jahn),<br />

EO (Dr. Elke Ostländer), sch (Susanne Schmid),<br />

(MS) Dr. Martin Schmidt, MSF (Monika Stump Finane)<br />

Photos: Photostudio Bartsch, Karen Bartsch<br />

Photobearbeitung: Ulf Zschommler<br />

© VG Bildkunst, Bonn 2012 (für vertretene Künstler)<br />

© Los 7: van Gogh Museum, Amsterdam /<br />

Museum of Modern Art, New York / Staatsgalerie Stuttgart<br />

Trotz intensiver Recherche war es nicht in allen Fällen möglich,<br />

die Rechteinhaber ausfindig zu machen.<br />

Graphik-Design: BOROS, Wuppertal<br />

Produktion/DTP: Daniel Lamprecht<br />

Database-Publishing: Digitale Werkstatt, J. Grützkau, Berlin<br />

Herstellung & Lithographie: Königsdruck GmbH<br />

Gedruckt auf Maxisatin, 150 g/qm<br />

Schrift: Didot und Corporate S<br />

Abbildungen auf dem Umschlag:<br />

Vorderseite: Emil Nolde · Los 8<br />

(Ausschnitt) © Nolde Stiftung Seebüll<br />

Rückseite: Andy Warhol · Los 52<br />

(Ausschnitt) © ARS USA 2012<br />

Doppelseite vorn: Victor Vasarely · Los 48<br />

(Ausschnitt) © VG Bildkunst, Bonn 2012<br />

Doppelseite hinten: Otto Dix · Los 7<br />

(Ausschnitt) © VG Bildkunst, Bonn 2012<br />

Korr 159

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