Ausgabe 02 / 2009 - BankPraktiker

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56 Beitrag » Die Komplexität und der Hebel des eingesetzten Kapitals steigen sprunghaft an, wenn Verbriefungen zweiter Ordnung entent stehen (sog. CDO) – je nach Größe sind Fundamental analysen auf Ebene des Einzel kredits kaum mehrmöglich. « 02 / 2009 BankPraktiker Vorstand Kredit Konto Anlage Recht Handel Controlling Revision IT Bewertungsansätze für Asset Backed Securities (ABS) bei illiquiden Märkten Zusammenführung der Marktrisiko und Kreditrisikoperspektive in einem pragmatischen Lösungsweg. Autoren: Dirk Wilhelm Schuh, Risikomanagement, Commerzbank AG, Frankfurt/M. Dr. Gerhard Kebbel, Risikomanagement, Commerzbank AG, Frankfurt/M. I. Einleitung w ABS oder Asset Backed Securities, strukturierte Verbriefungen von Forderungen, waren die Auslöser der weltweiten Finanzmarktkrise. Aufgrund von Ausfallprognosen, die alle StressSzenarien weit übertrafen, absturzartigen RatingVeränderungen und danach völlig illiquiden Märkten mussten Banken, die diese Papiere auf den Büchern hielten, extreme Abschreibungen hinnehmen. Zu einem Problem entwickelten sich dabei die Bilanzierungsvorschriften nach IFRS für Aktiva, die als „Held for Trading“ (im Handelsbuch) bzw. „Available for Sale“ (im Bankbuch) klassifiziert sind, da diese Vorschriften eine regelmäßige Fair ValueBewertung verlangen. Bei komplexen Produkten wie ABS ist eine solche Bewertung schon bei liquiden Märkten schwierig, bei illiquiden nur sehr eingeschränkt möglich. Im Folgenden wird ein pragmatischer Lösungsweg in Form einer Kombination aus Modellansätzen und Expertenwissen aufgezeigt. II. Die Struktur von Asset Backed Securities Abb. 1 zeigt die Stufen, die ein Kredit von seiner „Origination“ bis hin zur komplexen Verbriefung durchlaufen kann. Grundgedanke der Verbriefung, wie sie in den USA in den 1980erJahren entwickelt wurde, ist es, den Kredit über die Einbringung in eine Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, SPV) von der Bilanz der Bank zu nehmen. Das SPV refinanziert den Kauf der Aktiva über die Emission von Anleihen, die unterschiedliche Risikogehalte besitzen und so auch unterschiedlich extern geratet werden. In einem ersten Durchlauf entstehen so z. B. aus privaten Baufinanzierungen Verbriefungen erster Ordnung, sog. Residential Mortgage Backed Securities (RMBS), in denen eine Transaktion Größenordnungen von mehreren hundert bis mehreren tausend Krediten als asset backedDeckungspool enthält. Die Komplexität – und der Hebel des eingesetzten Kapitals – steigt sprunghaft an, wenn in einem zweiten Schritt die Anleihen des SPVs selbst wieder zum Objekt einer Verbriefung werden. Es entsteht – wieder nach demselben Strukturprinzip – eine Verbriefung zweiter Ordnung, eine sog. Collaterized Debt Obligation (CDO). Wenn hier einer Transaktion z. B. mehrere hundert RMBS zugrunde liegen und der Deckungsstock damit u. U. einige Millionen Kredite enthält, ist eine Komplexität erreicht, die eine Fundamentalanalyse auf Ebene des Einzelkredits praktisch unmöglich macht. Wie entsteht nun der unterschiedliche risikogehalt der Anleihen des SPV? Grundlegend ist hier die sog. „Wasserfall“-struktur der Transaktion, die Abb. 2 auf S. 58 demonstriert. Die Refinanzierung wird dazu in unterschiedlich große Tranchen aufgeteilt, bei denen Zins und Kapitalzahlungen von oben nach unten, Verluste aber von unten nach oben zugewiesen werden. Die oberste Tranche, auch Senior Tranche genannt, hat im dargestellten Beispiel ein Volumen von 800 Mio. USD, dies entspricht 80 % des Gesamtvolumens der Transaktion. Die darunter liegenden (subordinated) Tranchen bieten der Senior Tranche also einen Risikopuffer (Credit Enhancement) von 20 %, denn ihnen werden etwaige Verluste ja zuerst zugewiesen. Der Puffer kann z. B. durch eine Überdeckung der Aktiva gegenüber der Refi
Abbildung 1: ABS-Unterscheidung von drei Transaktionsebenen mit spezifischen Marktdaten 1 2 Primärdarlehen Zins + Tilgung Darlehen Bank, Finanzdienstleister Bank, Finanzdienstleister Bank, Finanzdienstleister Kredite Verbriefung erster Ordnung – Bündelung mehrerer tausend Kredite in einer Verbriefung (RMBS) Kredite Residential Mortgage – Backed Security z.B. 5.000 Kredite CDO Warehouse 3 Verbriefung zweiter Ordnung – Bündelung von einzelnen Verbriefung (RMBS) in Collateralised Dept Obligations (CDOs) CDO Warehouse Quelle: Quelle: Commerzbank Commerzbank Bank – Bilanz (kurzfristig) z.B. 100 RMBS nanzierung noch gesteigert werden. Wie die einzelnen Tranchen nun geratet werden, hängt von den VerlustprognoseModellen der Ratingagenturen ab. Erreicht in unserem Beispiel das extremste StressSzenario der Ratingagentur gerade den Verlust des Deckungspools von 20 %, erhält die SeniorTranche den erstrebten AAAStatus – liegt der prognostizierte Verlust höher, müssen die subordinierten Tranchen vergrößert werden, was aufgrund höherer erforderlicher CouponZahlungen die Refinanzierung verteuert. Im Fall von CDOs gibt es zusätzlich zu der WasserfallStruktur zum Schutz der obersten Tranche noch Schwellenwerte (Trigger), bei deren Überschreiten entweder die eingehenden Zinszahlungen komplett der Senior Tranche als Tilgung zugeleitet werden, was zu einem Aussetzen von Zinszahlungen auf alle subordinierten Tranchen führt (Payment in Kind, PIK) oder auch die komplette Transaktion liquidiert werden kann (als Folge eines sog. Event of Default). Bank – Bilanz (langfristig) Zweckgesellschaft (SPV) AAA BBB Eigenkapital Collateralised Dept Obligation Zweckgesellschaft (SPV) AAA BBB Eigenkapital Bank – Bilanz (kurzfristig) Finanzinvestor (z.B. Bank) Institutionelle Investoren (z.B. Bank, Hedgefund, Bank – Conduit) III. Fair Value-Bewertung von ABS in liquiden Märkten Die präziseste Bestimmung des Fair Value einer Verbriefung ist über die Analyse der zukünftigen Cash-flows der Transaktion möglich. Eine solche sog. Fundamentalanalyse kann zumindest bei Verbriefungen erster Ordnung (also z. B. RMBS) den unterlegten Kreditstock in Hinblick auf erwartete Sondertilgungen, Zahlungsausfälle, Wiedergewinnungsfaktoren etc. analysieren und so zu CashflowPrognosen für die erwartete Laufzeit der Transaktion kommen, aus der über Abzinsung der Fundamentalwert oder „Intrinsic Value“ berechnet werden kann. In einem liquiden Markt sollte dies in etwa der Fair Value sein; bei Marktstörungen muss von Illiquiditätsabschlägen auf diesen Wert ausgegangen werden. In der Praxis werden diese Analysen wegen des hohen Aufwands vor der Akquise und in max. monatlichen, oft auch größeren Zeitabständen, zur Risikoabschätzung vorgenommen. Bei Verbriefungen zweiter Ordnung (CDOs) sind diese Analysen wegen der enormen Zahl der unter 02 / 2009 BankPraktiker Beitrag » Zur Refinanzierung eines SPV wird in unterschiedlich große Tranchen aufgeteilt, bei denen Zins und KapitalKapitalzahlungen von oben nach unten, Verluste aber von unten nach oben zugewiesen werden. « 57
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